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Prolog


Rae Lusano fror. Es war ein kalter Märzabend in New York City, als sie ihre Tochter in eine Babytrage setzte. Sie wollte weinen, aber für ihre Familie riss sie sich zusammen.
„Hast du die Pässe eingesteckt?“, fragte ihr Mann Balthazar und sie nickte stumm.
„Ja, ich weiß, ich fühl genauso auch wenn ich keine Familie mehr in der Stadt habe, ihr seid in den letzten zwei Jahren meine Familie geworden, die aufzugeben ist genauso schwer für mich wie für dich“, munterte er sie auf.
„Ich weiß, aber Hexen sind hier nicht mehr sicher, bei Tacy sind wir es, ist nur eine lange Reise, die wir ganz ohne Magie überwinden müssen. Meine Mutter kann uns bis New Jersey bringen, danach müssen wir selbst sehen. Ich wünschte, sie würde mitkommen, aber sie will unbedingt bei meinem Dad bleiben. Die beiden sind keine Hexen, sie werden hier hoffentlich sicher sein“, redete sie vor sich hin.
„Das werden sie, versprochen. Ich werde meine Assistenten bitten, sie regelmäßig zu besuchen, um es zu überprüfen. Wir werden vermutlich eine Weile keinen Kontakt zu ihnen haben, aber wir werden so schnell wie möglich versuchen Kontakt aufzubauen. Jetzt müssen wir aber gehen, ich will das auch nicht, geht aber nicht anders“, erwiderte Balthazar und Rae ging voran aus der Tür.
 
„Ich will nicht gehen“, begann Rae zu weinen. Sie waren kurz vor dem Staaten-Checkpunkt, den die #Hexenjäger eingerichtet hatten. Die Schwierigkeit war jetzt durchzukommen, ohne dass Raes Mann und ihre Tochter als Hexen erkannt wurden.
„Du wirst nicht mitkommen“, sagte Balthazar plötzlich.
„Ich versteh nicht“, war sie verwirrt. Balthazar, der seine Tochter im Arm trug, verschwand plötzlich ins Nichts.
„Was, nein, was macht er, er darf doch hier nicht zaubern, die werden doch auf ihn aufmerksam“, erwiderte sie verwirrt zu ihrer Mutter Kristin, die mitgefahren war.
„Rae, Süße, du weißt, wir lieben dich alle, deswegen ist er mit dem Baby allein weg, du bist keine Hexe, du sollst kein Leben auf der Flucht führen“, bemerkte Kristin beruhigend und griff ihre Tochter an den Schultern.
„Nein, das ist meine Familie, ich werde nicht ohne sie gehen. Wo sind sie?“, fragte sie panisch.
„Ich weiß es nicht, hat er mir nicht gesagt“, bemerkte ihre Mutter Kristin immer noch mit ruhiger Stimme.
„Mom, meine Tochter ist erst sechs Monate alt, sie braucht ihre Mutter!“
„Sie wird nicht gestillt, Balt wird sich um sie kümmern“, entschied Kristin.
„Das war nicht deine Entscheidung“, schimpfte sie halb weinend, halb schreiend.
„Nein, war es nicht“, begann Kristin auch durch den herzzerreißenden Zusammenbruch von ihrer Tochter zu weinen.
 
Balthazar Lusanos Herz klopfte bis zum Anschlag. Er weinte auch, er hatte noch nie so etwas Hartes in seinem Leben machen müssen, aber sie hatte ihn nur geheiratet, sie sollte ihr Leben nicht auf der Flucht führen. Seine Tochter Angel wurde unruhig in der Babytragetasche.
„Angel, Süße, es tut mir so leid, dass ich dich von deiner Mutter trennen muss, aber du wurdest als Hexe geboren und du wirst in dieser Stadt nicht überleben. Ich weiß noch nicht, wo es uns hin verschlägt, aber ich werde dich immer beschützen, das verspreche ich dir“, entgegnete er, küsste den Kopf seiner Tochter und projizierte sich weiter.

 
 
4 Monate später
 
Rae spielte ungeduldig mit ihrem goldenen Armring. Sie hatte einen Monat zuvor die Rolle der Vermittlerin zwischen Menschen und magischen Wesen von ihrer Mutter übernommen, um sich abzulenken.
 
„Bist du bereit? Sein Lehrer hat ihn beim Hexen erwischt, jetzt müssen wir den Lehrer davon überzeugen, dass er ihn nicht verrät, er ist erst 13, es wäre eine Schande, wenn er den Hexenjägern in die Hände fällt“, erklärte Kristin ihrer Tochter, die sie noch etwas einlernte.
„Ich kann das nicht“, starrte Rae ins Leere.
„Ich weiß, die letzten Monate waren schlimm für dich, aber er braucht deine Hilfe“, bat Kristin.
„Was ist, wenn meine Tochter jetzt in den Händen von diesen Dingern ist?“, begann Rae zu weinen.
„Sie ist bei ihrem Dad und der wird alles tun, um sie zu beschützen“, versicherte Kristin ihr.
„Fang jetzt nicht damit an, ich bin immer noch sauer auf dich, dass du da mitgemacht hast, du hast mich von meiner Tochter getrennt“, raunzte sie.
„Er hat mich angefleht, ihm dabei zu helfen, ich habe lang mit mir gekämpft, aber meine Enkeltochter ist hier nicht sicher, deine Aufgabe hier ist noch nicht zu Ende“, entschied Kristin.
„Das war nicht deine Entscheidung, Mom“, wurde sie laut.
In dem Moment ging in dem Büroraum, wo sie als Mediatoren saßen, die Türen auf.
„Ist das ein schlechter Zeitpunkt?“, fragte der Kerl, der zur Tür reingekommen war.
„Nein, kommen Sie rein“, bat Kristin und der Typ kam mit einem Teenager zusammen in den Raum. Rae atmete tief durch und begann die Mediation.
 
Tacy stand wartend in einer abgelegenen Lagerhalle. Ihre beste Freundin würde sie für das hassen, was sie tat, aber sie wollte ihr helfen. Sie hörte einen dumpfen Schlag auf dem Boden in der Dunkelheit. Sie knipste das dimme Licht an.
„Ich hab gesagt, ihr sollt ihn nicht vermöbeln“, kniete sie sich zu dem Mann, den zwei bullige Hexer vor ihr auf den Boden fallen gelassen hatten.
„Wir haben ihn nicht angefasst, der war schon so“, sagte einer ihrer Schwager auf Rumänisch und sie rollte mit den Augen.
„Geht, lasst mich mit ihm allein“, murrte sie und die zwei Hexer verschwanden.
„Ich hab ihnen echt gesagt, die sollen dich nur zu mir bringen, steh auf“, zog sie ihn hoch. Er sah schlimm zugerichtet aus.
„Ich hab viele Grenzen der Magie überschreiten müssen, um dich zu finden. Wo ist sie?“, fragte sie den Mann. Der blutig geschlagene, anscheinend mit Drogen vollgepumpte junge Mann war nur noch ein Abklatsch von dem Mann, den Rae geheiratet hatte.
„Verdammt, auf was bist du drauf? Wo verdammt nochmal ist mein Patenkind?“, wurde sie lauter. Er konnte nicht sprechen, entweder weil er viel zu high war, oder wegen seiner Verletzungen.
„Toll, jetzt muss ich ihn auch noch verarzten“, stützte sie ihn und brachte ihn in die Klinik, in der sie arbeitete.
 
„Wer hat ihn so vermöbelt?“, fragte Rae, die ihren Mann sah, wie er verwirrt auf der Intensivstation mit Lasern seine Gesichtswunden repariert bekam.
„Deine Cousins sagen, sie waren es nicht, keine Ahnung. Er wirkt wie vollgepumpt mit Drogen, ist er aber nicht. Es ist irgendein Zauber, aber ich kann dir nicht sagen, welcher, meine Hexenschwestern sind dran, dass heraus zu finden“, erwiderte Tacy.
„Er war allein?“, fragte Rae und versuchte sich dabei weinerlich zusammenzureißen.
„Ja, aber du kennst ihn, er würde Angel niemals ohne Kampf abgeben“, erwiderte Tacy.
„Was ist, wenn sie ihm weggenommen wurde? Als ich dachte, dass sie bei ihrem Dad ist, hatte ich noch eine Art von Frieden, weil sie bei ihm sicher war, jetzt ist er hier und sie ist sonst wo. Was machen die mit Kindern? Sie kann noch nicht mal laufen, sie ist keine Bedrohung, sie hat nicht mal Kräfte im Moment“, bemerkte Rae nervös.
„Wir finden es raus, ich kann seine Gedanken nicht lesen, muss der Zauber sein, aber wir finden eine Lösung“, versicherte sie ihr.
„Ich werde zu ihm reingehen, du musst aber mitkommen, ich weiß nicht, wie ich reagiere, wenn ich in seiner Nähe bin“, bat Rae ihre beste Freundin.
„Ich komme mit dir, aus dem gleichen Grund“, sagte sie trocken und öffnete die Tür zu dem Zimmer mit einer Chipkarte.
 
Rae umkreiste ihren Mann wie ein Raubtier seine Beute. Seine Wunden sahen schon besser aus, sein Blick sah aber durch sie durch, als würde er sie nicht kennen. Mit einer Handbewegung stellte Tacy den Laser ab und Rae konnte ganz nah an ihn ran.
„Du hast wohl jemanden gefunden, der dich grad mehr hasst, als ich es tue“, sprach Rae, Balthazar an. Der sah sie mit fragenden Augen an.
„Was? Hast du gedacht, ich würde dir einfach so verzeihen? Ich wollte dich eigentlich nie wiedersehen, aber Tacy hat dich herbringen lassen. Schau mir in die Augen, wenn ich mit dir rede, du bist geheilt genug“, sagte sie wütend und ihre Augen wurden pechschwarz.
„Mäuschen, beruhig dich, dein innerer Dämon zeigt sich“, stellte sich Tacy hinter sie und zog sie an den Schultern etwas zurück.
„Mein Dämon wurde sehr lange nicht gefüttert, denn im Gegensatz zu meinem Gatten nehm ich das mit der Treue sehr ernst!“
„Er hat dich betrogen?“
„Nicht sexuell, aber meine Tochter zu entführen ist ein großer Betrug. Verdammt, sag etwas, irgendwas“, schrie sie ihren Mann an.
„Wer sind Sie?“, hörte sie plötzlich die leise Stimme ihres Mannes.
„Wer ich bin? Ist das dein Ernst? Ich bin deine angepisste Ehefrau, wo ist sie, du Bastard?“, geriet sie völlig in Rage.
„Realyn, ich glaube, er weiß es wirklich nicht, irgendein Feen-Zauber, du hast damit ja deine Erfahrungen gesammelt. Beruhig dich, ich sagte, wir regeln das, momentan kann er es dir nicht sagen“, drückte sie sie mit einem Arm von hinten an sich, während sie mit dem anderen den Laser wiedereinstellte.

Erstes Kapitel


Angel knüpfte ihre Uniform zu. Die attraktive Frau bereitete sich für ihre Arbeit im Betrieb vor. Sie lebte mit ihrem Verlobten in Topeka / Kansas, der zusammen mit ihr in der Android-Herstellung war.
„Bist du soweit?“, hörte sie seine Stimme aus der Küche.
„Ja, bin ich. Hast du die Vesper gemacht?“
„Stehen an der Tür. Wir müssen los, das Meeting ist in einer halben Stunde und das können wir nicht schon wieder verpassen“, bat ihr Verlobter Nevan, als sie in die Küche kam. Er trug die gleiche graue Uniform wie sie.
„Ja, wir haben das letzte ja schon verpasst, das würde langsam auffallen. Dann komm“, hängte sie ihren Dienstausweis um, nahm seine Hand und ging mit ihm aus ihrer Dienstwohnung. Angel war in einem Heim aufgewachsen, das auch zu der Firma gehörte, sie hatte also nicht viel außerhalb kennengelernt. Sie war eine ganz gewöhnliche 23-jährige, sie hatte von magischen Wesen durch ihren Beruf gehört, sie stellten auch die Grundteile der Hexenjäger her, aber sie wusste nicht, dass sie vor den Dingern auch Angst haben musste. Sie hatte mächtige Eltern, die sie nicht kannte, weil ihr Vater einen riesigen Fehler gemacht hatte.
 
Ihr Vater lebte zur gleichen Zeit immer noch in New York City und arbeitete immer noch in seiner Bar.
„Boss, die Blutlieferung ist da“, hörte Balthazar die Stimme von Yash und dann ein Klirren der Flaschen.
„Knall das nicht so auf den Tresen, Yash, zwei Blutsauger haben sich diese Woche schon über Glasscherben im Cocktail beschwert“ kam Balthazar in die Bar.
„Das sind Snobs, ich würde es trinken. Du bist aufgestanden heute, das ist nen Grund zu feiern“, bemerkte Yash erfreut.
„Mein Therapeut meint einen Tag nach dem anderen und das mach ich jetzt. Gut, die Flaschen scheinen nicht kaputtgegangen zu sein, pass nur bitte auf, die Blutsauger machen 30% meiner Kundschaft aus, ich kann es mir nicht leisten, sie zu verlieren. Brauchst du grad ne Dosis Blut?“
„Nein, hab grad getrunken, aber danke. Darf ich dir sagen, dass ich stolz auf deine Fortschritte in den letzten Monaten bin?“, lobte Yash seinen Vorgesetzten.
„Danke, du bist der Einzige, der das sieht, meine eigene Frau, die ironischerweise auch noch meine Ärztin ist, schert sich nen Dreck um meine Gesundheit“, stellte er fest.
„Das ist nicht wahr, sie ist extra aus Afrika zurückgekommen, um dich bei deiner Reha zu unterstützen“, ergänzte Yash.
„Ja, vor drei Jahren, sie macht aber jeden Tag deutlich, dass sie diese Entscheidung bereut“, erwiderte Balthazar und klopfte sich gegen die schmerzende Brust.
„Alles klar bei dir?“, war Yash besorgt.
„Ja, saß nur ein Rülpser quer. Die Bierschläuche müssten gereinigt werden, könntest du das machen?“, bat Balthazar.
„Sicher, dafür bin ich ja da. Leg dich etwas schlafen, bis wir öffnen, ich komm hier klar“, bemerkte er.
„Mach ich vielleicht, danke“, schmunzelte er und Yash ließ ihn allein. Als er allein war, lehnte sich Balthazar nach vorne. Er hatte seit Tagen Herzschmerzen, wollte sich aber nicht mit seiner getrenntlebenden Frau auseinandersetzen.
„Gut, du bist nüchtern“, hörte er eine Stimme, als er am Tresen lehnte und seine Rechnungen am Display bezahlte.
„25 Jahre Ehe und so begrüßt du mich?“, begrüßte er Rae, ohne aufzusehen.
„Sind es schon 25 Jahre, wie die Zeit vergeht, wenn man jemanden hasst“, bemerkte sie trocken.
„Lass dich doch scheiden, ich hab es dir oft genug angeboten“, konterte er gefühllos.
„Deswegen bin ich hier, ich brauch deinen Fingerabdruck, um das Verfahren endlich einzuleiten. Ich kann keine Kember, oder Tiffany mehr aushalten, die auf verheiratete Kerle steht, wenn du weiter solche Bimbos daten willst, dann musst du lügen lernen“, legte sie ein Tablet auf den Tisch.
„Wortlos legte er seine Hand aufs Tablet und es wurde gescannt.
„Danke, endlich mal ne vernünftige Entscheidung von dir“, bedankte sich Rae.
„Bitte, ich bin jetzt sechs Monate trocken und clean, ich finde, das war auch ne gute Entscheidung“, stellte er klar.
„Ja, aber war meine, du warst ja zu daneben dafür. Trotzdem schön, dich aufrecht zu sehen. Ich schick dir den Link für die Papiere“, sagte sie mit einem matten Lächeln und er sah sie an.
„Ist auch schön dich zu sehen. Du kannst nach Afrika zurück, ich komm hier allein klar“, sagte er plötzlich.
„Ich werde hierbleiben, 2 Jahre Afrika reichen als charitative Arbeit, ich bin doch lieber hier. Du bist auch noch nicht über den Berg, aber ich freu mich über die Fortschritte, obwohl in ner Bar zu arbeiten nicht wirklich das Beste für dich ist im Moment“, riet sie ihm.
„Vermutlich nicht, aber ich muss irgendwie Geld verdienen. Yash passt mit Argus-Augen auf mich auf“, versicherte er.
„Du wohnst doch nicht immer noch hier in der Bar, oder? Du bist zu alt dafür, Balt“, war sie sichtlich besorgt um ihn.
„Geht schon“, versicherte Balthazar.
„Wie du meinst. Komm aber mal in meiner Praxis vorbei, siehst trotz allem nicht prickelnd aus“, bat sie.
„Schauen wir mal“, vertröstete Balthazar sie.
„Ja, das sagst du schon ne Weile, pass auf dich auf, Balt“, sagte sie mit Sorge und ließ ihn in der Bar alleine.
 
„Yash“, rief Balthazar in den Kellerraum.
„Ja, Boss, komm grad hoch“, rief Yash.
„Beeil dich etwas, glaub nämlich, dass ich grad nen Herzinfarkt habe“, schnaufte Balthazar, der sich nach vorne gebeugt hatte und nicht gut aussah.
Bevor sein Boss zur Seite kippte und bewusstlos wurde, hatte Yash den Notruf gewählt.
 
Angel spielte mit ihrem Display-Stift herum. Die Besprechung war so öde und nahm kein Ende. Nevan stieß sie unter dem Tisch an und sie setzte sich wieder grade hin.
 
„Ich weiß, ich hasse diese Meetings auch, aber du musst dich besser darauf konzentrieren, wenn du zusammen mit mir befördert werden willst“, riet Nevan seiner Verlobten, als sie zu Feierabend wieder in ihre Wohnräume gingen. Angel war gar nicht richtig anwesend, sie ignorierte ihn völlig.
„Schatz?“, fragte er besorgt und hielt sie an der Schulter fest. Sie drehte sich herum und hatte pechschwarze Pupillen. Erschreckt ging er ein paar Schritte zurück. Er hatte einen Cyborg-Arm, der auch als Waffe dienen konnte, den er nun auf sie richtete. Ihre Augen wurden wieder goldfarben.
„Nev‘, was machst du da?“, wusste sie nicht, was er von ihr wollte. Mit einem metallischen Geräusch sicherte er seinen Arm und nahm ihn runter.
„Was zum Henker war das gerade?“, fluchte er und kam näher an sie heran.
„Was meinst du?“, verstand sie nicht.
„Deine Pupillen waren pechschwarz, dämonisch beinah“, erwiderte er erklärend.
„Blödsinn, ich bin ein Mensch, sag das nicht so laut, sonst lande ich noch in einer der geschlossenen Abteilungen. Lass uns ins Apartment gehen und du zeigst mir mit deiner Retina-Kamera, was du gesehen hast“, zischte sie und ging voran nach Hause.
 
„Ich hatte in letzter Zeit diese Träume, ich wusste nicht, ob ich es dir erzählen sollte, vor allem nicht an einem Ort wie diesem. Ich glaube, ich war in diesem, oder in einem letzten Leben eine Hexe und/oder ein Dämon“, erzählte Angel ihrem Verlobten, als sie gesehen hatte, was er mit seinem Auge aufgenommen hatte. Wortlos löschte er die Aufnahme.
„Wir reden nie wieder darüber“, sagte er mit ernstem Ton und weigerte sich, weitere Sachen über dieses Thema zu besprechen.
 
Balthazars Herz schlug unregelmäßig, aber es schlug noch. Er befeuchtete seine trockenen Lippen.
„Gut, du bist noch da“, hörte er die Stimme seiner Noch-Ehefrau.
„Lieb dich auch, Ehefrau. Warum bist du hier?“, fragte Balthazar erschöpft.
„Ich bin dein Notfallkontakt, schon vergessen? Warum sagst du mir nicht, dass du Herzschmerzen hast, ich war vor deiner Attacke nur 2 Minuten weg gewesen“, schimpfte sie mit ihm.
„Stolz?“, antwortete er etwas beschämt.
„Du bist nen Depp, aber zumindest bist du kein toter Depp, obwohl du für 2 Minuten einen Herzstillstand hattest. Die Ärzte konnten das stabilisieren, die moderne Medizin ist echt magisch manchmal. Ich nehm dich aber mit nach Hause, deine Implantate müssen überwacht werden, der Mist hat nen Ende, wir werden uns zusammenreißen und diese Scheidung als Erwachsene handeln, die Bar werden in der nächsten Zeit deine Assistenten leiten und ich will keine Wiederrede hören“, entschied sie ernst.
„Da ich gerade nicht mit Drogen vollgepumpt werde und so höllische Schmerzen habe sag ich dazu mal ja“, konterte er.
„Das hatte ich gehofft, keine Sorge, ich werde dir was biologisches zusammenrühren, hab ja den ein oder anderen Trick von Tacy gelernt, bevor sie mit dem Großen nach Rumänien gezogen ist. PJ kann mir vermutlich auch helfen, der Junge verschwendet seine Talente echt als Krankenschwester“, überlegte sie laut.
„Ich bin ein Krankenpfleger, Tante Rae, er ist ja wieder wach“, kam Paxton jr., Tacys gutaussehender Sohn ins Krankenzimmer. Er hatte den Karriere-Weg seiner Mutter eingeschlagen, obwohl er so mächtig war, dass er mit einer Fingerspitze jemanden töten konnte. Er hatte nach dem Aufstand der Hexenjäger nicht mehr gezaubert, das einzige magisch-ähnliche was er machte waren biologische Schmerzmittel, die er in seiner Freizeit braute.
„Sorry, Süßer, Krankenpfleger natürlich. Wie sind seine Werte?“, wollte sie wissen.
„Wie man es sich bei einem ehemaligen Drogen- und Alkoholsüchtigen vorstellt, aber geht. Wie geht’s dir, Balt?“, fragte PJ.
„Schmerzen, halt’s aber aus. Wie geht’s deinen Eltern?“
„Gut. Du weißt doch, dass ich nicht der Mediator zwischen euch bin, das ist die Aufgabe deiner Frau. Ich hab ne Salbe im Spint, hol ich dir, sonst wirst du es überleben“, erwiderte PJ kühl, hängte den Display mit seiner Akte an die Wand neben sich und ging wieder.
„All diese Liebe, die er mir gegenüber hat, ist erdrückend!“
„Du hast ihm die Chance verbaut mit unserer Tochter aufzuwachsen, er war zwar damals so jung, aber er hatte sich so gefreut, mit ihr spielen zu können, wenn sie älter gewesen wäre. Kann aber auch sein, dass seine Eltern ihn aufstacheln. Du musst ihn aber verstehen, wir hassen dich nicht, aber die große Liebe haben wir nach allem auch nicht für dich übrig“, erklärte sie.
„Ich weiß, aber das ich jetzt nicht im Knast bin, hab ich euch zu verdanken, also danke, für alles, du hast jedes Recht mich zu hassen“, erwiderte er.
„Wir haben zu oft darüber gesprochen, ich will mich scheiden lassen, nicht, weil ich dich nicht mehr liebe, das tu ich, aber ich kann einfach nicht mehr“, entschied sie.
„Ja, ich versteh es und stimme dir zu“, war er traurig, aber sah das auch so.
„Es ging viel zu lange, ich habe immer gedacht, vielleicht würde sie eines Tages zu uns zurückkommen, aber sie ist fort, du hast ja nicht mehr gewusst, was mit ihr passiert ist, ich hoffe nur dass sie irgendwo glücklich lebt“, bemerkte sie und ihrem Mann kullerte eine Träne über die Wange.
 
