Cover

1.


Mein Leben ist um ehrlich zu sein sehr langweilig…

Ok ich liebe es irgendwie so wie es ist. Meine Eltern ermöglichen und verwirklichen so gut wie alles, dass ich will. Sie kaufen mir zwar nicht mein langersehntes Haustier, da mein Bruder und mein Vater eine Tierhaarallergie haben, aber ansonsten versuchen sie so gut wie alles umzusetzen.

Den Ballettunterricht, den ich mit 5 Jahren anfing und dann schon wieder mit 8 Jahren aufhörte, weil ich meinte, dass die Lehrerin viel zu streng sei und das rosa mir nicht mehr stand. Den Reitunterricht, an dem ich mich zwei Mal, an zwei unterschiedlichen Reitschulen ausprobierte und jeweils schon nach ein paar Monaten aufgab. Turnen, dass ich mit 6 Jahren anfing und wieder mit 9 Jahren aufhörte und natürlich den Tennisunterricht, den ich mit 7 Jahren anfing und mit 13 Jahren wieder aufhörte sowie den Klavierunterricht, den ich mit 8 Jahren angefangen habe und immer noch habe, allerdings werde ich diesen nur noch dieses Jahr haben. Ich mag Klavierspielen eigentlich schon, aber ich habe nicht mehr so viel Lust ständig diese klassischen Lieder immer wieder zu spielen, zudem werde ich nächstes Jahr in die Q-Phase übergehen und alle Zeit der Welt brauchen um diesen ganzen Schulstoff in mein Hirn hin einzuprügeln.

Im Moment zahlen mir meine Eltern den teuren Privatklavierunterricht (eine halbe Stunde 13 Euro) und den teuren Kurs im Fitnessstudio (jährlich 360 Euro). Sie beschweren sich auch nicht, dass sie mich jede Woche zwei Mal von der Schule abholen müssen und Dienstag, Mittwoch und Donnerstag vom Training, wie ich den Kurs nenne, hin und her kutschieren müssen.

Sie sind in dieser Hinsicht sehr tolerant und lassen mir meinen Freiraum, sie erwarten zwar, dass ich in der Schule mein bestes gebe, aber schimpfen nicht, wenn einmal ein Test, eine Stegreifaufgabe, eine Abfrage oder Schulaufgabe daneben gehen, denn das kann ja jeden Mal passieren.

Ich verstehe mich mit meinen Eltern schon etwas zu gut.

Viele sagen ja, dass sie während ihrer Pubertät sich sehr mit ihren Eltern zanken über Weggehen usw. aber meine Eltern sehen das ganz locker, auch wenn mein Vater mir nicht erlaubt, allein Heimzugehen, wenn es dunkel ist und es bevorzugt mich mitten in der Nacht abzuholen oder mir ein Taxi zu bezahlen.

Ich gehe ehrlich gesagt auch nicht oft weg. Ich schätze viele würden mich als Langweilerin bezeichnen. Ich gehe brav in die Schule, erledige meine Hausaufgaben, selbst wenn ich diese nebenbei nur mache und manchmal diese nicht ganz vollständig sind, lese mir das, was wir lernen sollen, zu mindestens einmal durch und halte mein Zimmer in einen ziemlich ordentlichen Zustand. Mit Jungs habe ich leider noch nicht meine Erfahrungen gemacht.

Ich schätze das ist nicht normal… und ähnelt einem Loserleben….

Meine vier besten Freundinnen, die mir immer zur Seite stehen, allerdings es nicht lassen können mich manchmal wegen meiner etwas tollpatschigen und zurückhaltenden Art aufzuziehen, haben sich schon mit Jungs getroffen und waren mit zu mindestens einen einmal zusammen. Ich hingegen habe mit Jungs eher gar nichts zu tun.

In unserer Klasse sind nur zwei Jungs, was ein wenig deprimierend ist, und auch sonst habe ich auch gar keine richtige Idee, über was ich mich mit diesen überhaupt unterhalten könnte, wenn ich mit einem alleine wäre… Ich schätze ich muss noch viel lernen.

Wie ich feststelle, wird die Tatsache, dass ich fast keine Jungs in meinem Jahrgang geschweige denn über meinem Jahrgang kenne, zum Verhängnis. In der neunten Klasse schon im Februar, wenn nicht sogar schon im Dezember, fingen alle an sich jemanden für den Abschlussball zu suchen. Ich natürlich so schüchtern und unauffällig wie ich bin, kümmere mich noch nicht darum.

Warum auch? Damals war der Tanzkurs und Abschlussball weit entfernt…. Sehr weit entfernt.

Meine beste Freundin Sandra geht mit ihren besten Freund zum Abschlussball, meine andere beste Freundin geht mit dem Cousin meiner allerbesten Freundin, meine allerbeste Freundin geht mit dem Typen zum Abschlussball, der auf sie steht, sie will zwar nix von ihm, aber nutzt das mal aus und meine andere beste Freundin geht mit einem alten Freund, den sie vom Fußballspielen kennt, das sie mittlerweile aufgehört hat.

Ich habe immer noch niemanden und schon ist meine erste Tanzkursstunde auf dem Plan… Ich rede mir natürlich am Abend davor (Donnerstag) ein, dass ich dort noch jemanden finden werde und versuche das Gefühl der Übelkeit zu ignorieren. Mein Herz klopft viel zu schnell in meiner Brust und mein Herz schlägt schmerzhaft weiter.

Wieso habe ich noch niemanden? Ich drehe mich wieder auf mein anderes Kissen, das meinem viel zu warmen Gesicht etwas Kühle schenkt. Jemand hatte mich zwar gefragt gehabt, aber ich war zu stolz gewesen ihn zuzusagen, da er schon einem anderen Mädchen zugesagt hat und trotzdem nun weitergesucht hat. Das kann man doch nicht einfach machen oder? Ich fand sein Verhalten sehr unangemessen und habe deswegen abgelehnt… ich habe es eigentlich nicht bereut… bis jetzt, jetzt wünschte ich mir, ich hätte meinen unangebrachten Stolz runtergeschluckt und einfach ja gesagt, was wäre schon daran so schlimm gewesen? Ich meine das Mädchen, dem er versprochen hat mit ihr hinzugehen, kann ich nicht mal leiden.

Ich schätze ich bin einfach immer nur unglücklich über meine Situation…. Oder so… wie die Prinzessin in dieser Geschichte. Ich weiß zwar den Titel der Geschichte nicht mehr, aber die Geschichte noch. Dort war eine wunderschöne Prinzessin und viele Prinzen kamen zu ihr und baten um ihre Hand, doch die Prinzessin lehnte immer ab. Eines Tages kam ein Prinz mit (ich glaube) einer langen Nase. Er hatte eine Rose für sie dabei und hat ein riesiges Königreich. Doch die Prinzessin verspottete ihn nur. Dann kam einmal der Prinz, als Schweinehirte verkleidet wieder zur Prinzessin und lies ein wunderschönes Lied auf einem Gerät spielen. Die Prinzessin fragte den Schweinehirten, wie sie nur das Instrument, dass diese wundervollen Töne spielt bekommen könnte und der Schweinehirte (Prinz) meinte, dass sie ihn einen Kuss schenken solle. Anfangs weigerte sich die Prinzessin, aber schließlich willigte sie doch noch ein. Zu ihrem Unglück, sah dies ihr Vater und dieser enterbte sie sogleich. Der Schweinehirte (Prinz) meinte nur, dass ihn als reichen Prinzen nicht gewollt hat, aber einen Schweinehirten küsse sie. Ihr blieb nur noch das Instrument mit der wunderbaren Musik durch die sie alles verloren hat.

Ich weiß, dass scheint nicht viel mit meiner Situation zu tun zu haben, aber für mich ist diese Geschichte sehr passend… das bedeutet ich bekomme nicht einmal den Schweinehirten ab, also die Loser, der heutigen Zeit. Mit diesen Gedanken versinke ich in einen sehr verwirrenden Traum, der aus Kleidern, hohen Schuhen, ekeligen Pickelgesichtern mit dicken Brillen und lauter lachenden Gesichtern besteht. 

2.


Zum Glück werde ich aus diesen Traum durch die Worte meiner Mutter gerissen: „Guten Morgen. Du musst gleich aufstehen.“

Etwas müde taste ich mit meiner linken Hand nach dem Wecker, der auch sofort aufleuchtet und mir 6:40 anzeigt. Also kann ich noch weitere 5 Minuten schlafen. Ich lasse meine linke Hand wieder unter die warme und weiche Bettdecke gleiten und drehe mich auf die andere Seite. Gehe in Gedanken noch einmal durch, was der Tagesplan für heute ist und was ich heute Abend vielleicht machen könnte.

Nach den etwa 5 Minuten, aus denen dann doch 7 Minuten wurden, quäle ich mich aus den schönen, bequemen warmen Bett und erhebe mich in die viel zu kalte Luft. Meine nackten Füße spürten die Kälte des Korkbodens sofort und ich muss zugeben, Herbst ist zwar eine schöne Zeit, aber diese Kälte ist schrecklich, da ist mir dann der Sommer schon lieber.

Ich gehe ins Bad ziehe mich an, geh aufs Klo, lege den Schmuck an, Schminke mich und bürste mir die Haare, anschließend gehe ich in das Erdgeschoss, mein Zimmer und das Bad liegen im ersten Stock unseres Hauses, in die Küche, in der meine Mutter schon mein Pausenbrot zubereitet, während mein Vater am Esstisch sitzt mit einem Schälchen Naturjoghurt, einer Tasse Kaffee und seiner Lieblingszeitung „Die Welt“.

Hastig hole ich meine Tasse Milch vom Esstisch und trinke diese, während ich wieder in die Küche zurückkehre aus. Schnell stelle ich sie neben die Spüle und renne wieder ins Bad hoch. Dort putze ich meine Zähne und überprüfe wie ich aussehe. Nach ein bisschen erneuten Mascara, etwas Abdeckstift für meine grässlichen Augenringe und einer erneuten Haarkämmaktion, gehe ich in mein Zimmer, in der schon meine gepackte Schultasche neben der Tür steht.

Diese streife ich mir lässig über die Schulter und gehe runter in den Flur, um mir meine braunen Lederschuhe und den dunkelgrünen Mantel anzuziehen. Meine Mutter kommt kurz darauf gleich mit meiner Brotzeit und einer Flasche Wasser sowie Orangensaft, die sie mir in die Schultasche packt. Sie hält mir die Schultasche hin und gibt mir einen Kuss auf die Wange: „Schönen Tag noch. Ich hole dich dann um 15 Uhr bei der Schule ab. Bis später.“

Ich nicke: „Bis später.“

Nun gehe ich aus der Tür heraus und spüre schon die kalte Morgenluft auf meinem Gesicht und an meinen Händen. Sie scheint sich richtig einzubrennen und ich bin richtig froh, als ich das Auto der Mutter meiner allerbesten Freundin erblicke, die mir entgegenfahren und mich wie jeden Morgen mit zur Schule nehmen. Ich steige in den Wagen und merke schon wie meine Wangen, Nase und Hände wieder warm werden.

Ich begrüße Lisa und ihre Mutter mit einem „Guten Morgen.“ Das herzlichst erwidert wird.

Am Morgen habe ich noch nicht wirklich Lust ein Gespräch zu führen, deswegen schweige ich einfach die restliche Fahrt bis zur Schule, besser gesagt ich lasse mich von meiner besten Freundin über ihr Lieblingsthema zu labern, nämlich Konstantin. Sie flüstert natürlich nur, damit ihre Mutter es nicht mitbekommt, aber ich kann es trotzdem nur schwer ausblenden, da sie sicher am Ende meine Meinung dazu hören will.

Konstantin ist der Junge mit dem sie zum Abschlussball geht und der auf sie steht. Lisa hat ihn anfangs nicht einmal leiden können (zu mindestens tat sie so) und ich hatte nichts dagegen, wenn sie mir von ihm erzählte, allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass sie ihn mag und zwar so richtig. Ich weiß zwar nicht wie es ist verliebt zu sein, aber sie ist es bestimmt. Seit langem gibt es so gut wie kein anderes Thema mehr und meine anderen Freundinnen sind auch nur damit beschäftigt sich Sorgen zu machen, welches Kleid sie jetzt anziehen werden (obwohl sie das eigentlich schon ganz genau wissen, weil sie es in den Sommerferien schon besorgt haben), was für eine Frisur sie nur tragen sollen und wann sie ihre Schuhe nur kaufen sollen.

Meine allerbeste Freundin hört mir zwar bei meinen Sorgen zu, als ich ihr erkläre, dass ich nicht weiß, was ich machen soll, da ich ja noch niemanden hab und alles, aber das scheint für sie nebensächlich. Denn sie meinte nur: „Wir werden nächste Woche für dich ein Kleid suchen.“

Als ich daraufhin meinte, dass ich ja vielleicht gar nicht hingehen kann, sagte sie: „Du wirst auf jeden Fall jemanden finden. Das wird schon.“

Damit war für sie das Thema auch schon wieder erledigt. Für mich hingegen noch lange nicht, klar hat mich das vorerst beruhigt, aber das ist jetzt 3 Wochen her. Jetzt habe ich ein Abschlussballkleid, eine ungefähre Vorstellung, was meine Frisur, das Make-up und die Schuhe betrifft, aber keinen Tanzpartner!

Das ist mal wieder wunderbar.

Ich versinke hier wieder einmal in Selbstmitleid, das passiert in letzter Zeit etwas häufiger. In der Schule kann ich mich nicht annähernd auf den Unterricht konzentrieren und als einer unserer Lehrer einen Test für nächste Woche ansetzt, bekomme ich eine neue Selbstmitleidphase…

Bevor ich noch ganz in meinem Selbstmitleid versinken konnte, holt mich Lisa aus meinen Gedanken: „Warum fragst du nicht einfach jemanden, den du durch deine Eltern kennst? Die kennen doch bestimmt ein paar Jungs aus der Elften, oder?“

Ja sie kennen dort welche, aber dann würde ich mir etwas seltsam vorkommen und ich würde den Jungen gerne wenigstens einigermaßen leiden können. Schließlich würde ich die nächsten Wochen jeden Freitag mit ihm für eine Weile tanzen und den Abschlussball mit ihm haben, das will ich sicher nicht mit irgendeinem Ekelpacket neben mir erleben.

Ich habe mich eigentlich auf den Abschlussball gefreut, auch wenn ich das niemals öffentlich zugeben würde, schließlich fand ich, dass viele einen viel zu großen Wirbel darum machten, aber ich erwischte mich selbst immer wieder dabei wie ich mich in meinen etwas glänzenden dunkelblauen Kleid, den schwarzen Pumps, einer schönen Hochsteckfrisur und toll geschminkt vorstelle.

Tja ich schätze das geht fast jeden Mädchen so, egal ob sie es zugeben oder nicht, jedes Mädchen findet einen Makel an sich und möchte gern wunderschön sein, ob sie sich jetzt schminken oder behaupten, dass sie das nicht nötig hätten. Jedes Mädchen achtet zu mindestens ein wenig auf ihr Aussehen.

