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Anna schluckte noch einmal schwer, schloss für einen winzigen Moment die Augen und straffte die Schultern.
Diese Unterredung des Rates konnte ihr die gewünschte Rache bringen, oder sie dazu zwingen selbst hand an ihnen anzulegen – und dabei zu sterben.
Shadow klopfte exakt dreimal an die schwere Holztür, woraufhin diese leise, fast geräuschlos nach innen geöffnet wurde.
Was Anna in dem dahinterliegenden Raum sah, verschlug ihr geradezu den Atem.
Ihr denkt die Ritter der Tafelrunde hätten einen coolen Raum gehabt? Mit einem tollen Tisch?
Nun, das hier stellte alles in den Schatten.
Ein ebenholzerner, runder Tisch stand in der Mitte, den ein wunderschönes, strahlend silbernes Muster zierte, genauso einzigartig wie die Vampire, die um den Tisch herumsaßen, auf silbernen Stühlen.
Am Kopfende des Tisches saß eine wunderschöne, goldblonde Frau, so strahlend schön wie die Sonne und der hellste Stern.
Der Mann zu ihrer Linken sah nicht minder beeindruckend aus. Blonde Locken, sexy lächeln…
Und doch hatten sie beiden etwas scheinbar tausend Jahre altes an sich, etwas, das Anna sofort beeindruckte.
Sie meinte zu wissen, wer die beiden waren.
Dann saßen dort noch ein Mann mit einer weißen Perücke wie im 18. Jahrhundert und roter Robe, eine Frau, die verdammt so aussah wie Merylin Monroe, eine dunkelhaarige Schönheit mit goldbrauner Haut und …. Falco.
Wie ließ sich das anders sagen? Anna wusste wie verrückt das klang, aber sie hatte ihn oft genug im Fernsehen gesehen um zu wissen, dass er es eindeutig war.
Anna verspürte den Drang sich die Augen zu reiben, doch was hätte das für ein Bild gemacht?
Stattdessen lächelte sie nur höflich und ließ den Blick von einem zum anderen Mitglied schweifen.
Die sechs Ratsmitglieder sahen allesamt aus wie aus einem anderen jahrtausend, sogar der mit der Perücke.
Auch er kam Anna bekannt vor, doch ihr mochte nicht einfallen woher.
„Ratsherrinnen, Ratsherren, das sind Anna und Christian. Sie möchten Euch ein Anliegen vortragen, das auch Euch interessieren dürfte.“ schallte Shadows sanfte Stimme durch den Raum, der beinahe so groß war wie der Dom in Rom und den Wandverzierungen nach auch so aussah.
„Danke Shadow.
Du kannst gehen,“ entließ sie die goldblonde Frau mit einer Stimme, die Anna beinahe vom Hocker riss.
Verdammt, so eine melodische, schöne Stimme konnte es doch gar nicht geben!
Nun, offensichtlich doch.
Shadow neigte sich respektvoll und verließ eilends den Raum.
Und ließ Anna und Chris alleine zurück.
„Seid gegrüßt, Anna und Christian!“
Dies hier ist der Rat der Vampire, zusammengestellt aus den mächtigsten und ältesten Vampiren!“ verkündete die liebliche Stimme der Blonden mit einer ausholenden Geste.
Sie war mittlerweile aufgestanden, sodass Anna ihr wunderhübsches weißes Kleid sehen konnte, das aussah wie ein Hochzeitskleid, das Anna einmal bei Victoria´s Secret gesehen hatte.
„Mein Name ist Helena und das ist mein Mann,“ nach einer Kunstpause vollendete sie den Satz: „Paris,“
Anna stutzte und ihr wäre beinahe die Kinnlade heruntergeklappt. Helena und Paris… wie in Troja? Gab es die beiden also doch? Und sie lebten auch noch?
Grundgütiger, konnte es denn noch kurioser werden?
„Dies hier ist Marylin Monroe, wie ihr sicherlich erkannt habt,“ fuhr sie fort und deutete auf das hellblonde neben dem Lockenkopf, ihrem Mann, Paris.
„Wolfgang Amadeus Mozart,“ Der Perückenkopf.
„Kleopatra,“ Die Dunkelhaarige Schönheit mit den leicht schräg stehenden Augen.
„Und zu guter Letzt Falco,“
Also hatte sich Anna doch nicht geirrt.
Sie alle waren gar nicht tot. Sie hatten ihren Tod lediglich vorgetäuscht!
Hölle und Verdammnis, Anna befand sich mitten in einem Raum voller Berühmtheiten, die wohl schon länger auf der Erde wandelten, als ihnen nachgesagt wurde.
Falco musste mindestens Tausend Jahre alt sein, Marylin und Mozart vermutlich noch älter.
Wahnsinn, dachte Anna, der fast die Augen aus dem Kopf fielen.
„Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen,“ meinte Anna respektvoll und verneigte sich vor den ältesten der Ältesten.
Die Vampire umgab eine Macht, die man förmlich mit den Händen greifen konnte.
Es war, als würde die Luft vibrieren.
Marylin starrte unentwegt auf Chris, der ihren flirtenden Blick mit glühenden Augen erwiderte.
Anna packte die Eifersucht glühend heiß wie Feuer.
Doch sie biss sich auf die Zunge, um ihm keine Szene zu machen. Sie waren nicht zusammen und sie war Schuld, dass es nicht so war. Sie hatte nicht das Recht Chris das Flirten zu verbieten.
Aber es tat doch weh, mitanzusehen, wie er scheinbar eine andere begehrte.
Doch, verdammt soll man sein, diese Vampire waren allesamt die schönsten, die es gab. Die Berühmtheiten, die sie gewesen waren, waren nur ein schwacher Abklatsch ihrer tatsächlichen Schönheit.
Ein anderes Wort als schön wäre eine Beleidigung gewesen.
Aber es waren nicht Falco und Kleopatra, die Anna vollkommen in ihren Bann zogen.
Es war Helena, die aussah, als wäre sie die Sonne, wäre sie der Mond.
Ein silberner Schein umfing sie, und auch wenn alle anderen Vampire hier im Rat mächtig waren, so war sie eindeutig die mächtigste.
Sofort beschlich Anna das Gefühl, unbedeutend, unwichtig zu sein. Sie war nur irgendein Glied in der endlosen Kette der Vampirmonarchie. Sie hatte nicht die leiseste Chance, dass diese Vampire ihr, dem kleinen Mädchen von nebenan, zuhörten oder gar ihre Hilfe anboten.
Anna spürte Marylins abwertenden Blick wie tausend Nadeln auf der Haut.
So musste es sich anfühlen, wenn man in ein Becken voller Reißnägel springt.
Vermutlich tat das mehr weh. Allerdings war Vampirhaut sehr zäh. Was wiederum bedeutete, dass ihnen Reißnägel nichts antun konnten. Das allerdings hieß, dass dieser Blick mehr weh tat.
Anna schüttelte den Kopf.
Sie sollte sich einmal ernsthaft überlegen, ob sie das Abschweifen der Themen nicht besser lassen sollte. Ihre Ideen waren auch schon einmal besser gewesen.
„Wir sind hier, weil wir ein Ansuchen, eine Bitte an Euch haben.
Als wir in Sibiu waren, um dort in Ruhe zu leben, mussten wir feststellen, dass Werwölfe die Stadt bevölkerten. Nachdem sie uns zweimal beinahe getötet hatten, sind wir außerlandes geflohen, hierher.
Diese Kreaturen werden sich ausbreiten wie die Ratten, sie werden jeden Vampir töten, den sie treffen, auf den sie stoßen.
Und auch die Menschen sind in Gefahr.
Ich bitte nur um eines: Helft uns die Wölfe auszulöschen.“
Chris Stimme hallte selbstbewusst und kraftvoll durch den Raum, sodass Anna ihn nur dafür bewundern konnte.
Wie er es vorgetragen hatte, war es wirklich beeindruckend gewesen.
Marilyn sah ihn hungrig an, als wollte sie ihn entweder die Zähne in den Hals rammen oder ihm die Klamotten vom Leibe reißen.
Was Anna beides nicht recht war.
Doch was sollte sie schon groß tun?
Er gehörte nicht ihr. Sie hatte ihn freigegeben.
Helena und Paris beobachteten Chris eine Weile nachdenklich. In Helenas Stirn war eine Denkfalte zu sehen, die sie unglaublich weise und noch schöner erscheinen ließ.
„Nun, auch mir ist dies schon zu Ohren gekommen und ich muss gestehen, dass ich alles andere als erfreut darüber bin.
Nach deiner Schilderung, Chris, denke ich, dass du Recht hast.
Doch bevor ich etwas befehle, möchte ich mich noch mit meinem Rat besprechen.“
Sie erhob sich und mit einer gebieterischen, ausholenden, aber nicht abweisenden Geste rief sie: „Und nun geht!“
Chris und Anna verneigten sich ein letztes Mal respektvoll und machten sich eilends auf den Weg nach draußen.
Ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen marschierte Chris an Anna vorbei zu ihrem Zimmer und verschloss sich im Bad.
Ganze drei Stunden blieb er dort und so lange mussten sie auch auf eine Antwort vom Rat warten.
Es tat Anna weh, dass Chris nicht einmal mehr in einem Raum mit ihr sein wollte.
Es schien sie innerlich glatt zu zerreißen.
Doch sie wusste auch, dass er dazu alles Recht hatte.
Anna wusste nicht, was Chris so lange im Bad machte, doch ab und zu hörte sie ein Krachen oder ein Knurren, gefolgt von einem frustrierten Stöhnen.
Ein paar Mal war Anna kurz davor gewesen die Tür einzutreten und ihn zu Rede zu stellen, doch jedes Mal hielt sie ein Teil ihres Verstandes zurück.
Nach drei geschlagenen Stunden kam endlich Shadow zu ihnen, mit einer Nachricht vom Rat.
Anna und Chris machten sich sofort auf den Weg zurück zum Saal, zu der großen, beeindruckenden Halle.
Der Rat war vollständig, alle saßen sie still auf ihren Plätzen.
Anna fühlte sich unwohl unter den ganzen starrenden Blicken, sie fühlte sich durchlöchert wie ein Sieb.
Unwillkürlich lief ihr ein Schauer über den Rücken, ausgehend von der Macht und der Aura des Rates und der alten, mächtigen Vampire.
Anna rieb sich die Arme, auf denen sich Gänsehaut gebildet hatte und schloss für einen Moment die Augen, in einem stillen Gebet, dass der Rat einverstanden war, und helfen würde die Bestien zu töten, die einst ihre Eltern, ihren Verlobten, getötet hatten.
Helena erhob sich und blickte über den ganzen Raum.
„Nun, Anna, Christian.
Wir haben uns lange beraten und festgestellt, dass die Wölfe keine Bedrohung für uns sind,“
Annas Herz sank zu Boden. Das wars. Sie mussten gehen und zusehen, wie sie zurechtkamen, mit Wölfen, die ihr Leben ausgelöscht hatte.
„aber,“ fuhr Helena überraschender Weise fort, „Das könnten sie noch werden.
ich weiß nicht, warum ihr nicht einfach weggezogen seid, aber ich bin euch sehr dankbar, dass ihr gekommen und uns über die Lage aufgeklärt habt.
Wir werden uns bald um das Problem kümmern.
Bis dahin, seid ihr uns als Gäste herzlich willkommen,“
Vor Erleichterung gaben Anna beinahe die Füße nach, doch sie konnte sich gerade noch auf den Beinen halten.
„Anna, mit dir würde ich gern noch sprechen,“ rief Helena, als der Rat begann sich aufzulösen.
Chris sah sie nicht einmal mehr an, als er eilends die Hale verließ, gefolgt von den Ratsvampiren. Nicht einmal Paris blieb zurück.
Anna runzelte die Stirn. Was konnte sie Älteste von ihr wollen.
„Was kann ich für Euch tun?“ fragte sie respektvoll und hoffte inständig, dass sie nichts falsch gemacht hatte.
Den Zorn eines so wichtigen Mitglieds der Vampirgesellschaft zu verärgern war so, als würde man auf eine scharfe Granate treten.
Oder schlimmer.
„Ich habe mich gefragt, wie es kommt, dass dich die Sache mit den Wölfen so belastet.
Ich will nicht neugierig sein oder aufdringlich, aber ich will wissen, weshalb ich meine Leute in die Schlacht schicke,“ erklärte Helena und musterte Anna aufmerksam.
Anna atmete tief durch.
Das war zwar nicht das, was sie erwartet hatte, doch sie konnte verstehen, dass Helena es wissen wollte, musste.
Sie selbst hätte nicht anders gehandelt.
Abgesehen davon hatte Helena respektvoller Weise die anderen aus der Halle geschickt.
Dafür hatte sie Annas Respekt vollend verdient.
„Meine Eltern und mein Verlobter wurden vor mehreren hundert Jahren von ihnen getötet.
Was ich will, ist einfach: ich will mich rächen, meine Familie.
Ohne die Wölfe wäre ich jetzt nicht hier. Ich läge mit meinem Mann unter der Erde und meine Nachkommen würden hier leben, nicht ich,“
Leise fügte sie hinzu: „Ich wäre als glücklicher Mensch gestorben,“
Helena nickte verständnisvoll, sagte aber nichts dazu.
„Das reicht mir als Grund aus.
Und nun, ruh dich aus. Sieh dich ein wenig um.
Wir haben herrliche Räume hier und eine riesige Fotogalierie von den berühmtesten Vampiren, die es je gab.
Wer weiß, vielleicht entdeckst du auch deinen Erzeuger,“
Anna fragte sich, woher Helena wusste, dass sie keine Ahnung hatte, wer sie verwandelt hatte, doch ehe sie fragen konnte, war sie schon verschwunden und hatte Anna allein zurückgelassen.
Anna seufzte und verließ nun ebenfalls den Raum.
Nachdenklich ging sie den langen Gang entlang und dachte darüber nach, dass sie nun endlich ihre Rache bekommen würde.
Als sie plötzlich ein lautes, genussvolles Stöhnen hörte, das sie aus ihren Gedanken riss.
Anna runzelte die Stirn und schlich sich geräuschlos auf die Nische zu, aus der die Geräusche kamen.
Doch was sie dort sah, hatte sie weder erwartet, noch hätte sie es je sehen wollen.
der Anblick zerriss ihr nun endgültig das Herz, sprengte es in tausend Splitter und verbrannte diese.
Dort, direkt vor ihr, nur ein oder zwei Meter entfernt, stand an die Wand gelehnt da Marilyn und Chris – der in einem wilden Tempo tief in sei stieß.
Anna gefror zur Eisstatue, konnte sich nicht rühren, nicht einmal mehr atmen.
Tausend kleine Splitter bohrten sich in ihren Körper.
Unfähig irgendetwas zu tun, sich zu bewegen, musste sie mit ansehen, wie Chris diese billige Schlampe nahm, direkt vor ihren Augen.
Anna wusste nicht, wie lange sie so dastand, unfähig das zu tun, was sie am liebsten getan hätte: weglaufen.
Die Tränen, die in ihren Augen brannten, mochten einfach nicht kommen. Und ihre Beine wollten sich einfach nicht bewegen.
Doch die beiden waren zu beschäftigt, um Anna zu sehen und schließlich, nach einer scheinbaren Ewigkeit, drehte Anna sich um die eigene Achse und rannte fort.
Sie rannte, so schnell ihre Beine sie trugen, ihr war egal, wohin sie lief.
Tränen verschleierten ihre Sicht, liefen ihre Wangen hinunter. Ein gewaltiges Schluchzen brach aus ihr hervor und Anna war es sogar egal, dass einige Vampire sie hören konnten.
Irgendwann bemerkte Anna, dass sie vor einer großen Tür stand, und sie hatte nicht den blassesten Schimmer, wohin sie führte.
Anna drückte die Tür auf und trat in die warm beleuchtete Halle.
Sie war wirklich riesig, rote Samtsofas standen überall im Raum verteilt. Und an den Wänden hingen Bilder, wunderschöne Gemälde, Gemälde von Leonardo da Vinci, Picasso und Michelangelo, die als verschwunden galten, oder von denen man nicht einmal wusste, dass sie existierten. Doch der Stil war unverkennbar.
Diese Gemälde mussten unbezahlbar sein und für einen kurzen Moment vergaß Anna den Schmerz.
Der Raum war mit dunklem, aber warmes Licht erhellte und die Decke war niedriger als im restlichen Haus.
Eine offene Tür führte in einen weiteren Raum, den Anna ebenfalls betrat.
Dieser jedoch war befreit von jeglichen Gemälden oder sonstigem.
Es war Kunst, die hier in dem spärlich beleuchteten Raum ausgestellt war, aber es waren keine Bilder.
Es waren Statuen. Riesige Stauen, winzige Statuen, griechische, römische, französische, ägyptische und welche, die Anna nicht einmal zuordnen konnte.
Viele von ihnen waren engumschlungen mit entweder einem zweiten Menschen, einem Tier oder einer Pflanze.
Die griechischen Statuen waren fast alle nackt, von manchen waren nur die Arme oder Köpfe auf dem Sockel abgestellt. Anna erkannte sogar einige Glieder sehr berühmter Statuen.
Eine exakte Nachbildung, oder Vorbildung?, der Davidstatue war ganz am Ende der gangartigen Halle ausgestellt, nur war diese noch völlig ganz.
Lauter der Inschrift im Sockel, war dies das Vorbild zu der berühmten Davidstatue gewesen, und nicht andersrum, abgesehen davon war diese „Homer“ Statue ein Geschenk des Künstlers an die holde Helena gewesen.
Doch dieser Mann, das stand eindeutig fest, sah keinesfalls so aus wie Homer Simpson.
Er hatte Arme wie ein Bär und einen Waschbrettbauch, den jeden Mann zum Weinen und jede Frau, egal welchen Alters, zum Sabbern bringen konnte.
Anna trat zurück und ihr Blick wanderte weiter umher, bis sie eine große Statue, die einen Mann mit spitzen Eckzähnen und irren Blick, sein nackter Körper blutbesudelt, erblickte.
Diesen Mann hatte sie schon einmal gesehen.
Doch ihr mochte nicht mehr einfallen, wo.
Mit großen Schritten eilte Anna auf den Mann zu, der offensichtlich nicht menschlich war.
Stirnrunzelnd las sie die Inschrift auf dem Podium.

