2006, Westjordanland
Staub,
die Sonne brennt
Loecher in den Strassen
Kinder schreien, rennen
schwarze Augen
Hupen, Haemmern
Geruch von rohem Fleisch
Blut auf der Strasse
es fliesst den Rinnstein entlang
viel Blut
aufgehaengt an den Hinterbeinen
ein Lamm
es zappelt, es zuckt
gerade geschaechtet
es bloekt und bloekt
es kanns nicht glauben
geschlachtet zu sein
ich wende mich ab
will mir die Ohren zuhalten
und sehe angebunden
an einer Laterne mit einem duennen Strick
ein zweites Laemmlein
unversehrt, jung und schoen
ein Kind noch
es zittert, wie nichts zuvor
gezittert hat
Mit aufgerissenen Augen
aufs sterbende Schwesterchen starrend
steht es da
wartend, auf den gewissen Tod
ich steh daneben
wie benommen
es zittert nur, wartend.
Es ist nun Abend
es ist kuehler
ein frischer Wind weht
die Kinder sind still
ihre Augen leuchten im Schein des Feuers
zwei Laemmlein drehn am Spiess
Fett tropft, Bratenduft
man erwartet den Festtagsschmaus
Der Vater ist Stolz
die Mutter zufrieden
Die Welt ist schoen
Inschallah
Hadera, Israel Oktober 2005
Ich habe Hunger
der Markt ist voller Menschen
Mittagszeit
aus den Laeden schallt Musik
man redet, man lacht
ich gehe auf einen Imbiss zu
Falafel, Hummus, Salate
gutes mediterranes Essen
Ein Donner,eine Druckwelle
es drueckt mich gegen die Wand
Laub rieselt auf mich herab
verbranntes Laub
mehr seh ich nicht
Menschen schreien, laufen
ich dreh mich um
ein Rumpf steht stolz
auf dem Asphalt
kein Blut, alles verschmort
kein Imbiss mehr
nur Kadaver, unkenntlich
und an den Waenden haengen
Menschenbratenstuecke
Minuten spaeter
Maenner mit weissen Plastiksaecken
raeumen auf
alles Fleisch wird gesammelt
ein kleiner Bub
malt Kreise mit seinem Dreirad
auf den Asphalt
mit Menschenblut
schoene Kreise
und die Mutter steht und schaut zu
ich steh auf
noch alles dran
mein Magen knurrt
da, noch ein Imbisstand
unversehrt
ich bestelle Falavel
12 Schekel
Malzeit.
Texte: copyright 2009 Schattenmann
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2009
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