Schlaflos lag Angel in ihrem Bett. Nevan schlief friedlich neben ihr, sie konnte aber keinen Schlaf finden. Ihre Gedanken schwirrten nur um ein Thema. Was war sie? Konnte das, was sie erlebt hatte wieder passieren? Waren die Träume real, oder hatte sie nur eine angeregte Fantasie, ausgelöst von den bizarren Clips, die sie täglich in der Arbeit sah, während sie Androiden herstellte. Sie stand auf und ging ins Badezimmer um sich selbst zu betrachten. Sie wusste nicht wer ihre Eltern waren, was sprach dagegen, dass sie Hexen waren, oder Dämonen. Ihre Pupillen waren immer golden gewesen, was sie immer toll fand, aber jetzt etwas irritierte. Nicht viele Menschen hatten goldene Pupillen, sie fand das immer interessant an sich selbst. Vampire hatten auch meistens ziemlich deutlich sichtbare Pupillen, dies hatte sie in ihrer Ausbildung gelernt, aber da sie weder Blutdurst verspürte und nicht in der Sonne verbrannte war sie dies nicht. Die Ladestation von Nevans Arm piepste und sie sah ihren Verlobten sich unruhig im Bett umdrehen. Warum verstand er nicht, dass sie anders war, er war mehr Maschine als Mensch seit seiner Geburt. Sie würden ihre Arbeit, ihre Wohnung und vielleicht auch ihr Leben verlieren, wenn sie ein magisches Wesen wäre, schließlich war ihr Lebensinhalt, Hexenjäger herzustellen.
Durch den Augenwinkel sah sie eine Gestalt neben sich am Fenster.
„Zeit, um ins Bett zu gehen, Ange‘, du fantasierst schon“, redete sie mit sich selbst, als die Gestalt wieder verschwunden war.

Zweites Kapitel

 
Die Wochen vergingen und irgendwann geriet der Vorfall bei den beiden Verlobten in den Hintergrund. Sie waren beide Ingenieure und waren immer schwer beschäftigt, deswegen dachten sie auch nicht viel drüber nach. Ihre Hochzeit sollte schon in drei Monaten sein, sie hatte aber noch nicht mal ansatzweise alles zusammen. Freundinnen hatte sie nicht wirklich, Effizienz ging über Freizeit in ihrem Leben und ihrer Umgebung.
„Das ist Kleid 35, was sie vorbestellt hatten“, kam die Verkäuferin im Brautladen zu ihr hin.
„Danke“, sagte sie nur ziemlich lustlos und zog das Kleid an.
„Steht ihnen gut, aber das richtige ist es nicht, oder?“, bemerkte die Verkäuferin das sie nicht bei der Sache war.
„Doch, das hatte ich ja bestellt“, sah sie an sich herunter.
„Ah okay, dann nehmen Sie es?“
„Ja, packen Sie es mir bitte ein, übertragen hab ich das Geld schon. Wann werden die Schuhe da sein?“
„Ende der Woche. Das geht mich zwar nichts an, aber sie wirken nicht wie die typische Braut“, erwiderte die Verkäuferin.
„Sie haben Recht, geht Sie nichts an. Werde Ende der Woche wiederkommen für die Schuhe“, bemerkte sie, strich sich das Kleid vom Körper und zog wieder ihre Uniform an.
„Okay, ich pack Ihnen das Kleid ein. Werden Ihre Brautjungfern hier auch fündig?“, fragte die Verkäuferin.
„Keine Brautjungfern, tut mir leid!“
„Schande. Was ist mit den Trauzeugen?“
„Androiden brauchen keine Kleidung. Den Schleier hier nehm ich noch, werde ihn das Geld gleich übertragen“, shoppte sie weiter, während sie zur Kasse gingen.
„Na ja, zumindest wissen Sie, was Sie wollen. Ich werde alles einpacken, die Brautmutter hat ein Kleid?“, wollte die Verkäuferin nicht lockerlassen.
„Sagen Sie mal, wollen Sie mich heute zur Weißglut bringen? Ich werde alleine mit meinem Bräutigam und zwei Androiden heiraten, ich bin eine Vollwaise ohne Freunde, können Sie nicht zwischen den Zeilen lesen?“, raunzte sie. Ihre Pupillen flackerten ganz kurz wieder schwarz und die Verkäuferin schreckte zurück.
„Verzeihen Sie, schlaf schlecht in letzter Zeit. Was gucken Sie mich so an?“, entschuldigte sie sich, war aber dann irritiert von dem starren Blick der Verkäuferin.
„Ihre Augen“, stotterte sie.
„Sind golden, ich weiß, außergewöhnlich“, murmelte sie abgelenkt, während sie noch den Schleier bezahlte.
„Nein, sie sind dämonisch schwarz gewesen für eine Sekunde“, entgegnete sie.
„Argh, ist das schon wieder passiert? Meine Retina-Implantate haben ständig Fehlfunktionen, wegen der Hochzeit hab ich grad nicht das Geld, um das reparieren zu lassen“, bemerkte sie. Wegen Ihres Wissens über Retina-Implantate konnte sie die Verkäuferin täuschen.
„Ach so, sie wurden blind geboren, sie haben echt kein einfaches Leben, verzeihen Sie, sah nur so dämonisch aus“, war die Verkäuferin erleichtert.
„Ich arbeite bei Witchhunt Inc. Wäre schlecht, wenn ich ein Dämon wäre“, spielte sie amüsiert.
„Ja, stimmt. Okay, das Geld ist übertragen, haben Sie eine schöne Hochzeit“, gab die Verkäuferin ihr die Tasche mit dem Kleid und dem Schleier.
„Danke, werde ich haben“, verabschiedete sie sich höflich und verließ das Brautgeschäft wieder.
„Fuck, das war knapp“, atmete sie erleichtert aus. Wut löste anscheinend diese “Anomalie“ aus, wie sie es nannte, da war sie sich inzwischen sicher. Sie hatte noch ein paar Stunden frei, irgendwie wollte sie nicht zurück zu ihrer Dienstwohnung, also schlenderte sie durch die Fußgängerzone. Sie war nicht oft außerhalb des Firmengeländes. Eine Frau mit flatternder Kleidung ging an ihr vorbei und musterte sie, was sie noch mehr verwirrte. Sah man ihr an, was sie war? Was war sie überhaupt? Immer mehr fühlte sie sich beobachtet. In ihrer eigenen Wohnung fühlte sie sich auch nicht mehr wohl. Da sie weder Koffer noch große Taschen besaß, stopfte sie was sie finden konnte in Tüten und stieg in den nächsten Bus aus der Stadt heraus.
 
Da sie sich in der Mitte von Nirgendwo befand und nicht viel Geld hatte, kam sie nicht weit. An einer Haltestelle vor einem verlassenen Bauernhaus stieg sie aus.
„So ganz durchdacht war mein Plan wohl doch nicht“, redete sie mit sich selbst. Es wurde schon dunkel, also suchte sie sich in dem verlassenen Haus Unterschlupf. Obwohl niemand dort war, fand sie es unangebracht, im Haus zu schlafen, also ging sie in die Scheune. Sie war zwar keinen großen Luxus gewöhnt, im Stroh zu schlafen war aber neu für sie. Schwer konnte sie Schlaf finden, sie dachte ständig, dass sie etwas hören würde. Im Augenwinkel entdeckte sie plötzlich eine kleine Person. Beherzt griff sie zu und hielt das Wesen fest. Die quiekte wie ein Schwein.
„Hey, ganz ruhig, ich tu dir nichts“, beruhigte sie das kleine Männchen.
„Oh, du bist eine von uns, wusste ich nicht“, hörte das Männchen plötzlich auf zu schreien.
„Ich bin nicht eine von euch, was auch immer du bist!“
„Ich bin nen Troll, Dummerchen, lässt du mich los, oder was?“, fragte der Troll und ließ ihn unsanft fallen.
„Ein … ein Troll“, stotterte sie.
„Ja, ein Troll. Du weißt nicht, was du bist, kleine Hexe, oder?“, fragte der Troll cool.
„Ich bin ne Hexe? Nein, ich bin keine Hexe, ich kann nicht zaubern, ich kann nicht mal kochen“, verstand sie nicht.
„Diese elenden Jäger, sie haben dir deine Kräfte genommen. Ich seh aber ganz deutlich, wie stark du bist. Du kontrollierst sogar deine Dämonen-Kräfte mühelos“, erwiderte der Troll.
„Du musst dich schon entscheiden, ob ich jetzt ne Hexe oder ne Dämonin bin“, glaubte sie ihm nicht.
„Ich spüre zwei Herzen in deiner Brust schlagen, beides wie es aussieht. Du siehst mich an, als wär ich ein Gespenst, hast du noch nie nen Troll gesehen? Richtig, vermutlich nicht. Also ich bin Gnog, ich leb sozusagen hier, aber wir können uns das hier teilen, bin da flexibel. Erzählst du mir, warum du hier bist, oder willst du nicht darüber reden?“
„Ich bin selbst nicht sicher, warum ich hier bin, meine Augen wurden immer nur wieder schwarz, wenn ich wütend wurde“, erklärte sie.
„Du bist ein Sukkubus, nett, nur eine mächtige Hexe kann das verschleiern. Eure Kräfte sind ja ziemliche Nervensägen, wie ich gehört habe. Ihr seid ja fast ausgestorben“, entgegnete Gnog.
„Was ist denn jetzt schon wieder ein Sukkubus?“, wollte sie wissen.
„Man, du bist echt ohne richtige Schulung aufgewachsen. Sukkuben sind weibliche Dämonen, die jeden Mann haben können den sie wollen und es regelmäßig dringend brauchen um nicht auszuflippen!“
„Das klingt so gar nicht nach mir. Ich war in meinem Leben nur mit einem Mann zusammen und den werde ich heiraten, oder zumindest wollte ich das. Woher weißt du so viel von dem allen?“, war sie neugierig.
„Unsereins sind schon seit Jahrtausenden die Hüter des Wissens, na ja, die besten von uns zumindest, heutzutage wird immer weniger Magie praktiziert, also werden wir langsam redundant, auch wegen der Firma, für die du arbeitest“, entschied er.
„Wieso weißt du, für was für eine Firma ich arbeite?“
„Die Tüten, alle mit dem gleichen Logo, war nicht schwer rauszufinden. Ne Hexe als Hexenjäger, das ist mal was neues“, überlegte er laut.
„Ich bin keine Hexenjägerin, ich bin Ingenieurin, ich stell die Maschinen nur her!“
„Ein Rädchen im System, das ist noch schlimmer, ein Schaf, was einem Schäfer gehorcht!“
„Verdammt, ihr magischen Wesen mögt uns echt nicht“, realisierte sie.
„Ihr habt tausende von uns getötet und 100.000 gefangen genommen, wir haben keine Ahnung, wie viele davon inzwischen tot sind, also nein, tun wir nicht!“
„Wow, das Ausmaß war mir gar nicht bewusst, ich bin in diesem System aufgewachsen, das soll keine Entschuldigung sein, nur ne Tatsache“, erklärte sie ihm.
„Ich weiß, Babys zu entführen ist ihre neueste Masche in den letzten Jahren gewesen, den meisten haben sie die Kräfte genommen, so wie dir, das find ich fast am brutalsten, weil euch keine Chance gegeben wurde. Warum deine Kräfte jetzt wiederkommen, weiß ich nicht, gibt es vielleicht irgendwas in deinem Leben was aufregend war in letzter Zeit?“, fragte Gnog. Angel zog ihren Schleier aus einer ihrer Tüten und setzte ihn auf ihren zerzausten mit strohbedecktem Kopf.
„Hab heute mein Brautkleid gekauft“, sagte sie nur.
„Deine Hochzeit ist ne stressige Zeit, das könnte ziemlich viel Wut auslösen. Jetzt schlaf erstmal, morgen ist auch noch ein Tag, hier bist du sicher, du bist der erste Mensch hier seit Jahren“, entgegnete Gnog. Müdigkeit überkam sie und sie legte sich zur Seite. Sie musste schlafen, um tags drauf neu zu planen.
 
Balthazar wurde durch einen Alptraum geweckt. Seine Frau lag neben ihm, das hatte er schon seit Jahren nicht mehr gehabt, es entspannte ihn irgendwie sofort. Sein Herz hatte trotzdem den Alarm ausgelöst, den sie eingestellt hatte. Dies weckte sie.
„Alles gut, hatte nur nen Albtraum“, murmelte er müde und sie überprüfte die Sensoren an seiner Brust.
„Willst du mir davon erzählen?“, fragte sie, während sie seine Sensoren wieder befestigte.
„Ich würde lieber schlafen wollen, ohne diese blinkenden Dinger an der Brust“, murmelte er müde.
„Das, oder zurück in die Klinik“, verhandelte sie.
„Okay, ich bin ganz dein. Jetzt bin ich wach, kann ich dir meinen Traum erzählen?“, fragte er.
„Sicher, erzähl!“
„Es hat überall gebrannt und da war diese Frau im Mittelpunkt, die ich nicht kannte, sie hatte furchtbare Angst, aber ich konnte ihr nicht helfen“, erzählte er.
„Du schleppst wohl immer noch den Vorfall von damals mit dir rum, als es gebrannt hatte und du nicht da warst. Mir geht es gut, wir sind damals alle da rausgekommen!“
„Nein, das war ein anderes Gefühl. Es war, als würde ich diese Frau kennen, aber du warst es nicht, es war ganz komisch!“
„Hattest du eine Vision? Das kann nicht sein, die hattest du doch nie, oder?“, versuchte sie zu verstehen.
„Nein, wirklich nicht, ich weiß genauso wenig wie du, was das war. Ich hatte irgendwie das Gefühl, es wäre unser kleiner Engel, den ich da gesehen habe. Tut mir leid, ich soll ja nicht über sie reden“, erklärte er.
„Doch, es ist ein schöner Gedanke, dass sie noch da draußen ist, auch wenn sie in Gefahr ist, wenn sie nur ansatzweise so mutig ist wie die anderen Frauen in meiner Familie, wird sie das überstehen“, bemerkte Rae ruhig.
„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass ich sie dort draußen in der Welt allein gelassen habe, wehrlos, sich ihrer Kräfte nicht bewusst“, wurden seine Herzschläge schneller.
„Ruhig, ich kann dir kein Beruhigungsmittel geben, ich hab nur die Creme von PJ, dein Herzschlag muss runter“, erwiderte sie und rieb seinen Bauch.
„Das ist gut, ich weiß, du hasst es, dich um mich zu kümmern, trotzdem danke“, bedankte er sich und atmete tief ein und aus.
„Ich hasse es nicht, es ist nur anders. Ich hasse es, dass ich dich nicht hassen kann, obwohl ich das gute Recht dazu hätte!“
„Ja, hast du, ich bin aus deinem Leben verschwunden, sobald ich wieder gesund bin!“
„Balt, wir versuchen schon seit 20 Jahren getrennte Wege zu gehen, wir kommen einfach nicht voneinander los“, entschied sie.
„Ich hatte niemals irgendwelche Gefühle für jemanden außer dir“, sagte er, während er langsam wieder einschlief.
„Ich auch nicht“, gestand sie ihm, aber er war schon weggedöst.
 
Angel hatte ein paar Stunden geschlafen, als sie plötzlich verbranntes roch, was sie weckte. Das Stroh, auf dem sie lag, hatte sich entzündet. Sie war gleich hellwach.
Sie fluchte und schlug das Feuer mit einer ihrer Taschen aus.
„Ein Feuerdämon bist du also auch, langsam kapier ich, warum die dir die Kräfte genommen haben“, erwiderte Gnog, der auf einem Strohballen saß.
„Ich bin ein Monster, ich will nicht deine Behausung zerstören, ich verschwinde“, war sie entsetzt von sich selbst.
„Gehört mir nicht, stört mich nicht, ich find was anderes“, bemerkte Gnog und sprang von dem Heuballen herunter.
„Danke für deine Gastfreundschaft, ich muss hier weg“, stolperte sie aus der Scheune.
„Wo willst du denn hin?“, fragte der Troll und ging ihr hinterher.
„Ich weiß es doch nicht“, sagte sie fast weinend, während sie ihre Tüten hinter sich herzog.
„Dir wurde beigebracht, dass ihr Monster seid, das seid ihr aber nicht, ich habe jetzt fast 100 Jahre einem Zauberer gedient, der war der großzügigste, tollste Mensch, den ich je kennenlernen durfte, er hatte einen großen Freundeskreis und viele Kinder, alles auch wunderbare Menschen, ich bin nur zu alt für einen neuen Meister, ich verbringe meinen Lebensabend hier und dort wohin mich der Wind auch hinträgt“, erzählte Gnog.
„100 Jahre, wie alt werden Trolle denn?“
„Alt, so genau kann man das nie sagen, hab aber noch ein paar Jährchen vor mir. Ich bin vermutlich der einzige in 100 Meilen, der dir bei dem allen hier beistehen kann“, erklärte er ihr.
„Ich werde hier draußen schlafen, hier kann ich niemandem etwas tun“, bemerkte sie erschöpft und legte sich auf ihre Taschen.
„Wie du meinst, ich werde dich aber weiter bewachen“, entschied er.
„Ich bin so müde!“
„Dann schlaf, hier tut dir niemand was“, erwiderte er und sie war kurz danach wieder eingeschlafen.
 
Mit einem Stock, der an sie gestupst wurde, wurde sie geweckt. Sie stöhnte.
„Gut, du bist nicht tot“, hörte sie die Stimme eines Mannes. Der grobe “Angriff“, machte sie gleich hellwach und sie sprang auf die Beine. Sie trug immer noch ihren Brautschleier, der verrutscht war.
„Ihr verdammten Städter, hast du deinen Jungesellinnen-Abschieds-Rausch auf meiner Farm ausgeschlafen?“, fluchte der Mann und sie zog ihren Schleier vom Kopf.
„Ich trinke nicht“, sagte sie nur.
„Das macht deinen Auftritt fast noch schlimmer. Du siehst echt scheiße aus“, musterte der Mann in Farmkleidung sie.
„Jede Frau liebt das zu hören. Bin schon weg“, nahm sie ihre Tüten und wollte gehen, ihr wurde aber ziemlich schwindelig und sie torkelte.
„Hey, du bist weit weg von zu Hause komm erstmal rein und mach dich sauber und iss was“, war er plötzlich sehr hilfsbereit.
„Danke“, war sie etwas überrumpelt.
„Du musst nicht bleiben, wenn du nicht willst, kann dir auch nen Taxi in die Stadt rufen“, bemerkte er.
„Nein, das ist echt lieb von dir, ich bin Angel, übrigens“, erwiderte sie.
„Luther, aber alle nennen mich Chug“, entgegnete Chug.
„Lass mich raten, du kannst Bier saufen wie kein anderer?“
„Früher mal, in meiner Jugend, der Spitzname ist hängen geblieben. Komm mit rein, ich mach eh grad Frühstück“, bat er nett und sie ging ihm hinterher.

Drittes Kapitel


„Du lebst hier allein?“, fragte Angel, als sie zusammen in der gemütlichen Küche saßen und frühstückten.
„Jepp, sieht so aus, hab keine Frau gefunden, die aufs Land ziehen wollte, wenn die wüssten, was ich wirklich hier mache, wären sie vielleicht geblieben“, sagte Chug mysteriös.
„Units, oder Bitcoins?“, fragte sie altklug.
„Bitcoins, wie hast du …?“
„Du hast ziemlich viele Solarplatten auf dem Dach für nen einfachen Farmer, Data-Mining verbraucht ne Menge Energie, hab nur geraten!“
„Bist du auch in dem Gewerbe?“
„Bin Ingenieurin, stelle Androids her, zumindest bis gestern“, erwiderte sie nachdenklich.
„Willst du mir erzählen, warum du jetzt hier bist? Du bist eindeutig verlobt, warum bist du jetzt nicht bei ihm?“
„Ich hab was von mir erfahren, was so furchtbar ist, ich will nicht, dass er in Gefahr gerät“, bemerkte sie.
„Das ist wahre Liebe. Wenn du darüber reden willst …!“
„Nicht wirklich, ist persönlich. Danke für deine Gastfreundschaft, muss jetzt weiter!“, stand sie auf.
„Bitte, wo willst du denn hin?“
„Keine Ahnung, nur weit genug weg, wo ich keinem wehtun kann!“
„Nichts kann so schlimm sein, dass du alles hinter dir lässt!“
„Wenn du in meiner Lage wärst, würdest du es verstehen“
„Erzähl es mir, wem soll ich es erzählen“, schlug der junge Mann ihr vor.
„Ich arbeite für die Witchhunt Inc.…“, begann sie.
„Und das kollidiert jetzt mit deinen eigenen Kräften?“, fragte er mitfühlend.
„Du bist auch magisch? Das erklärt den Troll, der in deinem Stall wohnt“, erwiderte sie.
„Ich hab nen Troll in meinem Stall?“
„Er ist alt, schmeiß ihn bitte nicht raus!“
„Ich benutz den Stall nicht, kann ruhig da wohnen bleiben der kleine Kerl. Was bist du? Hexe, Dämon?“
„Keine Ahnung, bis gestern dachte ich noch, ich wäre ein Mensch, ich krieg ständig schwarze Augen und gestern hab ich fast ein Feuer gelegt in deinem Stall“, erklärte sie.
„Da bin ich auch überfragt, Dämon würde ich sagen, bin aber kein Experte!“
„Bist du nen Hexer?“, wollte sie wissen.
„Weiß nicht, ob ich das dir erzählen sollte!“
„Richtig, bin ja der Feind, dann nicht. Ich geh dann!“, stand sie auf und ging Richtung Tür.
„Formwandler, bin ein Formwandler“, sagte er und sie starrte plötzlich in eine Abbildung von sich selbst.
„Das ist echt schräg, Mann“, konnte sie nur von sich geben.
„Sorry“, verwandelte er sich zurück.
„Ich mach das nicht mehr so häufig, auch wegen deiner Firma!“
„Tut mir leid!“
„Ist nicht deine Schuld. Jetzt bereust du es wohl, dass du dort angefangen hast, was?“, fragte er.
„Ich hatte nicht viel andere Möglichkeiten, ich bin dort aufgewachsen, das war die einzige Chance zu überleben. Jetzt kann ich da nicht mehr hin“, erwiderte sie traurig.
„Du kannst bleiben, wenn du willst, scheinst deine Kräfte, was auch immer die sind, unter Kontrolle zu haben, ich vergeb nur keine Almosen, also brauchst du nen Job“, entschied er.
„Danke, ich bleib nur ein paar Tage, um zu verstehen, was ich bin, dann zieh ich weiter!“
„Sicher, lass dir die Zeit, ich hab genug Platz für dich. Wenn du aber die Jäger hierherführst, bist du auf dich alleingestellt, dann heißt es jeder für sich selbst“, entgegnete er.
„Verstanden, ich werde sofort hier verschwinden, wenn sie mich hier finden“, erwiderte sie.
„Gut, dann ist das ein Deal. Ich bleib gern für mich selbst, also keine Partys und ich mach auch nicht auf Familie. Wenn wir uns in der Küche sehen, gut, wenn nicht, auch gut“, erklärte er.
„Ich hab keine Familie, also bin ich das eh nicht gewöhnt, schon gut“, erklärte sie.
„Haben wir was gemeinsam, hab ich auch nicht. Ich muss die Kühe füttern, mach es dir bequem“, konterte er.
„Kühe? Ich dachte, du machst in Data-Mining?“
„Mach ich auch, aber ich bin ziemlich unabhängig hier, irgendwoher muss ich Lebensmittel bekommen, oder?“
„Du schlachtest Kühe?“
„Gott, nein, bin Vegetarier, trink aber Milch und verkauf auch welche, im Internet zahlen Leute viel Geld für biologische Sachen heutzutage. Die dritte Tür links ist das leere Gästezimmer, schlaf dich aus, ruh dich aus, mach was du willst“, plante er.
„Darf ich dir beim Kühe füttern zusehen, ich hab noch nie eine Kuh gesehen“, hoffte sie.
„Sicher, wenn du willst. Du hast echt noch nie ne Kuh gesehen?“
„Für jemanden aus Kansas ist das echt traurig, was?“
„Nen bisschen, aber bevor ich hiermit angefangen habe, hab ich auch nichts mit Tieren am Hut gehabt. Vor ein paar Jahren war ich noch ein Informatik-Student, jetzt bin ich eher nen Bauer, ein Berufsfeld, das schon ausgestorben galt. Wir können auch die Hühnereier aufsammeln“, erzählte er, während er voran zu den Ställen hinter dem Haus ging.
„Du willst wirklich deine Privatsphäre, du hast alles hinter dem Haus, von vorne sieht hier alles verfallen aus!“
„Ist Absicht, wie ich sagte, bin gern für mich allein“, bemerkte er und öffnete eine Tür mit einem Code.
„Du hast deine Tiere hinter einer gesicherten Tür?“, war sie überrascht.
„Ja, sind wertvoll die Viecher, da geh ich auf Nummer sicher. Halt mal“, bat er und gab ihr einen Eimer voll Heu.
„Ich kenn mich zwar nicht mit Kühen aus, aber ist das nicht etwas wenig?“, wunderte sie sich.
„Ja, gut gesehen, das ist nur die Basis, das reicht für den Bio-3D-Drucker“, bemerkte er und füllte das Heu in eine Maschine.
„Du druckst das Futter in einem Bio-Drucker?“
„Ja, ich weiß, seltsam, aber effektiv, hat niemand gesagt, dass ich meine Kenntnisse nicht für die Landwirtschaft anwenden darf“, bemerkte er ein bisschen stolz.
„Ist genial, find ich, ich hab von diesen Dingern rein hypothetisch gehört, aber nie im Einsatz gesehen!“
„Dann zeig ich es dir, wenn du willst“, schien Luther die Gesellschaft zu genießen.
„Gerne“, sagte sie lächelnd und ging ihm hinterher.
 
