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Ungutes Gefühl

Lange Zeit habe ich in meinem Gedächtnis herum gewühlt, ob vielleicht ich irgendwann eine Vorsehung oder Vorahnung hatte, eigentlich nicht, oder.

 

Gestern war mal wieder so ein Tag, an dem nichts vernünftig klappen wollte, denn bereits kurz nach dem Aufstehen lief ich als Erstes gegen die halbgeöffnete Schlafzimmertür, wie sie mein Mann jeden Morgen offenließ, nachdem er mich geweckt hatte, um Tschüss zu sagen. Das fing ja schon gut an, dachte ich bei mir und torkelte leicht benommen ins Bad. Beim Anziehen der Strümpfe hatte ich plötzlich ein Gefühl, so nach dem Motto, bleibe lieber im Bett.

 

Nachdem ich meinen Kreislauf mit drei Becher Kaffee in Schwung gebracht hatte, weckte ich unser Kind, statt eines fröhlichen „Guten Morgen“ schallte mir ziemlich muffig entgegen „Ich habe erst um Zehn Schule, der erste Block fällt aus“.

„Hättest mir ja mal sagen können, noch kann ich nicht hellsehen. Dann schlafe halt noch eine Runde, bis heute Mittag“, entgegnete ich ihr und wollte wieder die Tür schließen, als sie plötzlich rief:

„Ich bin in der Mittagspause bei Ali, kannst du mir meine Sportsachen dorthin bringen?“

„Bin ich dein Bimbo, nimm sie mit oder du musst nach Hause kommen!“

„Andere Mütter machen das aber!“

„Ich bin aber nicht andere Mütter!“, dabei schloss ich die Tür.

 

Beim hinuntersteigen der Treppe auf Socken rutschte ich natürlich auf der letzten Stufe aus, konnte mich aber noch abfangen und in der Küche goss ich  mir einen weiteren Becher Kaffee ein, drehte mich um und stieß den Tetra- Pack Milch um. Wo die Milch landete, war klar, auf meiner Hose und den Socken.

Also lief ich wieder nach oben und zog mich um.

 

Keine halbe Stunde später machte ich mich auf den Weg ins Büro, und selbstverständlich musste ich hinter einem Traktor mit Stroh tuckern, bis er endlich abbog, denn an ein Überholen war nicht zu denken, da reger Gegenverkehr  herrschte. Selbstverständlich bin ich einige Minuten zu spät ins Büro gekommen und unser Hausmeister Herr Werten erwartete mich sehnsüchtig.

Ich musste mir als erstes seine Bilder ansehen, welche er von einem Grillfest, den die Hausbewohner veranstaltet hatten. Anschließend fragte er, wenn die Eigentümer von gegenüber uns fragen würden, ob wir mit seiner Arbeit zufrieden wären und wir das bestätigen können. „Sicher“,  gab ich ihm zur Antwort. Mein Kollege kam um die Ecke, grinste und holte sich Kaffee.

„Herr Werten, ist noch etwas, denn ich habe heute volles Programm? Aber echt tolle Bilder und sicher war es ein schönes Fest“, fragte ich, denn unseren liebenswerten, aber oft etwas nervigen Hausmeister wollte ich los werden. Ich hatte Glück und er trollte sich.

 

Nachdem ich meinen Rechner hochgefahren hatte und meine Mails checken wollte, musste ich feststellen, dass dieser mal wieder hing. Ich fuhr ihn wieder hinunter und startete ihn erneut.

Als ich eine Mail öffnete, dachte ich nur noch, die hat einen Knall. Die Bediensteten wären zu diesen Zeitpunkt nicht mehr in ihrer Dienststelle, es wäre doch unsere Aufgabe für den Austausch der Wasseruhr zu sorgen. Ich schrieb ihr eine Mail, dass sie uns Zugang zu dem Termin geben müsse, da die Räumlichkeiten ihrerseits hermetisch abgeschottet sind oder bei uns den Code für das elektronische Schloss zu geben, zudem uns zu normalen Bürozeiten einen Zutritt ermöglichen müsse, wir hätten schließlich bereits vor zwei Wochen den Termin angekündigt, ansonsten würde zum Ende des Jahres die Uhr geschätzt.

