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Die Begegnung der besonderen Art

„Zeige mir doch mal die Bilder“, forderte ihn sein Kollege, Kommissar Hinkelstein, auf. Hauptkommissar von Hausverbot, der ihm gegenüber an seinem Schreitisch saß, schob langsam und bedächtig die Bilder zusammen, anschließend reichte er sie ihm hinüber.

Kommissar Hinkelstein betrachtete sie eine geraume Zeit, bis er sich schließlich äußerte.

„Wer hat die Aufnahmen gemacht, am besten finde ich die Frontalaufnahme der Bucht, sie ist hervorragend gelungen und ziemlich stimmungsvoll. Sogar die Leiche im Sand passt exzellent.“

Dabei legte er das Bild umgekehrt auf den Stapel der Bilder.

„Man, bist du heute wieder witzig“, stellt von Hausverbot fest. Kommissar Hinkelstein betrachtete inzwischen ein anderes Bild.

„ Hast du schon Bescheid von der Gerichtsmedizin, weshalb der Mann lauter Wucherungen und seltsame ekelhafte Beulen im Gesicht und am Hals aufweist“, quatschte er einfach in die Bemerkung seines Kollegen hinein.

„Der Typ der da im Sand liegt ist tot“, wollte von Hausverbot weiter ausführen.

„Ach nee“, quakte Hinkelstein dazwischen.

„Sehr witzig, der Tote hat nicht nur die widerlichen Wucherungen am Hals und im Gesicht, sondern wohl überall auf dem Körper. Und die blubberten!“, fuhr von Hausverbot fort.

„Wie, die blubberten? Seit wann blubbert es denn an Toten?“, will nun Hinkelstein genauer wissen.

„Ich hab keinen Schimmer, jedenfalls habe ich die Leiche nicht berührt, selbst mit den dicksten Gummihandschuhen wäre ich nicht auf die Idee gekommen, einfach widerlich. Dir Spurensicherung durfte ohne meine Hilfe ihre Arbeit erledigen. Ich habe nur diese Aufnahmen aufgenommen und mich schnellstens vom Acker gemacht“, erklärte von Hausverbot ziemlich nervös.

„Du hast dich vom Acker gemacht“, stellte Hinkelstein fassungslos fest und fuhr sofort weiter, „Sonst bist du doch so klebrig wie Kaugummi an der Schuhsohle. Kein Härchen entgeht dir. Hast du ihnen wenigstens einer deiner Matrix –Tütchen zurückgelassen.“

Er versuchte seinen Kollegen etwas aus der Reserve zu locken, da er fand, dass sein Kollege sehr spärlich seine Erkenntnisse mitteilte.

„So etwas habe ich noch niemals erlebt, es war einfach gruselig. Ich wollte nur noch weg“, entfuhr es von Hausverbot.

„Wieso?“, hakte Hinkelstein nach.

„Der Tote lag mit seinem Gesicht, das halb im Sand steckte, dar. Die Augen starrten einen an, als wäre er leibhaftig den Teufel in seiner grausamsten Art begegnet.“

Von Hausverbot machte eine Pause, holte tief Luft und schüttelte sich.

„Solche Augen hast du doch schon öfters gesehen, was ist passiert, das du dich schüttelst. Hier nimm einen Schluck Kaffee, leider hab ich keinen Cognac oder Whisky. Oder möchtest du lieber deinen Pfefferminztee, den muss ich aber erst einfliegen lassen“., meinte Kommissar Hinkelstein fragend, drehte sich und griff nach der Thermoskanne mit Kaffee.

„Lass mal. Danke für dein Angebot, aber ich möchte wirklich keinen Kaffee, nicht dass er dir gleich hochkommt“, lehnte von Hausverbot dankend ab.

„So schnell kommt mir nichts hoch“, widersprach Hinkelstein ihm und löcherte ihn weiter.

„Mensch, jetzt komm endlich auf den Punkt oder was ist mit dir?“

„Also, einer von der Spurensicherung, so ein junges Bübchen, grad den Windeln entschlüpft, meinte er müsse mal mit einem Stöckchen in so eine der pulsierenden Wucherungen stechen. Er stach hinein und dann.“

Von Hausverbot stockte und schüttelte sich erneut, dabei konnte man ihm ansehen, wie alles Geschehene vor seinem geistigen Auge Revue passierte.

„Hermann, was ist passiert? Mensch erzähl endlich“, bohrte Hinkelstein weiter.

In Gedanken versunken, rückte Kommissar von Hausverbot das Bild von Lenchen, seiner Enkelin, das in einem gelb blauen Bilderrahmen steckte, gerade auf seinem Schreibtisch.

„Hör auf, an dem Rahmen herumzufummeln und sag endlich, was passierte“, forderte ihn Hinkelstein jetzt energischer auf.

