Cover

Prolog

Ihr eigener Atem und ihr Herzschlag kamen ihr so unglaublich laut vor, wie Donnerschläge in einer vollkommen stillen Nacht. Es war gar nicht so lange her, als sie das letzte Mal auf der alten Eichenbrücke gestanden hatte. Das Tal war viel schöner, als sie es in Erinnerung hatte. Vielleicht lag es auch daran, das damals der tosende Wind durch die pechschwarze Nacht donnerte. Unheil verkündende Blitze durchzuckten das Nichts des prachtvollen Firmaments. Weißbirken und Espen säumten die Hänge, ihre feinen Blätter zitterten mit dem Wind. Das Licht des Mondes ließ den Bach seinem zauberhaften Glanz, silbern aufleuchten. Das Lied des Wassers war besonders kraftvoll, durch den kräftigen tobenden Wind, welcher vorbei zog. 

 

Seine kurzen, blonden Haare funkelten einen verführerisch an, die meerblauen Augen, welche wie Edelsteine wirkten, strahlten einem entgegen. So verlockend und dennoch so gefährlich. 

 

Der Anblick, sein Anblick hatte ihr glatt die Sprache verschlagen. Eigentlich hatte sie gehofft, es würde niemals soweit kommen, aber man konnte leider nicht alles haben, was man sich wünschte. 

 

Das vertraute Geräusch der Straße in ihren Ohren, es dröhnte so laut das sie wieder aus den Gedanken gerissen wurde. Sie setzte langsam, aber bestimmt ihren Weg fort, ihre Schritte setzte sie bedacht in Richtung einer heruntergekommenen Absteige. Sie hatte versucht einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, was ihr jedoch anscheinend nicht gegönnt war. Doch was das Schicksal für die junge 16-Jährige noch parat hielt, war ein Rätsel. 

 

Anders als erwartet, stand sie weder auf der Seite des Himmels, noch auf der Seite der Hölle. Nur ein Herzschlag trennte ihre Erlösung von ihrer Verdammnis. Ihr Schicksal war an einem seidenen Faden gebunden, doch keiner von ihnen ahnte, dass sie auch miteinander verbunden waren.

Misfortune never comes alone

„Das ist Ilaria Arteus. Ich hoffe, ihr nehmt sie gut in eure Klassengemeinschaft auf!“ Alle Augenpaare richteten sich auf das blonde Mädchen, welches neben unserem Lehrer stand. In ihrem weißen Kleid und mit ihren Locken wirkte sie wie ein Engel. Klar, dass alle Jungs in der Klasse sofort Gefallen an ihr fanden. Moment mal. Alle Jungs? Nicht ganz. Einer blieb von ihrer Schönheit gänzlich unbeeindruckt, während der andere sie misstrauisch musterte.

„Neben Dave ist noch ein freier Platz“, erklärte der Lehrer, Mr. Brown, an Ilaria gewandt und wies dabei auf einen Jungen mit kurzen, blonden Haaren, der bei seiner Erwähnung leise seufzte und sich nicht über sein Glück zu freuen schien.  Oh ich sollte nicht vergessen zu erwähnen dass ich dieser Jemand bin. Darf ich vorstellen Dave Herondale, 17Jahre alt, Mädchenschwarm. Jeder andere würde mich dafür beneiden, neben dieser Schönheit sitzen zu dürfen und mit großer Sicherheit taten das meine Klassenkameraden gerade auch. Aber nicht mit mir! 

„Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit“, meinte Ilaria und schenkte mir dabei ein sanftes Lächeln, während sie leider auf dem Stuhl neben  meinem Platz nahm.

„Darüber freue ich mich auch, solange du keine Amazone bist. Du bist doch keine, oder?“  

Das klang seltsam und das bemerkte ich auch. Aber sie war blond!

„Sorry, aber mir wurde gesagt, dass ich mich von blonden Amazonen fernhalten soll, weil sie angeblich Unglück bringen sollen.“

Das sollte jetzt keine billige Anmache sein. Ich musste eben auf Nummer sicher gehen! 

 „Also, ich glaube, ich kann dich beruhigen. Ich bin keine Amazone und auch froh darüber. Sind die nicht ausgestorben? Man hat ihnen doch nachgesagt, sie hätten sich die rechte Brust weg geschnitten, um besser kämpfen zu können. Grauenhaft!“, erklärte Ilaria und sah mich dabei leicht neugierig an.

„Ausgestorben? Kann schon sein. Sorry, wenn ich dich für eine ausgestorbene Kriegerin gehalten habe“, meinte ich grinsend und sah Ilaria dabei an.

„Aber schneiden sie sich wirklich ihre rechte Brust weg? Das ist ja…abscheulich.“

Davon hatte meine Wenigkeit noch nie etwas gehört, also dass sich die Kämpferinnen ihre rechte Brust wegschneiden, um besser kämpfen zu können. Unglaublich. Ekelhaft!  

„Das stimmt. Oder meinst du mit Amazonen etwas anderes als die kriegerischen Frauen in Griechenland, die, wenn sie noch leben sollten, wie Zombies aussehen würden?“ 

„Nein. Ich meinte die kriegerischen Frauen in Griechenland. Oder sollte ich jetzt besser Amazonen-Zombies sagen?“

Ich musste über meinen eigenen Scherz kichern, aber ich konnte mir auch vorstellen, dass die Kriegerinnen mit ihrer abgeschnittenen rechten Brust wirklich wie Zombies aussahen. Ilaria kicherte ebenfalls, auch wenn der Witz nicht lustig war. Sie tippte sich dann leicht mit dem Bleistift gegen ihre Lippen, welche sich in ein Grinsen verwandeln.

„Also nur blonde Amazonen oder auch Brünetten sind gefährlich?“, fragte mich der blonde Engel mit einem breiten Grinsen.

„Alle Amazonen sollen gefährlich sein. Aber die blonden Amazonen sind die am gefährlichsten. Du hast blonde Haare! Und bevor du fragst: Alle blonden Frauen sind für mich Amazonen!“

Grauenhafte Vorstellung von blonden Frauen, Kriegerinnen, Kämpferinnen, Amazonen  umzingelt zu sein. 

