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Prolog



Manchmal macht ein kleiner Fehler im Uhrwerk alles kaputt. Jedes Zahnrad muss mit dem anderen zusammenpassen. Es muss alles zusammen Harmonieren. Aber, was wäre, wenn es einen kleinen Fehler dabei gibt? Richtig. Alles ist im Eimer. So geht es auch mit dem Leben. Nach jeder falschen Entscheidung, geht dein Leben immer mehr in die Hölle. Nach kurzer Zeit, vieler Fehler, kannst du dich dann sofort von deinem Leben verabschieden. Was von deinem Leben noch überbleibt, ist der winzig kleine Funken Hoffnung, einen Ausweg zu finden. Wenn du aber Pech hast, dann befreunde dich schon mal mit dem Teufel. Meistens kann man seine Zukunft nicht ändern. Jemand anderes hat sie für dich bestimmt. Keine Prophezeiung. Einfach nur die Realität. Eine Realität, vor der du nicht flüchten kannst, sondern sich ihr einfach stellen …

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1



„Glaubt ihr, sie wird es machen?“, fragte ich meine Freunde. Sie sahen mich zweifelnd an.
„Wo ist deine Menschenkenntnis hin? Natürlich wird sie es wollen. Dazu würde sie doch niemals ‚Nein‘ sagen“, meinte meine Freundin Cathrin und kniff leicht die Augen zusammen. Sie hatte Recht. Mein Leben ist im Eimer. Und das nur wegen meiner bescheuerten Schwester.
„Ich hoffe einfach für sie, dass sie es nicht macht“, versuchte ich es noch einmal, aber da zeigte Cathrin auch schon nach vorne zur Tafel. Dort stand meine Schwester Claire und trug sich gerade ein. Moment … Sie macht WAS?! Ich stöhnte auf.
„Das kann sie mir nicht antun. Ich bring sie um … ich bring sie so was von um.“ Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte knallen. Die Lehrerin sah zu mir.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragt sie mich leicht besorgt, leicht amüsiert. Ja, unsere Lehrer sind alle total cool und haben uns gleich am Anfang das ‚Du‘ angeboten. Das haben wir natürlich auch gleich angenommen. Alle unsere Lehrerin Duzen uns. Wobei es an unsere Schule auch nur weibliche Lehrer gibt. Genauso, wie es nur weibliche Schüler gab. Wir waren eine reine Mädchenschule. Auch wenn es langweilig klingen mag, aber ich liebte diese Schule. Es gab total coole Fächer hier. Aber Claire hat gerade meinen Untergang unterschrieben. Ich könnte heulen. Das war einfach nicht fair. Und das alles nur wegen dieser blöden Wette.
„Summer? Ist aller okay mit dir?“, fragte Franzi mich.
„Ja. Alles super“, murmelte ich und versuchte Claire mit meinen Blicken zu erdolchen, was sie mit einem frechen lächeln quittierte.
Nur fünf Minuten später, klingelte es und wir gingen raus. Endlich hatten wir Schulschluss. Ich hatte verdammt viel Kohldampf. Ich sah mich nach Claire um. Kaum hatte ich sie entdeckt, schnappte ich mir ihren Arm, winkte meinen Freunden zu und schleppte sie hinter mir her.
„Was sollte das?“, fragte ich sie wütend.
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich anmelden will. Und das du die Wette verloren hast … Dafür kann ich ja nichts machen“, meinte sie schulterzuckend. Ich seufzte. Im Grunde hatte sie ja Recht. Aber trotzdem. Ich wollte nicht mit irgendwelchen notgeilen Typen zusammen ein ganzes Dreivierteljahr verbringen. Das ist doch schon Folter pur! Das kann Claire mir nicht antun. Ich sah Claire aus den Augenwinkeln heraus an. Sie war wirklich hübsch. Sie hatte blonde, kurze Haare und braune Augen. Ich fand, dass die Kurzhaarschnitt Frisur total schön bei ihr aussah. Sie war da andere Meinung, aber ließ ihre Frisur in Ruhe. Außerdem war sie ein Jahr älter als ich. Eigentlich hätte sie jetzt schon das Abi machen können. Aber unsere Eltern wollten, dass wir zusammen in eine Klasse kommen. Deshalb wurde sie ein Jahr später eingeschult, also genau zu der Zeit, wo ich eingeschult wurde. Claire betrieb viel mehr Sport als ich. Ich joggte nur am Wochenende zweimal um einen Wald herum. Okay, der Wald war nicht sonderlich groß, aber dennoch groß genug. Jedenfalls für mich. Claire ging jeden Montag und Mittwoch ins Fitnessstudio. Am Freitag hatte sie Judo Unterricht und vor zwei Jahren ist sie Dienstag, Donnerstag und Samstag geritten und am Sonntag war Kajak dran. Wenn ich nur daran dachte, so viel Sport zu machen … Da bekomme ich ja eine Gänsehaut. Claire und ich sahen uns ziemlich ähnlich aus. Der einzige Unterschied: Sie hat braune Augen und ich habe grüne Augen. Bevor sie sich die Haare abgeschnitten hatte, hatten wir beide Brust langes, glattes blondes Haar. Sonst sehen wir uns total ähnlich. Man hat uns auch schon mal verwechselt. Claire und ich haben schon so viel Mist gebaut. Davon haben wir bestimmt schon die Hälfte vergessen. Es war immer witzig mit ihr und ein Leben ohne sie. Unvorstellbar. Aber manchmal konnte sie mich auch nerven. Und wenn dann schon so was kommt … Warum musste ausgerechnet sie bei diesem Tausch mitmachen? Nur weil ich diese verdammte Wette verloren habe, muss ich jetzt mitkommen. Falls sie ausgewählt wird. Das Leben ist gegen mich. Das Schicksal hasst mich.

