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Es war spät am Morgen, kurz nach elf Uhr hatten wir bereits, als ich das Haus verließ um ein paar Einkäufe zu erledigen. Auf den Bürgersteigen war kaum jemand unterwegs, die Straßen waren dafür umso voller. Wie faul die Menschen doch geworden sind...
„Entschuldigen Sie, guter Mann.“, sprach mich eine ältere Frau an. „Könnten Sie mir bitte auf die andere Straßenseite helfen?“
Wie unfreundlich die Menschen doch geworden sind, dass sie ihre Autos nichtmal anhielten, damit das arme Mütterchen auf die andere Seite gelangen konnte.
„Aber selbstverständlich doch.“, beteuerte ich mit einem breiten Lächeln im Gesicht und nahm sie an den Arm. Eine Weile dauerte es, doch dann konnten wir die Straßenseite wechseln.
„Haben Sie vielen Dank.“
„Nichts zu danken, das ist doch selbstverständlich. Einen wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen noch!“, noch immer hatte ich das breite Grinsen im Gesicht. Dieses verschwand jedoch sofort, als ich mich von ihr abwand und meinen Weg fortsetzte.
Nach etwa zwanzig Minuten erreichte ich den Supermarkt und wollte mir gerade einen Einkaufswagen holen. Der Letzte der noch dort stand, es war Freitag und am morgigen Samstag war ein Feiertag. Im letzten Moment drängelte sich ein in Anzug gekleiderte, mit einem Handy telefonierender, junger Mann vor und nahm sich den Wagen.
Wie rücksichtslos die Menschen doch geworden sind...
Also musste ich meinen Einkauf ohne Wagen tätigen und balancierte geschickt einige Lebensmittel zur Kasse, als ich bei den Angeboten anhielt. Ein schöner, siebenteiliger Messerblock. Für nur 9,99¤. Das war wirklich ein Schnäppchen, auch wenn man da nie wusste wie gut die Qualität der angepriesenen Messer war. Ich endschied mich jedoch gegen den Kauf, da ich in meinem Haus genug funktionsfähige scharfe Messer hatte.
An der Kasse angekommen sah ich wieder den Mann, der mir den letzten Einkaufswagen weggeschnappt hatte. In eben diesem Wagen befand sich ein Sixpack Bier und eine Tüte Chips. Ich selbst trug Lebensmittel für die gesamte nächste Woche auf den Armen und fragte mich, wer den Wagen wohl besser hätte gebrauchen können.
Ich bezahlte meine Einkäufe und mit den gerade erworbenen Plastiktüten konnte ich sie auch wesentlich besser transportieren. Den Mann beobachtete ich noch immer, er war natürlich mit einem Auto hergekommen.
Als er losfuhr verlor ich ihn aus den Augen, doch sein Weg war bestimmt nicht weit.
Eigentlich wollte ich auf direktem Weg wieder nach Hause zurück, doch dann kreuzte ein hübsches, junges Mädchen mit langen blonden Haaren meinen Weg und ich kam nicht umher sie anzusprechen.
„Entschuldigen Sie bitte, junge Frau.“, sie hielt an und wandte sich mir zu. „Ich bin Fotograf und habe mich gefragt, ob sie nicht vielleicht ein Model sind.“
Sie schüttelte den Kopf, wirkte verlegen, wurde etwas rot im Gesicht.
„Wirklich nicht? Hätten Sie denn Interesse an einem spontanen Fotoshooting?“, ich lächelte sie breit an.
Diesmal nickte sie. Anscheinend war sie nicht sehr gesprächig.
„Das freut mich! Kommen Sie doch gleich mit, mein Haus ist nich weit von hier.“
Erneut nickte sie und wir gingen zusammen weiter. Nach zehn Minuten erreichten wir mein Haus.
„Ich räume nur schnell meine Einkäufe ein, dann können wir sofort anfangen. Setzen Sie sich doch bitte solange auf die Couch.“, ich führte sie in mein Wohnzimmer. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“
„Nein, danke.“, sie hatte also doch eine Stimme!
Ich verschwand ein paar Minuten in der Küche und räumte die Lebensmittel in die dafür vorgesehenen Schränke. Zwar hätte ich mich auch gleich um sie kümmern können, doch ich mochte die Unordnung nicht.
Als ich fertig war, ging ich zu ihr ins Wohnzimmer.
„Folgen Sie mir doch bitte.“, bat ich sie und hatte wieder mein lange vor dem Spiegel geübtes, breites Lächeln im Gesicht.
Ich ging mit ihr in den Keller, dass dieser Schalldicht war verriet ich ihr nicht.
„Haben Sie keine Angst wegen der Einrichtung. Es mag auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig aussehen, doch auf den Fotos wirkt es unbeschreiblich. Vertrauen Sie mir, sie werden begeistert sein. Darf ich fragen, wie sie heißen?“
„Monique.“, stellte sie sich vor. Anscheinend war sie sehr schüchtern.
