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Kapitel 1



Diese Stimmen. Diese Stimmen die ich nun schon 15 Jahre ertragen musste. Mein ganzes Leben. Ich wollte sie nicht mehr hören. Doch was konnte ich schon dagegen tun? Mir hat nie jemand geglaubt wenn ich es erzählt habe. So oft habe ich es schon versucht, doch gebracht hat es nie etwas. Bis jetzt.

Als ich an diesem Morgen aus der Schule kam, hatte ich gute Laune. Ich hatte heute noch nicht ein einziges Mal diese gruseligen Stimmen gehört und außerdem ein gutes Gefühl bei der Physikarbeit die wir heute geschrieben hatten. Was sonst bei mir eher nicht so der Fall ist. Und überhaupt war alles toll. Ich war heute noch mit Sophie meiner besten Freundin verabredet. Sie ist manchmal echt total verrückt. Das ist auch der Grund weshalb wir so gute Freundinnen geworden sind. Man kann echt alles mit ihr machen. Heute sollte ich bei ihr übernachten. Da meine Eltern noch bis Montag weg waren (heute war Freitag) würde ich bis Sonntag bei ihr bleiben. Ich bog in die Straße ein in der unser Haus stand. Durchnittlich groß, weiß, mit einem Dach aus roten Ziegeln. Genau wie die meisten anderen in der Gegend. „Hallo, ich bin zu Hause“, rief ich kaum nachdem ich die Haustür öffnete. Sogleich ertönte die Stimme meiner Mutter aus dem Wohnzimmer wo sie wahrscheinlich gerade ihre Lieblingsendung schaute: „Wie war es denn in der Schule Schätzchen?“ Ich hasste es, wenn sie mich so nannte. „Gut“, antwortete ich. Schnell rannte ich die Treppe rauf, um pünktlich bei Sophie zu sein. Warf meine schwere Schultasche einfach in eine Ecke meines zusammengewürfelten Zimmers und nahm mir die andere Tasche die auf dem Bett lag, in die ich gestern schon meine Schlafsachen und alles was ich sonst noch so gebrauchen konnte gepackt hatte. Wer hatte das gerade gesagt? Ist das meine Mutter gewesen? „Mama hast du was gesagt?“, rief ich nach unten. Sie sagte mir das was ich gehofft hatte nicht zu hören. „Nein Schatz ich hab nichts gesagt.“ Ich hatte keine Zeit mich über das „Schatz“ aufzuregen, denn jetzt hörte ich die Stimmen. Es waren meistens verschiedene doch sie hatten alle eins gemeinsam. Sie riefen mich. Und sie wurden lauter, manchmal so laut das ich nichts anderes mehr hören konnte. Doch diesmal war es irgendwie anders als sonst. Eine warme, schöne Stimme drang durch die anderen hindurch. Diese zierliche Stimme die ich nie zuvor gehört hatte kam mir denn noch vertraut vor. Ich versuchte sie festzuhalten um sie besser zu verstehen, doch vergeblich. Die anderen gruseligen Stimmen drangen wieder vor und quälten meinen Geist. Ich schaute mit einem gequältem Gesichtsausdruck auf die Uhr und erschrak. „Oh Mist so spät schon, oh nein“ ich dachte nur noch nix wie weg zu Sophie sie wartete bestimmt schon.

