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Montags grüßte das Murmeltier

„Halt Mal!“, bat mich Daria und drückte mir ihre Zigarette in die Hand,

„aber nicht ziehen, ich will keine Waschküche!“

„Hatte ich auch nicht vor. – Bei deinen ekligen Mentholstängel - die sind doch abartig“,

äffte ich zurück, nahm dabei aber ihre glimmende Kippe.

 

Da es aus Kübeln goss, standen wir unter dem großen Vordach vor dem rückwärtigen Eingang der Sporthalle, denn dorthin verirrte sich selten die Pausenaufsicht, was uns natürlich mehr als recht war.

 

Daria machte plötzlich einen nicht sehr schönen Handstand und kätschte dabei ihre Beine in der Luft.

„Jetzt müsste Dir auch, wie vorhin bei Petra beim Sport, die Hose platzen“, rief Susanne lachend.

„Und erst die Blümchenunterhose!“, gab Vera einen drauf.

Auch wir anderen, Britta, Sabine, Christine und ich prusteten und bogen uns vor Lachen.  Christine erlitt dabei einen Hustenanfall, weil sie gerade an ihrer Zigarette gezogen hatte.

Sogar Daria, im Handstand,  begann lauthals zu lachen. Vor lauter Lachen konnte sie sich nicht mehr halten,  kippte um und klappte zur Seite. Ausgerechnet klatschte sie dabei auf meine angetrunkene Capri Sonne, die neben meiner abgestellten Schultasche stand. Der restliche Inhalt zeichnete einen netten Fleck auf ihrer Hose ab.

„Scheiße!“, brüllte Daria.  

 

Ausgerechnet in diesem Moment, musste unser neuer Schulleiter Herr Hünte, bei dem wir seit einigen Wochen Kunst hatten und in der Laienspiel AG waren,  meinte seine Aufsichtspflicht hierher zu verlagern und um die Ecke biegen.

„Kacke“, dachte ich in diesem Moment und versuchte unauffällig die Zigarette von Daria  fallen zu lassen.

 

Doch zu spät!

 

Er hatte die Zigarette gesehen, die ich in der Hand hielt.

 

Mit schnellen Schritten erreichte er unsere Gruppe.

„Sabine, Christine! Von euch beiden Älteren hätte ich mehr Verantwortungsbewusstsein erwartet!“, begann Herr Hünte.

Irritiert schauten die Beiden sich an, während Christine hinter ihrem Rücken versuchte, Ihre Kippe irgendwie zu entledigen.

Doch Herr Hünte war noch nicht fertig, er legte erst so richtig los.

„Verantwortungsbewusstsein heißt, dass ihr als Älteren ein Vorbild seid,  auf die Jüngeren achtet und sie nicht auch noch zum Rauchen verführt“, dabei zeigte er auf Britta und mich.

„ Seid Ihnen doch Vorbild. Inzwischen muss doch bei euch angekommen sein, wie...“

Es klingelte zum Pausenschluss, aber er ließ uns noch nicht gehen. Erst als es zum zweiten Mal läutete durften wir los und er verabschiedete uns mit den Worten:

„Dann erklärt mal meinen Kollegen, warum ihr zu spät zum Unterricht kommt.“

 

In den ersten beiden Stunden hatten wir jeden Montag bei ihm Kunstunterricht.  Herr Hünte hatte nicht nur auf Lehramt studiert, sondern auch ein Bildhauerstudium absolviert. Auch heute ist er noch als aktiver Bildhauer in unserem Ort tätig. Seine künstlerischen Schwerpunkte sind Landschaftsbilder in Öl und menschliche Darstellungen in Steatit, Tuff, Sandstein, Marmor und Bronze.

Herr Hünte gestaltete seinen Unterricht interessant und lebendig, was dazu führte, dass niemand zu spät kam oder blau machte, er ließ uns die aus Speckstein, Ytong Blöcken Skulpturen anfertigen, was einen unheimlichen Spaß machte.

Jahrelang hat  meine seltsame produzierte Büste bei meinem Vater im Flur gestanden.  Wir malten Landschaftsbilder mit Wandfarbe an die Wände in den Flurbereichen der Schule.

Kaum dass ich den Klassenraum betreten hatte, rief er mich zu sich. Er hielt mir nicht nur eine Standpauke, sondern erzählte von den Gefahren und der Suchtgefahr, vom und durchs Rauchen.

Jeden Montagmorgen hatte ich seitdem das Vergnügen, mir seine Standpauke und Rede anzuhören. Zu meinem Glück und ich war damals sehr froh, denn er kürzte  in der Laienspiel – AG das Ganze mit den Worten „Niemals rauchen, schadet nur Geist und Körper“ ab.

 

Bereits einige Jahre davor, begann unsere Schule eine jährliche Karnevalsitzung zu veranstalten, sodass auch die Laienspiel - AG kleinere Sketche, andere AG`s  Tänze,  Gesang oder sonstiges, aufführte.

 In der vollbesetzten Karnevalssitzung, mit rund 300 Zuschauern, in der alle Zuschauer und Akteure kostümiert erschienen waren, steppte der Bär.

Nach dem Zug durch die Halle zur Bühne, spielten wir einen normalen Schulalltag vor, indem wir das  Lehrerkollegium hochnahmen.

Während des Stückes  war vorgesehen, dass ich in einen Apfel beißen sollte und dabei mit dem Stuhl zu kippeln (natürlich ohne dabei umzufallen).  Also wippte ich mit dem Stuhl und nervte bereits wieder unseren Konni (Er konnte es nie leiden, wenn jemand mit dem Stuhl wippte oder auch scharrte).

Da passierte es.

Ich sollte aufstehen und meine Antwort geben, stattdessen verschluckte ich mich.  Vor Schreck wippte ich  mit dem Stuhl zu weit nach hinten, dass ich mit einem lauten Getöse   auf den Boden knallte.  Als Zugabe bekam ich einen Hustenanfall und die Zuschauer kreischten vor Schadenfreude.

Da der Elferrat aus unserem Lehrern bestand, hörte ich, wie unser Konni zu seiner Kollegin sagte: „Wie im Unterricht“.

Gabi,  den Lehrer spielend, war geistesgegenwärtig, improvisierte beim lauten Knall meines Aufschlagens.

„Wer nicht hören will muss fühlen!“, rief sie. Sie überbrückte kunstvoll die kurze Zeit, die ich brauchte,  um wieder da zu sein.

 

Nach der Vorstellung meinte Herr Hünte zu mir: „Das war eine hervorragende Leistung - So realistisch brauchte es aber nicht zu sein“.

Impressum

Texte: Schnief
Bildmaterialien: Kostenlose Bilder Google
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2014

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