Cassandra
An meine beste Freundin gewidmet, die immer für mich da ist. Hab dich ganz dolle lieb Süsse! <3
Coverbearbeitung bei leseszz. Danke vielmals! :D
Die Geschichte unterliegt ausschliesslich meinem Copright.
Prolog:
„Deine neue Schule Cassandra. Na, wie findest du sie?“ Ich grummle etwas Unverständliches und steige aus dem Auto. „Hier kommen nur hochbegabte Kinder hin. Wie du. Ich bin so stolz auf dich!“ Ich blicke meiner Mutter in die Augen und sehe das Strahlen ihrer Augen. Für einen Moment bin ich gerührt. Doch im nächsten zieht sich mir der Magen zusammen. Neue Schule, Neue Freunde. Ich schlucke und muss an meine alte Schule denken. Wenn es in dieser Schule wieder so eskaliert wegen mir, kann ich es mit der Schule ganz lassen…
1.Kapitel
O.k. Blos nicht die Nerven verlieren! Es ist alles gut. Alles ist gut. Ich atme tief durch und trete durch die Glastür. Ich bin mir nicht sicher ob ich das richtige Outfit trage, schliesslich bin ich hier an einer Hochbegabten Schule. Da kommen mir Jeans, Chucks, ein mintiges T-Shirt mit einem grauen, punktierten Jäcken lächerlich vor. Ich laufe zur Schulverwaltung. Am Tresen sitzt eine Frau, die mich schmierig anlächelt. Oh Gott, hat die viel Make-up drauf gepudert. Die sieht ja schon aus wie ein Zombie! Frau Zombie schaut mich erwartungsvoll an. „Was kann ich für dich tun?“ „Ich bräuchte den Stundenplan und die Schulbücher. Ich bin Cassandra Johnson.“ Frau Zombie nickt. Sie knallt etwa zehn Exemplare auf den Tisch. „Danke“, grummle ich. Ich verlasse das Büro und sehe mich nach meinem Schulzimmer um. Die Bücher sind verdammt schwer! Ah, ich glaube das da vorne ist mein Zimmer. Zielstrebig laufe ich darauf zu, den Blick auf den Boden gerichtet. Au! Ich klatsche unerwartet an einen Jungen. „Kannst du nicht aufpassen?!“, fahre ich ihn an. „Sorry. Tut mir Leid“, meint er. Die Bücher liegen am Boden zerstreut. Ich bücke mich um sie aufzuheben. „Wart ich helf dir“, entgegnet der Junge. „Danke“, murmle ich. „Schon in Ordnung. Du bist neu hier, stimmt’s?“ Ich blicke auf und schaue ihm in die Augen. Er erwidert meinen Blick. „Ja. Ich bin neu hier“, antworte ich während ich den Blick wieder senke. „Wie heisst du?“ Ich schlucke. Wenn er meinen Namen hört weiss er bestimmt schon wer ich bin. Die Nachricht kursierte damals schliesslich überall! „Cassandra Johnson. Und du?“ „Ben Harley.“, meint er. Er scheint keinen Verdacht zu schöpfen. Ich räuspere mich. „Gut…ähm ich muss dann mal wieder.“ „Ja, klar. Bis bald.“ „Ja, bis bald“, rufe ich Ben noch nach während ich schon den Flur entlang haste.
„Du bist also Cassandra.“ „Ja die bin ich.“, antworte ich. „Gut. Du weisst du darfst dir keine Auseinandersetzung mit jemandem mehr erlauben. Ansonsten darfst du nicht mehr zur Schule.“, erklärt Mrs. Harrison. „Ja, ich weiss.“, entgegne ich. Glaubt sie etwa ich wisse nicht was ich angerichtet habe? Mrs. Harrison nickt. „Willkommen an unserer Schule Cassandra.“ „Danke Mrs. Harrison“, meine ich. Ich setze mich an ein freies Pult und lausche dem Unterricht.
„Hey, Johnson!“, ruft Ben mir nach. Ich drehe mich um. „Was ist?“ „Ich wollte dich nur fragen ob wir das Projekt zum Thema Deutsch zusammen machen.“ Ich überlege kurz. „Ja. Geht in Ordnung. Wann treffen wir uns?“ „Halb vier bei dir?“ „Geht in Ordnung. Weisst du wo ich wohne?“, frage ich skeptisch. „Ja. Ich habs gegoogelt“, schmunzelt Ben. Erschrocken schaue ich ihn an, doch er merkt nichts von meiner Angst. „Okay, bis dann“, entgegnet er seelenruhig. „Bis dann“, erwidere ich. Schnell laufe ich aus dem Schulgebäude. Meine Mutter wartet schon auf mich im Auto. „Na wie war dein Tag?“, fragt sie. „Okay. Lass uns heim fahren. Um halb vier kommt Ben, ein Arbeitspartner zu mir. Wir schreiben eine Arbeit zu Deutsch.“, erkläre ich. „Gut“, meint Mom und startet den Wagen. Ich kann ihr die Freude im Gesicht ablesen. Sie hat das Gefühl, dass alles wieder gut wird. Aber ich weiss es besser. Bis jetzt ist überhaupt nichts gut!
