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Tanz der Magier
von Sarisa Thipsuk

1. Kapitel:

Tibari sah über den Rand des für sie über den Kopf reichenden Tisches. Vor einigen Tagen war sie sechs Jahre alt geworden, sie konnte sich noch an jede Einzelheit vom gestrigen Tag erinnern.
Mit dem knappen Geld, dass ihre Eltern verdienten, hatte ihre Mutter ihnen zum feierlichen Tag einen kleinen Kuchen gebacken. Nach dem fröhlichem Gesang und dem aberwitzigem Tanz ihres Vaters hatten sie gemeinsam, als Familie, das Gebäck in der kleinen Hütte verzehrt. Tibari war glücklich, obwohl sie weder reich noch eine bescheidene Behausung hatten. Der erdige Duft, die seidigen Haare ihrer Mutter, dort, in ihren Armen, da fühlte sie sich geborgen und in Sicherheit. Und Vater brachte sie immer zum Lachen, egal wie traurig Tibari war. Seine starken Arme hatten sie stets hochgehoben. Sein kehliges Lachen war das Singen der Vögel, die sie am Morgen weckten.
Es war eine unbeschwerte Zeit.
Angestrengt versuchte Tibari ein Stück des Fladenbrotes auf dem Tisch zu erreichen. Seit heute morgen hatte sie nichts zu sich genommen und die Folge daraus war, dass ihr Magen grummelte und murrte, wie ein Tiger in seinem Käfig. Mit sechs musste man auf den Feldern arbeiten gehen, so war es ihr erster Tag danach. Alles tat ihr weh, von den Zehenspitzen bis zu den Schultern hinauf. Tibaris zerschundene Finger wollten gerade das Brot greifen, als ihre ebenfalls erschöpfte Mutter in die Stube kam und sie entdeckte.
Verständnissvoll lächelte sie Tibari an. " Du hast bestimmt hunger, nach diesem langem Tag." Ihre Mutter nahm das trockene Brot in die Hand, brach zwei Stück davon ab und reichte das Eine ihrer Tochter. Gierig verschlang Tibari ihren Anteil. Noch nie hatte es so gut geschmeckt.
Das Lacken, dass ihre Tür darstellen sollte, hob sich und Vater trat gebeugt in die Hütte. Schlaff lies er sich auf seine Strohmatte fallen.
" Schatz, wann gibt es Essen?", fragte er müde.
" Ich werde gleich damit anfangen. Du kannst dich solange ausruhen", antwortete Mutter und streichelte mitfühlend eine Strähne aus seinem Gesicht. Tibari verzog sich in ihre Schlafecke um mit ihrer Strohpuppe zu spielen. Vater hatte sie Tibari geschenkt. Plötzlich stürmten fremde Menschen in ihre Hütte. Sie rissen das Tuch in Stücke und fingen voller Schadenfreude und Gier alles zu durchstöbern an." Was soll das?! Ihr habt in unserem Haus nichts zu suchen! Raus mit euch!", brüllte Vater die Männer an. Offenbar war es ihnen egal wem das Heim gehörte, denn sie kramten unbeirrt weiter. Entsetz starrte Tibari den Mann mit dem unrasiertem Gesicht und faulenden Zähnen entgegen, der wankenden Schrittes auf sie zukam. Ein leiser Laut des Schreckens rang sich aus ihrer trockenen Kehle, mit schweißnassen Händen klammerte sie sich an ihre Puppe. Vater stritt noch immer mit den Männern.
Seine Hände streckten sich Tibari entgegen als sich ihre Mutter zwischen ihn und ihrer Tochter stellte. " Fass sie nicht an, du widerlicher Kerl!", schrie sie. Ein ekliges Schmatzen war zu hören und Tibari erkannte das er zu reden anfing. " Keine Angst, ich tu euch nichts. Solchen schönen Frauen darf man natürlich kein Haar krümmen", erwiderte er lallend. Mutter nahm Tibari in ihre Arme, flüsterte beruhigend auf sie ein und ging zu ihrem Mann hinüber. Sein Gesicht war rot vor Aufregung. " Was wollt ihr von uns?!", fragte er zähneknirschend. " Wir wollen gar nichts von euch erbärmlichen Lumpengestalten. Wir haben lediglich den Befehl euch zu verhaften. Nun kommt ihr freiwillig mit oder müssen wir euch hier rauszerren?".