Als ich bei Sophie ankam war ich völlig auß der Puste. Sie empfing mich mit einen fröhlichen Gesichtsausdruck. Ich befürchtete schon das sie eine erfreuliche Nachricht für sich, aber nicht für mich auf dem Herzen hatte. Zusammen gingen wir in die riesige Villa, die Sophies Eltern gehörte und die Stimmen wurden wieder lauter. Komischerweise immer wenn ich in Sophies Nähe war. Das fiel mir schon seit längerer Zeit auf. Es hörte sich an wie Schreie oder Rufe, sie riefen nach mir! Nach Hilfe?
„Hallo? Hallo? Bist du noch da? Maja.“, schrie Sophie. „ Ja was ist denn los? Schrei doch nicht so!“ antwortete ich in einem genervtem Ton. Sie sah mich komisch an, ich hatte ihr während der 15 Jahre meines Lebens noch nie was erzählt, über die Stimen mein ich, weil sie immer so anders geworden ist wenn man ihr Probleme oder so erzählte. „Was ist denn los Maja? Ich weiß ja das du oft genervt bist aber noch nie so schlimm. Ich wollt dir übrigens noch was sagen.“ „ Ach ja? Was denn.“ Ich hoffte, dass meine Stimme teilweise normal klang, doch ich konnte mich selbst nicht gut hören, weil diese Stimmen immer noch da waren. „ Ich wollte nur Bescheid sagen das meine Eltern für den Abend wegfahren und wir das Haus für uns allein haben.“ „ Abgefahren“ Wir fingen an zu kreischen und ich versuchte die Fülle in meinen Kopf wieder mal zu überhören, doch es viel mir schwer. „Also, was machen wir?“, fragte ich während ich meine Sachen neben dem Sofa abstellte und meine lila Jacke darüber legte. Als ich mich wieder gerade hin stellte sah ich mich um. Das Wohnzimmer war groß und stilvoll eingerichtet. Die komplette rechte Wand war mit Bücherregalen bedeckt. So welche wie es sie in alten Biblioteken gibt. Alle Fächer komplett gefüllt. An der gegenüber liegendenden Seite hing ein großer Flachbildschirm an der Wand. Sophies Eltern waren wirklich reich. Doch ihre Tochter hatten sie mit ihrem Reichtum anscheinend nicht angesteckt. Jeder in der Stadt wusste, dass Herr und Frau Paal sich eine vornehme, höfliche Tochter wünschten. Sophie war alles andere als das. Sie war einfach crazy, zog immer die ausgefallensten Klamotten an und hatte einfach die verrücktesten Ideen. Total cool halt. Zumindest fand ich das so. Ich dachte nicht weiter darüber nach, denn die Stimme meiner Freundin hallte zu mir herüber. „Keine Ahnung. An was hast du den gedacht?“ Ich brauchte einen Moment um mich daran zu erinnern was ich sie gefragt hatte, die Stimmen die immer noch da waren - wie sollte es auch anders sein – brachten mich völlig durcheinander. „Weis nicht.“, brachte ich schließlich hervor. „Ach komm schon. Igendwas muss dir doch einfallen.“, sie klang erlich enttäusch. „Ja klar. Wir könnten das Haus durchforsten und nach Aliens und Monstern suchen. Und dann rösten wir sie auf dem Gasgrill deines Vaters.“, meinte ich ironsch. Sophie versuchte ein Kichern zu unterdrücken. Beim Anblick ihres komisch verzerrten Gesichts musste ich unwillkürlich lachen. Plötzlich kugelten wir laut lachend und prustend über den Teppich. Nachdem wir beide uns wieder einigermaßen gefasst hatten, entschieden wir uns dafür ein paar Filme zu gucken. Also machten wir uns auf der Coach breit, bewaffnet mit einer Chipstüte, die ich in einem der unzähligen Küchenschränke gefunden hatte. Natürlich blieb es nicht beim Filme schauen. Schon nach der zweiten DVD artete das ganze in eine Kissenschlacht aus. Sophie und ich machten sehr viel Unsinn. Zum Beispiel stellten wir das komplette Wohnzimmer auf den Kopf und mussten es anschließend wieder aufräumen. Später, erschöpft trat ich vor die Bücherwand und betrachtete interressiert die Titel. Dabei stieß ich auf einige sehr dicke Bücher. Eines davon erregte meine Aufmerksamkeit besonders. Es war ein eher altes, heruntergekommenes Buch mit dem seltsamen Titel, „Die Stimme.“ Bevor ich es wieder ins Regal räumte, laß ich noch auf dem Rücken des Buches den Inhalt.

Kapitel 2

Stimmen, sie rufen nach dir, sie zeigen die Angst, sie prophezeien dir, sie lassen dich nicht los. Das sind die Worte die mir die ganze Zeit durch meinen Kopf gingen. Auch die ganze Zeit, während ich bei Sophie war. Wir hatten uns bald schlafen gelegt und am nächstem Tag waren ihre Eltern wiedergekommen, so dass es keine gute Gelegenheit mehr gegeben hatte mir das Buch genauer anzusehen. Jetzt war Montag Morgen. Ich lag auf meinem Bett und dachte nach. Das machte ich jetzt schon eine halbe Stunde. Fertig angezogen für die Schule war ich schon. Also konnte ich mich ganz dem denken widmen. Ich brauchte dieses Buch, mein Körper zwang mich grade zu dieses Buch zu lesen, vielleicht würde ich dann mehr erfahren. Doch das wusste ich nicht. Es war nur eine Ahnung, doch irgendwas sagte mir das sie wahr war. Ich bewegte mich Richtung Computer und drückte den An- Schalter. Wie immer dauerte das hochfahren einige Minuten bei meinem altem Pc. Mit einem schleifendem Geräusch sprang er dann nach einer gefühlten Ewigkeit an. Die Hand an der Maus, bewegte ich den Zeiger auf das Internet Explorer Symbol und klickte zwei mal. Eine weitere kleine Ewigkeit verstrich. Doch es öffnete sich noch heute und ich tippte die Worte „Die Stimme Buch“ ein und es kamen vielerlei Ergebnisse. Ich klickte auf eins nach dem anderen aber das richtige war nicht dabei, leider. Hauptsächlich Sachbücher übr die menschliche Stimme. Enttäuscht nahm ich mein Mathebuch und die Hausaufgaben vom Schreibtisch und packte sie zusammen mit meiner Federmappe in die Schultasche. Auf dem Weg zu meinen Sneakers die unten vor der Haustür standen, holte ich mir zwei Müsliriegel aus der Küche. Nachdem ich mir die Schuhe über die Füße gezogen hatte, schnappte ich mir noch den Schlüssel vom Regal und machte mich auf den Weg zur Schule.

