„Jamie fuhr nach Spanien um zu sterben“, sagte von Hausverbot, als er mit seinem Kollegen Hinkelstein den Aufzug im 3. Stock verließ.
„Wieso? Etwa eine unerwiderte Liebe?“, fragte Hinkelstein noch auf dem Korridor, kurz bevor sie ihr Büro erreichten.
„So ungefähr, doch die flirrende Hitze, die Wildbienen welche den Affenbrotbaum bestäubten und die vielen ungezähmten Kaninchen …“, begann von Hausverbot, wurde jedoch von Hinkelstein unterbrochen.
„Jetzt sag bloß nicht, ihr wurde schwindelig und fiel in eine Distel, als sie unter dem Affenbrotbaum den Sonnenuntergang bewundernd dasaß und dich angestiefelt kommen sah.“
„Du Quatschkopf, es ging um das Vermächtnis ihres Onkels und die Folgen“, erwiderte von Hausverbot.
„Deshalb hast du dich beurlauben lassen, bist in die Perle von Spanien geflogen, hast mit ihr palavert?“, fragte nun Hinkelstein etwas kopfschüttelnd und meinte anschließend:
„Dann erzähl, ich bin ganz Ohr!“
„Jetzt nicht, warte bis ich soweit bin, es zu erzählen, denn mein Beitrag zum FB 40 ist noch nicht fertiggestellt!“, antwortete ihm von Hausverbot und fuhr seinen Rechner hoch.
„Man erzähl!“
„Lass dich überraschen!“
Während von Hinkelstein sich seinem Rechner und seinen Notizen widmete, machte sich Hinkelstein daran, als erstes frischen Kaffee aufzuschütten.
„Wieviel Löffel auf sechs Tassen?“, wollte er schließlich wissen.
Von Hausverbot schaute auf, schüttelte den Kopf und meine nur noch:
„Damit du die Nacht schlafen kannst, nimm vier gestrichene Löffel, sonst stirbst du mir noch an Herzklabaster!“
„Ich doch nicht“, grinste ihn Hinkelstein an.
Es herrschte einige Minuten Stille, beide saßen an ihren Schreibtischen, doch Hinkelstein war neugierig und sein Fall, denn er gerade bearbeite, riss ihn nicht gerade vom Hocker.
„Nu, was ist nun mit Jamie?“, begann er vorsichtig zu fragen.
„Mann, ich hab doch gesagt, lass dich überraschen!“, entgegnete ihm von Hausverbot, der sich ständig vertippte, leicht gereizt.
„Was hältst du davon, du erzählst und ich tippe, dein Zweifinger - Such – System dauert Stunden, in der Zwischenzeit ist der Affenbrotbaum aus Afrika bei uns heimisch geworden. … Deine Hämmerei auf die Tastatur hört sich an als würden Wildbienen mit ihren Stacheln Darts spielen, plop, plop“, versuchte es Hinkelstein nochmal, als er gerade ihre Kakteen goss, die mehr als kläglichen Reste auf der Fensterbank.
Von Hausverbot , vom ständigen vertippen genervt, schaute auf. Er sah ihn irritiert an und musste plötzlich laut lachen, als er seinen Kollegen sah, wie er mit der Gießkanne so dastand, während das Wasser langsam aber sicher dessen Hose benässte.
„Bist wohl noch nicht trocken, aber dein Angebot nehme ich gerne an“, antwortete ihm von Hausverbot grinsend.
„Trocknet schon wieder“, entgegnete ihm Hinkelstein, stellte die Gießkanne auf die Fensterbank, holte sich eine Tasse Kaffee und machte es sich auf seinem Stuhl bequem.
So erzähte von Hausverbot die Geschichte "Ausflug in andere Welten" und Hinkelstein tippte wie ein Wahnsinniger.
Als er ohne irgendwelche Zwischenfragen stellte und zu Ende getippt hatte fragte er:
"Sag mal,warst du etwa Eva und Julian, Jamie?"
"So ungefähr. Ich danke dir herzlich, du hast noch was gut bei mir."
"Dann lass uns ein Bier trinken gehen!"
Nach einer halben Stunde verließen sie das Büro und machte sich auf den Weg zur ihrer Stammkneipe am Ufer des nahen Flusses.
Bereits am nächsten Tag saß von Hinkelstein am frühen Morgen am Computer und kürzte für einen Wettbewerb seine Geschichte, denn diese war um zehn Seiten zu lang geworden. Als Hinkelstein hereintrat, bemerkte er ihn nicht, so intensiv hatte er sich vertieft.