Gerald Hastings, Vampir ersten Grades, Mitglied des Rates 100vor Ch. , gestorben bei Schlacht um Bukarest 1507.

1507. Das war ein Jahr, bevor Anna zu dem wurde, was sie nun war.
Sie schüttelte den Kopf.
Komm runter, Anna, bevor du noch ganz durchdrehst. Der Kerl war damals schon tot!
Das sagte sie sich immer und immer wieder, während sie den Blick einfach nicht abwenden konnte.
Das ungute Gefühl, das sie seit dem Entdecken dieser Statue verspürt hatte, wollte nicht verschwinden.
„Er war ein guter Vampir,“ ertönte eine weiche, weibliche Stimme hinter ihr, die Anna herumwirbeln ließ.
Die Vampirrätin schien mehr zu schweben als zu gehen, als sie auf Anna zukam.
Es war Kleopatra, die Vampirin mit der wunderschönen goldenen Haut.
Falls sie jemals als schön beschrieben worden war, so war dies eine Untertreibung, die fast schon an Beleidigung grenzte.
Sie war einfach nur wunderschön und elegant, aber im sanften Blitzen ihrer Augen konnte man erkennen, dass die Dinge, die man sich über sie erzählte, alle erfunden waren.
„Ihr habt mich erschreckt,“ keuchte Anna erleichtert auf, dass es nicht Shadow, Chris oder gar Marilyn war.
Wobei die letzten beiden wohl noch zu beschäftigt waren, um sich irgendwelche Statuen anzusehen.
Es sei denn, sie würden hier fortfahren wollen, womit sie unten in der Nische begonnen hatten.
Oder aber sie wollten sich hier Inspiration holen.
„Bitte, ich heiße Kleopatra. Dieses ständige Euch und Ihr geht mir auf die Nerven,“
Mit einem entschuldigenden Lächeln fuhr sie fort: „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
Anna winkte mit einem Schulterzucken ab und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich habe mich erschrecken lassen.
War in Gedanken,“
„Gerald Hastings.
Ich erinnere mich noch an ihn.
War ein guter Kerl, ein gutes Ratsmitglied.
Jeder mochte ihn. Ja, er war es, der mich in den Rat eingeführt hat.
Tragisch, wie es mit ihm zu Ende ging,“ meinte Kleopatra, die der Statue einen nachdenklichen Blick zuwarf.
Anna runzelte fragend die Stirn. Als Kleopatra ihren verwirrten Gesichtsausdruck sah, lachte sie fröhlich auf.
„Er wurde bei einem Feuer in der Nähe Sibius getötet. Man hat nicht einmal mehr seine Leiche gefunden, was aber bei der Explosion nicht verwunderlich war.“ erklärte Kleopatra mit einem leicht verträumten Blick.
„Du mochtest ihn wirklich sehr, was?“ fragte Anna und musterte die Ägypterin von der Seite.
„Nicht so, wie du denkst.
Aber er war mein Mentor, er hat mich erzogen, mir gezeigt, was es heißt ein Vampir zu sein, nachdem ich fast 10 Jahre verwirrt durch die Welt irrte.
Erst danach wurde ich zu der berühmten ägyptischen Herrscherin.
Es war nicht Gerald, der mich verwandelte, aber es fühlte sich für mich so an, als wäre er es gewesen,“
Anna nickte mitleidsvoll. Kleopatra starrte immer noch nachdenklich auf die grässlich verzogene Fratze des Vampirs.
Anna konnte sich vorstellen, wie schön dieser Mann gewesen sein musste, auch wenn man auf dieser Statue davon nichts sehen konnte.
„Warum ist diese Statue so? So…“ Anna ruderte mit den Armen, nach einem passenden Wort.
„Warum sieht er so….“
„Vampirisch aus? Brutal?