„Also, ich finde man sollte Leute nicht nach der Haarfarbe oder Hautfarbe beurteilen und sie in eine Schublade stecken… Also, das ist nicht nett.“

Ilaria schien dieses Schubladendenken nicht wirklich zu mögen, aber vielleicht würde sie mich irgendwann noch umstimmen können. Moment mal was dachte ich da gerade? Nein! Das würde nie passieren!  

„Oh…habe ich dich etwa mit meiner Denkweise verletzt?“, versuchte ich mich mit einem lässigen Spruch abzulenken. 

„Ja, hast du! Es ist nicht nett.“

Beim Erzengel, musste sie mich mit diesen großen funkelnden blauen Augen ansehen? Bevor ich jedoch etwas darauf erwidern konnte, wurde ich von Mr. Brown ermahnt, woraufhin ich mich demonstrativ in mein Buch vertiefte und so tat, als würde ich lesen und nebenbei Mr. Brown zuhören. Insgeheim wünschte ich mir, dass ich nie mit diesem Thema angefangen hätte oder das Ilaria woanders saß.

Als Mr. Brown Projektarbeiten zum aktuellen Thema Hexenverbrennung ankündigte, die Referate und Präsentationen beinhalten, hob ich erst wieder den Kopf. Prima. Das wird lustig werden! Doch dann verkündete Mr. Brown, dass er diesmal die Teams für die Projektarbeit bilden würde und ausgerechnet Ilaria und meine Person ein Team bildeten. Das haben sie bestimmt extra gemacht, Mr. Brown!

„Sieht so aus, als würde es der Wahrheit entsprechen, dass blonde Amazonen oder blonde Frauen allgemein Unglück bringen sollen“, platzte mir leider an Ilaria gewandt heraus, die mich daraufhin leicht schmollend und mit großen Augen ansah.

„Also, so schlimm bin ich doch gar nicht…“, murmelte sie leise vor sich hin und senkte leicht den Kopf.

Super gemacht Dave. Gleich heult sie. 

„Ich habe nicht gesagt, dass du schlimm bist.“, schoss ich sogleich hinterher. 

Ilaria beschloss, schnell das Thema zu wechseln, bevor es wohl noch eskalierte. „Wir haben ja nun einige Tage Zeit für das Projekt. Wie wollen wir es angehen? Ich würde gerne ein Model bauen von der Hexenverbrennung…es würde bestimmt interessant sein.“

„Ein Modell?“ , fragend hob ich eine Augenbraue. „Wie stellst du dir dieses Modell vor?“ Ich konnte mir leider überhaupt nichts darunter vorstellen.

„Naja, auf so einem Holzplättchen, ein Modell eben,  mit kleinen Figuren und so…“  Sie spielte leicht nervös mit den Haaren herum.

„Also, wenn du möchtest, könnten wir nach der Schule zu mir oder zu dir und an dem Thema arbeiten…“, fragte Ilaria leicht verlegen, worauf hin ich wieder grinsen musste.

„Lieber zu dir. Mein Vater hat leider eine Allergie gegen blonde Frauen entwickelt. Frag mich nicht, warum.“  

Mein Vater arbeitete zwar bis zum späten Nachmittag, aber ich konnte Ilaria trotzdem nicht mit nach Hause nehmen. Mum würde es bestimmt Dad erzählen, dass ich ein blondes Mädchen mit nach Hause gebracht hatte und dann konnte ich mir schon vorstellen, was mein Vater dazu sagen würde.

„Eine Allergie gegen blonde Frauen? So was geht? Und du hast diese Allergie geerbt?“ 

Ich konnte die Verwunderung in Ilaria Gesicht sehen. So etwas gab es doch gar nicht, fragte sie sich ganz bestimmt. Aber jeder zweifelte am Anfang. Selbst meine Freunde. 

 „Also wirklich, Mr. Brown. Wollen sie die neue Schülerin schon loswerden, dass sie die Ärmste mit Dave zusammen in ein Team stecken? Sie wird ihm schreiend davon laufen.“, kommentierte ein Mädchen mit dunkelblonden Haaren und mit einem leicht rötlichen Schimmer, die ihr bis zur Brust gingen, die Teambildung. Man konnte sehr gut erkennen, wie sehr dieses Mädchen mich doch mochte. Daher warf ich dem Mädchen mit der rötlichen Mähne einen wütenden Blick zu.

„Siehst du Ilaria schreiend weglaufen? Also ich nicht. Sie sitzt nach wie vor immer noch neben mir!“

„Ich glaube, das Mädchen mag dich nicht…“, flüsterte Ilaria mir leise zu. Irgendwie schien ihr das Mädchen doch etwas Angst zu machen. Kein Wunder bei so einer Persönlichkeit.  Ich sah zu ihr.

„Ich mag sie auch nicht. Leider ist sie die Schwester meines besten Freundes… Ignorier sie einfach“, flüsterte ich ebenso leise das nur sie es hören konnte.

„Oh sie wird es noch…das Püppchen wirst du doch auch mit deinen sexuellen Anweisungen belästigen und vertreiben.“, kam es aus dem Mund von Lotte, oder Lotti Karotti wie ich sie gerne nannte. Sie war die Zwillingsschwester meines besten Freundes und eine Zicke! Madame Oberschlau hatte immer die Klappe offen. Gab ihren Senf dazu wo es nur ging und war leider ein Teil unseres Teams. Zu meinem Bedauern. Normalerweise würde ich nicht darauf eingehen, aber das war eindeutig zu viel des Guten.

„Hey Lotte. Was haben deine Füße mit Fischen gemeinsam? Sie stinken. Kein Wunder, das alle Kerle vor dir wegrennen. Und Nathan Coyer wird es ebenfalls tun. Du solltest dir also lieber mal deine Füße waschen.“

Ich lachte laut, woraufhin Mr. Brown mich erneut ermahnte, was ich aber gekonnt  ignorierte. Lotte sah nun wirklich sauer aus. Aber ich war bereit, komme was wolle, ich würde ihr heute nicht die Blöße geben.