"Morgen, was machst du den für ein Gesicht?"
"Die Geschichte ist zu lang, musste kürzen, lies bitte mal, habe ich alles noch Wichtige drin?"
Sie tauschen die Plätze und bevor Hinkelstein zu lesen begann,meinte er.
"Kannste Kaffee kochen, könnte einen Schluck gebrauchen."
Langsam las er den Text und korrigierte gleichzeitig die Flüchtigkeitsfehler, die sich eingeschlichen hatten.
"J. fuhr nach Spanien um zu sterben. Die Welt, die er kannte, wurde langsam kleiner. Die Welt vor ihm erstrahlte im hellen Glanz des Sonnenuntergangs. Mit einem mulmigen Gefühl wandte er den Blick von der Stadt und schaute der Sonne entgegen. Endlich hatte er seinen Schatten übersprungen. Das Gefühl von Freiheit überkam ihn. Es erfüllte ihn tief in seinem Innern mit einer wohligen Wärme. Nie wieder würde er zurückkommen. Er hatte Alle zurückgelassen. Seine Stelle gekündigt und Bankkonten geplündert. Alles was er noch besaß, war in seine Taschen gestopft, ein Foto, seinen ersten Milchzahn. Er wollte das Abenteuer seines Lebens erleben, bis er es beenden würde.
Er saß direkt neben dem Busfahrer und genoss die letzten Sonnenstrahlen, fühlte sich müde und erschöpft. Er machte es sich gemütlich und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Hier würde er sowieso keine Ruhe finden, bei all den Leuten, deren gedämpftes Gemurmel zu ihm ebbte. Irgendwann öffnete er die Augen, die Uhr zeigte 3:56. Stöhnend rieb er sich die Augen. War er tatsächlich eingeschlafen? Es schien so, denn er fühlte sich ausgeruht und entspannt, trotz seiner Rückenschmerzen, die von der unbequemen Haltung herrührten. Er wandte sich dem Busfahrer zu und wollte fragen, wann er die nächste Pause einlege, als er bemerkte, dass es gar nicht mehr dieselbe Person war. Anstelle des älteren Busfahrers mit schütternden grauen Haar, saß eine junge Frau am Steuer. Verdutzt rieb er seine Augen und die Fahrerin musste grinsen.
»Guten Morgen«, kicherte sie. »Nein, Sie träumen nicht. Uwe und ich haben vor gut einer Stunde gewechselt.« Darauf wies sie hinter sich und er folgte ihrer Bewegung.
»Sie sehen ja ziemlich verschreckt aus«, grinste die junge Frau immer noch. Er räusperte sich.
»Ich hab mich schon gewundert.«
»Oh ja«, während sie sprach, wandte sie ihren Blick nicht von der Straße. Er nutzte dies, um sie genauer zu betrachten. Sie hatte langes blondes Haar, dass sie in einer Flechtfrisur trug. Dennoch fielen ihr dünne Strähnen ins schmale, von Sommersprossen übersäte Gesicht. Sie trug eine blaue Jeans und eine karierte helle Bluse. Als sie ihren Blick kurz ihm zuwarf, fühlte er sich ertappt.
»Warum fahren Sie mit?«, fragte sie freundlich.
Er verzog das Gesicht. Er war hier, um allein zu sein. Er wollte keine Freunde finden und schon gar nicht höflichen Smalltalk halten.
»Oh, ich bin wieder zu neugierig, stimmt’s?«, fragte sie.
Er wollte nicht unhöflich sein und antwortete ihr mit einer müde anhörenden Stimme: »Ich weiß es noch nicht genau. Vielleicht erlebe ich ein Abenteuer.« Ihm war klar, wie dämlich sich das anhörte, aber es war ihm egal. »Und nein, Sie sind nicht neugierig.«
»Das freut mich. Ich habe mir gleich gedacht, dass Sie nicht mit den anderen den Jakobsweg gehen wollen.« »Nein«, meinte er und drehte sich um.
Es waren hauptsächlich Senioren dabei. An den Jakobsweg hatte er gar nicht gedacht, aber jetzt machte es Sinn. Der Bus würde seine Fahrgäste an der spanischen Grenze absetzen. Manche würden wohl den spanischen Teil des Jakobsweges nach Santiago de Compostella antreten. Er jedoch wusste nicht, was für ihn folgen würde.
»Daran hatte ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht.«
»Jedes Mal ist der Bus vollgestopft mit Gläubigen, die sich nach Erlösung, Erkenntnis oder Hoffnung sehnen.«
Sie musste erneut lächeln.