Während ich noch immer in meiner schlechten Laune badete, kamen wir zuhause an. Unsere Eltern arbeiteten Vollzeit. Sie würden in ca. 3 Stunden nach Hause kommen. Bis dahin hatten wir Zeit Hausaufgaben zu machen, zu essen und unsere Zimmer aufzuräumen. Mein Zimmer war im Chaos schon versunken. Daher brauch ich das doch gar nicht mehr aufräumen. Wäre doch unnötig! Meine Mum sieht das leider nicht so wie ich. Sie hat mir mit 3 Monaten Hausarrest gedroht. Ich schmiss meine Tasche in die nächst Beste Ecke und ging hoch in mein Zimmer. Es war nicht besonders groß. Es war eher klein. Klein und gemütlich, so könnte ich mein Zimmer beschreiben. Vom Chaos mal abgesehen. Ich sah mich um. Es lagen hauptsächlich Klamotten auf dem Boden. Mit einem Blick entdeckte ich, dass sie alle in die Wäsche konnten. Ich klaubte die Klamotten vom Boden und stapelte sie in meinen Armen. Als alles vom Boden weg war, was Klamotten hieß, ging ich voll bepackt runter zur Waschmaschine und stopfte dort die ganze Wäsche rein. Erschöpft schloss ich die Tür der Waschmaschine. Wäsche runter zutragen ist anstrengend! Ich wollte gerade Claire fragen, wann es essen gibt, als ich einen köstlichen Duft vernahm. Ich schlenderte in die Küche und sah das Essen auf dem Tisch.
„Claire du bist einfach göttlich!“, sagte ich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie lachte.
„Das weiß ich doch schon längst.“ Meine Schwester konnte auch sehr zickig-arrogant sein, wenn sie wollte. Das passiert aber nur, wenn jemand sie wirklich richtig ärgerte.
Ich setzte mich an den Tisch und fing an zu essen. Mein armer geschundener Magen! Als wir mit essen fertig waren, schauten wir noch zusammen einen Film, bis unsere Eltern kamen. Claire erzählte ihnen sofort von dem Austausch. Unsere Eltern freuten sich total. Und ich? Ich hatte wieder schlechte Laune. Jetzt heißt es nur noch beten, dass Claire nicht ausgewählt wird. Bitte lieber Gott. Ich will das einfach nicht.
Irgendwann war ich viel zu müde und ging ins Bett. Ich gab allen noch einen guten Nacht Kuss und ging hoch in mein sauberes Zimmer. Ich legte mich ins Bett und dachte noch ein bisschen nach. Morgen war Freitag. Wenn Claire ausgewählt wird, dann sind wir Montag schon in der anderen Schule. Na toll. Ich will das nicht. Vielleicht kann ich Claire morgen nochmal überreden, dass ich nicht mitkommen muss. Mit diesen Gedanken schlief ich ein.

