Cover

Free


Celeste F.


Besonderen Dank an meine beste Freundin, ohne die das Leben nur halb so viel Spass machen würde!

Die Geschichte unterliegt ausschliesslich meinem Copyright.


Cover erstellt von riedel. Danke :D


Prolog


„Als kleines Kind dachte ich, ich wäre frei. Ich könnte tun und lassen was ich wollte. Doch mit der Zeit legte sich dieser Gedanke. Ich war nicht frei. Ich war gebunden. An das Schicksal. Verstehst du? Ich kann vor ihm nicht fliehen. Es verfolgt mich überall hin. Und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich sogar früher nicht frei war. Ich habe mich nur nicht bewegt und dadurch die Fesseln nicht gespürt.“, sagte sie. Er betrachtete sie nachdenklich. „Wer ist schon frei?“, meinte er mehr zu sich selbst. „Du, du bist frei. Kannst machen was du willst…“, antwortete Avalen ihm. Er lächelte schief, was ihn unwiderstehlich aussehen liess. „Nein, auch ich bin gebunden.“ „An was?“ „An dich. Ich kann dich nicht allein lassen. Es ist mein Schicksal bei dir zu sein…“

Avalen


Es war windstill. Nicht mal ein einziges Lüftchen durchbrach die Stille die sich über Bormir gelegt hatte. Selbst das Meer war ruhig. Das war sehr aussergewöhnlich für Bormir, denn ansonsten windete es oft und deswegen schäumte das Meer und liess Wellen an die Küste rollen. Avalen zog ihr Schwert. „Wollen wir doch mal schauen was du dazugelernt hast.“, meinte Levon, während auch er sein Schwert zückte. Avalen machte sich auf einen schwierigen Angriff ihres Lehrers gefasst, doch der erste Schlag den er tat, war einfach abzuwehren und mehr als voraussehend. Trotzdem liess sie sich nicht ablenken. Sie musste diesen Zweikampf gewinnen! Vielleicht würde sie dann endlich die Aufmerksamkeit ihres Vaters bekommen, die sie sich wünschte. Levon hielt sich auf der passiven Seite, was ihr Grund liess aktiv zu werden. Doch Levon wehrte alle ihre Hiebe mühelos ab. Wie ein flinkes Wiesel trippelte er herum. Wie so oft wurde Avalen ungeduldig und hatte sich nicht mehr vollends unter Kontrolle, sodass sie unüberlegt zuschlug. Levon hatte nur auf den Moment gewartet und schlug mit einem raffiniertem Schlag ihr das Schwer aus der Hand. Avalen fühlte die Spitze des Schwertes in ihrem Bauch. Sie war geschlagen. Zermürbt seufzte sie und hob ihr Schwert auf. „Du steigerst dich beim Kampf in irgendwas rein, Avalen. Und genau das darfst du nicht! Dein Gegner wird so ein leichtes Spiel mit dir haben.“ „Ich werde daran arbeiten.“, erwiderte sie schnippisch und liess ihren Lehrer allein auf dem Trainingsplatz stehen. Es war immer das gleiche! Sobald er mit ihr spielte wie Katz und Maus, verlor sie die Geduld. Ihr Vater würde sie schelten für ihre Niederlage. Schon wieder hatte sie versagt. Und das nicht zuletzt wegen ihrer Ungeduld. Schnellen Schrittes lief Avalen in den Palast. Dort empfing sie schon ihre Kammerzofe Layra. „Kann ich Ihnen etwas abnehmen?“ Sie drückte dem Mädchen das Schwert in die Hand und begab sich ohne ein weiteres Wort in ihr Zimmer. Es duftete nach Rosen aus dem Hofgarten. Ihr Vater war schon da. Es kam sehr selten vor, dass er sie persönlich aufsuchte, deswegen erschrak Avalen umso mehr. „Vater, ich wusste nicht, dass ihr mich besuchen würdet…“, stotterte sie überrascht. Es kam sehr selten vor, dass sie unsicher wurde, doch in der Gegenwart ihres Vaters fühlte sie sich hilflos und verloren. Und unsicher. Er blickte sie an und wieder einmal musste sich Avalen fragen, wie sie seine Tochter sein konnte. Seine Gesichtszüge waren hart und rau, während die ihren fein und feminin waren. Seine Augen waren das Dunkel eines Waldes und ihre Augen waren das Hellblau des Sommerhimmels. Sein Haar war in jungen Jahren strahlend blond gewesen, Avalens Haar hingegen war Kastanienbraun. Sie ähnelten sich in keinerlei Hinsicht. Früher hatte es sie nicht gestört, aber nun als sie immer älter wurde empfand sie es fast schon als Zeichen. Dass sie gar nicht zu dieser Familie gehörte. Sie hatte einmal ein Buch gelesen in dem eine Romanfigur sagte: „Im Blute bin ich wie ihr, doch im Geiste bin ich weit von Euch entfernt. Soweit wie es keine Brücke tragen kann.“