Aber nun zurück zu Lisa ihrer Frage, eigentlich hat sie ja trotzdem recht, mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als meine Eltern um Hilfe zu bitten, dabei wollte ich genau das verhindern. Ich wollte mich mir selbst beweisen und mir zeigen, dass ich auch ganz gut ohne die Hilfe meiner Eltern auskam. Sie konnten mir ja nicht immer helfen und ich bin mittlerweile in einem Alter, wo man doch meinen sollte, ich würde es selbst hinbekommen.

Ich: „Ich werde darüber nachdenken.“

Lisa nickt mir aufmunternd zu und wir gehen schon in Richtung Turnhalle, da nun der Tanzkurs beginnt. Der Tanzlehrer, ein Mann mit schwarzen Haaren und schönen grünen Augen, der wahrscheinlich in seinen Dreißigern ist und meiner Meinung nach sehr schwul aussieht.

Warum? Naja die gezupften Augenbrauen, die geschminkten Augen, das leichte Make-up und der eindeutige wackelnde Gang sprachen für sich wie ich fand. Er musterte uns alle einmal und begann dann zu sprechen: „Ich weiß, dass wird euch nun allen etwas unangenehm sein, aber es sind 20 Mädchen zu viel, also 20 Mädchen ohne Partner, vielleicht kennt ihr ja Jungs aus der Realschule oder eine Jahrgangstufe über euch?“

Er sieht einmal in die Runde: „Ok. Also ich bin Herr Ravatzgi. Für heute werden wir nur einmal die Grundschritte durchgehen. Ich werde es den Jungen vormachen und Angelina wird es für die Mädchen vormachen, also Jungs reiht euch bitte hinter mir schön in einer Reihe auf und ihr Mädchen macht das gleiche bitte auf der anderen Seite hinter Angelina.“

Super fängt doch schon einmal super an… ich schätze jetzt muss ich wirklich meine Eltern wenigstens um Rat fragen. Etwas traurig mache ich mich daran die Schritte von Angelina nachzuahmen und darüber nachzudenken, wen ich denn wenigstens ein wenig in der elften Klasse kenne.

Schon kommt mir das Bild eines ganz bestimmten Jungens in den Kopf. Dieser Junge ist der Sohn von Mums bester Freundin und er ist wirklich nett. Er ist zwar sehr groß und sehr dünn, aber er hat wunderschöne hellbraune Haare und seine grünbraunen Augen sprachen einfach für ihn.

Ich hatte bis jetzt nicht sonderlich viel mit ihm zu tun, aber wir waren schon einmal mit seinen Eltern und natürlich meinen Eltern und meinen großen Bruder im Urlaub auf Kreta für zwei Wochen gewesen und damals konnte ich mich noch genau an dieses seltsame Gefühl erinnern, dass mich auch nach den Urlaub für zwei Monate verfolgt hat.

Anschließend habe ich ihn wieder aus den Augen verloren bis wir Sylvester bei ihnen gefeiert haben, da hatte ich auch wieder ein seltsames Gefühl gehabt, allerdings schob ich es auf die zwei Gläser Sekt, die zwar nicht viel waren, aber vielleicht ja doch fähig so etwas auszulösen? Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht und ich musste mich richtig bemühen es wieder aus meinem Gesicht zu bekommen, eindeutig unpassend.

Lisa mustert mich von der Seite: „Was grinst du denn so?“

Sie sieht mich leicht belustigt an, als ich auch noch leicht rot werde, da ich mich ein wenig ertappt fühle. Ich: „Ach nichts. Mir ist nur wieder etwas eingefallen.“

Sie sieht mich nicht sonderlich überzeugt an, beließ es vorerst dabei, aber mir ist klar, dass sie später noch einmal genau nachfragen wird, wenn wir allein sind. Etwas unsicher überlege ich, was ich ihr dann antworten soll, ich muss mir etwas einfallen lassen, sicher würde ich mir nicht ihr Grinsen antun, das mich wissend straft, wenn ich ihn erwähne.

Ach ja dieser Junge heißt Lennon alias Lenni. Sein etwas zurückhaltendes Lächeln, dass er mir schon ein paar Male geschenkt hat, ist einfach zuckersüß und ich kann mir nicht helfen, den ganzen restlichen Tanzunterricht daran zu denken.

3.


Als wir uns von unseren Freundinnen verabschiedet hatten und in Richtung Parkplatz laufen, auf den meine Mutter wahrscheinlich schon seit ein paar Minuten wartet schaut mich Lisa erwartungsvoll an: „Also? Ich bin ganz Ohr.“

Ich seufze, verschweigen kann ich es ihr dann doch nicht und mir fällt nichts als eine Art Ausrede ein: „Na gut. Ich will dein Gesicht aber danach für eine Weile nicht sehen, ok? Mir ist da jemand eingefallen, den ich vielleicht fragen könnte und der möglicherweise auch zusagt.“

Sie grinst schelmisch: „Das habe ich mir schon gedacht. Wer ist er denn, wenn ich fragen darf?“

Ich: „Lennon. Du erinnerst dich?“

Sie: „Der wohnt doch von mir aus nur ein paar Straßen weiter, oder?“

Ich nicke und sie lächelt immer noch, am liebsten würde ich ihr dieses Lächeln ausprügeln, aber ich konnte mir nicht helfen und musste auch grinsen. Sie: „Dann wünsche ich dir schon einmal viel Glück.“

Sie zwinkert mir zu und schon steigen wir in den Wagen meiner Mutter ein, die uns beide anlächelt und fragt: „Und wie war eure erste Tanzkursstunde?“

Während Lisa meiner Mutter Bericht erstattet, da sie wahrscheinlich genau weiß, dass mein Hirn gerade arbeitet, um herauszufinden wie ich Lenni am besten fragen könnte. Als wir bei Lisa ihrem Haus ankommen, verabschiedet sie sich und zwinkert mir noch einmal zu, dann fragt meine Mutter, als wir wieder weiterfragen: „Ist etwas? Du bist ja so still?“

Ich: „Ich überlege nur gerade. Mum weißt du ob Lennon vielleicht freitags Zeit hat?“

Sie sieht mich etwas irritiert an: „Ja eigentlich schon. Wieso fragst du?“

Doch dann scheint sich ihre Frage zu erübrigen und sie lächelt begeistert: „Willst du wohl mit ihm Tanzkurs und Abschlussball machen?“

Langsam nicke ich. Sie strahlt begeistert von dieser Idee, vielleicht hätte ich nicht fragen sollen?

Daheim angekommen, stellt mir meine Mutter etwas abwesend mein Essen auf den Tisch und greift sofort zum Telefon und schon beginnt sie ein anscheinend sehr angeregtes Gespräch mit jemandem. Ungestört esse ich weiter meine Nudeln und frage Mum anschließend: „Kannst du mir das Telefon überlassen, ich will bei ihm daheim anrufen.“

Sie nickt kurz und meint: „Meine Tochter würde gerne deinen Sohn sprechen.“

Ich höre auf der anderen Leitung ein aufgeregtes Gerede und Mum überreicht mir das Telefon: „Er ist gleich dran.“

Sie hat doch jetzt nicht etwa schon mit Lennons Mum telefoniert, oder? OK, von Mum kann man eigentlich gar nichts anderes erwarten, aber trotzdem.

Na toll, was denkt jetzt nur Lennon über mich. Schnell räuspere ich mich um eine klare Stimme zu bekommen und gehe mit dem Telefon in mein Zimmer, ich will nicht, dass meine Mutter wirklich lauscht. Schon höre ich seine tiefe Stimme: „Ja?“

Ich: „Hey. Hier ist Ally. Ich hab da mal eine Frage an dich.“

Er: „OK.“

Ich: „Würdest du mit mir zum Abschlussball gehen?“

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und kann geradezu spüren wie sich meine Fingernägel in meine Handfläche bohren.

Er: „Sind wohl zu wenige Jungen beim Tanzkurs?…naja, wenn du niemand anderen findest, werde ich mich opfern.“

Er lacht leicht und ich lache ein wenig mit: „Das ist wirklich voll lieb von dir. Ja es sind einfach 20 Mädchen im Moment noch ohne Partner.“

Er: „Wann beginnt denn der Tanzkurs?“

Ich: „Na jeden Freitag gleich nach der Schule.“

Er: „Ich mein ist er schon nächste Woche?“

Ich: „Ach so. Wir hatten heute schon unsere erste Stunde…“

Er: „Oh…“

Ich: „Ja, ich weiß die Frage kommt jetzt etwas spät, aber naja. Wir haben ja auch noch nicht sonderlich viel gemacht und du warst ja schon einmal beim Tanzkurs.“

Er: „Ja…“

Ich: „Ok. Dann bis nächste Woche.“

Er: „Ja. Bis nächste Woche.“

Ich legte auf und konnte mein Quieken vor Freude nicht mehr zurückhalten wie eine Verrückte hüpfte ich durch mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett, wo ich mein Gesicht in das Kissen drückte, um meinen Freudenschrei zu unterdrücken. Ich springe wieder auf und falle meiner Mutter in die Arme. Vergnügt quieke ich erst einmal bis ich unter meinen Freudenschreien und Quieken endlich herausbringe: „Er hat ja gesagt! Ja!“

Mum lächelt und meint: „Das ist ja super!“

Ich löse mich aus der Umarmung hüpfe zurück in mein Zimmer. Auf den Weg nach oben begegne ich meinen Vater, der mich amüsiert mustert: „Er hat also zugesagt?“

Ich nicke nur, wahrscheinlich strahlend wie ein Honigkuchenpferd, aber im Moment kümmert mich das nur wenig. In meinem Zimmer angekommen, kann ich mich überhaupt nicht mehr auf meine Hausaufgaben, die ich eigentlich schon heute machen wollte, da ich mich das restlich Wochenende einfach nur erholen wollte, dieses Vornehmen ist allerdings schnell wieder vergessen und ein Skype Gespräch mit Lisa versprach viel interessanter zu werden als ein paar dämliche Französisch Aufgaben, Englisch Aufgaben und Matherechnungen.

Wie von selbst schien sich auch schon der Laptop hochgefahren zu haben, das Passwort eingegeben zu haben und Skype geöffnet zu haben. Lisa ist auch schon online und wir beginnen einen Anruf mit Kamera natürlich. Ich erzähle ihr lächelnd, dass er ja gesagt hat und berichte ihr einigermaßen alles. Ich versuche allerdings meine Freudenschreie usw. zu unterdrücken. Sie richtet mir ihren Glückwunsch aus und wir reden noch ein wenig über ein paar belanglose Sachen. Nach diesem Gespräch bin ich immer noch nicht bereit mich an die Hausaufgaben zu setzen.

Ich schätze diese werden wieder einmal bis Sonntag Abend auf sich warten lassen. Ich lege mich in mein Bett und schalte den Fernseher an, das Fernsehprogramm ist allerdings, wie so oft, einfach nicht gut und ich beschließe eine DVD anzusehen.

Ich werde durch meine Mutter geweckt: „Willst du dich nicht besser mal waschen und in dein Bett legen?“

Müde hebe ich meinen Kopf… ich bin anscheinend während die DVD lief eingeschlafen. Ich: „Wie viel Uhr ist es?“

Sie: „Halb zwölf.“

Ich stehe auf und mache mich in Zeitlupe bettfertig, dann schlüpfe ich auch in mein Bett und schlafe fast sofort wieder ein.

4.


Am nächsten Morgen kann ich mein Glück immer noch nicht fassen.

Ich habe jemanden für den Abschlussball gefunden!

Alle Sorgen und Bedenken, die sich immer mal wieder in meine Gedanken eingeschlichen haben. Scheinen Abzufallen. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht gehe ich runter in die Küche und hole mir mein Frühstück, das aus einem Vanillehörnchen und einer Tasse Milch besteht, ab und gehe wieder hoch in mein Zimmer.

Schnell wird der Fernseher eingeschaltet und während die Serie „Big Bang Theorie“ am Fernseher läuft gefrühstückt. Anschließend schaue ich aus Neugier auf mein iPhone, das mir gleich anzeigt, dass ich schon ein paar Facebook Nachrichten, SMSn und Whatssapp Nachrichten habe.

Zuerst schaue ich mir die SMS Nachrichten an, in denen sich Lisa über ihren Freund aufregt und mir mitteilt, dass sie morgen Nachmittag, also heute Nachmittag, vorbeikommen wird, bei den Whatsapp Nachrichten hat mir Lisa ein paar Bilder von ihrer Lieblingsserie geschickt, in der bald eine neue Staffel anfängt, deswegen ist sie schon seit ein paar Wochen sehr aufgeregt und in den Facebook Nachrichten stehen die neugierigen Fragen meiner Freundinnen, die anscheinend von Lisa schon erfahren haben, dass ich jemanden für den Abschlussball gefunden habe. Wir haben zu fünft so einen Gruppenchat und meine Freundinnen haben schon die wildesten Vermutungen aufgestellt, da Lisa mir das Erklären überlassen wollte.

Schnell schreibe ich, dass ich mit Lennon hingehe, da allerdings keiner außer Lisa weiß, wer Lennon ist, muss ich ihn beschreiben und darauf hinweisen, dass er ebenfalls Facebook hat. Schon ein paar Minuten später darf ich mir die Kommentare über Lennon ergehen lassen.

Sandra meint, er sei hässlich, wie nett, Pauline meint nur, dass er doch gar nicht schlimm aussieht und bestimmt nett ist und Kristina meint nur, dass er doch eigentlich ganz gut ausschaut zu mindestens im Gegensatz zu ihrem Tanzpartner, der zugegebener Maßen nicht sonderlich toll aussieht….

Sandra sollte meiner Meinung nach ihre Klappe halten, das habe ich natürlich nicht geschrieben, aber ihr Geschmack was Jungs betrifft, ist nicht sonderlich toll… ehm ja ich denke das muss ich jetzt nicht weiter erklären. Die nächsten Tage vergehen wie im Flug und den Test in Englisch überstehe ich auch ohne größere Probleme.

Schon ist es wieder Donnerstagabend und mein Herz pocht wieder ganz laut und viel zu schnell. Wie würde es werden mit ihm zu tanzen? Über was soll ich mich während des Tanzens nur unterhalten? Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten?... viel zu viele Fragen spucken in meinem Kopf herum, so war an Schlafen gar nicht zu denken.

Irgendwann fand ich dann doch noch den Schlaf, auch wenn es sich am nächsten Morgen, als ich von Mum wieder geweckt wurde, anfühlte, als wäre ich erst ein paar Sekunden vorher eingeschlafen.

Grummelnd stehe ich auf und mache mich für die Schule fertig. Heute habe ich sogar länger als sonst gebraucht, da ich mich nicht entscheiden konnte, was ich anziehen soll. In dem Moment wurde mir wieder klar, wie praktisch doch Schuluniformen sein konnten… Ich entschied mich letztendlich für meine blaue Levisjeans, ein buntes T-Shirt und einen grauen Blazer. Hastig zog ich noch Jacke und Schuhe über und eile aus dem Haus.

Gerade noch rechtzeitig, denn schon erblicke ich das Auto. In der Früh hat sich wieder ein Lächeln auf meine Lippen geschlichen, das ich krampfhaft versuche zu unterdrücken, denn am so frühen Morgen passte ein Lächeln nicht zu mir, eher ein verschlafenes schlechtgelauntes Gesicht.