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem dumpfen Gefühl im Magen auf. Das konnte heute gar nicht gut gehen! Ich machte mich fertig und ging, wie immer, mit Claire zusammen zur Schule. Als wir dort ankamen, beschlich mich ein ungutes Gefühl. Ich begrüßte Franzi, Cathrin und Julia. Nachdem wir uns begrüßt haben, gingen wir gemeinsam ins Schulgebäude, in die Aula. Dort würde ausgewählt werden, welche zwei Mädchen der Crow Mädchenschule für ein Dreivierteljahr auf die Callahan Jungenschule gehen würden. Na toll. Wir setzten uns in die Mitte. Wir redeten noch über dies und das, als die Direktorin auf die (schnell aufgebaute) Bühne kam. Sie begrüßte und erst einmal alle und kam dann auch gleich zum Punkt.
„Wie ihr wisst, meine Lieben, haben Mr. Callahan und ich uns dazu entschlossen einen Austausch zu machen. In den letzten zwei Wochen hatte ihr Zeit, euch für den Austausch ein zutragen. Wir werden jetzt einen Namen ziehen und derjenige darf sich noch einen zweiten dazu aussuchen. Also Viel Glück!“
Wenn sie wüsste. Das witzigste an der ganzen Sache war ja, sie dachte wir wüssten nichts über ihre Affäre mit Callahan. Sie haben sich vor ein paar Wochen getroffen und seitdem eine Affäre. Ich versteh nicht warum sie es nicht offiziell bekannt geben. Versteh einer die Erwachsenen. Ich bin noch eine Jugendliche. In einem Jahr, wenn ich Volljährig bin, bin ich eine Erwachsene. Oh Gott. Dann werde ich ja genauso so blöd wie die. Meine Laune wird immer schlechter und schlechter.
„Also hier haben wir einen Namen …“, Bitte nicht, Bitte nicht, „Diejenige die die Ehre hat, unsere Schule, mit noch jemandem, zu repräsentieren ist … Claire May.“ NEIN! Wir konnte man mir das antun. Die Schüler klatschten. Mehr oder weniger erfreut darüber, dass meine Schwester dahin darf. Die Direktorin gab Claire das Zeichen nach vorne auf die Bühne zu kommen. Ich seufzte. Gleich wird es passieren.
„Also Claire. Wen willst du mitnehmen?“, fragte sie Claire. Meine Schwester grinste tückisch und sah mich an.
„Meine Schwester Summer.“ Diese schlimmen Worte. Wie konnte sie mir das nur antun? Das ist reine Folter! Wieder klatschten die anderen, wobei mir die eine oder andere böse Blicke zuwarf. Was kann ich den dafür, wenn meine Schwester mich auswählt? Nur weil ich diese blöde Wetter verloren habe. Die Direktorin nickte.
„Okay. Dann wünsche ich euch viel Spaß. Kommt nach der Schule nochmal in mein Büro. Dann klären wir alles. Und jetzt – Alle in die Klassen! Der Unterricht hat bereits begonnen.“

Das meint sie doch nicht ernst. Wahrscheinlich wach ich gleich auf, um fest zu stellen, dass alles nur ein böser Traum war. Ich kniff mir in den Arm. Autsch. Nein, es war kein Traum. Ich geh nie wieder in eine Kirche! Wie in Trance ging ich neben Franzi her. Als wir im Klassenzimmer ankamen, erwachte ich aus meiner Trance und ließ den Unterricht über mich ergehen.