Sie war schon zwei Wochen auf der Farm, als ein Wagen vorfuhr. Sie hatte die Wochen zuvor keine Kräfte mehr gezeigt, sie nahm an, die Ruhe hatte sie wieder in die richtige Bahn geführt.
„Ich erwarte niemanden“, zog Luther sie vom Fenster weg.
„Geh nach hinten, ich regle das“, erwiderte sie.
„Ist meine Farm, du gehst nach hinten“, entgegnete er.
„Dann gehen wir zusammen“, konterte er und verwandelte sich in einen älteren Mann.
„Man, warn mich doch vor, wenn du das machst, ist immer noch schräg“, murmelte sie.
„Achte auf deine Worte, junge Lady“, schmunzelte er.
„Das ist noch schräger, lass uns einfach gehen“, sagte sie kopfschüttelnd und er öffnete die Tür.
„Entschuldigen Sie, Sir, ich suche meine Verlobte, ich bin ziemlich verzweifelt und klingel gerade nur an jede Tür. Haben Sie sie gesehen?“, stand ganz plötzlich Nevan vor der Tür. Angel spürte ein Brennen an ihrem ganzen Körper. Sie wollte wegrennen, doch Nevan sah sie an, als würde er sie nicht kennen. Luther sah sie an, Überraschung spielte sich in seinem Gesicht ab.
„Wir leben hier allein, junger Mann, wir haben nicht viele Gäste, die junge Dame haben wir nicht gesehen, tut mir leid“, log Luther.
„Danke, Sir, war nen Versuch wert“, schien Nevan sichtlich traurig und Luther schloss wieder die Tür vor seinem Gesicht.
„Du bist auch nen Formwandler?“, drehte er sich zu ihr herum. In ihrer Form einer älteren Frau kippte sie einfach ohnmächtig zur Seite.
Sie wurde erst nach 20 Minuten auf dem Sofa im Wohnzimmer wach.
„Hey, da bist du ja wieder, hast mir ne große Sache verschwiegen, Kleines, oder soll ich eher sagen, Ma’am“, sagte Luther liebevoll und legte ihr ein Kissen unter den Kopf.
„Was ist passiert?“
„Du siehst aus wie die ehemalige Besitzerin von der Farm, hast das Bild also gefunden, ja, ich bin eigentlich ein Hausbesetzer, die beiden waren aber schon tot, als ich sie gefunden habe, ich hab sie hinter dem Haus begraben, sie waren schon lange tot, echt jetzt“, stotterte er.
„Was? Was sagst du da?“, setzte sie sich auf. Ihr war furchtbar schwindelig und ihr Körper gehorchte ihr nicht.
„Ich bin nicht ich, mach, dass das aufhört“, wurde sie panisch.
„Das war deine erste Verwandlung?“
„Meine was?“
„Gratuliere, Süße, du bist auch eine Formwandlerin, jetzt weißt du, was du bist. Atme tief ein, ich helf dir zurück in deine alte Form, keine Panik“, bemerkte er und half ihr, bis sie wieder sie war.
„Ich will keine Formwandlerin sein“, begann sie zu weinen.
„Das kann man sich nicht so wirklich aussuchen, es ist ziemlich anstrengend, wenn man sich verwandelt, hat dein Körper schnell lernen müssen, das wird einfacher“, versicherte er.
„Hast du grade gesagt, du hast die letzten Besitzer der Farm begraben?“, fragte sie plötzlich.
„Sie waren schon nur noch Knochen, ich hab sie nicht ermordet, versprochen“, erzählte er.
„Wo kommst du ursprünglich her?“, wollte sie wissen.
„Ich komm von der gleichen Stelle wie du, ist zwei Jahre her, mein Chip ist eines Tages einfach ausgefallen, hab damals auch nicht gewusst, was ich bin“, gestand er.
„Zwei Wochen und du hast keinen Ton gesagt? Ich war verloren, ich hätte deine Hilfe gut brauchen können. Verdammt, Nevan, du hast Nevan weggeschickt“, rappelte sie sich auf und wollte zur Tür, ihre Beine konnten sie aber nicht tragen und sie sackte auf die Knie.
„Soll ich ihn zurückholen?“, fragte er hilfsbereit.
„Ich weiß es nicht“, weinte sie.
„Liebst du ihn?“
„Ja, das tu ich“, schluchzte sie.
„Ich fahr ihm hinterher, bleib einfach dasitzen“, bat er und eilte aus der Tür.

Viertes Kapitel

 
Sie saß ihm gegenüber am Küchentisch. Luther hatte das verlobte Paar alleingelassen.
„Du siehst nicht gut aus“, begann Nevan das Gespräch, nachdem sie eine Weile schweigend dagesessen hatten.
„Solang ich noch ich bin“, entgegnete sie tonlos.
„Ja, bist du. Wir wollen heiraten, warum sagst du mir nicht, was los ist!“
„Ich hab mit dir darüber geredet, du wolltest dass ich kein Wort mehr darüber verliere“, sagte sie nur.
„Es tut mir so leid, ich hatte dort nur Angst, dass die das rausfinden“, entschuldigte er sich kleinlaut.
„Hast du sie hierhergelockt?“, wollte sie wissen und sah Luther an.
„Nein, natürlich nicht, wer ist dein Freund?“
„Ein Leidensgenosse, er hat mich hier aufgenommen, wir werden niemals über ihn reden, wenn wir zurück sind“, bat sie.
„Du kommst mit zurück?“, war Nevan überrascht.
„Ja, wir heiraten doch, wenn du noch willst!“
„Ja, natürlich, die werden dir sicher einen Chip einpflanzen können gegen deinen Zustand“, plante Nevan. Sie nickte nur.
„Das willst du nicht wirklich machen, oder?“, mischte sich Luther ein. Er war immer noch in der Gestalt des älteren Mannes um Nevan nicht einzuschüchtern, da er recht attraktiv war.
„Sir, danke, dass Sie sich um meine Verlobte gekümmert haben, aber das ist unsere Entscheidung“, erwiderte Nevan höflich.
„Sicher, ich werde euch Kindern noch was für die Fahrt zu Essen einpacken“, spielte er seine Rolle des freundlichen älteren Herren und ging in die Küche.
„Du willst sie doch nicht wirklich gehen lassen, oder?“, saß Gnog auf der Ablage. Er hatte sich bis jetzt nicht in Luthers Nähe gezeigt, Angel wusste nicht, dass die beiden befreundet waren.
„G, sei still, sie weiß nicht, dass ich dich kenne. Ja, ich lass sie gehen, er ist ihr Verlobter, er kann sich um sie kümmern!“
„Er will ihr einen Chip verpassen, so einen Chip, den du losgeworden bist, sie hat sicher schon so einen, der ne Fehlfunktion hat. Sie braucht Unterstützung, nicht Unterdrückung“, entschied Gnog.
„Ganz deiner Meinung, ist aber nicht meine Entscheidung“, erwiderte er.
„Du hast dich eindeutig in sie verknallt, wenn du sie so magst, wie ich denke, solltest du sie abhalten zu gehen!“
„Sie ist jemandem versprochen, wenn es so ist, wäre das auch egal!“
„Versprochen? Dieser Begriff ist schon ausgestorben bevor ich geboren wurde, zusammen mit diesem Versprechen. Wenn du sie willst, hol sie dir, sie ist ein Formwandler, nach letzten Berechnungen gibt es von euch nur noch eine Handvoll in den Staaten, 3 davon sind weiblich, es wäre eine Schande, wenn sie ihre Kräfte weiter unterdrückt, sie ist im besten Gebärfähigen Alter, sie könnte die Zahlen noch 20 Jahre hochtreiben“, erklärte Gnog.
„Dann sag es ihr, ich tu’s nicht, vor allem, sie hat noch einige andere Gene in sich rumschwirren“, spielte er angeekelt.
„Du bist ein aussterbendes Wesen, das ist nicht die Zeit um wählerisch zu sein. Die paar Dämonen-Gene kriegt man unter Kontrolle“, behauptete Gnog.
„Sie hat Dämonen-Gene? Ich dachte vielleicht ne Hexe, oder so, aber dass sie ne Dämonin ist, hab ich nicht gedacht“, dachte Luther laut nach.
„Ich hab sie keinem richtigen Check unterziehen können, sie legt aber Feuer und hat schwarze Augen, ich würde sagen eine Art Feuer-Dämon und ein Sukkubus, oder was Ähnliches“, erwiderte Gnog.
„Sie ist kein Sukkubus, mir ist noch keiner begegnet, aber laut der Sagen würde man das merken“, entschied er.
„Erzähl nur, was ich gesehen habe. Kann dir ja egal sein, sie ist gleich weg“, bemerkte Gnog und Luther packte die Sandwiches in eine Tüte.
„Ja, tut es. Jetzt verschwinde, sie soll dich nicht sehen“, nahm er noch zwei Trinktüten und ging zurück ins Wohnzimmer. Das Pärchen hatte inzwischen alles von ihr zusammengepackt.
„Hier euer Essen. Gute Reise“, verabschiedete sich Luther.
„Danke für deine Gastfreundschaft und alles andere“, bedankte sich Angel und umarmte ihn. Luther beschnüffelte sie dabei und sie zog sich schnell zurück.
„Immer wieder gern. Viel Glück für eure Hochzeit“, ließ er sie gehen.
 
„Hast du sie beschnüffelt, du kleiner Perversling?“, fragte Gnog, der auf dem Wohnzimmertisch auftauchte, während die Tür ins Schloss fiel.
„Wollte sicher gehen, sie riecht wunderbar, aber nicht nach Sukkubus“, entgegnete er.
„Du hast echt nen Knacks abbekommen mit deinem Werwolf-Mentor, was?“, frotzelte Gnog.
„Ich hab viel von ihm gelernt, war echt traurig, als er starb. Ich muss jetzt die Hühner füttern“, stieß er sich von der Tischkante ab, auf die er sich gelehnt hatte und ging in den Stall.
„Das ist es? Du gibst so schnell auf?“
„Ich muss Ende der Woche drei Dutzend Eier verpackt und verschickt haben, darf meine Kunden nicht enttäuschen“, erwiderte er.
„Ich mach deine Bücher, so viele Kunden hast du nicht“, konterte Gnog.
„Ich will jetzt nicht darüber reden, lass es einfach“, bat er und begann zu arbeiten.
 
Angel schwieg die ganze Fahrt über zurück. Nevan war das nicht einmal aufgefallen, als sie zurück in ihrer Wohnung waren.
„Ich hab mit dem Boss gesprochen, ich hab ihn davon überzeugt, dich nicht zu feuern, er hat verstanden, dass du vor der Hochzeit kalte Füße bekommen hast, aber jetzt zurückkommst“, erklärte Nevan ihr, als sie zurück zu ihrer Wohnung gingen.
„Danke“, sagte sie nur in Gedanken.
„Das ist alles? Ich hab in den letzten Wochen meine Beförderung aufs Spiel gesetzt um dich zu finden“, war er etwas sauer.
„Du immer mit deiner bescheuerten Beförderung, das ist nicht alles im Leben“, erwiderte sie, schmiss die Tüten auf den Boden vor sich und ging ins Schlafzimmer.
 
Mitten in der Nacht wurde Rae durch einen Anruf geweckt.
„Man, die wissen schon, dass ich auf die sechzig zugehe und nachts meinen Schlaf brauche“, nörgelte Rae und nahm ihr Tablet auf.
„Hab ich dich geweckt?“, sah sie in das freundliche Gesicht ihrer besten Freundin.
„Schon, aber schön, von dir zu hören. Was gibt’s?“, fragte Rae und setzte sich in ihrem Bett auf.
„Bist du allein?“, fragte Tacy, die sie aus Rumänien anrief.
„Ja, er schläft im Wohnzimmer. Ihm geht’s besser, aber ich will ihn noch überwachen. Du hast nicht nur angerufen um nach ihm zu fragen, oder?“
„Ich weiß nicht genau, wem ich das erzählen soll, aber ich hatte eine Vision und ich glaube, es geht um deine Tochter!“
Rae war plötzlich hellwach.
„Was? Du hast keine Visionen!“
„War auch eher nen Traum, ich dachte nur, es wäre wichtig“, erklärte Tacy.
„Du bist ein mächtiges Medium, wenn du sagst es ist so, dann ist es so. Bist du noch fit genug für einen Kontinenten-Sprung, ich würde dich gerne sehen von Angesicht zu Angesicht“, hoffte Rae.
„Zieh dir was an, ich zieh mir was an, wir treffen uns in einer halben Stunde im Café bei dir die Straße runter, das gibt es doch noch, oder?“
„Ja, tut es, bis gleich“, bemerkte Rae, legte das Tablet hin und zog sich um.
 
Es war mitten in der Nacht, als die besten Freundinnen in ein Gespräch vertieft in dem Café saßen, was die ganze Nacht geöffnet hatte.
„Das ist ein sehr detaillierter Traum, Balt hatte auch einen ähnlichen Traum, für ihn war es aber eher ein Albtraum. Was denkst du hat das zu bedeuten?“, fragte Rae und trank einen Schluck von ihrem Tee.
„Keine Ahnung, aber es war irgendwie beruhigend, das zu erfahren. Ich würde sie gern suchen, wenn du das nicht schaffst, nehm ich meinen Sohn und meinen Mann und mach das allein!“
„Ich werde mit Balt darüber reden, nach allem was war sollte er involviert sein“, bat Rae.
„Ist er fit genug dafür?“
„Denk schon, springen wird er nicht können, aber da bin ich eh allergisch drauf nach allem was passiert ist, wir werden fahren müssen. Aber wo fangen wir an?“
„Da sie Balt damals in St. Louis gefunden haben, würden wir uns auf dieses Gebiet konzentrieren und dann weiter ausweiten. Wie lang kannst du deine Praxis schließen ohne Schiffbruch zu erleiden?“
„Weiß nicht, 1, 2 Monate, maximal 3“, entschied Rae.
„Dann werden wir sie innerhalb der nächsten drei Monate finden“, versicherte Tacy.
„Oh, Tace, ich hab dich vermisst“, umarmte sie ihre beste Freundin.
 
Die Tage vergingen und während sich die älteren magischen Wesen auf die Suche nach ihr machten, wurde Angel vor ihrer Hochzeit immer unsicherer. Nevan hatte sich sehr verändert, seit er sie zurückgeholt hatte, er drängte sie jeden Tag dazu ihren Chip erneuern zu lassen, doch sie weigerte sich. Sie hatte die Verwandlungskräfte unter Kontrolle, aber je schwächer ihr alter Chip wurde, je schwerer bekam sie ihre Feuerkräfte in den Griff.
„Du brauchst den Chip, die hetzen uns sonst noch einen unserer eigenen auf den Hals“, forderte Nevan ernst, als er mal wieder ein verbranntes Handtuch wegschmiss, was seine Verlobte in der Küche angekokelt hatte.
„Ich fühle mich so mächtig wie nie zuvor, mein Leben war immer geregelt, jetzt könnte ich hier alles in Schutt und Asche legen, wenn ich das wollte“, formte sie einen Feuerball in ihrer Hand.
„Lass das“, schimpfte er und löschte das Feuer mit seinem eingebauten Feuerlöscher in seinem Arm.
„Nein, ich will das nicht mehr lassen, du willst mich die ganze Zeit kontrollieren, das seh ich jetzt. Ich werde dich nicht heiraten, du willst doch nur ein Vorzeigefrauchen, wenn es dir zur kompliziert wird, wird es nur unterdrückt. Man, das hat gutgetan, das wollte ich schon seit zwei Jahren tun“, sprach sie endlich aus, was sie schon lang mit sich rumtrug.
„Nein, bitte nicht, ich liebe dich und möchte dich heiraten. Ich werde toleranter sein“, flehte er plötzlich.
„Ich liebe dich auch, aber ich muss mich mehr lieben und ich bin ein magisches Wesen, das versteh ich jetzt“, entschied sie und zog ihren Ring vom Finger.
„Bitte, ich ändere mich, du kannst deine Talente zeigen, wann auch immer du willst“, versprach er.
„Auch wenn ich es hier in der Wohnung könnte, da draußen würde ich nur gejagt werden. Ich wusste schon, warum ich diese Taschen gekauft habe, ich gehe jetzt, Nevan, endgültig, ich bin endlich frei“, entgegnete sie.
„Das kannst du nicht ernst meinen, wir wollten unser Leben miteinander verbringen!“
„Es tut mir leid, du bist auf deine Art und Weise ein guter Kerl, irgendwie, aber ich will nicht mein ganzes Leben unter deinem Scheffel stehen“, entschuldigte sie sich und zog zwei Seesäcke aus einem Schrank.
„Du hast schon gepackt?“, war er entsetzt.
„Ja, nach dem letzten Mal wollte ich vorbereitet sein. Ich schreib dir, wenn ich weiß, wo ich lande, folge mir nicht“, stellte sie die Taschen ab, küsste ihn auf die Wange, nahm sie wieder auf und ging aus dem Haus.

Fünftes Kapitel


Das Motel-Schild flackerte vor ihrem Fenster und ging dann endgültig aus. Jetzt war es pechschwarz in ihrem schäbigen Zimmer. Sie wäre jetzt lieber bei Luther, aber sie wusste, Nevan würde nur wieder dorthin fahren und sie überreden zurück zu kommen. Eine alte Kerze stand auf dem Tisch. Sie stand auf und versuchte ihre Kräfte zu fokussieren. Der Docht flackerte und leuchtete dann hell auf. Sie lächelte zufrieden.
„Er vermisst dich, weißt du?“, hörte er plötzlich eine Stimme im Dunkeln. Erschreckt legte sie ein Feuer auf dem Stuhl, was sie schnell mit einem Handtuch ausklopfte.
„Für den Anfang solltest du dir so nen kleinen Feuerlöscher zulegen“, erwiderte die Stimme weiter und sie machte das helle Licht an.
„Gnog? Was machst du hier? Wie kommst du hier rein?“, stotterte sie.
„Du bist auf meinem Radar erschienen, dein Chip ist wohl jetzt ganz Geschichte und ich bin ein Troll, ich kann so einiges“, sagte er cool.
„Das du es kannst heißt nicht, dass du es machen musst. Du kennst ihn also!“
„Ja, er wollte nicht, dass du das weißt. Soll ich gehen?“
„Nein, bleib, bitte. Was hast du vorhin gesagt?“
„Luther vermisst dich, ich glaub, er hat sich in dich verliebt, während du bei ihm warst“, erzählte er ihr.
„Das ist süß, aber ich hab mich erst vor ein paar Stunden von meinem Verlobten getrennt, deswegen bin ich auch hier und nicht bei ihm“, erwiderte sie.
„Verständlich. Du hast den Cyborg verlassen?“
„Er war nicht wirklich nen Cyborg, er hatte nur Body-Hacking-Sachen wegen dem fehlenden Arm und weil er blind geboren wurde“, erzählte sie nachdenklich.
„Du bist noch nicht über ihn hinweg, oder?“
„Nicht mal ansatzweise. Weiß er, dass du hier bist?“
„Nein, er weigert sich mit mir über das alles zu reden, ich halt mich eher bedeckt!“
„Ihm geht es aber gut?“
„Er hängt nicht an einem Seil im Stall, wenn du das meinst“, entschied er trocken.
„Warum sagst du so schlimme Sachen? Jetzt denke ich, dass er es tut!“
„Nein, er schläft schon, gesund und friedlich. Du hast also auch Gefühle für ihn?“
„Hast du mir nicht zugehört? Ich hab grad ne Trennung hinter mir, ich kann das jetzt nicht“, bemerkte sie durcheinander.
„Sicher, jetzt geißelst du dich mit diesem schäbigen Zimmer? Hier ist es furchtbar und ich hab 30 Jahre meines Lebens in einer Höhle verbracht“, entgegnete er.
„Ich wollte nicht im Four Seasons absteigen mit meiner noch ungelernten Feuerkraft, hier kann ich nicht viel schlimmer machen. Ich tauche hier auch ab, also ist schäbig genau das Richtige. Ich bin Ingenieurin, ich krieg das schon hin“, bemerkte sie.
„Okay, du bist aber bei mir im Stall immer willkommen und er würde sich auch freuen“, versicherte er.
„Danke, Gnog, pass auf ihn auf, okay?“
„Mach ich doch schon seit zwei Jahren, aber ja, mach ich“, versprach Gnog der jungen Hexe.
„Sag ihm nicht, dass ich von meinem Verlobten getrennt bin und jetzt hier bin!“
„Mach ich nicht. Brauchst du irgendwas?“
„Ne Tetanusspritze, aber sonst ist alles gut“, versicherte sie.
„Hol dir auf jeden Fall keine Eiswürfel hier. Schlaf gut, Kleines, wird alles gut“, verschwand er so schnell wie er gekommen war.
 
