Verurteilt
Celeste.F
Für J., die trotz all dem Leid nie ihr Lächeln verloren hat…
Cover erstellt von larissa95: Vielen Dank! :D
Manchmal spielt das Leben unfair. Und manchmal kennt es absolut keine Gerechtigkeit. Das musste ich mit ansehen. Es fing alles ganz harmlos an und endete in einem Debakel…
Sie war ein lustiges und fröhliches Mädchen das Tiere über alles liebte. Ich konnte sie damals gut leiden. Manchmal übertrieb sie gerne ein wenig und log vielleicht auch. Früher konnte ich das nicht verstehen, aber als ich älter wurde sah ich warum sie gelegentlich log: Sie wollte dazugehören. Sie hatte Angst allein gelassen zu werden, weil die andern sie vielleicht zu langweilig hielten. Sie hatte noch nie ein grosses Selbstvertrauen gehabt. Aber das ganze Drama von dem diese Geschichte erzählt beginnt erst.
Es war ein Montag. Ich kann mich noch genau erinnern. Wir standen da und erzählten von unserem Wochenende. J. war noch nicht da, sie kam immer ein wenig später als der Rest unserer Clique. Zwei Mädchen erzählten von unserer Clique erzählten, dass sie mit J. eine Übernachtungsparty gemacht hatten. An sich nichts Schlimmes. Doch dann erzählten sie, dass J. sie gekratzt und getreten hätte und das lustig gemeinte Raufen gar nicht mehr lustig war! Ich glaube das erste was ich dachte war: Nein. Das war mein erster Impuls, mein Bauchgefühl. Die anderen beiden Mädchen glaubten es ihnen sofort und lästerten mit. Ich war nicht imstande etwas zu sagen. Ich konnte es nicht glauben. Ich wollte es nicht glauben! War das blos eine Ausrede um J. aus unserer Clique auszuschliessen? Die Erzählerinnen hatten es sowieso nie so richtig mit der Genauigkeit. Ich sagte ihnen also, dass J. vielleicht etwas anders verstanden hatte als sie. Alle sahen mich schief an und taten meinen Einwand ab. Für sie war J. die geborene Verräterin.
Von nun an wurde J. gnadenlos ignoriert. Sie versuchten nicht einmal mit ihr zu reden. Es war wie eine Gruppen- Dynamik. Aber ich hatte keine Lust da mitzumachen, weil ich fest daran glaubte, dass entweder alles ein Missverständnis zwischen den zwei Fronten war, oder J. das gar nicht getan hatte. Und im Übrigen glaubte ich, dass es nur wieder so ein kleiner Streit war der wieder vorbeiging. Falsch gedacht. Ich sah wie J. litt, wie sie versuchte den Schmerz zu verbannen. Es tat mir weh wenn ich das sah. Ich war die Einzige die sich mit ihr an ein Pult setzte, die Einzige die mit ihr nach Hause lief, die Einzige die mit ihr redete, die Einzige die sie nicht ignorierte. Klar ignorierte die andere Mädchenclique sie nicht, aber sie versuchten auch nicht sie bei sich aufzunehmen. Ich weiss nicht wie hart das für J. gewesen sein muss, ich weiss nur wie es mir ging dabei. Und deshalb oute ich mich jetzt…
Ich bin auch nur ein Mensch und es wäre geradezu lächerlich mich als Samariter darzustellen. Auch ich hatte meine Schwachpunkte bei der ganzen Sache. Auch ich mache grundsätzlich Fehler. Solche die ich bereue und solche die ich nicht bereue. Und manchmal tue ich auch das Richtige! Aber wenn ich eines sagen kann, dann, dass die Sache mit J. absolut richtig war. Ich habe der Gruppen- Dynamik nicht nachgegeben und habe an das geglaubt was ICH für richtig empfand. Während die Anderen J. gänzlich ignoriert haben und sie gemobbt haben, tat ich es nicht. Ich habe nie ein einziges böses Wort gegen sie gerichtet oder sie gar ausgeschlossen. Das hatte aber auch zur Folge, dass ich etwas abgegrenzt wurde. Im ersten Moment hatte ich Panik. Ich wollte nicht ausgeschlossen werden! Da meine beste Freundin weggezogen war, war diese Clique das Einzige was mir blieb! Ich war hin und hergerissen zwischen stark und schwach sein. Stark sein bedeutete für die Gerechtigkeit zu kämpfen und schwach sein bedeutete nichts zu tun. Zwischen zwei Fronten eingeklemmt. Ich habe mich dazu entschieden J. zu helfen. Allerdings muss ich sagen, dass ich wenn die anderen Mädchen dabei waren doch eher wortkarg war. Auch ich war in gewisser Weise schwach und konnte mich nicht dazu überwinden vor den anderen in der Clique gross mit ihr zu reden. Aber ich denke Schwäche gehört zu jedem Menschen, man darf nur nicht in ihr versinken. Ich habe am meisten mit ihr geredet wenn die anderen nicht da waren. Wahrscheinlich war das feige. Aber ich war nicht so feige, dass ich nichts getan hätte.
Schlussendlich weiss ich nicht wer Recht hatte. Die Clique oder J. Ich habe nie direkt mit ihr darüber geredet, weil ich dachte, dass es sie vielleicht verletzt. Und am Ende ging es für sie ja gut aus. Sie konnte in die andere Mädchenclique integriert werden. Sie wurde wieder glücklich. Und ich denke, dass es das Beste für sie war das sie jetzt an einer anderen Schule ist. Aber ich vermisse sie. Ich vermisse ihr Lachen das ich nie vergessen werde. Ihren Humor der meinen immer gefunden hat. Und vielleicht werde ich ihr demnächst mal mailen. Und wenn ich etwas sagen kann, dann, dass die, die gelitten haben, das schönste Lächeln haben!
Ich glaube, dass ich schlussendlich stark war, aber nicht meine ganze Feigheit überwinden konnte. Und ich rate allen an, dasselbe zu tun. Schreibt nicht gleich jemanden ab, blos weil es euch jemand einflösst! Hört auf euer Bauchgefühl. Es kostet viel Kraft stark zu sein in dieser Situation. Es braucht ein Mass an Überwindung, dass du nicht in die Gruppen- Dynamik verfällst. Aber es wird sich lohnen, das schwöre ich dir! Ich bin immer noch in dieser Clique. An sich sind sie ja nett und ich mag sie, weil sie im Grossen und Ganzen echt okay sind. Aber das sie J. so fertig gemacht haben werde ich ihnen nie verzeihen! Aber ich bereue nichts. Ich weiss, dass ich J. `s Welt nicht ganz heilen konnte. Aber ich weiss, dass ich sie vor dem abstürzen bewahrt habe. Und das zählt…
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2010
Alle Rechte vorbehalten