" Wieso sollten wir? Unsere Familie hat nichts unrechtes getan!", widersprach Tibaris Vater. Langsam ballte er seine Hände zu Fäusten und sein ganzer Körper spannte sich an. Ängstlich barg das kleine Mädchen den Kopf an der Schulter ihrer Mutter. Sie weinte.
" Das braucht ihr nicht zu wissen, wieso oder warum. Ihr würdet es sowieso nicht verstehen. Los, schnappt sie euch Jungs!", befahl ihr Anführer. Wiederstebend legten sie ihre Sachen hin und griffen nach Tibaris Vater. Man zerrte sie gewaltsam aus den Händen ihrer Mutter, packte die junge Frau an den Armen und schleifte sie hinter sich aus der Hütte. Obwohl Tibari sich mit allen Mitteln wehrte, strammpelte, boxte und biss, es half alles nichts, der Griff ihres Peinigers schloss sich um ihre dürren Arme wie ein Schraubstock. Auch ihre Mutter schrie, und versuchte sich aus den Händen der Männer zu befreien, jedoch vergeblich. Vater kämpfte für seine Familie. " Tibari! ", rief er entsetzt als man seine Tochter aus der Hütte schleppte. Dort ein Kinnhaken, da eine Faust in dem Gesicht der fremden Männer. Jeden Angriff genoss der junge Vater, denn jeden einzelnen Fausthieb den er austeilte war für seine Familie. Dennoch hielt auch er nicht lange stand, da sie zahlenmäßig überlegen waren. So hatte man ihre Eltern geknebelt und gefesselt versschleppt. Das Mädchen ließen sie vor ihren Scherben dessen, was ihr zu Hause war, liegen. Noch immer hallten die Rufe ihrer Eltern in ihren Ohren, die verzweifelt versuchten Tibari zu erreichen.
Schluchzend, zerschrammt und verstört lag sie vor der brennenden Hütte, die wie ein Leuchtfeuer die Nacht erhellten. Knisternd und knackend fraßen sich die züngelnden Flammen durch das berstende Holz und vernichteten erbarmungslos Tibaris Erinnerungen.
Nach Stunden, oder auch Minuten, Tibari wusste es nicht, kamen Wachleute aus der Stadt angeritten um sich zu erkundigen wieso es mitten in der Dunkelheit ein Feuer entzündet worden war. Gleich zu Anfang entdeckten sie Tibari zusammengerollt im Dreck liegen. Klein, unschuldig, unwissend und unscheinbar. Man wickelte sie in eine raue Decke, gab ihr etwas zu Drinken und klärte sie über die Tatsachen auf.
" Es waren Rebellen, die dein zu Hause zerstört haben. Aber keine Angst, du wirst ein neues finden. Im Heim ist es auch sehr gemütlich," redeten sie auf das kleine Mädchen ein. Ihre Pupillen waren weit aufgerissen, das Weiß leuchtend und der Blick bohrend, nur auf ein fernes Ziel gerichtet.
Von da an hatte sie Rache geschworen...
Schweißgebadet erwachte Tibari aus ihrem Alptraum. Es waren zehn Jahre seit dem Ereigniss vergangen und seit acht Jahren hatte sie den Traum nicht mehr geträumt. Doch neustens kam er immer wieder und plagte sie des Nachts.
Langsam stützte sie sich auf ihre Arme. Das Strohlager in der Scheune war zerwühlt und die Pferde der Gäste schnauften und scharrten aufgeregt. Leidend berührte sie ihren Kopf. Noch immer schwebten einzelne Szenen in ihren Gedanken, die sie nicht erfolgreich verdrängen konnte.
Nachdem Tibari ihr zu Hause verloren hatte, wurde sie in ein Heim gebracht, worauf Tibari dann nach kurzer Zeit adoptiert wurde.