»Und welcher dieser Typen sind Sie. Suchen Sie Erlösung, Erkenntnis oder Hoffnung, Julian?«
Er verzog das Gesicht. Gute Frage. Was suchte er? Erlösung? Wovon? Seinem Leben? Den Fehlern, die er begangen hatte, die Dinge, die er hätte tun können, aber nicht getan hat? Erkenntnis? Wollte er zum Glauben finden? Wollte er erkennen, was richtig oder falsch war? Wollte er sich selbst erkennen? Sein eigenes Wesen, vielleicht sogar seine Seele, erkunden und finden? Hoffnung? Worauf? Ein besseres Leben? Lebensfreude und Lebenslust? Wollte er erkennen, dass sein Leben doch lebenswert war? Wollte er erkennen, dass es immer etwas Gutes gab, dass es überall ist? Dass das Schlechte und Böse nur ein kleiner Fleck auf einer unendlich großen weißen Leinwand ist?
»Oder sind Sie auf der Suche nach allen drei Dingen, Julian?«, fragte die Busfahrerin und strich sich eine der lockigen Strähnen hinters Ohr.
Etwas verwunderte ihn und im ersten Moment kam er nicht darauf.
»Woher kennen Sie überhaupt meinen Namen?«
Die junge Frau ließ die Schultern ein wenig hängen.
»Julian«, sie schluckte schwer und machte eine lange Pause. »Du stellst die falsche Frage.«
Julian zog die Augenbrauen hoch.
»Die falsche Frage?«
»Jawohl, die falsche Frage.«
»Wer sind Sie, dass Sie über mich Bescheid wissen.«
Die Frau überlegte kurz, ob sie antworten sollte. Schließlich sagte sie zögerlich. »Das war zwar auch nicht die richtige Frage, aber ich denke, das sollte ich Ihnen wirklich sagen. Mein Name ist Eva.«
Als würde das schon alles erklären, beließ sie es dabei. Julian starrte sie verwundert an. Wer war diese Frau und was wollte sie von ihm?
»Ich verstehe nicht«, begann Julian zögerlich und schüttelte leicht den Kopf.
Die Busfahrerin zuckte die Achseln.
»Das macht nichts. Irgendwann wirst du es verstehen.«
Nachdem alle den Bus verlassen hatten, machte Julian sich auf den Weg zu der nächsten Tankstelle, um etwas Essenbares zu holen.
»Julian, warte!«, rief plötzlich eine Frau und Julian brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer ihn ansprach. Julian blieb einen Moment stehen, überlegte, ob er auf Eva warten sollte.
»Wo willst du hin?«, fragte sie und schloss zu ihm auf.
»Keine Ahnung. Irgendwohin.«
»Das passt ja«, kicherte sie.
»In die Richtung muss ich auch.«
Julian stöhnte und blieb stehen. Er war größer als Eva, dennoch meinte er, als wäre sie die größere Person.
»Was wollen Sie?«
Sie grinste und verzog anschließend ihr Gesicht.
»Dir folgen.«
»Aber wohin? Und warum?«
»Die Antwort brauchst du nicht, Julian. Ich muss dir helfen, damit du den richtigen Weg nach Irgendwo findest.« Ihre Stimme klang freudig.
»Ich möchte nicht unhöflich sein, Eva.«, begann Julian und kratzte sich im Nacken. Wie konnte er sie abwimmeln, ohne unhöflich zu sein?
»Aber ich mache diese Reise, um allein zu sein.«
»Nein«, seufzte sie.
»Du machst dies Reise nicht, um allein zu sein.«
Julian war verwirrt.
»Doch, natürlich.«
Es war später Nachmittag und dennoch senkte sich eine ungeheure, flirrende Hitze über die Landschaft. Er zog sich die Kappe tiefer in die Stirn. Eva ging einige Schritte weiter.
»Komm schon, Julian. Ich begleite dich.«
»Ich möchte aber nicht, dass Sie mich begleiten«, er hoffte insgeheim, dass sie diese direkte Aussage nicht zu ernst nahm.
»Hör doch endlich mal auf, mich zu Siezen«, Eva stampfte mit dem Fuß auf. »Ich meine wir kennen uns doch schon lange genug.«
Ein Stöhnen. Julian war überfordert.
»Wir kennen uns doch erst seit zwei Tagen.«
»Denkst du«, deutete Eva an und ging weiter. Julian stand noch einige Sekunden da und beobachtete die hübsche Frau, bis er in Gedanken den Kopf schüttelte und ihr folgte.