„Mon Dieu! Du Schuppenkopf! Soll ich dir was empfehlen? Wie wärst, wenn du Head & Shoulders verwendest, dann sind die weißen Teile ganz schnell weg. Oder hast du vielleicht Läuse? Du siehst eh wie eine Laus aus. Doch leider, wie oft man auch mit diesen Antiläusesprays auf dich sprüht…es funktioniert nicht. Wie schade.“

Ja, das war der Beweis dafür dass ich sie gerade mächtig aus der Fassung gebracht hatte, zu meinem Glück konnte sie doch nichts von Linnéa – meiner großen Liebe - sagen. Das wäre nicht sie. Außerdem würde sie damit unser Geheimnis - auch wenn indirekt - Preis geben. Ilaria sah wohl schon, wo das noch mit uns beiden hinführen würde, wenn  wir uns nicht benahmen. Doch mir konnte es egal sein. 

„Ach komm schon, Lotte. Head & Shoulders? Wer verwendet denn dieses doofe Shampoo? Du etwa? Kein Wunder, das deine Haare immer fettig aussehen.“  

Oh Lotte war still. Die Stille vor dem Sturm war eingebrochen.  

„Alter, flirtest du wieder?“, mischte sich jetzt ein Junge mit kurzen, schwarzen Haaren ein und sah dabei mit einem spitzbübischen Grinsen zu mir. „Also wirklich…mach es doch nicht so kompliziert.“ Tadelte er mich tatsächlich. 

„Ich flirte doch gar nicht. Und was soll das bitte heißen, von wegen, ich mache es kompliziert?“, verteidigte ich mich, während sich der dunkelhaarige Junge Ilaria zuwandte. Was mir übrigens aus einem unerklärlichen Grund missfiel.

„Ich bin übrigens Neil… Lotte hast du ja kennen gelernt. Unsere Rebellin oder Drama-Queen, wie ich sie gerne nenne. Dave ist unser Casanova, also pass bei ihm besonders gut auf.“

„Gar nicht wahr, Neil. Nathan ist viel schlimmer als ich“, verteidigte ich mich wieder und sah zu Ilaria. Hoffentlich schenkte sie ihm keinen Glauben. Moment mal wieso interessierte es mich ob sie solch einem Gerücht Glauben schenken würde oder nicht? Ich hatte wohl zu viele Lotte-Abgase eingeatmet.

 „Du solltest dich vor Nathan Coyer wirklich in Acht nehmen. Nicht, das du sein nächstes Spielzeug wirst.“

Ich musste sie vor diesem Ekel einfach warnen. 

 

 

 

Misfortune never comes alone (2)

* Aus Ilaria's Sicht:

 „Nathan Coyer? Gut. Aber sie…“, dabei zeigte ich auf Lotte, welche meinte mich finster ansehen zu müssen, „Sie steht auf diesen gefährlichen Typen? Aber keine Sorge. Ich bin kein Spielzeug und ich lasse mich auch zu keinem machen.“ 

Ich und ein Spielzeug? Nie im Leben. Als würde er es wagen. Doch ich würde mir auch nichts gefallen lassen, wenn ich es nicht wollte! Aber das würden sie noch früh genug herausfinden.

Neil deutete auf einen Jungen mit kurzen, braunen Haaren. Anders als bei Neil, wurden seine Ohren nicht von seinen Haaren verdeckt. „Das ist Jay, der Zwillingsbruder von Lotte, auch wenn man es nicht glauben mag.“  Woraufhin lächelte ich auch Jay zu, welcher mein kleines Lächeln erwiderte.

„Freut mich, dich kennenzulernen, Ilaria. Und nimm den Streit zwischen Dave und Lotte nicht ernst. Im Grunde sind die beiden richtig gute Freunde, aber sie zeigen es nur nicht. Aber ich sollte dich lieber schon mal vorwarnen, dass Lotte sich besser mit Jungs als mit Mädchen versteht. Also werdet ihr beiden wohl nicht die besten Freundinnen werden…“

Er sah mich entschuldigend an. Der Vernünftige also.

 „Freut mich auch. Kein Problem. Ich kenn das, wenn sich zwei streiten. Aber was sich liebt, das neckt sich auch.“

Wie sollte es auch anders sein, sonst wäre es ja langweilig.

„Du musst dich nicht wegen deiner Schwester entschuldigen. Keine Sorge, ich erwarte das nicht… Ich hoffe trotzdem, dass wir nicht auf Kriegsfuß stehen werden… Aber ich glaube, so lange ich mich von diesem Nathan fern halte, wird es schon gehen…“

Ich konnte mir schon vorstellen, wie Lotte mich sonst anfallen würde. Wo wir schon von Lotte sprachen, sie erhob sich von ihrem Platz und setzte sich auf Jays Tisch, direkt vor meinen Augen. „Richtig Puppe…Finger weg von meinem Kerl oder meinem Bruder! Nimm lieber die Hohlbirne.“, dabei wanderte ihr arroganter Blick in die Richtung unseres Sunny-Boys.  Damit meinte sie Dave, wen denn sonst? Oder? Also Hassliebe sah nicht anders aus. Von wegen alle blonden Frauen waren Amazonen. Aber gut ich würde es diesen Witzfiguren noch zeigen. Ich hieß ja nicht umsonst Ilaria Arteus. 

„Hey Ilaria, was hältst du davon, wenn du heute Mittag mit uns am Tisch sitzt? Dann können wir dir den Rest unserer kleinen Familie auch noch vorstellen“, schlug Neil vor um wahrscheinlich die angespannte Stimmung zwischen Lotte und mir etwas zu entspannen.

„Öhm...also wenn alle nichts dagegen haben würde ich gerne mit euch essen.“, dabei  sah ich geradewegs zu Dave, schließlich hatte er ja die Blondinen-Allergie. Die Entscheidung lag also bei ihm.