„Hi Ben! Komm rein“, begrüsse ich ihn. Ben hat sich extra umgezogen. Seine schwarzen Haare sehen einigermassen gekämmt aus. Seine Zähne glänzen weiss und seine braunen Augen strahlen. Ich führe ihn in mein Zimmer. „Was hast du dir denn als Projekt vorgestellt?“ Ben setzt sich mir gegenüber. „Ich dachte an einen Zeitungsbericht. Aus dem könnten wir dann eine Geschichte schreiben“ Ich schlucke. „Was für einen Zeitungsbericht denn?“ Ben überlegt. „Weiss nicht. Irgendwas spannendes. Am besten mit Schule.“ „Fällt dir da einer ein?“ „Hmm…Lass mich mal überlegen. Ja, ich habs! Die Prügelattacke. Wie hiess das Mädchen nochmal die die anderen da zusammen geprügelt hat?“ Ich kralle meine Nägel in das Kissen. Erinnerungen schwappen in mir hoch wie Tsunami Wellen. „Ne..in. Das Thema mag ich nicht so…“, erkläre ich unter zusammengebissenen Zähnen. „Ach komm schon! Was hast du gegen das Thema?“ Ich schaue weg. „Cassandra? Geht’s dir gut?“ „Ja. Klar. Aber bitte nicht über das Thema.“ „Okay, okay. Schon in Ordnung. Wenn du nicht willst müssen wir nicht.“ „Danke“, murmle ich.
Als ich schlafen gehe habe ich schreckliche Albträume. Von den Geschehnissen.
„Du dumme Kuh! Willst du etwa Schläge?!“ Höhnisch grinste sie. „Lasst sie in Ruhe! Seht ihr nicht, dass ihr Gaby wehtut?!“ „Misch dich ja nicht ein, sonst bist du dran!“ In mir kochte die Wut hoch. Wie eine überdimensionale Macht. „Lasst sie in Ruhe!“, brüllte ich. Sie raten noch immer auf sie ein. Ich verlor die Kontrolle. Ich schlug zu. Und wieder. Und nochmals. Blind vor Wut schlug ich auf die Übeltäter ein. Ein Schlag ins Gesicht. Ich schlug zurück. Blut. Ich schmeckte und roch es. Die Wut liess mich weiterschlagen. Bis zur Bewusstlosigkeit.
2. Kapitel
Ich bin am Morgen schon früh aufgewacht. Der Traum hat mich nachdenklich gemacht und mich an alte Zeiten erinnert. Was habe ich blos getan? Immer und immer wieder kommt mir der Zeitungsartikel in den Sinn:
16-Jährige schlug auf ihre Klassenkameradin ein!
Das 16-Jährige Mädchen Cassandra Johnson, schlug am 17.8. auf ein Mädchen ein. Augenzeugen berichteten von einem brutalen Kampf. Der Grund zur Schlägerei gab anscheinend Gaby Hendricks, beste Freundin von Cassandra. Gaby wurde angeblich von Andrea Burke zusammengeschlagen. Nach mehreren Schlägeln lag sie bewusstlos am Boden. Cassandra sah das und bat Andrea, dass sie damit aufhöre. Als diese nicht hören wollte, wurde Cassandra handgreiflich. Erst durch eingreifen der Lehrer konnte die Schlägerei gestoppt werden. Andrea hatte einen Zahn weniger, etliche Prellungen und Kratzer. Cassandra hatte ebenfalls viele Kratzer, Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung. Für Gaby kam jede Hilfe zu spät. Die 16-Jährige hatte schwere Hirnschäden, da man vermutete, dass sie von Andrea getreten wurde. Gaby verstarb zwei Tage später im Krankenhaus. Cassandra wurde von der Schule verwiesen und ist seither wie vom Erdboden verschluckt. Andrea muss eine Jugendstrafe absitzen.
I
Ich wollte doch blos Gaby helfen! Warum verstehen sie das blos nicht? Natürlich wurde viel diskutiert ob es falsch oder richtig war was ich getan hatte. Ich weiss keine Antwort…
Ben empfängt mich schon in der Halle. „Na gut geschlafen?“, fragt Ben. „Nein“, antworte ich knapp. Ben schaut mich entgeistert an. Ich gehe an ihm vorbei und betrete das Schulzimmer. Momentan habe ich echt keine Lust mit ihm zu reden. Ohne grosse Motivation setze ich mich an ein Einzelpult. „Hey, das ist eigentlich sonst mein Pult.“ Die Stimme lässt mich aufschrecken. „Oh! Sorry. Ich wollte dir dein Pult nicht wegnehmen oder so…“, stammele ich perplex. „Ist schon in Ordnung. Was dagegen wenn ich mich neben dich setzte?“ „Nein!“, sage ich schnell. Er lächelt mich an. Ich habe das Gefühl unter seinem Blick zu verschmelzen. Er schaut mich an und seine Augen sehen so klar aus wie der Himmel. Schnell schaue ich weg. „Wie heisst du?“, erkundigt er sich. „Cassandra Und du?“, frage ich. „Ian“, meint er. Ich weiss nicht warum, aber den ganzen Tag über fühle ich mich bei ihm geborgen.
Ich sitze auf der Schaukel beim Kinderspielplatz. Ben sitzt neben mir. Wir haben uns verabredet und bei unserem Deutsch Projekt weitergemacht. Wir haben nun einen anderen Zeitungsartikel genommen. „Sag mal, warum wolltest du diesen anderen Artikel nicht?“, hakt Ben nach. Ich überlege kurz was ich am besten sage. „Ich mag eben keine Gewalt“, sage ich. Es ist sogar die Wahrheit! Ich hasse Gewalt. Ich weiss gar nicht wie ich da reingekommen bin. In diese Schlägerei. Ben nickt. „Für was hältst du mich eigentlich?“ „Wie meinst du das jetzt?“, frage ich leicht verwirrt. „Wie du…mich halt magst.“ „Ach so…Ich glaube…als Freund. Als Kumpel, oder so. Aber noch nicht so eine ernsthafte Freundschaft weil wir uns ja noch nicht so lang kennen“, wage ich zu sagen. Ben zuckt mit den Schultern. Er sieht irgendwie enttäuscht aus. „Kumpel…das ist okay.“, meint er. Ich schaue ihn an und sehe in seinen Augen das enttäuschte flimmern das man hat wenn man unglücklich verliebt ist.