Als es endlich Schulschluss war, zog Claire mich mit einem dicken fetten Grinsen durch die Korridore, bis zum Büro der Direktorin. Claire klopfte an.
„Herein“, erklang es von drinnen und Claire zog mich mit in das Büro. Es sah sehr gemütlich aus. Wenn man sich das Playboy Magazin wegdenken würde, was unsere Rektorin auf dem Schreibtisch liegen hatte. Oh mein Gott, sie hatte ein Playboy Magazin? Was will sie denn damit? Sie ist doch Anfang Fünfzig. Das ist etwas ekelig. Ich sah mir die Wand an. Gelb mit Blumen. Ich sah mich im Raum um. Alles war Gelb. Wirklich alles!
„Also, wir sollten in ihr Büro kommen, weil …“, begann Claire den Satz. Unsere Rektorin nickte.
„Ja, allerdings. Wie ihr wisst, werdet ihr nun ein Dreivierteljahr auf die Callahan gehen. Was ihr wahrscheinlich schon wisst, ist, dass ihr dort auch solange leben werdet, aber ich wollte euch noch sagen, dass ihr ein Zimmer zusammen bekommen habt …“
Ich hörte ihr gar nicht mehr richtig zu. Wir werden dort solange LEBEN?!
„Ähm … Entschuldigung, Mrs. Crow, aber das habe ich jetzt nicht akustisch verstanden.“ Sie sah mich leicht verwundert an.
„Ihr werden dort solange leben, bis ihr nach einem Dreivierteljahr wieder kommen.“ Ich sah Claire an, die nur mit den Schultern zuckte. Dieser verdammte …
„Okay, wo war ich stehen geblieben? Ah ja… also, ich ermahne euch beiden. Benehmt euch! Hinterlasst einen guten Eindruck! Und wartet ich will euch noch was geben.“ Sie stand auf, nahm die Zeitschrift und mehrere Blätter. Die Blätter übergab sie uns. Ich sah sie fragend an.
„Hier steht alles, was ihr für den Austausch braucht. Und hier ist noch etwas.“ Sie zog die Zeitschrift hervor auf der groß und fett ‚Playboy‘ stand. Ich grinste innerlich. Sie schlug eine Seite auf und zeigte sie uns. Was dort stand brachte mich aus dem Staunen nicht mehr raus.
„Ach du heilige Maria“, brachte Claire heraus. „Was für ‘ne Sexbombe ist denn das?“ Unsere Rektorin grinste.
„Das ist Mr. Callahan. Der Rektor der Callahan Schule.“ Oh mein Gott. Wenn das der Direktor und Gründer der Callahan Schule war … wie sehen dann die Schüler aus?! Ich glaube so langsam freue ich mich auch auf diese Reise. Wir besprachen noch einige Details, als sie uns endlich entließ. Claire und ich gingen lachen nach Hause. „Freust du dich jetzt ein bisschen mehr auf diese Reise?“, fragte Claire mich auf einmal. Ich musste grinsen.
„Also wenn da alles so gut aussehen wie der Callahan, dann bekommst du mich da nicht mehr weg. Der ist doch bestimmt ende vierzig. Und dann sieht er so gut aus. Wow!“ Claire nickte. Dann kamen wir zuhause an. Dort warteten wir wie immer auf unsere Eltern um ihnen alles zu erzählen. Auch das wir dort dann ein Dreivierteljahr lang leben durften. Mit diesem Gedanken konnte ich mich immer noch nicht anfreunden. Da können diese Jungs auch Götter sein. Dort zu wohnen … War kein Traum von mir. Ich ging nach oben und lies Claire das ganze reden. Als ich oben ankam setzte ich mich vor den Laptop und surfte ein bisschen im Internet rum. Irgendwann rief meine Mum mich dann zum essen.
„Liebling, es gibt essen.“
„Ich komme“, schrie ich runter und lief blitzschnell die Treppe runter. Summer ohne Essen gleicht einem Weltuntergang. Das war ein weiteres Argument, um Sport zu betreiben. Ich setzte mich an den Tisch und fing an zu essen.
„Und freust du dich schon auf den Austausch, Summer?“, fragte meine Mum mich. Ich nickte.
„Und wie!“ Wir redeten die meiste Zeit, bis ich mich verabschiedete und hoch ging. Ich legte mich ins Bett und schlief, samt Klamotten, ein.

 

Kapitel 2



„Das Wochenende verging relativ schnell. Am Samstag sind wir für den Austausch noch shoppen gegangen. Und wenn ich sage shoppen, dann meine ich nur Claire und ich, mit viel angesparter Kohle in jeden zweiten Laden. Was haben wir an diesen Tag gelacht. Am Sonntag gab‘s noch eine kleine Abschiedsparty für mich und Claire, bei Franzi zuhause. Das war so süß von ihr. Cathrin ist auch gekommen. Am Ende lagen wir uns alle in den Armen und weinten. Danach mussten Claire und ich schweren Herzens gehen. Wir mussten ja noch packen.
Und nun standen wir hier.
Jeder mit einer großen Umhängetasche und zwei Koffern. Wir standen an der Straße, im Partnerlook, und warteten auf unser Taxi, das uns zur Callahan bringen sollte. Wir wollten von unseren Eltern nicht gefahren werden. Und das hatte auch einen guten Grund. Sie würden uns so lange durch knuddeln, bis es wirklich jeder auf der Schule gesehen hatte. Darauf hatten weder Claire noch ich Lust. Unsere Eltern standen neben uns und umarmten uns immer wieder. Bis endlich das Taxi kamen.
„Ich werde euch vermissen“, sagte ich zu beiden und umarmte sie nochmals.
„Wir kommen euch mal besuchen“, rief meine Mum uns hinter her, als wir ins Taxi stiegen. Der Taxifahrer hatte unsere Koffer im Kofferraum verstaut. Als wir losfuhren winkten wir unseren Eltern zu, die zusammen zurück winkten. Ich grinste Claire an, die zurück grinste. Jetzt hieß es, Augen zu und durch. Jedenfalls für mich. Ich schloss die Augen und verpennte die ganze Fahrt.

