„Mensch, wo kommst du denn her? Du siehst aus, als hättest du Hummeln im Hintern!“, wollte von Hausverbot wissen, als sein Kollege Kommissar Hinkelstein mehr hopsend als gehend ihr gemeinsames Büro betrat.
„Woher wohl! Haste vergessen, musste doch meinen Lohnsteuerjahresausgleich noch einreichen. Dann dieser elendige, wahnsinnige Querulant, dieser stumpfsinnige Paragrafenheini …“, genervt und voller Verdruss schoss es nur so aus Hinkelstein heraus. Mehr als verärgert wollte er seine Erfahrung mit dem für ihn so uneinsichtigen Finanzbeamten loswerden.
„Der Typ war so was von …“, Kommissar Hinkelstein stockte beim Anblick eines Fotos mit einer aufreizenden Blondine, mit dem gerade von Hausverbot herum wedelte.
„Mann, sieht die geil aus! Schieb‘ mal rüber, die muss ich mir einfach genauer ansehen!“, rief er plötzlich entzückt. Hauptkommissar von Hausverbot schaute ihn irritiert an.
„Na, dann kannst du ja die Hoffnung auf eine Erstattung begraben.“
„Die Hoffnung gebe ich nicht auf. Nun schiebe endlich das Foto herüber!“
„Welches Foto?“
„Das in deiner Hand!“
„Hübsches Mädchen, nicht wahr!“, fand auch von Hausverbot, während er ihm das Foto rüber reichte, doch dann meinte er: „Sieht übrigens nach einer Nacht des Jägers aus.“
„Hat er es rausgeholt?“
„Was raus geholt?“
„Meine Güte, stehst du heute auf der Leitung. Das Diaphragma!“
„Kann sein, jedenfalls hatte sie keins auf die Stirn getackert, hat mir Kollege Vergessen mitgeteilt, der heute Morgen noch kurz am Tatort war, bevor er in seinen wohlverdienten Urlaub abschwirrte.“
„Sondern?“, wollte Hinkelstein wissen, während er das Foto mehr als studierte und wie es seine Art war, laut kommentierte.
„Echt hübsches Ding! Wie sie so da sitzt, macht sie einen gleich an. Dieses hübsche Gesicht, nicht übertrieben geschminkt. Tolle Figur! Und erst diese irren Netzstrümpfe mit den seltsamen Haltern und dann dieser geile Büstenhalter. Kriegst du da keine Gefühle?“
„Nein.“
„Was bist du für ein Mann, dem bei so einer Schönheit nicht die Hose feucht wird. Stell dir doch mal vor, du wärest an der anderen Leitung, sicher hatte sie auch noch ein geiles Stimmchen.“
„Nehme eher an, dass sie mit unserem Jäger telefoniert hat“, überging von Hausverbot die Anspielung seines Kollegen.
Hinkelstein stutzte plötzlich, irgendwie passte das ganze Umfeld auf dem Bild nicht in die heutige Zeit.
„Sag mal, woher stammt denn die Aufnahme?“ begann Hinkelstein irritiert.
„Das ganze Haus und auch im Garten sollen diverse Kameras installiert sein, die Spurensicherung hat mir drei Bilder bereits rüber geschickt, die anderen müssen sie ….“
„Wie bitte? - Sie hat ihre Kundschaft gefilmt. Dann können wir ja endlich den Jäger festmachen“, fiel Hinkelstein ihm ins Wort.
„Die Nacht des Jägers oder auch nicht!“, gab von Hausverbot lakonisch zurück, schaute aber direkt in seinem Rechner nach, ob ihm bereits weitere Bilder zugesandt wurden.
Hinkelstein betrachtete immer noch das Bild, während er sich durch seine Haare strich.
„Sag mal, machte sie etwa auf Nostalgie?“
„Wieso“, von Hausverbot sah seinen Kollegen fragend an.
„Ihre ganze Aufmachung, die Einrichtung, insbesondere die Kommode mit dem Kerzenständer darauf, an dem Wachs herunter gelaufen ist. Und erst das Telefon! Solch eins kenne ich nur aus alten Filmen. – Reich mir bitte mal die anderen Bilder, vielleicht hatte sie ja auch irgendwo noch ein Tonband versteckt, um die Lustschreie ihre Freier aufzunehmen.“
Zwischen seinen Papieren suchte von Hausverbot nach den Aufnahmen. Sein Arbeitsplatz sah ständig aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Er suchte lange. Als er sie endlich fand er, schaute er kurz hoch, reichte die Bilder kommentarlos weiter und wollte sich wieder seinen eingegangenen Mails widmen.
„Endlich“, entfuhr es Hinkelstein, nahm die Aufnahmen und wieder kommentierte er seine Gedanken laut, während er sie betrachtete.
„Eindeutig nostalgisch veranlagt! Sieh dir nur diesen begnadeten Hut an. Mann, wie konnte sich dieses hübsche Kind dass nur antun. Schade, dass es so geschüttet hat, ich hätte so gerne in diese sinnlichen Augen gesehen, leider zu verschwommen.“
„Wenn du dass möchtest, geh hinunter in die Katakomben, dort liegt deine Schönheit nun auf dem Seziertisch“, gab von Hausverbot gereizt von sich, sein Computer wollte mal wieder nicht so, wie er es sich wünschte.