3.Kapitel
Ian und ich sitzen nun jeden Tag nebeneinander. Zu Bens Ärger. Er kann Ian nicht ausstehen. Ich weiss nicht warum. Ian ist so nett und hilfsbereit. Ich glaub ich bin verliebt in Ian. Ben ist nun mein bester Freund. Er bringt mich zum Lachen. Er ist nett und nimmt so viel Rücksicht auf mich wie sonst fast niemand. Ich habe blos Angst, dass Ben nicht mehr mit mir befreundet sein werden will wenn er erfährt, dass ich in Ian verliebt bin.
„Hättest du Lust dich heute mit mir zu treffen?“, fragt Ian. Ich schaue ihn abrupt an. „Ähm…Ja. Gerne!“ Ian lächelt und fährt sich mit der Hand durchs Haar, wobei er unwiderstehlich aussieht. „Um 6 Uhr im Restaurant “Blue“ ?“ „Ja. Klar. Bis dann!“ „Bis dann!“, meint er und ist auch schon weg. Wie verzaubert sitze ich da ohne zu merken, dass Ben auf mich zukommt. „Du hast dich hoffentlich nicht mit diesem Typ verabredet?!“ „Doch. Und dieser Typ heisst übrigens Ian.“, meine ich scharf. Ben schaut mich schief an. Dann wendet er sich von mir ab. Wütend fahre ich mir durch die Haare und wünschte, dass ich das Gesagte rückgängig machen könnte.
4. Kapitel
Ich hasse Röcke. Wegen dem trag ich meistens Jeans. So auch heute zu meinem Treffen mit Ian. Ich schreibe meiner Mom noch schnell einen Zettel, dass ich fort bin und mache mich dann auf den Weg. Ich warte wie verabredet beim Restaurant. Ian ist schon da. „Hi“, sage ich. Ich bin total hibbelig, weiss gar nicht mehr wo mir der Kopf steht! „Hi.“, entgegnet Ian. Auch er scheint nervös zu sein. Das beruhigt mich ein kleines bisschen. Als wir erst mal bestellt haben, lockert sich die Stimmung. Wir lachen die ganze Zeit. Aber dann stellt Ian eine Frage die ich eigentlich nicht beantworten will: „bist du die Cassandra Johnson, die mal in eine Schlägerei verwickelt war?“ Ich schlucke. Ian weiss von allem Wie konnte ich nur glauben, blos weil ich in einen anderen Ortsteil ziehe, würden mich die Menschen nicht kennen? Sie kennen mich alle. Ich bin eine Gejagte. Eine Gejagte der Medien. Und das werde ich immer sein. Verdammt! „Ich…ich muss gehen Ian. Danke für das Essen.“, erkläre ich. „Jetzt warte doch!“, meint Ian aufgewühlt. Ich greife mir meine Jacke und springe aus dem Restaurant. Ian legt das Geld auf den Tisch und springt mir nach. Ich höre seine Schritte hinter mir. Ich weiss, dass ich keine Chance habe zu entkommen. Ich war noch nie eine schnelle Sprinterin. Er packt mich am Arm und wirbelt mich herum. Sein Atem geht schneller. Ich will ihm nicht in die Augen sehen. „Geh nicht! Lass uns noch reden. Bitte. Ich will dir nämlich was sagen.“ Ich sehe ihn an. „Na gut“, meine ich.
Ich sitze neben ihm auf einer Bank. „Cassandra. Hör mir gut zu: Ich war 15. Mein Vater war gestorben. Er war eine angesehene Persönlichkeit. Viel in den Medien. Ich zerbrach fast an dem Tod von ihm! Ich habe ihn sosehr geliebt. Nach seinem Tod wollte ich mir das Leben nehmen. Ich wollte zuerst von einem Hochhaus springen, doch ich traute mich nicht. Also schlitze ich mir die Handgelenke auf. Sie fanden mich. Halb verblutend. Man brachte mich in ein Krankenhaus und pflegte mich gesund. Mein Selbstmordversuch wurde in den Medien wie ein Fressen vertilgt. Ich konnte mich lange nicht auf die Strasse trauen, weil sonst alle mit dem Finger auf mich gezeigt hätten. Ich kam unter Psychische Behandlung und auf diese Schule.“ Ich bin sprachlos. So viel Ehrlichkeit ist wirklich bewundernswert! „Bist du Cassandra Johnson? Du musst mir nicht antworten.“ Ich sehe ihn an. Die Tränen kommen mir hoch und laufen an meiner Wange herunter. Ich nicke. Er schaut mir in die Augen und nimmt mich in den Arm.
5.Kapitel
Ian brachte mich gestern nach Hause. Ich habe ihm alles erzählt. Alles. Ich hätte nie Gedacht, dass ich das je tun würde, aber ich habe es getan. Seit diesem Abend ist alles anders. Ich vertraue Ian bedingungslos. In allem!
