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Zoff auf dem Biohof



Emma (35) und Felix (38)
Seit fünf Jahren leben und arbeiten Emma (Lehrerin) und Felix (Agraringenieur) auf einem Biobauernhof. Ihre zwei Söhne sind drei und anderthalb Jahre alt. Noch bevor Felix den Hof seiner Eltern übernahm und ausbaute, kam es zur großen Krise. Emma wollte Felix verlassen ...
Felix hatte sein Studium als Agraringenieur vor kurzem abgeschlossen und war in seiner ersten Arbeitsstelle im Außendienst tätig.
Zufällig war er in einer Stadt unterwegs, in der ehemalige Studienkollegen von ihm wohnten und wie sich später herausstellen sollte, in der seine zukünftige Frau studierte. Am Abend traf er sich mit seinen Freunden auf einem Studentenfest. Dort sah er Emma zum ersten Mal.
Felix

: „Wir kannten uns vorher nicht. Wir standen bei einem gemeinsamen Freund und Emma fiel mir wegen ihres Lachens auf. Sie hatte eine besondere Art von Humor, den mein Freund überhaupt nicht verstand. Ich konnte den aber durchaus teilen. Emma liebte Wortspiele und ironische Bemerkungen.“
Emma weiß noch genau, worüber sie bei ihrer ersten Begegnung sprachen. Die Freude am gemeinsamen Sinn für Humor stand für sie nicht im Vordergrund.
Emma

: „Wir saßen am Feuer und unterhielten uns über die ‚Buddenbrooks‘ von Thomas Mann. Den ganzen Abend haben wir einfach nur geredet und das war schön. Mit Felix konnte man sich gut unterhalten. Als wir unsere ersten Blicke tauschten, habe ich nichts Besonderes für ihn empfunden, aber am Ende des Festes, nach diesem Gespräch am Feuer, war ich wohl verliebt.“

Felix

: „Wir wohnten weit auseinander und mussten ja wissen, wollen wir uns wiedersehen oder nicht. Man läuft sich ja nicht ständig über den Weg, wenn man in zwei verschiedenen Städten wohnt. Also läuft schnell etwas oder gar nichts. Ich entschied mich schon am ersten Abend für Emma. Es ging also alles relativ schnell.“
Sie tauschten ihre E-Mail-Adressen aus und mussten beide schmunzeln, da ihre Nachnamen das Wort ‚Zaunkönig‘ ergaben. Zwei Wochen später trafen sie sich wieder auf einem Fest. Seit diesem Zeitpunkt sind sie ein Paar. Emma gerät richtig ins Schwärmen als sie von der ersten Zeit ihrer Liebe erzählt.
Emma