In der ersten Stunde hatte ich Physik und erstaunlicher Weise hatten die Stimmen sich entschieden eine Pause einzulegen. Ich konnte mich auf die Arbeit freuen da ich sonst immer nur Vieren
oder Fünfen, manchmal sogar Dreien geschrieben hatte. Als ich sie in der Hand hielt traute ich mich erst nicht reinzuschauen, doch ich nahm meinen Mut zusammen und sah auf die unterste Ecke des Blattes. Eine große rote zwei war da zu sehen. Innerlich jubelte ich. Die Freude hielt nicht lange an, da wir ein langweiliges Thema neu anschlugen, was mich so gar nicht interessierte. Ich dachte mal wieder darüber nach wo es dieses Buch geben würde außer bei Sophie. Ich frage einfach Sophie nach der Physikstunde in Latein woher sie es hat oder ihre Eltern. Fasste ich einen Entschluss. Also wartete ich nach der elend langweiligen Physikstund im Lateinklassenzimmer auf Sophie doch sie kam nicht. Komisch sie rief mich sonst immer an wenn sie nicht kam, weil sie krank war. Vielleicht hatte sie es einfach vergessen. Ich versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren doch die Stimmen drängten sich wieder in meinen Kopf und das wars dann mit der guten Stimmung. Ich saß schon ein paar Minuten einfach nur da und hörte der Lehrerin zu, als die Tür des Klassenzimmers aufging und Sophie in die Klasse kam, zum Lehrer eilte um das Entschuldigungsformular abzugeben. Vermutete ich. Ich wollte sie mit einem „Wo warst du?“ begrüßen, doch als ich ihr Gesicht sah entschied ich mich lieber dafür nichts zu sagen. Sie setzte sich neben mich und den Rest der Stunde verbrachten wir schweigend. Nach der Schule standen wir noch eine Weile auf den Schulhof. Ich hielt es nicht mehr aus. „Sophie woher hat eure Familie dieses Buch? Warte es heißt „Die Stimmen.“ Es hat keinen Autor.“ „Oh das haben wir nicht gekauft sondern geschenkt bekommen von so einer netten alten Dame auf einer Messe in Amsterdam. Da ging es um Verschwörungstheorien, Geister und alle anderen Dinge mit Schauereffekt.“ „Ach so, dürfte ich mir das mal ausleihen?“ fragte ich sie kleinlaut.“ „ Ja klar, aus unserer Familie liest es sowieso keiner. Wieso denn stehst du mittlerweile auf Geister, Verschwörungen und abgedrehte Rituale?“ „ Nein, es ist nur… Ach egal einfach nur so. Ich erzähl es dir ein anderes Mal.“ „Ok du kannst ja eben mitkommen zu mir und das Buch abholen.“ Ich hatte das Gefühl das sie mir nicht richtig zugehört hatte. Oder nur halb. Bis zu ihrem Haus war es nicht weit, so dass auch sie genau wie ich zu Fuß nach Hause laufen konnte.Ich holte das Buch bei ihr ab und lief schnell nach hause um es zu lesen.

Ich hatte es mir mit dem Buch auf meinem Bett gemütlich gemacht und strich mit den Fingern über den alten Buchrücken. Würde ich hier drin die Antwort auf meine Fragen finden? Ich öffnete es. „Die Stimmen" las ich den Titel. Unter dem monströsen Titel stand in roter schön geschwungener Schrift „Buch der vielen Geheimnisse“ Gespannt blätterte ich weiter. Auf der ersten Seite las ich Stimmen sie rufen nach dir-sie zeigen die Angst-Sie prophezeien dir-sie lassen dich nicht los. Das kannte ich ja schon. Ich blätterte eine Weile In den Seiten rum. Ich fand nichts außer etwas über Stimmen die einen Menschen so sehr gequält haben, dass er sich von einer Brücke gestürzt hat.
Ich schaute auf die Uhr. Mittlerweile war es schon Abend. Meine Mutter die immer erst so spät von der Arbeit kam würde Hunger haben und auch mein Magen machte sich bemerkbar. Also ging ich die leicht knarrende Treppe nach unten in unsere kleine aber modern eingerichtete Küche.