Avalen kam es oft genau so vor. „Avalen, ich will nicht um das Thema herum reden, also komme ich gleich zur Sache: Bormir ist in Gefahr.“ Seine Stimme klang rau und vielleicht auch ein wenig heiser. „Warum Vater, was ist passiert?“, fragte sie mit plötzlicher Sorge. Ihr Vater erhob sich von der Bettkante und schritt nun auf und ab. „Kannst du dich noch an das Sommerfest erinnern? An Graf Varez?“ Avalen nickte schwach. Sie hatte ihn höchstens dreimal gesehen bei dem Fest. Er war sehr wortkarg gewesen und verschlossen. Er war nur wegen geschäftlichen Dingen an das Sommerfest in Bormir gekommen. Er war nicht sehr beliebt gewesen, konnte sie sich noch erinnern. Graf Varez kam aus dem Königreich des Feuers. Niemand von dort war im Königreich des Wassers sehr beliebt. Einst waren die beiden Königreiche vereint gewesen, doch ein schrecklicher Streit zwischen den beiden Königen, spaltete das Reich fortan. Es gab das Königreich des Wassers und das des Feuers. Nur die Unendliche Wüste trennte die beiden Reiche voneinander. Ohne Grund kam kein Bewohner vom Königreich des Feuers in das Königreich des Wassers. Und auch umgekehrt. Also musste Graf Varez einen triftigen Grund gehabt haben um zum Sommerfest zu erscheinen. „Nun, jetzt hat sich herausgestellt, dass er Spion des Königs vom Reich des Feuers war. Er hat all unsere Schwachpunkte ausspioniert. Dabei hat er mir versichert, dass er in friedlicher Mission hier sei um unsere Bräuche besser kennen zu lernen. Dieser Schuft!“ „Ihr glaubt also, dass das Königreich des Feuers demnächst einen Angriff auf uns planen wird?“ Der König war aufgebracht. Das sah man an seinen Augen. Sie glühten nur so vor Zorn. „Natürlich wird er das vorhaben! Er hat doch nur auf diesen einen Moment gewartet an dem er einige unserer Schwachstellen aufspürt.“ „Und nun? Was verlangst du von mir?“, sagte Avalen. Sie wusste, dass ihr Vater nicht grundlos zu ihr gekommen war. Schon gar nicht in politischen Angelegenheiten. Ihr Vater blickte ihr in die Augen. „Um die Situation zu beruhigen muss ich eine Lösung finden. Und die Einzige die mir bleibt bist du.“ „Ich?“ „Du musst den Prinzen heiraten. Nur so können wir das Schlimmste verhindern.“ Für einen Moment stockte ihr Atem. Es schnürte ihr geradezu die Luft ab und es war als müsse sie ersticken. „Nein, Vater! Du hast mir doch einst geschworen mich nie gegen meinen Willen zu verheiraten!“ Avalens Stimme wurde lauter. „Du bist nun in einem Alter wo du auch Verantwortung übernehmen musst. Verantwortung über das Königreich. Es ist unsere einzige Chance das Ganze noch zu retten. Mit einer Heirat können wir auch ihre Schwachpunkte entdecken. Der Plan ist schon so gut wie fertig. Wenn du an seinen Hof gehst werden wir dir einige Männer des Rates mitschicken, die sich dann einschleusen können und spionieren.“ Seine Augen glänzten noch immer. Vor Zorn oder Hoffnung war nicht zu erkennen. „Niemals! Ich bin nicht verkäuflich.“, ihre Stimme wurde immer lauter wie eine Welle die sich aufbäumte. Avalen rang um Fassung, doch es wollte ihr nicht gelingen. Verräter!,