Der Unterricht verlief total uninteressant und ich beobachtete ständig den Minutenzeiger der Uhr. Als meine Qual endlich erlöst wurde, versuchte ich ruhig zu bleiben und mich zu beruhigen. Das war gar nicht so einfach…

Meine Freundinnen und ich gingen uns munter unterhaltend zu den Turnhallen, auf den Weg dorthin schlenderten wir an der Cafeteria vorbei, vor der auch schon Lisas Cousin (Paulines Tanzpartner) und Lennon lässig stehen. Habe ich erwähnt, dass die Beiden gute Freunde sind?

Sie begrüßen uns und wir gehen weiter, während sie noch auf etwas zu warten schienen. Etwas zu früh kommen wir bei der Umkleide an und stellen unsere Sachen ab, schnell gehen wir in die Turnhalle, um noch einen Sitzplatz auf einer Bank zu bekommen. Kurz bevor wir anfangen kommen dann auch endlich Mark und Lennon.

Erleichtert darüber, dass er auch wirklich gekommen ist lehne ich mich ein wenig an die Wand. Lisa blickt mich amüsiert an, gibt aber keinen Ton von sich. Unser Tanzlehrer gesellt sich auch zu uns allen in die Turnhalle und fängt an: „Wie ich sehe, sind ein paar Neuzugänge hier. Heute werdet ihr einmal zusammen tanzen. Es ist Damenwahl. Ach und wir fangen mit dem DiscoFox an.“

Er geht ganz geschäftig zu der Stereoanlage und wartet darauf, dass jeder einen Partner gefunden hat. Lennon kommt mir auf halbem Weg schon entgegen. Er legt seine rechte Hand auf meinem Rücke und seine linke Hand hält er mir hin, ich lege meine linke Hand auf seine rechte Schulter und meine rechte Hand in seine leicht erhobene linke Hand. Schon beginnen die Schritte.

Es läuft eigentlich sehr gut. Er kann wirklich sehr gut tanzen und führen. Ich schaue mich ein wenig in der Turnhalle um und stelle fest, dass viele Probleme haben und immer wieder aus dem Takt kommen.

Gut, dass ich Lennon gefragt habe. Lennon ist zwar einen Kopf größer und kann locker über mich drüber schauen, aber sein sicherer Griff und seine Führung geben auch mir Sicherheit. Ich spüre seinen Atem auf meinem Gesicht und es tut gut, zudem riecht der Atem leicht nach Orangen… ja ich überlege gerade nach was sein Atem riecht… das hört sich etwas bekloppt an….

Jedenfalls fragt er nun: „Weißt du wie oft der Tanzkurs noch ist?“

Ich durch die plötzliche Frage sichtlich irritiert stammle: „Ehm… ne-nein… Also ich schätze wir haben jeden Freitag bis zum Abschlussball… also noch so 9 oder 10 mal?“

Er lacht: „OK. Du bist ja sehr informiert.“

Ich lache auch leicht: „Ja wie immer.“

Er: „Weißt du, ob schon jedes Mädchen einen Tanzpartner gefunden hat?“

Ich: „Ich glaube nicht jede, aber ein paar.“

Er nickt. Seine Augen waren, während wir geredet haben auf mich gerichtet, um mich ansehen zu können waren seine Lider schon fast ganz geschlossen, da er so weit nach unten sehen musste. Ich muss eindeutig höhere Schuhe das nächste Mal anziehen!

Schon nach 5 Tänzen taten meine Arme weh vom dauerhaften nach oben halten. Definitiv etwas höhere Schuhe! Der Tanzkurs verging meiner Meinung nach viel zu schnell. Gerne wäre ich noch länger bei Lennon gewesen, auch wenn wir uns nur ab und zu über irgendwelche belanglosen Dinge unterhalten haben oder uns gegenseitig etwas geneckt haben. Einfach die tollsten 2 Stunden….

Ohne mich von ihm zu verabschieden gehe ich mit hochroten Kopf und meinen Freundinnen aus der Turnhalle. Der hochrote Kopf kommt daher, da es so warm in der Turnhalle war, kein Wunder schließlich tanzten ja so um die 40 Paare und mein Kopf auch bei den kleinsten sportlichen Betätigungen rot wird.

Das ist so eine Eigenschaft, die ich an mir hasse.

Zufrieden gehe ich mit Lisa wieder zum Parkplatz, auf den meine Mutter wieder einmal geduldig auf uns wartete. Sie fragt auch gleich grinsend: „Und wie war es?“

Ich: „Gut. Lennon kann auf jeden Fall sehr gut tanzen.“

Danach erzählten wir ihr noch vom Unterricht usw und als wir daheim waren, meinte meine Mutter: „Sabine (das ist Lennons Mutter) und ich haben uns schon darüber unterhalten, welche Farbe das Blumengesteck haben sollten. Ach und wir müssen unbedingt Sabine das Stück Stoff, das bei deinem Kleid extra dabei war geben, damit sie ein passendes Hemd für Lennon aussuchen kann und alles zusammenpasst.“

Ich nicke und esse die Fischstäbchen mit Kartoffeln die schon vor mir auf einem Teller liegen. Ich verschlinge es schon fast. In den nächsten Tagen passiert wieder nicht sonderlich viel… naja zu mindestens nichts, was mich sonderlich begeistert hätte, ständig wanderten meine Gedanken wieder zu Lennon, den Abschlussball und dem Tanzkurs, der versprach wirklich lustig zu werden.

5.


Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich den Freitag schon ersehne und freute mich, als es endlich Freitag war.

Meine Mutter überreicht mir noch schnell einen Umschlag, der 75 Euro enthält. So viel kostet der Tanzkurs. Lennon muss nichts bezahlen, da er schon einmal den Tanzkurs bezahlt hat und abgeschlossen hat. Ich war sogar einmal recht pünktlich auf dem Weg aus dem Haus und zum Auto.

Meine beste Freundin ist nicht sonderlich begeistert wieder Tanzkurs zu haben. Ihr Tanzpartner ist einer derjenigen, die es nicht wirklich hinkriegen sich die paar immer wiederholenden Schritte zu merken. Ich schätze deswegen ist sie nicht sehr erpicht darauf heute wieder mit ihm tanzen zu müssen. Aber da muss sie wohl oder übel durch, schließlich hat sie ihm schon zu gesagt und wird auf die Schnelle niemand neuem finden.

Zudem wird er sich sicher noch verbessern, wir hatten ja erst 2 Tanzstunden und mal ehrlich da ist, denke ich mal, noch niemand perfekt, richtig?

Nun gut, wie jeden Morgen fährt uns also Lisas Mutter zur Schule und wir haben Unterricht, der wieder höchst spannend ist. Ich habe natürlich aufgepasst, genau wie Lisa, die etwas verärgert aus dem Fenster schaut, da sie wahrscheinlich wieder an ihren Streit mit ihren Freund und ihren Tanzpartner denkt.

Meine Theorie wird unterstützt, als sie leise „Idioten“ seufzt. Ich grinse leicht und wende mich dieses Mal wirklich dem Unterricht zu, um wenigstens in den letzten 5 Minuten der letzten Stunde noch etwas mitzubekommen.

Unsere Lehrerin will uns gerade davon überzeugen, dass Musik wirklich ein schönes Fach ist und doch wirklich jeder Musik auf seine Art und Weise mag. Unsere Musiklehrerin ist zwar wirklich nett und auch ein wenig pummelig, was sie eher wie eine Mutter wirken lässt, die zu ihren trotzigen Kindern einfach nicht nein sagen kann, aber ihre Überzeugung es doch irgendwie zu schaffen, dass wir ihren Unterricht folgen, ist wirklich einfach nur hoffnungslos.

Als sie durch die Klingel unterbrochen wird, setzt sie sich enttäuscht wieder an ihr Pult, während wir schon unsere Sachen zusammenpacken und fluchtartig den Raum verlassen, bevor sie noch auf die Idee kommt, uns Hausaufgaben aufzugeben.

Zufrieden und in mich hineingrinsend gehe ich mit Lisa zusammen zu den Turnhallen. Dieses Mal sind Mike (Paulines Tanzpartner/Lisas Cousin) schon vor der Turnhalle und unterhalten sich angeregt über etwas. Es scheint ziemlich witzig zu sein, denn sie fangen auch an zu lachen.

Was wohl so witzig war?

Ich verstecke mein Interesse allerdings gleich wieder, denn mir ist klar, dass wenn ich auch nur Anzeichen darauf gebe, dass ich Lennon nett finde, meine Freundinnen alles daran setzten würden uns zu verkuppeln und DAS will ich unter allen Umständen verhindern. Nicht, dass ich das von ihnen nicht irgendwie süß finde, dass sie sich um mich kümmern und sorgen, aber ich würde doch gerne selbst etwas tun, falls ich mich verlieben sollte…

Lennon nickt mir, während er und Mike immer noch lachen, kurz zu und folgt uns in die Turnhalle. Wir Mädchen gehen in die Mädchenturnhalle und die Jungs gehen schon einmal weiter. Nachdem wir unsere Sachen abgestellt, unsere Haare nochmal gebürstet und noch ein wenig Deo gesprüht haben, machen wir uns auch mit den Briefumschlägen auf den Weg in die Jungenturnhalle.

Habe ich schon erwähnt, dass es an unserer Schule ein Jungen und Mädchen Turnhalle gibt? Ich glaube nicht, jedenfalls ist in der Jungenturnhalle immer Tanzkurs.

In der besagten Turnhalle angekommen, erkennen wir überrascht, dass anscheinend die meisten noch jemanden aus der Elften gefunden haben. Wir stellen uns in der Reihe an und warten bis wir endlich dran sind. Angelina sitzt auf einen Stuhl vor einem kleinen Klapptisch, auf dem eine Liste und einen Stapel von Briefumschlägen liegt. Sie blickt kaum auf, sondern fragt nur: „Name?“

Wir sagen ihr also unsere Namen und sie schaut nach, ob wir auch wirklich 75 Euro in den Umschlag gegeben haben, als sie dies überprüft hat gibt sie uns mit einem Händewinken zu verstehen, dass wir uns nun hinsetzten können.

Wir gehen noch zu einer Anwesenheitsliste und haken unseren Namen ab, dann gehen wir zu den Bänken und ergattern die letzten freien Plätze. Unser Tanzlehrer ist auch schon eingetroffen und lässt seinen Blick über uns wandern. Er unterhält sich kurz mit Angelina und anscheinend ist nun alles besprochen. Anschließend fordert er uns auf uns wieder aufzureihen, Jungs hinter ihm, Mädchen hinter Angelina und die Schritte mittanzen.

Die Schritte sind wirklich nicht schwer, aber es ist wirklich sehr eng und wir (Mädchen) treten uns immer wieder gegenseitig auf die Füße. Ich schätze das sieht sehr lustig aus, denn Lennon und Mike, die es für nicht nötig befinden mitzumachen, lachen leicht in einer Ecke.

Ich werfe den Beiden einen genervten Blick zu, denn ich finde diese Situation überhaupt nicht komisch. Allerdings meint unser Tanzlehrer schon, dass wir mit unseren Partnern tanzen können und ich zucke erschrocken zusammen.

Wie gingen die Schritte von gerade eben noch einmal? Was haben wir überhaupt gemacht? Oh Gott ich bin wirklich erbärmlich…

Lennon kommt schon auf mich zu und grinst mich an: „Na dann wollen wir einmal.“

Er hält mir seine offene Hand hin und ich lege meine rechte Hand hinein.

Als ich etwas überfordert um mich schaue, fragt er: „Weißt du wohl nicht wie es geht?“

Er zieht die Augenbrauen nach oben und grinst breit. Wie hatte ich nur noch einmal dieses Gefühl der Geborgenheit verspüren können?

Ich schluck meinen Stolz hinunter und murmle: „Ja… was muss ich denn machen?“

Er: „Rechtes Bein einen Schritt nach hinten, allerdings nicht mit dem linken folgen sondern vorne behalten, wieder nach vorne mit dem rechten Fuß kurz antippen und dann einen Seitschritt nach rechts und mit links antippen. Das immer wieder wiederholen. Verstanden?“

Unsicher nicke ich. Wir tanzen zusammen und mit der Zeit werde ich immer sicherer und ich kann die Leute um uns wieder beobachten. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als ich Lisa mit ihrem Partner erblicke, die immer wieder von neuem anfangen, weil ihr Partner es versaut.

Lennon: „Du solltest nicht so über andere grinsen. Du wärst ohne mich ja auch aufgeschmissen.“

Ich: „Ich denke mir wäre das auch alleine wieder eingefallen.“

Das ist doch glatt eine Lüge, aber ich werde es sicher nicht zugeben! Lennon lächelt hämisch: „Aber natürlich.“

Wieso habe ich das Gefühl, dass wir beide sehr gerne sarkastisch sind? Vielleicht wegen diesen leichten Unterton, der in seiner Stimme mitschwingt, den ich täglich mehrere Male verwende?

Lennon: „Du kannst dich freuen, die meisten Schrittabfolgen, die ihr gelernt habt, sind noch nicht einmal vollständig. Da kommen noch ganz viele Drehungen dazu.“

Juhu! Drehungen! Ich sehe mich schon umkippen, weil ich das Gleichgewicht verliere und ganz blass werden, da mir übel wird.

Ich: „Na super.“

Er: „Magst du wohl keine Drehungen?“

Ich: „Nein. Weißt du, ich liebe Drehungen, vor allem so richtig schön viele, weil mir dann immer so schön schwindlig und schlecht werden kann.“(sarkastisch)

Lennon lächelt amüsiert: „Sag mir ja Bescheid, wenn das passiert.“

Ich: „Wieso?“

Er: „Damit ich schreiend vor dir wegrennen kann. Oder denkst du wohl, ich lasse mich von dir vollkotzen.“

Ich: „Du bist ja ein richtiger Gentleman.“

Er: „Ja. Ich weiß.“

Nun muss auch ich leicht lachen. Ok. Wir haben eindeutig denselben Humor…. Unser Tanzlehrer stoppt die Musik und meint: „Ok. Damenwahl.“

Lennon: „Willst du tauschen? Oder weitertanzen? Mir ist das egal.“

Ich schaue mich kurz etwas verloren um. Schon haben die meisten ihren Partner getauscht. Etwas entschuldigend blicke ich ihn an: „Na dann. Wird schon niemanden auffallen.“

Unser Tanzlehrer startet eine neue Musik und wir tanzen wieder gemeinsam. So ging es dann noch eine Weile, natürlich habe ich danach wieder getauscht, mit Lisas Tanzpartner (sehr schlechte Idee, ich schien ihn noch mehr zu verwirren, als es Lisa tat), Mike und natürlich auch mit den anderen beiden Tanzpartnern meiner guten Freundinnen.

Am Ende tanzte ich wieder mit Lennon und wir unterhielten uns über dies und das. Ein wenig machten wir uns über Lehrer lustig und reden über unsere Hobbys. Tja, ich kann gar nicht mehr verstehen für was ich mir solche Sorgen gemacht habe über was wir nur reden könnten. Die Themen kamen uns einfach so zu und eine Stille kann auch manchmal ganz angenehm sein…

Als unser Tanzlehrer dann die Musik ausmacht und sagt: „Gut. Das war es dann für heute. Bis nächste Woche.“ Werde ich sehr enttäuscht… ich schätze meine Gefühle von letzter Woche wiederholen sich… aber es ist so einzigartig. Dieses Glückgefühl beim Tanzen. Diese Geborgenheit….