„Freut mich Sie kennen zu lernen, Monique. Mein Name ist Clancy. Welche Konfektionsgröße tragen Sie, Monique?“
„36.“, sie redete wirklich nicht viel... Aber lange würde sie nicht mehr so still sein, da war ich mir sicher.
Ich ging zu einem großen Schrank aus Eiche und suchte eine weiße Bluse heraus. Ich mochte die Farbe weiß, sie verkörpert die Unschuld. Dazu entschied ich mich für eine hellblaue Jeans. Schuhe brauchte sie keine.
„Bitte ziehen Sie sich hinter diesem Vorhang um.“, forderte ich sie auf und deutete auf einen schweren, schwarzen Vorhang. Dieser würde auch der Hintergrund für die Bilder sein.
Ich liebte es, die Frauen zu fotografieren... So behielt ich ein Andenken an sie, auch wenn ich noch keine einzige von ihnen vergessen hatte.
Es dauerte nicht lange und sie war fertig umgezogen.
„Bitte knienen Sie sich jetzt vor den Vorhang und schauen dabei in diese Kamera.“, sie tat was ich von ihr verlangte. So liebte ich das!
„Hmm... Da fehlt noch etwas. So wirken die Bilder zu unschuldig, das ist nicht mein Stil.“, ich stieg auf einen Stuhl und holte ein paar überlange Handschellen hervor, die an der Decke befestigt waren. „Bitte vertrauen Sie mir einfach.“, beruhigte ich sie als ich ihren nervösen Blick sah. „Wenn Sie aufhören möchten, sagen Sie einfach bescheid. Dann brechen wir ab. Aber vergessen Sie nicht, das dies die Chance Ihres Lebens ist. Meine Bilder werden auch in internationalen Zeitschriften veröffentlicht.“, log ich. Doch sie glaubte mir. Sie glaubten mir alle.
Sie musste ihre Hände nach oben strecken, als ich sie an den Handschellen befestigte.
„Und jetzt schauen Sie bitte wieder in die Kamera.“, bat ich sie. Noch immer hatte ich mein breites Lächeln im Gesicht. Im Gegensatz zu ihr wusste ich, worauf dieses Fotoshooting hinauslief und innerlich bebte ich bereits vor Vorfreude darauf. Doch diese ließ ich mir nicht anmerken, sonst würde sie misstrauisch werden.
„Nein... Den Bildern fehlt es noch an etwas...“, murmelte ich, für sie klar verständlich. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir ein wenig Blut mit dazu nehmen würden?“
Kurz wurde sie wieder nervös, doch dann nickte sie.
Anscheinend ging sie von Kunstblut aus...
Wie dumm die Menschen doch waren.
Ich holte mir ein Messer aus einer Schublade und ging auf sie zu.
„Was haben Sie damit vor?!“, fragte sie und kling panisch.
„Ich habe Sie doch gefragt, ob sie etwas dagegen hätten. Die Frage haben Sie beneint.“
Ich setzte das Messer an ihrem Hals an und stach ein klein wenig in die Haut. Ich wusste genau, wo die wichtigen Blutgefäße waren und wie tief eine Wunde sein musste, um tötlich zu sein. Doch ich schnitt nur ein klein wenig ihre Haut ein.
Dieser kleine Schnitt reichte schon, um sie völlig in Angst zu versetzen. Tränen rannen über ihr Gesicht, doch sie blieb ruhig und schrie nicht. Ich wusste, dass diese Reaktion normal war. Sie hatte Angst ich würde sie stark verletzen, wenn ich mich über sie aufregte. Dabei hatte ich mich doch eigentlich ganz gut unter Kontrolle...
Sie sah mich mit geweiteten Augen an.
„Werden Sie mich töten?“, fragte sie heiser.
Ich lächelte sie noch immer breit an. Sie hatte schnell begriffen, dass dies kein normales Fotoshooting mehr war...
„Wir wollen doch nur ein paar schöne Bilder machen.“, sagte ich ruhig und schnitt etwas weiter nach unten. Dann setzte ich das Messer ab und ging zur Kamera zurück.
„Die Tränen wirken wirklich sehr schön zusammen mit dem Blut. Schauen Sie jetzt bitte etwas zur Seite.“, sie zitterte und tat doch, was ich ihr sagte.
„Nein... So wird das nichts...“, ich ging wieder auf sie zu. „Sie müssen schon richtig kooperieren, sonst bekommen wir keine schönen Bilder. Und die langen Ärmel der Bluse verdecken zu viel von Ihrer schönen Haut...“, ich setzte das Messer an der rechten Ärmelnaht an und schnitt gerade am Ärmel entlang. Dass ich dabei auch ihre Haut einritzte war beabsichtigt. Das Farbspiel des roten Blutes mit der weißen Bluse die es langsam aufsog... Einfach wunderschön!