Claire weckte mich. Ich öffnete blinzelnd die Augen und sah aus dem Fenster. Das Taxi fuhr gerade neben der Callahan … und diese Schule war einfach der Hammer. Ein riesengroßer Sportplatz und ein richtig großer Pausenhof. Heilige Maria. Das war mehr als beeindrucken und luxuriös zusammen. Diese Schule war riesen groß und überall war Wiese. Wiese hier, Wiese da. Grün, Grün, Grün. Es war wirklich schön hier. Wenn die Schüler der Callahan jetzt auch nett sind, dann könnte ich glauben, dass er mir hier gefallen wird.
Claire stupste mich grinsend an, als das Taxi hielt. Wir stiegen beide aus und der Taxifahrer gab uns unsere Koffer, während Claire nach dem Taxi Geld kramte. Sie redete noch eine Weile lang mit dem Taxifahrer, als sie ihm das Geld gab. Dann fuhr der Taxifahrer davon und wir gingen mit samt unserem Gepäck in die Schule. So, nächste Aufgabe. Wie finden wir zum Büro des Rektors? Wir gingen einfach durch die halbe Schule. Wir gingen Treppen rauf und wieder runter. Nirgends sah man eine Menschenseele. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und klopfte an der Tür, die mir am nächsten war. Wir hörten ein tiefes „Ja“ und gingen rein. Am liebsten hätte ich laut losgelacht. Wir haben es doch tatsächlich in das Büro des Rektors geschafft. Nach Hundert tausend Treppen haben wir es endlich geschafft.
„Guten Tag, Mr. Callahan. Wir sollten uns ja noch bei ihnen melden …“, fing Claire an zu reden. Sie war ein bisschen offener, was fremde angeht. Wobei wir beide gleich zickig sein können. Aber das muss man bei einer reinen Mädchenschule auch sein. Es gibt viele Diven dort. Da braucht man den ein oder anderen guten Spruch schon mal, um sie sich fern zu halten.
„Ah. Sie sind dann die die May Geschwister?“ Wir nickten beide.
„Gut. Dann Herzlich Willkommen an der Callahan Schule. Eine Frage habe ich. Sind sie beide Zwillinge?“, fragte er mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck. Claire und ich fingen beide an zu grinsen.
„Nein, Sir. Wir sind Geschwister. Meine Schwester Claire ist ein Jahr älter als ich. Wir sind aber beide gleichzeitig eingeschult worden. Na ja und was unser Outfit betrifft … Wir wollten halt gerne im Partnerlook herumlaufen“, antwortete ich ihm, bevor Claire den Mund aufmachen konnte und etwas von unserer Wette erzählen konnte.
„Ah gut. Wenn sie wollen, würde ich sie erstmals ein bisschen herum führen.“ Wir nickten wieder und gingen, samt Gepäck, los.

Als erstes zeigte er unser Zimmer, damit wir unsere Sachen los wurden. Es war ein echt schönes Zimmer mit anschließendem Bad. Nicht jedes Zimmer hatte ein eigenes Bad, hatte uns Callahan gesagt. Nur die wenigsten und da wir ja Mädchen waren und uns beim Duschen nicht zeigen wollen, was ja auch verständlich ist, hat uns der Rektor eins mit eigenem Bad gegeben. Wir verstauten unser Gepäck auf die Betten und gingen weiter mit dem Rektor.
„Hier seht ihr die Cafeteria“, er zeigte auf eine große Kantine.
„Sagen Sie mal -“
„Ihr könnt mich ruhig Duzen.“
„Okay. Sag mal, wo sind denn die ganzen Schüler?“, fragte Claire.
„Die sind alle im Unterricht.“
„Wirklich alle?“, fragte ich misstrauisch nach. Callahan lachte.
„Ja natürlich. Warum denn nicht? Nun ja, gehen wir weiter. Dort hinten ist die Bibliothek. Wir ihr wahrscheinlich schon wisst sind wir eine Sportschule.“ Nein, das war mir ganz neu. Hört sich aber sehr interessant an. Ironie lässt grüßen. Claire schien auch leicht verwirrt.
„Nein, das wussten wir nicht“, antwortete ich ihm.
„Oh. Na dann. Ich werde euch gleich ein Heft geben. Dort sind verschieden Sportliche Aktivitäten drauf. Ihr müsst euch für eine eintragen, da ihr uns ja fast ein ganzes Schuljahr begleitet.“ Toll. Ich wollte eigentlich bei meinem joggen bleiben. Claire schien das anscheinend zu freuen. Falls sie Volleyball im Angebot haben, würde ich das machen. Aber bei meinem Glück, gibt es noch nicht einmal das. Ich seufzte in Gedanken. Wir kamen bei der Bibliothek an.
„Also, hier sind eure Hefte und Bücher und alles andere, was ihr noch so braucht.“ Er gab jedem von uns ein großes Paket, was Bücher, Hefte und andere Sachen beinhaltete. Wir gingen wieder zurück zu unserem Zimmer. Dort angekommen legten wir die Pakete, genau wie das Gepäck, auf das Bett.
„So. Wenn ihr fertig seid, bring ich euch in eure neue Klasse. Ihr werdet schon erwartet.“ Mein Herz fing an unregelmäßig zu schlagen. Ich schluckte trocken. Ich sah rüber zu Claire und konnte erkennen, dass es ihr genauso ging wie mir. Immerhin waren wir zu zweit. Zwei gegen … Tausen Jungs? Heilige Scheiße!