: „Wir trafen uns jedes Wochenende, einmal bei mir, einmal bei ihm. Das waren sehr schöne Zeiten, die habe ich ganz gut in Erinnerung und unseren ersten Urlaub auch ... Ja der war wunderschön! In der ersten Zeit unserer Freundschaft waren wir viel unterwegs: laufen, Fahrrad fahren, wandern. Zwischendurch trafen wir uns mit Freunden. Wir lebten beide in Wohngemeinschaften, insofern waren wir immer unter Menschen und kapselten uns nicht ab. Durch Felix lernte ich die bayerischen Biergärten kennen.
Von daheim her war ich es gar nicht gewohnt, schöne Dinge zu genießen. Wir waren vier Kinder, da gab es kaum Zeit für so etwas. Deshalb war dieses gemeinsame Genießen für mich etwas Besonderes. In der ersten Zeit unserer Freundschaft sprachen wir viel miteinander und unternahmen viel. Natürlich war das auch deshalb möglich, weil wir uns in unserer Freizeit trafen. Wir genossen die gemeinsame Zeit, fuhren heim und arbeiteten. Ich studierte noch, Felix war bereits berufstätig. Den Alltag lebten wir erst später miteinander und dann sehr intensiv. Wir lernten uns im Mai kennen und neun Monate später zog ich zu Felix in seine Wohngemeinschaft. Meine Diplomarbeit schrieb ich dort.“
Auch Felix hat die erste Zeit ihrer Partnerschaft als „sehr unbeschwert und stürmisch“, in Erinnerung. Felix: „Wir sahen uns jedes Wochenende, entweder bei mir oder bei ihr und wir verbrachten eine sehr intensive Zeit mit- einander. Intensiv in dem Sinn, dass wir alles genossen, dass wir viel Spaß hatten, dass wir sehr verliebt waren. Wir waren auch recht bald schon gemeinsam im Urlaub, da kannten wir uns erst ein paar Wochen ... Wandern in Italien ... Ja das war schön!“
Erste Spannungen entstanden, als Emma zu Felix zog: „Emma beendete Ihr Studium und zum Diplomarbeit- schreiben kam sie zu mir in eine Drei-Männer-WG. Jeder hatte einen Raum für sich und ein Mitbewohner war für einige Zeit ausgezogen, kam aber wieder zurück. Emma hatte daher keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Wir wohnten jetzt gemeinsam in meinem Zimmer. Mir machte die Enge und das Aufeinandersitzen überhaupt nichts aus, für Emma war das nicht so einfach, da sie ihre Diplomarbeit schreiben musste.
Das lief auch nicht so gut. Da gab es bereits die erste Krise. Ganz am Anfang unserer Freundschaft, als wir uns das zweite Mal trafen, erzählte sie mir, dass bei ihr noch keine Beziehung länger als drei Monate gedauert hätte. Da habe ich ganz schön geschluckt.
Bei mir war das ganz anders. Ich hatte vor Emma zwei ernsthafte Beziehungen, davon hatte die erste sieben Jahre, die zweite ein Jahr gehalten. Also ich war es gewohnt, Krisen eher durchzustehen und nicht gleich zu gehen. Jetzt war ich verunsichert und wusste nicht: Ist sie nur auf ein kurzes Abenteuer aus?
Darüber redeten wir aber nicht. Irgendwann fuhr sie während dieser Diplomarbeitszeit ohne Vorwarnung zu ihren Eltern, rief mich von dort aus an und meinte, sie brauche jetzt erst einmal Abstand. Für mich kam das aus heiterem Himmel heraus. Ich hatte keinerlei Einfluss- möglichkeiten und das ist etwas, was ich gar nicht haben kann. Es geht mir ganz schlecht und verunsichert mich, wenn ich meine Position nicht verteidigen kann, wenn ich nicht nachfragen kann und gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Aber Emma war zu diesem Zeitpunkt nicht bereit, mit mir darüber zu reden.“

Die engen räumlichen Verhältnisse in der Wohngemein- schaft belasteten Emma tatsächlich sehr: „Unser Zusam- menleben war schön, aber für mich war es schwieriger als für Felix. Anfangs hatte ich noch ein Zimmer ganz für mich. Später kam irgendwann der dritte Mitbewohner wieder zurück und beanspruchte seinen Raum. Ich zog also in Felix’ Zimmer und das war schwierig, zumindest für mich. Heute würde ich das nicht mehr machen. Das war zu viel Nähe! Tagsüber Diskussionen führen und nachts muss man gemeinsam in einem Bett liegen ... Das kann eine Chance sein, aber man muss alles geklärt kriegen, bis man im Bett liegt. Das fand ich schwierig. Ich hätte öfter mal Abstand gebraucht. Mir ging es während der ganzen Zeit des Schreibens an der Diplomarbeit nicht sonderlich gut. Wenn es einem insgesamt nicht so gut geht, wird das Zusammenleben schwieriger. Das habe ich beobachtet, gilt auch heute noch: Wenn wir beide am Ende sind, erschöpft sind, wird unsere Beziehung schwierig. Das wissen wir.“


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Texte: ISBN 978-3-86744-142-1 erschienen im Sankt Ulrich Verlag
Tag der Veröffentlichung: 28.04.2010

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