„Du kannst doch nicht abstreiten, dass sie keine Schönheit war“, ereiferte sich Hinkelstein.
„Ja, zu deiner Zufriedenheit, sie war eine Schönheit“, stimmte, ziemlich genervt, von Hausverbot zu.
Hinkelstein legte eine kleine Gedankenpause ein, bevor er das dritte Bild kritisch betrachtete, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und nahm einen großen Schluck.
„Was ist denn das für ein Spülwasser!“, rief er entsetzt aus.
„So bekommst du wenigstens keinen Herzinfarkt“, grinste ihn von Hausverbot an.
Hinkelstein schüttete den Kaffee weg, setzte neuen Kaffee auf und murmelte Unverständliches. Während die Kaffeemaschine durchlief, studierte er die letzte Aufnahme.
Die Aufnahme schien von einer der Außenkameras zu sein. Wahrscheinlich war sie vom frühen Morgen, denn Nebelschwaden waren noch gut erkennbar. Unter der Laterne auf einer Brücke stand rauchend ein Mann, trug einen Trenchcoat und einen Hut. Während Kommissar Hinkelstein das Bild betrachtete, bildeten sich auf seiner Stirn Falten. Seine Augen schlossen sich zu Schlitzen, bis er urplötzlich lauthals loslachte.
„Geht es dir nicht gut?“, fragte ihn von Hausverbot, während er ihm mehrmals einen Vogel zeigte, als wollte er sagen, ‘du bist bescheuert‘.
Hinkelstein gluckste weiter vor sich hin, sodass man ihn kaum verstehen konnte.
„Das bist …“
„Was?“
„Du!“
„Wer, ich?“
„Das bist du!“, gluckste Hinkelstein und ein breites Grinsen breitete sich über sein Gesicht aus, während er auf´s Bild deutete. Noch bevor von Hausverbot etwas erwidern konnte, klingelte das Telefon.
Er hob ab und hörte nur zu. Schließlich legte er auf.
„Komm, schnapp dir deine Jacke, wir gehen in die Katakomben hinunter.“
Auf dem Seziertisch lag inzwischen das hübsche Mädchen. Wortreich wie immer, begann der Pathologe seine Ergebnisse ausschweifend zu erläutern. Doch Hinkelstein riss als erstes das Laken vom Körper, um zu sehen, ob es wieder eine Nacht des Jägers war. Da er nichts dergleichen entdecken konnte, bremste er den Pathologen und wollte sofort wissen, ob die Tote überhaupt ein Diaphragma getragen hatte.
Wieder wollte der Pathologe eine ellenlange Erklärung abgeben, doch von Hausverbot unterbrach ihn.
„Trug sie ein Diaphragma? Und wenn ja, sitzt es noch an seiner richtigen Position?“
„Ja, sie trug eins und jemand versuchte es zu entfernen, es sieht aber so aus, als wäre er gestört worden, denn es saß zwischen den Schamlippen. Es war weder irgendwie befestigt, noch sonst was. Für euch aber das Beste, er hat bei seinen Bemühungen ein Stückchen Handschuh verloren, Fingerabdrücke und DNA können wir daher bestimmen.“ „Wie, können! Noch nicht veranlasst?“, ereiferte sich Hinkelstein barsch.
„Immer mit der Ruhe, in einer halben Stunde müsste das Ergebnis vorliegen und ihr könnt eure Computer heiß laufen lassen. Übrigens die Todesursache ist nicht der Schlag auf den Kopf, trotz der vielen Verletzungen, sondern der Kerl muss ihr Säure in den Rachen geschüttet haben.“
Die beiden Kommissare sahen sich fassungslos an und hofften inständig, dass sie diesen elenden Kerl endlich zu fassen bekamen. Sie fragten nach weiteren Details und machten sich anschließend zurück auf den Weg in ihr Büro.
Kommissar Hinkelstein goss für beide erst mal eine Tasse Kaffee ein, währenddessen schaute von Hausverbot im Computer nach, ob die Untersuchungsergebnisse der DNA Bestimmung und der Fingerabdrücke bereits eingetroffen sind.
„Noch nicht, dafür einige weitere Bilder von der Spurensicherung und ihr Bericht“, stellte von Hausverbot fest.
„Haben die noch weitere Bilder von dir geschickt?“
„Ha, Ha, hättest du wohl gern, nein nur noch welche vom Tatort“, antwortete von Hausverbot sarkastisch, während er den Bericht überflog.
Ebenso machte sich Hinkelstein bereit, den Bericht lesen, als die Meldung von der Bestimmung der Fingerabdrücke und die Fakten zur DNA hereinkamen.
„Sie ist da, ich lasse sie gleich mal durchlaufen“, meinte Hinkelstein und fütterte gleich das Suchprogramm.
„Mach das.“
„Bin schon dabei.“
Inzwischen war es später Nachmittag, als endlich das Programm einen Treffer hatte, in der die DNA und die Fingerabdrücke übereinstimmten.
„Endlich, das hat ja eine Ewigkeit gedauert“, freute sich Hinkelstein.
„Dann schnappe dir deine Jacke und komm, lass uns "Die Nacht des Jägers“ endlich beenden“, forderte von Hausverbot seinen Kollegen auf.
Texte: Schnief
Bildmaterialien: Manuela Schauten
Tag der Veröffentlichung: 07.06.2015
Alle Rechte vorbehalten