„Ich habe nichts dagegen, wenn du mit uns isst. Im Gegenteil. Vielleicht ist es auch ganz gut, denn dann bist du nicht so ganz alleine. Und wie es Neil schon sagte…du lernst dann auch den Rest unserer kleinen Familie kennen“, meinte Dave und damit war die Entscheidung gefallen. Im selben Moment ertönte die Pausenglocke.  Das Schicksal meinte es gut mit mir!

Misfortune never comes alone (3)

* Dave's Sicht:

„Boah, mein Magen knurrt schon. Lasst uns gehen. Linnéa und der Rest werden schon warten und ich will noch etwas Anständiges zum Essen bekommen“, meinte Neil. Er wollte die Pizza nicht verpassen, denn es gab immer nur eine begrenzte Anzahl.

„Meine Rede, Alter“, stimmte ich ihm zu und sah dabei zu dem blonden Engel. 

„Okay…los los. Bewegt euch. Auch du Lotte! Wir wollen ja nicht wegen Madame verhungern. Oder wir gehen vor und du kommst nach?“

Lotte brummte nur herum und sprang wieder vom Tisch.

„Ja, geht schon einmal vor. Ich komme dann gleich… Ich geh mich nur frisch machen…“

Sie verließ das Klassenzimmer und ging in Richtung Mädchentoilette. Sollte mir recht sein. Muss ich sie nicht ertragen. 

„Vergiss nicht, deine stinkenden Füße zu waschen, Lotte!“, rief ich ihr grinsend nach und ging dann mit Jay, Neil und Ilaria Richtung Mensa. Dort hielten bereits unsere anderen Freunde einen Tisch frei.

„Hey Leute. Darf ich euch unsere neue Mitschülerin Ilaria Arteus vorstellen?“

Dabei zeigte ich auf die blonde Dame, während sich ein Mädchen mit langen, dunkelbraunen Haaren, die ihr, wie bei Lotte, bis zur Brust reichten, von ihrem Platz erhob und Ilaria ihre Hand reichte. „Hallo. Ich bin Linnéa, Neils Schwester“, stellte sie sich vor. Das Mädchen neben Linnéa erhob sich nun ebenfalls. Sie hatte, wie Ilaria, langes, lockiges Haar, allerdings waren ihre Haare dunkelbraun und nicht blond. Außerdem reichten ihr ihre Haare nur bis zur Schulter. Sie reichte Ilaria ebenfalls die Hand. „Und ich bin Yara.“

Yara deutete auf einen Jungen mit kurzen, schwarzen Haaren und kurzem Pony.

„Das ist mein Bruder Lian.“

Neben Yara saß ein Junge mit kurzen, blonden Haaren, dessen Frisur an die von Neil erinnerte. Er musterte Ilaria nur stumm. 

„Das ist Colin, der Bruder von mir und Lotte“, stellte Jay ihn vor, als Colin keine Anstalten machte, sich vorzustellen.

„Freut mich euch alle kennen zu lernen“, meinte Ilaria lächelnd und schüttelte kurz Linnéas und Yaras Hand.

„Ey Kumpel. Kommst du mit, tragen helfen?“, fragte Neil sich an mich gewandt, woraufhin ich nur nickte. Etwas war seltsam an diesem Bild.

„Klar, mach ich. Dann lass uns mal gucken, ob noch Pizza für uns alle da ist.“

Nicht, das er sich nachher noch mit jemand eine Pizza teilen musste. Obwohl…ich würde das gerne mit Linnéa oder ausnahmsweise auch mit Ilaria machen, aber nicht mit Lotte.  Sie war ein Fresssack. Neil und meine Wenigkeit gingen los, während sich Jay und Ilaria zu den anderen setzten. Wobei Neil vor ging und ich ihm stumm folgte.  

 

* Jay's Sicht:

Lian sah grinsend zu mir.

„Ist deine Schwester auch krank? Selina ist heute nicht zur Schule gekommen. Was für eine Erleichterung… Was ist mit Lotte? Oder ist sie bei Nathan...der Typ ist heute echt komisch drauf...“ Ich schüttelte den Kopf.

„Nein. Sie wollte sich noch etwas frisch machen und wird bestimmt gleich zu uns stoßen. Sie ist in der Schule, aber gewiss nicht bei Nathan.“

Lian sah leicht enttäuscht aus, als ich meinte, Lotte würde nachkommen. Kein Wunder. Sie war manchmal wirklich unerträglich, dennoch liebte ich sie. Wie es sich für Geschwister gehörte, versteht sich! 

„Das bedeutet weniger Pizza für uns… Außer sie braucht extra lange und die Pizza ist weg…“

Plötzlich überkam mich ein seltsames Gefühl. Was war, wenn die Sache mit der Toilette eine Ausrede von Lotte war? Lian konnte ja Recht haben. Vielleicht ging Lotte gar nicht zur Toilette, sondern zu Nathan. Wenn ich herausbekommen sollte, dass sie gelogen hatte, dann konnte sich meine Schwester warm anziehen. Sie wusste ganz genau, was ich von Nathan hielt. Er war wirklich kein Typ mit dem sie verkehren sollte. Lotte sollte sich wirklich jemand anständigen suchen und keinen der jeden Tag mit einer anderen antanzte.

„Selina ist nicht da? Kein Wunder, das Nathan echt komisch drauf ist. Er langweilt sich bestimmt ohne sein Spielzeug.“

Selina war eindeutig Nathans längste Beziehung, auch wenn ich bezweifelte das er echte Gefühle für die kranke Blondine hatte.  

„Bestimmt!“, stimmte Lian mir zu. „Aber hey, vielleicht sucht er sich auch in der Zwischenzeit was Neues… Ich habe gehört, die letzte ist in eine Psychiatrie wegen ihm.“

Keine gute Voraussetzung für eine Beziehung mit Nathan Coyer.

„Ich glaube auch, das sich Nathan in der Zwischenzeit was Neues suchen wird… Glaubst du, Selina ist ebenfalls in der Psychiatrie gelandet? Sie scheint krank zu sein und vermutlich ist Nathan daran schuld.“ Da war ich mir sogar ganz sicher.

