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In einem fernen Land war ein kleines Königreich, welches von zwei Drachen heimgesucht wurde. Schon ewig hatten die Menschen und die Drachen ein verfeindetes Bild des jeweils anderen. In den Augen der Menschen war der Drache eine blutrünstige Bestie, die nur aus Wut tötete. Es gab viele Opfer in den Dörfern. Viele starben an der seltsamen Drachenkrankheit, für die es keine Heilung gab.
Nach vielen Jahren bitteren Hasses schaffte ein ehrwürdiger Ritter, einen der beiden Drachen zu töten. Doch der andere treibt in diesen Landen noch immer sein Unwesen. Eines Tages entführte der Drache die Tochter des Königs vom Schlossbalkon. Er war mit ihr zurück in seine Höhle geflogen. Voller Sorge beauftragte der König einen jungen Ritter reinen Herzens, den Drachen zu töten und seine Tochter zurück zu bringen.
So machte sich der junge Rittersmann auf zur Höhle des blutrünstigen Drachens. Der Ritter erwartete eine Feuersbrunst, eine riesige Drachenpranke, die nach ihm schlug, oder doch wenigstens einen lauten wutentbrannten Schrei des Drachen, doch nichts davon empfing ihn am Höhleneingang. Als er tiefer in sie eingedrungen war, hörte er die laute grollende Stimme des Drachen: „Töte mich doch, du armseliges kleines Menschlein. Euer Weibchen habe ich hier bei mir. Ich lasse euch Menschen wenigstens eine Chance.“
Der Ritter des reinen Herzens bemerkte, dass der Drache tief unglücklich war. Er ging weiter auf ihn zu und erblickte bald seinen gewaltigen Kopf dessen große goldene Augen ihn fixierten.
„Drache, wie auch immer du heißen magst, warum stürzt du dich nicht voller Wut auf mich? Ihr seid die meist gefürchteten Kreaturen. Wollt ihr euren Ruf zerstören?“
„Mein Ruf ist bereits zerstört durch euch. Ihr Menschen seid noch viel gefürchteter. Ihr könnt euresgleichen mit Lügen auf uns Drachen hetzen. Und so wurdest du Ritter des reinen Herzens zu mir geschickt, um mich zu töten. Ist es nicht so?“
„Um ehrlich zu sein, ja, aber ich hoffte auf einen heldenhaften Kampf.“
Der Drache hob den Kopf.
„Du findest es also heldenhaft zu töten?“
Der Ritter schwieg. Um der Frage auszuweichen, fragte er:
„Warum bist du so bedrückt, Drache?“
„Man hat mir mein Leben genommen. Und ich kann es nicht einmal zurückholen, so wie du es gerade vor hast.“
„Euer Leben?“
„Meine Tochter!“, donnerte des Drachens wütende Stimme durch die Höhle, „Ihr Menschen bringt nichts als Tod und Verderben über unser Geschlecht. Ihr mordet des Nachts heimlich Menschen, die eure Regierung in Frage stellen und erzählt am nächsten Tag es seien Drachen gewesen. Ihr schiebt die Schuld der unheilbaren Krankheiten auf uns, obwohl wir Drachen sie mit unseren magischen Kräften heilen könnten. Ihr glaubt, Drachen haben keine Gefühle und tötet meine einzige Tochter, die ich hatte. Das ist mein Leben, was ihr zerstört habt. Ich bin zu einer grundlos geächteten Kreatur geworden.“
Eine Feuersbrunst der Wut und Trauer schoss weit über den Kopf des Ritters hinweg. Der Ritter schwieg, da er nicht wusste, was er dazu sagen könnte.
Der Drache fuhr fort: „Und sobald ich tatsächlich etwas an euch getan habe, macht ihr einen noch größeren Aufstand. Ich hatte niemals vor euer Weibchen zu töten. Ich wollte euch meine Trauer demonstrieren.“
Der Ritter war überwältigt von der Verzweiflung diese Drachendame.
„Drache, ich hatte nie gewusst, wie ungerecht ihr behandelt wurdet.“
„Das dachte ich mir. Eure elende Regierung hat dies natürlich verschwiegen.“
Die Drachendame stand nun auf und schob mit ihrem Schwanz sanft die Tochter des Königs zum Ritter.
„Ich trauere fortan mit um deine Tochter. Doch sagt mir, wie kann ich das Vergehen meines Volkes wieder gut machen?“
„Ich lasse Euch die Entscheidung. Entweder ihr tötet mich, rettet die Tochter und ihr bekommt einen ruhmreichen Sieg, doch die Wahrheit kommt nie ans Licht. Oder ihr fliegt mit mir zu eurem Schloss und nehmt eurem Auftraggeber, dem König, die Macht. Ihr hättet einen noch ruhmreicheren Sieg, da ihr die Wahrheit ans Licht gebracht habt.“
Der Ritter überlegte nicht lange.
„Ich wähle Letzteres. Lasst mich und die Tochter auf deinen Rücken steigen und deine Töchter am König rächen.“
Es gab großes Aufsehen, als der Ritter auf dem Rücken des Drachen fliegend zurückkehrte. Er zeigte die Verbundenheit zur Kreatur. Bald war der König eingekerkert und ein neuer kam an seine Stelle, der Ritter des reinen Herzens. Der neue König deckte den Betrug des alten Herrschers auf und stellte das Ansehen der Drachen wieder her.
Seitdem heilte der Drache viele Krankheiten und hatte freies Geleit durch das Königreich.
Endlich kehrte Frieden zwischen Menschen und Drachen ein.

Impressum

Texte: copyright by Constanze Clauss
Tag der Veröffentlichung: 06.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
allen Märchenliebhabern

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