»Willst du reden?«, fragte Eva nach einiger Zeit. Sie waren schweigend an einer Straße gewandert. Evas Haar war verschwitzt und klebte ihr in der Stirn und Julians grünes T-Shirt war von dunkeln Schweißflecken übersät. Er fühlte sich müde. »Ich glaub, du brauchst eine Pause«, seufzte Eva und ließ sich am Straßenrand nieder. In all den Stunden, in denen sie die Straße entlang gewandert waren, war nur ein einziges Auto vorbeigekommen.
»Musst du nicht zurück und den Bus wegfahren?», fragte Julian und ließ sich neben sie fallen.
»Nein«, lachte sie. »Ich muss nur hinfahren, zurück nie.«
Julian schnappte nach Luft. Sein Arm schmerzte und als er ihn betrachtete, stellte er fest, dass er sich in eine Distel gelegt hatte. Seine Beine hatte er von sich gestreckt und richtete den Blick in den hellblauen Himmel.
»Das kann ich dir auch nur empfehlen, Julian«, meinte Eva und stupste ihn sanft an.
»Was?«, fragte er.
»Na, nur hin und nicht zurückzufahren.«
Eva betrachtete ihn mit großen Augen.
»Es ist doch egal, was in der Vergangenheit war. Was zählt, ist dein Vermächtnis und was du daraus machst.«
»Du meinst Kinder?«
»Ich meine alle deine Taten«, sagte sie und musterte ihn erneut. Er war fix und fertig.
Die Müdigkeit überkam ihn plötzlich und ehe er sich versah, war er eingeschlafen. Irgendwo an einer Landstraße in Spanien. Mit einer wildfremden Frau, die meinte, ihn zu kennen.
»Julian«, Eva schüttelte die Schulter des schlafenden Mannes. »Wach auf.«
Verschlafen drehte dieser sich um. Müde rieb er sich die Augen und betrachtete die Frau, die aussah wie ein Engel. »Siehst du das?«, fragte sie und deutete auf ein Kaninchen, dass am Straßenrand futterte. »Es ist mutig, so nah heran zu kommen. Was denkt es wohl gerade?«, fragte Eva und musterte das putzige Tier.
»Deshalb hast du mich geweckt?«, wollte Julian wissen und wandte den Blick von dem Tier auf Eva.
Diese starrte ihn wütend an.
»Du erfreust dich nicht einmal an den kleinen Dingen im Leben! Julian, du solltest dich wirklich schämen. Du bist hier und guckst dir alles an, aber sehen tust du nichts«, sie machte eine ausholende Geste. »Wie kannst du nur glücklich sein, wenn du all das Schöne um dich verpasst. Ach ja, du bist ja gar nicht glücklich.«
Sie verzog den Mund zu einer geraden Linie: »Wenn ich mich nicht irre, bist du nach Spanien gekommen, um dein Leben zu beenden.«
Julian betrachtete sie und schluckte schwer: »Woher weißt du das?«
»Ich hab dir doch gesagt, dass wir uns schon lange kennen.«
Wütend erhob Julian sich. Ihm war schwindelig und er brauchte einen Augenblick, um das Gleichgewicht wieder zu finden.
»Was meinst du? Wir kennen uns!«
»Du bist nicht in dieses wunderschöne Land gekommen, um mit den Anderen zu palavern und die ungezähmte Wildnis hier zu bewundern. Nein, du bist so selbstsüchtig und denkst an Suizid.«
Sprachlos starrte Julian Eva an. Schlimm genug, dass sie es ihm so direkt ins Gesicht sagte, was sie dachte, aber am schlimmsten war, dass sie es wusste. Julian schulterte seinen Rucksack und rannte los. Er hatte kaum noch Kraft, trotzdem rannte er. Fort von Zuhause, fort von seinem Leben und fort von Eva, die über ihn Bescheid wusste, ohne ihn zu kennen. Irgendwann drehte Julian sich um, weil er das Gefühl hatte, jemand beobachtete ihn, doch die Straße hinter ihm war leer. Eva folgte ihm nicht. Er war er allein. Durstig und erschöpft ließ er sich nieder und trank. Verzweifelt überlegte Julian, was er tun konnte, doch ihm fiel nichts ein. Er wollte einfach schlafen, er war so furchtbar müde. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er es jetzt tun sollte. Ob er sein Leben hier und heute beenden sollte. Aber er konnte es nicht. Als im nächsten Moment ein Lastwagen am Horizont erschein, war Julian erleichtert. Er stellte sich und streckte den Daumen in die Höhe. Der Wagen hielt. Mit Gesten versuchte Julian dem Fahrer verstehen zu geben, was er wollte. Er durfte mitfahren und bekam auch einen Kaffee gereicht. Benebelt von dem Kaffee, der Übermüdung und Anstrengung fielen Julian bald wieder die Augen zu.