dachte sie die ganze Zeit. Er hatte ihr es immer geschworen, dass sie keine Pflichten zu erfüllen habe und frei sei, doch das was gerade geschah, war nicht das was er ihr versprochen hatte. „Ich werde nicht als Vieh enden, das man von einem Mann zum Anderen schubst!“ Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Willst du uns etwa alle untergehen lassen?! Nur weil dein Stolz sich dagegen sträubt?“ Auch seine Stimme wurde jetzt drohend. „Ich bin den Anderen das nicht schuldig! Warum denn gerade ich?!“ „Weil du die Königstocher bist. Du bist dazu bestimmt dein Volk zu schützen.“ „Aber ich bin nicht die Königin!“, schrie Avalen. „Ich kann den Prinzen ja wohl kaum heiraten!“, keifte der König zurück. Avalen stach sich die Fingernägel in die weiche Handfläche um klar denken zu können. Noch nie hatte sie in einem solchen Ton mit dem König, ihrem Vater gesprochen. Sie war immer respektvoll zu ihm gewesen und hatte stets versucht ihn zu beeindrucken. Doch niemals hatte er ihr Aufmerksamkeit geschenkt. Manchmal war es ihr vorgekommen als wäre er da, aber so weit von ihr entfernt. „Es gibt auch andere Wege um diese groteske Lage zu retten in die du uns geführt hast, Vater.“, sagte sie. Etwas Herablassendes und Spöttisches lag in ihrem Ton der sie selbst erschrak. „Wie bitte? Ich habe gar nichts herbeigeführt! Zügle dein Mundwerk Avalen.“ Er klang entrüstet und ehrlich schockiert. „Ich habe mein Mundwerk jahrelang vor dir im Zaum gehabt und nie hast du mich dafür auch nur annähernd gelobt. Du siehst wohin mich das schlussendlich gebracht hat und so wie es aussieht hast du nicht vor dein einziges Versprechen mir gegenüber einzuhalten. Also muss ich selbst handeln. Damit ich nicht in deinem Schlund von Hölle versinke. Und gewiss, es war deine Schuld, dass Graf Varez so ungeniert herum spionieren konnte. Wärest du nicht so naiv gewesen, hätten wir den Verrat rechtzeitig aufgedeckt. Es ist also deine Schuld. Und ich habe nicht vor dafür zu bezahlen!“, endete sie. Ihre Stimme klang gefasst und ihre Züge waren undurchdringlich. Noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie so ohne Unsicherheit vor ihrem Vater gesprochen. Der König sass wie festgefroren auf dem Sessel. „Was willst du tun?“, fragte er. Seine Stimme klang gereizt. „Ich weiss es nicht. Aber Hauptsache weg von dir und deinen Plänen.“ „Das kannst du nicht tun! Ich bin dein Vater!“ „Und ob ich das tun kann. Ich bin eine eigenständige Persönlichkeit und kann selbst entscheiden was ich tun will.“ „Wenn du von meinem Hof verschwindest, bist du nicht länger meine Tochter, Avalen.“ Sie wandte den Blick von ihm ab. „Dann werde ich es auch nicht länger sein. Schande über dich Vater. Dass du das eine Versprechen mir gegenüber nicht einhalten konntest. Mutter würde sich im Himmel umbringen wenn sie wüsste wie du mich verraten hast!“ Mit diesen Worten verliess Avalen das Zimmer. Es war Zeit eigene Wege zu gehen.