„Hahaha…ja, ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Selina in der Psychiatrie in diesen Westen sitzt“, meinte Lian und grinste nun sehr vergnügt vor sich hin. Auch ich musste bei dieser Vorstellung grinsen.

„Yara, lass dich niemals mit Dave oder Nathan erwischen“, meinte Lian dann an seiner Schwester gewandt. „Oder geh niemals mit einen von beiden aus! Halte dich lieber an mich oder Jay. Neil geht auch noch…“

„Wenn ich eine Wahl zwischen den beiden hätte, würde ich Dave nehmen“, meinte Yara und sah dann zu ihrer besten Freundin. „Und du, Linnéa?“

„Wenn ich wählen müsste, würde ich ebenfalls Dave wählen. Nathan…“, Linnéa schüttelte den Kopf, als sie an Nathan dachte. „Er war schon mit fast allen Mädchen aus meiner Klasse zusammen. Ich habe gehört, er soll eine Liste haben, auf die alle Mädchen stehen, denen er unbedingt das Herz brechen will. Dieser Typ ist echt abartig.“

Yara stimmte ihr mit einem Nicken zu. „Nathan Coyer gehört in die Psychiatrie und nicht das arme Mädchen, das wegen ihm in der Psychiatrie gelandet ist.“

„Er hat eine Liste von Mädchen, denen er das Herz brechen möchte?“, fragte nun Ilaria nach. „Sollte es nicht so sein, dass es eine Liste mit allen Mädchen gibt, mit denen er zusammen war und sie bewertet oder so? Habt ihr denn keine Schulpsychologin? Schickt ihn doch da hin, vielleicht findet sie ja etwas bei ihm…“

„So eine Liste könnte ich mir bei Nathan auch ganz gut vorstellen“, meinte Linnéa darauf.

„Er macht sich bestimmt Notizen über alle Mädchen, die mit ihm zusammen waren oder die ihm ihre Liebe gestanden haben. Und bewerten tut er sie bestimmt auch. Entweder nach Schulnoten oder einer Skala von 1 bis 10.“ Ich war der gleichen Meinung wie Linnéa. „Schulpsychologin? Doch…die haben wir. Jede Schule sollte schließlich eine haben.“  Aber unsere war leider nie zu sprechen, oder man sah sie mit einer Zigarette im Krankenbett. Die Frau war sorglos und eine Zumutung.

Yara musste, wie Linnéa, bei Ilarias Vorschlag, Nathan zur Schulpsychologin zu schicken, grinsen. „Sein Gesicht würde ich gerne sehen, wenn er das erfährt. Aber ohne handfeste Beweise können wir das nicht tun. Da bräuchten wir schon seine Liste oder seine Notizen, um die Schulpsychologin davon zu überzeugen, dass Nathan Coyer ein Fall für die Psychiatrie ist.“ 

 

* Neil’s Sicht:

 

 „Bestimmt wird noch Pizza für alle da sein!“

Ich  hoffte es jedenfalls, sonst würde ich vor Hunger sterben.

„Also Casanova. Wie gefällt dir die Neue? Recht süß oder? Und sie ist weder zickig noch eingebildet…“

„Süß...ja, das trifft zu. Sie hat das Aussehen eines Engels und es ist gut, dass sie weder zickig noch eingebildet ist…“, meinte Dave nachdenklich, woraufhin ich ihn angrinste.

„Stimmt. Sie sieht wirklich aus wie ein Engel… Und für mich scheint es auch so, als wäre sie auch der reinste Engel, den ich getroffen habe.“

„Ist da etwa jemand in unseren Engel verliebt?“, fragte Dave grinsend, als wir bei der Essenausgabe ankamen. Dave wollte gerade die Pizzen bestellen, als wir ein lautes Grollen hörte und uns verwirrt  umsah. Was war das? Das Grollen hatte sogar den normalen Lärm übertönt, also konnte es nicht normal sein.

„Ich hoffe doch, das war dein Magen und nicht Lotte, obwohl ich sie noch nicht sehe…“, meinte Dave, der ebenfalls das laute Grollen gehört hatte

.„Das war weder mein Magen, noch Lotte. Vielleicht war es einfach nur ein Geräusch aus der Küche. Du weiß ja, dass dort manchmal seltsame Geräusche zu hören sind. Lass uns einfach die Pizzen holen und dann zurück zu den anderen gehen.“

„Bestimmt nur die Küche…“, wiederholte er und nahm dann die Pizzen.

„Also ab zum hungrigen Volk…“ Ich grinste Dave an und ging mit ihm zurück zu den anderen.

„Pizzen sind da… Ohne Fleisch oder mit? Nehmt euch, was schmeckt!“ 

 

*Ilaria’s Sicht:

Sie hatten sich gerade alle eine Pizza genommen, als Lotte geradewegs auf mich zukam.

„DU!“, zischte Lotte leicht bissig und baute sich vor mir auf. Dann knallte sie mir ein kleines, schwarzes Buch vor die Nase und sah finster zu den anderen, bevor sie sich zu mir beugte, woraufhin ich etwas nach hinten wich. Sie war ja auch echt gruselig und ulkig. 

„Geht´s noch, Lotte? Sollen wir wegen dir taub werden?“, beschwerte sich Dave sofort.

„Mir doch egal ob ihr taub werdet!“, meinte Lotte, ohne von mir aufzusehen. Sie hatte mich mit ihren grünen Augen fixiert. 

„Wieso weiß Nathan deine Körbchengröße?“ Dann sah sie sauer zu Yara und Linnéa. „Und eure ebenfalls?“

Sie sprach gerade mal so laut, dass es alle am Tisch hören konnten, aber sonst keiner. Man wusste nun, wieso Lotte so lange auf der Toilette brauchte. Leider nicht lange genug. Sofort sprang Lian auf und sah sich sauer um. Die Pizza war vergessen. Nicht nur für ihn.

„Wo ist dieser Dreckssack?“ , wollte er wutentbrannt wissen.

Leicht verärgert sah ich doch ins Buch, blickte dann freundlich zu Lotte.