Ich laufe ganz entspannt den Gang entlang, als meine Lehrerin Mrs. Harrison angestürmt kommt. „Cassandra! Gut, dass ich dich erwische! Die Schule hat einen Drohbrief bekommen. Andrea will dich töten! Du musst die Schule verlassen hörst du? Du darfst aber niemandem etwas sagen.“ Ich schaue Mrs. Harrison geschockt an. „Und was ist mit meiner Mutter?“ „Sie weiss es. Du musst jetzt gehen. Sofort. Deine Mutter wartet schon draussen auf dich. Ihr werdet nach Italien fliegen und eine neue Identität annehmen.“ Verstört schaue ich Mrs. Harrison an während ich nur an Ian denken kann. Ich muss es ihm sagen! Ich nicke. „Alles Gute Cassandra“, meint Mrs. Harrison. „Danke, Ihnen auch“, sage ich und gehe zu Ians Schulzimmer. Er hat heute bis um fünf Schule. Ohne gross zu überlegen, reisse ich die Tür auf und trete einfach ein. „Ich muss mit Ian sprechen. Sofort!“, erkläre ich bestimmt. Ian schaut mich an. Sofort steht er auf. Bevor der Lehrer etwas sagen kann bin ich mit Ian um die Ecke verschwunden. „Hör mir zu Ian! Andrea hat einen Drohbrief an die Schule geschickt. Sie ist auf Rache aus und will mich umbringen. Ich werde von der Schule genommen und gehe nach Italien. Ich nehme dort eine falsche Identität an. Du darfst es aber niemandem sagen. Ich dürfte es nämlich dir auch nicht aber…“, erklärte ich mit zittriger Stimme. Der Rest des Satzes geht in meinen Tränen unter. Ian schaut mich an. In seinem Blick liegt Furcht. Angst. Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst mich. Meine Tränen rinnen mir die Wangen herab. Ian wischt mir eine Träne weg. „Ich werde dich in Italien finden. Wo immer du auch bist! Überall werde ich dich suchen und nicht aufgeben bis ich dich gefunden habe. Das verspreche ich dir!“ auch in seinen Augen glänzen Tränen. „Und jetzt geh!“, meint er entschlossen. Ich nicke. Ich lasse seine Hand los, die ich bis jetzt umklammert habe. Ich laufe und schaue immer wieder zurück. Als ich Ian nicht mehr sehe, renne ich. Bis ich vor Moms Auto stehe. Ihre Wimperntusche ist verschmiert. In ihren Augen liegen Tränen. „Lass uns gehen“, meine ich und steige in ihr Auto. Mom fährt ab und ich sehe der Schule nach. Mein Herz tut weh. Ich weiss nicht ob Ian mich jemals finden wird. Ich hoffe es! Sosehr…
Zwei Monate später:
6.Kapitel
Ich schaue aus dem Fenster und sehe Unmengen von Land. Zypressen, Büsche, Fuchsien, alles was das Herz begehrt. Ich hasse es hier. Wir wohnen in einer riesen Villa, doch ich fühl mich nicht wohl. Alles ist mir zu fremd. Alles ist ohne Ian schlimm. Ian war meine persönliche Droge. Eine Droge des Glücks. Und nun ist sie weg. Fort. Nun kann ich mir zumindest vorstellen wie schwer es ist von Drogen loszukommen.
Ich verstehe fast kein Italienisch, was die Sache nicht unbedingt leichter macht. Im Gegenteil. Die meiste Zeit sage ich nichts. Ich sitze stumm im Unterricht ohne wirklich etwas zu verstehen. Es gibt nur wenige englische Bücher. Und wenn ich eins finde, ist es entweder garantiert eins das ich schon gelesen habe, oder eines, dass mich wirklich nicht interessiert! Ich lasse mich total gehen. Ich bin morgens zu müde um meine Haare zu kämmen. Abends bin ich zu frustriert um mein Pyjama anzuziehen. Mein ganzes derzeitiges Leben besteht aus warten. Warten auf bessere Zeiten. Warten auf Ian. Ich vermisse ihn unmenschlich. Es kommt mir selbst schon krank vor! Jedes Mal bevor ich einschlafe, denke ich an ihn. Jedes Mal muss ich weinen.
7.Kapitel
Mein Wecker klingelt laut. Schlaftrunken stelle ich ihn aus und stehe auf. Ich gehe nach unten und nehme das Frühstück, meist bestehend aus einem Brötchen und Orangensaft, zu mir. Ich gehe wieder hoch, ziehe mich an und tappe ins Bad. Dort wasche ich mein Gesicht, kämme mich gelegentlich und schminke mich. Nicht so heute:
Als ich aufstehe höre ich mein Handy klingeln. Ich stürme zum Handy und sehe: Eine Nachricht von unbekannter Nummer Schnell drücke ich sie an, in der Hoffnung Ian wäre der Unbekannte. Falsch gedacht!
Na, Cassandra? Hast du mich schon vergessen? Ich bins, Andrea. Ja, genau. Die Prügel-Andrea! Jetzt fallen dir wohl deine schönen Äuglein aus dem Gesicht! Ich werde dich finden und dann bist du dran, du Opfer!!!
Einen Moment lang steht mir das Herz still. Andrea ist hier?! Sie weiss wo ich bin. Es ist aus. Ich habe es schon immer gewusst. Mit zitternden Fingern klappe ich das Handy zu. Der Schock sitzt mir tief im Mark. Mein Atem geht schneller und unregelmässig. Ich höre mein Herz schlagen. Ich habe Angst.