Rafael sass auf der Mauer und sah in den wolkenverhangenen Himmel. Es würde Regen geben. Das sah er schon von Weitem. Er spürte es praktisch. Die Luft roch feucht und nach einem Gemisch aus Nass und Trockenheit. Im Königreich des Feuers kam es nicht oft vor, dass es regnete. Die Bauern würden sich freuen. „Was machen Sie hier oben? Sie sollten schon längst bei dem König sein.“, tadelte ihn eine Stimme von hinten. Zum Vorschein kam sein Hofdiener Lucus. Rafael seufzte. „Ich komme gleich. Sag das dem König.“ Lucus zögerte einen Moment ehe er ging. Rafael schwang sich vom Vorsprung und landete behände auf einem Balkon. Von dort sah er direkt in das Fenster und von dort in das Zimmer von Samina. Sie war die schönste Hofdame im ganzen Palast und er liebte es ihr Gesicht rot anlaufen zu lassen. Es lag auf der Hand, dass sie in ihn verliebt war. Was er für sie empfand war lediglich eine schwache Begierde. Er hatte schon unzählige gehabt die wie sie waren. Schön und schüchtern. Sie alle hatten ihn geliebt und er nur mit ihnen gespielt. Er hatte sich ein zwei Küsse gestohlen und war dann aus ihrem Leben verschwunden. Er klopfte gegen die Scheibe. Nach einer Weile des Wartens kam Samina aus dem Fenster zu ihm. Sie trug eines ihrer schönsten Kleider und hatte ihre blonden Haare über ihre Schulter ausgebreitet. Schüchtern lächelte sie ihn an. „Ich dachte du wärst beim König.“, sagte sie. „Ich wollte mir nur einen Kuss stehlen kommen.“, flüsterte Rafael während er sein Gesicht langsam dem ihren näherte. Sie errötete und senkte den Blick. Er drückte seine Lippen an ihre Wange, dann liess er schon wieder von ihr ab. Den zweiten Kuss würde er sich für später aufheben. Dann schwang er sich wieder vom Balkon. Ehe er hinter dem Haus verschwand rief Samina: „Wann sehe ich dich wieder?“ Mit dieser Frage hatte er gerechnet. „Bald.“, meinte er und verschwand aus ihrem Blickfeld. Er schwang sich von Haus zu Haus weiter bis er schliesslich auf dem Boden landete. Der Himmel erstreckte sich wie ein blutiges Band über ihm. Selbstgefällig marschierte er in den Palast seines Vaters. Kaum betrat er den Palast kam ihm schon Lucus entgegen. „Euer Vater wird ungeduldig! Beeilt Euch!“ „Ja, ja“, erwiderte Rafael gleichmütig. Er marschierte in den Konferenz Saal wo der König ihn schon erwartete. „Da bist du ja endlich! Wo hast du dich die ganze Zeit rumgetrieben?“ Rafael zuckte mit den Schultern. „Was ist passiert, dass du mich rufen lässt?“, fragte er. Er wollte keine langen Spielchen machen. „Der König vom Königreich des Wassers hat eine kooperative Lösung vorgeschlagen um unsere Reiche näher zusammen zu bringen. Du sollst die Prinzessin heiraten.“ Rafael blieb die Luft weg. Man hatte schon viel über die Prinzessin munkeln gehört. Sie sei eine der schönsten Frauen des ganzen Reiches. Jedoch war das nicht das Einzige. Sie soll hitzköpfig, stur und aufbrausend sein. Sie könne nicht gut verlieren und höre nur sehr selten auf Befehle. „Aber, Vater… ich…“ „Du fühlst dich geehrt, habe ich es mir doch gedacht!“ Rafael rang um Fassung. „Ich möchte noch nicht heiraten. Es gibt doch noch so vieles was ich erleben möchte. Ich möchte noch nicht gebunden werden. Und im Übrigen kenne ich die Prinzessin doch gar nicht. Ich möchte nicht jemanden heiraten den ich nicht kenne. Versteh das doch!“ Sein Vater runzelte die Stirn. „Du hast Angst! Mein Rafael hat Angst! Angst vor der Ehe…“, lachte der König. Sein Lachen war schallend und hallte im ganzen Saal nach. „Vater ich möchte das wirklich nicht!“, verteidigte sich Rafael. Bevor der König etwas sagen konnte stürmte ein Bote hinein. „Es tut mir Leid, dass ich einfach so hereinplatze Majestät, doch meine Botschaft ist von grösster Wichtigkeit.“ „Sprich.“, erwiderte der König. „Graf Varez berichtete, dass er beim Sommerfest gehört habe wie der König einen Plan ausheckte um unsere Schwachpunkte auszuspionieren. Er wollte das mit einer Hochzeit zwischen dem Prinzen und der Prinzessin in Gang setzen. Doch nun erreicht uns eine sonderbare Nachricht: Die Hochzeit wird nicht stattfinden. Der König hat sie abgeblasen. Die Prinzessin wolle die Ehe nicht eingehen. Einige sagen, dass sie geflohen ist und somit den König verleugnet hat.“ Der Bote keuchte bei diesen Worten. „Ihn verleugnet und geflohen?“, wiederholte Rafael ungläubig. Diese Prinzessin musste mehr Mut und Stolz besitzen als er glaubte. „Warum?“ „Einige sagen, dass der König sie zur Hochzeit zwingen wollte. Augenzeugen haben anscheinend gesehen wie sie aus dem Zimmer stürmte und: Mutter würde sich im Himmel umbringen wenn sie wüsste wie du mich verraten hast. Schande über dich, Vater!

