Besser Leben mit Tai Chi, Qigong und Mentaltraining
Chinesische Kampfkunst als praktische (Über-) Lebenshilfe
ein interdisziplinäres Fachbuch
Der Mensch ist was er denkt
Was er denkt, strahlt er aus
Was er ausstrahlt, zieht er an
Christian Friedrich Hebbel
(1813 – 1863)
Was du heute denkst, wirst du morgen sein
Buddha
Die alte chinesische Kampfkunst Tai Chi (und die damit verbundene Bewegungslehre Qigong), von uns Europäern auch gerne als „Schattenboxen“ bezeichnet, war ursprünglich das Training der Krieger und Kämpfer, bevor die Erfindung von Waffen die körperlichen Fähigkeiten weniger wichtig machten. Da aber das Üben von Tai Chi sich äußerst positiv auf das physische und psychische Wohlbefinden des Menschen auswirkt, hat die Kampfkunst nicht nur die Jahrhunderte überlebt, sondern findet heute auf der ganzen Welt immer mehr Anhänger.
Während es bei anderen Kampfsportarten vor allem um die körperliche Konstitution geht, spielen beim Tai Chi die mentalen Aspekte eine sehr große Rolle.
Ein Kämpfer braucht nur bedingt Muskelkraft, das Denken und Fühlen sind die eigentlich wichtigen Faktoren, die zum Sieg verhelfen. Was bei uns heute als „Mentaltraining“ in verschiedenen Variationen bekannt ist, haben die Chinesen bereits im 17. Jahrhundert in ihren Prinzipien zum Tai Chi genutzt.
Leider wird das Tai Chi in Deutschland und Europa gerne in die Schubladen „Wellness“ und „leichte Gymnastik“ vor allem für alte Leute gepackt, was sehr schade ist, denn diese Kampfkunst hat viel mehr zu bieten.
Die Bewegungen und Körperhaltungen des Tai Chi beeinflussen das Fühlen und Denken, wodurch wiederum der Hormonhaushalt gesteuert wird, was sich auf die Funktion sämtlicher Organe im Körper auswirkt.
Wer Tai Chi und Qigong in sein Leben integriert, erlebt tägliches, sehr angenehmes Wohlbefinden, einen sehr viel angenehmeren Umgang mit den Menschen um sich herum und sehr schnell eine deutlich grundlegend positivere Lebenseinstellung.
Was uns so prägt...
Ich habe nie an meiner Persönlichkeit gearbeitet, sondern die - von mir als solche empfundenen- Mängel an meinem „ich“ durch die Konzentration auf fachliche Kompetenz, Fleiß und Zuverlässigkeit verdrängt. So fand ich meinen Platz in der Gesellschaft, der mir Anerkennung und ein äußeres Selbstbewusstsein verschaffte, mich aber nicht unbedingt glücklich machen konnte.
Ähnlich wie mir, geht es immer mehr Menschen, denn je zivilisierter und technischer unsere Welt wird, desto schwieriger ist es, „menschlich“ zu sein, sich „menschlich“ zu entwickeln und „mit“-menschlich zu leben.
Ich habe viele Jahre lang nicht darüber nachgedacht, ob mein gewählter Lebensweg der richtige ist. Auch als mich eine Krebserkrankung im Alter von 45 Jahren „aus der Bahn“ warf, war mir vorrangig die Wiederherstellung der körperlichen Fitness und Weiterführung meines Berufes wichtig. Um diese Ziele zu erreichen, begann ich Tai Chi und Qigong zu üben, was mir dann unerwartet viele persönliche „Knoten im Kopf“ löste, die ich vorher als unveränderlich akzeptiert hatte.
Diese sehr positiven Erlebnisse und Erfahrungen haben mein Leben auf eine sehr angenehme Weise verändert, dies möchte ich mit Hilfe dieses Buches teilen.
Die meisten Menschen denken, um sich zu verändern, muss man gegen sich selber kämpfen. Das ist nicht richtig, eine Veränderung des „Ich“ kann ganz automatisch und wie von selbst passieren und wird dann auch als ein Geschenk wahrgenommen, welches das Leben deutlich einfacher und lebenswerter macht.
Mentaltraining
Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit habe ich mich ausgiebig mit dem Fachgebiet Mentaltraining im Sport auseinandergesetzt. Dieses Buch gibt Anleitungen dafür, wie die positiven Wirkungen des Tai Chi mittels der Techniken des Mentaltrainings direkt in den Alltag übernommen werden können.
Über die Entstehung dieser Abhandlung
Ich arbeite seit vielen Jahren mit Menschen und Pferden im Bereich Pferdesport. Hierdurch verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse zu den Fachgebieten Anatomie, Physiologie, Biomechanik und Mentaltraining im Sport.
Im Jahre 2011 habe ich begonnen, Tai Chi und Qigong zu lernen, seit 2012 übe ich an mehreren Tagen die Woche intensiv und bin inzwischen Tai Chi Lehrerin geworden.