Ich sage meiner Mutter nichts. Sie ist ohne hin schon zu besorgt. Ihr das nun auch noch zuzumuten wäre strikt zu viel. Also verdrücke ich mich in die Schule. Ich komme mir immer vor wie eine Fremde. Als wäre ich geradeeben zu dieser Schule gekommen. Als wäre ich noch immer die “Neue“. Obwohl ich nun schon knapp zwei Monate hier bin. Ich kann es noch gar nicht glauben! Meine Mitschüler beachten mich nicht gross. Wieso sollten sie auch? Ich verstehe sie ohnehin nicht. Die Schule sieht mehr aus wie eine alte Baracke. Dürres Gestrüpp und ein vertrockneter Rasen. Ich laufe zum Portal das mehr oder weniger eingerostet ist. Die Bude sollten sie echt mal erneuern! Meine Bücher fest unter den Arm geklemmt laufe ich Richtung Klassenzimmer. Ich denke wieder mal an Ian. An sein schönes Gesicht. Die hohen Wangenknochen, die intensiven Augen die mich immer wieder fesseln. Sein dunkles, braunes Haar und seine gebräunte Haut. Ich bin schon fast bei der Tür angekommen, als mir jemand den Weg versperrt. Ein Junge steht direkt vor mir und blockiert die ganze Tür. Ich verdrehe die Augen. „Äh…scusa.“, sage ich und stelle mich dem Typ gegenüber. Wieso muss der den ganzen Raum versperren?! Er liest gerade ein Buch und bei meinen Worten zuckt er zusammen. Er blickt auf und schaut in meine Augen. Sein Blick krallt sich in meinen und ich muss blinzeln um mich wieder zu fassen. „Sorry.“, meint er und ich höre den englischen Akzent raus. „Schon gut.“, erwidere ich. Gerade will ich ins Zimmer gehen, da hält mich der Junge an der Schulter fest. „Du sprichst Englisch? Ich glaub es ja nicht!“ Ich nicke verlegen. „Wie heisst du?“ „Cassandra“, meine ich. Eigentlich habe ich keine Lust auf eine Plauderstunde, aber irgendetwas fesselt mich an ihn. „Schöner Name. Ich bin Jude.“ Ich lächle. „Vielleicht sehen wir uns ja nochmal. Ich muss jetzt jedenfalls los.“, erkläre ich. „Okay. Bis bald hoffentlich!“, ruft er und läuft den Gang runter. Ich gehe ins Zimmer und wünsche mir tatsächlich, dass ich ihn wiedersehe…
Unschlüssig stehe ich vor dem Bücherregal. Keine Canche! Hier findet man keine guten Bücher. Seufzend ziehe ich ein Buch raus das mich gar nicht interessiert und tue so als würde ich lesen. Dabei denke ich an Ian. Mein Ian. Wird er mich tatsächlich finden? Ich klappe die erste Seite auf und male mir aus wie es ist wenn er mich wirklich findet. Wie ich ihm in die Arme falle. Er mich herumwirbelt und wir uns dann küssen. Ein Traum. Eine Illusion? Ich blättere eine Seite weiter. „Hey!“ Ich schrecke hoch. Vor mir sehe ich Jude. Er hat wieder das gleiche Buch in der Hand wie heute Morgen. „Hi“, erwidere ich. Muss er immer im Dümmsten Moment aufkreuzen? „Was liest du?“ „Nichts spezielles.“, meine ich, während ich das Umschlagbild betrachte. „Und du?“, frage ich. „Romeo und Julia. Du weisst schon. Ist Schulpflicht das zu lesen.“ Ich nicke. „Ich habs in der siebten gelesen.“ „Von wo kommst du eigentlich?“, fragt er vom Thema abschweifend. „Arizona.“ „Da hab ich auch mal gelebt.“ „Wieso? Seid ihr umgezogen?“ „Ja. Ziemlich oft. Ich hab schon in Oregon, Arizona, Kalifornien, Miami, Australien, England, Schottland, Alaska und Florida gewohnt.“ Ein trauriger Blick huscht über sein Gesicht. „Oh. Das war sicher nicht leicht immer umzuziehen.“ „Du sagst es. Von der Welt abgeschnitten. Immer wieder neu. Aber meine Eltern lieben das. Mein Dad ist Fotograf und meine Mom Schriftstellerin. So richtige Künstler. Sie lieben es zu reisen und verschiedene Länder kennenzulernen.“ „Und wie lang bist du jetzt in Italien?“, frage ich. „Drei Monate. Aber glaub mir, es kommt mir vor wie zehn Jahre! Ich kann noch fast kein Italienisch.“ „Ich auch nicht.“, muntere ich ihn auf. „Warum bist du hier?“ Ich schlucke. Auch hier würde das Thema meiner Herkunft fallen. Ganz klar. „Meine Mom wollte nach Italien…Wegen der Landschaft.“ Er nickt. Aber ich bin eine schlechte Lügnerin. Und ich glaube er hat mich entlarvt. Wie immer. Er lächelt. „Du verschweigst mir etwas, stimmt’s?“ Ich blicke in seine Augen. „Jeder hat seine Geheimnisse, oder?“ Gedankenverloren betrachtet er das Fenster. „Wahrscheinlich. Aber zu viele Geheimnisse zerfressen dich. Merk dir das Cassandra!“ „Wie meinst du das?“, frage ich ehrlich verwirrt. „Du kannst nicht alle Geheimnisse selbst tragen. Du solltest dich jemandem anvertrauen.“ Er sieht mich ehrlich besorgt an. „Jemand kennt all meine Geheimnisse.“, entgegne ich. „Ich hoffe für dich, dass du ihm vertrauen kannst.“ „Ich würde ihm mein Leben anvertrauen!“, erwidere ich. „Ich hoffe mal, dass das auf Gegenseitigkeit beruht.“ Ich blicke ihn noch immer an, obwohl meine Gedanken schon wieder weit weg sind. Weiss ich alles über Ian? Vertraut er mir blind? „Ich muss gehen, Cass. So darf ich dich doch nennen oder?“ „Ja…klar.“ Und damit ist er verschwunden. Ich blicke Jude nach. Irgendwas von ihm ist tröstlich für mich.
8.Kapitel
Tag und Nacht halte ich Ausschau nach Andrea. Doch sie kommt nicht. Nach wem ich noch mehr Ausschau halte ist Ian. Die Angst ist blos ein schwaches Nebengefühl, gegen die Liebe. Ich fühle mich noch immer einsam. Allein. Abgeschnitten. Der einzige Rückhalt den ich habe ist Jude. Er ist immer da wenn ich am liebsten weinen möchte. Er tröstet mich. Seine Wärme und Freundlichkeit strahlt sich auf mich ab. Und mittlerweile bin ich froh, dass er da ist an meiner Schule. Er lässt mich nicht ganz untergehen, hilft mir den Alltag erträglich zu machen. Mich nicht zu verlieren. Ich glaube ohne ihn wäre ich klinisch tot. Er stellt niemals Fragen die ich nicht beantworten möchte. Er lässt den Schmerz für einen kleinen Moment ruhen. Doch auch er schafft es nicht, ihn ganz auszulöschen. Das vermag nur einer. Und der ist nicht hier.