Anna nickte. „Ja, das, äh, das meinte ich.“
Kleopatra lächelte abwesend und setzte zu einer Erklärung an. „Er war ein großer Heerführer und zum Soldat geboren. Er war ein großer Mann, und das nicht nur im Bezug auf seine Körpergröße. Die Leute haben ihn gefürchtet oder verehrt, aber für sie war er immer der Soldat und der Krieger. So ging er in die Geschichte ein. Was soll ich sagen? Es ist einfach so, dass er auf allen Gemälden und Statuen als er Kämpfer abgebildet ist, der Vampikrieger Gerald, nicht die Person.“
Anna verstand, was die Vampirin damit sagen wollte. Die Leute kannten ihn als Krieger und Heerführer, das brachten sie automatisch mit Brutalität in Verbindung. Möglicherweise hatte er Stil gehabt und einen kalten, undurchdringbaren Gesichtsausdruck, aber er musste ja kein Schlächter gewesen sein, wie er auf dieser Statue abgebildet war.
„Du liebst ihn, habe ich recht?“
Anna runzelte die Stirn angesichts dieses abrupten Themenwechsels.
„Wen?“
„Du weißt, wen ich meine. Ich rede von Chris.
Du kannst mir nichts vormachen, ich bin alt. Wie du ihn ansiehst, diese Blicke, ich erkenne auf dem ersten Blick, welche Gefühle du für ihn hegst. Wie könnte ich nicht? Ich wandle schon so lange auf dieser Welt, ich habe die Liebe schon so oft gesehen, zu oft, als dass man mir in so einer Sache etwas vormachen könnte.“
Kleopatra, wie die Menschen sie kannten, war 30 vor Christus gestorben. Das war über 2000 Jahre her. Sie hatte ganze Kulturen auf und untergehen, Könige und Wissenschaftler sterben und Kriege austragen sehen.
Dann hatte sie wohl auch die Liebe kennen gelernt. Sie wusste, wie schmerzhaft sie sein konnte.
„Also gut, ich liebe ihn. Ich weiß gar nicht, wann das passiert ist. Im Wald, vielleicht auch schon vorher.
Es spielt sowieso keine Rolle, nicht wahr? Er empfindet nicht das Gleiche für mich, sonst würde er nicht mit dieser Marylin schlafen.“
Anna konnte die hübsche Griechin nicht länger ansehen, sie musste den Blick abwenden und richtete ihn dabei auf ein altes Gemälde, das eine wunderschöne Landschaft zeigte, in der dutzende Olivenbäume aufgereiht standen.
Christian hatte sie verletzt, hatte ihr das Herz aus der Brust gerissen, doch wie weh ihr das tat würde er niemals erfahren. Sie würde sich keine Blöße geben, sie konnte auch ohne ihn leben. Das hatte sie bisher auch gekonnt.
Und ihren Verlobten hatte sie auch verloren. Nur dass sie ihn nicht so geliebt hatte wie Chris…
„Das sehe ich anders.
Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich kenne seine Schwester. ich weiß nicht genau, was damals vorgefallen ist, doch irgendetwas ist damals geschehen und Chris kommt bis heute nicht ganz damit klar. Shadow sorgt sich um ihn, mehr als er weiß.
Es ist bestimmt nicht seine Absicht, dir so weh zu tun.“
Ja, vielleicht hatte Kleopatra Recht. Vielleicht tat er ihr nicht mit Absicht weh und vielleicht war es seine Art von Bewältigung.
Dennoch… „Er hätte zu mir kommen sollen. Mit mir reden. Wenn er Probleme hat… Wir haben einiges zusammen durchgemacht und ich dachte, er vertraut mir. Da habe ich mich wohl geirrt.“
Anna konnte nicht verhindern, dass sich Bitterkeit in ihre Stimme mischte.
Kleopatra legte behutsam eine Hand auf Annas Schulter. Sie hatte feingliedrige, kleine Hände, die bronzefarben glänzten, ganz, so wie es in der Mythologie erzählt wurde.
„Ich kenne seine Beweggründe nicht, aber auch Vampire machen Fehler. Und vielleicht gibt es einen guten Grund, warum er sich dir nicht anvertraut.
Ich kann dir nicht viel darüber erzählen, was er durchgemacht hat, nur dass es wohl schlimm genug war, um sein Leben zu verändern.
Am besten du fragst ihn selbst, oder Shadow, wenn er es dir nicht verraten will.“
Anna dachte über den Vorschlag nach. Sie wollte mehr über Chris erfahren, vor allem, warum er so auf seine Schwester reagiert hatte und weshalb er auf einmal ganz heiß war auf ein Stelldichein mit Marylin.
Anna lächelte ihre Gesprächspartnerin an. „Ich werde mit ihnen reden. Aber erst nachdem wir gegen die Wölfe vorgegangen sind.“
„Wie du meinst. Es ist deine Entscheidung.
Ich werde mich jetzt zurückziehen und auf den Kampf vorbereiten, der uns höchstwahrscheinlich bevorsteht.
Wir werden morgen über die Grenze gehen und uns den Wölfen stellen. Vielleicht gibt es eine friedliche Lösung, aber ich fühle förmlich, dass es zu einem Kampf kommen wird.“
Mit diesen Worten verschwand Kleopatra die Treppen hinunter und ließ Anna wieder allein.
Ein Kampf. Aber etwas anderes hatte sie auch gar nicht erwartet. Die Wölfe hatten sie fast in der Luft zerrissen, wenn Chris nicht gewesen wäre.
Vielleicht hatten sie auch noch mehr getan.
Bisher hatte sie sich nicht gestattet darüber nachzudenken, aber was, wenn ihre Eltern und Manuel ebenfalls von den Wölfen zerfleischt worden waren? Es wäre möglich, sogar sehr wahrscheinlich.
Anna spürte eine Woge des Hasses in sich aufsteigen, gegen diese Kreaturen, die wahrscheinlich so vielen geliebte Familienmitgliedern genommen hatten.
Fast blind vor Wut stolperte Anna zurück in ihr Zimmer, dass sie hinter sich abschloss. Sie wollte und musste jetzt allein sein, sich wieder in Griff bekommen, bevor sie noch etwas tat, was ihr später noch leid tun würde.
Es war schwer, schließlich kannte sie jetzt wahrscheinlich die Mörder ihrer Familie. Für sie stand es außer Frage, dass es die Wölfe waren. Vampire waren es jedenfalls nicht gewesen und Menschen genauso wenig. Wilde Tiere taten so etwas ebenfalls nicht, sie drangen nicht in ein bewohntes Haus ein.
Es gab keine andere Möglichkeit.
Dennoch zwang sich Anna dazu, die Ruhe zu bewahren. Es war ein langer Tag gewesen und wenn sie morgen so in den Kampf ziehen würde, so ganz ohne Kontrolle und außer sich vor Zorn und Hass, war die Wahrscheinlichkeit dass sie starb oder zumindest zu Schaden kam viel größer.
Sie musste sich beruhigen und einen kühlen Kopf bewahren, was nicht ganz so einfach war.
Da war ja immer noch Chris, der sich im Augenblick bestimmt mit Marilyn vergnügte. Vielleicht war es doch zum Teil auch ihre Schuld. Sie hatte ihm gesagt, sie können nicht zusammen sein, sie wolle es nicht.
Aber der Gedanke, dass auch er sterben könnte hatte einfach zu weh getan.
Noch mehr tat es aber, ihn mit einer anderen zu sehen und Anna war klar, wie dumm sie gewesen war.
Wenn er starb, würde er das auch tun, wenn sie nicht zusammen war. Stattdessen sollte sie die Zeit mit ihm genießen, hatte sie sich gedacht.
Tja, doch jetzt hatte Chris ja eine andere Frau gefunden, die ihn begnügte.
Anna ließ sich auf ihr Bett sinken.
Der Zorn und die Wut waren verraucht und zurück blieb ein elendes Häufchen, das sich Anna nannte.
Sie sollte nicht um einen Kerl trauern, dem sie scheinbar nicht allzu viel bedeutete. Sie sollte zusehen, dass sie ihn vergaß, das wäre besser für sie.
Wenn das mit den Wölfen erledigt war und Anna ihre nun erwünschte Rache erhalten hatte, würde sie wieder zurück nach Schottland gehen oder vielleicht auch nach Schweden. So oder so, sie würde Chris danach nie wieder sehen.
Vielleicht war das aber auch besser so.