„Also ich kann nur sagen das er falsch liegt. Ich habe keine 75 B. Ich besitze 75 C!“

Da wurde mir erst bewusst, was ich gesagt hatte. Das hat jetzt keiner gehört…hoffentlich!

„Genau. Woher weiß er das? Ich meine, ihr seid euch doch noch gar nicht begegnet. Woher soll er es also wissen?“, wollte Dave jetzt von mir wissen, während Jay versuchte, Lian zu beruhigen.

„Lian, beruhige dich. Ich glaube nicht, dass es klug wäre, Nathan jetzt darauf anzusprechen. Sonst weiß er, das wir sein geheimes Buch haben…“

Ich wüsste auch gerne woher dieser mir Unbekannte so etwas Intimes wusste.  

Misfortune never comes alone (4)

* Dave’s Sicht:

Plötzlich ertönte ein lauter Knall und das Licht ging wie von Geisterhand aus. Dies beendete vorzeitig unsere Diskussion über Nathans geheimes Buch. Jay und ich sprangen beide fast gleichzeitig auf, als sie Umrisse von seltsamen Kreaturen in der nun herrschenden Dunkelheit erkennen konnten. Oh oh…das ist nicht gut. Gar nicht gut.

„Was zum Teufel ist los?“, fragte Lotte, die im ersten Moment zu verwirrt war, um sich zu beschweren. In der Mensa machte sich Unruhe über den plötzlichen Stromausfall breit.

„Dios Mio! Soy muy joven para morir (= Ich bin zu jung zum Sterben). Bitte sag mir dass das nur ein schlechter Traum ist...", murmelte Ilaria leise vor sich hin.

„Das ist leider kein schlechter Traum, Ilaria…“  

Ich sah zu Neil und Lian. „Schnell. Bringt euch mit Linnéa und Yara in Sicherheit, bevor es zu spät ist.“ Die ersten Schüler verließen bereits die Mensa. Ihre Handys dienten ihnen dabei als Taschenlampe. Sofort sprang Neil auf und sah zu mir. Er wusste ganz genau, dass es Gründe gab, wieso sie weg mussten und er nicht nachfragen sollte. Wir hatten keine Zeit für Erklärungen. „Linnéa, Lian, Yara kommt, wir gehen. Du auch, Colin. Komm lieber mit uns mit. Ilaria, du solltest uns auch lieber begleiten!“, meinte Neil, um mit allen lieber in Sicherheit zu gehen.

Doch plötzlich versperrte ihnen ein Dämon den Weg. Ilaria fing an, leise auf Spanisch zu beten und versteckte sich dabei hinter meinen starken Muskeln.  In diesem Moment griff der Dämon an und ich zog Ilaria schnell zur Seite, während Jay die anderen zur schnellen Flucht antrieb. Lian packte Linnéas und Yaras Hand und rannte mit den beiden weg, während Neil Colins Hand packte und ihnen folgte. Ilaria nahm zielsicher meine Hand und zog mich mit sich mit. Bestimmt eine Ehre für sie. Jeder durfte sich geschätzt schätzen meine Hand halten zu können.  

 „Wir müssen weg hier… Aus dem Blickwinkel dieses Dingsda! Vielleicht schaffen wir es ja uns zu verstecken…hoffentlich!“

Doch ihr Gebet wurde leider nicht erhört, denn der Dämon verfolgte uns beiden, als wir wegrannten. Schließlich zog ihr Retter - also ich - sie auf der Suche nach einem geeigneten Versteck hinter die Salatbar.

„Ich hoffe, er wird das Interesse an uns schnell verlieren…“

Leider wurde mir auch dieser Wunsch nicht erfüllt, denn der Dämon landete nun auf der Salatbar. Reflexartig zog ich Ilaria wieder mit mir. Hoffentlich in Sicherheit. 

 

*Jay’s Sicht:

 

Ich war sichtlich erleichtert, als Lian und Neil mit Linnéa, Yara und Colin wegrannten. Ich hoffte, dass sie sich irgendwo verstecken würden, wo sie in Sicherheit waren und das die Dämonen sie nicht entdeckten.

„Wir müssen ihn töten, bevor er großen Schaden anrichten kann. Auch wenn es bedeutet, dass wir unsere wahre Identität vor Ilaria lüften müssen. Aber wozu gibt es den Vergessenszauber?“, meinte ich zu meiner Schwester und sah zu Dave und Ilaria.

„Dave tut schon seine Arbeit und spielt freiwillig den Lockvogel, während Ilaria ihn unfreiwillig spielt. Nun sind wir beide an der Reihe, Lotte. Lass uns den Dämon vernichten, solange Dave und Ilaria ihn ablenken.“

Dann wurde wir jedoch Zeuge, wie der Dämon einen Stuhl nach Dave und Ilaria warf. Ich wollte Dave warnen, doch Dave ließ Ilaria bereits schnell los und stieß sie weg, damit der Stuhl sie nicht traf. Er schien die drohende Gefahr bereits bemerkt zu haben. Dave duckte sich, um den Stuhl auszuweichen, doch leider nicht zu schnell, denn ein Stuhlbein traf ihn am Kopf. Ich fluchte leise, als Dave auf die Knie ging und sich den Kopf hielt. Der Dämon würde nun ein leichtes Spiel mit ihm haben, doch dieser schien nicht an Dave interessiert zu sein, sondern an Ilaria, die nun ganz auf sich allein gestellt war, wenn wir jetzt nicht eingriffen. Lotte und ich hatten jetzt wohl keine andere Wahl, als unsere wahre Identität zu offenbaren, um Ilaria zu retten und den Dämon zu vernichten. Aber warum greift der Dämon gezielt Ilaria an und nutzt nicht die Chance, Dave zu töten? Da stimmt doch etwas nicht... 

Lieber sah ich zu meiner Schwester, man konnte regelrecht die Freude von Lottes Augen ablesen, als ich ihr sagte, sie dürfte mit dem Dämonen spielen und sie töten.