Callahan brachte uns zu einer Tür. Diese Tür war Grau. Kein schlechtes Grau – Nein. Es war ein wirklich sehr interessantes Grau! Ah verdammt. Ich will da nicht rein. Hat denn niemand erbarmen? Niemand? Claire nahm meine Hand und lächelte mir aufmunternd zu. Vielleicht wird es ja doch ein bisschen Spaßig…
Mein Herz klopfte immer schneller, als Callahan die Türklinke runter drückte und die Tür mit leichtem Druck aufmachte. Ich glaub ich muss gleich hyperventilieren. Ich will nicht. Ich will zurück zur Crow. Okay. Tief einatmen. Damit wirst du ruhiger. Ich zerquetschte Claires Hand, die sie sofort befreite und herum wedelte. Ups. Das wollte ich nicht! Dann ging alles ganz schnell. Callahan schob uns in die Klasse und es wurde verdammt leise. Es war mucks Mäuschen still in der Klasse und alle starrten uns an, als wären irgendwelche Aliens, die gerade vom Planeten Mars kommen.
Callahan ging zu dem Lehrer, der unter uns gesagt echt heiß aussah, und besprach irgendetwas, was ich nicht verstand. Es ging wohl um uns. Die Jungs starrten uns an und Claire und ich starrten zurück. Also manche von ihnen sahen ja echt gut aus. Leider auch etwas arrogant. Aber das kennen wir ja schon. Irgendwann wurde es mir zu blöd, die anderen an zu starren und ich sah zu Claire, die mich hilflos ansah. Ich zuckte nur mit den Achseln. Dann räusperte sich der Rektor und alle sahen zu ihm.
„Ab heute werdet ihr zwei neue Schüler bekommen. Sie sind im Austausch gegen Ronald und Derek gekommen. Also bitte behandelt sie freundlich. Falls ich etwas schlimmes hören sollte, wird derjenige sofort Strafe bekommen. Das gilt auch für unsere neuen.“ Er sah zu uns. Wir waren doch Unschuldige Engel! Wir würden nie etwas böses tun.
„Sollte ich in irgendeiner Weise hören, dass es hier zu handgreiflichen Situationen kommt, bekommt derjenige einen Verweis!“ Krass. Wenn jemand Sex hatte bekommt der ein Verweis. Wie streng ist der denn? Also nicht, dass ich unbedingt Sex haben wollte …
„Und jetzt lass ich euch mal allein“, mit diesen Worten ging er aus dem Klassenzimmer.
„Ah okay. Also würdet ihr euch vorstellen?“, fragte der Lehrer uns leicht verwirrt.
„Ja. Also wir sind Geschwister und lieben es im Partnerlook herum zulaufen. Ich bin Claire und das ist meine Schwester Summer. Ich bin ein Jahr älter als Summer, aber wir sind beide gleichzeitig eingeschult worden“, fing Claire an, bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte.
Typisch Claire. Egal. Hauptsache sie verplappert sich nicht. Wobei, kann ich darauf hoffen?
„Okay, dann … setzt euch auf einen freien Platz“, sagte der Lehrer, nachdem er bemerkt hatte, dass niemand von uns noch weiter erzählen wollte. Er wollte uns doch nicht auseinander setzten. Das kann er doch nicht tun! Tja, leider kann er es doch. Claire und ich suchten nach einem Platz. Es gab nur noch einen Platz neben einem Jungen, der ganz nett aussah und einen der ziemlich arrogant wirkte. Wir sahen uns beide an und Claire grinste mich an. Schnell ging sie zu dem Platz neben dem netten und ich. Ich musste mich neben diesen arroganten setzen. Innerlich seufzend setzte mich neben ihn hin. Er sah mich neugierig an. Es nervte mich. Der Unterricht begann.
„Wo waren wir stehen geblieben ... Ach ja. Ich werde nochmal ins Lehrerzimmer gehen und etwas holen. In ein paar Minuten bin ich wieder da“, erklärte der heiße Lehrer.
Sobald der Lehrer aus der Tür war, fingen die Jungs an zu reden. Ich sah unauffällig zu Claire rüber. Die unterhielt sich bereits mit ein paar anderen Jungs. Ich seufzte innerlich. Okay, du wirst jetzt einfach lächeln und den Typen neben dir ansprechen. Unauffällig holte ich noch einmal tief Luft und drehte mich zu ihm hin.
„Hallo. Ich bin Summer und du?“, fragte ich ihn lächelnd. Der Satz: 'Immer schön lächeln' ging mir andauernd durch den Kopf.
„Ich bin Rayen“, stellte er sich grinsend vor. Puh, der war ja gar nicht so arrogant wie ich gedacht hatte.
„Cool. Ihr habt echt 'ne verdammt große Schule“, bemerkte ich. Er nickte.
„Ja. Ist aber auf Dauer nicht so toll.“ Wieder grinste er.
„Hm. Ich glaub, ich werde mich wahrscheinlich auch noch in drei oder vier Monaten verlaufen.“
„Ach was! Ich helfe dir“, bot er mir an. Da kann ich natürlich nicht nein sagen.
„Klar gerne.“
Bevor wir unseren kleinen Smalltalk weiterführen konnten, kam der Lehrer wieder rein.
„So, hier habe ich eure Stundenpläne und die Hefte mit den Sport Aktivitäten.“ Er teilte Claire und mit den Stundenplan sowie das Heft aus.
„Für euch andere hab ich euch ein paar Geometrie Aufgaben kopiert.“
„Übrigens, ich bin Mr. Hollow. Ich unterrichte Geometrie, Sport und Mathe“, erklärte er mir und Claire. Wir nickten und fingen an den Stundenplan zu studieren.