 
 
 
„Ist das wirklich notwendig?“, kratzte sich Balthazar an der Brust.
„Hör auf zu kratzen, sonst fallen sie ab. Ja, es muss sein, sonst bleibst du hier“, bemerkte Rae. Sie legte ihrem Noch-Ehemann gerade Herzsensoren an, dass sie ihn während ihrer Reise überwachen konnte.
„Meinetwegen, aber die kann ich zwischendrin auch mal ablegen, oder?“
„Beim Duschen ja, sonst nicht“, mischte sich Tacy ein.
„Das genießt du richtig, oder?“, raunzte er die beste Freundin seiner Frau an.
„Ich würde es genießen, wenn das Ding nicht mehr piepsen würde, ehrlichgesagt“, murrte Tacy.
„Hey, benehmt euch, wir werden sehr lange, sehr eng zusammenarbeiten, wir müssen ein Team sein“, bat Tacys Mann Brutus vom Rücksitz aus.
„Er hat Recht, sorry“, entschuldigte sich Balt höflich und Tacy nickte.
„Okay, das wäre dann geklärt. Wir haben jeder verschiedene Talente, zusammen werden wir sie finden und nach Hause bringen“, hielt Rae eine aufmunternde Rede.
 
Es war ihr geplanter Hochzeitstag als Angel langsam das Geld ausging. Sie wollte kein Geld auf ihr Armband transferieren, weil sie dachte, Nevan würde sie sonst finden. Ihre Kräfte wurden immer stärker, sie nutzte den Schutz der Nacht um zu trainieren. Ihre Wandlungsfähigkeit ließ noch zu wünschen übrig, die Verwandlung war immer noch sehr anstrengend für ihren Körper.
Die Dämmerung brach über die Stadt hinein, in der ihr Hotel stand. Sie spielte gerade mit ihrer Verwandlung herum, als jemand hinter dem Haus auf sie zukam. Erschreckt machte sie einen Feuerball in ihrer Hand.
„Wow, ich bin nicht feuerfest“, hörte sie Luthers Stimme.
„Chug, hey, er hat‘s dir gesagt, oder?“, löschte sie den Feuerball.
„Hab Gerüchte gehört, dass es einen Formwandler in der Nachbarschaft gibt, dachte mir schon, dass du das bist. Lässt dein Mann dich jetzt deine Talente ausprobieren?“
„Wäre ich hier, wenn ich verheiratet wäre?“, zeigte sie ihren leeren Ringfinger.
„Du hast ihn verlassen?“, war er überrascht.
„Sieht so aus. Ich will dir aber keine falschen Hoffnungen machen, das hab ich nicht wegen dir gemacht, nur wegen mir selbst“, erwiderte sie.
„Du bist ganz schön selbstbewusst, deine Sukkubus-Kräfte sind wohl inzwischen rausgekommen. Ich bin nicht deswegen hier, wir Wandler sind nur sehr selten geworden und ich habe seit Jahren keinen mehr getroffen. Ich wollte nur Kontakte knüpfen“, erklärte er.
„Ah, wenn du meinst. Ich habe keine Sukkubus-Kräfte, glaub nicht, dass ich einer bin, meine Augen wurden seit dem letzten Mal nicht mehr schwarz“, entgegnete sie.
„Darf ich was testen?“, fragte er und sie zog die Augenbrauen hoch.
„Vertraust du mir?“
„Meinetwegen“ entschied sie und er küsste sie sanft, aber intensiv.
„Nett, aber nicht seelenaussaugend“, ließ er von ihr ab.
„Bitte?“, fragte sie empört.
„Sorry, war ein schöner Kuss, aber wenn ich einen Sukkubus geküsst hätte, hätte ich nicht stoppen können. Seltsam, hätte es schwören können. Sobald ein Sukkubus zum ersten Mal sexuell aktiv wird, beginnt der Prozess“, erklärte er ihr.
„Auch wenn es dich nichts angeht, ich hätte heute Nacht in meiner Hochzeitsnacht meine Jungfräulichkeit verloren“, erläuterte sie.
„Ein jungfräulicher Sukkubus, das hätte ich jetzt nicht erwartet, die meisten Sukkuben und Inkuben werden schon sehr jung entjungfert, meistens schon vor der High-School“, war er überrascht.
„Na ja, ich wollte, dass es was Besonderes wird, das kann ich jetzt wohl vergessen“, bemerkte sie nachdenklich.
„Muss es nicht“, sagte er anzüglich.
„Ähm, danke, nein?“
„Ja, war nur nen Angebot. Soll ich dir bei deiner Verwandlung etwas helfen?“, murmelte er. Wortlos verwandelte sie sich in ihn.
„Nope, komm klar“, erwiderte sie, sackte aber mit den Knien zusammen.
„Ja, das seh ich. Lass uns reingehen“, entgegnete er und brachte sie in ihr Hotelzimmer.
 
„Ich brauch noch Hilfe dabei“, gestand sie, als er ihr geholfen hatte, wieder optisch zu sich zu finden.
„Ja, aber das ist wirklich schwierig, du darfst das nicht zu oft machen, das schlaucht dich zu sehr. Hast du heut schon was gegessen?“, wollte er wissen und gab ihr eine Flasche Wasser.
„Nein, mir ist das Geld ausgegangen, aber alles okay“, wollte sie sich vor ihm nicht emotional entblößen.
„Du willst also lieber verhungern, als Hilfe anzunehmen? Ich werde dich nicht bedrängen, komm einfach mit mir, ich kümmere mich um dich, nicht, weil du es nicht allein könntest, aber du kannst es nicht“, entgegnete er.
„Okay“, sagte sie nur.
„Okay, dachte, ich dachte es wäre schwerer die zu überzeugen. Pack deine Sachen, fahren wir auf die Farm“, war er überrascht, aber erfreut.
 
Sie hatte sich eine Woche später auf der Farm von ihrer Flucht erholt und war fit genug für die Entfernung ihres Chips.
„Bist du sicher, dass du das willst? Du bist ein Kessel Buntes, keine Ahnung, was wir entfachen, wenn wir das ganz entfernen“, hielt er ihre Hand, während Angel auf dem Sofa einem Arzt gegenübersaß.
„Du hilfst mir doch bei jedem Schritt, oder?“
„Ja, natürlich!“
„Dann halte ich das durch. Wo sitzt der Chip?“, wollte sie wissen.
„Das finden wir gleich raus, Kleines, ich werde dich betäuben, wenn er schwer zu entfernen ist“, erklärte der Arzt und sie sah Luther besorgt an.
„Ich weiche nicht von deiner Seite, keine Sorge“, versprach er.
„Dann machen Sie es. Was muss ich tun?“
„Gehen wir in dein Schlafzimmer, wow, das ist auch nen Satz, den ich noch keinem Patienten gesagt habe“, erkannte der junge Arzt und sie stand matt lächelnd auf.
 
Sie lag ganz still, während der Arzt mit dem Sensor über ihren Körper fuhr.
„Fuck, hab gehofft, er wäre wo anders, ich muss dich leider betäuben, es ist in deinem Nacken, da musst du ganz still liegen. Leg dich auf den Rücken, Chug, du musst auf sie drauf, sie darf sich nicht bewegen“, plante der Arzt.
„Das habt ihr doch geplant, oder?“, fragte sie kritisch.
„Ich kann das auch machen, aber dachte, du kennst ihn besser und das wäre für dich angenehmer“, erwiderte der Arzt.
„Okay, Cowboy, reite auf“, murmelte sie und legte sich auf den Bauch.
Breit grinsend kletterte er auf sie und legte sich auf sie, dass der Arzt an ihren Nacken herankam.
„Oh, macht schnell, er ist schwer“, bat sie.
„Ich beeil mich. Ich muss dir nen kleines bisschen das Haar rasieren, aber nur das Unterhaar“, erklärte der Arzt ihr und setzte einen Laserrasierer an.
„Pass aber auf, meine Haare sind mir heilig“, bat sie.
„Kopf liegen lassen, Süße, sonst rutsch ich gern mal aus“, bat er und sie legte ihren Kopf auf ihre Arme.
„Okay, jetzt betäub ich dich, atme tief ein, wenn ich fertig bin, wirst du ne Weile weg sein, wie ich den Chugster kenne, wird er nicht von deiner Seite weichen“, redete der Arzt ruhig auf sie ein. Sie war noch nie betäubt worden, zumindest so weit wie sie sich erinnerte, sie hoffte, das Mittel zu vertragen. Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken und döste langsam davon.

Sechstes Kapitel


Durch die Betäubung träumte sie wirres Zeug. Sie sah Personen, Wesen, die sie nicht kannte. Eine Frau mit schwarzgrauem Haar sprach sie an, aber es war, als würde sie eine andere Sprache sprechen. Trotzdem fühlte sie sich geborgen in ihrer Gegenwart.
„Angel, Engelchen?“, hörte sie eine Stimme aus der Ferne.
„Fuck“, fluchte sie.
„Da ist sie wieder“, war es die Stimme des Arztes gewesen.
„Alles gut gegangen?“, wurde sie langsam wach.
„Ja, nachdem ich deinen Kopf entfernt habe, war alles einfach“, schmunzelte er und sie riss ihre Augen auf.
„Ein Witz, das Mist-Ding ist draußen, ich bin ein Heiler, kein Zauberer, auch wenn manche das gern mal verwechseln. Wie geht’s dir?“
„Bisschen Nackenschmerzen, sonst ok. Wo ist Chug?“
„Das Weichei hat sich übergeben, ich hab nur einen ganz kleinen Schnitt gemacht. Komm, ich helf dir aufsitzen“, bemerkte der Arzt und sie setzte sich an die Bettkante. Ihre Pupillen färbten sich pechschwarz.
„Wow, Chug, Alter, du hast mir nicht gesagt, dass sie ein Sukkubus ist“, schreckte der Arzt vor ihr zurück.
„Sie ist ein jungfräulicher Sukkubus, hält den Dämon aber nicht davon ab, ab und zu durchzukommen“, rief Luther von der neben dem Gästezimmer liegenden Toilette aus.
„Ruf es doch noch lauter, in L.A. haben sie dich noch nicht gehört“, graulte sie.
„Die Dämonin will wohl raus zum Spielen kommen. Atme tief ein und aus, du musst dich beruhigen“, bat der Arzt und atmete mit ihr. Ihre Augen wurden wieder goldfarben.
„Da bist du ja wieder. Sie ist ganz schön stark, ich würde dir einmal Sex verschreiben, würde das auch übernehmen, aber meine Frau würde mich dann killen, sie ist eine Benji, das will ich nicht riskieren“, schmunzelte er.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“
„Sukkuben brauchen Sex um stabil zu bleiben, du hast doch die gleichen Schulungsvideos gesehen wie wir, oder?“
„Du bist auch von Witchhunt?“
„Jep, bin aber schon zehn Jahre draußen, als Mensch habe ich es ein bisschen einfacher als ihr. Ich sag dir nur, was ich denke, was du brauchst, ich kenn Chug schon seit dem College, aber du bist meine Patientin, ich denk nur an dich. Du hast da Haare“, wischte er sanft die abrasierten Haare von ihrem Rücken.
„So gut kenn ich ihn nicht“, sagte sie fast flüsternd.
„Du musst nicht, Yogaübungen und die ein oder andere Handarbeit helfen da auch“, erwiderte er und machte deutliche Handbewegungen.
„Dann versuch ich das, danke. Nicht, dass er nicht heiß ist, aber ich bin noch nicht so weit!“
„Versteh ich doch, ich sag ihm nichts. Hier, ich geb dir meine Nummer, wenn du Probleme hast, ruf mich an“, tippte er seine Nummer in ihr Armband.
„Danke, für alles“, bedankte sie sich.
„Geht’s ihr gut?“, fragte Luther, der im Türrahmen gelehnt stand. Er war kreidebleich.
„Sieht so aus. Ich hab ihr meine Nummer gegeben, ich komme, wenn ihr mich braucht, ich brauch aber aus der Stadt ne Weile“, erwiderte er und stand auf.
„Danke, Wolf fürs Kommen, ich weiß, heute ist dein Hochzeitstag. Sag Meg nen Gruß und ich hoffe, ihr könnt heute Abend noch ausgehen!“
„Wird schon klappen, keine Sorge. War schön dich zu sehen, Kumpel, ist fast ein Jahr her seit dem letzten Mal, meld dich mal öfter in Zukunft“, bat Wolf und verließ die Farm wieder.
„Geht’s dir wirklich gut?“, wollte Luther liebevoll wissen, als er zu ihr ins Zimmer kam.
„Ja, ich geh nur jetzt ins Bett, bin müde“, erklärte sie.
„Sicher, ich bring dir noch was zu trinken“, erwiderte er und ging in die Küche.
„Wenn du nachher was hörst, dann komm nicht rein, egal was es ist“, bat sie mysteriös, als er sie zum Schlafen allein ließ.
„Verstanden, Sukkubus-Geschichte, ich hab genug Pornos gesehen um zu wissen, was das bedeutet“, frotzelte er.
„Du bleibst im Wohnzimmer, bis ich was sage, verstanden?“, forderte sie naserümpfend.
„Ach komm schon, wenn ich schon nicht mitmachen darf, darf ich doch auch was davon haben“, nörgelte er.
„Meinetwegen, du redest aber nicht mit mir, ich kann das nicht, wenn sich jemand einmischt“, verlangte sie.
„Kein Problem, mach es dir bequem, wenn du auf dem Radio die 6 drückst, kommt romantische Musik. Was? Ich wohn hier allein, ist nicht mein erstes Mal“, schmunzelte er und ließ sie allein. Sie dimmte das Licht und machte Musik an. Sie war nie gut in Selbstbefriedigung gewesen, sie hatte auch noch nie so einen Drang verspürt wie an diesem Abend. Sie war nicht in Stimmung, die Tatsache, dass sie einer der mächtigsten und gefährlichsten Dämonenrassen angehörte schwirrte ihr durch den Kopf.
Sie schloss ihre Augen. Sie erinnerte sich an den Moment, in dem Luther auf ihr lag, sein warmer Körper an sie gepresst. Das war schon besser. Als sie gerade loslegte durchfuhr sie plötzlich eine Erregung, die sie nicht erwartet hatte. Sie wollte eigentlich nicht so laut sein, aber ihr innerer Dämon war erwacht. Sie stöhnte, graulte, heulte, lachte, es klang fast wie eine Wahnsinnige. Stark erregt hielt sie sich an den Bettpfosten fest um den Anfall zu verkraften, dabei riss sie einen massiven Bettpfosten ab. Komplett erschöpft döste sie halb ohnmächtig weg.
 
„Also wenn du was machst, machst du es richtig“, betrachtete Luther den kaputten Bettpfosten seines Gästebetts, als er sie am nächsten Morgen weckte.
„Tut mir so leid, mein Dämonen-Ich war echt ne Bitch, hat aber geholfen. Ich repariere das“, versicherte sie und zupfte sich die Holzsplitter aus der Hand.
„Schon gut, das lasere ich nach dem Frühstück. Zeig mal deine Hand“, setzte er sich zu ihr aufs Bett und verarztete sie.
„Ich glaub, es war gut, dass du es allein gemacht hast, das hätte mein Kopf sein können“, sah er auf den Pfosten, der nur noch an Fäden am Bett befestigt war.
„Vermutlich. Bin ich irgendwie anders als gestern?“, war sie neugierig.
„Du riechst gut, aber nicht anders, keine Ahnung, was ich dazu sagen soll. Ich hol den Verbandskasten, du hast dir ein wenig wehgetan“, erwiderte er und stand auf.
„Ich bin dir so dankbar, dass du alles so verkraftest, Nevan wäre durchgedreht“, bedankte sie sich.
„Er ist ein Mensch, wir Wesen verstehen uns untereinander besser, denk ich. Bin gleich zurück“, konterte er und ging ins Badezimmer.
 
Kopfschüttelnd sah Luther zu, wie sein Gast Essen in sich hineinstopfte, als hätte sie seit Tagen nichts mehr gegessen.
„Der kleine Sukkubus hat auch einen guten Appetit, wie mir scheint. Ich muss wohl neue Eier holen“, war er amüsiert.
„Sie ist keine andere Person, sie ist ich, ich muss mir eingestehen, dass ich ein Sukkubus bin und eine Formwandlerin und was für ein Wesen auch immer Feuer bändigen kann“, gestand sie sich ein.
„Ich hab recherchiert, als du weg warst, es gibt nur zwei Wesen die menschenähnlich sind und Feuerkräfte haben, Drachendämonen aus China und Japan und Wüstendämonen und ich will nicht Klischees nachgehen, aber du siehst asiatisch aus“, erwiderte er.
„Asiatischer Feuerdämon also, von den habe ich wenig gehört, wir wurden ja eher über Hexen aufgeklärt. Sind die auch so gefährlich wie Sukkuben?“
„Es ist wenig bekannt, die meisten Überlieferungen sind auf Chinesisch und japanisch und ich kann beides nicht, ich mein aber Feuer ist immer nicht ungefährlich. Du scheinst es aber schon gut unter Kontrolle zu haben, also keine Sorge. Wenn du deine Eltern finden willst, könnten wir sie vermutlich finden, diese Wesen sind nicht super verbreitet“, bot er an.
„Nein, nicht im Moment, ich muss mich erst selbst finden, aber danke. Ich geh mal das Bett reparieren“, sagte sie nachdenklich und stand auf.
 
Sie war gerade mit dem Bett fertig, als es klingelte.
„Bleib hier“, bat Luther, der den Kopf in die Tür steckte. Sie ließ ihn bis zur Tür gehen, doch dann war sie neugierig und folgte ihm.
„Ist sie bei Ihnen?“, hörte sie Nevans Stimme.
„Was ich ihnen schon vor zwei Wochen gesagt habe, ich kenne Ihre Verlobte nicht wirklich, ich hab sie nur aufgenommen, mehr nicht. Es tut mir leid, dass sie weg ist, aber ich kann Ihnen nicht helfen“, hörte er Luther mit ihm sprechen. Dann hörte sie, wie Nevan seinen Arm lud.
„Bist du bekloppt geworden?“, stürmte sie zu ihnen und formte einen Feuerball in ihrer Hand.
„Geht doch. Wir sollten reden“, entwaffnete Nevan sich.
„Ach, sollten wir? Was wenn nicht, erschießt du mich dann?“
„Nein, natürlich nicht. Könntest du das mit dem Feuer lassen?“, murrte Nevan.
„Ja, bitte, das Haus ist alt, du fackelst sonst noch alles ab“, sagte auch Luther und sie löschte es.
„Du bist gut geworden“, sagte Nevan plötzlich.
„Danke, denke ich. Ich weiß nicht, über was wir noch reden sollten, aber komm rein“, bat sie und ging mit ihm ins Wohnzimmer.
„Kann ich euch alleinlassen?“, fragte Luther.
„Ja, komm hier klar, danke“, bemerkte sie und Luther ging Richtung Stall.
 
„Ich vermiss dich sehr“, begann Nevan.
„Ich hab ehrlichgesagt nur an unserem Hochzeitstag an dich gedacht, danach nicht mehr“, erwiderte sie ziemlich kühl.
„Wie kannst du das einfach abschalten? Wir waren drei Jahre lang zusammen“, war er traurig.
„Ich hab wohl schon vor längerem damit abgeschlossen, ich weiß nicht, was ich dir sonst sagen soll“, erwiderte sie.
„Hast du mich jemals geliebt?“, wollte er wissen.
„Ja, habe ich, aber ich bin noch so jung, ich hab nur gedacht, dass es von mir verlangt wurde, irgendwie, ich bin nur jetzt in einem anderen Teil meines Lebens, ohne dich“, erklärte sie ihm.
„Warum kannst du diesen Teil nicht mit mir haben?“, fragte er traurig.
„Das hatten wir doch besprochen, ich kann auch nicht dortbleiben, vor allem jetzt nicht, wo ich das hier los bin“, zeigte sie ihren Nacken.
„Du hast ihn entfernen lassen? Spinnst du?“
„Genau das hat mich von dir weggetrieben, ich bin eine Dämonin und das will ich bleiben“, wurde sie laut.
„Das sind Monster, Tiere, Viecher der Nacht!“
„Ja, das sind wir. Geh einfach, Nev, finde dir eine nette Menschenfrau, die mit deinem Mist klarkommt“, bat sie müde.
„Ach, fahr doch zur Hölle“, grummelte er und stürmte heraus.
„Ich bin ne Dämonin, da werde ich vermutlich eh landen“, redete sie vor sich hin.
„Nein, wirst du nicht. Der Typ hat nen Knall“, beruhigte Luther sie und verwandelte sich in sich selbst, während er auf sie zuging.
„Du kannst das, während du dich bewegst?“, war sie überrascht.
„Ja, aber jetzt wollte ich nur angeben, das ist echt anstrengend, das bring ich dir später mal bei. Komm her“, umarmte er sie. Eine Welle der Erregung durchfuhr ihren Körper, es war wie ein Kälte- und Hitzeschock gleichzeitig. Ihr Dämoninnen-Ich machte das mit einem Graulen deutlich.
„Deine Dämonin will es aber ziemlich, ich stell mich zur Verfügung, nur aus Mittel zum Zweck, wenn du willst“, bemerkte er.
„Oh ja, ich hab mir mein erstes Mal genauso vorgestellt“, erwiderte sie sarkastisch.
„Sarkasmus steht dir nicht“, konterte er und ließ sie los.
„Ich war noch nie sarkastisch, diese Dämonin in mir ist es wohl. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht nen bisschen angetörnt bin, aber nein, Dankeschön“, bedankte sie sich.
„Bitte, das Angebot verfällt nicht. Ich muss jetzt nen bisschen arbeiten, du weißt ja wo alles ist“, erwiderte er und ging in seinen IT-Raum.
 
