Helvetische Dukaten liessen ihn in die Schweiz flüchten.
Am Besten scheiden lassen. Das war die Antwort auf die Frage, wohin sie zum 9. Hochzeitstag feiern gehen sollten. Sie suchte im Gesicht ihres Mannes nach einer Erklärung. War das ein Witz oder meinte er das Ernst? Bei ihm wusste man das nie so genau. Doch diesmal war es kein Scherz. Sie verstand die Welt nicht mehr. Was war passiert? Was hatte sie nicht bewusst wahrgenommen? Sie fragte noch einmal nach, wie er das meinte. Na eben, am Besten scheiden lassen, war seine zum zweiten Mal bestärkte Antwort.
Und dann lief er weg. Wie immer zuvor. Ja nicht diskutieren, ja nicht über seine Gefühle reden, einfach alles im Raum stehen lassen und gehen.
Sie setzte sich auf einen Stuhl, schaute gedankenlos aus dem Fenster. Tränen liefen über ihr Gesicht. Was hatte sie falsch gemacht? Hatte immer alles für ihn getan, sich teilweise aufgeopfert, auf Hobbies, Freunde, Ausgang, Spass verzichtet. Um ihm ja keinen Grund zur Eifersucht zu geben. Sie hatten zwei wunderbare liebe Kinder zusammen. Scheiden lassen… wieso? Ohne Grund kommt niemand auf diese zwei Worte. Aus heiterem Himmel wurde sie vom Schlag getroffen. Worte können härter treffen als physische Schläge. Tiefer und verletzender. Wie schneidende Schwerter, welche die Gegenwart auflösen, die Zukunft wegschneiden und die Vergangenheit Revue passieren lassen.
Er hatte sich verliebt! Es gab keinen anderen Grund. Eine andere Frau musste in sein Leben getreten sein. Niemand scheidet einfach nur so. Sie hatten selten Streit. Wie auch. Wenn einer immer wegläuft, kann man gar nicht streiten.
Sie trennen sich in beidseitigem Einverständnis. Beide Elternteile sorgen zur Hälfte für die Kinder. Jeder Elternteil sorgt für sich selber. Vier Paar weibliche Augen blickten vom Richtertisch die geschiedenen Eltern an. Eine kreative Lösung, meinte die Richterin. Doch wenn es für Sie beide stimmt, so soll es sein.
Und so sollte es sein. Nach 12 Jahren Ehe geschieden. 12 Jahre kein einziges Geschenk an die Ehefrau. 10 Jahre kein einziges Geschenk an die beiden Töchter. 12 Jahre kein einziges Dankeschön für alles. Nur Vorwürfe, niederschmetternde Worte und Abfälligkeiten. Albanisches Blut. Sie hatte diesen Menschen in ihr Herz geschlossen. Vom ersten Augenblick an. Hatte ihm alles gegeben, vieles für ihn aufgegeben. Und kein Dankeschön. Zwei Anzeigen wegen körperlicher Bedrohung. Albanisches Blut. Rache ist die einzige Waffe. Wir schreiben das 21. Jahrhundert und das Blut ist das selbe geblieben. Wie kann je Frieden auf der gesamten Welt entstehen, wenn dieses Blut nicht zur Ruhe kommt.
Sie hatte 12 Jahre neben den Kindern gearbeitet. Ihre Rechnungen, Haushalt, Kleider für Kinder etc. selber beglichen. Kein Haushaltsgeld, kein Dankeschön erhalten. Mit Schulden aus der Scheidung gekommen. Und er jammert, er habe kein Geld. Nie Zeit für die Familie genommen. Wenn der Chef gerufen hat, ist er gerannt. Wenn es der Familie nicht gut ging, weggelaufen.
Sie hat ihm verziehen. Verziehen für das Unrecht. Verziehen für die Unfreundlichkeit. Verziehen für die patriarchische Haltung. Verziehen für die Undankbarkeit.
Und ein neues Leben begonnen dank Helvetischen Dukaten.
Tag der Veröffentlichung: 14.09.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Allen Menschen, die verzeihen können. Egal, was ihnen widerfahren ist.