Die Wahrheit der Wölfe


Am nächsten Abend kam Shadow bei Anna vorbei und klärte sie darüber auf, dass sie in einer Stunde aufbrechen würden.
„Zieh dir etwas bequemes an, in dem du eventuell auch kämpfen könntest. Ich habe hier eine Jeans und ein T-Shirt für dich. Beides müsste dir passen.
Dolche liegen in der unteren Schublade da und hier ist eine halbautomatische Pistole, man kann ja nie wissen. Sie ist mit Silberpatronen gefüllt und achte bei den Dolchen darauf, dass du die aus Silber nimmst. Etwas anderes hilft bei Werwölfen nicht allzu viel. Wenn du fertig bist, komm in die Eingangshalle, dort treffen sich jene, die mitkommen werden.“
Anna nickte nur und kaum dass Chris Schwester das Zimmer wieder verlassen hatte, schlüpfte sie in die hautenge schwarze Jeans und das grüne T-Shirt mit der roten Aufschrift darauf. „Beiß mich, wenn du kannst“ stand oben. Wie geschmackvoll.
Anna nahm die weichen Turnschuhe, die Kleopatra ihr am frühen Abend vorbeigebracht hatte und öffnete dann die unterste Schublade der Kommode.
Darin lagen eingebettet in rotem Samt fünf lange, wunderschöne Dolche.
Sie alle waren verziert mit wunderschönen Ornamenten und Mustern, einige waren aus Stahl, aber zwei aus purem Silber.
Sie glänzten wunderschön im Licht, ebenso die beigelegten Scheiden, für jeden Dolch eine. Ein leiser Verdacht sagte Anna, dass das alles Eigenanfertigungen waren.
Beeindruckt schnallte sie sich einen Dolch um die Hüfte, sodass sie ihn jederzeit erreichen konnte, den anderen um ihr Bein.
Die Pistole steckte sie sich kurzerhand in den Hosenbund, dass sie kein geeignetes Halfter dafür hatte und auch nicht finden konnte.
Kleopatra und Shadow warteten bereits in der großen Eingangshalle. Beide in Kampfmontur, das Outfit viel passender als ihres. Schwarzes Leder zierte ihre schlanken Figuren, verschiedene exotisch aussehende Waffen waren an Gürteln angebracht.
„Wer wird noch mit uns kommen?“ fragte Anna. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie nur zu dritt gehen würden, vor allem, weil es nur drei Frauen waren und die Wölfe doch relativ stark waren.
„Keine Sorge. Paris kommt ebenfalls mit uns, aber er wartet bereits in dem Wagen, mit dem wir fahren werden. Chris ist ebenfalls mit dabei, wobei ich den Verdacht habe, dass er nur mitkommt, weil er kämpfen will.“
Shadow klang missbilligend und rümpfte die Nase, so, als wäre sie nicht damit einverstanden.
„Was ich dich schon lange fragen wollte: Bist du die ältere oder die jüngere Schwester?“
Shadow lächelte Anna an und ihre Augen blitzten. „Wir sind Zwillinge. Das hat er dir nicht gesagt?
Na ja, er hat mich auch nicht erwähnt dir gegenüber, da dürfte mich das eigentlich nicht weiter überraschen.“
Jetzt war ihr Lächeln verschwunden und ein trauriger, nachdenklicher Blick trat auf ihr Gesicht.
Anna wollte gerade dazu anheben, die dunkelhaarige Frau zu trösten, als Schritte durch den Raum hallten.
Es war Chris, gekleidet in schwarzes Leder und mit ernstem, aber entschlossenem Gesicht, schritt er die breiten Stufen hinunter, offensichtlich hatte er sich einen anderen Schlafplatz gesucht. Anna konnte sich auch schon vorstellen, bei wem er diesen Tag gelegen hatte.
Chris schenkte ihr keinen Blick, als er auf die wartende Gruppe zusteuerte. Auch Shadow sah er nicht an.
„Ich bin so weit, lasst uns gehen,“ meinte er an Kleopatra gewandt.
Anna hätte ihn am liebsten gerüttelt und geschüttelt und ihn angeschrien, er solle sie doch bitte ansehen und nicht so tun, als existiere sie gar nicht. Er ignorierte sie, diese eisige Kälte zwischen ihnen ließ Anna frösteln.
Doch natürlich tat sie nichts dergleichen. Nicht vor so einer wichtigen Begegnung und auch nicht in der Öffentlichkeit. Das war privat.
Paris wartete bereits in einem großen, schwarzen Geländewagen auf sie. Er saß hinterm Steuer und trug ebenfalls Leder, nur war seine Montur braun, nicht schwarz.
Er trug auch Handschuhe, ebenfalls Leder, wie es schien.
Chris schwang sich auf den Beifahrersitz und überließ so den drei Frauen die Rückbank, die, ebenso wie die Vordersitze, mit hellem Leder ausgekleidet war.
Es war ein sehr teurer, protziger Wagen, aber er gehörte dem Rat, da konnte man auch nichts anderes erwarten.
Paris und Helena mussten über die Jahre hinweg eine Menge Geld angehäuft haben, vor allem, da sie ja schon bei Lebzeiten ein Vermögen gehabt hatten.
Die Fahrt verging größtenteils schweigend, jeder hing seinen Gedanken nach und konzentrierte sich auf das, was vor ihnen lag.
Anna spürte die Wut wieder in sich hochkochen, als sie daran dachte, dass die Wölfe die Mörder ihrer Eltern und ihres Verlobten waren.
Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und blickte starr aus dem Fenster. Sie würde ihre Rache bekommen, würde Shorn oder seiner Schwester das Herz aus der Brust reißen.
Aber das musste noch warten. Zuerst mussten sie die Lage klären, dann erst würde entschieden werden, was der Rat in dieser Sache unternahm.
Kleopatra meinte zwar, dass es einen Kampf geben würde, aber letztendlich war es Paris, der das zu entscheiden hatte.
Außer natürlich die Wölfe wären so dumm und griffen die Vampire an.
Der Wagen fuhr über die Grenze und Mitternacht kam und ging. Es war schon fast zwei Uhr morgens, bis sie endlich an der Stelle ankamen, an der Anna die Wölfe das letzte Mal gesehen hatte.
Die Luft draußen war kühl und es ging ein starker Wind, der den Gestank der Wölfe zu ihnen trug.
„Sie sind in der Nähe,“ meinte Paris.
Anna warf ihm einen kurzen Blick zu und bemerkte, dass jeder einzelne seiner Muskeln angespannt war und seine Hand langsam zu dem Schwert an seiner Hüfte wanderte.
Laut den Geschichten um Troja war er ein unglaublicher Feigling gewesen, doch so kam er jetzt ganz und gar nicht rüber.
Anna erinnerte sich an das, was Kleopatra ihr über Gerald erzählt hatte. Vielleicht war das, was in den Filmen und Büchern über Paris von Troja stand, auch nicht die Wahrheit.
Gern hätte sie ihn über Achilles ausgefragt, und ob er in echt auch so gut ausgesehen hatte, wie Brad Pitt in dem Film, aber das wäre sehr unpassend gewesen, deswegen schwieg sie.
Shadow trat an Anna heran und meinte: „Hier ist vor langer Zeit etwas sehr böses passiert, ich kann es spüren.“
Anna unterdrückte einen Schauder. Hier, in diesem Wald war sie aufgewachsen und verwandelt worden. Was, wenn hier, an dieser Stelle, ihre Eltern den Tod gefunden hatten?
Nein, darüber konnte sie sich jetzt wirklich keine Gedanken machen. Später, wenn sie wieder im Quartier waren vielleicht, aber nicht hier und jetzt.
Ein leises Rascheln drang von der anderen Seite der Lichtung zu ihnen.
Paris trat einen Schritt vor und witterte in dem Wind, der zu ihnen blies.
„Wolf,“ zischte er. Gebannt sah Anna dabei zu, wie er sich nach vorne beugte und das Schwert in seiner Hand drehte, bereit es jederzeit zu benutzen.
„Komm raus, wir wissen dass du da bist! Wir wollen reden!“
Seine schöne, sanfte Stimme hallte durch den Wald. Wer auch immer sich dort versteckte, er konnte den Ruf und die Aufforderung nicht überhört haben.
Tatsächlich trat nur wenige Sekunden später ein großer Mann auf die Lichtung. Er kam auf sie zu, die Schultern durchgedrückt und den Kopf stolz, fast schon arrogant erhoben. Etwa einen Meter vor ihnen blieb er stehen und musterte einen nach dem anderen.
„Das hier ist das Teretorium der Wölfe, ihr habt hier nichts verloren!“
Seine Stimme klang rau, fast wie ein Knurren und nicht gerade menschlich.
„Das sehe ich anders. Seit Jahrhunderten ist das Gebiet schon in Besitz der Vampire. Ihr habt kein Recht, dies hier als Euer zu bezeichnen!“
Paris Stimme klang eiskalt und drohend.
„Ach ja? Wir leben hier ebenfalls schon seit Jahrhunderten, und ihr habt nie etwas davon bemerkt. Anscheinend kümmert ihr euch nicht sonderlich um dieses Gebiet und diese Stadt. Sonst hättet ihr nicht zugelassen, dass wir hier leben.“
Paris knirschte wütend mit den Zähnen und Anna konnte ihm ansehen, wie zornig er war. Aber so sehr die Worte des Wolfes auch seinen Zorn schürten, etwas Wahres war an seinen Worten dran.
Abgesehen von Chris und Anna vor kurzem, hatte schon lange kein Vampir mehr einen Schritt in Sibiu gesetzt.
Vielleicht hatten die Vampire damit einen Fehler gemacht, dennoch. Es war und blieb das Gebiet des Rates.
„Hol deinen Anführer. Ich will mit ihm sprechen und nicht mit einem seiner Handlanger.“
Der Wolf lachte hämisch auf, verwandelte sich aber vor ihnen und lief zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
Paris drehte ihm erst den Rücken zu, als der Wolf vollkommen im Wald verschwunden war.
„Okay, hört zu: Wie es aussieht sind die Wölfe uneinsichtig und werden um ihre Vorherrschaft kämpfen wollen.
Seid bereit zu töten, wenn es sein muss. Aber ihr greift erst an, wenn ich euch das Zeichen gebe.“
Anna nickte und bekam aus den Augenwinkeln mit, dass die anderen dasselbe taten.
Paris nickte zufrieden und drehte sich wieder zum Wald um, genau im richtigen Augenblick.
Ailine und Shorn traten auf die Lichtung, umgeben von rund 10 anderen, allesamt in Wolfsgestalt, nur das Alphapaar nicht.
„Sieh mal einer an, wen haben wir denn da!“
Anna zuckte angesichts Shorns Stimme zusammen. Sie erinnerte sich wieder an seinen faulen Atem und Ekel stieg in ihr hoch.
„Die zwei kennen wir doch,“ meinte seine Schwester zuckersüß.
Anna wusste, dass Chris und sie gemeint waren.
„Ja, ihr seid fortgerannt wie Kaninchen. Ich liebe Kaninchen.“
„Schluss jetzt.
Wir sind nicht hier um Smalltalk mit euch zu machen.
Verschwindet aus unserem Territorium!“ verlangte Paris mit ungewöhnlich gebieterischer Stimme.
Shorn stieß ein grausames, schrilles Lachen aus, das fast eine Minute andauerte.
Anna hatte noch nie so etwas Abstoßendes, Unheimliches gehört wie diese schrecklichen Laute.
Unwillkürlich trat sie näher an Chris heran, was sie aber erst bemerkte, als sie seinen vertrauten Geruch wahrnahm.
Seltsam dass sie selbst jetzt noch, nach allem, was passiert war, seine Nähe suchte, wenn sie Angst hatte.
Denn ganz egal, welchen Zorn und Hass sie auch verspüren mochte und sich einreden, so oder so, sie konnte die Angst, die sie verspürte, nicht verleugnen.
„Wir sind nicht diejenigen, die gehen werden. Wir leben schon so lange hier, ihr solltet uns diese Stadt überlassen!“
Shorn schien jedes Wort ernst zu meinen und seine Augen blitzten gefährlich und leicht verrückt.
„Nicht in tausend Jahren.
Ihr werdet diese Stadt verlassen, und wenn ihr es nicht freiwillig tut, dann wird es eben Krieg geben.“
Paris Worte waren endgültig und unmissverständlich. Die Vampire würden um das Gebiet kämpfen, bis zum Schluss. Die Wölfe hatten nun die Wahl: Sich dem entgegenstellen oder aber zu gehen.
„Dann gibt es Krieg. Das ist unser Land. Es riecht nach uns und der Boden ist durchtränkt mit dem Blut unserer Opfer. Wir geben es nicht auf. Ihr werdet es tun müssen.“
Nun war es besiegelt. Zwischen den Werwölfen und den Vampiren gab es Krieg, und wie es aussah, würden beide bis zu letzt kämpfen.
Paris nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. Das hatte Anna auch nicht.
„Beim nächsten Vollmond treffen wir uns genau hier wieder. Solltet ihr bis dahin nicht verschwunden sein, gibt es Krieg, und keiner wird verschont werden.“
Shorn neigte zustimmend den Kopf, ein breites, hämisches Grinsen im Gesicht. Dann legte er seinen Arm um die Schultern seiner Schwester.
Doch bevor die beiden sich abwenden und in der Nacht verschwinden konnten, trat Anna vor.
„Bevor ihr geht, muss ich euch noch eines fragen: Seid ihr die Mörder meiner Familie? Habt ihr meine Eltern und meinen Verlobten in dem Haus getötet, in dem ihr mich auch angegriffen habt? Oder habt ihr sie hier, im Wald zerfetzt?“
Annas Zimmer bebte, vor Trauer und vor Wut. Die Hände wieder fest zu Fäusten geballt versuchte sie den allumfassenden Hass zurückzudrängen, bevor er übermächtig werden würde und sie die Kontrolle über ihr Handeln verlor.
Ailine lachte laut und schrill auf, voller Vergnügen, so als erinnere sie sich an etwas, das sie amüsiert hatte.
„Schätzchen, ich weiß noch jedes Detail.
Es war dunkel und alle haben geschlafen, aber wir waren so hungrig. Das Haus stand so alleine da und ich roch die vielen Menschen da drinnen.
Wir konnten nicht widerstehen und jagten sie aus dem Haus direkt hierher. Sie haben geschrien und gebettelt und uns angefleht, aber wir hatten unseren Spaß.
Der ältere Mann starb ganz zum Schluss.“
Anna presste die Hände fest auf den Magen, um sich nicht zu übergeben. Falls noch Zweifel bestanden hätten, so waren sie nun fortgeschwemmt.
Shorn und Ailine hatten ihre Familie kaltblütig getötet und es hatte ihnen Spaß gemacht. Wie krank musste man für eine solche Tat sein?
Mit einem lauten Aufschrei stürzte Anna nach vorne, um Ailine an die Gurgel zu gehen. Doch bevor sie einen Fehler machen und sich von den dutzenden Wölfen in Stücke reißen lassen konnte, schlossen sich zwei kräftige Arme um sie und drückten sie an eine breite, harte Brust.
Zuerst wehrte sie sich und trat wild um sich, doch dann drang Chris Geruch zu ihr durch und sie beruhigte sich wieder. Schwer atmend senkte sie den Kopf, um die Tränen, die über ihre Wangen liefen zu verbergen.
Diese… Bestien hatten ihre Familie in Stücke gerissen und es genossen. Anna wünschte, sie wäre nicht nachts aus dem Haus gegangen, dann wäre sie jetzt bei ihnen, wo auch immer sie sein mochten. Stattdessen war sie eine unsterbliche Vampirin, die sich in einen Mann verliebt hatte, der lieber mit einer anderen schlief und dem sie scheinbar nichts bedeutete.
Anna bemerkte nichts mehr um sich herum, zu tief saß sie in der Trauer, die die verrauchte Wut hinterlassen hatte. Vielleicht war auch etwas Selbstmitleid dabei.
Sie merkte nicht, wie sie sich von der Lichtung entfernten und auch nicht, wie sie wieder ins Auto kletterten.
Erst als das Auto anhielt und sie beim Quartier des Rates waren, wurde sie aus ihrer Starre gerissen.
„Anna? Anna, wir sind da. Komm, lass uns rein gehen, die Sonne geht bald auf,“
Anna blickte zu der Stimme auf, die sanft zu ihr gesprochen hatte und war überrascht, als sie sah, dass es Chris war.
Er stand vor der Autotür und hielt ihr seine Hand hin. Geduldig wartete er, bis sie sich rührte und ihren Blick zu seiner Hand senkte.
„Komm,“ wiederholte er ruhig.
Anna nickte, die Starre fiel langsam von ihr ab, die Tränen waren getrocknet.
Sie legte ihre Hand in die größere von Chris und kletterte aus dem Geländewagen. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass die anderen alle weg waren, vermutlich waren alle schon in das Haus zurück gegangen um sich hinzulegen oder etwas zu trinken.
Nur sie uns Chris waren noch da.
Schweigend brachte er sie zurück in ihr Zimmer.
„Geht es dir gut?“ fragte er sie, als sie vor der Tür stehen blieben.
Er wirkte ehrlich besorgt, was Anna überraschte. Fast genauso sehr wie die Tatsache, dass er nicht sofort zu seiner Marylin gelaufen war und sich ihr um den Hals geworfen hatte.
„Ja, ich glaube… ich glaube schon.“
„Gut, dann… schlaf gut. Und wenn du etwas brauchst, hol mich.“
Chris wandte sich zum Gehen ab, da streckte Anna den Arm aus und schloss ihre Hand um seinen Oberarm.
„Warte… Ich… ich will nicht allein sein.“
Christian sah ihr ihn die Augen und für einen Moment stand die Erde still.
Dann nickte er langsam und sagte leise: „Okay, ich bleibe.“
Erleichtert nicht allein sein zu müssen, trat Anna in ihr Zimmer und ließ die Waffen fast augenblicklich zu Boden fallen.
Vollmond war in einer Woche, nicht einmal ganz.
Das bedeutete, dass sie bald schon in den Krieg ziehen mussten, gegen Kreaturen, die keine Moral hatten.
Chris blieb etwas unschlüssig an der Tür stehen, doch als Anna ihm bedeutete, er solle es sich bequem machen, setzte er sich auf das weiche Bett.
Anna schleuderte ihre Turnschuhe in die hinterste Zimmerecke und sie riss sich fast die dunkle Weste vom Laib.
Doch zu mehr hatte sie keine Kraft mir. Sie war so müde, so unglaublich müde.
Sie taumelte mehr zum Bett als dass sie ging. Kaum dass sie sich auf der weichen Matratze ausgestreckt hatte, war sie auch schon eingeschlafen.