In meinen Seminaren und Workshops versuche ich, die alte Kampfkunst für den modernen Menschen greifbar und nutzbar zu machen. Das moderne Mentaltraining eignet sich dafür, das Tai Chi bereits nach sehr kurzer Übungszeit optimal im Alltag zu nutzen.
Grundlage dieses Buches sind meine praktischen Erfahrungen.
Für wen ist dieses Buch geschrieben?
Dieses Buch eignet sich für Menschen, die an einem Tai Chi Kurs teilnehmen. Es hilft, sehr schnell die positive Wirkung des Tai Chi im Alltag zu nutzen.
Dieses Buch eignet sich für Tai Chi Lehrer, um die Verknüpfung unseres modernen Lebens mit den alten Weisheiten des Tai Chi für ihre Kursteilnehmer "erlebbar" zu machen.
Dieses Buch eignet sich für Menschen, die darüber nachdenken, ob ein Tai Chi Kurs für sie sinnvoll ist.
Bitte informieren Sie sich vor dem Kauf des Ebooks über meine Arbeit auf meinen Internetseiten.
Kontakt zur Autorin:
Sabine Bruns
Per Email: bruns@fehrenbruch.de
auf facebook:
https://www.facebook.com/with.chi.sabinebruns
speziell für Reiter:
Es sieht im ersten Moment seltsam aus, wenn jemand Tai Chi übt. Schaut man länger zu und ist der Übende bereits fortgeschritten, erkennt man in den Bewegungen schnell eine sehr ästhetische Harmonie und man möchte verweilen und länger zusehen.
Beim Tai Chi übt man die schnellen Bewegungen eines Kampfes in Zeitlupe, oder wie man heute sagt, in slow motion. Der Körper befindet sich immer im Gleichgewicht, die Bewegungen sind weich, geschmeidig und gleichmäßig, dabei aber trotzdem zielgerichtet und direkt.
Der Tai Chi Übende hat einen entspannten und dennoch hoch konzentrierten Gesichtsausdruck. Der Körper wirkt losgelassen, aber keineswegs wackelig oder instabil. Scheinbar arbeiten die Muskeln nicht und doch ist der Mensch im Boden verwurzelt und strahlt große Selbstsicherheit aus.
Du hast schon Tai chi gesehen und hattest einen anderen Eindruck?
Das ist gut möglich. Die Kampfkunst wird leider viel zu oft degradiert zu einer Art meditativem Tänzchen.
Tai Chi ist eine uralte chinesische Kampfkunst. Wann genau die ersten Tai Chi Bewegungen geübt wurden, weiß keiner und es ranken sich viele schöne und geheimnisvolle Legenden um die Entstehung und Entwicklung dieser Kampfkunst. Einige Quellen gehen davon aus, dass das indische Yoga eine der Grundlagen der Tai Chi – Idee war.
Wenn wir heute Tai Chi praktizieren und üben, müssen wir uns mit der Vergangenheit dieser Kampfkunst nicht auseinandersetzen sondern können uns ganz auf die Gegenwart konzentrieren. Vielen „Glaubensfragen“ rund um die Geheimnisse der alten Kampfkunst kann man sich widmen, wenn man Lust dazu hat, muss es aber nicht. Empfehlenswert ist es, sich einfach frei, locker und ungezwungen in das „Abenteuer Tai Chi“ zu stürzen und sich darüber zu freuen, dass sich das Leben positiv verändert, ob nun physikalisch und modern erklärbar oder auf alte Mythen und Glaubenssätze des mit dem Tai Chi eng verbundenen Daoismus beruhend, ist nicht doch eigentlich gar nicht wichtig, oder?
Es gibt verschiedene Tai Chi Stile und die Lehrer der verschiedenen Schulen sind nicht immer unbedingt die besten Freunde. Jeder will der authentischste sein und jeder will der ursprünglichste sein und der Konkurrenz-Neid ist manchmal schon etwas belustigend für diejenigen, die einfach nur schönes Tai Chi machen wollen.
Alle Stile basieren auf die gleichen Prinzipien, die auch Grundlage dieses Buches sind und so denke ich, dass es im Endeffekt egal ist, für welchen Stil und welche Schule man sich entschließt, solange der Lehrer die Prinzipien des Tai Chi, wie sie auch in diesem Buch beschrieben sind, als wichtigste Fakten in seinem Unterricht vermittelt.
Die Grundlage meiner Erfahrungen ist die lange Form des traditionellen Yangstil. Dieses ist die weltweit am häufigsten praktizierte Art des Tai Chi.
Die gesamte Form besteht aus 37 unterschiedlichen Figuren. Im Ablauf wiederholen sich dann einige mehrmals, so dass man insgesamt 104 Figuren in einer festgelegten Reihenfolge darstellt.
