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Maria Vesperbild




Nicht die Kerze ist das Symbol der Adventszeit, sondern die Axt. Was ist das, werden Sie sich fragen: Statt der frohen Botschaft die Drohbotschaft?
Aber die frohe Botschaft besteht nicht darin, daß es keine Hölle gibt. Sie besteht darin, daß ich Ihnen sage, wie Sie nicht in die Hölle kommen!“ Das kommt an. Und ebenso der regelmäßige Beichtbetrieb, auch sonntags während der gefragten Messen. In jeden Beichtstuhl hat er ein kleines Heftchen gelegt, das seine Mitpriester und er zur Beicht- buchführung und -organisation – wann und wie lange – nutzen.
22.000 Beichten pro Jahr sind damit statistisch erfaßt. Neben seinem kirchlichen Gewand, das ihn klar und deutlich als barocken Priester ausweist, legt der Prälat ganz in der Tradition jesuitischer Volksfrömmigkeit großen Wert auf die Bildhaftigkeit des religiösen Ge- schehens in und um Kirche und Wallfahrtsort. Regelmäßig am 1. Mai spendet der Marienbrunnen am Kirchplatz Goldwasser. Anwürfe seiner Gegner, was der Firlefanz solle, fechten ihn nicht an. Eher wundert er sich, daß der Preis für Blattgold eigentlich gar nicht die Welt sei.



Mittlerweile kennen selbst die Ungläubigsten im ganzen Regierungsbezirk Schwaben und darüber hinaus die Werbung für den Wallfahrtsort, die der begnadete
Glaubensvermarkter in Zeitungen setzt oder in Form von Plakaten an Bahnhöfen platziert. Stets firmiert alles unter dem Corporate Design des Logos, das die Schmerzens- mutter vom Gnadenbild zeigt. Dieses Logo findet sich, weil es um die Corporate Identity geht, überall, auch in möglichen TV-Spots, die er schalten würde, fände er einen Sponsor.


Wallfahrten in Bayern




Wahrscheinlich hat er längst weitere Vermarktungs- strategien in der Hinterhand, zum Beispiel für das geistliche Top-Event des Pilgerortes, die Feier- lichkeiten zu Mariä Himmelfahrt, wo er seit Jahren die Prominenz der katholischen Kirche, Kardinäle und Bischöfe aus dem Inund Ausland, alle ebenso eckig wie er, zu Pontifikalamt mit Predigt holt.
Selbstverständlich finden sich schon einmal weltliche Promis, wie Minister und Staatssekretäre ein. Auch die ihm vertraute Familie von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis kommt regelmäßig ins Mittelschwäbische, in ihrer Begleitung oft die römische Prinzessin und Bestseller- autorin Alessandra Borghese.

Jahr für Jahr wird die Fatimagrotte in dem kleinen Waldstück oberhalb der Wallfahrtskirche zu einem von zigtausenden Kerzen illuminierten und von einem riesigen Blütenteppich geschmückten Ort, der schon gar nicht mehr von dieser Welt zu sein scheint.
Imkamp will dabei stets eines, wie er sagt: ein klares, unverwechselbares Profil herausarbeiten. Die Grotte, der Wald, der Weg dorthin sind ihm wichtig für die religiöse Inszenierung des Ortes: „Dort im Wald wird die Gottes- mutter schon zum Pilger kommen, der frei von Ängsten sein soll.
Eine psychohygienische Funktion hat das auch.“ Vielleicht hat er sich von diesem Ansatz auch bei Folgendem leiten lassen. Frisch gesegnet liegen in der Wallfahrtskirche Skapuliere (Lateinisch für „Schulterkleid“) zu einem Euro das Stück für die Gläubigen auf. Es sind zwei aus Stoff geschnittene Vierecke – wovon eines das Marienbild
zeigt –, die durch zwei Schnüre verbunden wie eine Halskette getragen werden. In der Barockzeit waren
Skapuliere als klassischer Ausdruck der katholischen Volksfrömmigkeit gang und gäbe. Typisch die Anpreisung des Gottesmannes: „Ein Glaubens- Bikini – wenig Stoff, aber viel Inhalt.“


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Texte: erschienen im Sankt Ulrich Verlag ISBN: 978-3-86744-009-7
Tag der Veröffentlichung: 18.06.2010

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