„Weisst du, ich hab mir schon häufig überlegt hier abzuhauen.“ Erschrocken blicke ich ihn an. „Was? Du willst abhauen?“ Er lacht und irgendwie muss ich auch mit einstimmen. „Das war ein Witz! Was glaubst du denn?“ Ich beruhige mich wieder ein wenig. Natürlich würde er nicht einfach so verschwinden. „Wohin wollen deine Eltern als nächstes?“ „Keine Ahnung! Sie informieren mich nie über einer ihrer Umzüge.“ In seinen Augen spiegelt sich ein Hauch Trauer. „Ich weiss wie es ist alles zu verlieren.“, meine ich. Er betrachtet mich von der Seite aus. „Wie ist es geschehen?“, fragt er. Ich werde erneut von meiner Vergangenheit überwältigt. Sehe Ian vor mir wie er mir von seinem Beinahe- Selbstmord berichtet. Ich will Jude nicht belügen oder kränken, doch die Tatsache es ihm zu erzählen, kann ich nicht ertragen. „Lange Geschichte. Ich muss gehen.“, entschuldige ich mich und kappe mich so aus der Unterhaltung. Er blickt mir nach, das spüre ich. Und ich weiss, dass er sich nun wahrscheinlich Sorgen um mich macht, doch ich kann es nicht ändern .Die Geschichte von mir und Ian ist zu überwältigend als ihm auch nur ein Stück davon zu erzählen. Ein Blitz durchzuckt mich bei dem Gedanken an Ian. Wo er wohl ist? Ob er jemals kommen wird? Es ist schon drei Monate her, seit ich Ian gesehen habe .Und ich habe Angst, dass er nicht mehr kommt. Ich habe Angst, dass er früher oder später nur noch in meinen Gedanken existieren wird. Ein Gespinst meiner Gedanken. Ich habe Angst, ihn zu vergessen
.
9.Kapitel
Es ist ein stürmischer Tag heute und ich beschliesse ein wenig an den Strand zu gehen. Die Wellen schlagen an den Strand. Das Meer schäumt. Der Strand ist menschenleer. Nur ich und die Unendlichkeit. Ich lasse mich in den Sand sinken und betrachte das Meer. Lasse die Fluten um mich spülen. Der Wind zerzaust mein Haar. Das Wasser reisst an meinen Beinen. „Cassandra!“, ruft jemand. Ich drehe mich um. Jude. Er joggt auf mich zu. „ich hab mir gedacht, dass ich dich hier finde.“ Ich bleibe stumm. Eigentlich will ich allein sein, doch ich kann ihm wohl kaum verbieten hier zu sein. Er tritt näher an mich heran, sodass er nun direkt vor mir steht. „Lass uns von hier verschwinden. Ein Sturm kommt auf.“ „Ich liebe Stürme.“, entgegne ich. „Was ist los mit dir Cassandra? Du lässt mich im Dunkeln stehen was deine Vergangenheit angeht und bist manchmal so abweisend zu mir, dass ich nicht weiss was ich tun soll.“ Ich blicke an ihm vorbei in die Leere. „Jeder hat seine Geheimnisse.“ Er nimmt meine Hand und ich betrachte unsere ineinander geflochtenen Hände. Tränen steigen in mir auf und brennen wie Salz. „Lass mich in deine Seele blicken Cass. Lass mich wissen was in dir vorgeht.“, flüstert er. Sein Gesicht kommt immer näher zu meinem. Erst jetzt merke ich was los ist. Jude ist in mich verliebt! „Nein Jude.“, stosse ich hervor und versuche Abstand zwischen mich und Jude zu bringen. Und noch bevor ich ihn sehe, spüre ich, dass er da ist. Ian. Ich drehe mich und sehe ihn. Mein Kopf hämmert, mein Puls jagt meinen Körper entlang. Er steht da, wie aus Stein. So wie ich ihn immer in Erinnerung hatte. So wunderschön und fremdartig. Ein geschlossenes Buch. Für einen Moment steht für mich die Zeit still. Wie in Trance renne ich zu Ian. Meine Füsse scheinen den Boden nicht zu berühren. Es fühlt sich an wie Fliegen, endloses Fliegen. Doch als ich noch einige Ellen Abstand von ihm habe, sehe ich seine Augen. Und augenblicklich weiss ich, was er denkt. Wie das für ihn ausgesehen haben muss. Ich und Jude. In dem Moment als er in meine Augen blickt, weiss ich, was er tun wird. Er wird sich umdrehen. Gerade als ich bei ihm ankomme, dreht er und läuft weg. „Nein!“, schreie ich. Ich wusste gar nicht, dass ich so laut schreien konnte. Der Sturm tobte über meinem Kopf. „Ian! Bleib stehen! Es ist nicht so wie du denkst!“, schrie ich weiter. „Wie dann?!“ schrie er zurück. Er hatte sich zu mir umgedreht. In seinen Augen brennt Schmerz. „Es…Ian!“, rufe ich als ich sehe, dass er sich wieder umdreht und weg läuft. Ich renne und hole ihn ein, bis ich vor ihm stehe. „Ian! Lass es mich erklären. Jude, er ist ein Freund. Ich wusste nicht, dass er mich liebt.“ „Ich wusste die ganze Zeit, dass ich dich liebe! Du auch?“, sagt er. „Die ganze Zeit! Ich wusste es immer, Ian! Du musst mir glauben!“ Ich sehe in seinen Augen Liebe. Schmerzliche Liebe. Ich will schon etwas erwidern als er seinen weg fortsetzt. Ich weiss, es gibt nur eine Lösung ihn zum zuhören zu zwingen. Ich sprinte den Sand hinunter und springe ins Meer. Die Strömung ist stark sie reisst mich förmlich in das Innere des Meeres. „Ian!“, schreie ich. Er ist zum Glück noch in Hörweite, ansonsten würde mein Plan nicht aufgehen. Wie erwartet schaut er zu mir. Als er sieht, dass ich in den Fluten stehe, weiten sich seine Augen. „Wenn du mich verlässt gibt es für mich keinen Grund mehr zu leben!“, schreie ich. Meine Stimme klingt brüchig, und ich weiss, dass es mein voller Ernst ist. Falls er mich nun nicht retten kommt, gibt es für mich kein Halten mehr…
