Getrübtes Licht fiel durch die Ritzen der Lamellen des Rollladens, sodass sich die Birne der Deckenlampe im Spiegel des Schrankes spiegelte und diffuse Schatten an die gegenüberliegende Wand warf. Da lag Lilly nun, wälzte sich von einer auf die andere Seite. Ihre Gedanken wirbelten beim Betrachten der verschiedensten Gebilde an der Wand nur so herum.
„Was interessiert mich dieser verrückte Nachbar mit seinem Verband von Krankenstationen, was hab ich damit zu tun? Zumal ich auch den Zusammenhang von Fallzeit und Revanche in diesem Zusammenhang nicht verstehe“, dachte sie angestrengt, dabei starrte sie weiterhin in den Spiegel. Als dann auch noch ihre Fingerspitzen höllisch zu kribbelten begannen, ließ sie diese auf die Bettkannte mit Hochgeschwindigkeit hämmern.
„Das auch noch“, rief sie laut und drehte sich blitzschnell zur Seite, um zu sehen, ob ihr zukünftiger schlafender Göttergatte James, der sowieso unheimliche Geräusche von sich gab, wach geworden war.
„Gott sei Dank nicht“, flüsterte sie vor sich hin, doch dieser drehte sich, dass das Bett zu schwingen begann und ein lautes Schnarch - Konzert begann.
Am liebsten würde sie ihm ja den Rachen mit einer Socke stopfen, damit dieses grässliche Konzert ein Ende fand, stattdessen schwang sie sich mit einem Schwung aus dem Bett. Mit ihrem Schlafsöckchen fand sie jedoch nicht den gewünschten Halt, rutschte weg und knallte mit einem Rumps auf dem Boden.
Sie schaute und horchte auf, doch ihr James erhöhte gerade nur die Lautstärke. Ohne weiter zu überlegen zog sie vom stummen Diener diesen entsetzlichen giftgrünen, geblümten Unterrock, den seine Mutter in das Weihnachtspaket gesteckt hatte und ihr großzügig überließ. Sie hatte doch nur bei ihrem letzten Zusammensein einen höflichen Kommentar abgegeben, da diese einen extravaganten Geschmack in ihrer Kleidung hegte.
Und nun dass, jetzt hatte sie dieses Unding am Hals.
Ihre Fantasie setzte sich in Bewegung, die Idee ihrer Rettung nahte und fast lautlos entschlüpfte ihr:
„Den werde ich in Polenta baden. Doch beim unermüdlichen Streben nach Reinigung des guten Stückes, versagte meine Waschmaschine, die nicht mehr abpumpen wollte. Bis zur Reparatur dauerte es leider zwei Tage.“
Ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Ohne weiter zu überlegen warf sie den ätzenden Unterrock über den laut Schnarchenden.
Sie hielt inne.
Doch es passierte nichts, so schlüpfte sie rasch ins kuschelige Bett zurück.
Kaum das Lilly es sich gemütlich gemacht hatte, vernahm sie ein leises Rauschen, fast gleichzeitig erkannte sie durch die halb geöffneten Augenlider im Spiegel diesen grässlichen Unterrock, wie dieser durch die Luft segelte und sich vor dem Kleiderschrank niederlegte.
James drehte sich mit einem Ruck um, blieb auf dem Rücken liegen und legte ein kurzatmiges Röcheln, das immer lauter wurde und in ein lang gezogenes Schnarchen überging.
Langsam aber sicher wurde es Lilly zu bunt und bohrte ihre Fingerspitzen nicht gerade sanft in seine nackte Schulter, jedoch ließ James sich davon überhaupt nicht beeindrucken, sondern sägte weiter ungeniert an seinem gewaltig schweren Ast.
„Man, das muss er doch merken“, dachte Lilly, während sie ihren Druck verstärkte.
Wie auf Kommando zuckte er plötzlich, begann sich leicht zu schütteln und drehte sich auch die Seite. Dann gab er auch obendrein noch leise Darmgeräusche von sich, die den Duft Verstorbenens hervorriefen.
Ein kurzer Moment der Stille, Lilly atmete erleichtert auf, jedoch leicht vom herüberströmenden Duft angewidert.
Vorsichtig drehte sie sich auf die Seite, um sich in ihr Kissen zu kuscheln. Aber nein, da bemerkte sie die erst ein leises Schwingen, doch dann begann diese elende Kreissäge wiederum langsam aber stetig lauter zu werden.
„Womit habe ich das verdient“, sprach sie es lauter als gewollt, dabei starrte sie gedankenverloren die Decke an.
Gerade als sie langsam mehr als genervt war, wollte sie ihm schon ihr Kissen an den Kopf werfen, hörte sie plötzlich wie durch einen Wattefilter die dunkle Stimme von James.
„Was verdient?“
„Deine Schnarcherei“, antwortete sie ihm ruppig.
„Ich schnarche nicht!“
„Doch!“
„Wirklich, schlimm?“
„Ja!“
James zog sie zu sich heran und nahm sie zärtlich in seine Arme. Behutsam streichelte er ihren Arm, da bemerkte er, dass es langsam zu dämmern begann.
Leise wollte er gerade ansetzen „Sieh nur die ersten Strahlen“, da hörte er ihr leises gleichmäßiges Atmen.
Texte: M. Schauten
Bildmaterialien: M. Schauten
Tag der Veröffentlichung: 03.07.2018
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