Ach ich weiß auch nicht so genau. Meine Freundinnen grinsen mich nach dem Tanzkurs an. Ich: „Ist etwas?“

Sie: „Nein. Nichts.“

Sie tuscheln etwas und ich schnappe die Wörter Mission La auf. Was zur Hölle soll bitte Mission La sein? Davon habe ich ja noch nie gehört! Ich kenne nur den Film Mission Impossible… aber La… was soll das bitte sein? Ein Buch?

Lisa kommt natürlich wieder mit mir zu meiner Mutter, die uns wieder einmal abholt. Als ich sie auf den Weg zum Parkplatz nach Mission LA frage, meint sie nur, dass ich das schon noch früh genug erfahre.

Dieses Blitzen in ihren Augen kann kein gutes Zeichen sein! Da geht eindeutig etwas vor sich! Was planen sie nur wieder?

6.


Am Wochenende höre ich eigentlich nichts von meinen Freundinnen.

Ich bin vor allem darauf konzentriert meine Hausaufgaben zu machen und nicht an Lennon zu denken, was einen ziemlich schwer fallen kann, wenn die Mutter einen immer wieder über den Abschlussball und den Tanzkurs ausfragt.

Ich schaue natürlich auch etwas Fernsehen und schaue, ob irgendwelche interessanten Filme im Kino kommen. Letzteres ist aber eine ziemliche Enttäuschung.

Am Montag in der Schule verhalten sich meine Freundinnen äußerst merkwürdig. Sie werfen sich immer wieder bedeutungsvolle Blicke zu und scheinen auf etwas zu warten. Ich bin mal wieder sehr durch den Wind, weil ich in den Pausen noch einmal versuche den Lernstoff für die nächsten zwei Stunden durchzugehen.

Mein Gedächtnis ist wirklich miserabel und wenn ich nicht alles vor dem Unterricht noch einmal sehe, kann ich mich, obwohl ich es wirklich gestern gelernt hatte, nicht daran erinnern. Das ist wirklich etwas seltsam und ich schätze nicht sonderlich normal, aber was soll man machen.

Als ich in der zweiten Pause mit meinem aufgeschlagenen Ordner vor unserem Klassenzimmer stehe, meine Freundinnen natürlich neben mir und eine Gruppe von Schülern sich an uns durch den Gang quetscht, kichern meine Freundinnen und tuscheln. Ich ignoriere sie einfach und versuche mir den Hefteintrag von Bio so gut wie möglich einzuprägen.

Als unser Biolehrer dann auch schon hinter der Schülermenge hervorkommt, hebe ich meine Sachen, wie auch der Rest der Klasse, auf und gehe in den Bioraum.

Glücklicherweise werde ich nicht ausgefragt und kann den restlichen Tag auch einigermaßen entspannen. Der Nachmittagsunterricht jeden Montag ist wirklich lästig und wir streiten uns oft mit unserer älteren (meine Schätzung ist ja 60-jährigen) Sportlehrerin, die eindeutig die Dinge, die sie uns aufträgt und machen lässt, schon seit einiger Zeit nicht mehr machen kann.

Nach der Doppelstunde Sport haben wir noch eine Doppelstunde Chemie. Unser Chemielehrer ist gleichzeitig auch unser Biolehrer und eigentlich ein wirklich lieber Kerl, aber auch er schafft es nicht unsere Klasse vom Schwätzen abzuhalten. Verzweifelt übertönt er mit seiner wirklich lauten Stimme unsere Gespräche in seiner offenkundigen Hoffnung, dass vielleicht doch so manch einer ihm zu hört.

Nach diesem viel zu langen Schultag holt uns Lisas Mutter ab und daheim angekommen, hat meine Mutter schon fürsorglich wie sie ist, mein Essen bereitgestellt. Für mich gibt es heute Frühlingsrollen mit Tomatenreis. Ich liebe es einfach. Die kleinen Frühlingsrollen vom Supermarkt schmecken einfach nur köstlich und der selbstgemachte Tomatenreis meiner Mutter ist kurz gesagt einfach nur ein Traum, auch wenn ich Tomaten nicht einmal leiden kann…

Meine Mutter: „Lennon meinte, du hättest ihn in der Schule ignoriert?“

Wann bin ich ihm überhaupt einmal begegnet? Die Panik ergreift mich. Ich habe ihn doch gar nicht gesehen?

Ich: „Ich kann mich nicht erinnern ihn gesehen zu haben… Das tut mir wirklich leid…. Wo und wann soll das denn gewesen sein?“

Meine Mutter: „Ich weiß es nicht genau. Sabine meinte nur, dass Lennon ihr erzählt hat, dass du ihn einfach ignoriert hast. Ich will auf jeden Fall so etwas nicht mehr hören.“

Ich: „Ja. Ich werde ab jetzt immer schön nach ihm Ausschau halten und ihn brav grüßen.“

Meine Mutter nickt zustimmend: „Das wäre gut. Schließlich geht er extra mit dir zum Abschlussball.“

Danach esse ich schweigend vor mich hin. Als ich das später Lisa erzähle und sie frage, ob sie Lennon irgendwann mal gesehen habe, beteuert diese, dass sie ihn nicht gesehen hätte und dessen Verhalten nicht verstehen könne. Ein wenig erleichtert, dass ich anscheinend Recht hatte, setzte ich mich in mein Zimmer und lernte ein wenig.

Seit ich mit Lennon Tanzkurs mache, sind meine Gefühle wie eine Achterbahn. Das kann ja noch heiter werden.

7.


Die Schule nahm mich in den letzten Tagen so ein, dass ich gar nicht mehr an Lennon dachte.

Erst als meine Mutter am Donnerstag Abend meinte: „Ach Gott, Ally. Wir haben letzte Woche ganz vergessen den Stück Stoff Sabine zu geben.“

Mit „wir“ meint sie ja wohl hoffentlich sich selbst, denn ich denke nicht, dass ich Sabine so schnell treffen werde.

Mein Mutter: „Naja. Morgen fährt ja Lennon bei uns mit, dann können wir es ihm ja geben.“

Sofort werde ich hellhörig. Lennon würde bei uns mitfahren? Das würde mir noch ein paar Minuten mehr mit ihm ermöglichen. Meine Mutter, die anscheinend wieder überlegte, wo sie denn den Stoff überhaupt hinhatte, geht wieder ins Wohnzimmer, während ich in mein Zimmer eile und meinen Freudenschrei durch ein Kissen dämpfe.

Wie soll ich jetzt bitte noch schlafen können? Meine Hände werden kalt, genau wie meine Füße, mein Herz schlägt schneller und mein restlicher Körper scheint unter Feuer zu stehen.

Ja ich habe leichte Panik…ich weiß auch nicht genau warum, aber dieses Gefühl kommt immer wieder, wenn ich an Lennon denke… und dieses nerv tötende Kribbeln im Bauch, das einem Übelkeitsgefühl gleichkommt.

Was soll dieses Gefühl nur?

Ich kann es nicht wirklich definieren, es scheint einer Panikattacke gleichzukommen, die ich manchmal vor Schulaufgaben verspüre, allerdings gleichzeitig eine solch große Vorfreude, die einfach überwältigend ist.

Genervt und verwirrt von mir und meinen Stimmungsschwankungen werfe ich einen Blick auf mein iPhone, das mal wieder tausende Facebook Nachrichten anzeigt. Meine Freundinnen haben sich mal wieder in unseren gemeinsamen Chat über eine TV Serie, die sie wahrscheinlich zusammen angeschaut haben (natürlich jede bei sich daheim), unterhalten.

Ein für mich sehr langweiliges Gespräch, da ich den Zusammenhang nicht verstehen kann, weil ich die Serie nicht angeschaut habe. Erst am Ende des Gesprächs wird wieder Mission LA erwähnt, interessiert lese ich weiter. Leider steht dazu nicht sehr viel, nur dass sie noch keinen Fortschritt gemacht hätten oder so etwas… Schnell frage ich nach was diese Mission LA ist und schon bekomme ich eine Antwort von Sandra, die lautet, dass es nicht so wichtig sei.

Genau und deswegen redet ihr immer wieder einmal darüber, aber ich weiß nicht um was es geht! Etwas wütend schmeiße ich mein Handy auf mein Bett, klar kann mein Handy nichts dafür, aber ich bin so verwirrt und sauer auf mich selbst.

Ach ich weiß auch nicht, was mit mir los ist und das macht mich auch so wütend. Ich mache mich hastig bettfertig und versuche derweilen auf andere Gedanken zu kommen, um später besser einschlafen zu können. Wie hatte ich es noch einmal geschafft seit Montag nicht mehr an ihn zu denken?

Als ich endlich fertig war, schaltete ich in meinem Zimmer den Fernseher ein und legte mich auf mein Bett. Mein immer wieder aufleuchtendes Handy versuche ich so weit wie es geht zu ignorieren.

Nach einer Stunde gebe ich schließlich die Hoffnung auf mich mit Grey´s Anatomy und New Girl abzulenken, die ich am Vortag aufgenommen hatte, schalte den Fernseher aus, drehe mich auf meine andere Seite und versuche einzuschlafen.

Anscheinend mit Erfolg, denn am nächsten Tag war ich sogar einigermaßen ausgeschlafen, was in der Schule auch meine Freundinnen überraschte. In der letzten Schulstunde (Musikunterricht) werden meine Hände und Füße wieder richtig kalt. Ich weiß allerdings nicht, ob das an dem offenen Fenster neben dem ich sitze liegt, das die kalte Luft in den Raum lässt oder an meiner leichten Nervosität.

Die Stunde über zähle ich die einzelnen Sekunden, die es noch bis zum Tanzkurs dauert. Ich habe es mittlerweile aufgegeben mir einzureden, dass ich den Tanzkurs nicht leiden kann und versuche mir stattdessen weiß zu machen, dass ich einfach Tanzen liebe. Die letzte Sekunde vergeht und schon bin ich dabei meine Sachen zusammenzupacken, um pünktlich mit dem Gong aufzustehen.

Meine Freundinnen lassen sich sichtlich mehr Zeit und so muss ich, obwohl ich schon fertig bin, doch noch 5 Minuten warten. Seufzend fahre ich mir durch die Haare, wieso brauchen die nur immer so lange?

Endlich kommen sie lachend und schwatzend aus dem Musikraum und wir bewegen uns endlich zum gewünschten Ort. Zufrieden erblicke ich auch schon Lennon, der ein paar Meter vor uns mit Mike schon unterwegs ist.

Gut. Er ist auf jeden Fall da, das ist ja schon einmal ein gutes Zeichen. Sandra fängt wieder an darüber zu plappern, dass sie ja nächste Woche auf jeden Fall schon ihre Tanzschuhe anzieht, weil es nächste Woche ja schon die 5. Tanzstunde ist und wir danach nur noch 5 Mal haben.

Ich höre ihr nur mit halbem Ohr zu, denn über so etwas zerbreche ich mir jetzt erst einmal nicht den Kopf. Viel wichtiger sind diese Achterbahngefühle. Natürlich nicke ich immer wieder zustimmen und beteuere, dass ich spätestens übernächste Woche meine Tanzschuhe auch anziehen werde, um Sandra zufrieden zu stellen.

Heute hatte ich sowieso schon etwas höhere Herbstschuhe an (8 cm) und meine Tanzschuhe sind einen Zentimeter niedriger. Ich muss schließlich den ganzen Abschlussballabend in den Schuhen überleben.

Wir stellen wie immer unsere Taschen und Jacken in der Mädchenumkleide ab und gehen in die Jungensporthalle, in der die meisten schon auf den Bänken versammelt sind. Unser Tanzlehrer wartet noch geduldig auf die Nachzügler und beginnt letztendlich den Tanzkurs.

Er zeigt uns mit Angelina zusammen, dass bei den meisten Tänzen noch ein paar Einzelheiten fehlen und lässt uns dann erst einmal selbstständig üben. Er und Angelina gehen ein wenig umher und geben ab und an ein paar Tipps oder Korrekturen.

Lennon und ich haben natürlich den Dreh sehr schnell raus, denn Lennon hat das sowieso schon einmal gemacht und ich versuche einfach seine Bewegungen in die entgegengesetzte Richtung so gut es geht nachzuahmen.

Es klappt wirklich alles perfekt und das bringt uns auch ein Lob von Angelina ein, die sehr beeindruckt scheint.

Nach 15 Minuten startet unserer Tanzlehrer die Musik und wir sollen selbst in den Takt finden. Lennon mit seinen sehr guten Taktgefühlt scheint auch sehr richtig zu liegen, denn unserer Tanzlehrer nickt anerkennend, als wir an ihm vorbeischweben.

Ich genieße einfach nur Lennons Nähe, sein Parfüm und seine Berührung am Rücken und an der Hand. Ab und an berühren sich auch unsere Bein ganz leicht. Ich komme mir einfach nur vor wie in einen Traum, alles uns herum scheinen nur ein paar Farbflecken zu sein.

Als die Musik aufhört löst sich Lennon sanft von mir und wir blicken auf. Erst jetzt fällt mir auf wie schwindelig es mir ist und wie sehr meine Füße wehtun. Ich schätze das muss ich wohl oder übel noch ein wenig üben.

Unser Tanzlehrer erklärt uns, dass wir noch einmal ein paar schon gelernte Grundschritte wiederholen. Die Grundschritte sind zwar nicht schwer, doch ich muss jedes Mal Lennon davor fragen, was Blues oder der jeweilige Tanz, denn für Schritte hat, da ich die Schritte einfach nicht den Namen zuordnen kann.

Mir ist das sehr peinlich. Lennon nimmt es einfach so hin und zeigt mir kurz noch einmal die Schritte, zu mindestens die, die er macht.

8.


Nach dem Tanzkurs scheint der gesamt Zauber vorbei. Lisa, Lennon und ich gehen zu dem Parkplatz und steigen in Mums Wagen ein. Lisa und ich unterhalten uns etwas und Mum und Lennon unterhalten sich ebenfalls über irgendetwas.

Nachdem wir Lennon und Lisa Heim gefahren haben, fragt mich meine Mutter: „Hast du Lennon eigentlich mal wieder mit Hanna gesehen?“

Ich sehe sie etwas verwirrt an. Was will sie denn jetzt mit Hanna? Hanna ist eine gute Freundin von Lennon. Früher habe ich sie sehr oft zusammen gesehen, eigentlich habe ich gedacht sie seien zusammen gewesen, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Hanna hat nun einen festen Freund und seitdem habe ich sie nirgendwo mehr allein zusammen gesehen.

Ich: „Nein. Wieso fragst du?“

Meine Mutter: „Ach nur so.“

Ich ziehe meine Augenbrauen hoch.