 

Von Hausverbot sah plötzlich Hinkelstein mit einem etwas seltsamen Ausdruck in den Augen an, doch dann begann er zuerst stockend, dann jedoch langsam an, das Vorgefallende zu berichten.

„Also, das Bübchen stach und stocherte in so einer pulsierende Wucherung herum, zuerst passierte gar nichts. Ach, ich stand ungefähr zwei Meter von ihm entfernt und beobachtete ihn über den Rand meiner Brille. Gerade als ich ihn zurecht weisen wollte, dass er nicht so pietätlos sein soll, da vernahm ich ein seltsames Pfeifen und Zischen. Die Oberfläche dieser grünbläulichen pulsierende Wucherung, in der der Knabe herumgestochert hatte, platzte auf.“

Von Hausverbot hielt inne.

„Und weiter?“, stocherte Hinkelstein.

„Wie soll ich es ausdrücken? … Nachdem es aufgeplatzt war, schossen blitzartig gestreifte lange Fäden heraus, die zuckten und flatterten herum. An ihrem Ende saß ein bunter Kopf, der hatte die Form eines Luftballons“.

Kommissar Hinkelstein musste grinsen und verdrehte die Augen.

„Klar doch, mit einem Smiley darauf und flatterhaft waren die Fäden auch!“

„ Man, du brauchst gar nicht zu grinsen und die Augen zu verdrehen! – Jedenfalls bin ich froh, dass ich nicht so dicht bei dem Bübchen stand.“

„Wieso“, wollte jetzt Hinkelstein wissen.

„Die Fäden – diese gestreiften Fäden sind plötzlich hochgesprungen und haben sich in die Haut von dem Knaben gebohrt. Der hat vielleicht einen Brüller losgelassen.

„Klar doch, du willst mich“, wollte Hinkelstein kopfschüttelnd abwinken, doch er blickte in das erstarrte Gesicht seines Kollegen und fand es urplötzlich gar nicht mehr lustig, so forderte er ihn auf:

„Was ist noch passiert, sage es endlich!“

Doch von Hausverbot starrte noch vor sich hin.

 

„Wo sind übrigens die Ergebnisse der Spurensicherung, auf deinem Schreibtisch liegt ja gar nicht die gelbe Mappe?“, wollte nun Hinkelstein die Situation etwas auflockern.

„Die wirst du auch nicht finden. Zwei Stunden später wurde uns alles aus der Hand genommen!“

„Wieso und von wem?“

„Jetzt fang bloß nicht auch noch an zu lachen, vom Amt für Außerirdische. Nein, entschuldige, es war das Bundesamt für magische Wesen.“

„Das glaube ich jetzt nicht“, erwiderte Hinkelstein und unterdrückte ein Grinsen.

 

„Doch der Kleine brüllte wie am Spieß, als diese Fäden mit ihren Luftballonköpfen in ihn eindrangen, er schlug wie wild um sich , versuchte sie herauszuziehen, schaffte es aber nicht. Dann starrte er mich mit demselben Blick, wie der Tote im Sand, an. Schließlich knickte er wie eine Salzsäule, der man den Stand nahm, zur Seite. Sein Kollege von der Spurensicherung beugte sich zu ihm hinunter und erklärte daraufhin „Mein Gott, er ist tot“. Ich zog ihn sofort von dem Bübchen. Einige Minuten später holten wir Planen und bedeckten die Toten damit.“

„Gut, das ich das nicht erleben musste, ich weiß nicht was ich getan hätte“, meinte Hinkelstein.

„Dir, du neugierige Nase, wäre es genauso ergangen wie dem Bübchen, du bist genauso ein Kindskopf, der alles ausprobiert“, entgegnete von Hausverbot.

„Ich hätte nicht in den pulsierenden Wucherungen gestochert“, gab Hinkelstein ein wenig beleidigt zurück, wollte aber nun wissen, wer das Amt für die magischen Wesen informierte.

 

„Nachdem sein Kollege sich etwas gefangen hatte, kontaktierte er seinen Vorgesetzten von der Spurensicherung. Währen dessen habe ich versucht, dich übers Handy zu erreichen, hatte aber kaum ein Netz. Es dauerte keine dreiviertel Stunde und sie kamen mit Schutzausrüstung und allem Pipapo Die Leichen wurden in Stahlsärgen abtransportiert.“

„Und hatten sie ihre Außeririschen dabei, damit sie die Sache aufklären konnten“, flachste Hinkelstein ein wenig.

„Nein, aber wir wurden angewiesen, Stillschweigen zu wahren“, entgegnete von Hausverbot.

„Ist dir ja gelungen!“, meinte Hinkelstein und klopfte von Hausverbot kameradschaftlich auf die Schulter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Schnief
Bildmaterialien: schnief
Tag der Veröffentlichung: 01.04.2015

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