Dieses Mal würde es funktionieren. Es musste einfach, denn da die vorherigen Versuche alle fehlgeschlagen waren, war dies nun ihre letzte Möglichkeit diese beiden Fragmente des Abschaums der Gesellschaft aus dem Weg zu schaffen. Bereits seit drei Tagen folgte Leya den beiden Priestern nun schon durch die Stadt, stets auf der Hut, nicht aufzufallen. Vor einigen Wochen hatte es begonnen – junge Mädchen, die allesamt erst vor kurzem das heiratsfähige Alter erreicht hatten, wurden verstümmelt und meistens tot in dunklen, abgelegenen Gassen gefunden. Auf Grund der Bitte einiger Bürger hatte sich schließlich die Gilde dieser Sache angenommen und natürlich Leya – ihr voller Name lautete eigentlich Laneya Hennan – auf die Mörder angesetzt. Warum? Weil sie die beste war! Ihre magischen Fähigkeiten übertrafen die der anderen bei weitem zudem war sie schnell wendig und skrupellos. Für gewöhnlich hatte sie Missionen wie diese schon nach zwei Tagen erfolgreich ausgeführt, doch dieser Fall war, obwohl die Mörder stets deutliche Spuren hinterließen, nicht gerade ohne. Bereits einige Male hatte sie nun schon Verdächtige verfolgt, jedoch hatten diese bis auf einige kleinere Vergehen nichts weiter mit der Sache zu tun. Doch ein Fehlschlag bei der Suche kostete Zeit, Zeit die Leya nicht hatte. Bereits zum zweiten Mal war sie nun schon in einen Zwist mit Geral, dem Oberhaupt der Magiergilde geraten und sollte sie dieses Mal erneut falsch liegen, so würde er einen anderen Magier mit diesem Auftrag betrauen. Das würde das Mädchen jedoch in Schwierigkeiten bringen, denn wurde ein Auftrag nicht erfolgreich abgeschlossen, so gab es kein Geld, und ohne Geld kein Essen, denn gut Geral es auch mit den Mitgliedern meinte, es gab nichts geschenkt. Wer sich kein Essen leisten konnte, der sollte gefälligst betteln gehen und wenn es dann immernoch nicht reichte, war auch schon der ein oder andere verhungert. Denn ein Magier zu sein, reichte noch lange nicht zum überleben! Nahrungsmittel konnte man mittels Magie zwar herstellen, jedoch waren diese meist ungenießbar und taugten daher einen Dreck, wenn man mit knurrendem Magen zuhause saß. Zudem wurde der eigene Ruf stark in Mitleidenschaft gezogen, wenn man an einem Auftrag scheiterte. Und nichts hasste Laneya mehr, als von den höhnischen Blicken der besoffenen Magier der Oberschicht empfangen zu werden, wenn sie den Schankraum betrat. Einmal war ihr das bisher passiert, einmal und nie wieder. Genauer betrachtet brachte sie den beiden Priestern, die vor ihr durch die nächtlichen Gassen der Stadt huschten noch wesentlich mehr Verachtung entgegen, als ihren Vorgesetzen und das zu recht! Die Kirche hasste Magier und die Magier die Kirche – schon seit vielen, vielen Jahren. Zu viele hatten schon durch die Hände sogenannter Exorzisten den Tod gefunden. Den Priestern war ein jeder Magier ein Dorn im Auge, da diese nicht auf deren falschen Gott, sondern auf ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken vertraut hatten und dadurch schon so manches erreicht hatten, was dem typischen Gläubigen nach Ansicht der Kirche nicht möglich sein sollte. Schon die Kinder wurden mit dem Hass auf die andere Seite erzogen, so war es für Leya ganz normal, dass sie die Diener Gottes auf den Tod nicht ausstehen konnte. Wie die meisten jungen Mitglieder der Gilde war sie eine Waise. Nur eine Tante war ihr noch geblieben, die allerdings nichts mit Magiern zu tun haben wollte und ihr jeglichen Kontakt verwehrte. Umso mehr wollte das Mädchen endlich ihre Aufgabe abschließen. Eng an den Schornstein des alten Hauses gepresst beobachtete sie das Geschehen auf der Straße unter ihr. Einer der Priester flüsterte seinem Nebenmann etwas zu und verschwand daraufhin in einer kleinen Nebenstraße, während der Angesprochene seine Schritte beschleunigte und sich weiter an den Verlauf der belebten Straße hielt. Welchem der beiden sollte sie nun folgen? Leya vertraute immer auf ihren Instinkt, so auch dieses Mal. Ein starkes Gefühl sagte ihr, dass es nun wichtig war, nicht der Hauptstraße zu folgen, sondern sich an die Fersen des Verbliebenen zu heften. Nun war es an der Zeit ihre Deckung zu verlassen, mit einer schnellen Bewegung ließ sie sich flach auf den Bauch sinken und rutschte auf dem Dach nach unten in Richtung Regenrinne. Inzwischen war sie solche Aktionen schon zur Genüge gewohnt und so störte es sie schon lange nicht mehr, durch die Dachziegel auch einmal einige größere Kratzer davonzutragen. Sich mit einer Hand am langen horizontal verlaufenden Eisenrohr festhaltend schätzte Laneya die Höhe ab und ließ sich dann einfach fallen. Gewöhnliche Menschen hätten sich bei diesem Manöver höchstwahrscheinlich die ein oder andere schwerere Verletzung zugefügt, sie jedoch landete leichtfüßig auf dem verschmutzen Boden ohne auch nur einmal ins Straucheln zu geraten. Schnell huschte sie in die Gasse, welche eben genannter Priester einige Sekunden zuvor betreten hatte. Laneya hasste solche Orte zutiefst, überall stank es erbärmlich nach menschlichen Hinterlassenschaften und man musste immer auf die Fenster über sich achten, um nicht das Opfer eines ausgeleerten Nachttopfes zu werden. Doch diese Erfahrungen mussten alle angehenden Gilden Magier selbst machen, also war es auch ihr zu ihrem Leidwesen nicht erspart geblieben, das ein oder andere mal erwischt zu werden. Allein schon beim Gedanken daran wurde ihr schlecht, doch für solche Dinge hatte sie keine Zeit, sonst würde sie ihr Ziel aus den Augen verlieren, welches sich immernoch langsam aber beständig in einem geringen Abstand zu ihr durch die verdreckte Gasse bewegte. Dieser Dreckskerl, fast hätte er sie abgehängt! Doch noch musste Laneya unbemerkt bleiben, da sie den Täter auf frischer Tat erfassen wollte.
Tag der Veröffentlichung: 25.10.2012
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