»Hola«, der Fahrer wedelte Julian mit einer Landkarte Luft zu. »¿Estas bien?«
Julian riss mit einem Ruck die Augen auf und befürchtete, Eva würde ihn schon wieder wegen einem Wildkaninchen aus dem Schlaf reißen und ihn mit Geschichten über ihn selbst verschrecken. Ohne zu wissen, was der Fahrer gefragt hatte, nickte Julian heftig und schaute sich um. Er saß noch immer im Lastwagen, der stand nun in einer dunklen Halle. Der Fahrer wedelte Julian mit den Armen zu, zum Zeichen, dass er aussteigen sollte. Zum Dank verbeugte Julian sich leicht. Hier war es schön kühl und erinnerte Julian an eine dunkle sichere Höhle. Dennoch wollte er sich umschauen, um zu wissen, wo er war. Er stellte fest, dass er sich keineswegs in einer Stadt befand, sondern in einer riesigen leeren Halle, die in der Wüste stand. Unbeholfen trat er aus dem Schatten der Halle durch das geöffnete Tor in den Sonnenschein des gerade hereinbrechenden Morgens. Julian hörte das leise Summen von Wildbienen und das Rascheln eines Tieres im Dickicht verdorrter Pflanzen.
»So sieht man sich wieder«, kicherte Eva.
Erschrocken fuhr Julian herum. Sie hatte im Schatten der Halle auf ihn gewartet.
»Wieso habe ich dich nicht gesehen?«, fragte Julian und hielt sich die Hand vor die geblendeten Augen. Für einen Moment schien es ihm, als würde ein Licht von Eva ausgehen. Aber Julian verwarf diesen Gedanken sofort wieder. »Ich war immer da, Julian. Du kannst mich sehen, wenn ich es will«, ihr Blick wurde traurig. »Das hab ich dir doch schon mal erklärt.«
Verwundert starrte er sie an. Sie nahm seine Hand und zog ihn in die Halle, damit er etwas sehen konnte
»Du wirst nie von mir erfahren wer ich bin, denn darüber darf ich nicht sprechen, aber ich kann dir einen Tipp geben.«
Ihr sonst so fröhliches Wesen hatte sich ein wenig gewandelt. »Ich habe eine Beurlaubung bekommen, mein Chef meinte, mit dir würde es eh bald zu Ende gehen und ich solle mir doch schon mal einen neuen Schützling suchen.« Wieder nur Starren aus Julians Augen.
»Ich wollte aber nicht, verdammt noch mal. Du bist mein Schützling, seit deiner Geburt. Ich habe alles mit dir gemacht. Die ersten Schritte, dein erster Milchzahn, sogar deinen Traum einmal ein Baumhaus auf einem Affenbrotbaum zu haben. Wir teilten alles, bis du irgendwann den Glauben an mich und alles Gute verloren hast. Wir entfernten uns voneinander. Hier wird es enden! Heute und jetzt! Aber wie es endet, liegt in deiner Hand, mein Lieber.«
Ohne darüber nachzudenken, was er sagte, platze Julian heraus: »Du bist mein Schutzengel!«
Eva strahlte über das ganze Gesicht.
»Die Perle in der Wüste«, seufzte Julian. »Davon habe ich immer geträumt.«
»Du hast von diesem Gefühl geträumt, Julian. Sorglosigkeit, Unbeschwertheit, tiefes Glück. All das wirst du finden. Und zwar hier.«
Diesmal machte sie keine ausholende Geste über die Landschaft, sondern deutete auf Julians Brust.
»Du brauchst mich. Und ich bleibe bei dir, wenn du es möchtest. Aber Julian, du musst es wollen."
Wer natürlich sich die komplette Geschichte, statt des Betrags zum Wettbewerb lesen möchte,
hier ist selbstverständlich der Link dazu.
http://www.bookrix.de/_ebook-schnief-ausflug-in-andere-welten/
Texte: Schnief
Bildmaterialien: Schnief
Tag der Veröffentlichung: 13.04.2015
Alle Rechte vorbehalten