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Was wäre wenn?


Wenn er gewusst hätte, wie es in mir aussah,
wenn er gewusst hätte, was ich für Gefühle für ihn hatte, hätte das
etwas an der jetzigen Situation geändert? Wäre dann alles besser
gelaufen? Nun war es eh egal, es war geschehen und jetzt konnte man nichts mehr
daran ändern.


Ich hatte mir das teure Campingmesser meines Vaters und die hoch dosierten Schlaftabletten meiner Mutter mitgenommen. Die Tabletten hatte ich mitgenommen falls ich es mit dem Messer nicht schaffen sollte. Meinen Eltern bescheid zu geben, dass ich wegging war sowieso überflüssig, da beide erst heute Abend 23 Uhr von der Arbeit kommen würden.
Ich hatte beides in einen alten Rucksack gepackt, sowie ein Feuerzeug, eine Flasche Wasser und mein Tagebuch, und hatte mich auf den langen Weg gemacht.


Ich starre in den klaren Sternenhimmel und atme die frische und kalte Nachtluft ein. Bis vor wenigen Minuten hatte es noch geregnet und das roch man auch immer noch. Wenn ich die Luft einatme, fühlte sie sich schwer an und hinterließ in meiner Nase den typischen bleiernen Geruch von vergangenem Regen.
Langsam breitet sich die rote klebrig glänzende Flüssigkeit unter und neben mir aus. Ich fühle, wie meine Kleider immer schwerer und nasser werden, als sich die Flüssigkeit langsam an den einzelnen Fasern meiner Kleidung hinauf klettert und sie in einem hell rosanen Ton färbt.


Wenn man lange genug Zeit hatte über Suizid nachzudenken und immer noch der Meinung war, dass das der letzte Ausweg ist, dann muss man sicher der Sache schon ziemlich sicher sein.



Ich war mit meinem schon halb verrosteten Rad den steilen Kiesweg zu dem alten zerfallenen Industriegelände hinauf gefahren, doch schon auf der Hälfte des Hanges konnte ich vor Anstrengung nicht mehr und stieg ab. Früher hatte ich dort Oben mit meinen zwei besten Freunden Clara und Ethan immer verstecken gespielt, doch diese Zeiten waren schon ewig Vergangenheit.
Oben angekommen, legte ich mein Rad in einen der großen Himbeerbüsche. Würde sowieso keiner mitbekommen, dachte ich, war doch eh schon verrostet.
Ein Stück hinter mir hörte ich einen Ast knacken und sah mich erschrocken um. "Ist da jemand?", rief ich in fragend in das kleine Waldstück vor mir.
Nichts, alles blieb still.
Ich gabe ein nervöses lachen von mir und lief in Richtung des Hauptgebäudes der alten Fabrik und kletterte über den hohen Maschendrahtzaun, der rings um das Gebäude errichtet wurde. Ich schwang mein rechtes Bein über den Zaun und sah hinunter, war doch höher als ich gedacht hatte. Als ich mein anderes Bein über den Zaun schwang, blieb ich hängen und stürzte hinunter. "Aua, scheiße!", schrie ich wütend und rieb mir den Hintern, wieder hörte ich rascheln aus dem Waldstück und bekamm immer mehr Angst. Ich stand auf, klopfte mir den Hinter ab und machte mich auf den weg in das Innere des Hauptgebäudes.


Ich schließe die Augen und seufze.
Ich nehme diese Schmerzen in kauf, schließlich bin ich danach frei. Ob mich wohl jemand vermissen wird?
Plözlich höre ich ein Geräusch hinter mir, doch ich schaffe es nicht mich um zu sehen. Mein Körper wird immer schwerer und meine Arme und Beine spüre ich schon nicht mehr. Ich höre Schritte, die immer näher kommen und kurz vor mir stehen bleiben. Trotz das ich die Hälfte meines Körpers nicht mehr spüren kann, merke ich wie mein Körper anfängt zu zittern.


Sonst war nie jemand hier, immer nur ich, mit meinen Gefühlen und Gedanken. Doch heute war es anders.
Als ich von dem Trampelpfad zum Hauptor kam, hörte ich Fahradreifen den Hügel hinauf kommen und rannte zurück zum Trampelpfad um mich hinter einem der Büsche zu verstecken. Warum war gerade heute jemand hier oben?
Vorsichtig blickte ich an dem Busch vorbei und sah ein Mädchen, welches gerade ihr (scheinbar altes) Fahrrad in einer der Himbeerbüsche legte. Sie war wunderschön. Ihr Haar fiel ihr bis zur Hüfte und war fast schon künstlich blond, man merkt aber, dass es ihre natürlich Haarfarbe war. Ich hätte wetten können, dass sie eisblaue Augen hat. Als ich vorsichtig nach hinten lief, merkte ich, leiderzu spät, dass ich auf einen Ast getreten war. Plötzlich drehte sich das Mädchen zu mir um und sah verängstigt in meine Richtung. Und tatsächlich hatte sie wundervolle eisblaue Augen. Als sie plötzlich rief:"Ist da jemand?", wusste ich nicht was ich jetzt machen sollte, also blieb ich ganz ruhig stehen und sagte kein Wort. Etwas verwirrt drehte sie sich um, lief zum Maschendrahtzaun und kletterte hinauf. Oben angekommen, blickte sie kurz nach unten, schwang ihr anderes Bein über den Zaun, verlor den Halt und knallte voll auf den harten Steinboden.




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Tag der Veröffentlichung: 03.05.2012

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