Sie: „Dein Bruder ist auf dem Geburtstag von Narsi eingeladen.“

Was ist denn das bitte jetzt für ein Themenwechsel? Wer ist bitte Narsi? Ich: „Wer ist Narsi?“

Sie: „Na Hannas Freund.“

Ich: „Ach so. Sag das doch gleich. Geht er dort hin?“

Sie: „Ich schätze schon, auch wenn ich es lieber hätte, wenn er lernen würde.“

Ich nicke kurz und sehe gedankenverloren aus dem Fenster. Stimmt Ich habe Hanna schon wieder ganz vergessen.

Daheim angekommen hat Mum mal wieder super Essen für mich, allerdings hält sich mein Hunger, warum auch immer, in Grenzen. Die Szene, in der ich Hanna und Lennon einmal im Park zusammen gesehen habe, kommt mir wieder ins Gedächtnis. Sie haben sich sehr sorglos unterhalten und immer wieder gelacht.

Ich bin zu der Zeit gerade mit Lisa und ihrem Hund Silly spazieren gegangen, das ist jetzt gerade einmal 2 Monate her. Der Name Silly kommt aus dem Englischen und bedeutet doof. Ja der Hund ist nicht unbedingt der Schlauste…

Aber viel wichtiger ist, ob Lennon nicht vielleicht in Hanna verliebt war und sie ihn abgelehnt hat? Wie hätte er sich dann nur gefühlt? Ich schlucke die Gedanken hinunter und setze mich stattdessen an meine Hausaufgaben.

Natürlich schweifen meine Gedanken immer wieder ab, aber nach einer Weile habe ich meine Hausaufgaben erledigt. Etwas planlos schaue ich mich in meinem Zimmer um. Was soll ich jetzt machen? Hier rumhocken ist ja auch langweilig.

Genervt greife ich nach der Fernbedienung und schaue einen Film. Langsam wird das richtig zur Wochenendroutine.

Immer wieder gehe meine Gedanken zurück zu Lennon und Hanna und ich bin richtig froh als Lisa anruft. Sie hatte sich anscheinend gerade eben mal wieder mit ihren Freund Lukas gestritten. Ja die beiden sind wie ein altes Ehepaar immer mal wieder gibt es Krach, dann halten sie für einen Tag Abstand und dann kleben sie wieder zusammen.

Dieses Mal hört sich der Streit jedoch ernster an und ich höre meiner etwas aufgelösten und wütenden Freundin zu. Anscheinend ist ihr Freund auf Konstantin eifersüchtig, wofür es wirklich keinen Grund mehr gibt, denn mittlerweile ist Lisa nur noch genervt von ihm und hat nur wenig Lust sich mit ihm abzugeben.

Doch ihr Freund ist der festen Überzeugung, dass zwischen den beiden etwas am Laufen ist und hat sie deswegen ein wenig an gestresst, wie lange sie denn dann mit ihm am Abschlussball tanzen will usw. Lisa hat natürlich etwas schnippisch reagiert. Ich meine, da hat sie ja auch irgendwo Recht. Lukas ist eine Jahrgangsstufe über uns und wenn ihm das so wichtig ist, hätte er sie doch fragen können!

So schlimm wäre das sicher nicht für ihn gewesen, wenn er noch einmal hingegangen wäre. Außerdem ist zwischen Konstantin und Lisa wirklich nichts außer, dass sie sich immer wieder in die Haare kriegen.

Nachdem ich mir die gesamte Geschichte angehört habe, frage ich sie: „Lust ins Kino zu gehen?“

Sie ist anfangs etwas überrascht, stimmt aber freudig über die Ablenkung, sofort zu. Mir kann auch ein wenig Ablenkung gut tun. Man muss ja nicht die ganze Zeit über eine Person grübeln.

Ich packe schnell Geldbeutel, Handy, Spiegel und Lippenstift in eine kleine Tasche und mache mich auf den Weg zu Lisa, die schon geduldig auf mich wartet. Anschließend gehen wir zusammen zum Kino.

Wir unterhalten uns auf dem Weg dorthin nur über belangloses. Ich schätze Lisa will sich einfach im Moment nur ablenken und weder weiter über Lukas reden noch über Konstantin. Ich denke, das kann man sehr gut nachvollziehen.

Beim Kino angekommen fällt uns erst auf, dass wir uns noch überhaupt nicht überlegt haben, welchen Film wir denn ansehen könnten. Etwas überfordert stehen wir also an der Kasse und entscheiden uns für den neuen James Bond Film, der ein richtiger Hit sein soll.

Wir holen uns noch eine mittlere Popcorntüte zusammen und jeder eine kleine Fanta, da wir noch ein wenig Zeit haben bis der Streifen anfängt, setzten wir uns an einen der Tische, die vor den Kinosälen aufgebaut sind.

Warum diese nun genau immer da stehen ist mir sowieso ein Rätsel. Natürlich existiert noch im Kino eine Bar, allerdings ist diese am anderen Ende des Kinos. In diesem Kino werden nicht einmal die Karten kontrolliert, was ziemlich gut ist, zu mindestens für diejenigen, die einigermaßen älter aussehen und in einen Film wollen, in den sie theoretisch noch nicht reindürften.

Als es dann Zeit wurde, gehen wir in den angegebenen Kinosaal und setzen uns auf unsere Plätze.
Die Werbung ist mal wieder etwas langweilig, aber manche Filmvorspanne scheinen doch vielversprechend. Während der Werbung beginnen wir schon das Popcorn zu essen und schon nach 7 Minuten ist die Tüte leer. Da ich und Lisa sicherlich auch noch nichts gegessen haben, haben wir schon ziemlich Hunger.

Deswegen erkläre ich mich bereit eine neue Packung zu besorgen. Schnell nehme ich meinen Geldbeutel und gehe erneut zur Popcornausgabe. Dieses Mal steht wieder niemand an und ich muss nicht lange auf das Popcorn warten.

Gerade als ich mich wieder umdrehen und in Richtung Kinosaal gehen will, in dem Lisa sicher schon wartet, sehe ich eine Person, die ich jetzt eigentlich wirklich nicht sehen wollte, Hanna.

Die Schlanke mit den dunkelbraunen Locken, den schwarzen Augen und der gebräunten, unreinen Haut steht an der Kasse. Natürlich nicht alleine, nein. Es steht die Person daneben, die meinen Atem stocken lässt und mich wünschen lässt, niemals auf die Idee gekommen zu sein in dieses Kino zu gehen, Lennon.

Hanna hängt an den Arm von einem mir unbekannten Jungen, der rote Haare hat, die ihm zu allein Seiten abstehen und der auch ein Piercing an der Lippe hat.

Doch mein Blick bleibt an Lennon kleben, nicht einmal dieser seltsame Punker kann mein Interesse richtig wecken. Lennon hat ein eindeutig gezwungenes Lächeln aufgesetzt und steht mit etwas Abstand neben Hanna, die sich prächtig zu amüsieren scheint.

Sofort habe ich ein unbehagliches Gefühl im Bauch. Gerne wäre ich weggerannt, doch meine Beine bewegen sich nicht. Meine Augen brennen gefährlich. Wieso reagiere ich so?

Hanna hängt doch schließlich nicht an Lennons Arm, sondern an dem Arm ihres festen Freundes. Lennon scheint nur als fünftes Rad am Wagen mitgekommen zu sein. Habe ich vielleicht einfach nur Mitleid mit ihm?


Nein das war es nicht. Dieses Gefühl ist anders. Es ist als würde ich den tiefen Schmerz, der in Lennon zu herrschen scheint, in mich aufsaugen und auf mich übertragen.

Ich muss hier weg! Ich kann das nicht mit ansehen! Meine Theorie, dass Lennon in Hanna verliebt ist, hat sich nach diesem Anblick nur bestätigt.

Ich wende meinen Blick ab, drehe mich um und eile auf die Tür zu, die wieder zu meinen Platz neben Lisa führt. Auf einmal höre ich eine Stimme hinter mir rufen: „Ally?!“

Mist. Er hat mich gesehen. Ich wische mir kurz und unauffällig über meine Augenringe, um zu überprüfen, ob eine Träne mir vielleicht entwischt ist und meine Wimperntusche verwischt hat.


Als dies nicht der Fall zu sein scheint, zwinge ich mir ein freundliches Lächeln auf und drehe mich um: „Lenni! Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns heute noch einmal sehen.“

Er lächelt mich an: „Ich auch nicht. Was schaust du denn an?“

Ich: „Skyfall. Und du? Ehm ihr?“

Er lacht leicht: „Wir auch. Was für ein Zufall.“

Ich hasse dieses verdammte Schicksal!

Er: „Wo sitzt du denn?“

Ich: „Ehm….Reihe 10 glaube ich…“

Er: „Wir ebenfalls.“

Sein Lächeln breitet sich. Wie kann er jetzt nur so lächeln? Jetzt wo ich weiß, was hinter diesem Lächeln steckt? Wieso muss er so lächeln, wenn seine Augen so voller Trauer, Zweifel, Wut sind? Und wieso muss er „wir“ sagen?
Wieso muss er mich so gezwungen anlächeln? Das ist nicht dieses zuckersüße, etwas schüchterne Lächeln, das ich so an ihm liebe. Das ist ein Lächeln, das mir die Tränen in die Augen bringt, weil es mir klar macht, dass ich seine Ablenkung von Hanna war und er nur Hanna sieht.

Ich: „Ach wirklich?“

Er nickt: „Bis gleich.“

Er geht zum Popcornstand und stellt sich hinter das leidenschaftlich verschlungene Knäul. Wie kann er so ruhig hinter den beiden steht, wenn er sie doch liebt?

Kurz schüttle ich den Kopf. Misch dich nicht ein! Du wirst dir nur selber wehtun!
Ganz ruhig, du gehst jetzt einfach wieder rein und hoffst, dass sie nicht direkt neben dir sitzen!
Entschlossen gehe ich zurück zu meinen Platz. Lisa: „Wo warst du denn so lange? Der Film hat schon angefangen!“

Ich höre, dass nun das berühmte Lied „Skyfall“ läuft und der Film wirklich schon begonnen hat.

Ich: „Ich habe gerade eben Lennon getroffen…“

Wie froh ich doch bin, dass es hier im Kino so dunkel ist. Lisa kann also unmöglich erkennen, dass mir gerade eine Träne über die Wange läuft und meine Augen sicher gerötet sind, so wie diese brennen.

Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter, die sanft über diese streichelt: „Was ist denn passiert?“

Ich will es ihr gerade erklären, als ich merke, dass drei Gestalten sich neben mich setzen. Schnell flüstere ich Lisa zu: „Später.“

Sie: „Ok.“

Schon wendet sie sich wieder dem Film zu und auch ich widme mich komplett den Film.
Ich muss zugeben, der Film ist wirklich gut und ich blende alles andere als den Film komplett aus.

Die Popcorn, die ich zusätzlich extra gekauft hatte, blieb unberührt, da Lisa und ich einfach zu sehr auf den Film fokussiert waren.

Nach dem Abspann geht das Licht wieder an. Ich beginne mir die Jacke wieder überzuziehen und meine Sachen zusammen zu suchen.

Lennon: „Und wie fandet ihr den Film?“

Interessiert sieht er mich und Lisa an. ER saß die ganze Zeit neben mir?!

Schnell wische ich über meine Wange. Anscheinend ist meine Schminke nicht verwischt, was für ein Glück.

Ich: „Er war wirklich gut! Wie findest du ihn denn?“

Er: „Ja gut war er schon, aber ich finde sie hätten bessere Autos zeigen können. Und die Waffenauswahl war dieses Mal auch nicht so groß.“

Ich kann das wirklich schlecht beurteilen, ich habe bis jetzt noch keinen James Bond Film ganz angesehen und deswegen fand ich diesen wirklich gut.

Lennon lächelt, aber dieses Mal scheint das Lächeln aufrichtig: „Naja ich muss dann los. Wir sehen uns.“

Er hebt kurz zum Abschied die Hand, dreht sich um und geht.

Ich bleibe einfach da stehen und bewege mich nicht. Auf einmal Lisa: „Ally? Wollen wir dann auch mal los?“

Ich: „W-Was? Ach so. Ja klar.“

Schnell hänge ich mir meine Tasche um und gehe mit Lisa aus dem Kino. Zusammen wollen wir schon den Weg für Fußgänger einschlagen, da kommt Lennon noch einmal auf uns zu: „Müsst ihr Heim laufen? Wenn ihr wollt, könnt ihr bei mir mitfahren?“

Ich nicke: „Wenn das für dich in Ordnung ist.“

Er lächelt: „Na klar. Meine Mutter würde es mir sicher übel nehmen, wenn ich euch zu dieser Uhrzeit noch alleine Heimlaufen lasse.“

Ich lache kurz. Ja das konnte ich mir wirklich gut vorstellen. Lisa und ich folgen ihm also zu dem Wagen seiner Mutter, die auf dem Beifahrersitz sitzt.
Lennon scheint heute zu fahren.

Dieser setzt sich auf den Fahrersitz und Lisa und ich nehmen auf dem Rücksitz Platz.
Lennon kann gar nicht mal so schlecht Autofahren. Vielleicht fährt er etwas zu schwungvoll und sollte ab und an mal auf die Bremse drücken, aber ansonsten wirklich top.

Zuerst fährt er Lisa Heim und dann mich. Ich erzähle Sabine ganz begeistert, was alles in dem Film passiert ist und diese hört interessiert zu. Hin und wieder ergänzt Lennon etwas in meinen Erzählungen. Die Autofahrt vergeht wirklich schnell.

Bei mir daheim angekommen, sage ich: „Danke fürs Heimfahren. Tschüss.“

Ich steige aus dem Wagen und klingle an der Tür. Tja an einen Schlüssel habe ich mal wieder nicht gedacht.
Da höre ich wie abermals eine Autotür aufgeht. Verwirrt drehe ich mich um und sehe Sabine auf mich zukommen. Habe ich etwas vergessen?

Sie: „Wir haben schon wieder vergessen den Stoff mitzunehmen.“

Ich: „Oh stimmt. Entschuldige.“

Sie lächelt: „Das ist kein Problem.“

Meine Mutter macht nun die Tür auf: „Huch? Sabine! Schön dich zu sehen! Was machst du denn hier?“

Freudig umarmt meine Mutter Sabine und diese erklärt es ihr kurz.

Meine Mutter sieht mich ein wenig tadelnd an: „Du gibst mir das nächste Mal bitte Bescheid, wenn du ins Kino gehst!“

Ich: „Natürlich.“

Meine Mutter bittet Sabine herein und holt auch gleich den Stoff. Natürlich bietet meine Mutti Sabine auch etwas zu trinken usw. an, aber diese lehnt ab und geht gleich wieder.

Selbstverständlich werde ich noch von meiner Mutti über den Film ausgequetscht und sie fragt mich wie es dazu kam, dass ich mit Sabine heimgefahren bin. Als ihr mein Bericht endlich genügt, entlässt sie mich. Dieses Kreuzverhör gerade war ich wirklich leid. Aber ich kann sie verstehen, ich bin leider genauso neugierig, ich schätze das habe ich von ihr geerbt.

Ich mache mich schnell bettfertig und lege mich wieder schlafen.
So schlecht war der heutige Tag vielleicht doch nicht.

9.