„Ich bin dir schon einen Schritt voraus, Brüderchen!“

Sie spannte ihren Indianerbogen, welcher mit Federn eines Adlers geschmückt ist, leicht an und versuchte den Pfeil direkt auf den Kopf des Dämonen zu richten, um auch genau diesen zu treffen. „Die Kleine wird wohl leider unter einem Schock stehen…leichte Aufgabe für uns!“  Sie war bereit, den Pfeil abzufeuern, wenn der Zeitpunkt passte. Doch der Dämon bewegte sich in Richtung Ilaria und sie mochte die Blondine leider nicht besonders gerne, um sie zu retten. Also ließ Lotte sie zappeln, zu meinem Bedauern. „Merkwürdig…“ Sie konnte das Verhalten des Dämons einfach nicht nachvollziehen.

*Dave’s Sicht:

Ich musste eingreifen, wenn meine besten Freunde nichts unternahmen. Plötzlich machte sich ein starker Windzug breit, der den Dämon wegschleuderte. Ilaria sprang schnell auf und rannte zu mir. 

„Oh mein Gott! Bist du verletzt?“ Sie sah mich mit großen Augen an.

„Es ist nur eine Platzwunde. Davon werde ich bestimmt nicht sterben“, meinte ich grinsend und versuchte es zu überspielen, das ich verletzt war. Eigentlich wusste ich nicht, warum ich Ilaria eigentlich weggestoßen und sie damit beschützt hatte, obwohl ich doch keine Blondinen mochte. Wahrscheinlich hatte ich es wohl nur aus Reflex getan. Bestimmt nur!

„Kannst du gehen…wir müssen hier weg!“

Ich nickte vorsichtig und sah Ilaria an.

„Klar kann ich das. Ich bin ja nicht aus Zucker.“

Zum Beweis stand ich auf und sah sich kurz um. Zum Glück hatte ich vom Schlag keine Gehirnerschütterung erlitten. 

„Lasst uns von hier verschwinden, solange dieses Dingsda abgelenkt ist…“

Ich verließ mich auf Jay und Lotte, dass sie den Dämon erledigen würden, nahm Ilarias Hand und zog sie mit mir zur Tür. Dabei hoffte ich, dass der Dämon uns nicht folgen würde. Nur dieses eine Mal. Bitte!  

 

* Lotte’s Sicht:

Jay staunte nicht schlecht, als er sah, wie der Dämon durch den Raum flog und schließlich auf einen Tisch krachte, der seinem Gewicht nicht standhielt und entzweibrach. Aber ich nicht. Als würde sich eine Lightwood über einen erbärmlichen Dämonenangriff wundern. Während er den Dämon im Auge behielt, beobachtete ich aus den Augenwinkeln, wie Dave mit Ilaria die Mensa verließ. Nun waren Jay und ich mit dem Dämon allein.

„Okay, Lotte. Jetzt sind wir dran.“

Inzwischen schleuderte der Dämon die beiden Tischhälften von sich und sah sich suchend um. Dann knurrte er wütend und bahnte sich zielsicher einen Weg zur Tür. Dabei schleuderte er alles weg, was ihm in Weg stand. Jay wusste, dass wir jetzt handeln mussten.  Wir mussten eingreifen. Der Dämon durfte unter keinen Umständen die Mensa verlassen! Ich sah wie Jay sich vor die Tür teleportierte, um diese zu versperren.

„Lotte, wo bleibt dein Pfeil?! Ich lenke ihn ab und du erledigst ihn!“, rief er, ohne den Dämon aus den Augen zu lassen. Er war wahnsinnig geworden. Dann konzentrierte er sich auf Stühle in seiner Nähe, welche sich plötzlich wie von Geisterhand in die Luft erhoben und auf dem Dämon zurasten. 

Misunderstandings

* Dave’s Sicht:

 Ilaria konnte sich wirklich sehr glücklich schätzen, dass meine Wenigkeit versuchte, sie zu beschützen. Sie zog ihren Beschützer in ein leeres Klassenzimmer und schloss die Tür ab. Dann sah sie sich beunruhigt um.

 „Hilf mir mal. Wir können einen der Tische davor schieben…“

Sie hoffte wirklich, dass sie damit die Dämonen etwas aufhalten könnten und schob dann einen Tisch vor die Tür.

„Dave…“, begann sie mit leiser Stimme zu sprechen, während ihre Blicke immer noch zu Boden gerichtet sind. „Ich muss dir etwas sagen…“

„Und was? Kommt jetzt, dass du dich in mich verliebt hast? Schließlich bin ich dein Held. Gib es ruhig zu“, meinte ich grinsend, aber mein Grinsen verschwand sofort, als ich ihren Blick bemerkte. Ilaria sah ihn mit großen, tränengefühlten Augen an.

 „Ich glaube diese Monster sind hinter mir her… Es tut mir Leid. Ich wollte nicht, das sie dich verletzen…“

Dabei fing sie an zu weinen und ich fühlte sich gerade doch etwas mit Ilaria überfordert. Ich atmete erst mal tief durch und sah sie dann an.

„Ilaria…hast du irgendetwas bei dir, was dieses Monster unbedingt haben wollte? Vielleicht ein Artefakt oder so? Anders kann ich mir nämlich sein Verhalten nicht erklären, warum er ausgerechnet hinter dir her ist…“

Ich dachte über das Verhalten des Dämons nach und suchte eine Erklärung für alles, aber fand leider nicht wirklich eine logische Erklärung.

„Das Monster scheint dich jedenfalls seiner Reaktion nach zu kennen… Und du…scheinst auch kein normaler Mensch zu sein…“,anders konnte ich mir die Reaktion des Dämons nicht erklären und warum er Jagd auf Ilaria machte. Ich ging zu Ilaria und legte ihr beide Hände auf ihre Schultern.

„So muss es sein…du bist kein normaler Mensch… Aber keine Sorge, Ilaria. Ich werde herausfinden, was du bist und warum das Monster hinter dir her war. Das verspreche ich dir.“ , und ein Herondale hält immer sein Versprechen.  