schrie. Sie muss den Palst verlassen haben. Wohin sie gegangen ist weiss niemand.“ Rafael musste fast lächeln. Das musste wohl eine ganz starrsinnige Frau sein. „Ich werde sie suchen.“, sagte er. „Was?!“, rief sein Vater der bisher noch nichts gesagt hatte. „Du willst die Prinzessin suchen die den König verraten hat?“ Rafael wusste selbst nicht genau warum er das gesagt hatte, ja warum er das überhaupt wollte, doch irgendetwas drängte ihn dazu. Vielleicht war es auch blos mal wieder sein Beschützer Instinkt, aber er fühlte, dass er nun auf diese Stimme hören musste. „Du hast richtig gehört Vater. Ich werde sie suchen und zurückbringen. Ich glaube nicht, dass sie einfach so gegangen ist. Sie wird einen Grund gehabt haben. Und den werde ich herausfinden.“ „Ohne meine Erlaubnis gehst du nirgendwo hin!“, keifte der König erzürnt. „Es liegt im Interesse von uns allen.“, erklärte Rafael ernst. Noch nie war er so ernst gewesen wenn er eine Entscheidung traf. „Warum sollte ich sie zurückholen wollen?“, fragte der König. „Falls das Königreich des Wassers wirklich so ein verräterisches Spiel mit uns treibt, wird sie uns noch von Nutzen sein.“ Der König schien unentschlossen. Rafael wusste, dass er diese Chance am Schopf packen musste. „Vertrau mir Vater. Es ist das Richtige.“ „Wenn du denkst, dass es so ist, so werde ich dir nicht im Weg stehen. Auch du sollst lernen zu entscheiden. Wann brichst du auf?“ „Am besten gleich Morgen, dann sind ihre Spuren noch frisch.“ Der König nickte. „Was benötigst du?“ „Lediglich ein Pferd und Proviant.“ „In Ordnung. Ich werde es für dich zur Verfügung stellen. Und nun geh.“ Rafael nickte und entfernte sich aus dem Saal. Endlich hatte er sich einmal gegen seinen Vater durchsetzten können.

Die Flucht


Der Wind tobte und das Meer schäumte. Es war das genaue Gegenteil von gestern. Avalens Mutter hatte ihr einmal gesagt: Wenn das Meer schäumt, sich aufbäumt und unruhig ist, dann trauert es um etwas. Dann trauert es um etwas Verlorenes. Es ist wie wenn man einer Mutter das Kind entreisst. Das Meer trauert um das verlorene Kind und fordert es zurück.