Die Noers hatten damals ein Wirtshaus eröffnet und brauchten zusätzliche Hilfe.
Also nahmen sie Tiabri zu sich, wobei Tibari genau wusste, dass es nicht aus Bahrmherzigkeit war, sondern aus reinem Selbstzweck.
Ich bin sechzehn.. und habe mein Ziel noch immer nicht erreicht, dachte sie verzweifelt. Tibari hatte sich in den Kopf gesetzt die Erste und Einzige Magierkriegerin in König Barus Reich zu werden. Was so ziemlich unmöglich war, denn alle Magier waren Männer. So stand es im Gesetz.
Tibari bemerkte das Poltern und Krachen erst, als Wirtin Noer aus dem Hinterausgang gestürmt kam. Ihr Gesicht war vor Aufregung rot angelaufen und sie schwitzte ungemein viel, wie so oft wenn sie mit ihrem kleinem, rundlichen Körper rannte. " Mädchen, wo bleibst du denn? Seit Stunden rufe ich nach dir und du liegst faul auf der Haut rum! Wir haben wichtige Gäste bekommen und müssen sie bewirten! Beweg deinen ach so feinen Hintern doch bitte in den Schankraum und sei so nett die Gäste zu bewirten mein Fräulein!", befahl sie ihr. Trotz der ironischen, harten Worte ihrer Adoptivmutter war sie interessiert darüber, wer denn so wichtig sei. Nach einem wehmütigem Seufzer und einem letzten Blick auf ihr zerwühltes Lager, raffte Tibari sich hoch, kämte sich mit den Fingern ein letztes Mal durch die Haare und folgte dann Frau "Noergel" in das Wirtshaus. Schon bevor sie die Tür zum Empfangs- und Essensraum erreichte, hörte sie lautes, kehliges Gelächter von drinnen. Eilig stieß Tibari die Tür auf, wobei diese ein leises Quietschen von sich gab und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es waren tatsächlich wertvolle Gäste da, nämlich Soldaten auf der Heimkehr. Jeder erkannte sie an ihrer auffallenden Rüstung, die aus dem härtestem Metall gebaut war, dass es gab, Matshok. Wenn die Schmiede das Metall verarbeitet hatten, glänzte es schwarz wie der schönste Marmor und war härter als alles andere. Geschickt band Tibari sich die Schürze um, nahm ihren Notizblock in die Hand und ging zu den Männern hinüber. Sie zog scharf die Luft ein als sie an den hintersten Tischen Magier sitzen sah. Dies war ihre Chance etwas über Magie herauszufinden! Leichtfüßig nahm sie die Bestellungen auf, wobei sie fieberhaft überlegte wie sie die Magier zum Reden bringen konnte. Freudig bemerkte Tibari auch, dass alle vier Bereiche verteten waren, die Heilkunst, die Alchemie, die Elemtkräfte und zu allerletzt aber für sie das Wichtigste, die Wandlungskunst. Tibari blieb am nächstbestem Tisch stehen, versuchte so langsam wie möglich zu schreiben und fing schüchtern ein Gespräch an.
" Ihr hattet es bestimmt schwer im Krieg," sagte sie.
Ein Soldat blickte zu ihr auf und lächelte vergnügt.
" Jaja, diese Rebellen waren ganz schön zäh aber wir haben sie locker besiegt!", erwiderte er. Soldaten mochten es, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkte.
Ein Krieger mit muskulösem Körperbau drängte sich an seinem Kameradem vorbei zu ihr, sie war nun im Mittelpunkt des Geschehens.
" Egal wie viele man von denen abschlachtet, sie kommen immer wieder, wie die Schmeisfliegen!", fügte dieser ein.
" Aber natürlich waren wir stärker!", protzte ein jüngerer Soldat.
