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Tina hatte von ihrer Großmutter ein Tagebuch bekommen. Es war weinrot, mit einem weinenden und einem lachenden Gesicht drauf. Auf jeder Seite war eines dieser Gesichter zu sehen.
Tina saß auf der Terrasse und überlegte, wie sie ihr Tagebuch nennen sollte. Die Sonne schien und die Vögel sangen, doch Tina war viel zu sehr in ihre Gedanken vertieft, um dies genießen zu können. Als sich die Großmutter zu ihr setzte und sie ansprach erschrak Tina sehr.
„Nun, Kind, hast du schon etwas geschrieben?“
„Nein, Oma, ich suche noch einen Namen für mein Tagebuch. Es wäre dann so, als ob ich meiner besten Freundin schreiben würde.“
„Wie weit bist du mit deiner Suche gekommen?“
„Hm, ich habe da an Mona gedacht.“
Oma nickte verstehend. Mona, so hieß Tinas beste Freundin, die bei einem Autounfall mit Ihren Eltern ums Leben gekommen war. Tina hatte damals sehr darunter gelitten.
Doch jetzt, nach einem Jahr konnte sie wieder darüber reden, ohne gleich zu weinen.
„So schreibe ich ihr all das, was ich ihr nicht mehr sagen kann.“
„Nun, Tina, so behältst du Mona immer in Erinnerung, und dann ist sie dir ganz nah.“
Tina starrte traurig vor sich hin. Mona fehlte ihr so sehr.
Kurz vor diesem schrecklichen Unfall hatten sie noch über die Sterne gesprochen, denn beide fühlten sich von diesen kleinen Lichtern am Himmel magisch angezogen.
„Jetzt weiß ich, was zuerst drinstehen muss.“
„Möchtest du es mir verraten, Tina?“
Sie überlegte nicht lange denn vor ihrer Oma hatte sie keine Geheimnisse. Immer schon war Tina mit ihren kleinen und großen Problemen zu ihr gekommen. Oma sagte nie: „Das verstehst du noch nicht, oder, Träumer werden vom Leben bestraft.“ Nein, Oma hörte stets aufmerksam zu und fand meistens die rechten Worte zur richtigen Zeit.
„Mona und ich haben mal über die Sterne gesprochen und darüber nachgedacht, ob es dort andere Lebewesen gibt.“
„Nun, Tina, das könnte schon möglich sein. Wir Menschen sind noch lange nicht das Maß aller Dinge, auch wenn wir es gerne so hätten. Auch wenn wir etwas nicht sehen, spüren oder irgendwie wissenschaftlich belegen können, heißt das noch lange nicht das es dieses oder jenes nicht gibt. Aber sag mal, Tina, wie seid ihr denn darauf gekommen?“
„Ach, Oma, wenn du auf der Wiese liegst und in den sternenklaren Himmel siehst, kommen solche Fragen ganz automatisch.“
„Machst du das oft?“
„Im Sommer jeden Abend. Manchmal scheinen die Sterne zum Anfassen nah, und du glaubst, unter einer riesigen Kuppel zu liegen. Aber am schönsten ist es, wenn ich mich dort hinaufträume.“
„Kannst du es mir beschreiben, Tina?“
„Es kommt mir so vor als wenn mir dort nichts geschehen könnte. Ich fühle mich frei von allem, was mich bedrückt. Kein Laut ist zu hören, doch es ist keine unangenehme Stille, sondern eine tröstende. Manchmal jedoch scheint es, wenn ich besonders traurig bin als würde ich eine ganz leise, ferne Melodie hören, die allen Kummer aus mir herausnimmt.“
Gefangen in ihrem Traum, fiel es Tina schwer, wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden.
„Diese Vorstellung ist wunderschön mein Kind, aber seit wann gibt es dort Musik?“
Leise lachte Tina.
„Seit Mona zu den Sternen ging. Mona schickt mir diese Melodie um mich zu trösten und sie sagt mir, dass sie dort oben auf mich wartet.“
Still betrachtete die Großmutter ihre Enkelin, die für ihre 15 Jahre erstaunliche, wunderschöne Gedanken und Träume in sich barg.
„Schreib es doch in dein Tagebuch, Tina, denn es kann dir jetzt viel Kraft geben.“
Versonnen nickte das Mädchen und begann zu schreiben.

Liebe Mona, dies ist nur für dich.

Sie flog zu den Sternen,
sang ihnen ihr Lied.
Aus unendlichen Fernen,
Kommt es zu mir zurück.

Ich höre ihr singen,
in sternklarer Nacht.
Es soll Trost mir bringen,
damit mein Herz wieder lacht.

Es verspricht mir du wartest,
dort oben auf mich.
Denn ein Tag hier unten,
ist nur eine Sekunde für dich.

Es ist uns nicht gegeben,
für immer zusammen zu sein.
Doch zwischen den Sternen
sind wir dann nie mehr allein.

Stolz zeigte Tina ihrer Oma was sie geschrieben hatte.
„Das gefällt mir sehr, Tina, und für dich wird es immer etwas sein an das du dich halten kannst, denn deine Erinnerungen und Träume sind etwas das dir niemand mehr nehmen kann.
Halte sie fest und verliere sie nie.“


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Tag der Veröffentlichung: 13.06.2010

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