* Jay’s Sicht:

Selbst Lotte war verwundert darüber, dass der Dämon plötzlich weg geschleudert wurde, so dass sie darauf nicht mehr handeln konnte. Aber sie bekam noch mit, wie der Dämon knurrte und alles vernichtete, was sich ihm in den Weg stellte. Ihr Bruder - also ich -  war wohl lebensmüde, als ich mich vor die Tür teleportierte, um diese zu versperren.

„Jaja. Beschwer dich nicht, wenn dein Leben von mir abhängt, Brüderchen!“

Mit diesen Worten fing sie an, ihre Engelspfeile abzuschießen. Diese leuchteten bei jedem Schuss hell auf und wenn sie die Dämonen trafen, fingen sie an zu brennen. Als die Pfeile den Dämon trafen, schlug dieser wie wild um sich, aber er ging immer noch unaufhaltsam auf die Tür und damit auf mich zu. Lotte musste endlich besser Zielen. Sonst wäre es vorbei mit mir!

 

*Lotte’s Sicht:

 Nur über meine Leiche… Keiner außer mir durfte meinen Bruder anfassen! So teleportierte ich mich genau vor Jay und zielte diesmal mit dem Pfeil genau auf den Mund von diesem scheußlichen Dämonen. Als dieser den Mund öffnete, um zu knurren, schoss sie den Pfeil in seinen Mund. Der Pfeil entflammte sich im Mund und der Dämon explodierte. Reflexartig zog Jay  mich - seine Schwester -schnell weg, um nicht von Dämonenblut getroffen zu werden. Die Berührung mit Dämonenblut war schmerzhaft und brannte auf der Haut. Leider bekamen Jay und ich einige Spritzer Dämonenblut ab, aber das war mir gerade so was von egal. Daher unterdrückte ich lieber den leichten Schmerz auf meiner Haut als sich die tödliche Säure durch mein Gewand fraß und meine Haut berührte. Stattdessen sah ich leicht finster zu Jay, packte ihn am Kragen und zog ihn zu mir. 

„Was sollte das? Wolltest du dich umbringen? Mach das nie wieder, klar? Sonst hab ich niemanden, der mich zurückweist, wenn ich etwas falsch mache…“, herrschte ich ihn an. Er war echt unglaublich blöd. 

„Lotte…“,Jay wurde erst jetzt wohl bewusst, was er mit seiner Aktion angerichtet hatte und sah mich entschuldigend an. Zu spät Freundchen würde ich sagen!

„Es tut mir leid, Lotte. Ich verspreche dir, dass es nie wieder vorkommen wird. Ich wollte den Dämon nur ablenken, damit du ihn erledigen kannst, aber ich habe dabei nicht an dich gedacht. Es tut mir leid…“

Er nahm mich dabei kurz in die Arme und drückte sich an mich. 

„Jay…“, noch nie zuvor hatte er mich umarmt, worauf ich knallrot im Gesicht wurde, als ich bemerkte, wie nah wir uns doch waren. „Du Dummkopf mach das ja nie wieder, ja?“, murmelte ich leise vor mich hin. „Es gibt sicher ungefährlichere Wege und Mittel…“

Er durfte sein Leben nicht so einfach aufs Spiel setzen. Ich war natürlich besorgt um meinen geliebten Bruder. „Nun lass uns den Rest erledigen. Damit wir Barbies Gedächtnis löschen können.“ Ich hatte keine Lust das Mom oder Dad deshalb uns Hausarrest gaben weil wir unsere Identität einem Mundi offenbart hatten.

 

* Linnéa’s Sicht (3 Person):

 

Linnéa kam sich vor, als wäre sie in einem schlechten Film. Mit Menschen, die als Monster verkleidet waren und ihre Mitmenschen angriffen. Was passierte hier? Ein Amoklauf? Ein Terroranschlag? Ein Geiseldrama? Nein. Keines von den dreien. Aber warum sollte sonst jemand eine Schule angreifen? Sie, Yara, Neil und Lian waren nicht die Einzigen, die aus der Mensa flohen. Panik. Das war das Gefühl, das sie alle vereinte. Jeder versuchte das Schulgebäude zu verlassen und Linnéa hoffte, dass jemand bereits die Polizei alarmiert hatte. Plötzlich waren die anderen aus ihrer Sichtweite verschwunden. Sie blieb stehen und sah sich um, aber von Yara, Lian und Neil war nichts zu sehen. Verdammt. Sie hatte die anderen aus den Augen verloren. So ein Mist. Und jetzt? Es war niemand zu sehen, den sie fragen konnte. Mittlerweile war der Gang außer ihr völlig leer. Nicht ganz. Plötzlich tauchte aus einem Nebengang vor ihr ein Monster auf. Schnell sah sich Linnéa nach einem Versteck um. Wenn sie Glück hatte, waren die Türen in ihrer Nähe offen und sie konnte sich in den dahinterliegenden Räumen verstecken. Wenn sie Pech hatte…

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie das Monster langsam näher kam. Es hatte sie wohl entdeckt und ihr blieb keine andere Wahl, als langsam zurückzuweichen. Sie wollte lieber nicht herausfinden, wer von ihnen schneller war.

„Verschwinden Sie von hier…lassen Sie diese Schule in Ruhe!“, rief sie und wollte dabei mutig klingen, doch sie bemerkte, wie ihre Stimme leicht zitterte.  Plötzlich stolperte Linnéa über irgendetwas und fiel unsanft auf dem Boden, während das Monster unaufhaltsam näher kam. Eine auf dem Boden liegende Tasche entpuppte sich als gefährliche Stolperfalle. Irgendjemand musste sie wohl bei der Flucht verloren haben. Nun gut. Die Tasche konnte noch nützlich werden. Entschlossen packte Linnéa die Tasche und warf sie auf das Monster, in der Hoffnung, es würde dadurch abgelenkt werden. Doch ihr Plan ging leider nicht auf: Die Tasche verfehlte ihr Ziel…

Impressum

Texte: Liegen bei mir
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Believe In Me Before I´m Falling ist eine Partnerarbeit ;) Daher widme ich sie auch meiner lieben Partnerin. :3

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