Als Anna am nächsten Abend erwachte, war das erste, woran sie dachte, Christian.
Ob er noch da war?
Sie wagte es gar nicht die Augen aufzumachen und festzustellen, dass er nicht mehr da war.
Doch das war kindisch und sie wusste es. Es hatte also keinen Sinn sich etwas vorzumachen. Am besten, sie fand selbst heraus, ob er gegangen war.
Blinzelnd öffnete Anna die Augen – und blickte direkt in die von Chris.
„Du bist noch da!“ war das einzige, das Anna einfiel zu sagen. Wie unglaublich geistreich!
„Ja, hast du gedacht ich gehe einfach weg?“
Wenn Anna ehrlich war – ja, das hatte sie geglaubt.
Seit dem Vorfall im Gang hatte sie sich fragen müssen, ob sie ihm überhaupt etwas bedeutete oder ob sie für ihn nur ein Mittel zum Zweck gewesen war, und dann kam so etwas.
Er lag ausgestreckt neben ihr im Bett und es sah so aus, als hätte er den ganzen Tag dort verbracht.

„Wie lange bist du schon hier?“
Chris fuhr sich durch die Haare und rieb sich die Augen. Es sah nicht so aus, als hätte er viel geschlafen. Er lächelte.
„Seit du eingeschlafen bist. Du siehst süß aus, wenn du schläfst, hat dir das schon einmal jemand gesagt?“
Nein, das hatte niemand und es freute Anna, dass Chris es so sah.
„Geht es dir gut?“
Anna nickte und setzte sich auf. Sie musste aussehen wie ein Wismopp, ihre Haare standen in alle Richtungen weg und waren bestimmte völlig zerzaust.
„Sicher?“
Gut, so sicher war sich Anna da nicht. Ihr Herz blutete immer noch und troff vor Hass auf die Werwölfe, die ihre Familie getötet hatten. Aber Chris war bei ihr, und allein das linderte den Schmerz schon.
„Alles, woran ich denken kann, ist, dass ich diese widerlichen Kreaturen töten möchte, aber ich weiß, dass ich das nicht tun kann. Wir sind hier beim Rat, wir können keine Entscheidungen treffen, ohne dass der Rat ein Wörtchen mit zu reden hat. Was ja auch logisch ist, irgendwie, oder? Ich meine, alles, was wir tun, hat Auswirkungen auf sie, also warum schert mich das kein bisschen? Warum will ich losziehen und den Wölfen ihre Kehle aufschlitzen, so wie sie es bei meiner Familie gemacht haben?“
Na gut, das war nicht alles, woran sie dachte. Sie dachte auch an Chris, aber das würde sie ihm bestimmt nicht sagen, vor allem, weil er ja nicht sie mochte sondern diese Marylin.
„Ich weiß, dass es sich für dich anfühlen muss, als verlierest du das zweite Mal deine Familie und dass es weh tut, aber wenn du in diesem Zustand gegen die Wölfe antreten würdest, wärst du eher tot als du die beiden auch nur verletzen könntest.
Wenn die Zeit reif ist, und das wird sie sein, und zwar bald, dann werden ich und alle anderen Vampir hier dir helfen diese Meute zu vernichten.
Denn sie sind auch eine Gefahr für den Rat, das weiß Helena und das wissen die anderen auch. Aber du musst verstehen, wenn sie erst einen Plan haben wollen, und nicht sofort losstürmen und möglicherweise eine Dummheit begehen wollen.“
Was er sagte, war ja wahr, aber ihr Gefühl ließ sich nicht durch Worte der Vernunft überzeugen.
Sie sollte besser an etwas anderes denken, als sich Gedanken darüber zu machen, wie sie die beiden in der Luft zerreißen würde.
„Wird Marylin auch helfen, oder tut sie es nur dann, wenn du auch dabei und in ihrer Nähe bist? Was ist das zwischen euch? Seid ihr… ein Paar?“
Anna war selbst erstaunt, dass sie das tatsächlich gefragt hatte und wie ruhig ihre Stimme dabei gewesen war.
Sie hatte keine Regung verraten und das grenzte schon fast an ein Wunder, aber sie wollte Christian nicht wissen lassen, wie sehr die Beziehung zwischen der blinden Schnepfe und ihm sie verletzte. Sie wollte auch sich selbst nicht eingestehen, wie stark ihre Gefühle für den gutaussehenden Vampir waren.
Chris antwortete fast eine geschlagene Minute nicht und Anna dachte schon fast, dass er ihr gar keine Antwort mehr geben würde, als er sagte: „Nein, wir sind kein Paar. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe… Es war dumm. Ich hätte nichts mit ihr anfangen dürfen, sie bedeutet mir nichts, nicht im Geringsten.“
Annas Herz schlug bei seinen Worten schneller, doch sie wollte sich keine falschen Hoffnungen machen. Es konnte einfach nur so ein Kerl sein, der haufenweise Affären hatte, die sich ohne Liebe abspielten.
Dennoch, sie musste ihn einfach fragen: „Warum also….?“
„Warum also habe ich das getan?“ beendete er ihren Satz. Er zuckte mit den Schultern. „Ich schätze, ich wollte, nein, ich musste dich auf Abstand halten. Du hast begonnen, mir zu viel zu bedeuten.“
Sie bedeutete ihm etwas… Anna konnte seine Worte kaum fassen und das Glücksgefühl, das sie durchschwemmte. Er… hatte Gefühle für sie.
„Warum ist das ein Problem? Ich meine, warum hast du die Gefühle nicht einfach zugelassen, warum musstest du dich in Marylins Arme werfen und mich dabei so verletzen?“
Da! Endlich war es raus. Sie hatte Chris gestanden, dass er sie verletzte hatte, sie verletzen konnte.
Christian zog ein reumütiges Gesicht. „Es tut mir leid, Anna. Ich habe nicht daran gedacht, dass es dir weh tun könnte.
Aber ich konnte nicht zulassen, dass sich mein Herz, ich, sich zu fest an dich bindet.“
„Aber wieso?“
Er seufzte und rieb sich die Augen. Er sah müde aus und traurig, aber sie konnte die Sache jetzt nicht einfach auf sich beruhen lassen. Sie musste wissen, warum er getan hatte, was er getan hatte. Sie wollte, nein musste, ihn verstehen.
„Weil wenn ich dich zu nah an mich heranlasse und du dann stirbst, ich es nicht überleben würde.“
Anna schüttelte den Kopf und richtete sich auf. „Ich werde nicht sterben. Nicht so leicht. Ich bin ein Vampir, schon vergessen? Man kann mich nicht so einfach töten.“
Chris seufzte und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er sah erschöpft und müde aus, so als plagten ihn düstere Erinnerungen, Dinge, von denen Anna nichts ahnte.
„Auch Vampire können sterben. Man kann uns töten. Die Werwölfe könnten dich in der Luft zerfetzen.“
Leicht genervt strich sich Anna die roten Locken zurück. „Hör mal, Chris. Ich liebe dich und wenn ich es deinen Worten richtig entnommen habe, liebst du mich auch.
Also, selbst wenn ich jetzt sterben würde, wäre es schlimm für dich. Was macht es da für einen Unterschied ob wir zusammen sind? Wenn ich dir etwas bedeute, dann trauerst du auch wenn wir nicht zusammen sind und leidest.“
Chris wandte den Kopf ab und starrte eine Weile schweigend aus dem Fenster. „Du liebst mich?“ fragte er dann leise. Seine Stimme klang gequält und doch hoffnungsvoll.
„Ja, Chris, das tue ich. Ich liebe dich und ich weiß nicht, wie lange schon. Ich will mit dir zusammen sein.“
Christian lachte trocken auf und warf seinen Kopf zurück. „Dann hab ich wohl keine Wahl, nicht wahr? Das mit uns… es ist wohl unvermeidlich. Denn ich liebe dich auch. Oh Gott, und wie ich das tue. Ich will mit dir zusammen sein.
Aber bevor wir das tun – zusammen sein - musst du noch einige Dinge über mich wissen. Wichtige Dinge, erst dann kannst du verstehen, warum ich zögere. Glaube nicht es liegt an meinen mangelnden Gefühlen für dich. Hör mir einfach zu.“
Anna nickte ohne zu zögern. Es schien ihm äußerst wichtig zu sein, dass sie ihm zuhörte. Was es auch war, was auch geschehen war, musste sehr schlimm für ihn gewesen sein. Vielleicht sogar traumatisierend, denn deine Bindungsängste kamen ja nicht vom Himmel.
„Erzähl. Ich höre dir zu und werde dich nicht unterbrechen, ich verspreche es dir.“
Chris räusperte sich und lehnte sich mit dem Rücken an das Bettgestell und streckte seine langen, muskulösen Beine von sich. „Es ist schon so lange her, aber ich habe kein Detail vergessen. Niemals werde ich es vergessen, nicht in 1000 Jahren.“
Anna bemerkte, wie schwer es Chris fiel darüber zu reden. Er wirkte so traurig und irgendwie schuldbewusst, so als gäbe er sich die Schuld an etwas.
„Es war das Jahr, in dem ich gewandelt wurde. Meine Frau Bea und ich waren auf einer Reise durch Europa. Ich hatte reiche Eltern, also konnten wir es uns leisten mit der Kutsche von Stadt zu Stadt zu fahren. Shadow, meine Schwester, reiste mit uns. Sie war ein paar Jahre jünger als ich und ihr Verlobter war gerade erst verhaftet worden und die Verlobung gelöst worden, also nahmen Bea und ich sie mit.
Es war in Frankreich und Ende Juli, ich erinnere mich noch gut daran. Bea war schwanger, im 7. Oder 8. Monat und wir beschlossen zurück nach Hause zu reisen, damit sie dort in Ruhe das Kind bekommen konnte.
Eines Nachts… eines Nachts, wir suchten gerade eine Unterkunft, wurden wir auf einem Waldweg von einer Bande Wilder überfallen. Sie raubten die Kutsche aus und stahlen die Pferde und sonst noch ein paar Dinge.
Einer von ihnen, ein großer, schlanker Mann, den man wohl als attraktiv bezeichnen kann, war wahnsinnig, zumindest glaubte ich das. Er biss zuerst meiner Frau, dann Shadow und mir in den Hals und saugte daran. Es war widerlich, aber ich konnte sie nicht beschützen und mich nicht wehren. Ich kam mir vor wie ein Feigling.“
Seine Stimme versagte und er musste sich die Augen reiben. Verlegen sah er weg und wandte den Blick von Anna ab, aber sie konnte das verräterische Glitzern in seinen Augen sehen.
Chris war verheiratet gewesen – oder war er es noch? Und seine Frau hatte ein Kind erwartet, aber eine Tochter oder einen Sohn hatte er nie erwähnt. Was mochte damals vorgefallen sein?
„Als ich wieder zu mir kam, lagen wir in einer Mulde am Wegrand, Kutsche und alles war verschwunden. Blut an unseren Hälsen und völlig entkräftet schleppten wir uns ins nächste Dorf, doch die Leute hatten Angst vor uns. Wie auch nicht? Wir sahen kaum besser aus als Landstreicher. Wir verbrachten die Nacht in einer Hütte im Wald und auch den Tag darauf und den Tag darauf.
Wir wussten nicht, was mit uns geschehen war, nur dass die Sonne uns schadete und es uns furchtbar nach Blut gelüstete.
Bea wurde als erste schwach, sie ging am vierten Tag nach unserer Wandlung ins Dorf um sich zu ernähren, dann war es Shadow und zu letzt ich. Ich dachte, ich sterbe vor Hunger. Ich wollte ihn nicht töten, aber ich konnte es nicht verhindern. Dieser Mann war unschuldig, aber ich war nicht in der Lage mein Verlangen nach Blut zu beherrschen.
An diesem Tag wurde mir klar, dass etwas mit uns geschehen war, dass wie keine Menschen mehr waren. Zu der damaligen Zeit wusste man noch nicht viel von Vampiren, also war mir nicht klar, was nicht stimmte.“
Anna spürte tiefes Mitleid mit ihm. Als sie verwandelt worden war, hatte sie auch gewusst, dass etwas passiert war mit ihr, doch sie hatte jemanden gehabt, der ihr alles erklärt und sie in die Nachtwelt eingeführt hatte. Er und seine Familie waren alleine gewesen. Auf sich gestellt, in einer Zeit, in der man Angst haben musste auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.
„Irgendwann fanden wir dann heraus, was mit uns nicht stimmte. Irgendwann war uns klar, dass wir Vampire waren. Wie wir es erfahren haben tut hier nichts zur Sache, aber wir wussten genug, um zu wissen, dass Beas Schwangerschaft tödlich enden konnte. Das Baby zu behalten bedeutete den fast sicheren Tod für Bea. Das konnte ich nicht tragen, nicht zulassen. Ich durfte Bea nicht verlieren.
Aber Shadow und Bea waren da anderer Meinung. Bea wollte das Baby behalten und Shadow unterstützte sie darin.
Bea hörte auf sie und bekam das Baby. Doch die Geburt haben weder sie noch das Baby überlebt. Seitdem habe ich kein Wort mehr mit Shadow gesprochen, bis ich sie hier wieder traf.“
„Deshalb bist du so wütend auf sie gewesen. Du gibst ihr die Schuld am Tod deiner Familie.“
Chris stützte sein Gesicht in die Hände und schüttelte den Kopf. „An diesem Tag brach meine Welt zusammen. Ich suchte einen Sündenbock und es war leichter ihr die Schuld zu geben als sich einzugestehen, dass ich Schuld war. Ich habe Bea zu dieser Reise gedrängt, sie wollte anfangs einfach zu Hause bleiben. Wären wir in England geblieben, wäre nichts von alledem geschehen.“