Die Form ist in drei Abschnitte aufgeteilt und dauert insgesamt ca. 30 Minuten, wenn man sich sehr langsam bewegt. In einem Anfängerkurs lernt man in der Regel den ersten Abschnitt der Form.
Will man Tai Chi lernen, kämpft man als erstes mit der Choreografie.
Die Bewegungen sind für uns „Zivilisations-geschädigte“ Menschen höchst ungewöhnlich und es dauert eine Weile, bis man die Figuren darstellen kann. Danach strengt man sich ziemlich an, weil der Körper ungewohnte Arbeit leisten muss. Man kann seine Muskeln noch nicht so richtig gut koordinieren.
Nach dieser Phase wird es interessant, denn dann beginnt die Arbeit an den Feinheiten:
- die entspannte Körperhaltung
- die richtige Beckenstellung und -bewegung
- das Gleichmaß der Bewegungen
- die Konzentration
- der Umgang mit Energie
„Das Chi beginnt zu fließen.“, sagen die Chinesen, der Übende scheint physische und psychische Kraft aus dem Tai Chi zu schöpfen und der Körper stellt sich um, so dass man sich auch im Alltag ganz automatisch eine andere Haltung und Bewegungsform angewöhnt.
Wer lange Tai Chi übt, steht anders und bewegt sich anders, ein Umstand der zu vielen weiteren positiven Veränderungen führt.
Wenn ich Anfängerkurse für Tai Chi gebe, erzählen mir viele Teilnehmer, dass sie bereits nach der ersten Stunde den Rest den Tages und den Folgetag gelassener, ruhiger und entspannter waren.
Je länger man übt, desto intensiver werden die Empfindungen, wobei ich aus meiner persönlichen Erfahrung am Anfang eher wenige längere Trainingseinheiten pro Woche statt täglicher kurzer empfehle. Später, wenn man sich die Grundlagen erarbeitet hat, kann man gut kurze Tai Chi- Einheiten genießen, wann immer man gerade Lust dazu bekommt.
Wie bereits oben beschrieben, lernt man beim Tai Chi die Bewegungen, mit denen ein Kämpfer einen anderen besiegen will. Hierbei geht es es um intelligente Bewegungen. Der Widersacher soll nicht mit Muskelkraft „umgehauen“ sondern durch sehr gut organisierte, zum Teil sehr unscheinbar wirkende, Bewegungen aus dem Gleichgewicht gebracht werden, ohne dass dabei viel Energie und Kraft aufgewendet werden muss.
WICHTIG!
Ein Tai Chi Kämpfer siegt mit Intelligenz und Gelassenheit, nicht mit Kraft und Wut. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum uns diese Kampfkunst auch heute so viel geben kann.
Prinzipien und Grundsätze
Bei der Durchführung der Kampfkunst gelten feste Regeln, die 10 Prinzipien des Tai Chi.
Oberflächlich betrachtet betreffen diese Regeln ausschließlich die Körper- und Geisteshaltung während der Ausübung der Kampfkunst innerhalb der Trainingseinheiten.
In Wirklichkeit wirken diese Regeln aber viel tiefgreifender. Sie werden uns deshalb in weiteren Teilen dieses Buches wieder begegnen.
1. Prinzip
Den Kopf gerade aufrichten ( in einer Flucht mit der WS)
Unser Hals hat Muskeln, die den Kopf tragen. Beim Tai Chi soll der Kopf gerade getragen werden, das bedeutet, das alle Muskeln des Halses (vorne, an den Seiten und hinten) gleich stark arbeiten.
In unserer normalen Alltagshaltung nehmen wir meist eine Haltung ein, bei der die hinteren Halsmuskeln den Kopf tragen, das Kinn ist dabei leicht erhoben. Diese Haltung ist im Tai Chi nicht erwünscht, denn der Schädel sitzt dabei nicht im Gleichgewicht auf dem Kopf, es erfordert viel Muskelarbeit, ihn zu tragen.
Richtig ist es, wenn man das Kinn ein kleines Stück nach hinten schiebt, so dass sich ein leichtes Doppelkinn bildet.Die Augen blicken dann gerade nach vorne. In dieser Haltung sitzt der Kopf gut mittig über dem Rumpf und es erfordert wenig Muskelarbeit, um ihn zu stabilisieren.
Um die richtige Position zu finden, kann man sich vorstellen, eine Marionette zu sein und der Faden, an dem der Kopf hängt, ist am Hinterhaupt befestigt.
2. Prinzip
Ruhe in der Bewegung
Während der Tai Chi Bewegungen soll sich der Körper im „Ruhemodus“ befinden. Man stellt sich gerade im
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: (c) Sabine Bruns, Anderlingen 2015
Bildmaterialien: (c) Sabine Bruns, Anderlingen 2015
Tag der Veröffentlichung: 24.02.2015
ISBN: 978-3-7368-8055-9
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