Die nächsten Wochen verliefen nicht sonderlich aufregend, natürlich hatte ich an jedem Freitag ein bisschen Bammel und habe schöne 2 Stunden. Lennon sah auch nicht mehr traurig aus, was mich etwas verwundert, aber sehr erfreut.
Trotzdem halte ich eine gewisse Barriere zwischen uns. Ich will einfach nicht verletzt werden.

Wenn er erkennt, dass ich in ihn verliebt bin, könnte er mich vielleicht einfach fallen lassen und ich will es nicht hören. Ich will von IHM nicht hören, dass er Hanna liebt.

Der Abschlussballabend rückt mit beängstigender Geschwindigkeit näher und bevor ich mich dreimal gedreht habe ist er auch schon da.

Die Schritte beherrschen sowohl Lenni als auch ich mittlerweile ziemlich perfekt. OK, wir beide können Rumba einfach nicht tanzen. Mir ist klar, das Rumba einfach nur ein langsamer Cha-Cha-Cha ist, aber irgendwie klappt das trotzdem einfach nicht.

Also haben wir es aufgegeben und beschlossen einfach zu vermeiden Rumba tanzen zu müssen.
Am Freitag stehe ich auf und realisiere nur langsam, dass heute wirklich Abschlussball ist. Irgendwie bin ich schon enttäuscht darüber. Nach dem Abschlussball ist alles vorbei. Ich werde Lennon nie wieder so nahe sein und ich werde ich nicht mehr so häufig sehen.

Miesgelaunt mache ich mich für die Schule fertig und warte auf meine beste Freundin und ihre Mutter, damit diese mich abholen.

Nach ein paar Minuten Wartezeit, die wirklich nicht angenehm waren, da ich draußen in einer ziemlichen Schneeschicht stehe, die mir schon bis zu Knie reicht. Zum Glück habe ich die Winterstiefel angezogen.

Mit der festen Überzeugung, dass dieser Tag einfach nur besser werden kann, steige ich dann in den Wagen meiner Freundin. Dort kommen gerade die Nachrichten und der Nachrichtensprecher verkündet, dass heute Abend wohl ziemlich viele Schneestürme kommen würden und natürlich wird auch unsere Gegend mit aufgezählt. Super. Warum ist der Abschlussball nicht im Sommer?

Meine Laune ist nun schon auf dem Tiefpunkt angekommen, als ich dann in der Schule ankomme und erfahre, dass die Französisch Schulaufgabe, die ich dachte, dass wir sie nächsten Donnerstag schreiben, schon am Dienstag schreiben und ich quasi nur 2 Tage zum Lernen haben werde, da heute ja schon Freitag ist und den ganzen Tag mit anderen Dingen beschäftigt sein werde, verbessert sich natürlich meine Laune kein bisschen. Wieso können wir nicht am Donnerstag diese dumme Schulaufgabe schreiben?!

Ich bin zwar nicht schlecht in Französisch, aber ich mochte es Dinge ein wenig vor mir herzuschieben mit dem Gedanken, dass ich ja noch Zeit habe, aber wenn ich erst kurz vorher davon erfahre, vergeht der Spaß!

Seufzend lasse ich die Schulstunden über mich ergehen und fahre heute sogar das erste Mal seit langen an einem Freitag wieder mit dem Bus nach Hause.

Daheim angekommen esse ich das von Mum zubereitete Schnitzel mit Kartoffeln und lasse mir dabei sehr viel Zeit.

Als ich endlich mit Essen fertig bin, schaut meine Mutti auf die Uhr: „So. Wir müssen auch gleich zum Friseur!“

Ehe ich noch groß etwas sagen konnte, hatte sie schon mein Geschirr aufgeräumt und sich die Autoschlüssel geschnappt. Müde ziehe ich meine Jacke und Stiefel an und gehe ihr nach.

Ich steige fast schon in Zeitlupe in das Auto ein und Mum fährt uns zum Friseur. Meine Friseuse wartet schon gutgelaunt auf mich und fragt, ob ich irgendetwas anders haben möchte, als das letzte Mal, als wir es getestet haben. Ich erkläre ihr, dass ich doch lieber alle Haare hochgesteckt haben möchte und sie nickt kurz und macht sich gleich an die Arbeit.

Sie turbiert fast alle Haare, bis auf die vordersten und fängt an die Frisur zu machen. Für mich sieht das alles höchst kompliziert aus, wie sie die ganze Zeit alles glatt streicht mit Haarspray befestig und sich schließlich daran macht die Haare zu locken und jede einzelne Strähne auf eine ganz spezielle Weise und in einer ganz bestimmten Reihenfolge mit Klammern zu befestigen.

Nach einer dreiviertel Stunde sitzt die Frisur perfekt und ich betrachte höchst zufrieden im Spiegel die Frisur, die sich durch den anderen Spiegel, den meine Friseuse mir hinhält, spiegelt.
Ich muss sagen die Frisur sieht wirklich schön aus.
Meine Augen leuchten leicht.

Meine Mutter die natürlich nicht geblieben ist, sondern einige Erledigungen gemacht hat, kommt nun und ist auch hellauf begeistert. Wir bedanken uns bei der fähigen Frau und verabschieden uns.
Meine Mutter fährt uns wieder heim und ich schaue noch ein wenig Fernseher.

Nach einer Stunde fernsehen, merke ich, dass ich mich langsam wirklich fertig machen sollte. Zu spät dran sein, wollte ich wirklich nicht. Um 17.30 Uhr wollte Lennon mit seinen Eltern hier sein. Sein Vater ist heute erst wieder aus Indien nach einer Geschäftsreise angekommen und sicher noch ein wenig müde. Deswegen bereitet meine Mutter gleich ein paar Häppchen, natürlich darf der Sekt auch nicht fehlen und Kaffee, vor.

Ich schminke mich erst einmal ab. Dann trage ich erneut Make-up und Puder auf. Ich versuche alles so ordentlich und perfekt zu machen, wie es nur geht. Ich verdecke mit den Abdeckstift meine Augenringe, nehme den Lidschatten und beginne die drei Brauntöne auf meinem Lid in der richtigen Reihenfolge zu verteilen. Danach ziehe ich den Lidstrich und tusche meine Wimpern. Als ich das alles geschafft habe trage ich einen braunrötlichen Lippenstift auf und betrachte mich noch einmal im Spiegel. Ich sehe nicht mehr zu normal aus, aber auch nicht so, dass ich sage, dass ich total anders aussehe.

So habe ich mir das vorgestellt. Zufrieden packe ich die Utensilien, in die kleine Glitzerhandtasche, die ich mir extra noch besorgt hatte.

Ich zog nur noch den extra gekauften BH, die Feinstrumpfhose, das Kleid , die Pumps an und lege mir die schöne silberne Kette, an der nur ein silberner Stein hängt, die dazu passenden Ohrringe und die neue schwarze Leder Uhr, die eigentlich erst ein Weihnachtsgeschenk werden sollte, um.

Ein kritischer Blick in den Spiegel, noch ein paar Feinheiten gerichtet und schon ist alles fertig.
Ich nicke meinem Spiegelbild aufmunternd zu und gehe runter in die Küche, in der meine Mutter immer noch werkelt.

Ich: „Mum? Ich denke ich bin fertig?“ Meine Mutter dreht sich lächelnd zu mir um und mustert mich eingehend.

Ich: „Und?“

Sie lächelt warm und nimmt mich in den Arm: „Du siehst so erwachsen aus!“
Sie: „Wir müssen unbedingt gleich Fotos machen!“

Sofort holt sie Dad´s teure Canon, oder wie diese Marke heißt, Kamera hervor. Es ist ein riesiges schwarzes Gerät, auf das man unterschiedliche Linsen schrauben kann. Leider kenn ich mich nicht sonderlich gut mit Kameras aus, aber es war auf jeden Fall eine sehr teure.

Mum: „Mist. Wie ging diese Ding noch einmal an?“ Ich seufze und stelle es ihr ein.

Ich: „Drücke einfach nur noch auf diesen Knopf, ja?“

Sie nickt: „Stell dich bitte vor den Stuhl dort. Dann haben wir die dunkelgraue Wand im Hintergrund.“

Ich nicke und stelle mich davor.

Sie knippst ein paar Mal und dann klingelt das Telefon. Sie stellt die Kamera ab und geht wieder zurück in die Küche, in der sie das Gespräch entgegen nimmt. Ich gehe leicht gelangweilt auch in die Küche und schaue auf die Uhr: 17.30. Plötzlich sehe ich Scheinwerfer, die auf unser Haus zu kommen. Das wird wahrscheinlich Lennon sein.

10.


Mit einen sehr nervösen und unsicheren Gefühl gehe ich zur Tür und öffne diese. Das Auto hat mittlerweile schon geparkt und Sabine und Lennon machen irgendetwas beim Kofferraum, während mir Bernd, Lennons Vater, schon entgegen kommt.

Dieser: „Wow. Du hast dich wirklich herausgeputzt.“

Leider weiß ich immer nicht, was ich auf solche Komplimente antworten soll.

Ich: „Danke. Komm doch rein.“

Er putzt die mit schneeüberzogenen Schuhe auf der dafür vorgesehenen Matte ab und betritt den Flur. Nun kommen auch Sabine und Lennon nach. Sabine schüttelt mir ebenfalls die Hand und sagt auch, dass ich ja sehr hübsch aussehe. Lennon lächelt mich an und überreicht mir ohne ein Wort außer ein „Hallo“ das Blumengesteck. Es ist wirklich schön. Es sind fünf helle Rosen, die in der Mitte jeweils einen Stein haben und um die Rosen herum ist etwas Grünzeug und eine kleine weiße Schleife mit langen Bändern. Ich: „Danke.“ Er nickt kurz und kommt auch in den Flur, genau wie seine Mutter. Meine Mutter beendet nun endlich ihr Telefonat und bietet Sabine gleich ein Häppchen an. Ich nehme mir auch eines. Ich habe ja noch nichts zu Abend gegessen. Aber irgendwie habe ich auch gar keinen Hunger…

Meine Mutti verteilt währenddessen sehr großzügig, eindeutig zu viel, Champagner in den großen Sektgläsern. Wir stoßen natürlich an und ich habe einen kurzen Blickkontakt mit Lennon. Dieser scheint allerdings sehr müde zu sein. Warum konnte er denn nicht schlafen? Hatte er heute wohl irgendeine Schulaufgabe oder so etwas?!

Ich schüttle innerlich über mich selbst den Kopf. Ist doch egal! Konzentrier dich einfach mal auf dich…so wie so oft in letzter Zeit.

Ich nehme einen Schluck von dem Champagner und er ist wirklich gut. Meine Mutter hat natürlich wieder einen sehr edlen hervorgeholt. Aber er schmeckt wirklich gut.

Meine Mutter und Lennons Eltern unterhalten sich fröhlich und Lennons Vater scheint nach dem Espresso, den meine Mutter ihn überreicht hat, wieder wacher.

Lennon schweigt die meiste Zeit über und auch ich bin ebenfalls sehr ruhig. Was hätte ich auch groß sagen können?

Mein Vater kommt um 18.15 auch zu uns. Wegen meinen Abschlussball hat er sogar extra seine Arbeitszeit verkürzt. Normalerweise arbeitet er immer bis 20.00 oder 20.30 Uhr.

Er: „Schick!“

Er lächelt und nimmt die Kamera, die meine Mutter sorgfältig auf den Tisch gelegt hat.

Er: „Na dann. Machen wir von euch beiden doch noch ein paar Bilder.“

Ich seufze nur leicht genervt, bin aber irgendwie froh über diese Idee, dann habe ich ja Bilder von uns beiden.
Wir werden wieder vor die dunkelgraue Wand im Flur positioniert und mein Vati beginnt unaufhörlich zu knipsen.
Ja mein Vater ist nun einmal von Bilder machen ziemlich begeistert. Ich schätze er wäre sicher auch ein guter Paparazzo geworden.

Nach der Fotoaktion gehen wir nochmals ins Esszimmer und unsere Eltern unterhalten sich abermals.
Um 18.30 Uhr entschließen Lennons Eltern, dass wir doch langsam mal losmüssen, da wir sowieso bei ihnen noch einmal vorbeifahren müssen, weil sie ihre Karten vergessen haben.

Diese Abschlussballkarten haben wir schon vor 3 Wochen gekauft und es hat ewig gedauert. Die Schlange war einfach sehr lang gewesen und Lennon ist genau an dem Tag zu spät gekommen. Natürlich haben mir meine Eltern eingebläut ja mit ihm zusammen die Karten zu kaufen, damit Lennons und meine Eltern auch ja nebeneinander sitzen. Das mussten wir natürlich noch dazu sagen.

Ein so großer Aufwand, der nur für einen Abend ist. Das kann ja nur enttäuschend werden.
Im Auto herrscht eiskalte Stille, aber das ist mir nur Recht. Ich bin todmüde. Ich habe heute Nacht kaum ein Auge zu bekommen. Warum genau weiß ich auch nicht. Nein Aufregung war das nicht. Eher ein schlechtes Gefühl. Ich habe das Gefühl, das heute etwas passieren wird, was mich enttäuschen oder sogar verletzen wird.
Das ist kein gutes Zeichen, eigentlich bin ich ja nicht abergläubisch oder so etwas, aber ich verlasse mich normalerweise immer auf mein Bauchgefühl.

Sabine: „Ihr seid ja so still. Lennon erzähl doch einmal etwas, du hast doch sicher heute etwas erlebt.“

Lennon: „Was soll ich denn heute erlebt haben? Ich war in der Schule.“

Sabine, die anscheinend versucht hat ein Gespräch zu beginnen seufzt: „Na da war doch sicher irgendetwas oder?“

Sie will anscheinend noch nicht aufgeben.

Er: „Naja ich bin heute extrem müde.“

Sabine: „Oh je. Na das kann heute noch etwas werden. DU bist ja noch jung, du verkraftest das schon.“

Ich: „Ich bin auch ziemlich müde.“

Sabine: „Ich schätze, das sind wir alle.“

Ich schaue die restliche Fahrt aus dem Fenster. Also ein Schneesturm ist im Moment noch nicht. Hoffentlich bleibt das auch so.

11.


Wir kommen in der Tiefgarage, der Halle an, in der der Abschlussball stattfinden wird.
Es ist wirklich schrecklich kalt. Ich habe zwar meine dicke Daunenjacke an, aber nur die Feinstrumpfhose, das Kleid und die Pumps sind wirklich schrecklich kalt.

Wir gehen auf eine Tür zu, eine Treppe nach oben, einen Flur entlang und abermals eine Treppe nach. Nun hört man schon sehr lautes Gemurmel und nach wenigen Metern sehen wir auch schon sehr viele Jugendliche, die hübsch hergerichtet vor und auf einer Treppe herumstehen und sich laut unterhalten. Ich sehe mich kurz etwas um.

Lennon: „Siehst du schon jemanden von den anderen?“

Ich drehe mich zu ihm: „Ehm..nein…bis jetzt noch nicht.“

Da fällt mein Blick auch schon auf ein Türkises Kleid.

Ich: „Oder doch.“

Ich lächle und gehe auf meine Freundinnen zu, die etwas abseits in eine kleine Gruppe bilden.