Anna schüttelte vehement den Kopf. „Keiner hat Schuld. Wenn Bea wirklich nicht nach Europa gewollt hätte, wäre sie niemals mit dir gegangen. Shadow hat auch keine Schuld. Sie konnte ja nicht wissen, dass es so ausgehen würde. Bea wollte das Baby behalten und Shadow konnte das verstehen. Du hattest Angst um deine Frau, was verständlich ist, aber als deine Schwester hatte Shadow einen anderen Blickwinkel.
Du kannst weder dir, noch Bea oder Shadow die Schuld an dem geben, was passiert ist. Es war tragisch, ja, aber keiner hatte Schuld. Deine Schwester lebt noch, du hast noch Familie. Ich nicht. Versöhn dich mit deiner Schwester, ich bitte dich. Denn wenn du sie verlierst, ohne dich mit ihr ausgesöhnt zu haben, dann würdest zu zerbrechen.“
Anna kannte ihn besser, als er sich selbst kannte, wurde ihr mit einem Mal klar. Er war ein Familientyp, jemand, der allein nicht überdauern konnte. Was passiert war, war tragisch, klar, aber er war nicht allein und er musste das wissen.
„Ich war lange Zeit allein, und das war nicht freiwillig. Aber jetzt habe ich dich und du hast mich und Shadow. Du wirst immer um Bea und dein Baby trauern, aber du bist nicht allein. Du kannst mich nicht wegstoßen, aus Angst dass auch ich sterbe, dass auch ich dich alleine lasse. Aber Chris, ich verspreche dir dass ich mein Bestes tun werde, um zu leben. Für dich. Für uns.“

Chris blickte sie aus seinen wunderschönen Augen an. Anna las so etwas wie Bewunderung und Verehrung aus seinem Blick heraus und etwas, das Liebe sein könnte. Aber vielleicht hatte sie sich letzteres nur eingebildet.
Es spielte aber keine Rolle. Denn im nächsten Moment lag Chris in ihren Armen und presste sein Gesicht fest an ihre Halsbeuge, sie konnte etwas Feuchtes an ihrer Haut spüren und wusste, dass es Tränen waren.
„Scht… ist ja gut. Sch… ich bin ja da….“
Es vergingen Minuten oder Stunden, doch als er sich schließlich wieder aufrichtete, hatte er sich wieder einigermaßen gefasst. „Willst du mich denn noch? Ich habe dich von mir gestoßen, trotz, oder gerade eben weil ich so viel für dich empfinde. So viel habe ich damals nicht einmal für Bea gefühlt und ich schäme mich dafür, aber es ist so.“
Anna strich ihm beruhigend über die Haare, fuhr mit den Fingern hindurch. „Ja, ich nehme dich zurück. Denn ich fühle auch so für dich. Mehr, als für meinen Verlobten damals. Lass es uns versuchen. Ich glaube, wir müssen es versuchen.“
Kaum hatten ihre Worte die Lippen verlassen, erstrahlte sein ganzes Gesicht. Sein Lächeln war so schön, Gott, so schön, dass es Anna ganz anders wurde.
Strahlend vor Glück schlang Chris die Arme um Anna und küsste sie leidenschaftlich auf den Mund. „Ich liebe dich. Oh Gott, wie ich dich liebe!“
Annas Herz setzte bei diesen Worten aus. Er hatte gerade gesagt… dass er sie liebte! Er liebte sie! Dieser wunderschöne, fantastische Vampir liebte sie!
Ihr Herz raste und sie küsste ihn mit all den Gefühlen, all der Liebe, die sie für ihn empfand. „Und ich dich, Liebster. Ich liebe dich auch!“
Tränen vor Glück verschwammen ihre Sicht und sie blinzelte fast schon verzweifelt dagegen an.