Das Telefon klingelte, die Firma welche die Uhr tauschen wollte, fragte an, wie sie in die Räume kommen solle. Ich gab ihm kurzerhand eine Telefonnummer von einer vor Ort ansässigen Person, welche in dem Gebäude arbeitet und nicht so kleinkariert und ohne Wissen war.

Eine Nebenkostenabrechnung wollte ich fertigstellen, es fehlten nur noch die Kopien, Da es sich um vier verschiedene Mieter handelte und diverse Leistungen nicht jedem in Rechnung gestellt wurden, hieß es höllisch aufpassen. Bereits nach der vierten Kopie konnte ich wieder aufhören, es klingelte und der bestellte Elektriker sollte unsere RWA  (Rauchabzugsanlage) instand setzten.

Ich ging mit ihm ins Treppenhaus, ließ aber die Bürotür auf, da mein Kollege kurz zum Arzt, zur Abgabe seines Langzeit EKGs musste und ich das Telefon hörte.

Der Elektriker, muss ich sagen hatte keine richtige Ahnung, versuchte aber sein Bestes. Ich öffnete mit einem Schlüssel  den Kasten mit dem Auslöser und drückte diesen. Dabei öffnete sich das Fenster und ich sagte noch „Funktioniert doch“.

Doch jetzt kam es, wir schafften es nicht, dass sich das Fenster wieder schloss.  Telefon klingelte, ich raste ins Büro, mein anderer Kollege war dran und meldete sich krank. Ich wieder hinaus ins Treppenhaus, stolperte und fiel die Treppe rauf. Zum Glück hatte es niemand gesehen, war mal wieder Filmreif. Inzwischen hatte der Elektriker die Steuerung gefunden und den roten Knopf zur Rückstellung gedrückt. Nichts passierte, dafür klingelte das Telefon, meine Lieblingsmieterin nervte, ich wimmelte sie aber kurzerhand ab. Wieder hinaus ins Treppenhaus, passte aber diesmal auf, dass ich meine Beine hochgenug beim Treppensteigen hob.  Wieder klingelte das Telefon und ich ließ den Elektriker allein. Nach dem Telefonat kehrte ich zurück, es hatte sich aber nichts getan. Der Elektriker fuhr somit und wollte sich im Internet schlau machen, mich aber telefonisch anrufen.

 

Telefon klingelte schon wieder und endlich kam meine Kollegin, ich erzählte ihr kurz, was sich ereignet hatte.  Wir gingen erst mal auf den Balkon um Luft zu schnappen und ich  erzählte ihr  von einer Übergabe, welche ich am Vortag durchgeführt hatte.

Kaum dass ich wieder anfing zu kopieren, klingelte das Telefon, es war der Elektriker und er erklärte mir welchen Knopf ich drücken solle, wenn es nicht funktioniere, möge ich bitte eine Fachfirma bestellen, er dürfe normal gar nicht daran. Toll, dachte ich bei mir, hätte er doch vorher wissen müssen. Also rief ich bei der Firma an, der Techniker war zum Glück gerade nicht im Außendienst und er erklärte mir genau, wie ich den Alarm ausstelle, damit sich das Fenster schloss.

Ich also wieder ins Treppenhaus, aber es tat sich nichts. Wiederum  rief ich bei der Firma an und wir besprachen einiges.

So nahm ich mein Handy und ging wiederum ins Treppenhaus, öffnete die Zentrale der RWA und drückte nach seiner Anweisung den roten Knopf. Nichts tat sich.

Ob vielleicht noch ein Auslöser nicht zurückgesetzt war, fragte er mich und ich antwortete ihm „Woher soll ich das wissen“. Im Anschluss ging ich neun Etagen zu Fuß die Treppe hinunter, fand weitere drei Auslösepunkte, welche ich öffnete und überprüfte. Aber alle waren ordnungsgemäß und nichts tat sich.