Immer mehr Tränen liefen ihr übers Gesicht, ihr schwarzer Eyeliner verlief etwas. Und das auf so blasser Haut... Sie gefiel mir immer besser!
„Bitte...“, schluchzte sie. „Ich will das nicht!“, sie wurde lauter. Ich wusste doch, dass sie nicht so ruhig bleiben würde. Wieder hatte ich Recht behalten. Es war Alles so vorrausschaubar...
„Das ist wirklich schade...“, ja, das war es wirklich.
Ich hatte gehofft, noch ein paar schöne Bilder von ihr zu bekommen. Aber so konnte ich auch schon früher etwas Spaß haben, also hatte es auch sein Gutes.
„Mögen Sie Kunst, Monique?“
„Bitte, machen Sie mich los!“, schrie sie mich an.
„Ich habe gefragt, ob Sie Kunst mögen, Monique.“, ich blieb ruhig, aber meine Stimme klang ernst.
„...“
„Schade, dass Sie mir nicht antworten... Dabei ist Kunst etwas so Wundervolles. Ich bin nämlich Künstler, wissen Sie? Und Sie werden mein neues Werk sein!“, endlich hatte ich wieder eine 'Leinwand' gefunden.
Ich war wirklich Künstler. Ich verwandelte Menschen in etwas Schönes.
Menschen waren faul.
Sie waren unfreundlich.
Sie waren rücksichtslos.
Sie waren dumm.
Menschen waren nichts weiter als Abschaum.
Doch ich wusste, wie ich sie in etwas wunderschönes verwandeln konnte.
Ich kniete mich vor Monique auf den Boden, sie versuchte Abstand zu nehmen, doch aufgrund der Handschellen gelang ihr dies nicht.
Langsam hatte ich auch keine Geduld mehr mit ihr.
Ohne weiter Rücksicht auf sie zu nehmen – schließlich bin ich auch ein Mensch, und die sind nunmal rücksichtslos – stach ich mit dem Messer in ihre Bauchhöle. Ich verletzte keine Organe, das wusste ich. Doch sie schrie vor Schmerz auf. Ich liebte diese Schreie!
Daher brachte ich es noch nicht zu Ende, sondern stach nun in ihren linken Arm. Dieses Mal traf ich eine Hauptschlagader, viel Blut auf einmal quoll heraus, wieder schrie sie. Oh ja, ich liebte es wirklich. Es bereitete mir Spaß zu sehen, wie das dunkle Rot die helle Kleidung färbte, wie vom Eyeliner schwarz gefärbte Tränen ihr Gesicht herunterliefen und dann noch diese Schreie! Einfach toll!
Ich merkte, wie sie zusammensackte. Ihre Augen noch weit geöffnet, ihre Brust hebte und senkte sich noch. Aber sie wurde schwächer, da sie so viel Blut verlor.
Und je schwächer sie wurde, desto langweiliger wurde es.
Gezielt stach ich viermal auf ihre Brust ein. Traf genau die Stellen, auf die ich zielte, und das obwohl sie von der Bluse verdeckt waren. Das Messer glitt durch ihre Haut, durch ihr Fleisch an den Rippen vorbei und kapselte das Herz von den Blutgefäßen ab. Kurz darauf sackte sie endgültig zusammen, ihre Brust bewegte sich langsamer, dann verkrampfte sie sich und war tot.
Ich stand auf und ging zu meiner Kamera. Nachdem ich ein paar Fotos geschossen hatte, verließ ich den Keller.
„Stehen bleiben! Heben Sie die Hände hoch!“, ein paar Polizisten durchsuchten mein Haus, einer von ihnen hatte mich entdeckt.
„Was wird mir den vorgeworfen, Officer?“, fragte ich und lächelte ihn breit an.
„Ihre Nachbarn haben verdächtige Schreie gehört!“, hatte ich vergessen die Tür ganz zu verschließen? Denn dann war der Raum natürlich nicht mehr schalldicht. Ich fühlte mich so sicher, hatte ich es wirklich vergessen?
„Das ist unmöglich, Officer. Ich habe nämlich nicht geschrien.“, beteuerte ich wahrheitsgemäß. Ich hatte nicht geschrien.
„Woher kommt das Blut an ihrer Kleidung?!“
„Ich habe ein Schwein geschlachtet, Officer. Möchten Sie zum Essen bleiben?“, ich lächelte ihn weiterhin an.
„Sie sind festgenommen!“
„Was habe ich denn verbrochen, Officer?“
„Sie werden des Mordes beschuldigt!“
Ich hörte einen erschreckten Aufschrei aus meinem Keller. Anscheinend hatten sie Monique gefunden.
„Ich bin kein Mörder, Officer, ich bin Künstler.“

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Tag der Veröffentlichung: 10.09.2010

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