„Mensch, ich habe richtige Lust auf einen Kaffee“, meinte Silke zu den Anderen, während sie an der Mole entlang flanierten.
„Die Seeluft ruft immer so seltsame Gelüste bei mir hervor“, fügte sie mit leicht verdrehten Augen zu Rick hinzu.
„Welche Gelüste?“, gluckste Rick ihr schelmisch zu.
„Na, welche schon, Durst!“ gab Silke ihm augenzwinkernd zurück.
Nach einigen Metern, während sie sie weiterschlendert sind, erblickte Peter, der Wilma zärtlich im Arm hielt, ein kleines urig aussehendes Café.
„Wie wäre es mit dem? Es sieht romantisch aus.“, fragte Peter in die Runde.
„Einladend sieht es aber nicht gerade von Außen aus“, entgegnete Wilma, die es gern feudal und luxuriös haben wollte.
„Ach was, da gehen wir jetzt hinein, ich möchte jetzt einen Kaffee, bis wir etwas Passendes für dich gefunden haben, brauchen wir noch einige Stunden und dann bin ich verdurstet“, bestimmte mit festen Worten und ohne duldenden Widerspruch Silke.
Rick, ihr Begleiter, ganz Kavalier öffnete bereits die Eingangstür und forderte die Anderen auf, einzutreten.
Kurz nachdem sie eingetreten waren und mitten im Café standen, wollte Wilma sich auf dem Absatz drehen, aber Peter hielt sie am Arm fest und steuerte zielbewusst auf einen der freien Tische zu.
Herrlich, ich komme mir vor, als wäre ich mit einer Zeitmaschine ans Ende des 19. Jahrhunderts gelandet“, stellte lächelnd Silke fest und ließ sich auf einen der geschwungenen Holzstühle, bei dem nur die Sitzpolster aufgemalt waren fallen. Im gleichen Augenblick meinte sie: „Au, ist das hart.“
Alle Vier sahen sich leicht ungläubig an, nachdem sie Blicke umherschweifen ließen.
Gerade als Wilma den Mund öffnete, um eine abwertende Bemerkung loszulassen, bezüglich der grasgrünen Decke, erschien wie aus dem Nichts ein Kellner.
„Meine geehrten Herrschaften, herzlich Willkommen. Welchen Wunsch darf ich ihnen kredenzen“, während er dieses fragte, machte er einen demütigen Diener, wobei seine linke Hand wie eine Rute an seinem Hinterteil wedelte.
Silke und Peter, welches dieses von ihren Sitzplatz aus beobachteten, versuchten mühsam sich ein Lachen zu unterdrücken.
„Mein lieber Herr Ober, wir hätten gerne vier Tassen Kaffee mit allem, wenn es nicht zu viele Umstände macht“ bestellte Rick sich dem Ton des Obers versuchend anzupassen und das Grinsen der Anderen wurde breiter.
„Ja, Manieren hat er“, stellte Wilma fest, nachdem der Ober sich entfernt hatte.
„Und erst der Diener und dabei seinem flatternden Wedel am Hinterteil, als wolle er Fliegen vertreiben“, gackerte Silke los.
„ Jetzt sei man nicht so, er hatte doch bloß Zuckungen, als er euch Hübschen wahrnahm. Habt ihr nicht die Zwei dort hinten gesehen, man könnte glatt meinen, sie wären aus Wachs, dazu ihre Kleidung, wie um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhundert. Der Männliche mit Strohhut und Sommerjackett und sie mit einer Art Poncho und diesem grässlichen bodenlagen grünen Rock“, konterte Peter.
Die Mädels drehten sich ungeniert um, sie schauten nicht nur, nein sie glotzen mit weit aufgerissenen Augen die Zwei an. Wie auf Kommando begannen sie laut loszulachen.
„Meine Damen, darf ich bitten, sich angemessen zu verhalten. Sie befinden sich schließlich im renommierten Café von Gogh“, forderte sie der extrovertierte Kellner, der wie durch Geisterhand erschien, auf. Mit großen Gehabe trug er Ihnen den Kaffee in winzigen kleinen Tassen auf.
