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Dobby

 

Schweißgebadet erwachte Harry mitten in der Nacht.

Die hell leuchtenden Sterne, die durch die Turmfenster des Schlafsaals der Gryffondors hinein schienen, verzauberten den Raum mit einem warmen Schein.

Harry schaute sich schlaftrunken um. Da erblickte er an einem der roten Vorhänge mit den rotblauen Bommeln seines Bettes, hängend Dobby, den Hauselfen. Dobby hatte an seinem alten schmuddeligen Leibchen eine Stricknadel befestigt und eine Rute in der Hand.

„Dobby, was willst du hier?“, fragte Harry entsetzt und setzte sich dabei auf.

„Ach Mr. Harry Potter, ich wollte ihnen eine warme Mütze stricken, morgen ist doch Weihnachten“, erwiderte Dobby, sichtlich ertappt.

„Wofür brauchst du denn eine Rute, oder bist du der Weihnachtsmann?“, stellte Harry ihm, lauter als gewollt, die Frage.

„Nein, ich bin nicht der Weihnachtsmann“, gab Dobby zurück und schlug sich, wie auf Kommando, die Rute immer wieder an seinen Kopf.

„Dobby, hör sofort damit auf“, brüllte Harry und hielt sich vor Schreck den Mund zu, als er aus den Augenwinkeln heraus sah, wie Ron sein Freund, plötzlich aufrecht in seinem Bett saß und Dobby und ihn mit entgeisterten, glasigen Augen anschaute.

„Dobby, was machst du hier?“, fragte nun auch Ron, während sein Blick durch den Schlafsaal schweifte und mit einem verzauberten Blick am  Fenster hängen blieb. Ron  sprang in Windeseile aus seinem Bett und lief auf seinen nackten Füßen zum Fenster.

„Kommt! Los!  Seht doch, der Weihnachtsstern!“, rief er den Beiden enthusiastisch zu.

Harry sprang mit einem Satz aus dem Bett und lief gemeinsam mit Dobby  ans Fenster.

Zarte Schneeflocken begannen die Dächer von Hoghwarts und die Umgebung zu verzaubern.  

„Ein Wunder, so etwas habe ich in all meinen Zweihundertzweiunddreißig Jahren noch nicht gesehen!“, sprach Dobby mit ehrfürchtiger Stimme.

 

Nach einer Weile huschte aber Ron fröstelnd wieder in sein Bett, kuschelte sich ein und  meinte:

„Wenn ich jetzt zu Hause wäre, hätte mein Vater die Weihnachtsgeschichte erzählt, komisch… das erste Jahr ohne diese Geschichte.“

„Stimmt“, gab ihm Harry Recht, „Mein Onkel Vernon erzählte sie auch immer am Weihnachtsabend.“

„Welche Weihnachtsgeschichte“, fragte Dobby neugierig, denn er liebte Geschichten über alles.

„Na, die Geschichte von der Geburt Jesu“, erwiderte Harry.

„Kenne ich nicht oder nur Bruchstücke. Bitte erzählt sie mir doch“, bat Dobby neugierig und setzte sich auf den Rand von Harrys Bett.

Auch Harry hatte sich inzwischen wieder in sein Bett begeben und   begann  zu erzählen:

„Vor vielen Jahren lebte ein älteres Ehepaar, die hießen Elisabeth und Zacharias. Sie lebten schon viele Jahre zusammen, aber sie hatten keine Kinder, obwohl sie sich immer welche wünschten.

Eines Tages erschien Zacharias im Traum ein Engel und sagte zu ihm.

„Elisabeth wird einen Jungen bekommen.“

„Wir sind aber alt, uns hat der Herr keine Kinder gegönnt und ich glaube nicht mehr daran, dass wir ein Kind bekommen“, widersprach er dem Engel.

„Doch, ihr bekommt ein Kind, er soll Johannes heißen und erst wenn er geboren  ist und du seinen Namen aussprichst, wirst du wieder sprechen können“, sprach der Engel.