„Nein! Cassandra, tus nicht!“, schreit Ian. Ich höre seine Stimme schon fast nicht mehr. Sie wird übertönt durch das Rauschen des Meeres. Die Wellen reissen und zerren an mir. Ich stolpere rückwärts, finde keinen Halt mehr. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch wie, wie Ian den Strand runterspringt um mir zu Hilfe zu eilen. Mich vor dem zu bewahren was gerade zu geschehen droht. Auf einmal werde ich in die Knie gezwungen, die Wellen drücken mich nieder. Ich werde unter Wasser getaucht und wirble hin und her. Ich versuche hoch zu kommen, doch ich werde erneut nach unten gedrückt. Das Meer hat mich verschluckt und will mich nicht gehen lassen. Ich will Luft holen, schaffe es aber nicht an die Oberfläche. Meine Lungen füllen sich mit Salzwasser. Es brennt und macht mich schwach. Meine Lebensenergie verstreicht immer mehr. Ich will mich nur noch gehen lassen, dem Meer ausgeliefert sein. Das wird mein Ende sein. Eigentlich nicht schlecht, es gibt schlimmere Tode. Aber irgendjemand will nicht, dass es so ausgeht! Jemand will das Schicksal herausfordern und selbst Gott spielen. Ich öffne die Augen. Ich mache mich auf brennenden schmerz gefasst, da ich ja unter Wasser bin, doch nichts kommt. Um mich herum schwimmen Frauen. Sie tragen weisse Kleider und haben alle lange Haare. Auf ihren Armen und Beinen sind Figuren zu erkennen. Sie sehen aus wie Male. In Form von Blumen, Wasser und Schnörkel. Am liebsten hätte ich bitter gelächelt. Nun fantasiere ich auch noch. Wahrhaftig, so habe ich mir meinen Tod nicht vorgestellt. Ich merke wie ich immer schwächer werde. Der Tod kommt näher. Auf einmal sehe ich Ian. Er schwimmt auf mich zu und versucht mich zu greifen zu bekommen und mich zu retten. Doch diese Frauen stossen ihn fort. Was tun die da?! Warum lassen sie ihn mich nicht retten?! Wie grausam der Tod doch sein muss. Ich schliess die Augen und falle in ein tiefes, schwarzes Loch…
10 Kapitel
„Der Tod kommt leise. So wie Wasser, Feuer, Luft und Erde. Wie die vier Elemente.“ Immer wieder höre ich diese Sätze und verstehe den Zusammenhang daran nicht. Verstehe gar nichts. Warum bin ich noch hier? Ich dachte ich wäre tot! Ich schlage die Augen auf und blicke in ein Frauengesicht mit grossen Meeresblauen Augen. Sie hat eine kleine, zierliche Nase und einen Schmollmund. Ihre hohen Wangenknochen lassen sie noch graziler erscheinen. Ihre Haut hat einen Weiss bläulichen Teint. Auf ihren Armen und Beinen sind eine Art Male zu erkennen. Schnörkel, Blumen oder Wasser. „Wer bist du?“, stottere ich. „Emira. Jetzt ruh dich aber erst mal aus Cassandra.“ Sie hat einen komischen Akzent und spricht so ungewohnt förmlich. Müde sinke ich in die Kissen zurück und lasse den Schlaf über mich kommen.
Als ich aufwache befinde ich mich in einem Art Zelt. Es sieht ein wenig aus wie ein Indianertipi. Mein Puls jagt mir die Adern hoch und ich fühle mich benommen. Der erste Gedanke der mir durch den Kopf schiesst ist: Wo ist Ian? Langsam rapple ich mich aus und schleiche mich aus dem Zelt. Ich muss wissen was hier vor sich geht. Als ich das Zelt verlasse, strahlt mir der Mond entgegen. „Du bist wach.“, sagt eine Stimme die mich zusammenfahren lässt. Es ist dieses Mädchen von vorher. „Wo bin ich hier?“, frage ich. Meine Stimme zittert leicht. „Bin ich tot?“ Das Mädchen betrachtet mich eingehend und setzt sich dann neben mich. „Was bedeutet für dich tot?“, fragt sie, während sie mein Gesicht nach einer Antwort durchforstet. Ich bin sprachlos. „Tot ist für mich nicht mehr zu existieren. Irgendwo zu sein, nur nicht auf der Erde.“ Sie nickt. „Dann bist du nicht tot.“ „Was dann?“ „Du bist auserwählt worden eine Botschafterin des Todes zu sein. Das heisst du begleitest Leute in den Tod. Oder du holst die Leute zu dir die auserwählt sind Botschafter des Todes zu sein. Nur wenige Leute sind das, Cassandra. Siehst du diese Male an deinem Arm und deinen Füssen? Es sind die Male der Wasser-Botschafter. Es war kein Zufall, dass du in die Wellen gestürzt bist. Es war um ehrlich zu sein, pure Absicht. Du warst auserwählt. Wir merkten es erst spät, aber die Zeichen waren eindeutig. Deine Vorfahren waren schon Botschafterinnen des Todes. Deine Grossmutter war eine der Feuer-Botschafter. Es ist dein Schicksal, Cassandra.