Tibari nickte immer wieder verständnisvoll, tat das, was man von ihr erwartete und gab eines ihrer Kommentare hinzu. Diese Sachen waren ja ganz interressant, aber sie wollte etwas anderes hören. Nachdem sie sie bedient hatte ging sie zum hinterstem Tisch hinüber. Tibari wollte den Faden des Gesprächs mit den Soldaten wieder ganz unauffällig aufnehmen, sodass es nicht ganz verdächitg schien. An den Bändern, die in die prachtvollen schwarz, blau gewandten Uniformem gestickt waren, erkannte sie die Art, derer was die Magier waren. Ein ehrliches Lächeln stahl sich auf ihre Züge. Sie mochte diese Menschen mit ihren besonderen Gaben, Leuten zu helfen. " Welche waren ihre Arbeiten im Krieg, wenn ich fragen darf, Herren?", fragte sie neugierig. Zu ihrer Linken schaute der Heiler sie eindringlich an, beschloss dann aber ihr anscheinend zu vertrauen, denn er beantwortete ihre Frage.
" Es war nicht leicht. Immer wieder kamen neue Verletzte in mein Zelt, sodass es am Abend zu überfüllt war um neue Patienten aufzunehmen. Ich hatte fast gar keine Ruhepause. So bin ich froh darüber wieder zurückzu- kehren, " versicherte er ihr seufzend. Sein Kollege, der Alchemist, grunzte angewidert von den Worten des Heilers. " ihr Heiler hattert es besser als wir!
Wir hatten das dreifache zu tun. Mit den Schwertern, Lanzen und Rüstungen die wir verbesser und reparieren sollten hatten wir nur einmal zehn Minuten schlaf. Ihr solltet euch lieber nicht beklagen!", wand er ein.
" Das muss ich mir nicht von euch anhören lassen, nicht von einem der kein Blut sehen kann," konterte der schlacksige Braunhaarige.
" Und du kannst zwar eine Wunde wieder zusammenflicken aber einen Hammer kannst du nicht heben mit deinen schlaffen Armen," wandte der ältere Alchemist ein. Innerlich sank Tibari in sich zusammen. Das war alles nicht das was sie hören wollte. Aber wer konnte denn erwarten, dass man ihr gleich alle Geheimnisse der Magie verraten würde. Weiterhin stritten sie sich über ihre Arbeit, während sich der junge, gutaussehende, schwarzhaarige Wandler sich von allen Gesprächen fernhielt und der Elemetmagier beinahe einzuschlafen schien. Tibari beschloss, das es keinen Sinn hatte weiter nachzubohren und tat ihre Arbeit. Sie musste auf anderem Weg zum Magier werden.

Tibari erwachte mitten in der Nacht als sie ein leichtes Gewicht auf ihren Beinen bemerkte. Verschlafen blickte sie an sich hinunter. Goldfunke war zu ihr zurückgekehrt. Die schwarze Damenkatze hatte auf sich ihren Beinen zusammengerollt, sie war nach einem ihrer tagelangen Streifzüge wieder zu ihr ins Bett gestiegen. Tiabri hatte die misshandelte Katze mit sieben Jahren in einem Karton am Straßenrand gefunden und sie schließlich mitgenommen. Langsam streichelte sie über Goldfunkes Fell und kraulte sie am linkem Ohr. Ihre Katze hatte beide Augen geschlossen und schnurrte genüsslich als ihr Herrchen sie weiterhin verwöhnte. Das linke Auge war durch eine Narbe geprägt und blind. Jemand muss die Katze wirklich schlecht behandelt haben. Anscheinend hatte nicht nur Goldfunke sie geweckt, denn ihre Blase drückte unangenehm. Tibari stieg aus dem Bett, sie fing an zu zittern als sie die kühle Luft um ihre Beine spürte. Bemüht nicht sofort wieder unter die Decke zu schlüpfen, sah sie sich um. Der Mond schien hell durch ihre Fenster, trotzdem erdrückte sie die Dunkelheit und schließlich nahm sie Goldfunke in ihre Arme, die sich miauend zu wehr setzte, jedoch keine Chance gegen Tibari hatte und Tibari verlies den Raum auf dem Weg zum Toilettengang.


Impressum

Texte: Der Text ist auschließlich von mir und darf nicht kopiert oder weiterverarbeitet werden. Ich danke dir riedel für das tolle Cover^^!
Tag der Veröffentlichung: 01.10.2010

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