Nach einem kurzen Blick auf den Stundenplan, bereute ich es doch, auf dieser Schule zu sein. Wer bitte kam auf die Idee, am Freitag vier Stunden Mathe zu machen?! Was Mathe betrifft, kann ich nur sagen, dass es nicht meine Stärke ist. Claire ist in solchen Sachen eindeutig besser als ich. Dafür konnte ich ganz gut Englisch. In Englisch hatte Claire ziemliche Probleme. Wir konnten uns also ganz gut gegenseitig helfen. Wobei, wenn ich sehe, wie Claire hier schon mit den Typen rumflirtet, dann kann ich mir das gemeinsame lernen abschminken. Ich seufzte innerlich und schaute mir den Stundenplan weiter an. Der Rest war in Ordnung, nur diese Mathe Stunden, das auch noch am Freitag, gingen mir nicht aus dem Kopf.

„Wie ich sehe hast du schon Freitag entdeckt", grinste  mich Ryan von der Seite an. Er muss wohl meine entgleisten Gesichtszüge entdeckt haben.

„Allerdings." Ich nahm mir das Heft mit den Sportaktivitäten. Ich blätterte es durch und wie es so im Leben ist, gab es für mich natürlich kein Volleyball. Warum auch? Ich brauche kein Glück im Leben. Ich doch nicht. Oh Gott, ich will nach Hause. Ich blätterte ein paar Seiten weiter. Bitte was? Sie bieten reiten an, aber kein Volleyball? Na toll. Auf ein Pferd steige ich ganz bestimmt nicht. Da kriegt mich niemand rauf. Aber auch wirklich niemand! Am Ende entschied ich mich dann für Basketball. Ich war klein. Zumindest klein genug für Basketball. Also eine kleine Chance auf der Bank zu sitzen und nichts tun, während die anderen schwitzten. Dann klingelte es schon, die Stunde war vorbei. Ich packte meine Sachen zusammen und ging schnell zu Claire, die sich von ein paar Jungs verbabschiedete.

„Wie ich sehe, hast du dich schon mit ein paar von denen angefreundet", sagte ich, während wir den Schulflur entlang gingen.

„Ich würd nicht sagen angefreundet, aber wir verstehen uns ganz gut." Oh man, Claire! Nichtmal einen Tag sind wir hier und Claire mischt sich sofort unter die Leute.

 

 

Kapitel 3

Ich saß vor dem Fenster und schaute nach draußen. Es hatte angefangen zu regnen. Hinter mir hörte ich leise Claire's Finger auf dem Laptop tippen. Sie schrieb unseren Eltern, dass wir gut angekommen sind und den ganzen Quatsch halt. Unten auf dem Hof liefen ein paar Jungs durch den Regen. Sie sahen verdammt gut aus. Aber richtig gut. Anscheinend gehörten die zu einer der ober Klassen. Wie Claire und ich durch ein paar Jungs erfahren haben, gab es hier ober und unter Klassen. In die Ober Klassen gingen die extrem attraktiven Typen und in die Unterklasse die normalen, auch die "hässlichen" von den Ober Klassen Schüler genannt. Seitdem hatte ich riesen Angst, einem solchen Schüler zu begenen. Was würden die wohl zu mir sagen? Das ich aussah wie eine Hexe? In solchen Momenten war mein Selbsbewusstein einfach weg. Ich weiß nicht wieso, aber es löste sich in Luft auf.