Später lagen beide erschöpft aber glücklich in dem weichen Bett. Annas Kopf lag auf Chris Schulter, ihre Hände beschrieben große Kreise auf seiner nackten Brust. „Was werden wir jetzt machen? Mit den Wölfen, meine ich.“
Chris atmete tief ein. Seine Finger spielten sanft und zärtlich mit losen Strähnen ihres Haares. „Wir werden sie angreifen und uns das Land zurückerobern. Wir werden sie töten, wenn es sein muss. Ich lasse nicht zu, dass du mir genommen wirst. Ich liebe dich mehr als mein Leben.“
„Und ich dich. Du bist mein Leben.“
„Dann müssen wir für unser Glück kämpfen. Wir werden uns Sibiu zurückerobern und ich weiß ein Haus in der Gegend, in dem wir die nächsten Jahre leben könnten, wenn du möchtest.“
„Ja,“ hauchte Anna, immer nich trunken von Glück. „Ja, ich will. Das klingt einfach fantastisch!“
„Ich werde dich nicht bitten hier zu bleiben, wenn wir die Wölfe angreifen, aber bitte, pass auf dich auf. Ich kann dich einfach nicht verlieren, ich darf nicht. Ich würde es nicht überleben.“
„Dasselbe gilt auch für dich, Chris. Nicht sterben. Pass auf dich auf!“
„Komm, wir sollten uns bereit machen, es wird bald dunkel.“
Anna warf einen Blick auf die Uhr, die am Nachttisch stand. Er hatte Recht. Es war Zeit in die Schlacht zu ziehen.
Chris erhob sich und schlüpfte in seine dunklen Jeans und das schwarze T-Shirt. „Ich hole ein paar Waffen, die ich dir geben werde. Denk daran, man kann sie nur mit Silber töten oder wenn man sie verbrennt oder enthauptet.“
Anna nickte und blickte Chris nach, als er den Raum verließ. Glücklich ließ sie sich wieder zurück in die Kissen sinken und starrte lächelnd auf die Decke. Er liebte sie, so wie sie ihn liebte. Wenn sie das hier überlebten, stand ihnen nichts mehr im Weg. Sie konnten glücklich und zusammen sein. Das war das, was sie sich mehr wünschte als alles andere.
Doch vorher galt es eine Schlacht zu bestreiten und diesen Terror endlich zu beenden.
Seufzend erhob sich Anna und tapste zu dem Schrank, in dem Shadow ein paar Kleidungsstücke für sie verwahrt hatte. Sie entschied sich für eine eng anliegende, aber bequeme Lederhose und ein schwarzes T-Shirt, auf dem man das Blut nicht so sehr sehen würde. Denn heute würde jemand sterben und Anna betete, dass es die Wölfe waren und nicht ihre Freunde oder gar ihr geliebter Chris.
Chris kam nur wenige Minuten nach seinem Aufbruch zurück, seine Arme vollbepackt mit allen möglichen Schuss und Stichwaffen, die er auf ihr Bett fallen ließ.
„Kleopatra, Helena, Paris und die anderen sind schon bereit. Sie erwarten uns in der Haupthalle.“
Mit flinken Bewegungen und geschickten Händen befestigte Chris einige der Waffen an Annas Gürtel und schnallte ein paar um ihre Arme und Beine, damit sie jederzeit an sie herankommen konnte, sollte es ernst werden. Er überprüfte, ob die Pistolen voll geladen waren und die Messer scharf, ehe er sie in den Schlaufen und Scheiden verstaute. Sich selbst bewaffnete er mit geschickten Fingern ebenfalls bis auf die Zähne, einige Messer ließ er in seinem dunklen Ledermantel verschwinden. (den Mantel hatte er sich wohl mit den Waffen geholt, als er ging trug er ihn jedenfalls noch nicht.)
„Bist du bereit?“
Das war sie nicht, aber sie nickte, denn sie wusste, wenn sie ihm das gesagt hätte, hätte er sie ohne zu zögern hier gelassen und sie konnte nicht hierbleiben, während er auf den Schlachtfeld sein Leben für sie riskierte und vielleicht starb.
Chris trat auf sie zu und hauchte einen sanften, süßen Kuss auf ihre Lippen, ehe er ihre Hand packte und sie mit sich durch die verlassenen Gänge zog.
Was, wenn das der letzte Kuss gewesen war, den sie von Chris bekommen hatte? Was, wenn er starb? Wie sollte sie da weiterkämpfen, weiterleben können? Sie liebte ihn, sie liebte ihn mit jeder Faser ihres Körpers und eine Leben ohne ihn… das konnte sie sich einfach nicht mehr vorstellen.
Plötzliche Panik überkam sie und Angst, aber nicht Angst um sich selbst sondern Angst um ihr Herz. Chris war ihr Herz.
Chris schien zu spüren, was in ihr vorging, zumindest zu Teil, denn er hielt an und zog sie in eine feste Umarmung. „Keine Angst. Ich passe auf mich auf. Wie gesagt, jetzt habe ich einen Grund zu leben. Dich. Ich werde alles tun, ich versprech es dir. Ich lass dich nicht allein. Nie mehr.“
Anna wollte ihm glauben, wollte glauben dass alles gut gehen würde. Aber wie konnte er wissen, dass sie gewannen und dass er nicht starb? Er konnte es nicht wissen. Ein kleiner Fehler, eine kleine Unaufmerksamkeit und sein Leben wäre verwirkt.
Um sich selbst hatte sie nur seinetwegen Angst. Was würde er ohne sie machen? Er würde endgültig zu Grunde gehen.
Doch anstatt ihre Befürchtungen laut auszusprechen, nickte sie und küsste ihn noch einmal sehnsuchtsvoll.
Mit großen Schritten nährten sie sich der Haupthalle, in der bereits alle Vampire, die dieses große Gebäude bewohnten, auf sie warteten. Viele von ihnen kannte Anna gar nicht, aber sie entdeckte Helena, Paris, Falco und Shadow. Sie alle waren schwer bewaffnet und sahen bereit für einen Kampf aus.
„Können wir los?“ Marylins quengelnde Stimme drang an ihr Ohr. Die blonde Frau, gekleidet in schwarzes Leder, trat vor, die Arme vor dem Körper verschränkt, an ihrer Hüfte baumelten Schwerter.
Chris nickte knapp, ignorierte sie aber ansonsten. An die Vampire gewandte sagte er mit erhobener Stimme: „Lasst uns in den Kampf ziehen – und gewinnen!“
Die Vampire stimmten ihm laut zu, schwangen ihre Waffen. Es war ein Anblick, wie man ihn sonst nur in Filmen sieht. Männer – und Frauen – rissen ihre Schwerter in die Luft, in ihren Gesichtern zeichnete sich Konzentration und so etwas wie Vorfreude ab.
Die Vampire verließen die große Halle und kaum dass sie an der frischen Luft waren, mobilisierten sie ihre vampirischen Kräfte und rannten Richtung Sibiu. Sie machten fast keinen Lärm, kaum ein Geräusch, trotz der hohen Geschwindigkeit, die sie an den Tag legten. Anna blieb an Chris Seite, der nach einer Weile ihre Hand nahm und gemeinsam mit ihr rannte.
Der kühle Wind peitschte ihnen ins Gesicht und als ob der Himmel über den nahenden Kampf bescheid wüsste, zogen Regenwolken auf, bereit sich zu entladen.
Der Weg war nicht so weit, wie Anna ihn in Erinnerung hatte, doch jetzt mischte sich zu ihrer Angst um Chris auch noch Wut auf die Werwölfe. Sie hatten ihr ihre Familie genommen und jetzt zogen sie in den Kampf, in dem sie auch noch Chris verlieren konnte. Shorn und Ailine würden büßen müssen, oh ja.
Als sie den beiden das erste Mal gegenübergestanden hatte, hatte sie kaum eine Chance gehabt, aber jetzt war sie nicht allein.
In der Ferne heulten Wölfe und Anna wusste, dass es das Werwolfrudel war, das bereits auf sie wartete. Einige würden den Kampf nicht überleben und sie begann sich zu fragen, wer nicht mehr mit ihnen zurückkehren würde. Helena und Paris waren die Ältesten hier und bestimmt die Stärksten. Sie zweifelte keine Sekunde lang, dass sie jedem der Wölfe überlegen waren und auch Kleopatra machte nicht den Eindruck, als würde sie sich von den Kötern die Laune verderben lassen.
Aber was war mit Shadow? Sie war etwas jünger noch als Chris und auch wenn die beiden ebenfalls schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hatten, hieß das nicht, dass sie nicht besiegt werden konnten. Auch Marilyn war nicht annähernd stark genug um es mit dem Rudel alleine aufzunehmen, auch wenn Anna um sie weniger getrauert hätte, als es vielleicht angebracht wäre.
Sie näherten sich der Lichtung erstaunlich schnell. Die Bäume lichteten sich und die Vampire vor und neben ihnen verlangsamten ihren Lauf, bis sie schließlich ganz anhielten und sich in einem Halbkreis auf ihrer Seite der Lichtung aufstellten.
Die Wölfe warteten bereist in ihrer großen tierischen Gestalt, die Zähne gebleckt, die Lefzen zurückgezogen. Sie sahen aus wie überdimensionale, tollwütige Hunde, die Anna einen Schauer über den Rücken jagten.
Chris griff nach ihrer Hand und beschrieb beruhigende Kreise mit seinem Daumen auf ihrem Handrücken. Mit dem anderen Arm zog er sie dicht an sich, bis sie mit dem Rücken an seine breite Brust gelehnt dastand.
Anna spürte seine Lippen an ihrem Ohr, als er sich zu ihr hinunterbeugte und ihr zuflüsterte: „Ich liebe dich. Es wird alles gut gehen, ich versprechs dir.“
Und sie glaubte ihm, zumindest in diesem Moment.
Sie drehte den Kopf und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, ehe sie einen Schritt nach vorne trat und ihre ganze Aufmerksamkeit auf Helena und Shorn lenkte, die sich in der Mitte der Lichtung trafen und nun hoch erhobenen Hauptes gegenüberstanden. Der große, hässliche Wolf verwandelte sich in einen noch hässlicheren nackten Mann, der sein hämisches Grinsen auf die wunderschöne Vorsitzende des Vampirrats richtete.
„Ihr seid also hier, um euch die Gegend wieder zurück zu erobern. Ich bin begeistert, muss schon sagen. Schon lange warte ich auf einen Kampf und es besteht gar kein Zweifel, dass mein Rudel gewinnen wird. Ihr habt keine Chance, aber ich finde es toll, dass ihr es zumindest versucht.“
Helena blieb ruhig und gelassen, blickte ihren Gegner aus kalten Augen an. „Ihr seid euch da ja sehr sicher. Warten wir ab, wir werden es schon sehen, wenn diese Nacht vorbei ist.“
Shorn verbeugte sich spottend vor der trojanischen Prinzessin und kehrte zu seinem Rudel zurück. Über die Schulter rief er: „Dann möge die Schlacht beginnen – und den Boden hier mit eurem Blut tränken.“
Anna wandte sich hastig zu Chris um und suchte seinen Blick, sah ihm tief in die Augen, die sie so liebte, wie alles an ihm.
„Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr.“
Chris nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und erwiderte ihren verzweifelten Blick. „Und ich liebe dich. Mehr als ich sagen kann, mehr als mein Leben.
Wenn wir das hier überstanden haben, wirst du mich dann heiraten?“
Völlig überrascht und verdattert sah sie ihn an, ihre Augen geweitet, sie konnte nicht fassen, was er sie gerade gefragt hatte, war sich sicher ihn falsch verstanden zu haben. Doch nach seinen nächsten Worten, wurde ihr klar, dass das nicht der Fall war, dass er es ernst meinte.
Chris sah sie eindringlich an und streichelte mit seinem Daumen immer wieder über ihre Lippen. „Willst du mich heiraten? Meine Frau werden?“
Wie benommen schlang Anna die Arme um seinen Hals und küsste ihn wild und ungestüm und voller Liebe und Leidenschaft.
„War das ein ja?“ keuchte Chris, als sie endlich von ihm abließ, völlig außer Atem.
Strahlend vor Freude und Liebe rief Anna: „Ja! Ja, ich will dich heiraten, deine Frau werden! Oh Gott, wie ich dich Liebe.“
Und erneut bemächtigte er sich ihres Mundes, strich mit seiner Zunge an ihrer, legte all seine Gefühle in diesen Kuss, der süßer war als alles, was sie je erlebt hatte.
Gott, sie liebte ihn. Wie könnte sie bloß ohne ihn leben?
Ein lauter Schrei, ein Kampfschrei, gefolgt von lautem Geheule riss die beiden aus ihrem Bann.
Widerwillig lösten sie sich voneinander, in ihren Augen das Versprechen auf viele gemeinsame Jahre.
Dann wandten sie sich der Schlacht zu, bereit, das zu verteidigen, was sie liebten.


Die finale Schlacht

Die ersten Reihen der Vampire stürzten sich auf die angreifenden Wölfe, schwangen die Schwerter und bohrten sie in die großen, pelzigen Körper der Tiere. Die friedliche Stille der Nacht war vertrieben worden durch das Klirren von Klingen und das Knurren von aggressiven Wölfen.
Anna konnte fast nichts erkennen, die Kämpfenden bewegte sich so schnell, dass sie fast mit der Dunkelheit verschwommen.
Mit einem tiefen Atemzug riss Anna einen Dolch aus einer Scheide und mit der anderen Hand zog sie eine Pistole. Im Laufen feuerte sie die Waffe ab, zielte auf einen großen, grauen Wolf, dem der Geifer aus dem riesigen Maul troff.
Zweimal trafen die Silberkugeln ihn in die Flanke und noch im Sprung stürzte der Wolf mit einem lauten Krachen zu Boden, wo er sofort leblos zusammensackte und nach nur wenigen Augenblicken verendete.
Die Menge Blut, die aus dem dichten Fell sickerte und es rot verfärbte, stieß Anna ab. Das Blut dieser Kreaturen war nicht lockend und verführerisch wie das der Menschen, es stank und erregte ihre Übelkeit, gegen die sie jedoch ankämpfte.
Kaum dass sie sich von dem toten Wesen abwandte, stürzte sich auch schon ein anderer auf sie, doch er warf sie noch zu Boden, bevor sie Gelegenheit hatte die Pistole abzufeuern.
Stattdessen riss sie nahezu reflexartig ihren anderen Arm hoch und schnitt dem Wolf den Bauch entlang und schlitzte ihn auf. Warmes Blut ergoss sich über ihrem Oberkörper und Anna musste mit sich ringen, damit sie sich nicht hier an Ort und Stelle übergeben musste.
Um das Tier auf sich endgültig und mit absoluter Gewissheit zu töten, bohrte sie die Klinge nich einmal tief in das Herz des Wolfes und drehte den Dolch dreimal um, bis er mit krampfhaften Zuckungen auf ihr zusammenbrach.
Keuchend stieß sie den Kadaver weit von sich, so weit, dass er mit einem dumpfen Krach gegen einen Baum knallte.
Mit ihren Ellbogen stieß sie sich ab und setzte sich auf, schüttelte ihren Kopf, der etwas weh tat, nach dem Aufprall auf dem harten Boden.
Anna sah sich um auf dem Schlachtfeld. Es war schwer zu sagen, wer die besseren Karten hatte. So viel Blut, der ganze Boden war damit getränkt.
Tote Körper, menschliche und tierische, lagen überall auf dem Boden, und es wurden von Sekunde zu Sekunde mehr.
Unter den toten Vampiren konnte Anna erst niemanden erkennen, die Gesichter waren verdreckt und blutverschmiert, teilweise von Wolfskörpern bedeckt.
Panik stieg in Anna auf, als sie Chris nirgendwo sehen konnte. War er unter den Toten? Lag er irgendwo am Waldboden und starb?
Doch bevor Anna sich noch weiter in ihre Panik hineinsteigern konnte, entdeckte sie ihren ganz persönlichen Vampirprinzen, wie er gegen einen fast schwarzen Wolf kämpfte.
Und sie konnte nicht anders, als ihn anzustarren.
Wie er sich bewegte – voller tödlicher Eleganz. Sein Schwert wirbelte durch die Luft als wöge es nichts, seine Bewegungen waren so gekonnt und selbstsicher, als würde er nie etwas anderes machen.
Mit einem einzigen geschickten Schlag tötete er den Wolf und wandte sich bereits dem nächsten zu, der Kadaver des anderen war noch nicht einmal zu Boden gesunken.
Immer noch beeindruckt rappelte Anna sich auf und packte Dolch und Pistole, bis beides wieder fest in ihren Händen lag.
Als sie sich dem nächsten Wolf zuwandte und ihn mit einer einzigen Kugel niederstreckte, entdeckte sie aus ihren Augenwinkeln Helena, die mit wehendem Haar und anmutigen Bewegungen einen makaber schönen Tanz mit zwei Schwertern hinlegte.
Alle Vampire waren beschäftigt, völlig in ihren Kampf vertieft, sodass keiner mitbekam, wie sich Shorn in seiner tierischen Gestalt in den Wald flüchtete.
Wütend nahm Anna ohne zu zögern seine Verfolgung auf. Wegen diesem Mistkerl waren sie hier und sie würde einen Teufel tun und ihn entkommen lassen. Er würde heute Nacht sterben, einfach deswegen, weil sie es musste.
So schnell ihre Beine sie trugen verfolgte sie den dunkeln Wolf in den Wald, damit sie ihn nicht aus den Augen verlor. Wieso war dieser Kerl so ein Feigling, lief einfach davon? Und überhaupt: Wohin lief er?
Zu spät erkannte sie, dass sie in eine Falle getappt war. Doch als sie es realisierte, war es bereits zu spät.
Mit der Wucht eines Güterzuges rammte sie ein massiger Körper und stieß sie mit voller Wucht zu Boden.
Ein glühender Schmerz durchzuckte sie, als ihre Rippen brachen wie Streichhölzer.
Keuchend rang Anna nach Atem, Tränen traten ihr in die Augen und liefen über.
Mühsam richtete sie sich wieder auf – und sah sich Shorn und Ailine gegenüber.