„Na gut, dann halt Yoga, mal schauen, ob er auch Yoga-Musik hat“, machte sie Musik an und setzte sich auf den Boden, bevor sie die Augen schloss. Sie hatte noch nie Yoga probiert, sie hatte in ihrem Job immer unter Hochspannung gestanden, sie wusste nicht mal, ob sie das konnte. Sie atmete tief durch und entspannte sich langsam. Sie fiel nach einiger Zeit in tiefe Trance und fühlte sich, als würde sie schweben.
„Okay, ich muss kurz in die Stadt, mir ist was ausgegangen, das mach ich zwar ungern willst du mit?“, kam er an ihr vorbei und blieb dann stehen. Sein Gast schwebte etwa einen halben Meter über dem Boden, während sie mit geschlossenen Augen im Schneidersitz saß.
„Süße, flipp jetzt nicht aus, aber du machst die schwebende Jungfrau, wortwörtlich“, trat er langsam an sie heran. Sie war nicht ansprechbar.
Er stellte sich unter sie und breitete die Arme aus.
„Angel“, schrie er und sie fiel in seine Arme.
„Chug, hey? Was tust du da?“
„Ich könnte dich das gleiche fragen, du bist geschwebt“, setzte er sie auf dem Sofa ab.
„Ich kann nicht schweben, bin doch keine Hexe“, erwiderte sie.
„Anscheinend schon, da du weder brennst, noch Staub um dich rumwirbelst, kenn ich nur ein Wesen, was so schweben kann. Was zum Henker bist du denn für ein Mix?“, war er verwirrt.
„Wenn ich das nur wüsste. Wenn ich eine Hexe bin, bin ich ein Kind beider Welten, dachte immer, Dämonen und Hexenwesen bleiben unter sich. Ich bin eine Hexe, ich habe grundlegend geholfen meine Art zu fangen und schlimmeres. Was ist, wenn sie meine Eltern getötet haben?“, wurde sie panisch.
„Das finden wir raus, solche Pärchen, wenn sie noch zusammen sind, sind selten, so können wir sie finden!“
„Nein, ich will sie nicht in Gefahr bringen, du wirst sie nicht suchen, verstanden?“, bat sie ernst.
„Ich bin jetzt zwei Jahre von Witchhunt weg, nie haben die mich irgendwie gesucht!“
„Nichts für ungut, du bist aber nur ein niederes Wesen, das war den vermutlich egal!“
„Das war jetzt nen bisschen arrogant, aber du hast schon recht. Ich hör auf, dich zu dem Thema zu bedrängen, war nur so ne Idee. Also, Stadt, oder nicht?“
„Ich sollte nicht allein sein, ich komm mit“, entschied sie und folgte ihm.
 
Normalerweise verwandelte sich Luther in den alten Mann, wenn er auf den Markt in der Stadt ging, aber er war durch die ganzen Verwandlungen in den vergangenen Tagen ziemlich erschöpft, also ging er als er selbst. Er wollte ihr auch beweisen, dass sie dort sicher waren. Unsicher klammerte sich Angel an seinen Arm, als sie über den Markt gingen.
„Hey, alles ist gut, uns kennt hier niemand“, versicherte er.
„Sorry, du kennst ja die Witchhunt-Einrichtungen, das ist so ganz anders als hier“, sah sie sich um.
„Ja und das genau ist das tolle, frisches Gemüse aus der Umgebung, ich krieg Rabatte, weil ich selbst Sachen hier verkaufe manchmal, bin aber kein geselliger Mensch wie dir schon aufgefallen sein könnte. Ich vermisse von dort nur die Eiskrem, die war wirklich gut“, redete er vor sich hin.
„Ja, die war echt gut, sonst vermiss ich auch nichts, nicht mal Nevan. Das ist traurig, oder?“
„Du kannst fühlen was auch immer du fühlst, vielleicht trifft es dich später, ich bin aber dann für dich da, wenn es soweit ist“, versicherte er.
„Du bist so lieb, ich wüsste nicht, wo ich wäre, wenn du nicht für mich dagewesen wärst“, bedankte sie sich.
„Bitte sag nicht, dass ich wie ein Bruder für dich bin“, bat er.
„Tu ich nicht, ich bin nur gern bei dir, das wollte ich nur sagen“, erklärte sie.
„Ich auch, ich war schon lang nicht mehr mit einer Frau zusammen, nicht mehr seit Witchhunt, ich warte auf dich, wenn du das willst“, gestand er.
„Das wäre schön, ich werde dir mehr zur Hand gehen im Stall, versprochen!“, versicherte er und er grinste breit.
„Nicht so, Spinner, Gnog hätte seinen Spaß, wenn wir es dort täten“, schmunzelte sie.
„Verdammt, über Sex zu reden, ohne es zu tun, ist noch ätzender als ich dachte“, murmelte er vor sich hin.
„Sorry, ich hör auf, das muss Folter für dich sein, mein anderes Ich ist auch auf Hochtouren, wenn dich das beruhigt“, konterte sie entschuldigend.
„Ich weiß, langsam fang ich an sie zu riechen“, sagte er und roch an ihrem Hals.
„Dann sollten wir hier weg, du weißt nicht, wie du weiter reagierst“, schlug sie vor und ging mit ihm zurück zum Wagen.
 
Sie spürte seine Küsse überall auf ihrem Körper. Heiße Wogen überfluteten sie. Sie war unerfahren und wusste nicht, wo ihr Mensch-Ich aufhörte und ihr Dämoninnen-Ich anfing.
Ihre Pupillen wurden pechschwarz, sie senkte ihren Kopf, dass er dies nicht sah, sie wollte ihn, nicht im menschlichen Sinn, das Animalische in ihr übernahm. Sie kratzte, biss und schob ihn grob von Seite zur Seite. Ihr Menschliches-Ich kam zum Vorschein und sie ließ von ihm ab.
„Schon gut, ich komm klar, mach ruhig weiter“, stöhnte er sehr erregt.
„Ich weiß nicht, ob ich aufhören kann“, graulte sie.
„Ich vertrau dir“, schnaufte er und sie machte weiter.
Eigentlich hatte sie erwartet, dass ihr erstes Mal beschämende fünf Minuten andauern würde, aber die Sonne ging schon auf, als sie von ihm abließ. Er lag nur so da. Sie misste seinen Puls. Er war schwach.
„Fuck, fuck, fuck“, fluchte sie und rief Wolf an.
 
„Verdammt, Mädchen, du hast ihn plattgemacht, wortwörtlich, er wird es überstehen, ich lasere seine Wunden und häng ihn an den Tropf, bis zum Mittagessen ist er wieder fit. Hat es geholfen?“, verarzte Wolf seinen Patienten, während sie beschämt im Morgenmantel neben ihm saß.
„Ja, er hat sein Leben riskiert um mir zu helfen“, strich sie Luther sanft die Haare aus dem Gesicht.
„Sieh ihn dir an, er grinst über beide Wangen hinweg, ihm geht’s gut“, schmunzelte er.
„Hättest du nicht ein Wort darüber verlieren können, dass ich zum Tier werde, wenn ich Sex habe?“, grummelte sie.
„Mensch, schon vergessen? Hab’s nicht gewusst, aber du hast ihn am Leben gelassen, das ist nen Pluspunkt. Wie geht es dir denn? Brauchst du vielleicht auch Hilfe? Siehst fertig aus“, leuchtete Wolf in ihre Augen.
„War nur ne lange Nacht, sonst geht’s mir gut, sehr gut sogar“, versicherte sie.
„Du wirst von Endorphinen durchflutet, wenn das nachlässt, wirst du müde, glaub mir. Leg dich einfach zu ihm hin, ich werde mal meine Frau anrufen und ihr sagen, dass ich nicht zum Mittagessen zu Hause bin, er braucht jetzt nur Ruhe, er wird wieder, keine Sorge“, plante er und ließ sie allein.
„Ich hätte dich nicht dazu bringen dürfen, das war zu gefährlich“, redete sie mit dem schlafenden Luther.
„Aber es war so geil“, murmelte er mit geschlossenen Augen
„Hey, du bist wieder wach, hast mich ganz schön erschreckt“, sagte sie sanft und strich ihm dabei weiter im Gesicht herum.
„Das ist ganz toll, dass du mich so liebkost, aber ich versuch hier grad Ebbe in der Hose zu kriegen und das ist so ziemlich schwierig“, erklärte er.
„Sorry, ich geh duschen, kann ich dich alleinlassen?“
„Ich geh nirgendwohin, keine Sorge“, sagte er erschöpft. Sie küsste ihn sanft, stieg vom Bett und ging zu den Duschen.
 
„Du bist echt bekloppt, sie hätte dich töten können. Die Literatur sagt, dass einer von drei Menschen getötet wird, wenn er sich mit Sukkubus. Das sind Dämonen, du bist ein Formwandler, du bist zu 90% Mensch, du hättest das einem Vampir oder einem Werwolf überlassen sollen, vor allem bei der aufgestauten sexuellen Energie, die sie hatte“, schimpfte Wolf mit seinem Patienten und sie lauschte unbemerkt.
„Ich kannte das Risiko und ich mag sie, also bin ich es gern eingegangen. Vor allem, sie ist unwiderstehlich, wortwörtlich, ich hätte gar nicht nein sagen können, auch wenn ich das gewollt hätte“, versicherte Luther.
„Oh ja, dieser Duft ist unglaublich, wie frische Cookies am Weihnachtsmorgen während du auf einer Achterbahn sitzt“, erläuterte Wolf das Gefühl.
„Genau, es ist dieser Rausch, der einen süchtig macht“, stimmte Luther ihm zu.
„Entschuldigt mich, das wandelnde Heroin braucht nen Höschen aus ihrer Tasche“, ging sie cool an den beiden vorbei.
„Hey, du hast das gehört?“, realisierte Luther und wollte sich aufsetzen, er war aber zu schwach.
„Ja, war ja nicht zu überhören. Bleib liegen, du brauchst die Ruhe, ich zieh mich an und mach den Stall, soll ich dir dein Tablet bringen?“, fragte sie und kramte in ihrer Tasche herum.
„Ich wollte ihm nur das Risiko klarmachen, ich hab nichts gegen eure Beziehung“, ergänzte Wolf.
„Bitte, das ist keine Beziehung, nur Sex, Doc. Ich zieh mich im Badezimmer um“, sagte sie kühl und verließ den Raum wieder.
„Sie ist ganzschön kühl, Dämonen sind halt so, die Dämonin hat grad die Oberhand, nimm das nicht zu krumm, es wird wieder besser“, erklärte Wolf ihm.
„Tu ich nicht, wir haben eine Abmachung, keine Beziehung“, konterte Luther.
„Chug, du bist fast 10 Jahre älter als sie, Freunde mit gewissen Vorzügen ist nichts mehr für dich“, war Wolf besorgt.
„Doch, ich kann das. Geh zu deiner Frau, Doc, ich komm hier klar“, wollte Luther allein sein.
„Der Laser braucht noch und der Tropf ist auch noch nicht durch, ich muss hier noch etwas bleiben, aber ich kann dich hier alleinlassen, wenn du das willst!“
„Ja, das will ich!“
„Dann schlaf noch etwas, ich bin im Wohnzimmer, schrei einfach wenn was ist“, klopfte Wolf gegen den Tropf, stellte die Durchlaufzeit etwas schneller und ging ins Wohnzimmer.
 
„Hab ich ihn wirklich fast umgebracht?“, fragte Angel, als sie sich zu dem Arzt hinsetzte.
„Nein, ich wollte ihn nur erschrecken, du hast ihn nur ziemlich geschlaucht. Du wirst deine sexuelle Energie einteilen lernen, du bist wie eine Babyschlange, du weißt noch nicht wie du deine Kräfte einsetzen musst und hast alles auf einmal ausgeteilt!“
„Du vergleichst mich mit einem der tödlichsten Dinge der Welt?“
„Der Vergleich ist nicht ideal, aber passend, irgendwie, du verstehst, was ich sage?“
„Ich verstehe nur, dass ich meine Eltern bräuchte um das zu verstehen“, murmelte sie traurig.
„Du kennst deine Eltern?“
„Nein, aber in diesem Moment wünschte ich es mir. Du bist ein Mensch, wurdest du von deinen Eltern erzogen?“
„Ja, mein Vater ist sogar einer der Gründungsmitglieder der Firma, aber das Leben liegt hinter mir, seit meinem Weggang hab ich nicht mehr mit ihnen gesprochen. Ich will deine Träume nicht zerbrechen, aber wenn deine Eltern Dämonen waren, haben sie ein Zusammentreffen mit einem Hexenjäger nicht überlebt“, bemerkte er.
„Werd niemals Psychologe, Wolf“, murmelte sie.
„Ich sag nur, wie es ist. Wenn ich noch dort meine Connections hätte, könnte ich das rausfinden, aber ich bin Persona non grata dort“, erklärte er.
„Dito, der einzige, dem ich dort noch vertraut habe hat mir gestern gesagt, ich soll zur Hölle fahren“, sagte sie traurig.
„Dein Ex-Verlobter?“
„Er hat dir davon erzählt?“
„Nope, aber deine weiße Stelle am Finger sagt es ganz deutlich. Hast du ihn wegen Chug verlassen?“
„Nein, ich kannte ihn noch gar nicht, als ich diese Entscheidung getroffen habe. Er war nicht bereit für mich und ich bin noch so jung, das war die richtige Entscheidung“, bemerkte sie.
„Wenn du mit der Entscheidung glücklich bist, warum nicht? Bist du in Chug verknallt?“
„Geht dich nichts an, Doc!“
„Er ist nen Einzelgänger, pass nur auf, dass du deutlich machst, was du willst, okay?“, riet er ihr.
„Ich bin grad so aufgeladen, dass ich dich auch gleich überfallen könnte, du bist echt lustig“, erwiderte sie und er sah etwas verwirrt drein.
„Gut zu wissen, ich darf auch nicht in deiner Nähe sein, aber das liegt an deinen Hormonen im Moment, sag meiner Frau bloß nicht, was ich grad gesagt habe!“
„Ich geh mal die Kühe füttern, aus Respekt vor deiner Frau“, war sie irritiert von der Anziehungskraft, die sie ausstrahlte und ließ ihn allein.
 
Sie war schon zwei Stunden im Stall, als Luther nach ihr sah.
„Hey, wohnst du jetzt im Stall?“, fragte er sanft.
„Bleib weg von mir“, war sie tief in einem Loch. Sie lag auf zwei gebundenen Heuballen und starrte an die Decke.
„Ne“, sagte er nur und legte sich mit seinem Kopf an ihren Kopf ihr gegenüber auch auf Heuballen.
„Ich bin wandelndes Heroin“, erwiderte sie.
„Kann schon sein, aber ich kann das handeln“, erwiderte er und streckte seinen Arm hoch. Sie nahm zögerlich seine Hand in ihre.
„Wie oft hast du dir einen runtergeholt um jetzt hier sein zu können?“, fragte sie erkennend.
„Weniger als ich das im College gemacht habe, alles gut. Hast du keinen Hunger? Du hast gar nicht gefrühstückt!“
„Etwas, aber geht. Wie geht es dir denn?“
„Schon viel besser. Ich bereue von gestern Nacht keinen Moment, du hättest mich gestern vermutlich vergewaltigt, wenn ich das nicht gewollt hätte, so wie du draufwarst“, schmunzelte er und sie ließ seine Hand los.
„Das war nicht so ernst gemeint, Süße, das hättest du niemals getan“, versicherte er und sie setzte sich im Schneidersitz vor ihn. Er tat dasselbe.
„Wie kannst du dir da so sicher sein?“, fragte sie ernst.
„Weil ich dich kenne, du hast mittendrin gestern aufgehört, das zeugt von einer großen Selbstbeherrschung“, entgegnete er.
„Hab ich das? Kann ich mich gar nicht dran erinnern“, war sie verwirrt.
„Ja, ich hab dir gesagt, du sollst weitermachen, eine blöde Idee auf den zweiten Blick betrachtet, aber ich hab da nicht mit meinem Kopf gedacht“, erzählte er.
„Ganz deutlich, ich hätte dich töten können!“
„Hast du aber nicht. Es ist faszinierend, wie ein Sukkubus ihre Jungfräulichkeit verliert, es war mir eine Ehre, dabei gewesen zu sein“, lobte er sie.
„Das ist so gar nicht, wie ich mir diesen Moment ausgemalt habe, aber danke“, dachte sie laut nach.
„Tut mir leid, dass ich deinen Vorstellungen nicht entsprochen habe“, murmelte er.
„Du hast sie weit übertroffen, Süßer, es war wunderschön, na ja, zumindest das, an was ich mich erinnere und bis ich dich ohnmächtig gevögelt habe“, entgegnete sie und lächelte ihn an. Er küsste sie sanft.
„Es war zwar nicht mein erstes Mal, aber das erste Mal, bei dem ich mich an alles erinnern möchte. Lass dir all die Zeit, die du brauchst, ich bin für dich da, wenn du es brauchst, ich komm damit klar“, erwiderte er.
„Das kann ich nicht von dir verlangen!“
„Hey, ich hab auch was davon, Win-Win sozusagen. Sag einfach, was du willst, ich tu es!“
„Wir sind kein Paar, also kein Küssen, keine Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit und ich mach die Regeln“, plante sie.
„Klingt fair“, sagte er nur.
„Du kommst damit klar?“, hoffte sie.
„Wenn du es so willst komm ich damit klar, ja“, versicherte er.
„Du bist verknallt in mich, oder?“
„Das ist nicht relevant!“
„Wenn es deine Gefühle betrifft ist es aber für mich!“
„Du magst mich also auch?“
„Ich weiß nicht was ich fühle, ich bin erst so kurz getrennt, ich würde das gern noch rausfinden“, bat sie.
„Sicher, wie ich sagte, ich lass dir deine Zeit. Ich mach Frühstück“, stand er auf und ließ sie allein.
 
„Du bist so ruhig, alles klar bei dir?“, fragte Rae ihre beste Freundin, als sie sie auf einem alten Picknicktisch an einer Raststätte im halbdunkeln sitzend vorfand und sie nur ins Nichts starrte.
„Ich hatte eine Vision und weiß nicht, ob ich sie dir erzählen soll“, bemerkte Tacy nur.
„Was ist das mit dir und deinen Visionen? Benutzt du mal wieder einen schwarzen Zauber?“
„Ich hab das unter Kontrolle. Also, willst du es hören?“
„Ich will lieber hören, dass du die schwarze Magie lässt, aber dein Mann ist ja auch nicht besser. Also, spuck’s aus!“
„Sie war eine Weile betäubt vor ein paar Tagen, ich konnte sie fühlen, sie hat mich gesehen, aber plötzlich war sie weg“, erklärte sie ihr.
„Weißt du, wo sie ist?“
„Nein, tut mir leid!“
„Dann musstest du es mir nicht erzählen. Wir sind jetzt schon eine Weile unterwegs, Balt geht es nicht so gut, ich würde ihn gern ne Weile hierlassen und zu dritt weiterziehen, aber das würde er nicht zulassen. Wir können ihn auch nicht allein lassen. Wann sind wir eigentlich so alt geworden?“, war Rae müde.
„Irgendwann zwischen P.Js. ersten Schultag und dem Tag, an dem er angefangen hat mit mir zusammen zu arbeiten“, erwiderte Tacy und sah sie an.
„Ich hatte das mit meiner Tochter nicht, langsam glaube ich, sie lebt nicht mehr“, war Rae am Ende ihrer Kräfte.
„Nein, ich spür sie, gib jetzt nicht auf, wir finden sie. Weißt du was? Lass uns eine Woche in der nächsten Stadt ausruhen, vielleicht geht es Balt dann auch besser und wir können zusammen weiter“, schlug Tacy vor.
„Klingt gut, wir können ja auch von dort recherchieren“, stimmte sie zu.

Siebtes Kapitel


„Wo hast du Nevan kennengelernt?“, fragte Luther. Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen hoch.
„Denkst du, ich hab heute noch nicht genug darüber nachgedacht, oder was wird das?“
„Ich brauch ne Ablenkung und dich mit einem anderen Mann vorzustellen ist echt ein Abtörner“, erklärte er.
„College, erstes Jahr, keine besondere Geschichte, ich ziehe es vor, nicht darüber zu reden!“
„Sex, also?“, war er genauso wenig gesprächig. Sie grunzte nur und ging voran aus dem Garten ins Haus.
„War das jetzt ein Ja? Nen bisschen mehr musst du schon sagen“, folgte er ihr wie ein Schoßhündchen.
 
Die drei Hexen und die Dämonin hatten trotz dem spontanen Aufenthalt eine kleine Ferienwohnung für sich gefunden.
„Er schläft, endlich“, setzte sich Rae erschöpft an den Küchentisch der Ferienwohnung.
„Musstest du mit ihm schlafen?“, fragte Tacy, die einen Kaffee machte.
„Süß, wie du immer noch Fragen stellst, obwohl du die Antwort kennst. Ich musste, mein Sukkubus hat einfach nicht die Klappe gehalten. Lenk mich mal ab, wie läuft dein Leben so, wie geht’s Brutus?“
„Ehrlich gesagt, keine Ahnung“, murmelte Tacy nur.
„Ist was passiert zwischen euch?“
„Nein, nicht wirklich, er ist nur ständig in New York um neue Schüler zu trainieren, ich weiß nie, wo er sich grade befindet. Seit meine Schwiegermutter tot ist, ist er irgendwie zwischen zwei Welten gefangen, er liebt es in Rumänien, hat aber auch das Pflichtgefühl in New York was zu erreichen“, erzählte sie traurig.
Sie hatte gerade ihren Mund geschlossen, als sich ihr Ehemann mit einem Säugling ins Hotelzimmer projizierte.
„Sorry, sie will nicht schlafen und Aurica ist auf der Jagd“, schien er etwas überfordert zu sein.
„Wenn du schon mit einem Baby Kontinente hüpfst, könntest du sie auch zu ihrem Vater bringen“, nahm Tacy dass etwa sechs Monate alte Baby in den Arm und wog es sanft. Es war sofort still. Rae starrte sie nur an.
„Wupps, sollte eigentlich ein Geheimnis bleiben, sie ist meine Enkeltochter, P.J. hat letztes Jahr in Rumänien eine Lady geschwängert, sie sind nicht mehr zusammen, aber sie ist trotzdem meine Enkeltochter“, bemerkte sie und zog das Fläschchen, was ihr muskulöser Mann in einem Halfter am Körper trug, heraus und fütterte sie.
„Du bist Großmutter? Warum weiß ich davon nichts?“
„Ich weiß es auch erst seit der Geburt der Kleinen. Ich wollte es dir sagen…“, begann Tacy zu erklären.
„Und warum hast du es gelassen?“
„Ich zeig sie dir, aber bitte wein nicht“, schob Tacy die Decke, in dem die Kleine lag zur Seite. Die Kleine war das Ebenbild von Angel in diesem Alter.
„Oh, ich verstehe“, wurde sie schon rührselig.
„Willst du sie füttern?“, fragte sie vorsichtig. Rae schüttelte den Kopf, stand vom Stuhl auf und ging in ein Eck um ihre Tränen zu verstecken.
„Siehst du, jetzt weinst du, ich wollte dich nicht damit belasten“, stand Tacy mit dem Baby auf dem Arm auf und ging zu ihr hin.
„Ich weiß nicht, ob sie lebt, hat sie vielleicht auch schon Kinder?“, schluchzte Rae und überraschenderweise küsste sie den Kopf des kleinen Mädchens.
„Wenn wir sie finden, werden wir das herausfinden. Es ist nicht einfach Großmutter zu sein, mein Sohn ist nicht im Leben seiner Tochter, weil er sich für ein Leben in den Staaten entschieden hat, ich bin nicht sehr glücklich darüber“, erklärte sie.
„Beziehungen gehen auseinander, ich bin eher enttäuscht, dass er es mir nicht erzählt hat, wir arbeiten regelmäßig zusammen“, erwiderte Rae, die sich versuchte zusammenzureißen.
„Ich hab ihn darum gebeten, was nicht einfach für mich war, da wir gerade nicht das beste Verhältnis haben. Brut, geh zurück, ich kümmere mich um Ofina, ihre Mutter kann sie ja morgen früh abholen“, bat Tacy. Ihr Mann küsste sie kurz und verschwand dann wieder.
„Ich geh ins Bett“, murmelte Rae und ließ ihre Freundin einfach allein.
 