Da ich heute noch nicht viel gegessen hatte, entschied ich mich für Kartoffel Knödel. Dazu kochte ich noch grüne Bohnen. Meine Kochkenntnisse waren zwar gering aber dafür brauchte ja man keine sonderliche Begabung. Das Essen für meine Mutter deckte ich mit einem Teller ab damit es nicht kalt wurde. Da hörte ich etwas an der Tür, erschrak und ließ bei nahe meinen Teller fallen. Bevor das Risiko nochmal bestand brachte ich den Teller weg. Danach schaute ich aus dem Vorhangschlitz beim Fenster und sah Sophie. Ich lief schnell zur Haustür und fragte mich was sie so spät noch wollte. Sophie stand vor mir. Sie sah nicht gerade glücklich aus. „Maja. Mein Vater hat mir gesagt ich soll das Buch wiederholen" Hä? dachte ich. Sie hatte doch gesagt, dass sie es mir geben kann weil es eh nie jemand lesen würde. „Komm doch erst mal rein.", Ich ging mit ihr ins Wohnzimmer. Ihr flossen die Tränen und ich versuchte sie zu beruhigen „Was ist denn los Sophie? stimmt etwas nicht?“ „ Ich ….I..c..h weiß auch nicht ich bin nur so erschüttert das sich mein Vater so sehr aufgeregt hat, um so ein doofes, altes Buch. Das hätte ich nicht von ihm erwartet. Mein eigener Vater brüllte mich so dermaßen an. Das musst du dir mal vorstellen.“ Ich nahm sie in den Arm und gab ihr anschließend das Buch. Schade dachte ich. Ich bin nicht grad weit gekommen. Ich wusste nicht wo ich dieses Buch herbekommen sollte. Noch ein Geräusch an der Tür, diesmal stürmte meine Mutter herein und sah mich mit einen fragenden Gesichtsausdruck an. Sie wunderte sich was Sophie hier macht, sogleich ich ihr doch nichts gesagt hatte. „Ach riecht das gut. Hat du gekocht, Maja?“ fragte meine Mutter sie wollte Sophie nicht fragen warum sie hier ist. Ihr war das unangenehm, weil sie dachte, dass ich mich verabredet hätte und sie es vergessen hatte. Ich sag dazu nicht. Je mehr meine Mutter vergisst, des so mehr fühlt sie sich alt und ich muss mir gemeinsam mit meinen Vater ihre klagen anhören, obwohl ich sie mit 39 noch gar nicht so alt finde. „Ja, ein Teller für dich steht in der Küche." „Danke Schatz." Mit diesen Worten verschwand sie in der Küche. Ich drehte mich wieder Sophie zu. „Komm, lass uns nach oben gehen." sie nickte. Kaum waren wir in meinem Zimmer fing sie wieder an zu schluchzen. Sie setzte sich auf das Bett und ich holte schnell eine Packung Taschentücher vom Schreibtisch. „Danke", sagte sie mit tränen erstickter Stimme. Ich konnte sie gut verstehen. Ich hatte mich schon oft mit meinen Eltern zerstritten, doch bei Sophie war das alles ein wenig anders. Sie sah ihre Eltern schon jetzt so wenig, weil sie meistens auf Geschäftsreisen waren. Da wollte sie es sich auch nicht mit ihnen verscherzen. „Es ist doch nicht so schlimm", versuchte ich sie zu trösten. „Du hast das Buch doch." Sophie wischte sich mit ihrer Hand über die Augen. „Du hast Recht. Danke, dass du nicht böse bist." Ich nahm sie in den Arm. „Wieso sollte ich denn auch "Wir saßen noch eine Weile so da und sprachen darüber was wir schon alles erlebt hatten, bevor sie nach Hause ging und das Buch, unter ihren Arm geklemmt mit nahm. Ich schaute ihr noch nach bis ich sie nicht mehr sah und die einzige Chance meine Fragen, auf alle diese merkwürdigen laute, zu beantworten mit ihr in der Dunkelheit verschwand.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.10.2010

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