Nach Beendigung meiner 10 –jährigen Schulzeit, hatte ich zwar bereits einige Vorstellungsgespräche, dennoch hatte ich noch keinen Ausbildungsplatz gefunden. Mir war das eigentlich egal, ich hatte mich vorsorglich schon für die Oberstufe am Gymnasium beworben. Leider drängte mein Vater auf eine Ausbildung und wollte keinen weiteren Schulbesuch. Im August erhielt ich schließlich die Zusage in einem kleinen Architekturbüro rund 25 km entfernt.
Meine Ausbildung begann am 1. September, es war ein Freitag, frühzeitig machte ich mich mit meinem Mofa, das natürlich schneller als 25 Stundenkilometer fuhr, auf den Weg. Diesen ersten Tag werde ich sicher nicht vergessen, denn ausgerechnet schüttete es die ganze Zeit, dass ich mit nasser Hose dort ankam.
„Oh Gott, Sie werden ja krank“, meinte die Frau des Architekten, als sie mir die Tür öffnete, ich schüttelte den Kopf und meinte nur. „Ist nicht so schlimm, das trocknet schon wieder.“
Da ich die erste Auszubildende des vor kurzem eröffnete Architekturbüros war, sie somit keine Erfahrung in dieser Hinsicht hatten, wurde mir fast alles genauso erläutert und gezeigt, wie sie es in ihrem Studium lernten.
So verbrachte ich den ersten Tag damit, freihändig Linien zu ziehen. Nachdem selbstverständlich ich immer wieder begann zu spitzen, damit meine gezogenen Linien nicht weiter unten auf dem Blatt breiter wurden. So zeigte man mir, dass man den Bleistift beim Ziehen der Linien drehte.
Es war nicht einfach, aber nach einiger Zeit funktionierte es. Am späten Nachmittag gab es einige Blätter, die ersten sahen schon seltsam aus, doch zum Schluss, rechtansehnlich, die mich mit einigen Stolz erfüllte. Einigermaßen gleichbleibende Linien vertikal wie horizontal, ebenso so in den schrägen bei 30 °, 45 und 60 °.
Am darauf folgenden Sonntag, Tagesthema in den Medien, der gerade nur nach einer eintägigen Konklave als Nachfolger Pauls VI gewählte Papst Johannes Paul I. vor einer riesigen Menschenmenge mit einer Messe vor dem Petersdom sein Pontifikat eröffnet. Doch eigentlich blieb mehr in meiner Erinnerung, dass Papst Johannes Paul I. war nur knapp vier Wochen, als er am 29.9.1978 verstarb. Sein Nachfolger wurde Karol Wojtyla aus Polen: Johannes Paul II.
Selbstverständlich war dies auch ein Thema beim Abendtisch, denn ich erinnere mich noch genau an den Satz meines Vaters: „ Gab es keinen Jüngeren, dann hätten Sie weniger Aufstand.“
Im Juli 1981 machte ich meine Gesellenprüfung, damit erlosch ja der Ausbildungsvertrag, leider konnte sich das Büro keine zwei Bauzeichner leisten, somit wurde ich nicht übernommen.
Was nun?
Das Arbeitsamt schickte mich sonst wohin, ich sollte mich hier und da melden, aber was soll eine Firma, die einen Techniker suchte mit jemanden, der gerade die Ausbildung beendet hatte.
Damals gab es noch kein Internet, so schnappte ich mir das Branchenbuch, die guten alten Gelben Seiten. Jeden einzelnen Architekten im ungefähren Umkreis von 30 km rief ich an.
Ich hatte Glück und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Bereits am nächsten Tag teilte mir die Sekretärin mit, dass ich zum 1. September 1981 eingestellt wurde, der Vertrag sei schon auf dem Postweg.
Bis zum heutigen Tage bin ich in der Firmengruppe tätig, habe viele dort erlebt, mich weitergebildet und ….
Inzwischen sind 37 Jahre vergangen, doch ein weiteres Jubiläum hatte ich am 1.September 2018:
40 Jahre im Berufsleben, inklusiv von genau 6 Wochen indem ich ohne Job war.
Mir wäre es heute viel lieber, es wären 45 Jahre, denn jeder weiß, welche Aussichten inzwischen auf unsere Renten stehen. Als ich damals meine Ausbildung begann, wurde uns seitens der Regierung etwas ganz anderes vorgegaukelt, anders kann und will ich es nicht ausdrücken.
Texte: Schnief
Bildmaterialien: M. Schauten
Tag der Veröffentlichung: 06.09.2018
Alle Rechte vorbehalten