„Wie gut kannst du hacken?“, fragte Angel, als sie neben Luther im Bett saß und sein Tablet auf dem Schoß hatte.
„Ich schlafe, Angé“, murmelte er im Halbschlaf.
„Vielleicht kann ich mich in die Hauptdatenbank von Witchhunt hacken, irgendwas über meine Eltern muss doch da drinstehen!“
Er riss seine Augen auf.
„Mach das bloß nicht mit diesem Tablet, das ist mit dem Haus verbunden wegen dem 3D-Drucker, die finden uns in Sekunden, wenn du das machst“, nahm er ihr das Tablet etwas grob ab.
„Hey, ich kann nicht hacken, das war nur rein theoretisch gesprochen. Du weißt also, wie es geht?“
„Ja, weiß ich, aber ich tu es nicht. Ich bin auch jemandem weggenommen worden, schon vergessen? Ich hab es auch versucht, aber krieg es nicht anonym genug hin“, erklärte er.
„Tut mir leid, darüber hab ich nicht nachgedacht“, war sie plötzlich wieder ganz brav.
„Schon gut, ich vergess es ja selbst manchmal. Kannst du nicht schlafen?“, fragte er und legte das Tablet weg.
„Ja, soll ich in mein Zimmer gehen?“, fragte sie freundlich.
„Nein, ich find es schön, dass du neben mir liegst. Sorry, wieder zu persönlich, es ist nur, du liegst neben mir“, entschuldigte er sich.
„Schon gut, ich find es auch schön, lass uns das einfach genießen und nicht darüber reden“, bat sie.
„Natürlich, willst du trotzdem darüber reden, warum du nicht schläfst?“
„Ich hab diese wirren Träume von dieser Frau“, begann sie.
„Du willst nen Dreier machen?“, verstand er nicht und sie sah ihn kritisch an.
„Ich rede von Träumen, nicht meinen Phantasien, ich bin immer noch neu in diesen Sachen, wie du weißt!“
„Ja, sorry. Erzähl mir von deinen Träumen, zu den Phantasien können wir ja später kommen“, bat er mitfühlend und sie erzählte ihm, was sie geträumt hatte.
„Sie ist vielleicht ein Medium oder so und versucht in Kontakt mit dir zu treten“, erwiderte er.
„Meinst du? Warum denkst du tut sie das?“
„Keine Ahnung, Medien sind oft etwas seltsam, hab ich zumindest gehört, hatte noch nie so wirklich Kontakt mit einer oder einem!“
„Ich hab mal gehört, Drogen helfen einem besser zu träumen, aber mit deinen ganzen Kräften ist das wohl nicht so eine tolle Idee“, schlug er vor, zog die Idee aber gleich zurück.
„Stimmt. Stört es dich, wenn ich doch zurück in mein Zimmer gehe? Ich schlaf dort vielleicht besser und länger. Ich will sie kontaktieren, wenn ich das schaffe“, plante sie.
„Mach ruhig, ich lass dich auch schlafen, solang du willst“, versicherte er. Sie zog ihren Morgenmantel an und ging in ihr Zimmer.
 
Tacy hatte ihre Enkeltochter endlich zum Einschlafen gebracht. Für sie war es genauso schlimm, dass die Kleine jetzt im gleichen Alter war, in dem ihr Patenkind damals verschwand. Sie versuchte diese Gedanken abzuschütteln und döste weg.
„Hallo, hörst du mich?“, hörte sie plötzlich eine Stimme.
„Hör zu, Kleines, auch wenn ich mit euch Toten sprechen kann, heißt das nicht, das ich es auch will“, wollte Tacy die nervige Stimme im Kopf loswerden. Sie schlief halber, halb war sie wach.
„Ich bin nicht tot, zumindest denk ich das. Du erscheinst mir in meinen Träumen, keine Ahnung“, hörte sie eine Stimme, die weit entfernt klang.
„Angel?“, fragte Tacy.
„Nein, ich bin kein Engel, ich lebe“, erwiderte Angel.
„Nein, das ist dein Name. Ich bin deine Patentante, wir suchen dich“, erklärte Tacy.
„Es ist schwierig, dich zu verstehen, ich bin in Kansas“, rief Angel, doch dann verschwand sie. Ofina weinte.
„Oh, Enkeltöchterchen, du hast das schlimme Timing deines Vaters geerbt“, wurde Tacy vom Weinen wach. Sie nahm das Baby an die Brust und wog sie sanft. Sie ließ sich aber nicht beruhigen. Die Tür sprang auf und Rae kam hineingeschlurft und nahm Ofina auf den Arm. Dort war sie sofort still.
„Du hast nichts verlernt“, lobte sie ihre beste Freundin.
„Du wohl alles. Sie braucht ne neue Windel. Wie siehst du eigentlich aus? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen“, kritisierte sie sie.
„Eher ne Hexe, ich weiß, wo deine Tochter ist“, sagte sie noch in Trance.

Achtes Kapitel

 
Angel übergab sich in der Gästetoilette, als Luther wach wurde.
„Süße, alles klar?“, fragte er besorgt hinter der Tür.
„Nichts, hab nur diese furchtbare Migräne“, sagte sie schwach.
„Soll ich Wolf holen?“
„Nein, wird schon wieder, brauch nur nen Schmerzmittel“, bat sie.
„Ich hab keine zu Hause, muss ich besorgen, fahr schnell in die Stadt, brauchst du sonst noch was?“
„Nein, sonst hab ich alles, danke“, bedankte sie sich.
„Bitte, bis gleich“, zog er sich an und ging aus dem Haus.
 
Angel hatte in ihrem Leben noch nie Kopfschmerzen gehabt, sie fühlte sich fast schlecht, dass sie ihn anlog, sie brauchte aber Zeit um über ihren Traum nachzudenken.
„Bitte finde mich, wer auch immer du bist“, redete sie vor sich hin, während sie auf dem Boden des Badezimmers saß.
 
„Kansas? Kansas ist zwar nicht Texas, aber nen bisschen eingrenzen sollten wir das schon“, lauschte Balthazar, Tacy tags drauf, als sie von ihrer Vision erzählte.
„Ofina wurde unruhig, ich bin dabei wach geworden, ich hab ne Migräne, also nerv mich nicht“, nörgelte Tacy, die ihre Enkeltochter fütterte.
„Wir fahren nach Kansas und schauen dann weiter, sie hat uns sehr geholfen, lass sie in Ruhe“, bat Rae.
„Meinetwegen, ich bin zwar immer noch kritisch gegenüber ihren Visionen, aber als schwarzer Zauberer bewundere ich ihr Talent“, entschied Balthazar.
„Wow, ich hab dich seit über 20 Jahren nicht mehr sagen hören, dass du ein schwarzer Zauberer bist“, entgegnete Rae verwirrt.
„Ich hab dem Leben abgeschworen, geboren bin ich aber damit und werde vermutlich damit sterben“, zeigte er sein Tattoo, was ihn als schwarzen Zauberer identifizierte.
„Du wirst noch ne ganze Weile nicht sterben, mein Süßer“, sagte Rae sanft.
„Ich hoffe es, diese Herzgeschichte ist so langwierig, ich hab mich unter Drogen auch beschissen gefühlt, aber das ist anders“, murmelte er.
„Du bist älter, das dauert, aber wir werden uns richtig um dich kümmern, keine Sorge. Bist du fit genug um weiterzufahren?“
„Müsste gehen, dann ist unsere kleine Pause wohl schon beendet“, konterte er.
„Du kannst auch hierbleiben, wenn du willst, wir schaffen das auch zu dritt“, bemerkte sie.
„Nein, ich komm klar, kann ich nur mal vorne sitzen? Mir wird auf dem Rücksitz immer übel“, bat er und Rae nickte.
 
„Man, die ganze Zeit hab ich geschlafen wie ein Stein, aber jetzt, wo ich es will, kann ich es nicht“, tigerte Angel im Wohnzimmer der Farm herum.
„Es ist noch keine acht Uhr, streng dich nicht so an, sonst kriegst du wieder nen Migräne-Anfall“, zog Luther sie sanft zu sich aufs Sofa.
„Ich hatte heute keinen Migräne-Anfall, tut mir leid, ich wollte nur ne Weile alleine sein heute Morgen um das zu verarbeiten. Sie suchen mich, sie leben noch“, ließ sie sich nicht beruhigen.
„Dir ist schon klar, dass ich heute 20 Meilen zur Apotheke gefahren bin und ein teures Schmerzmittel gekauft habe, oder?“
„Tut mir leid, ich werde es in Ehren halten. Wenn das alles weitergeht kann es gut sein, dass ich bald Migräne bekomme. Was soll ich machen?“, erwiderte sie unruhig.
„Hinsetzen, ich mach nen Kamillentee“, bat er und stand auf.
„Du verstehst mich glaub ich nicht. Die werden vermutlich hier auftauchen!“
„Du hast ihnen die Adresse hier gegeben?“, blieb er stehen.
„Nein, aber sie wissen, dass ich in Kansas bin“, bemerkte sie.
„Kansas ist groß, die werden ne Weile brauchen“, versicherte er.
„Sex könnte mich müde machen“, flirtete sie und schob ihre Hand unter sein Hemd.
„Nö, heute hab ich keine Lust, ich geh noch Eier einsammeln“, stand er auf und ließ sie allein.
„Echt jetzt? Ich hab Bedürfnisse“, rief sie ihm hinterher.
„Dann mach Yoga, ich bin sauer auf dich, ich helf dir sicher nicht“, rief er zurück und sie hörte ihn weggehen.
„Das bringt nichts. Toll, dann geh ich halt joggen“, rief sie wütend, zog ihre Schuhe an und verschwand in die Dunkelheit.
 
Sie war keine halbe Meile gelaufen, als plötzlich ein großgewachsener, attraktiver Kerl wie aus dem Nichts erschien und sie fast in ihn reinlief.

Neuntes Kapitel

 
„N’Abend, bist echt mutig, so ganz allein hier rumzulaufen“, bemerkte der Kerl cool.
„Oh, Sweetie, ich kann mich wehren“, machte sie einen Feuerball.
„Fuck, Kleines, mach das nicht hier vor den Menschen. Komm mit“, zischte der Kerl und schob sie in eine Seitengasse.
„Wenn du mich vergewaltigen willst, mach ruhig, ich bin so heiß grad, dass ich das vielleicht sogar genieße“, konterte sie und löschte ihren Feuerball.
„Wäh, nein, Onkel Balthazar würde mich dafür töten. Ich bin Pax, Paxton, wir sind Cousins zweiten Grades, das Medium, mit dem du na ja “gesprochen“ hast ist meine Mutter und ja, ich weiß, dass ich heiß bin, aber zieh mich bitte nicht mit deinen Augen aus“, bat P.J., der die Nachricht seiner Mutter bekommen hatte und mit einem schwarzen Zauber nach ihr gesucht hatte.
„Deine Augen sind schwarz, du bist auch nen Sukkubus?“
„Wenn dann wäre ich ein Inkubus, aber nein, der Kelch ist an mir vorbei gegangen, ich bin nur nen bisschen auf der schwarzen Seite gewesen mit dem Zaubern, ihr schwarzen Zauberer habt es dort echt einfacher“, erwiderte er und setzte eine Sonnenbrille auf.
„Nicht, dass ich nicht froh bin, jemanden aus meiner Familie kennenzulernen, was machst du hier?“
„Ich wollte dich warnen. Verschwinde von hier, die sollen nicht in Kontakt mit deiner Firma kommen, sie haben ihr ganzes Leben die Hexenjäger vermieden, sie sollen jetzt nichts riskieren“, erklärte er.
„Ganz meiner Meinung, aber das ist nicht an uns, das zu entscheiden. Ich möchte meine Familie kennenlernen“, sagte sie trocken.
„Natürlich, du musst den Dickkopf deiner Mutter geerbt haben. Du hast verstanden, was ich grade gesagt habe, oder?“, grummelte er.
„Laut und deutlich, ändert aber nichts daran, dass ich bei meiner Familie sein möchte, ich hab mein ganzes Leben als Waise gelebt, das hab ich verdient“, wurde sie wütend und ihre Pupillen wurden auch schwarz.
„Deine Dämonin hat Hunger, lass mich dir helfen!“
„Wäh, nein, das war ein Witz vorhin“, ekelte sie sich.
„Keine Sorge, mehr als so anfassen werde ich dich dabei nicht“, bemerkte er, packte sie an den Schultern, sagte einen Zauberspruch auf und ließ sie dann wieder los. Ihr Verlangen war sofort verschwunden.
„Sorry, Kleines, muss jetzt los, kann nicht viel erklären, komm gleich wieder“, keuchte er und verschwand wieder.
Für eine Minute stand sie verdattert dort, dann ging sie verwirrt zurück ins Haus.
„Gut, du bist zurück, ich bin so dämlich einen Sukkubus mit Gelüsten abzuweisen, nimm mich“, wartete Luther schon auf sie.
„Muss nicht sein, geh ins Bett“, ging sie in Richtung ihres Zimmers.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du musst nicht mehr?“
„Nein, alles gut, kannst ruhig weiter sauer auf mich sein. Gute Nacht“, erwiderte sie und schloss die Tür hinter sich.
 
Sie wollte sich grade schlafen legen, als P.J. auf einem Stuhl neben dem Bett erschien.
„Sorry, brauchte ne Weile um ne Frau zu finden um die Erregung loszuwerden. Geht’s dir besser?“, fragte er, als wäre es das normalste der Welt, dass er jetzt bei ihr war. Sie sah ihn nur verärgert an-
„Was? Hab ich doch gesagt, ich komm wieder. Also?“
„Mir geht es gut, danke. Ich will nicht undankbar erscheinen, aber tauchst du in Schlafzimmern von Frauen immer ungefragt auf?“
„Tut mir leid, ich mach das so häufig, dass ich da gar nicht mehr drüber nachdenke, müsstest du ja eigentlich kennen!“
„Nein, tu ich nicht, bis vor ein paar Wochen wusste ich nichts von meinen Kräften, mein Chip, den die Jäger mir verpasst haben ist nur ausgefallen. Das ich ne Hexe bin hab ich nur geraten, dass ich eine schwarze Hexe bin ist dabei fast der größere Schock. Wo hast du mein ganzes Leben gesteckt?“
„Deine Eltern haben erst vor ein paar Wochen wieder angefangen dich zu suchen, dein Dad ist fast abgekratzt und wollte es so. Sie wären schneller mit einem Blutzauber gewesen, aber wie ich deine Mom kenne wollte sie das nicht machen, weil es na ja ein ziemlich heftiger schwarzer Zauber ist. Meine Eltern sind beide weiße Zauberer, die wissen nicht, dass ich sowas mache. Du willst sie also wirklich treffen? Dann zieh dich an und komm mit“, erklärte er und sie sah Richtung Tür.
„Du willst hier bleiben wegen dem kleinen Formwandler?“, verstand er nicht.
„Hey, Gedanken anderer zu lesen ist nicht nett. Ja, möglich, und?“
„Er ist ein Formwandler, nichts Besonderes!“
„Hey, das bin ich auch, zum Teil, er hat mich ohne Rückfragen zu stellen einfach hier aufgenommen, eine anständige Verabschiedung bin ich ihm schuldig“, entschied sie.
„Vor allem, weil du verliebt in ihn bist“, entgegnete er.
„Hey, lass das sein, ich bin nicht verknallt in ihn!“
„Doch, bist du, aber was auch immer. Dann verabschiede dich von ihm und dann gehen wir“, bat er.
„Ich kenn dich nicht, ich geh nicht einfach mit dir weg“, wollte sie nicht gehen.
„Ich kann dich zu deinen Eltern bringen!“
„Bring sie bitte hierher!“
„Wie ich sagte, zu gefährlich!“
„Argh, du hast aber auch nen Dickkopf. Sei still, komm gleich zurück“, rutschte sie aus dem Bett und ging zu Luther.
„Hey, ich hab meine Meinung geändert“, stand sie flirtend in seiner Tür.
„Dann nur hereinspaziert, Mylady“, schmunzelte er und ließ sie ins Zimmer.
 
20 Minuten später, in dem P.J. Geräusche gehört hatte, die er bei der nächsten Gelegenheit mit einem Glas Whiskey herunterspülen wollte, kam seine Cousine zweiten Grades zurück.
„So, er schläft, jetzt können wir in Ruhe meine Sachen zusammenpacken. Was? Ich will nicht ohne meine Sachen verschwinden und ihn ins Koma zu vögeln war die einzige Idee, die ich hatte“, bemerkte sie und packte hektisch ihre Sachen in ihre Taschen.
„Du hast ihm nicht gesagt, dass du gehst?“
„Was hätte ich ihm sagen sollen? Das ich mit einem Typen abhaue, der behauptet mit mir verwandt zu sein?“
„Auch wahr, aber du kannst mir vertrauen und das merkst du, das fühle ich. Glaubst du, er ist so weit weg, dass wir die Vordertür benutzen können?“, plante P.J.
„Bitte, du unterschätzt meine Talente, der ist ne Weile weg. Hilf mir packen“, bat sie und nachdem sie alles gepackt hatten, verließen sie das Farmhaus.
 
„Okay, wo steht dein Auto?“, fragte P.J. als sie an der Straße waren.
„Ich bin mit dem Bus hierhergekommen, wo ist dein Auto?“
„Ich bin ein Zauberer, ich brauch kein Auto. Kannst du dich projizieren?“
„Nicht wirklich, sollte ich das können?“
„Eigentlich schon, dein Vater ist nervig gut darin. Ich kann dich mitnehmen, ich muss dich nur festhalten dafür“, erklärte er.
„Dann tu dir keinen Zwang an“, entschied sie und er projizierte sie beide weg.
 
Angel übergab sich, als sie im Garten der Ferienwohnung auftauchten.
„Das erste Mal kann bisschen auf den Magen schlagen, hätte ich dir sagen sollen, tut mir leid!“
„Schon gut, hätte ich mir denken können. Warte, hier ist niemand, hast du mich verarscht?“, wurde sie sauer.
„Nein, das war der letzte Ort, wo sie waren, sie sind wohl weitergezogen, fuck, jetzt muss ich meine Mom anrufen, die wird angepisst sein“, griff er nach seinem Telefon.
 
Tacy Dewin war erschöpft und müde, als sie mit ihren Begleitern durch die Nacht fuhr. Sie hörte das Vibrieren ihres Telefons in ihrer Tasche. Sie drückte den Knopf der Freisprecheinrichtung.
„N’ Abend, mein Sohn, ist gut, dass du anrufst, ich muss mal das ein oder andere Wort mit dir über deine Tochter und deine Verantwortung wechseln“, sah sie P.J.s Namen auf dem Autodisplay.
„Ja, ja, nicht heute. Ich hab nen Geschenk für euch, wo seid ihr, ich will sie euch übergeben“, erwiderte er cool.
„Du redest in Rätseln, Sohn“, war Tacy verwirrt.
„Ich hab Angel gefunden, ich hab sie zu eurem letzten Standort gebracht, aber ihr seid da schon weg“, erklärte er.
„Du hast sie gefunden? Wie hast du… hast du etwa einen Blutzauber benutzt?“
„Ach, mach jetzt nicht auf Moralapostel, Dad und du habt das ständig gemacht in eurer Jugend und ich wette, du hast für diese Suche auch den ein oder anderen Spruch aus einem schwarzen Zauberkasten benutzt!“
„Bam, er hat dich da echt drangekriegt“, mischte sich Rae in das Telefonat ein.
„Ich halte an, ich schick dir meine GPS-Daten. Pass aber auf bei der Projektion“, bat Tacy und trat auf die Bremsen.
 
Rae konnte es kaum erwarten. Sie hatte nicht wirklich erwartet, ihre Tochter zu finden und jetzt war sie gleich bei ihr. Der Staub, der sich im Scheinwerfer ihres Mietwagens spiegelte wirbelte auf und der junge Zauberer mit seiner Cousine im Arm stand dort.
„Nein, beim zweiten Mal ist es auch nicht besser“, murmelte Angel, ging ein paar Schritte und übergab sich im Graben.
„Sorry, sie springt zum ersten Mal, sie kann das irgendwie nicht selbst. Wow, jetzt ist mir auch schwindelig, eine zweite Person zu projizieren hab ich auch schon ne Weile nicht mehr gemacht, vor allem nicht so schnell nacheinander“, lehnte er sich erschöpft gegen die Motorhaube.
„Setz dich in den Wagen, ich hol dir nen Wasser, für dich auch, Kleines?“, fragte Tacy die jungen Leute und Angel streckte ihren Daumen hoch.
Vorsichtig ging Rae zu der jungen Frau hin, die sich in den Graben übergab. Sanft legte sie ihr, ihre Hand auf den Rücken.
„Hallo, mein Schatz“, begrüßte sie sie sanft.
„Du solltest mich nicht so sehen“, sagte Angel erschöpft.
„Du bist meine Tochter, ich seh dich nicht zum ersten Mal kotzen“, versicherte sie und zog ein Tuch aus ihrer Tasche. Rae drehte sich zu ihr und sie sah ihre nun erwachsene Tochter im Scheinwerferlicht.
„Du bist so wunderschön“, konnte Rae nur von sich geben.
„Das ist lieb, aber ich fühl mich grad nicht so gut, körperlich und emotional. Du bist also meine Mutter?“, bedankte sie sich und Rae wischte ihrer Tochter die Haare aus dem kreidebleichen Gesicht.
„Ja, das bin ich, eindeutig“, sah Rae die goldenen Augen, die ihr Vater ihr und nun auch ihrer Tochter vererbt hatte.
„Ich dachte, ihr wärt tot“, wurde Angel emotional.
„Wir wussten auch nicht, wo du bist, tut mir so leid, dass wir dich aufgegeben haben, das wird nicht mehr passieren“, umarmte Rae sie herzlich.
„Ihr seid jetzt da, dass ist, was zählt“, begann Angel zu weinen.
Balthazar kam auch auf sie zu.
„Das ist dein Dad“, sagte Rae nur. Angel ging zu Balthazar hin und umarmte ihn auch. Ein heller Blitz umringte die beiden und Balthazar ging zu Boden.
„Was ist mit ihm?“, fragte Angel erschreckt.
„Sieht nach nem Zauber aus, Brut, bring ihn sofort in die Hexenklinik, da brauch ich Hilfe“, handelte Tacy sofort, Brutus schulterte seinen Kumpel und die drei Hexen waren sofort verschwunden.
„Was ist los?“, war Angel durcheinander.
„Du musst was über deinen Vater wissen. Er ist zwar ein Zauberer, aber kein guter, er hat vermutlich wieder einen Spruch versaut“, erklärte Rae beruhigend.
„Wird er wieder?“
„Ich weiß es nicht. Pax, bist du wieder fit? Du musst mich projizieren“, öffnete Tacy die Beifahrer-Tür des Mietwagens. Der junge Krankenpfleger hing ohnmächtig auf dem Sitz.
„Na, wunderbar, hilf mir, ihn auf den Rücksitz zu legen. Kannst du Auto fahren?“
„Ja, kann ich, wieso?“
„Dann setz dich hinters Steuer, ich helf ihm, während du fährst“, plante sie und sie zog ihn auf den Rücksitz, bevor Angel das Auto mit quietschenden Reifen startete.

