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10 Uhr. Es ist Winter. Draußen ist es unverschämt kalt und ich bin deswegen müde. So müde, dass ich mich kaum zum Frühstück aufraffen kann. Frühstück…
Frühstück! Bin plötzlich hellwach! Da verpass ich doch glatt mein Frühstück! Das, was mir, dem Herrn des Hauses, Gebieter der Entspannung, grundsätzlich zusteht!
Meine Dienerin ist schon emsig mit all ihren Hausarbeiten beschäftigt und läuft ständig in der Wohnung umher. Ich hinterlasse ihr gleich die nächste Arbeit, als ich von meinem Bett, welches sie dann nachts benutzen darf, springe und eine Vielzahl weißer Haare zurücklasse, die wunderbar im Mund der Dienerin hängen bleiben und sie zum Husten und Spucken bringt. Das macht Spaß ihr dabei zuzusehen.
Dienerin gibt mir bereitwillig und mit säuselnder Stimme mein wohl verdientes Futter.
14 Uhr. Habe bis eben wieder geschlafen. Bin immer noch todmüde, muss aber leider raus in die klirrende Kälte und mein Geschäft verrichten. Gehe jammernd raus, trippele jammernd durch die Kälte, dachte mir: „Hör auf zu jammern, du Waschlappen von Kater!“, kann Jammern nicht verhindern, auch als ich im tiefgefrorenen Boden mich meiner gelben Flüssigkeit entledigte und anschließend zum Haus zurückhechte.
Komme zitternd und jammernd vor dem geschlossenen Fenster zum stehen. Jammere noch mehr. Werde nicht erhört. Schreie wie am Spieß. Werde nicht erhört. Weigere mich strikt, die Katzenklappe um die Ecke des Hauses zu nehmen, um Dienerin zu sagen, dass ICH der Herr bin und gemacht wird was ich sage und wann ich es sage. Und sie soll jetzt verdammt nochmal das Fenster öffnen! Dienerin kommt plötzlich telefonierend ans Fenster und öffnet es. Höre wie sie gerade in den Hörer spricht: „Ach, da kommt mein Jammerlappen! Der findet das Wetter immer so scheußlich.“ Höre ein verständnisvolles Lachen aus dem Hörer.
Werfe der Dienerin einen höchst beleidigten Blick zu und muss feststellen, dass sie ihn nicht mitbekommt. Bewege mich deswegen immer noch nicht von der Stelle, sodass die Kälte immer weiter durch das offene Fenster strömt. Dienerin schaut mich komisch an mit einem „Na kommst du nun rein oder doch nicht?“-Blick. Achte darauf, dass Dienerin mich beobachtet, während ich ganz langsam und graziös in das Zimmer komme…oder ich sollte besser sagen, den Saal betrete.
19 Uhr. Erhebe mich erneut aus dem Schlaf, weil mein Magen knurrt. Beobachte die Dienerin eine Weile bei ihrer Lieblingsaktivität, dem Lesen. Plötzlich überkommt mich ein Verlangen nach Schmusen. Schreite auf die Dienerin zu. Sie bemerkt mich noch nicht. Fest mit meinen Augen fixierend, als ob ich Beute erspähe laufe ich auf leisen Pfoten schnurstracks immer weiter. Sie bemerkt mich immer noch nicht. Stehe direkt an ihrem Sessel, der eigentlich meiner ist und den sie gerade ausgeliehen hat. Dienerin liest immer noch…gleich nicht mehr. Setze zum Sprung an. Springe und lande genau in ihrer Magengegend. Dienerin stöhnt laut auf vor Schmerz und gleichzeitig, weil sie krampfhaft nach Luft schnappt.
Fange an lautstark zu schnurren und auf ihrem schön weichen Bauch rum zu treten. Dienerin sagt schmerzerfüllt: „Och nee…Remus.“
Stelle vergnügt fest, dass sie nachgibt und schließlich lächelt. Genieße endlich die wunderbaren Streicheleinheiten und kneife genüsslich die Augen zusammen. Trampele unter Einsatz meiner Krallen immer noch unentwegt auf ihrem Bauch rum und ziehe schön viele Fäden aus ihrem Pullover. Ignoriere die gelegentlichen „Auas“ meiner Dienerin. Lege mich schließlich hin, da der Bauch inzwischen verkrampft war. Dienerin atmet laut aus und kann nun endlich sich voll mit Streicheln beschäftigen. Sie streicht mir über den Kopf krault mich hinter den Ohren und am Kinn. Ich strecke ihr den Kopf immer weiter hin. Irgendwann liege ich fast schon auf ihrer Schulter, so weit habe ich mich vorgearbeitet. Dienerin streichelt immer weiter. Ach wie schön es doch ist, Kater zu sein… Meine Schnurrer werden leiser…
19.45 Uhr. Werde geweckt, weil mich die Dienerin plötzlich von ihrem Schoß-nein ich meine Schulter hebt und bei Seite legt. Stehe entrüstet auf, setze mich elegant vor ihr hin und starre sie an. Dienerin fängt wieder an zu lesen. Dienerin schaut mich an und steht auf. Prima! Sie hat es inzwischen gelernt. Dienerin gibt mir Futter.
20 Uhr. Laufe gelangweilt durch die Wohnung und Suche eine Beschäftigung. Erblicke das Kratzbrett, das schräg an der Wand lehnt und das ich eigentlich sonst immer gekonnt ignoriert habe. Dienerin liest…bemerkt mich aber und steht auf. Beobachte sie interessiert dabei, wie sie aus dem Regal ein Fläschchen nahm, es öffnet und einige Tropfen auf das Kratzbrett träufelt.
Mir schlägt plötzlich ein betörender Geruch entgegen. Wie hypnotisiert laufe ich auf das Brett zu und rieche daran. Der Duft von Katzenminze umsäuselte meine Sinne und ich lecke die Flüssigkeit auf. Wie von Sinnen schlage ich meine Krallen in das Brett. Stelle mich auf die Hinterbeine. Merke nicht, dass das Brett bereit am Kippen war. Werde plötzlich aus meiner Euphorie gerissen, als ich von der Vertikalen in die Schräge, dann Horizontale fiel. Das Brett rumpelt und mein Körper erschreckt sich und reagiert blitzschnell. Er rennt vor instinktiver Fluchtreaktion blindlings weg. Spüre den Schmerz, als ich voll gegen das Stuhlbein renne.
Meine Sinne werden klarer und ich vernahm schallendes Lachen von Seiten der Dienerin. Denke nur: „Wie peinlich…!“
Stelle schockiert fest, dass mein Schwanz sich so stark gesträubt hat, dass er dem eines Waschbären Konkurrenz machte. Schaue mich nach einer Rückzugsmöglichkeit um. Mir kommt das Bett in den Sinn. Oh ja…das Bett…Ich habe heute nur 20 Stunden geschlafen! Das muss ich nachholen!
Ohne der Dienerin eines Blickes zu würdigen gehe ich von dannen. Nachdem ich beim Zurechttrampeln der Schlafstatt noch einmal schön viele Haare hinterlassen habe lege ich mich endlich in den entspannenden Schlaf. Eigentlich bin ich um diese Zeit immer draußen, aber draußen…mich gruselt es bei dem Gedanken an die fürchterliche Kälte. Die Dienerin kommt in das Zimmer. Sie lächelt mich mit einem liebevollen Blick an. Und ich lächele innerlich zurück bis mich der Schlaf überkommt…

Impressum

Texte: copyright by Remus
Tag der Veröffentlichung: 04.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem geliebten Kater, ohne den der Alltag sehr langweilig wäre.

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