Ich: „Hey.“

Sie sehen mich: „Oh, hey Ally.“

Ich: „Ich bin etwas spät.“

Eigentlich hätten wir ja schon um 18.30 da sein sollen, aber mittlerweile ist es schon 18.50. Naja was soll´s, viel haben wir ja nicht verpasst. Lennon geht zu Mike, der neben ein paar anderen Jungen steht.

Ich: „Wo habt ihr eure Jacken hin?“ Lisa deutet hinter sich: „Zu der Garderobe.“

Ich nicke und mache mich auf den Weg dorthin. Allerdings fängt mich schon Bernd ab: „Soll ich deine Jacke auch gleich abgeben?“

Ich lächle und nicke: „Das wäre sehr nett. Danke.“

Er lächelt ebenfalls und nimmt mir meine Jacke, die ich ausziehe ab. Danach geselle ich mich wieder zu meinen Freundinnen. Wir unterhalten uns über dies und das und langsam scheint die Schlange von Jugendlichen immer kürzer zu werden. Ich begreife nun auch endlich für was wir überhaupt anstehen. Für den Fotografen. Der grausame blau-grün-graue Hintergrund strahlt einen schmerzhaft in die Augen. Wie kann dieser Fotograf nur so einen grausamen Hintergrund nehmen?!

Lennon: „Und wie jedes Jahr der super Hintergrund.“ *Ironie*

Ich: „Meine Mutter hat ja schon gemeint, dass wir wahrscheinlich wieder denselben bekommen, aber diese Farbe ist ja grausam!“

Lennon nickt: „Ja das ist sie.“

Wir stellen uns weiterhin brav an, doch nun kommt unser Tanzlehrer dazwischen: „Ihr habt noch bis 8 Uhr Zeit danach fangen wir mit der Polonaise an. Ihr könnt bis 22:00 Uhr die Fotos machen, ja?“

Er sieht uns noch einmal kurz an. Ich werfe einen prüfenden Blick auf meine Uhr: 19.55 Uhr. Es lohnt sich nun wahrscheinlich nicht mehr hier weiterhin anzustehen. Vor der Polonaise kommen wir auf keinen Fall dran.

Ich: „Wir können ja uns schon einmal einen Platz aussuchen.“

Wir gehen also zum Saaleingang, an dem wir unsere Karten abgeben müssen und einen Stempel auf die Handfläche bekommen. Danach sehen wir uns im Saal um. Die Tanzfläche kommt mir nicht allzu groß vor, aber es sollte wahrscheinlich reichen. Ich sehe mich weiter um und entdecke einen leeren Tisch, der für die Schüler und Schülerinnen zur Verfügung steht.

Ich steuere auf diesen zu und wir alle nehmen Platz. Pauline und Mike setzen sich ganz am Ende, in die letzte Ecke des Tisches. Ich glaube ich habe das noch nicht erwähnt, aber die beiden sind mittlerweile ein Paar und hängen nur noch aneinander, wobei ich schon zugeben muss, dass sie wirklich süß zusammen aussehen und Pauline wirklich niemanden von uns auf irgendeine Art und Weise „vernachlässigt“. Sandra starrt die ganze Zeit auf ihr Handy, während sie ihren Tanzpartner, der für ihren besten Freund, der plötzlich in den Urlaub fliegt (ja mitten im Schuljahr), eingesprungen ist, einfach ignoriert. Natürlich gibt es einen Grund, warum sie wie hypnotisiert auf ihr Handy starrt und dieser Grund heißt Alex. Alex ist erst in der 7. Klasse unseres Gymnasiums und ist 13 Jahre alt, während Sandra hingegen schon 16 Jahre alt ist. Also ich will ja nicht behaupten, dass das Alter wirklich entscheidend ist, aber ich frage mich wirklich, was sie mit diesem „Kind“ anfangen will?! Sie redet immer nur davon, dass Alex ja so süß, so lieb, hilfsbereit und einfach nur so super aussieht usw. Meine Meinung allerdings ist ganz anders. Er kommt mir total kindlich vor, gut sieht er für mich auch nicht aus und zudem scheint er auch noch Sandra total zu verarschen. Als ich das allerdings einmal angesprochen habe, wurde ich von Sandra angeschrien, ich solle ihren Alex ja nicht beleidigen und nicht so verarschen. Dabei habe ich das wirklich ernst gemeint. Sie verrennt sich da sicherlich in etwas, das sie später wahrscheinlich bereuen wird. Deswegen als ihre Freundin wollte ich sie nur darauf aufmerksam machen, aber ich rede gegen eine unüberwindbare Mauer.

Lisas Tanzpartner hat sich einfach wo ganz anders hingesetzt und auch Kristinas Tanzpartner scheint irgendwo anders zu sein. Lennon sitzt etwas gelangweilt neben mir und ich muss zugeben, dass auch mir langweilig ist. Warum haben wir uns überhaupt hingesetzt? Wir müssen dann sowieso gleich wieder aufstehen.

Schon kommt unser Tanzlehrer auf uns zu: „Wir fangen gleich an mit der Polonaise.“

Etwas missgelaunt und auch aufgeregt stehe ich auf, genau wie Lennon, Lisa, Kristina, Sandra und die zwei Turteltauben.

Ein leichter Schauer läuft mir hinunter. Es ist auf jeden Fall kalt!

Im Eingang vor der Halle, haben sich schon die meisten versammelt. Schnell dränge ich mich in den mittleren Bereich. Lisa stellt sich hinter mich und Pauline und Mike vor mich. Lennon gesellt sich zu mir und hält mir seine Hand mit der Handfläche nach oben hin. Ich lächle leicht und lege meine Hand auf die seine.

Seine Hand ist wunderschön warm. Wie kann man nur so schön warme Hände haben? Oder ist etwa nur mir kalt?

Er: „Oh Gott! Deine Hände sind ja eisig!“

Ich: „Deine sind total warm!“

Er: „Nein meine sind total normal! Deine sind einfach nur gefroren.“

Ich lache etwas verlegen, da ich nicht mehr weiß, was ich sagen soll.
Ich höre wie die Musik angeschaltet wird und schon geht es los.

Ich achte nicht darauf, was die Zuschauer machen sondern starre einfach nur auf Paulines Hinterkopf, ihr Füße natürlich immer im Augenwinkel, um diesen dummen Gleichschritt zu halten.

Ich habe ehrlich gesagt von der gesamten Polonaise keine Ahnung, sondern mache einfach das, was Pauline macht und diese weiß es von ihrer Vorderfrau. Die einzigen, die davon eine Ahnung haben, sind die ersten 4 Paare.
Allerdings verläuft alles gut und es klappt alles. Als wir durch den „Tunnel“ müssen, den die anderen mit ihren Händen bilden, bin ich Lennon so schön nah. Mein Herz klopft richtig in meiner Brust. Hoffentlich spürt er es nicht! Er lächelt mich nur ab und an an und ich schmelze schon fast nur von diesen kleinen Aufmerksamkeiten, die wie ich eigentlich weiß, selbstverständlich sind, dahin.

Nachdem wir uns schön aufgestellt haben und Mädchen in einer Reihe stehen und diesen ihre Partner gegenüber aufgereiht sind, machen die Mädchen einen Knicks und die Jungen verbeugen sich leicht.

Ich hätte den dummen Knicks schon wieder beinahe vergessen. Hastig mache ich ihn noch und schon kommt Lennon wieder auf mich zu, ich hacke mich bei seinem rechten Arm ein und er begleitet mich auf unseren Platz wie es sich gehört.

Ich mag es ihm so nahe zu sein, ohne dass ich irgendwie anhänglich oder aufdringlich erscheine.

Wir beschließen natürlich sofort, dass wir uns abermals beim Fotografen anstellen könnten. Dort angekommen stellen wir uns ganz hinten bei der Schlange an. Wie nervig ist das denn bitte?! Warum sind wir immer so spät dran?
Lennon geht einfach aus der Schlange und unterhält sich mit ein paar seiner Freunde. Ich mache mir aber nichts draus und unterhalte mich ein wenig mit Pauline, Sandra und Lisa, deren Partner auch die Schlange verlassen haben.
Gerade als nun endlich Lennon und ich dran gewesen wären, meint der Fotograf: „Tut mir leid, aber ihr müsst später nochmal kommen. Wir müssen kurz eine Pause machen.“

Das kann doch jetzt nicht wahr sein oder?!
Jetzt wären doch gerade wir dran gewesen.
Während wir wieder in den Saal zurückgehen, fällt mir auf, dass schon alle von uns tanzen. Ich seufze genervt.

Lennon: „Da haben wir wohl einen Tanz verpasst, was?“ Er scheint sich darüber zu freuen.

Ich nicke kurz und wir setzen uns wieder auf unsere Plätze. Dort schaue ich mir zusammen mit Lennon den Plan für heute Abend an. Wir haben nicht einen, sondern drei Tänze verpasst, aber das lässt sich jetzt auch nicht mehr ändern.

Ich grinse leicht: „Naja die anderen drei werden wir tanzen.“

Er: „Ja.“
 

Ich verschaffe mir noch einmal einen Überblick über den heutigen Ablauf und schaue erneut auf die Tanzfläche, die sich wieder langsam leert.

Ich: „Was ist jetzt dran?“

Er: „Wir müssen mit unseren Eltern tanzen.“

Er steht auf, geht zu dem Tisch von unseren Eltern und ich folge ihm.
Dort angekommen warten schon mein Vati und seine Mutter. Sie grinsen uns an und mein Vater und Sabine gleich: „Wir haben euch noch gar nicht tanzen gesehen. Dabei haben wir die ganze Zeit nach euch Ausschau gehalten.“

Ich: „Wir haben auch noch nicht getanzt. Aber wir tanzen schon noch die restlichen drei Tänze. Keine Sorge.“

Ich hake mich widerwillig bei meinem Vater unter. Warum muss er so darauf bestehen, dass ich mich bei ihm einhake? Nur weil Lennon und seine Mutter das machen!

Mein Vater schleppt mich natürlich gleich ganz vorne auf die Tanzfläche, damit auch ja alle uns sehen können. Warum habe ich nur so einen tanzbegeisterten Vater?

Ich atme noch einmal tief durch und warte darauf, dass die Musik beginnt. Wir tanzen den langsamen Walzer. Oder zu mindestens tanzen wir diesen Tanz eigentlich. Aber mein Vater tanzt das ganz anders wie ich gelernt habe.

Er: „Lass dich einfach von mir führen.“

Ich: „Tanzt du auch wirklich den richtigen Tanz?“

Er: „Ja. Nur finde ich das wie du es wahrscheinlich tanzen willst etwas zu steif.“

Schon werde ich umhergewirbelt, natürlich nicht so schnell, aber trotzdem komme ich nicht ganz mit seinen Schritten mit.
I

st er sich wirklich sicher, dass er nicht den falschen Tanz hat?

Du musst das jetzt einfach überstehen, ich blicke kurz über die Seite meines Vaters und erkenne, dass Lennon ebenfalls gewisse Probleme hat mit seiner Mutter zu tanzen. Das bereitet mir dann Genugtuung. Ich bin definitiv nicht die einzige, die Probleme hat mit ihrem Elternteil zu tanzen.

Als der Tanz endlich vorbei ist, will ich mich schnell auf und davon machen, aber natürlich wird nichts daraus.
Unser Tanzlehrer: „So und weil das jetzt so schön war, wollen wir doch noch ein kleines Extra für die Eltern dranhängen. Einen…Disco Fox!“

Oh Gott ich würde ihn jetzt gerade wirklich gerne umbringen. Wieso ausgerechnet Disco Fox? Und warum muss ich nochmal mit ihm tanzen?! Also klar, ich habe meinen Vater lieb. Aber ich habe wirklich keine Lust nochmal mit ihm zu tanzen.

Ich will mich schon aus dem Staub machen, da zieht mich mein Vater wieder zurück: „Na den Tanz lassen wir uns doch nicht entgehen.“

Oh doch wie gerne würde ich dem entgehen!

Also werde ich dieses Mal mit einer irren Geschwindigkeit umhergewirbelt und blicke nun überhaupt nicht mehr durch, welche Reihenfolge mein Vater bitte gewählt hat. Disco Fox besteht aus 3 naja ich nenne es nun einmal „Teilen“, zu mindestens haben wir drei gelernt. Beim ersten geht man nach hinten, nach vorne und wieder nach hinten (also die Frau, Mann umgekehrt), beim zweiten dreht man sich dreimal und beim letzten hat die Frau ein „Damensolo“, also eine Drehung alleine.

Tja mein Vati macht diese Schritte nicht dreimal, sondern mal so mal so. Wie soll ich da einen Durchblick haben.

Ich: „Kannst du nicht die Drehungen dreimal machen und das vor und zurückgehen auch dreimal?“

Er: „Nein. Das wäre ja langweilig.“

Wie gerne hätte ich es doch „langweilig“.

Er: „Habt ihr schon das Damensolo gelernt?“ Ich: „Ja.“

Und schon werde ich weggedreht. Oh Gott. Das war eindeutig zu plötzlich!
Auf jeden Fall!

Als dieser Tanz dann mehr oder weniger erfolgreich beendet war, lasse ich mich noch von meinem Vati zu seinen Platz führen und gehe dann danach gemeinsam mit Lennon zu unseren Plätzen. Was wieder einmal total sinnlos war, weil wir sowieso wieder auf die Tanzfläche müssen.
Gott, ich bin jetzt schon so fertig.

12.


Lennon lächelt mich an und wir gehen zurück auf die Tanzfläche. Dort angekommen sehe ich mich erst einmal ein wenig um.

Ich: „Ok. Welcher Tanz kommt als erstes?“

Er überlegt kurz: „Langsamer Walzer.“

Ich nicke kurz.

Schon beginnt die Musik und nachdem unser Tanzlehrer extra durch ein Mikro den Takt vorgegeben hat, fangen wir an über die Tanzfläche zu schweben.

Mit Lennon zu tanzen war eindeutig viel angenehmer als mit meinen Vater zu tanzen.

Ich spüre wieder den heißen Atem von Lennon auf mir und mein Lächeln scheint nicht mehr wegzugehen.

Er: „Deine Hände sind ja gar nicht mehr kalt.“

Ich: „Mir ist ja auch nicht mehr kalt.“

So ein sinnloses Gespräch mal wieder. Aber schon diese paar Worte lassen mein Herz schneller schlagen.
Langsam geht der erste Tanz zu Ende und wir tanzen gleich im Anschluss den Cha-Cha-Cha. Diesen beherrschen wir auch sehr gut. Zufrieden merke ich, dass wir ihn wirklich sehr gut beherrschen. Wir ergänzen uns perfekt. Naja zu mindestens bis ich aus einen meiner Pumps schlüpfe und dann eher schlecht als recht weitertanze.

Ich: „Ich bin aus meinem Schuh draußen.“

Er: „Sollen wir kurz aufhören?“

Ich: „Nein. Es wird schon gehen.“

Ich will ihn jetzt noch nicht loslassen.
Ich versuche einfach so wieder in den Schuh zukommen, aber das erscheint schwieriger als gedacht. Ich muss lachen, so etwas kann aber auch nur mir passieren.