Zehntes Kapitel


„Sollten wir ihn nicht zu einem Krankenhaus oder so bringen?“, fragte Angel besorgt, als sie den Sonnenaufgang beobachtete, während ihre Mutter ihrem Patienten auf dem Rücksitz eine Kochsalzlösung-Infusion legte.
„Ich bin Ärztin, er hatte nur einen Schwächeanfall, wird ihm gleich besser gehen. Tut mir leid, das sollte nicht so chaotisch werden, wenn wir dich endlich finden, aber du kennst ja die Männer, die sagen einem erst, dass es ihnen schlecht geht, wenn es zu spät ist. Hast du jemanden?“
„Ich hab grade ne Verlobung gelöst“, begann sie zu erzählen, während sie ans Auto gelehnt den Sonnenaufgang ansahen.
„Tut mir leid zu hören, was ist passiert?“
„Ich bin passiert, meine Kräfte kamen ganz plötzlich und er hat das nicht verkraftet“, sagte sie nur.
„Tut mir leid das zu hören“, bemerkte Rae mütterlich.
„Schon gut, war die beste Entscheidung meines Lebens“, versicherte Angel.
„Dann ist ja gut“, war Rae erleichtert.
„Und was ist mit deinem kleinen Formwandler?“, hörte sie die erschöpfte Stimme von P.J. durch das offene Rücksitzfenster.
„Hey, du bist still und ruhst dich aus“, zischte Angel durch den Fensterschlitz.
„Du hast nen Neuen?“, fragte Rae neugierig.
„Ich hatte nen Lover, ja, aber du bist der Sukkubus, also weißt du, dass man es halt mal braucht und er war dafür gut genug“, stotterte Angel ertappt.
„Sie lügt“, mischte sich P.J. weiter ein.
„Hey, ich hab meine Kräfte noch nicht so unter Kontrolle, wenn du überleben willst, solltest du besser schweigen“, grummelte Angel.
„Lass uns ein paar Schritte gehen, P.J, du schläfst jetzt“, bat Rae und sie gingen ein paar Schritte.
„Du bist keine Hexe, oder?“, fragte Angel vorsichtig.
„Nope und es ist etwas nervig, dass ich der Einzige in der Familie bin, der keine ist. Aber ich bin Ärztin, also hab ich auch irgendwie ne Superkraft“, überlegte sie laut.
„Du wirst immer eine Superheldin für mich sein. Ich weiß noch nicht, wie mächtig ich bin, ich kann schweben, hab ich schon rausgefunden, da muss ich mich aber sehr konzentrieren“, erklärte Angel ihrer Mutter.
„Dein Dad hat fast seine ganze Jugend dafür gebraucht, hat er mir erzählt, das kommt noch. Das muss für dich komisch sein, du musst so verarbeiten“, realisierte Rae.
„Da sagst du was. Mit dem Sukkubus hab ich am meisten zu kämpfen, wird das auch mal besser?“
„Nicht wirklich, meine Mutter kämpft immer noch damit und die geht auf die 80 zu. Ich lass mich grade von deinem Dad scheiden und wir leben schon eine Weile getrennt, ich ruf mir meistens Callboys, aber in den letzten Wochen war es schwierig, während wir dich gesucht haben, ich hab glaub ich noch nie so viel gejoggt in den letzten Wochen“, erklärte sie.
„Ihr lasst euch scheiden?“, fragte Angel besorgt.
„Ja, waren heftige Jahre, das ist aber ne Geschichte für nen anderen Tag. Wichtig ist jetzt erstmal, dass wir wieder zusammensind, alles andere wird sich ergeben“, wechselte Rae das Thema und sah auf ihr Smartphone.
„Sorry, ich wollte nur mal den Herzschlag von deinem Dad checken, er hatte einen Herzinfarkt neulich und er trägt Sensoren, um das regelmäßig zu checken. Sein Herzschlag ist noch etwas hoch, aber die werden ihn vermutlich noch in den Fängen haben. Er hat so viele falsche Entscheidungen in den letzten Jahren getroffen, ich dachte wirklich, er hätte sich wieder gefangen, aber dann kommt sowas. Wie auch immer, Themenwechsel, bist du verliebt in den Formwandler? Das wäre echt cool, wir sind nicht mehr so viele, ein Kind von euch wäre eine echte Besonderheit!“
„Ich bin heute Nacht ohne was zu sagen von ihm abgehauen, das mit den Kindern wird wohl nichts. Ja, ich fühl mich scheiße deswegen und sowas macht man nicht, aber als ich von Dornrösschen da hinten gehört habe, dass er mich zu meinen Eltern bringt, hab ich nur noch zu euch wollen. Er ist ein guter Kerl, vermutlich ein besserer als ich ihn verdient habe. Er hat mir mit meinem Problem geholfen, ich war Jungfrau bevor ich ihn traf, ich wollte mich für meine Hochzeitsnacht aufsparen, aber dann ist es ja mit meinem Verlobten auseinander gegangen und dieser ganze Sukkubus-Mist hat mich getroffen wie eine Bombe“, erzählte sie ihrer Mutter.
„Du warst bis vor kurzem noch Jungfrau? Kein Wunder, dass du Probleme hast, Sukkuben verlieren sonst ihre Jungfräulichkeit ziemlich früh, ich war grade erst in die Pubertät gekommen, als das Verlangen zu groß wurde!“
„Wow, das ist früh, da bin ich ja froh, dass ich einen Chip getragen habe, der meine Kräfte und Gelüste gezügelt hat. Du gehst zu Strichern?“, kam sie auf das Thema zurück.
„Das sind High-Class-Callboys mit guten Gesundheitszeugnissen, ich gehör zu dem Team die das Establishment regelmäßig besuchen und Gesundheitsuntersuchungen machen. Ist immer ein bisschen peinlich, aber ich hab mich dran gewöhnt!“
„Du bist echt cool, mich macht es irgendwie traurig, dass ich nicht bei dir aufwachsen durfte“, wurde Angel traurig.
„Ich werde dir den Rest meines Lebens alles beibringen, was du wissen musst“, versprach Rae und Angel fiel ihrer Mutter überraschend in die Arme.
„Hey, alles wird gut, wenn sie zurückkommen geht’s nach New York und dann kannst du gesund werden“, erwiderte Rae und drückte sie fest an sich.
 
Sie setzten sich in den Wagen und unterhielten sich weiter, P.J schlief solang friedlich auf dem Rücksitz. Die beiden waren schon fast eingedöst, als es auf der Beifahrerseite des Wagens klopfte.
„Heilige Scheiße, die haben mich zu Tode erschreckt“, stotterte Angel, die auf dem Beifahrersitz saß und aus Schreck einen Feuerball geformt hatte.
„Ja, merk ich“, erwiderte Rae und schloss sanft die Hand ihrer Tochter, so dass der Feuerball erlosch.
„Sorry, ich hab das mit dem Feuer-bei-Gefahr noch nicht ganz drauf“, entschuldigte sie sich.
„Der Wagen steht nicht in Flammen, also gut gemacht. Mach mal auf, ist der Große“, bat sie und Angel öffnete die Tür.
„Sorry, Mädels, hatte nen Jäger an der Backe. Tace bleibt bei Balt, sie sind noch am Zaubern, aber er ist jetzt betäubt und es scheint ihm gut zu gehen. Rutsch mal, Sohn, wir sollten hier weg, bevor der Jäger die Fährte aufnimmt“, quetschte sich der muskulöse Vampirjäger auf den Rücksitz neben seinen schlafenden Sohn.
„Du bist auf nen Jäger gestoßen, wo?“
„Brooklyn, keine Sorge, so schnell kommt er mir nicht hinterher. Fahr los, Rae“, bat Brutus cool.
„Von wegen, wir fahren nicht zurück, wenn dort Jäger sind. Ich hab einen Schützling nicht weit weg von hier, da können wir uns erstmal verstecken“, plante Rae um.
„Ich hab ne bessere Idee“, entschied Angel und sagte ihr eine Adresse.
 
Die Sonne ging schon auf, als der Wagen mit drei schlafenden Passagieren an der Farm vorfuhr.
„Schätzchen, wir sind an der Adresse, die du mir genannt hast“, weckte Rae ihre Tochter.
„Okay, lasst mich erstmal allein reingehen, ich muss ihm einiges erklären“, bat Angel, stieg aus, rieb ihren schmerzenden Nacken und ging zur Tür.
„Morgen, Süße, bist ja früh unterwegs gewesen, alles klar?“, kam Luther nur in Schlafanzughosen verschlafen zur Tür.
„Hast du bis jetzt geschlafen?“
„Es ist erst sieben Uhr und du hast mich letzte Nacht ziemlich durchgenudelt. Warst du überhaupt im Bett?“
„Ich war die ganze Nacht weg, wow, hab dich echt ausgeknockt. Wir müssen uns unterhalten“, bat sie.
„Sicher, komm rein“, verstand er nicht so ganz, ließ sie aber rein.
 
„Du wolltest einfach so weg, ohne dich zu verabschieden?“, fragte er entsetzt, als sie ihm erzählte, was sie erlebt hatte.
„Ich bin eine schreckliche Person“, begann sie plötzlich zu schluchzen.
„Nein, bist du nicht, es ist deine Familie. Komm, lass sie reinkommen, ich will diese berühmten Hexen kennenlernen“, vergab er ihr sofort und sie holte die anderen ins Farmhaus.
 
„Dein Onkel ist ziemlich angsteinflößend“, sah Luther immer wieder zu Brutus, als sie sich gegenüber im Wohnzimmer auf den Sofas saßen.
„Er ist der Cousin meiner Mutter, ehrlichgesagt, aber ja, anscheinend jagt er Vampire, also muss man da fit sein. Es ist alles so verrückt, ich vertrau dir mehr als meiner Familie. Ich sollte ihnen doch trauen, oder?“, flüsterte sie ihm entgegen.
„Denen ist schon klar, dass ich alles mitbekomme, was die denken, oder?“, fragte P.J. seine Begleiter, der zwischen den beiden saß.
„Das ist ne Sache, die mich auch an deiner Mutter nervt, dass du es kannst, heißt nicht, dass du es machen musst. Er scheint nett zu sein, ihr Lover, was sagen seine Gedanken?“, wollte Rae wissen.
„Du musst dich schon entscheiden, Tante Rae“, murmelte er und sie sah ihn böse an.
„Okay, er hat Angst, Angel zu verlieren und nen bisschen Angst vor Dad“, erklärte er ihr.
„Der arme Kerl. Soll ich ihm etwas mehr Angst einjagen?“, schmunzelte Brutus und rieb seine Faust.
„Von wegen, Cousin, du lässt den jungen Mann schön in Ruhe. Hast du mit Tacy gesprochen?“
„Ja, sie sind in der Klinik sicher, keine Sorge. Du wärst gern jetzt bei Ihnen, oder?“, wollte er wissen.
„Natürlich, die beiden sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben, na ja, außer Angel, ich glaub immer noch nicht, dass sie jetzt dort sitzt, ich hab immer gedacht, sie Angel zu nennen wäre mit unserem Dämonen-Hintergrund etwas kritisch, aber sie ist wirklich ein Engel. Sie weiß nicht, wieso sie ihren Namen behalten durfte, aber sie ist in dem Witchhunter-Unternehmen groß geworden, die rekrutieren jetzt schon unsere Kinder, wenn man das so nennen kann. Das ist viel größer, als ich dachte und die sind in Kansas, das hätte ich nie erwartet“, dachte Rae laut nach.
„Euch ist schon klar, dass wir uns in diesem Moment in ihrem Heimat-Staat befinden, oder?“, mischte sich P.J. ein.
„Ihr seid hier sicher“, sagte Luther plötzlich zu seinen Gästen.
„Nichts für ungut, Kiddo, aber in der Stadt wird es immer schwieriger vor denen zu fliehen, wieso denkst du, dass es hier besser ist?“, fragte Rae.
„Ich wohne seit zwei Jahren hier, bis jetzt war keiner hier!“
„Du bist auch nur ein Formwandler, die haben sicher besseres zu tun“, entschied P.J.
„Erstmal, autsch und zweitens, ich nehm euch hier auf, also sei nicht so arrogant“, murrte Luther.
„Endlich sagt das mal einer meinem Sohn ins Gesicht, danke, Junge“, bedankte sich Brutus.
„Dem ist schon klar, dass ich ihn mit einem Handgriff töten könnte, oder?“, murrte P.J.
„Wow, Sohn, du machst zu viele schwarze Zauber, du bist ein weißer Zauberer, trotz allem“, murrte Brutus.
„Ich sagte ich könnte, ich mach es aber nicht. Ich hab die meisten Sprüche von dir, falls du dich erinnerst“, frotzelte er.
 
Plötzlich klingelte es.
„Geht ins Schlafzimmer, ich geh an die Tür“, bat Luther und seine Gäste versteckten sich.
„Morgen, Chug, wollte mal nach meiner Patientin sehen“, war Wolf an der Tür.
„Ach, du bist es. Ange‘, ist nur der Doc“, rief Luther und seine Gäste kamen zusammen aus dem Zimmer.
„Hey, du hast ganz schön viele in deinem Schlafzimmer, hat dein Sukkubus-Gast dich für schräge Sex-Spielchen begeistern können?“, fragte Wolf nicht so ernst.
„Warum weiß der Mensch so viel?“, fragte Rae und umkreiste Wolf.
„Der Mensch ist vertrauenswürdig, könnten Sie mich nicht so umkreisen wie ein Geier?“, bat Wolf sich selbst verteidigend.
„Wo ist deine Familie her, Mensch?“, mischte sich auch Brutus ein.
„Keine Ahnung, bin von Witchhunt Mitarbeitern adoptiert worden, keine Sorge, ich bin keinen Kontakt mehr zu ihnen, Chug, wer sind deine Gäste?“, war Wolf irritiert und Luther sah die anderen an.
„Vertraust du ihm?“, wollte Rae von Luther wissen. Er nickte.
„Ich bin Raelyn, Angels Mutter!“, stellte Rae sich vor.
„Du hast deine Familie gefunden? Ich hab noch nie von einem von uns gehört, dass er oder sie seine oder ihre Familie je wiedergefunden hat“, war Wolf skeptisch.
„Ich bin ihre Mutter, ich könnte es dir beweisen, Kleiner, aber das würdest du nicht wollen“, fuhr Rae mit ihrem Handrücken ganz nah an Wolfs Gesicht entlang.
„Okay, ich glaub’s Ihnen, hören Sie auf“, hauchte er erregt.
„Du hast ihn nicht mal berührt, das ist faszinierend“, umkreiste Angel ihn jetzt auch.
„Ich kann’s dir zeigen“, entgegnete Rae.
„Ich wäre dankbar, wenn ich nicht das Versuchsobjekt sein könnte“, bat Wolf irritiert.
„Sorry, Kleiner, war nur so reizvoll. Du siehst echt jemandem ähnlich, den ich kenne“, ging Rae einen Schritt zurück.
„Denkst du nicht, dass das nen bisschen rassistisch ist, wenn du davon ausgehst, dass er einer von ihnen ist, nur weil er nativ-amerikanisch aussieht?“
„Ich bin Nativ-Amerikaner, wenn euch das beruhigt!“, war Wolf irritiert.
„Er kann kein Thundercloud sein, die haben doch alle ihr Mutterland verlassen!“
„Ich hab noch etwas Kontakt mit Moon, könnte da mal recherchieren“, plante Brutus.
„Wow, wow, wow, ganz langsam, war für mich nicht einfach aus Witchhunt rauszukommen, ich lebe ziemlich abgeschieden und das soll auch so bleiben“, war Wolf dagegen.
„Ich kann Ihnen die Nummer geben, dann können Sie sich bei ihm melden, wenn Sie wollen“, schlug Brutus vor.
„Okay, danke. Sie sind ganz schön mächtig, Vampirjäger, nehm ich mal an?“, fragte Wolf und musterte Brutus.
„Früher mal, jetzt überlass ich das jetzt Jüngeren. Verdammt, ich sollte zurück“, realisierte Brutus plötzlich.
„In Voluntari wohnt eine ganze Horde von euch, es wird sich schon jemand um alles kümmern, Dad“, bemerkte P.J. Er hatte einige Zeit in der rumänischen Stadt seiner Ahnen gewohnt und na ja, dort auch eine Tochter gezeugt, ihm war aber das alles zu wieder.
„Es kümmert sich übrigens auch grad jemand um Ofina, weil deine Ex außer Gefecht gesetzt wurde“, konterte Brutus genervt von der arroganten Art seines Sohnes?“
„Was ist mit Aurica? Geht’s ihr gut?“, wurde P.J. hellhörig.
„Sie hat sich mit einem Messer am Arm verletzt, ihr jungen Jäger seid ein bisschen übermütig, einer der anderen hat sie gleich weggebracht, dass sie die Vampire nicht anlockt, sie hat aber einen ziemlich heftigen Schnitt und kann Ofina ne Weile nicht halten“, erklärte er seinem Sohn.
„Sorry, ich muss zu ihr“, bemerkte P.J. und projizierte sich weg.
„Fuck, der soll sich doch nicht projizieren, die Hexenjäger können das Aufspüren“, fluchte Brutus.
„Du hast deinen Sohn nicht so unter Kontrolle, was, Großer?“, frotzelte Luther und Brutus ließ Luther an der Decke schweben.
„Hey, Brut, hör auf zu zaubern, das macht es nicht besser“, schimpfte Rae und Brutus ließ los. Der Formwandler stürzte zu Boden, doch wurde wieder aufgefangen. Brutus war überrascht, denn er hatte den jungen Man nicht gestoppt.
„Sieht so aus, als wäre deine Kleine einer der talentierteren Dewins, Rae“, war Brutus stolz auf Angel, die ihre Hexenkräfte zum ersten Mal im Leben bewusst benutzt hatte. Erschreckt zog Angel ihre Hand weg und Luther knallte von einem Meter Höhe auf den Boden.
„Sorry, Süßer, alles klar?“, kniete sie zu ihm hin.
„Noch alles dran. Zaubert hier ruhig, ich hab einen Störsender für die Androiden eingebaut, ich hab einige Vorteile, wenn ich ihr System kenne“, erklärte Luther.
„Jetzt rückst du erst damit raus? Dann bau uns was Mobiles, dann können wir hier weg“, bat Brutus.
„Da muss ich einkaufen gehen, ich hab das nicht einfach so rumliegen“, murmelte er.
„Es wäre nett, wenn du uns das besorgen könntest, mein Mann ist krank, ich möchte zurück zu ihm“, bat Rae, Luther.
„Okay, ich besorg das Zeug, ihr könnt solang im Haus machen was ihr wollt, Angel kennt sich ja aus“, erwiderte Luther mit seltsamer Stimmung und ging aus dem Haus.
„Warum sagt der Idiot das nicht gleich?“, murrte Rae etwas genervt.
„Er will sie nicht verlieren“, warf Brutus ein und Angel sah ihn fragend an.
„Ach komm schon, ich war selbst 2 Jahre in einer Fernbeziehung, ich weiß, wie Angst aussieht, jemanden zu verlieren“, sagte er mit Mitgefühl.
„Er hat Angst, dass ich ihn verlasse“, realisierte jetzt auch Angel.
„Die Liebe ist ne seltsame Sache, wer weiß das besser, als unsere Familie. Meine Großmutter war die letzte Frau in der Familie, die bis zum Tod ihres Mannes mit ihm zusammengeblieben ist“, dachte Rae laut nach.
„Also ich soll ihn einfach vergessen, weil Liebe werde ich in meinem Leben eh nicht erleben?“, fragte Angel traurig.
„So offen wollte ich es nicht sagen, aber ja, so in etwa“, erwiderte Rae und Angel fiel ihrer Mutter hilfesuchend in den Arm, als hätte sie das schon immer gemacht.

Elftes Kapitel

 
„So, sind nicht die Schönsten, aber die müssten so funktionieren. Passt auf euch auf und lasst mir irgendwie ne Nachricht zukommen, wenn ihr gut zu Hause angekommen seid“, legte Luther ein paar Stunden später Brutus und den anderen Armbänder an, die sie schützen sollten. Wolf war immer noch da, er spürte auch, was sein Kumpel durchmachte und wollte ihn jetzt nicht alleinlassen.
„Probieren wir es gleich mal aus“, bemerkte Brutus und fuhr mit seiner Hand über den Berg von ihren Sachen, die einfach verschwanden.
„Ich hab sie in deine Wohnung gebracht, Rae, ich kann doch hoffentlich ne Nacht bei euch bleiben, ich muss euch beide projizieren, das wird anstrengend. Außer du willst es selbst versuchen, Kleines“, erklärte Brutus und sah Angel an, die beschämt den Kopf senkte.
„Keine Sorge, dass bring ich dir noch bei. So, bereit?“, wollte Brutus aufbrechen.
„Könntet ihr mir noch nen Moment allein mit ihm geben?“, fragte Angel die beiden.
„Sicher, dann mach ich es separat, so kann ich mal testen, wie gut das Ding ist“, bemerkte Brutus, umarmte seine Cousine und die beiden verschwanden.
„Lass uns in den Stall gehen“, bat Angel und nahm ihn an der Hand. Er drückte seine Hand auf die Platte neben sich und die Stalltür ging auf.
 