“ Ich bin sprachlos. „Moment mal, wenn ich das richtig verstanden habe, begleite ich fremde Leute ins Jenseits und lasse die sterben, die auserwählt sind? Und du willst mir auch erzählen, dass ihr mich umgebracht habt? Dass ihr dem Schicksal etwas auf die Sprünge geholfen habt und mich schnell ins Wasser geschubst habt?!“, meine ich zornig. Meine Stimme bebt und ich zittere am ganzen Körper. „Dein Schicksal war schon immer so bestimmt, Cassandra. Aber wir erkannten erst jetzt, dass du auserwählt warst. Schau dir doch deine Arme an. Du bist eine von uns und warst es auch immer!“ Ich betrachte meine Arme und Beine und fahre mit dem Finger über die Male. Meine Haut schimmert in demselben Hautton wie der von Emira. Tränen so heiss wie Feuer steigen in mir auf. „Ihr habt mir alles genommen! Ihr Mörder! Ihr habt mir mein Leben gestohlen und mein Schicksal verflucht.“, schreie ich. Mein Zorn droht mich zu erdrücken. „Wir sind keine Mörder. Versteh das doch Cassandra. Es ist dein Schicksal eine Botschafterin des Todes zu sein. Du warst seit deiner Geburt dazu bestimmt.“ Ein Schluchzen erfüllt meinen Körper. „Du willst mir also weissmachen, dass jeder sein Schicksal schon vorgegeben hat?! Dass wir keine Wahl haben was wir wählen? Dass all unsere Kämpfe des Alltags vergebens sind? Nein! Das kann nicht sein! Warum habe ich dann Ian getroffen?! Warum konnte ich nicht mit ihm glücklich werden?“, weine ich. „Weil es nicht dein Schicksal war. Ian hätte es gar nicht geben dürfen. Wir hätten früher erkennen sollen, dass du auserwählt bist. Es tut mir leid.“, erwidert sie. „Das ist alles?! Es tut dir leid? Das ist alles?!“, kreische ich wieder erneut hysterisch. Sie blickt mir in die Augen. „Ich war so glücklich! Nur noch ein kleines Stück und es wäre perfekt gewesen. Ihr habt mich ihm weggenommen. Mein Leben zerstört und seines wahrscheinlich auch. Was passiert nun mit ihm?“ „Er hat uns gesehen. Und das ist nicht gut. Niemand darf von unserer Existenz wissen. Wir müssen ihn töten.“ Ihre Stimme ist Ernst, dennoch höre ich Bedauern mitschwingen. Auf einen Schlag bricht alles in mir zusammen. Wie ein Kartenhaus stürzt mein gesamtes Leben ein. „Nein! Das könnt ihr nicht tun! Nicht er! Das werde ich nicht zulassen und wenn ich euch dazu alle umbringen muss. Niemals! Nur über meine Leiche!“, schreie ich. Das dürfen sie nicht tun! Das ist strikt zu viel verlangt. „Wir müssen. Er hat gesehen wie wir dich zu uns geholt haben. Es ist uns nicht erlaubt ihn leben zu lassen. Es tut mir leid.“ „Wer erlaubt euch das nicht ihn leben zu lassen?! Wer bestimmt hier überhaupt die Regeln?!“ „Der Tod.“, sagt Emira ungerührt. Mein Atem stockt, meine Nasenflügel beben. Ich glaube in dieser Verfassung wäre ich Todeslustig auf alle losgegangen. Ich kralle meine Nägel in den Boden. „Ich werde verhindern, dass ihr Ian tötet. Auch wenn es mein Leben kosten sollte!“ „Du kannst nicht sterben, Cassandra. Ausser wenn der Tod es dir erlaubt. Er lässt aber keine Auserwählten sterben, glaub mir.“ Ewiges Leben. Ich reibe mir die Schläfe. „Es ist zurzeit schlimm für dich, ich weiss. Doch glaub mir, du gewöhnst dich an das Leben hier. Wir sind hier in einer Art Zwischenwelt. Diese Zwischenwelt ist in vier Teile aufgeteilt. Ein Teil für die Feuer-Botschafter, einer für die Luft-Botschafter, einer für die Erde-Botschafter und einer für die Wasser-Botschafter. Für alle vier Elemente gibt es Botschafter. Das heisst wenn ein Auserwählter erkannt wird, kann wir sehen ob er ein Feuer, Wasser, Luft oder Erde-Botschafter wird. Denn auch das können wir in seinem Schicksal erkennen. Ein Auserwählter des Wassers wurde immer in Verbindung mit Wasser zu uns geholt. So auch bei Feuer, Luft und Erde. Deswegen bist du auch im Wasser ertrunken.“ Ich senke den Blick. „Von nun an bin ich also eine Mörderin. Eine Botschafterin im Auftrag des Todes. Glaub mir, ich werde mich meinem verfluchten Schicksal fügen, aber ich werde nicht zulassen, dass Ian wegen mir sterben muss. Wenn ihr mich dazu zwingen wollt ihn zu töten, dann werde ich keine Grenzen mehr kennen und auch die Regeln missachten. Und ich verspreche dir, ich werde einen Weg finden, mein Schicksal selbst zu bestimmen! Und dann werdet ihr nichts mehr in meinem Leben herum zu pfuschen haben! Das schwöre ich…“, antworte ich. Dann erhebe ich mich und gehe wieder in mein Zelt. Ich werde einen Weg finden das hier zu beenden und möge er noch so schwer sein. Mein Schicksal gehört mir!
Fortsetzung folgt :D Gebt mir doch bitte eure Meinung ab mit Verbesserungvorschlägen.^^ Danke fürs Lesen ;) Glg: Sandsturm
Tag der Veröffentlichung: 26.07.2010
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