 

„Darf ich mal etwas fragen“, unterbrach Dobby vorsichtig Harry.

„Sicher, frage nur“, antwortete ihm Ron anstelle von Harry.

„Wieso konnte Zacharias nicht sprechen, bis sein Sohn auf die Welt kam?“, fragte Dobby irritiert.

„Weil er nicht glauben wollte, dass er einen Sohn bekommt, erst als er seinen Namen niedergeschrieben und lautlos mit den Lippen formte, war seine Stimme wieder da“, erklärte Ron es dem immer noch skeptisch dreinschauendem Dobby.

 

 

Harry erzählte nach einigen Sekunden weiter.

„Zur gleichen Zeit bekam auch Maria einen Besuch von einem Engel und zu ihr sagte er, dass sie ein Kind erwarte. Maria und Josef wollten heiraten. Als  aber Josef von der Schwangerschaft erfuhr, wollte er nicht mehr. Maria besuchte währenddessen ihre Cousine Elisabeth und beiden Frauen freuten sich, ein Kind zu bekommen.

Dem Josef erschien auch ein Engel, der ihn aufklärte, dass das Kind welches Maria unter dem Herzen trug, ein Kind Gottes sei. Nachdem Maria von ihrer Reise zurückgekehrt war, heiratete Josef seine Maria.

Kurz nach ihrer Hochzeit hörten Maria und Josef von dem Wunder, das Zacharias wieder sprechen konnte, nachdem sein Sohn geboren und er seinen Namen ausgesprochen hatte. Vor Freude ließ Zacharias zwei Tauben fliegen.“

 

„Wie viele Engel kamen denn, oder war es immer derselbe“, fragte  Dobby Harry und Ron.

„Ich glaube, es war immer der gleiche Engel“, entgegnete Harry.

„Ich habe Durst“, meinte Ron plötzlich und fing mit seinem geklebten Zauberstab an zu wedeln und wollte sich mit dem Zauberspruch „Accio Aqua“ ein Glas Wasser herbei zaubern. Statt eines Glas Wassers hatte er plötzlich eine Pfütze in seinem Bett. 

„So ein Mist“, schimpfte  Ron wütend, warf seine Decke zu Boden und hüpfte aus dem Bett. Im Eiltempo rannte er zu dem Bett von Neville, der seine Weihnachtsferien zu Hause verbrachte, schnappte sich Nevilles Bettdecke und huschte zurück in sein Bett.

Während Ron sich die Bettdecke von Neville holte, schnipste Dobby mit den Fingern und im gleichen Augenblick stand ein Glas mit Wasser auf dem Nachttisch von Ron.

„Danke Dobby“, freuend bedankte sich Ron und leerte das Glas in einem Zug.

 

 

Nachdem es sich alle wieder gemütlich gemacht hatten erzählte Harry weiter.

„Maria und Josef wussten beide, dass ihr Kind etwas Besonderes sei und für den Tag seiner Geburt sollte  alles bereit sein. Doch Josef  musste mit Maria wegen einer Volkszählung in die Stadt Bethlehem reisen, da Josef dort geboren wurde.

So packte Maria alles ein, denn sie wusste, dass sie ihr Kind bald bekommen würde. So gingen sie zu Fuß von Nazareth nach Betlehem, immer wenn Maria eine Pause brauchte, setzte Josef sie auf den Esel, damit sie sich etwas ausruhen konnte. Mit einer Weidenrute trieb er dann den Esel an. Als sie endlich in Betlehem angekommen waren, fanden sie in keiner Herberge  eine Unterkunft. Der letzte Wirt, bei dem sie anfragten, ließ sie aber in ihren Stall bei seinen Tieren unterkommen, damit die schwangere Maria nicht in der kalten Nacht draußen bleiben musste.