Der Monteur wollte kommen und tatsächlich nach circa zehn Minuten stand er vor der Tür.

Ich wieder hinaus ins Treppenhaus, er erklärte mir ich hätte nichts falsch gemacht, er wäre jetzt zu Fuß heraufgekommen und habe alles noch mal überprüft.  Über dem letzten Auslösepunkt war ein Schalter, wie bei einem elektrischen Rollladen und er betätigte ihn. Das Fenster schloss sich.

In dem Moment dachte ich nur noch, das darf nicht sein, den halben Vormittag habe ich jetzt im Treppenhaus verbracht und den Schalter habe ich die ganze Zeit nicht wahrgenommen, das kann doch nicht wahr sein. Da meinte ich zu dem Monteur, sie müssen ja dieses Jahr eine Wartung durchführen, dann können sie diese ja Gleich machen, was er dann auch tat.

 

Zurück im Büro, holte ich mir erst einmal einen Kaffee und gemeinsam gingen wir auf den Balkon um etwas Luft zu tanken.

Im Anschluss nahm ich noch einen Außentermin wahr, zu dem ich nichts schreibe, nur so viel:

 

 

 Anschließend machte ich mich  auf dem Heimweg, nur meine Kopien der Nebenkostenabrechnung und ihre Versendung hat sich um einen weiteren Tag verschoben.

 

Auf dem Heimweg erledigte ich noch einen kleinen Einkauf und freute mich auf eine Stunde Ruhe, doch weit gefehlt. In der Einfahrt erblickte ich zwei Fahrräder. Die zwei Mädels hatten sich Nudeln gekocht und boten mir an mitzuessen. Ich lehnte dankend ab und begann währenddessen sie aßen, bereits das Chaos, welches sie in der Küche veranstaltet hatten, zu beseitigen. Sekunden vor  vierzehn Uhr machten sie sich wiederum auf den Weg zur Schule.

 

Endlich Ruhe, keine Musikstücke, welche sich dauern wiederholten und das bis zwanzig Minuten vor achtzehn Uhr, falls nicht kurzfristig ein Unterrichtsblock ausfiel.

 

Nachdem ich ein wenig im Haushalt tätig war, surfte ich kurz im Internet, entschloss mich zu malen, aber hatte keine Leinwand mehr.

So stieg ich ins Auto, fuhr in den nächsten Ort, um mir eine neue Leinwand zu kaufen. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl dabei. Mein Gefühl bestätigte sich als ich die Leinwände, welche ich im Angebot als Dreierpack kaufte, auspackte.    

Zwei von ihnen hatten einen Riss.

Meinen leichten Wutanfall darüber spare ich aus, denn ich konnte mich jetzt wieder ins Auto setzten und diese umtauschen fahren.

Gesagt, getan.

Im Geschäft angekommen, hatte ich eine nette Auseinandersetzung mit der Verkäuferin, da sie die Leinwände nicht zurücknehmen wollte. Sie wurde leicht frech, daraufhin sagte ich sagte nur noch in einem sehr höflichen Ton zu ihr.

„Bitte, ich möchte den Geschäftsführer oder Ihren direkten Vorgesetzten sprechen“

Sie verschwand, nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie allerdings allein zurück und meinte leicht schnippisch „Sie können sich andere nehmen, falls noch welche da sind.“

Ich holte mir ein neues Paket und fühlte nach, ob auch alle in Ordnung waren, anschließend verließ ich grinsend das Geschäft.

Daheim angekommen, packte ich die Leinwände aus, einen stellte ich demonstrativ auf die Staffelei.

 

Endlich konnte ich loslegen, und ich ließ einfach meine Hand mit dem Pinsel über die Leinwand  fliegen. Schön ist es nicht geworden, was soll´s, morgen ist ein neuer Tag und mit dem Übermalen habe ich ja Übung.

 

Sonstige Vorahnungen habe ich zum Glück keine, doch eine, aber die verrate ich nicht.

 

Impressum

Texte: Schnief
Bildmaterialien: Schnief
Tag der Veröffentlichung: 11.09.2014

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