Chris zog sein Schwert aus dem toten Körper des Wolfes zu seinen Füßen und sah sich um.
Überall lagen Leichen auf der Wiese, die nicht mehr grün, sondern rot war. Das meiste waren Wölfe, doch auch einige Vampire waren unter den Toten.
Er erkannte ein, zwei bekannte Gesichter unter ihnen, doch eigentlich hielt er nur nach einem Ausschau. Als er sie unter den Leichen nicht entdecken konnte, wandte er sich den lebenden zu, die sich, größtenteils verletzt oder einfach nur erschöpft auf ihre Waffen stützten.
Helena stand neben Paris, beide so gut wie unverletzt. Kleopatra, Falco und einige der anderen standen immer noch aufrecht.
Als er Shadow entdeckte, atmete er erleichtert auf und rannte auf seine kleine Schwester zu. „Dir geht es gut.“
Sie nickte, wirkte allerdings erschöpft und unendlich müde. „Ja. Dein Arm… Chris, mein Gott, dein Arm ist halb zerfetzt!“
Chris folgte Shadows Blick und zuckte nur mit den Schultern. Ja, sein Arm tat unglaublich weh, doch er würde erst Anna finden. Dann erst konnte er sich um sich kümmern.
„Wo ist sie? Wo ist Anna?“
„Ich weiß es nicht… Chris, glaubst du, sie ist…?“ Noch ehe sie ihre Frage zu Ende bringen konnte, erschütterte ein lauter, markerschütternder Schrei die eingetretene Stille. Es war Annas Schrei – voller Schmerz und Panik.
„Anna!“ Ohne auf seine Schmerzen zu achten rannte Chris in die Richtung, aus der ihr Schrei kam. Er musste zu ihr, um jeden Preis.

Anna versuchte rückwärts zu robben, weit genug, damit sie sie aufstehen konnte.
Doch Shorn hatte anderes im Sinn. Mit einem sardonischen Lächeln trat er mit einem gezielten Tritt auf Annas Bein. Ihr markerschütternder Schrei, als ihr Bein brach wie ein Zweig, hallte durch den Wald.
„Anna, Anna, Anna. Ich hätte dich schon töten sollen, als ich deine Familie auslöschte. Du hattest Glück dass du diesem Vampir über den Weg gelaufen bist, der dich verwandelt hat. Sonst lägest du jetzt genau wie deine Familie unter der Erde.“
Ailine stieß ein schrilles, hämisches Lachen aus und strich ihrem Bruder über die breiten Schultern.
„Weißt du Kleines, eine Weile war es ja ganz amüsant, aber schön langsam langweilt mich dieses ganze Spiel.“ An Shorn gewandt fügte sie hinzu: „Komm, tun wird endlich. Töten wir sie. Ich bin es leid, dieses Spiel. Lass uns etwas Neues suchen, mit dem wir uns vergnügen können.“
Shorn lachte und tätschelte die Hand seiner Schwester. „Ja, du hast recht. Es wird langweilig. Wir haben und lange genug mit dir amüsiert.
Sag gute Nacht, Anna.“
Mit einem lauten Schrei sprang Anna auf und ignorierte den Schmerz in ihem Oberkörper und ihrem Bein und stürzte sich auf Shorn.
Sie würde sich nicht so einfach umbringen lassen, nicht wenn sie Chris gerade erst gefunden hatte und sich mit ihm verlobt hatte.
Sie würde nicht sterben, sie weigerte sich, sich so einfach umbringen zu lassen.
Mit der Hand, in der sie immer noch den Dolch hielt, holte sie aus. Doch anstatt ihm die Kehle durchzuschneiden, verpasste sie ihm lediglich nur einen Kratzer.
Wütend geworden schleuderte Shorn sie mit all seiner Kraft – und davon hatte er wirklich jede Menge – gegen einen Baum. Anna spürte, wie ihr Rückgrat brach und mehrere andere Knochen in ihrem Laib splitterten.
Der Schmerz betäubte sie fast. Keuchend rang sie nach Atem, konzentrierte sich darauf, die beiden Feinde im Blick zu behalten, aber das war so schwer, wenn die Sicht immer verschwamm.
Anna spürte, wie ihre Kraft langsam aber sicher schwand und sie wusste, dass sie sterben würde.
„Hahaha. Gleich ist es vorbei. Du hast dein Ende nicht abgehalten – nur hinausgeschoben.“
Chris, ich liebe dich. Dann wurde es schwarz um sie herum und sie versank in der Dunkelheit.

„Hahaha. Gleich ist es vorbei. Du hast dein Ende nicht abgehalten – nur hinausgeschoben.“
Mit einem Schrei voller Wut und Verzweiflung stürzte sich Chris hinterrücks auf Shorn und riss ihn zu Boden. In seiner menschlichen Form war der Wolf Chris deutlich unterlegen und mit einem gezielten Schlag trennte er ihm den Kopf ab. Das warme, stinkende Blut spritzte über seinen ganzen Körper, doch es kümmerte ihn nicht. All seine Sorge galt einzig und allein Anna, die leblos am Boden lag, verschmiert mit Blut. Dem der Wölfe, aber auch ihrem eigenen.
Ein Bein lag in einem seltsamen Winkel verrenkt da, ihr Rücken war völlig verdreht. Sie durfte nicht tot sein! Sein, das konnte nicht sein!
Verzweifelt und voller Panik um sein Ein und Alles wollte er zu ihr, als jemand mit einem lauten Aufschrei seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Ailine stand breitbeinig da. Ihre Augen funkelten vor Hass und Trauer um ihren toten Bruder. „Du hast ihn getötet! DU HAST IHN UMGEBRACHT! Dafür wirst du sterben!“
Und ohne Zögern sprang sie auf ihn zu, verwandelte sich im Sprung und warf ihn zu Boden.
Chris zerrte an seinem Schwert und es ihr in die Seite zu rammen, doch sie packte seinen verwundeten Arm und grub ihre Zähne noch tiefer in das offene Fleisch.
Chris konnte einen Schrei nicht unterdrückten, doch mit der freien Hand riss er mit aller Kraft an den Ohr des Wolfes, so lange, bis er los ließ. Geifer und Speichel troffen auf ihn hinab, doch das kümmerte ihn in diesem Moment wenig.
Weil er keine Kraft mehr in dem verletzten Arm hatte, ließ er das Schwert fallen. Ailine beugte sich über ihn, bereit seine Kehle durchzubeißen. Wenn er jetzt nichts tat, würde er sterben. Und Anna auch. Nein, nein! Er musste leben. Er hatte es Anna versprochen. Für sie würde er leben!
Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, die noch in ihm war, umfasste er den pelzigen Hals des Wolfes und drehte so lange, drehte mit aller Kraft, bis Ailine sich wandte und versuchte sich zu befreien. Doch er ließ nicht los, drehte weiter und weiter, so lange, bis mit einem Knacken das Genick des Wolfes brach.
Gerade als Shadow und die anderen zu ihnen stürmten, kroch Chris neben Anna, bis er sie in den Arm nehmen konnte.
Sie lebte noch – gerade so. Sie war sehr schwach, ihr Rückgrat war gebrochen. Solche Verletzungen waren selbst für einen Vampir tödlich. Vorsichtig nahm Chris sie in seine Arme, presste sein Gesicht an ihren Hals und murmelte mit tränenerstickter Stimme: Nicht sterben. Bitte, stirbt nicht! Ich liebe dich doch! Bitte, du darfst mich nicht verlassen!“
Chris verzweifelter Schrei durchriss die Stille.


Weich. Es war so weich und warm. Und gemütlich. Etwas schweres lag auf ihrem Bauch, drückte sie gegen etwas Hartes, aber Warmes. Ein vertrauter Geruch drang zu ihr und sie runzelte die Stirn. Sie hatte keine Schmerzen mehr, trotzdem spürte sie noch etwas. Ja, eindeutig: Sie lag auf einem Bett. Aber sie war doch tot! Shorn hatte sie gegen den Baum geworfen und sie getötet. Oder etwa nicht? Lebte sie noch? Ja, so musste es sein.
Endlich erkannte Anna den Geruch. Chris! Er war es auch, der neben ihr lag. Das bedeutete, dass er ebenfalls noch lebte!
Anna riss die Augen auf, suchte in der Dunkelheit des Schlafzimmers die Liebe ihres Lebens. Sie musste ihn jetzt einfach sehen, sie musste einfach.
Der gut aussehende Vampir lag neben ihr, sein Arm schwer auf ihrem Bauch, und beobachtete sie aus gefühlvollen und glutvollen Augen. Liebe lag in seinem Blick.
„Du bist endlich aufgewacht, meine Prinzessin.“
Anna nickte, ihre Kehle fühlte sich wund und trocken an.
„Gott, ich dachte ich hätte dich verloren. Ich hätte es nicht ertragen, wenn du gestorben wärst.“
Endlich fand sie ihre Stimme wieder. Beruhigend strich sie ihm über das braune Haare und streichelte seine Wange. „Aber das bin ich nicht. Und du auch nicht.“
„Nein. Wir beide leben.“
Chris Arme schlangen sich eng um sie und drückten sie an sich, so als müsse er einfach spüren, dass sie bei ihm und am Leben war.
Anna konnte ebenfalls ihre Hände nicht bei sich behalten und fuhr immer wieder über seinen Körper.
Nach einer Weile hauchte Anna: „Sind wir wirklich verlobt?“
Ein Lächeln, ein Lächeln das Anna so sehr liebte, ließ sein Gesicht strahlen. „Ja, ja das sind wir. Und wir werden heiraten. Bald.“
„Ja. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen als dich zu heiraten.“
„Wir werden am Schwarzen Meer heiraten, wenn du willst. Alle Vampire vom Rat werden kommen. Ich habe Shadow längst verziehen, wegen dir. Du warst so lange ohne Bewusstsein, dass ich gar nicht mehr wusste, ob du überhaupt aufwachst. Du kannst dir alles aussuchen, alles ist deine Entscheidung. Alles, was ich will, ist endlich dein Mann zu sein. Wir haben zu viel Zeit vergeudet, weil wir Angst von unseren Gefühlen hatten. Ich will nicht noch mehr verlieren.“
„Das wirst du nicht. Du wirst mich nie weder los.“
„Das will ich doch hoffen!
Ich liebe dich, Anna. Mehr als mein Leben.“
„Und ich liebe dich, Chris. Bis in alle Ewigkeit!“


Ende

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.11.2009

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