Er: „Bist du wieder drin?“

Ich: „Nein. Aber gleich…denke ich.“

Unser Tanzlehrer: „So und jetzt tanzen wir noch den Buggy beziehungsweise den Jive.“

Die Musik hört auf und eine neue beginnt. Schnell bücke ich mich und ziehe meinen Schuh wieder richtig an.

Lennon: „Alles wieder ok?“
Ich: „Ja.“

Er: „Gut. Welchen wolltest du noch einmal tanzen? Ich glaube Jive, oder?“

Ich: „Ja genau.“

Lennon kann weder Jive noch Buggy leiden deswegen habe ich entschieden, was wir tanzen.
Unser Tanzlehrer zählt wieder ein und wir beginnen.
Jive ist ziemlich monoton, aber es gibt monotonere Tänze wie den Foxtrott, den wir sogar verpasst haben.
Dieser Tanz vergeht schneller als mir lieb ist. Ich nehme den Geruch des Parfüms von Lennon in mir auf und kann gar nicht genug davon kriegen. Er riecht so gut und ich mag seine Nähe.
Ich bin wirklich etwas enttäuscht als unser Tanzlehrer verkündet, dass nun die Pflichttänze vorbei sind.

Lennon: „Wir müssen noch Fotos machen, oder?“

Ach ja stimmt, das war ja auch noch.

Ich: „Stimmt. Gehen wir am besten gleich, oder?“

Er nickt.

Wir verlassen wieder den Saal und gehen zu dem Fotografen, dieses Mal steht niemand an. Wir stellen uns vor diesen wirklich abscheulichen Hintergrund und ich muss mich wirklich zusammenreißen, um nicht zu fragen, warum er denn bitte immer diesen hässlichen Hintergrund wählt.
Lennon scheint es ähnlich zu gehen.

Die Assistentin des Fotografen positioniert uns und ich denke, dass das sicher total dumm aussieht. Ich soll mich irgendwie leicht an Lennon lehnen, dagegen hab ich wirklich nichts, aber ich kippe halb um, während ich das mache.
Lennon scheint das gleich zu denken und grinst mich etwas an.

Der Fotograf: „So zeigt doch beim Lächeln eure Zähne.“ Unsere Zähne zeigen?

Damit es wohl noch gezwungener aussieht, oder was?
Ich bemühe mich ein freundliches Grinsen zu halten und nach 5 Bildern kommt wieder die Assistentin, um uns zu erklären wie wir uns jetzt am besten hinstellen sollen.
Auch diese Position sieht meiner Meinung nach sehr gestellt und seltsam aus, aber was will ich noch groß sagen?
Dieser ganze Abend erscheint mir so unwirklich, wie ein Traum.

Als der Fotograf 5 weitere Fotos gemacht hat, entlässt er uns endlich. Jetzt fällt mir auch auf, dass Lisa, Sandra und Pauline mit ihren Partner hinter dem Fotografen stehen. Davor habe ich sie irgendwie ausgeblendet.
Wir gehen zu diesen und Lisa und ihr Partner lassen sich nun fotografieren. Auch bei ihnen sieht das Lächeln sehr gezwungen aus.

Nach Lisa und ihrem Partner machen noch Sandra und Pauline mit ihren Partnern Bilder.
Ich bin wirklich froh als wir wieder von diesem Fotografen weg sind und vor allem diesen schrecklichen Hintergrund nicht mehr ertragen müssen.

Der restliche Abend wir einfach nur noch langweilig. Lisa, Sandra, Kristina, deren Partner anscheinend schon gegangen ist, Lennon und ich sitzen einfach an einem Tisch rum und langweilen uns. Mike und Pauline machen ein bisschen in einer Ecke miteinander rum und ich finde es wirklich nicht sonderlich spannend hier. Ich bin auch todmüde. Wieso konnte der Abschlussball nicht am Samstag sein? Dann wäre ich wenigstens ein bisschen mehr ausgeschlafen und nicht so geschafft.

Lennon steht dann irgendwann auf und geht zu seinen Eltern. Ich schaue ihn kurz etwas hinterher und widme mich dann wieder meinen Freundinnen.

Wir unterhalten uns noch ein bisschen und planen das nächste Wochenende, an dem Sandra ihren Geburtstag feiern wird. Das wird sicher ein totaler Fail, aber was soll ich schon machen? Sie ist eine sehr gute Freundin und ich kann schlecht zu ihr sagen, dass ich die Q-Fete ihren Geburtstag vorziehe, dann wäre ich eine wirklich miese Freundin, auch wenn ich schon vorgeschlagen habe, dass wir doch ihren Geburtstag verschieben könnten. Sandra war da allerdings wirklich nur stocksauer auf mich. Deswegen und wegen der Sache mit Alex ist sie nicht wirklich gut auf mich zu sprechen.

Meinen Geburtstag haben wir allerdings auch andauernd verschoben gehabt und das nervte mich richtig, denn wir hatten einen Termin ausgemacht und klar können wir es von mir aus einmal verschieben, aber nein dann musste Sandra ja unbedingt da mit einem Typen ausgehen! Ja ich musste meinen Geburtstag wegen Sandra und einem Typen verschieben! Ist das zu fassen?! Und jetzt ist SIE sauer, weil ich mal auf eine Q-Fete will, auf die wirklich jeder geht?

Naja kann ich jetzt auch nicht mehr ändern.
Sandra geht von uns dann als erst, kurz darauf geht Kristina und nur noch Lisa und ich bleiben an unseren Tisch übrig, wenn man mal Pauline und Mike außer Acht lässt.
Wir machen noch ein paar Fotos mit meinem Handy und unterhalten uns über dies und das. Auf einmal sehe ich wie Lennon aufsteht und seine Mutter in meine Richtung nickt. Lennon nickt und kommt auf mich zu. Ich schätze er verabschiedet sich jetzt von mir.

Er: „Wir gehen jetzt. Tschüss.“

Er winkt mit seinen Händen, dreht sich um und geht. Lisa: „Du hättest dich vielleicht bedanken sollen?“

Ich: „Oh.“

Ich stehe auf, eile ihm hinterher und sage: „Danke.“

Er: „Wofür?“

Ich: „Naja, dass du mit mir zum Abschlussball gegangen bist und Tanzkurs gemacht hast.“

Er: „Kein Problem.“

Bernd dreht sich zu mir herum: „Tschüss.“

Er hält mir die Hand hin und ich schlage ein.

Ich: „Tschüss. Kommt gut Heim.“

Bernd nickt und ich verabschiede mich noch von Sabine.
Dann gehe ich wieder zu Lisa ohne mich noch einmal umzudrehen. Als ich dann wieder auf meinen Platz sitze erhasche ich nur noch einen kurzen Blick auf Lennons Rücken, der durch die Tür den Saal verlässt.

Ich schätze nun ist alles vorbei. Wir werden uns wohl nicht mehr so lange unterhalten oder irgendetwas zusammen unternehmen. Vielleicht hätte ich ihn wirklich mal ins Kino oder zu einem Kaffee oder so einladen sollen wie meine Mutter mir mal vorgeschlagen hatte, weil sie meinte, dass ich mich ja irgendwie bedanken musste.
Ich hätte das einfach machen sollen. Lennon hätte sicher nicht nein gesagt, aber dann war da ja Hanna.
Wie er sich wohl heute gefühlt hat?

Lisa reißt mich aus meinen Gedanken: „Wenn du ihn magst, hättest du ihn das einfach sagen sollen. Dann wüsstest du jetzt woran du bist und müsstest hier nicht so eine lange Schnute ziehen.“

Ich lache kurz etwas peinlich gerührt auf: „Sieht man das so genau?“

Sie nickt nur: „Ich bin jetzt seit ungefähr 10 Jahren deine beste Freundin. Wäre doch traurig, wenn ich es nicht könnte.“

Ich nicke kurz und seufze: „Ja du hast ja recht…aber…ich habe irgendwie Angst…“

Sie: „Was schlimmeres als dich abzuweisen kann er doch nicht.“

Ich: „Genau das ist es ja…er wird es sicher seiner Mum oder so erzählen….und ich will das nicht…das wäre mir zu peinlich und unangenehm…verstehst du?“

Sie: „Nein…nicht wirklich…“

Ich: „Egal…nicht so wichtig….“

Den Rest des Abends machen wir noch ein paar Bilder zu zweit und können dann endlich auch unsere Eltern davon überzeugen, dass es Zeit ist heim zu fahren.

Wie man erkennen kann, war der Abend eine Enttäuschung, nicht dass ich etwas Großartiges erwartet hätte, aber ich habe es mir definitiv anders vorgestellt.

13.


Die letzten 2 Schulwochen vor den Weihnachtsferien verfliegen in einem Augenschlag und sonderlich scheint das Schicksal wirklich nicht mit mir gesonnen zu sein. Denn ich sehe Lennon wirklich jeden verdammten Schultag und er lächelt!

Am liebsten wäre ich zu ihm gerannt und hätte ihn umklammert und nicht mehr losgelassen, doch das konnte ich ja schlecht machen. Wie sähe denn das aus?

Jedes Mal dieses verdammte Verlangen nach ihm, wenn ich ihn erblicke wie er da bei seinen Freunden steht und lacht, dieses wundervolle Lachen, dass in meinen Ohren schon den schönsten Liedern gleichkommt.
Doch gleichzeitig sticht mein Herz so schmerzhaft, da mein Verstand mir verbietet zu tun, was mein Herz doch so sehr begehrt. Jedes Mal diese verfluchten Gedanken, dass er sicher bald eine Freundin hat und ich immer noch keinen Freund.

Endlich ist der letzte Schultag gekommen und ich mache mich gerade erleichtert mit dem Bus auf den Nachhauseweg.

Einigermaßen zufrieden sitze ich auf meinen Platz und starre gedankenverloren aus dem Fenster. Die Autos, Straßen und Läden ziehen an mit vorbei und ich bin schon im Halbschlaf, als wir endlich an meiner Bushaltestelle ankommen.
Müde zwinge ich mich dazu aufzustehen und meine Beine nach Hause zu bewegen.
Dort angekommen, finde ich einen Zettel meiner Mutter vor:

Hey, Spatz!
Ich bin nochmal in die Stadt gefahren, aber keine Angst Sabine bringt dir auf jeden Fall etwas zu Essen vorbei. Bittest du sie dann bitte rein und bietest ihr etwas zu trinken an? Ach und gibst du ihr bitte die Zeitschriften mit, die im Flur liegen?
Danke schon einmal im Voraus;)
LG
Mama

Ich verdrehe die Augen, wieso nennt sie mich bitte Spatz?
Ich bin 15!
Ich seufze. Sie wird das wahrscheinlich nie lernen.
Ich schaue auf die Uhr. 13.10. Sicher wird Sabine bald kommen. Davor könnte ich ja noch schnell meine Schulsachen in den Schrank räumen und noch ein wenig fernsehen.

Ich haste schnell die Treppen hoch, verstaue meine gesamten Schulsachen in der hintersten Ecke meines Kleiderschranks -wer will denn schon von irgendwelchen Schulsachen in den Ferien belästigt werden?-, schmeiße mich auf die Couch und schalte den Fernseher an.
Gerade kommt auch eine sehr lustige Folge von „How i met your Mother“. Ich mag diese Serie wirklich, vor allem Barney, der ist einfach zum Schießen.

Ich höre die Türklingel, schnell schalte ich die Glotze aus und eile nach unten zur Haustür, die ich öffne und schon Sabine erwarte, doch sie steht nicht vor der Tür. Nein.
Es ist Lennon, der da steht.

Er lächelt: „Hey.“

Ich: „Hey?“

Er: „Darf ich reinkommen?“

Ich: „Ehm…ja klar…komm rein.“

Ich trete einen Schritt zur Seite, um ihn hereinzulassen. Er stellt einen Topf auf dem Boden ab, zieht seine Schuhe und Jacke aus und sieht mich an: „Ich esse mit dir zusammen, wenn es dir nichts ausmacht?“

Ich schüttle den Kopf.

Er lächelt: „Gut.“

Schon geht er an mir vorbei und in die Küche. Ich stehe noch eine Weile im Flur herum, bis ich endlich realisiere, dass ich mich vielleicht auch mal bewegen sollte und gehe auch in die Küche.
Er hat den Topf schon auf den Herd gestellt: „Eigentlich müsste es noch warm sein. Kannst du Teller holen?“
Ich hole hastig zwei Teller, Gläser und Besteck für uns beide.
Er lädt jeden von uns eine Portion auf und stellt die Teller, auf den gedeckten Küchentisch.
Ich hole noch schnell Mineralwasser zum Trinken.

Ich: „Du willst doch Wasser, oder? Oder willst du etwas anderes?“

Er: „Nein, Wasser ist schon in Ordnung.“ Ich nicke und schenke uns beiden ein.
I

ch setze mich ihm gegenüber: „Guten Appetit.“

Er: „Guten.“

Wir beginnen zu Essen und diese Spagetti mit Crem soße schmecken wirklich ausgezeichnet.

Ich: „Das schmeckt wirklich gut.“

Er: „Ja. Hab ja auch ich gemacht.“

Er grinst mich an. Ich: „Wirklich?“

Er lacht: „Nein. Meine Mutter hat das gemacht bevor sie gefahren ist und meinte dann noch ich sollte dir doch etwas vorbeibringen.“

Ich: „Sie ist auch nicht daheim?“

Er: „Nein und bevor wir beide alleine essen, können wir ja auch zusammen essen.“

Ich lache: „Ja.“

Er: „Hast du schon etwas in den Weihnachtsferien geplant?“

Ich: „Nicht wirklich.“

Er kommt mir etwas fröhlicher und offener vor. Das ist schön.
Er beugt sich zu mir über den Tisch, legt seine Hand auf meine Wan und schaut mir mit seinen wundervollen Augen ins Gesicht. Seine Augenfarbe ist doch anders als ich gedacht habe. Sie sind gelbbraun.

Er: „Jetzt schon.“

Er beugt sich weiter vor und legt seine Lippen sanft auf meine. Er schließt seine Augen und beginnt den Kuss etwas zu intensivieren.

Er küsst mich….er…küsst mich….ER KÜSST MICH?!!!

Mein Magen beginnt Sprünge zu machen und mein Herz will anscheinend einen Dauerlauf hinlegen, während mein Gehirn sich schon längst verabschiedet hat.
Langsam beginne ich zu erwidern und auch meine Augen zu schließen.
Dieser Kuss, er fühlt sich so richtig an und so einmalig, als würde die gesamte Welt gerade stehen bleiben und nur wir beide uns spüren.

Er löst langsam den Kuss und irgendwie finde ich das überhaupt nicht schön. Ich vermisse schon jetzt seinen Atem auf meinem Gesicht, seine Hand auf meinem Gesicht und diese sinnlichen Lippen.

Er grinst mich an: „Und was sagst du?“

Ich schaue ihn verwirrt an: „Zu was?“

Er: „Lust mit mir so viel wie möglich in den Ferien zu unternehmen?“

Ich: „Da fragst du noch?“ Ich stehe auf, gehe zu ihm auf die andere Seite des Tisches, setze mich auf seinen Schoß und küsse ihn.
H

anna ist schon längst vergessen, vielleicht liebt er sie doch nicht mehr.
Diese Ferien werden unglaublich, das spüre ich einfach.

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Tag der Veröffentlichung: 01.10.2012

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