In dieser Nacht bekam Maria zwischen Ochsen und Schafen ihr Kind. Sie wickelte das Baby in Tücher und damit sie es nicht auf den kalten Boden legen musste, legte sie es in eine Futterkrippe. Diese Futterkrippe hatte Josef mit Stroh ausgelegt, damit das Kind nicht friere.

Währenddessen wachten Hirten über  ihre schlafenden Schafe auf den Hügeln von Betlehem.  Denn es gab eine Menge wilder Tiere wie Bären, Leoparden und Schakale in der Umgebung von Bethlehem.

Die Dunkelheit wurde plötzlich durch ein strahlend helles Licht erhellt. Vor lauter Angst duckten sich die Hirten und hielten sich schützend die Hände vor die Augen, wegen des ganzen Glanzes.

„Fürchtet euch nicht“, sprach ein Engel die Hirten an, „Ich habe eine frohe Botschaft für euch. In dieser Nacht wurde in der Davidstadt Betlehem ein Kind geboren. Es ist der von Gott versprochene König. Geht hin und sehet selbst. Ihr findet ihn eingewickelt in Tüchern, liegend in einer Krippe.“

Noch bevor sie zu Atem kamen, wurden sie von Licht und wundervollen Klängen umgeben. Engel erfüllten die Luft mit ihrer Musik und ihren Strahlen. Sie sangen Gottes Lob.“

 

„Ehre sei Gott im Himmel, Frieden sollen alle Menschen haben“, sagten Ron und Harry gemeinsam, dabei sah Dobby die Beiden verständnislos an.

„Und was ist mit Elfen?“, fragte er.

„Selbstverständlich meinten die Engel alle Geschöpfe auf der Erde“, beruhigte ihn Harry.

 

Kaum dass Harry geantwortet hatte erzählte Ron nun die Geschichte weiter: „Nachdem langsam der Glanz und die herrlichen Klänge  verschwanden und die Dunkelheit zurückgekehrte, hörte man nur noch leise Geräusche. Die Hirten schauten sich an und fragten sich, ob sie nur geträumt hätten. Aber ein Hirte meinte, wir träumen doch nicht alle das Gleiche und schlug den anderen Hirten vor, nach Betlehem zu gehen, um herauszufinden, ob es stimmte, was der Engel gesagt hatte.

Die Hirten brachten ihre Schafe in Sicherheit und machten sich auf den Weg hinunter in die Stadt. Dort fanden sie Maria und Josef und das Kind in einer Krippe liegend. Genauso, wie es der Engel gesagt hatte. Die Hirten erzählten Maria und Josef ihr Erlebnis mit dem Engel, dem strahlenden Glanz und der klangvollen Musik. Maria und Josef hörten sich alles an, sagten aber nichts dazu, sondern verbargen es in ihren Herzen. Als die Hirten gingen, sangen sie aus vollem Herzen.“

 

„Eine wunderschöne Geschichte“, sagte Dobby erfreut.

Dobby schaute zur Sanduhr und stellte enttäuscht fest, dass er sich jetzt leider schnell verabschieden musste.

Dobby schnipste mit den Finger und verschwand.

 

Ron und Harry flüsterten noch eine Zeitlang, schließlich schliefen sie wieder ein und träumten davon, wie sich der noch nicht geschmückte Tannenbaum, der im Gemeinschaftsraum der Gryffondors stand, in einen wie verzauberten Weihnachtsbaum verwandelte.

Als Harry und Ron am nächsten Morgen in den Gemeinschaftsraum eintraten, fanden sie nicht nur einen zauberhaft, wundervoll geschmückten Weihnachtsbaum vor, sondern bei ihren Geschenken  lagen  auch gestrickte rote Mützen und daneben ein kleiner Fetzen von Dobbys schmutzigem Leibchen.

 

„Danke Dobby“, riefen Ron und Harry im Chor und setzten ihre Mützen auf.

 

 

Impressum

Texte: Schnief
Bildmaterialien: Cover kostenlose Ausmalbilder bearbeitet von Schnief
Lektorat: m.w.
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

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