„Ist das ein Witz, das sind ja Mokkatassen, wir bestellten aber Kaffee?!, fragte und erklärte Rick in einem noch höflichen Tonfall.
„Die Herrschaften wünschten doch Kaffee, wir führen nur diesen. Vielleicht haben die Herrschaften sich falsch ausgedrückt und meinten Creme- Kaffee“, widersprach er dem verdutzt blickenden Rick.
„Dann bringen Sie halt viermal Creme“, forderte Rick ihn etwas grimmig auf.
„Lassen Sie bitte den Mokka stehen, den nehmen wir schon mal als sogenannten Aperitif“, sagte Rick schnell, als der Ober die Minitassen mit Mokka abräumen wollte.
Kurze Zeit später brachte er das Gewünschte und war innerhalb Sekunden bereits wieder verschwunden.
„Übrigens, habe ich bemerkt, dass sind keine Wachsfiguren, die Lampen haben geflackert und gerade in diesem Moment hat sich die Frau an der Wange gekratzt. Aber direkt neben ihnen, hinter diesen grausam aussehenden Vorhang liegt sicher noch ein Separee“, erzählte nun Silke etwas leiser, damit der Ober sie nicht wieder zurecht wies.
„Wieso flackerten die Lampen?, fragte Wilma neugierig und alle sahen sich die Deckenlampen etwas genauer an.
„Man, tatsächlich, richtige Öllampen, vielleicht sind es noch Originale“, erwiderte Peter und besah sich das Lokal etwas genauer an. Sein Blick schweifte über die grüngestrichene Decke, glitt an den rötlich verfärbenden Wänden, welche im unteren Bereich mit Holzpaneelen versehen waren. Die diversen Bilder entlockten ihn kein entzücken. Doch sein Blick blieb an den mitten im Raum stehenden Billardtisch hängen.
„Sollen wir eine Partie wagen“, meinte er fragend an Rick stellend.
„Würde ich an eurer Stelle nicht wagen, habt ihr nicht die Dielen gesehen, welche rings um den Tisch bereits einen anderen Farbton aufweisen. Nicht, dass ihr dann in der Versenkung verschwindet und taucht erst in zweihundert Jahren wieder auf“, witzelte Silke herum.
„Klar doch!“, entgegnete ihr Rick, doch er bemerkte trotzdem, dass sie noch etwas anderes gemeint hatte.
„Zudem könnt ihr gar keine Partie spielen, da drüben steht nicht weit von dem Glöckner von Notre Dame doch so eine Kerlchen, sieht so aus, als wartet er auf jemanden, der den nächsten Zug hat, oder wie man das auch nennt“, half Wilma Silke, denn auch sie hatte nicht die geringste Lust darauf zu warten, bis ihre Herren so eine Partie Billard beendet hatten.
Sie unterhielten sich noch eine Weile über die und das bis Wilma plötzlich meinte:
„Finde, es ist ein unheimlich feiner Laden, in dem es nicht laut zugeht, auch wenn er uns wegen unseres lauten Lachens zurecht gewiesen hat. Aber das Publikum, nee, der Glöckner und der Typ mit der gelben Regenkappe“, ereiferte sich Wilma mehr ironisch und in einem Atemzug „Dafür war der Kaffee echt gut.“
Nachdem Rick den Ober mit einem Fingerschnipser herbeigeholt und gezahlt hatte, schloss Wilma den Besuch in diesem Café mit den Worten:
„ Man kommt sich wirklich vor, als wären wir im 19. Jahrhundert gelandet, habt ihr auf der Anrichte die Flaschen und den Blumenstrauß gesehen, heutzutage würde niemand so dekorieren. Diese Höflichkeit. Kaffee war wirklich gut, alleine deshalb hat es sich gelohnt.“
Texte: Schnief
Bildmaterialien: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5e/Vincent_Willem_van_Gogh
Tag der Veröffentlichung: 03.08.2014
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