Mit erhobenem Kopf, einem Schwert im Halter und einem Dolch im Futteral, verlies Avalen den Palast. Kaum übertrat sie die Schwelle sah sie rings um das Tor vor dem Palast die Leute. Sie standen da und blickten sie an. Sie wusste, dass sie ihnen eine Erklärung schuldig war. Alle beobachteten sie und sie fühlte sich dabei mehr als unwohl. Aus den Augenwinkeln aus sah sie ihren Vater, wie er auf dem Balkon stand. „Ich weiss nicht, warum ihr alle gekommen seid, schliesslich bin ich nun eine Bürgerliche. Glaubt aber nicht, dass der edle König mich verstossen hat. Es war ganz allein meine Entscheidung zu gehen. Ihr fragt euch warum ich ging? Ich sollte gegen meinen Willen verheiratet werden und das lässt mein Stolz nicht zu. Ich werde nicht einfach so verheiratet. Ich werde nicht einfach so gebunden! Ich bin frei! Ich habe das Recht auf Freiheit! Und deswegen werde ich das Problem, das mit der Vermählung hätte gelöst werden sollen, selbst zur Hand nehmen. Ich werde es auf einen anderen Weg lösen. Es gibt immer zwei Möglichkeiten, liebe Bürger. Ihr werdet mich wiedersehen, das verspreche ich euch! Ich werde nicht einfach so verschwinden. Ich bin kein Klecks auf einem Pergament den man wieder wegmachen kann. Niemand hat mir nämlich vorzuschreiben wer ich bin und was ich sein soll!“, sagte sie mit einem bestimmten Ton. Ihre Stimme klang stark und gefasst. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und stieg auf ihr Pferd. Eine kleine Weile zögerte sie noch, doch dann gab sie ihrem Pferd die Sporen und ritt aus dem Hofgarten. Erinnerungen ihrer Kindheit kämpften sich an die Oberfläche. Als sie noch klein war und geglaubt hatte ein wunderschönes Leben im Schloss zu führen. Märchen. Illusionen. Zeitverschwendung. Die Realität sah anders aus. Hinter ihr hörte sie das Klatschen der Bürger die anscheinend Gefallen an ihrer Rede gefunden hatten. Sie wusste eigentlich gar nicht wohin sie wollte. Und sie wusste auch gar nicht was sie tun sollte. Doch es machte ihr Spass einfach das zu tun, was jeder ihr verbieten wollte. Ihre Mutter hätte es so gewollt und sie selbst auch.

Ein heisser Tag brach an im Königreich des Feuers. Es hatte gestern geregnet und nun überschwemmte die Sonne das Land. Rafael hatte schon gepackt und lud das Gepäck auf sein Pferd. Der Proviant würde nicht lange reichen, doch er konnte unmöglich mehr mit sich rumschleppen. Er nahm ansonsten nur ein Schwert und Pfeil und Bogen mit. Er hatte nicht vor sich bei seinem Vater zu verabschieden. Es würde ihn nur lang aufhalten. Stattdessen schaute er bei Samina vorbei. Als er bei ihr eintraf, kämmte sie sich gerade das Haar. Erschrocken öffnete sie das Fenster. „Ich habe gehört du willst gehen.“, sagte sie. Ihre Stimme klang betrübt. Er nickte. „Warum?“ „Es wird uns politisch von Nutzen sein.“, erklärte er leise. Diesmal war sie es, die sein Gesicht in ihre Hände nahm und ihn küsste. Ihre Lippen schmeckten weich und dufteten nach Blumen. Auch sie hat sich unsterblich in mich verliebt. Auch ihr werde ich wieder das Herz brechen, doch ich habe ihr nie etwas versprochen. Und früher oder später, wenn sie nicht mehr schön ist, ist sie wie eine verwelkte Blume. Und das nur, weil sie keinen Charakter hat.,

dachte er. Er löste sich von ihr und meinte: „Vergiss mich wieder, Samina. Du hast etwas Besseres verdient.“ Mit diesen Worten schwang er sich wieder vom Balkon und liess eine traurige Samina zurück. Er lief zu seinem Pferd und schwang sich auf den Sattel. Er gab dem Pferd die Sporen und ritt aus dem Hofgarten. Er hatte keine Ahnung wo die Prinzessin hin wollte, doch allzu weit sollte sie noch nicht gekommen sein.

Fortsetzung folgt, falls ich weiterschreiben soll. Deswegen verschwindet nach dem Lesen doch nicht gleich und gebt mir eure Meinung ab. ;D

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.10.2010

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