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Sklavenfarm




„Aufstehen! Aufstehen ihr faulen Hunde“
Es war kurz nach Sonnenaufgang und Anna quälte sich aus der dünnen Decke und der Matratze, die ihr als Schlafplatz dienten. Sie fröstelte. Es war kalt und zugig in den schlechten Häusern aus Holz und Bambus. Eingeengt zwischen um die 50 anderen Sklaven zog sich das Mädchen ihren einzigen Pullover über das Hemd und ging nach draußen. Sie sah das Meer und die aufgehende Sonne am Horizont. Fast jeder hätte die Insel wohl als das bezeichnet, was man unter einem himmlischen Reiseziel versteht. Aber für Anna war es die Hölle auf Erden.
Eine grobe Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
„Hey da! Nicht wieder einschlafen, sonst bekommst du gar nichts zu essen.“
Anna hielt ihre Holzschale dem dicken Mann mit der Schürze entgegen. Dieser klatschte eine grünliche Brühe hinein, die von den Sklaven allgemein als Frühstück bezeichnet wurde. Sie hockte sich auf den Boden und aß den Fraß mit säuerlicher Miene.
Hier lebte sie nun ihr ganzes Leben lang. Eine Sklavenfarm, so wurde es jedenfalls genannt. Die Kinder bis zu 9 Jahren wurden vormittags in der „Schule“ unterrichtet. Es war keine echte Schule. Alles was die Kinder lernten war, wie sich ein guter Sklave zu verhalten hatte. Nachmittags mussten auch die Kinder arbeiten. Wer sich besonders gut benahm wurde mit viel Glück in einer Familie als Dienstmädchen oder Butler eingestellt. Die meisten wurden zum Ab- und Anbau auf Plantagen oder Äckern benötigt. Ein paar wurden nicht verkauft. Diese verbrachten ihr ganzes Leben auf der Insel, bis sie alt und nutzlos wurden. Dann wurden sie getötet.
Anna empfand es nicht als Ehre gekauft zu werden. Im Gegensatz zu den anderen hatte sie sich noch nicht damit abgefunden ein Sklave zu sein und wie ein Tier behandelt zu werden. Sie war 13 Jahre alt und hatte langes blondes Haar und klare blaue Augen. Vor allem ihre Augen waren es die ihr eine gewisse Ausdruckskraft verliehen, was Anna zu dem Zeitpunkt aber noch nicht wusste.
Gerade hatte sie ihr Mahl beendet, als der Aufseher kam und sie mit Peitschenhieben an die Arbeit trieb. Anna musste Bäume fällen. Es war eine Bestrafung für ihren Ungehorsam. Aber Anna konnte gar nicht anders als diesen Sklaventreibern zu wiedersprechen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass manche Menschen mehr wert waren als andere und dass manche als Sklaven arbeiten mussten und andere nicht. Eigentlich waren nur die großen muskulösen Männer für das Fällen der Bäume verantwortlich, weil diese Arbeit für ein 13- jähriges Mädchen kaum zu schaffen war. Doch Anna war anders. Die Männer fällten täglich sieben Bäume. Anna schaffte nur drei, weil man nicht mehr von ihr verlangte. Doch richtig erschöpft war sie danach nie. Sie verstand es selbst nicht. Denn sie sah nicht besonders kräftig aus, eigentlich war sie sogar ein sehr zartes Mädchen. Außerdem waren ihr ihre „verborgenen Muskeln“ nicht sonderlich oft behilflich. Wenn sie sich zum Beispiel wieder einmal mit einem der Aufseher anlegte, war ihre einzige Chance wegzulaufen oder die Schläge über sich ergehen zu lassen, worauf es ausnahmslos immer hinauslief.
Die Insel war mit einem Zauber belegt. Man sagte die Wassergeister hätten das am Anbeginn der Zeit ausgesprochen. Tatsache war: Man konnte so viele Bäume fällen wie man wollte, über Nacht wuchsen alle wieder nach. Es waren hohe, dicke Bäume. Manche hatten einen Durchmesser von über 2 Metern.
Anna seufzte. Müde sah sie an dem Baum hoch, dessen Ende sie durch die vielen Äste nicht sehen konnte.
„Mach schon“, eine Peitsche schnellte auf ihren Rücken zu. Sie schrie auf. „Bist du verrückt?“ Sie sah in das vernarbte Gesicht eines Sklaventreibers. Mit rauer Stimme sagte er: „Was fällt dir ein so mit mir zu reden? Das kostet dich 7 Peitschenhiebe. “Er grinste bei dem Gedanken. Ekel, wie Anna ihn heimlich nannte, liebte es auf sie ein zu prügeln. Er war es der Anna das Leben auf der Sklavenfarm am schwersten machte. Er war schon um die 50 und seine grauen Haare standen wirr von seinem Kopf ab. Er hob den Arm, doch Anna tauchte unter ihm hindurch und lief davon. Sie hatte gestern erst fünf Schläge bekommen und sie war der Ansicht, dass das einmal die Woche genügte. Das Problem war :

Erstens: Diese Leute kümmerten sich nicht um Annas Ansichten
und zweitens: Anna wusste nicht wie lange eine Woche dauerte.


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Tag der Veröffentlichung: 19.02.2011

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