 

Der Regen hatte die T-shirts der Jungs total durchnässt und dieser Anblick ... Einfach zum träumen! Apropopos träumen. Schlafenszeit war in der Woche um elf Uhr und am Wochende konnte jeder entscheiden, wann er zu Bett ging. Allerdings blieben nicht alle Schüler über das Wochende in der Schule. Bei uns in der Crow Schule war das auch so. Manche kamen von so weit weg, das die Schule für sie sozusagen ein Internat war. Da Claire und ich nur ein paar Straßen davon entfernt wohnten, blieben wir am Wochende zuhause.

„Wie spät ist es eigentlich?", fragte ich Claire.

„Fünf nach sechs. Wir haben noch knapp ne Stunde bis zum Abendessen." Eine Stunde ... In einer Stunde würde ich mit tausenden von Jungs in einer großen Halle sitzen und essen. Ich wurde immer nervöser. Und plötzlich fiel es mir ein.

„Claire! Was soll ich für nachher anziehen? Oh Gott, ich habe nichts zum anziehen ... Oh Claire! Hilf mir!" Sie sah zu mir rüber, während sie die Nachricht an unsere Eltern abschickte.

„Entspann dich. Geh einfach nackt, damit kannst du nichts falsch machen." Sie lachte. Ich schmiss mit einem Kissen nach ihr.

„ Ha Ha. Das ist nicht lustig", schmollte ich. Claire rollte mit den Augen.

„Zieh einfach ne Jeans, ein Top und ein Cardigan an. Damit kannst du nichts falsch machen. Ich zieh mir meinen weißen Pulli und ne dunkle Jeans an", sagte sie, während sie den Laptop herunter fuhr und sich anschließend zu mir setzte. Das war eine gute Idee. Darauf hätte ich auch kommen können.

„Ich geh dann mal duschen", murmelte ich und ging ins Bad. Ich schloss die Tür hinter mir und zog mich aus, um anschließend unter die Dusche zu schlüpfen. Ich drehte den Hahn auf. Warmes Wasser rieselte aus einem gigantischem Duschkopf. Ich schloss die Augen. Es ist nur ein dreiviertel Jahr, Summer. Das schaffst du. Du freundest dich einfach mit ein paar Leuten an. Vielleicht findest du hier auch deine große Liebe. In diesem Schuljahr ist alles möglich. Vorallem weil meine letzte Beziehung schon zwei Jahre her ist. Alex der Idiot. Lässt mich nach sieben Monaten einfach so stehen. Ohne Erklärung, ohne mir beizubringen, warum er das macht. Ich hasse ihn immer noch. Wahrscheinlich werde ich ihn auch immer hassen. Immerhin war er mein erster Freund, wir haben zusammen geschlafen und zwei Monate später lässt er mich einfach so im Stich ...

 

Nachdem ich mich ordentlich geduscht hatte, inklusive Haare waschen, stieg ich aus der dusche und trocknete mich mit einem Handtuch ab. Dabei bemerkte ich, dass ich meine Klamotten im Zimmer vergessen hatte. Ich schloss die Tür auf und ging ins Zimmer. Sofort blieb ich angewurzelt stehen. Da standen doch tatsächlich fünf Jungs in unserem Zimmer und Claire mittendrin. Sie sahen mich sofort, als ich aus dem Bad kam. Glücklicherweise hatte ich ein Handttuch um mich gewickelt. Mit hochrotem Kopf schnappte ich mir schnell meine Klamotten und barikadierte mich wieder im Bad. Das Erlebnis schrieb ich sofort auf meine schwarze Liste. Im Bad zog ich mich schnell um, schmierte mir ein bisschen Mascara auf die Wimpern und band meine Haare zu einem Dutt. Heute klappte der Dutt außerordentlich gut. Wenigstens etwas positives heute.

Nachdem ich fertig war, ging ich vorsichtig wieder raus. Aber das Zimmer war bis auf Claire leer. Die allerdings grinste mich nur an.

„Sag jetzt einfach nichts!", warnte ich sie. Sie grinste breiter und räusperte sich. Danach ging sie in das Bad.

Impressum

Texte: Alle Rechten liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 06.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

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