„Du musst wissen, dass mir noch nie etwas so schwergefallen ist, wie dich zu verlassen“, begann sie und setzte sich auf einen Heuballen.
„Ich versteh das. Ich will nicht, dass du gehst, aber ich will dich nicht aufhalten“, setzte er sich neben sie.
„Ich werde das mit dem Projizieren lernen und so oft zu dir kommen, wie ich kann“, versicherte sie.
„Nein, deine Familie braucht dich jetzt, finde deinen Platz im Leben, ich geh nirgendwo hin, du kommst zurück, wenn und wann du willst“, küsste er ihre Hand, die immer noch in seiner lag.
„Das ist echt lieb, ich werde darauf zurückkommen“, hielt sie sich mit Liebkosungen zurück, obwohl es ihr schwerfiel.
„Oh, okay“, war er etwas enttäuscht.
„Bitte, guck mich nicht so mit deinen Hündchen-Augen an, ich kann das nicht“, begann sie plötzlich zu weinen.
„Danke“, sagte er plötzlich und sie sah ihn nur an.
„Was?“
„Danke, dass du doch Gefühle gezeigt hast. Sei bei deiner Familie, genieß es, nicht viele von uns kriegen diese Chance. Du hast ne Menge mächtiger Hexen in deiner Familie, du wirst in Windeseile so gut wie die, da bin ich ganz sicher“, versuchte er sich zusammenzureißen.
„Das wäre nicht möglich ohne dich gewesen, ich wäre die letzten Wochen ohne deine Hilfe verloren gewesen, körperlich und seelisch. Ich wünsch mir aber etwas von dir. Geh unter Leute, verkriech dich hier nicht weiter, du kannst dich in jeden verwandeln, den du willst, tu das, wenn du dich nicht traust du selbst zu sein, verlier dich aber nicht darin“, bedankte sie sich und er küsste sie mit einer Hand an ihre Wange gelegt.
„Das war schön, wirklich schön, davon werde ich lange zehren. Ich werde jetzt gehen, bevor ich es nicht mehr kann“, löste sie sich von ihm und stand auf.
„Er ist doch noch nicht da“, wollte er nicht, dass sie ging.
Sie zeigte an die Stalldecke, an der Brutus im Schneidersitz schwebte und auf sie wartete.
„Wie lang ist der schon dort?“
„Ne Weile, wollte euch nicht stören. Seid ihr fertig?“, kam Brutus herunter.
„Ja, sind wir, langsam versteh ich, warum das Verhältnis zu deinem Sohn kompliziert ist. Ich möchte die Projektion probieren, das ist ja nicht so weit, oder?“, bat Angel.
„Heute nicht, Kleines, für nen Anfänger ist es schwierig, unter dem Radar zu bleiben, das ist grad bisschen gefährlich, aber nen anderes Mal, okay?“, bat Brutus und umarmte sie.
„Okay“, sagte sie etwas enttäuscht und sah zu dem traurig dreinblickenden Luther, bevor die beiden Hexen verschwanden.
 
Angel kam in einem dunklen Krankenhausflur an. Die Übelkeit hielt sich in Grenzen, aber irgendwie konnte sie Brutus nicht loslassen.
„Keine Angst, Kleines, ist nur das Hexen-Krankenhaus, wir sind hier etwas unterfinanziert, deswegen die dimmen Lichter, der ganze Strom wird für die Patienten gebraucht. Kannst dich ruhig an mir festhalten, ich bring dich zu deinem Dad“, hielt er sie liebevoll fest und brachte sie zu Balthazar.
„Flossen weg, er ist noch nicht entzaubert“, schimpfte eine resolute Krankenschwester, die im Eck des Zimmers stand.
„Warum macht ihr dann nicht weiter, Jules?“, raunzte Brutus die Schwester an.
Jules bewegte eine Hand und Brutus redete, man hörte ihn aber nicht mehr.
„Du bist ein mächtiger Zauberer, Brut, aber du bist nicht der Einzige. Balthazar hatte einen Herzinfarkt, wir haben jetzt sechs Stunden probiert, aber es ist kompliziert, also benimm dich“, erwiderte Jules ernst und ließ ihn wieder sprechen.
„Ich wollte ihn gar nicht anfassen“, stotterte Angel, die etwas überfordert war mit den zwei mächtigen Hexen im Raum.
„Sorry Süße, das muss verwirrend für dich sein. Deine Patentante telefoniert schon ne Weile mit ihrem Sohn, weiß nicht, um was es geht, aber ist ziemlich hitzig. Deine Mutter ist was essen gegangen. Ich hab dir auf die Welt geholfen, ich bin so froh, dass du wieder da bist“, begrüßte sie die Krankenschwester freundlicher.
„Ich bin hier, in diesem Krankenhaus geboren?“
„Ja, bist du, das waren aber noch andere Zeiten, bessere Zeiten, würde ich sagen. Egal, wollte dich nicht deprimieren, ich bring dich zu deiner Patentante, die sollte mal fertig sein mit ihrem Telefonat. Brut, mach du dich nützlich und hol deinen Sohn hierher, er sollte in einem Krankenbett liegen, anstatt durch die Weltgeschichte zur springen“, orderte Jules an und nahm Angel mit.
 
„Okay, dann mach doch was du willst“, murrte Tacy und legte ihr Telefonat auf, als ihr Patenkind ins Schwesternzimmer kam. Dies war kein normales Schwesternzimmer, man konnte gut sehen, dass die Schwestern Hexen waren. Zauberbücher zierten die Regale und Metalltöpfe mit Kräutern standen überall herum.
„Hey, da bist du ja, danke, Jules“, sah Tacy, dass sie Besuch hatte und Jules ließ sie allein.
„Jules ist eine ganz schön toughe Lady“, konnte Angel nur von sich geben.
„Sie hat drei Ehemänner beerdigt, da kann man schon etwas biestig werden. Sorry, dass du das mitanhören musstest, mein Sohn will jetzt plötzlich wieder in Rumänien bleiben, was ja eigentlich gut ist, weil er bei seiner Tochter ist, aber er hat ein Leben und einen Job hier und wenn er den Job verliert, wird er sie auch nicht unterstützen können. Tut mir leid, du kennst uns noch keine 24 Stunden und wirst schon mit unserem Mist belastet. Wie geht es dir? Hast du Hunger, Durst, andere Bedürfnisse?“, wollte sie liebevoll wissen.
„Ich will eigentlich nur schlafen“, war Angel wirklich überfordert.
„Sicher, drei Zimmer weiter ist ein Übernachtungsraum mit Hochbetten, leg dich schlafen, wenn du was brauchst komm einfach hierher, ich bleib heute Nacht hier, soll ich deiner Mutter sagen wo du bist?“
„Heute nicht, ich kann das heute nicht mehr“, sagte sie durcheinander.
„Sicher, ich sag ihr, sie soll morgen wiederkommen. Geht’s dir wirklich gut?“, war sie besorgt.
„Nein, nicht wirklich, aber ich muss das heute Nacht allein klären, ok?“
„Sicher, ich bin aber immer bei dir, wenn was ist“, versicherte Tacy und Angel ging nachdenklich in den Schlafraum.
 
Als sie allein im Dunkeln lag, begann sie zu weinen. Sie hatte so viel erfahren, doch viel mehr Fragen. Eine Hexen-Krankenschwester, die über ihr im Hochbett lag formte einen Sternenhimmel an die Zimmerdecke, um sie zu beruhigen und es entspannte sie wirklich. Bald war sie eingeschlafen.
 
Hektisches Treiben herrschte auf den Gängen, als Angel die Schlafräume verließ. Es war wesentlich hektischer als den Tag zuvor, sie sah Wesen, die sie nur aus Programmen bei Witchhunt kannte.
„Hey, da bist du ja, wie hast du geschlafen?“, kam Tacy ihr entgegen.
„Geht so. Ist ganz schön viel los hier!“
„Heute ist offener Tag, die Klinik ist meistens nur für Hexen, doch einen Tag der Woche ist jeder willkommen. Lass uns was essen gehen, deine Mutter wird dann zu uns stoßen“, plante Tacy und nahm sie an die Hand. Sie schreckte zurück.
„Tut mir leid, ich vergaß, wo du herkommst. Du hast geweint, oder?“
„Will nicht drüber reden!“
„Dann nicht. Ich bin aber für dich da!“
„Wie süß, wie du vorgibst, nicht längst zu wissen, was sie plagt. Konnte nicht warten, hab Hunger“, stieß Rae zu ihnen.
„Ich spüre ihren Schmerz, ist schwer, dass abzustellen, auch wenn ich das möchte. Ich weiß, wo man gute Pancakes bekommt, Süße“, erwiderte sie.
„Gruselig, ich hab grad wirklich Heißhunger auf Pancakes“, wunderte sich Angel.
„Wie ich sagte, kann es nicht abstellen. Pancakes, also?“
„Oh ja, die hatte ich Ewigkeiten nicht mehr“, bat Angel und ging mit ihrer Mutter und ihrer Patentante in das nächste Café.
„Hey, iss was“, bat Rae mütterlich, als Angel nur in ihren Pancakes herumstocherte.
„Sie hat Liebeskummer, das kennst du doch, lass sie“, erwiderte Tacy und klopfte Angel sanft auf die Schulter.
„Verdammt, jetzt hab ich echt absichtlich an Regenbogen und Wölkchen gedacht, wie hältst du das aus?“, grummelte Angel.
„Wir kennen uns seit der Kindheit, ich hab immer noch Probleme damit, aber sie versteht mich meistens ohne Worte, was ziemlich cool ist. Komm, red darüber, da du nicht bei uns aufgewachsen bist, ist es vielleicht für dich so, als wären wir nur Freundinnen. Was liegt dir auf der Seele?“, fragte Rae freundlich.
„Ich hätte letzte Woche geheiratet, wenn mein Chip keine Fehlfunktion gehabt hätte und doch trauere ich um die Liebe zu einem anderen Mann, ich kann das nicht einordnen, alles, meine Kräfte, meine Gefühle, diese Stadt“, wurde sie aufgeregt und ihre Hände entfachten ein Feuer.
„Okay, ganz ruhig, wir wollen nicht das Café abfackeln“, löschte Tacy ruhig das Feuer mit ihrem Wasserglas.
„Super, ich dachte, wenigstens die Kraft hab ich unter Kontrolle, anscheinend nicht. Vielleicht wäre es besser gewesen, den Chip wieder ersetzen zu lassen“, war sie schlecht drauf.
„Nein, Süße, es ist für dich etwas überwältigend, wir hatten unser ganzes Leben Zeit, unsere Kräfte zu studieren, aber mit unserer Hilfe wirst du zu der mächtigen Hexe, die du bestimmt bist zu sein“, beruhigte Rae ihre Tochter.
„Vielleicht möchte ich das nicht sein, vielleicht möchte ich einfach ein Mensch sein“, sagte sie frustriert.
„Hey, wenn du das willst helfen wir dir mit einem neuen Chip, du wirst zu nichts gedrängt“, versicherte Rae.
„Ich weiß nicht, was ich will, aber danke für die Unterstützung. Danke, für die Unterhaltung, ich glaub, jetzt kann ich was essen“, begann sie zu essen.
„Das ist gut, dann tu das. Rae, können wir kurz allein reden?“, hoffte Tacy und zog ihre beste Freundin etwas vom Tisch weg.
„Wir sollten sie aus der Stadt bringen“, begann Tacy.
„Von wegen, ich hab sie grad erst wiedergefunden, ich lass sie nie wieder los“, war Rae dagegen.
„Du siehst doch, dass sie noch gegen ihre Kräfte kämpft, wenn sie zu auffällig wird, könnten die Jäger auf ihre Spur kommen und ihr Vater kann sie gerade nicht beschützen“, erklärte Tacy.
„Wir beide sind zusammen genauso mächtig wie er, wenn nicht noch mächtiger, wir können sie beschützen“, stellte Rae klar und sie drehte sich wieder zum Tisch. Angel war weg.
„Du wolltest sagen?“, murrte Tacy und Rae bezahlte schnell mit ihrem Armband und ging eilig mit ihr nach draußen.
Sie fanden Angel ziemlich schnell. Sie hatte ihr Gesicht in ihren Händen verborgen und stand mitten auf dem Bordstein.
„Süße, du kannst doch nicht einfach so wegrennen, was ist los?“, stellte sich Rae vor sie und zog ihre Hände weg. Ihre Tochter hatte pechschwarze Pupillen.
„Verdammt, ich hasse, wenn das so plötzlich auftaucht. Was sollen wir machen?“, war Rae etwas ratlos.
„Zwei Möglichkeiten. Wir holen ihren kleinen Lover her, oder Colosseum“, plante Tacy gefasster.
„Ich will ihm das nicht mehr antun“, erwiderte Angel.
„Okay, dann Colosseum, hier, zieh die auf, mit der U-Bahn kommen wir dahin“, plante Tacy, gab ihrem Patenkind ihre Sonnenbrille und sie fuhren mit der U-Bahn zum Bordell.
 
Der Duft von Patschuli und einer Mischung unidentifizierter Gerüche kam Angel in die Nase, als sie das Colosseum betrat. Ihre Mutter und ihre Tante gingen da ganz cool rein, als wären sie dort Stammgäste.
„Tag, Maroon, wir brauchen einer deiner Prachtexemplare, wir haben einen jungen Sukkubus mit viel Energie“, ging Rae schnurstracks an die Rezeption.
„Wie sehr ich dich auch liebe, Rae, jung bist du nicht mehr“, konterte Maroon, der Rezeptionist, cool.
„Witzig, Mar‘, ich werde mir bei deiner nächsten Impfung besonders lang Zeit lassen. Wen hast du frei?“, fragte Rae.
„Amos wäre noch frei“, sah Maroon auf das Display.
„Der ist perfekt, der kann was wegstecken. Welches Zimmer?“
„Drei. Müsste nur noch ihre I.D. haben“, bat er.
„Süße, zeig dem Mann dein Armband“, sagte Rae und Angel streckte etwas überfordert ihr Armband über den Tresen.
„Ach gut, dachte schon, du wärst minderjährig. Dann viel Spaß, Handtücher sind im Schrank im Badezimmer, bezahlen kannst du danach, lass ihn nur am Leben“, erklärte Maroon und Angel zog ihren Arm wieder weg.
„Ich weiß nicht genau, ob dass das richtige ist“, zögerte Angel.
„Tut mir leid, Engelchen, ich weiß, es ist beim ersten Mal seltsam, aber die Alternative ist nicht gegeben. Die Männer sind echt talentiert, keine Sorge“, beruhigte Rae ihre Tochter.
„Okay, sag einfach nichts mehr dazu, ist einfacher, wenn ich nicht von meiner Mutter gesagt bekomme, was ich tun soll. Raum drei haben Sie gesagt?“, redete Angel vor sich hin und ging zu dem Raum.
Zögerlich klopfte sie. Die Tür ging auf und ein muskulöser, attraktiver Kerl in Gladiatoren-Uniform begrüßte sie.
„Damit kann ich arbeiten“, murmelte sie und zog den Gladiator zum Bett.

Zwölftes Kapitel

 
Am Ausgang wartete ihre Mutter auf sie, als sie fertig war.
„Hey, besser?“, fragte Rae nur.
„Ja, danke, wo muss ich jetzt zahlen?“
„Hab ich mich drum gekümmert. Tacy musste zurück zur Arbeit, ich bring dich zu mir nach Hause, da kannst du dich ausruhen. War er gut?“
„Da red ich sicher nicht mit dir drüber, aber danke fürs Bezahlen. Lass uns hier verschwinden“, murmelte Angel.
„Ich würde dir empfehlen ein Abo hier abzuschließen, da sparst du einiges“, riet Rae ihr.
„Ich werde ganz sicher nicht nochmal hierherkommen“, entschied Angel.
„Oh Süße, wenn du nicht jeden Tag für einen Mann in einer Bar Ausschau halten willst, dann wirst du das langfristig tun müssen. Nur nen Tipp“, erklärte Rae.
„Meinetwegen, dann geh ich mich registrieren. Tut mir leid, ich weiß, diese Situation hier ist für dich vermutlich noch peinlicher als für mich“, entschuldigte sie sich höflich und ging an den Eingangstresen um sich zu registrieren.
„Ja, es ist peinlich, meine Tochter hier mit hinzunehmen, aber das ist hier sowas wie mein zweites zu Hause, also alles gut. Apropos, geh schon mal raus, ich muss hier noch was besprechen“, führte Rae das Gespräch weiter als Angel zurückkam.
 
Sie kannte zwar keinen in New York, trotzdem zog sie aber die Sonnenbrille wieder auf, als sie vor der Tür auf ihre Mutter wartete.
 
Ihr Telefon machte ein Signal und sie sah auf ihr Armband. Luther hatte ihr geschrieben. Erst lächelte sie, doch dann fühlte sie sich beschämt für das, was sie mit dem Gladiator getan hatte und sie ignorierte die Nachricht.
 
„Musstest du die Dienste schonmal in Anspruch nehmen, während du in einer Beziehung warst?“, wollte Angel wissen, als sie mit ihrer Mutter im Schnellzug nach Brooklyn rausfuhr.
„Da ich noch offiziell verheiratet bin muss ich das bejahen, das gerade war auch keine “Besprechung“, ich wollte nur nicht vor dir zugeben, dass ich es gebraucht habe“, gestand sie ihrer Tochter.
„Das waren höchstens 10 Minuten“, war Angel überrascht.
„Das hat gereicht, du hast Schuldgefühle wegen Luther, was?“
„Nen bisschen, wie ich ihn kenne würde er es verstehen, doch ist trotzdem eklig, bei dir muss ich erstmal ne Weile duschen“, bemerkte sie.
„Ja, das Gefühl kenn ich, das vergeht. Ich würde auch gern mit dem Mann Sex haben, den ich liebe, aber dein Vater und ich sind so weit weg von dem“, erzählte Rae traurig.
„Was ist mit euch passiert?“
„Ich rede nicht gern darüber, denn du würdest deinen Vater hassen und das will ich nicht“, druckste sie herum.
„Ich werde ihn nicht hassen, erzähl es mir, bitte“, bat sie.
„Okay, aber ich hab dich gewarnt“, entgegnete sie und erzählte ihr von dem Tag ihres Verschwindens.
„Ich bin nicht sauer auf ihn, er tut mir leid. Wir wissen nicht, was ihm passiert ist, er ist vermutlich von den Hexenjägern geschnappt worden, er hätte getötet werden können, aber er lebt und das ist das Wichtigste“, lauschte Angel ruhig der Geschichte.
„Das ist nicht dein Ernst? Er hat mir dich weggenommen!“
„Er wollte dir das Trauma ersparen, ein Leben auf der Flucht zu führen. Er hatte das ganz sicher nicht so geplant, aber jetzt ist es passiert. Wir sind wieder zusammen, das ist alles, was zählt!“, ergriff sie die Hand ihrer Mutter, die ihr gegenübersaß.
„Das ist lieb, aber ich kann ihm das nicht vergessen, niemals“, behauptete Rae.
„Aber du bist immer noch mit ihm verheiratet, 20 Jahre nach dem Vorfall, also musst du ihn noch irgendwie lieben!“
„Ich liebe ihn mit ganzem Herzen, aber da ist immer noch dieser Missbrauch des Vertrauens, den ich niemals abschütteln konnte“, erklärte sie.
„Er hat seinen Preis bezahlt, körperlich und seelisch“, tauchte Tacy plötzlich neben Rae auf dem Sitz auf.
„Fuck, Tace, auch wenn du jetzt das Armband trägst solltest du nicht so unvorsichtig sein. Musst du nicht arbeiten?“
„Bin dabei, wollte nur sagen, dass Balt fertig entzaubert ist“, bemerkte Tacy cool.
„Das hättest du auch am Telefon sagen können, du wolltest nur angeben mit dieser Sache. Dein Patenkind ist von dir schon begeistert, das musst du nicht tun“, murmelte Rae.
„Ihm geht’s gut, übrigens, er will seine Tochter sehen“, erklärte Tacy trocken.
„Sorry, bin nur paranoid, sie schlaucht die Projektion noch ziemlich, ich will nicht, dass sie jetzt aus einem Schnellzug raus projiziert“, erklärte Rae.
„Na gut, dann sag ich ihm, ihr kommt morgen zu ihm. Und, wie war’s?“, wollte Tacy wissen.
„Seltsam, aber er hat getan, was er sollte“, bemerkte Angel.
„Gute Antwort, dann geh ich mal zurück zu deinem Vater, soll ich ihm was ausrichten?“
„Ich ruf ihn später mal an, sag ihm das“, bat Angel. Tacy nickte und machte sich bereit zur Projektion.
„Süße, geh dafür in die Toilette, bitte“, bat Rae.
„Wäh, die sind eklig!“
„Du sollst ja nur Sekunden da drin sein und kein Kind darin bekommen!“
„Meinetwegen“, murmelte Tacy und ging unverdächtig zu den Toiletten.
 
Vorsichtig ging Angel in die Wohnung ihrer Mutter.
„Du kannst hierbleiben, solang du willst, ich hab ein Gästezimmer da hinten. Nimm auch alles aus dem Kühlschrank, bestell nur nach, wenn was ausgeht. Handtücher sind im Schrank neben der Badewanne. Brauchst du sonst noch was?“
„Das ist etwas peinlich, aber ich brauch technische Unterstützung, wenn du verstehst, was ich meine“, murmelte Angel und zeigte in ihre private Körperregion.
„Auf dem Display an meinem Schreibtisch steht mein Account für die Sexspielzeug-Website, bestell dir was du brauchst, du kriegst mit meinem Account Prozente, sehr viele zugegeben“, sagte Rae nur.
„Okay, ich hätte ohne diese Information gut leben können, aber danke, das ist lieb!“
„Übertreib es aber nicht mit den Spielzeugen, ich bekomm schon genug schräge Werbung auf mein Heim-Display“, bat Rae ihre Tochter.
„Ich mach das zum ersten Mal, ist peinlich genug, da geh ich sicher nicht ins Extreme“, erwiderte sie.
„Gut, gut. Ich muss mich für die Arbeit fertig machen, hab meinen Patienten gesagt, ich hab heute Abend Zeit, aber ich kann das auch absagen, wenn du willst!“
„Nein, geh ruhig arbeiten, ich komm hier schon klar, ich bestell die Sachen auch lieber, wenn du nicht in der Nähe bist“, versicherte sie.
„Gut, dann geh ich mich mal duschen, bediene dich mit allem was du brauchst, deine Taschen stehen da hinten“, bemerkte sie und ging ins Badezimmer.
 
Sie nahm ihr Telefon auf, legte es wieder hin und sie tat dies mehrere Male, bis sie endlich anrief.
„Hey, Balthazar, Dad, ich bin’s, Angel“, erreichte sie Balthazar.
„Schön, dass du anrufst, wie geht’s dir? Es tut mir so leid, dass unser erstes Treffen so seltsam war, ich hab nicht gewusst, dass ich diesen Zauber ausgesprochen hatte“, entschuldigte er sich sofort.
„Schon gut, ich bin in deinem Team“, versicherte sie.
„Du weißt nicht, was ich gemacht habe!“
„Doch, weiß ich, aber bin trotzdem in deinem Team“, bemerkte sie.
„Wirklich? Du bist wirklich die Einzige, die mich versteht“, begann er zu weinen.
„Das kenn ich irgendwo her. Du weißt nicht, was dich dazu gebracht hat und du hast genug gelitten, wir müssen jetzt in die Zukunft schauen“, erklärte sie.
„Du machst mich so glücklich, wenn du das sagst, aber ich habe das nicht verdient!“
„Vielleicht nicht, aber alles andere hast du auch nicht verdient. Du bist für den Hexenteil in meinem Leben zuständig, meine Pateneltern haben mir zwar alle Hilfe angeboten, aber die sind weiße Hexen, du musst mir mit meiner dunklen Seite helfen“, bat sie.
„Das werde ich, ich hab wieder einen Grund zum Leben, jetzt wo ich dich wiederhabe. Ich kann in ein paar Tagen aus dem Krankenhaus raus, können wir uns dann treffen?“
„Ich komme dich vorher noch besuchen, keine Sorge!“
„Das wäre schön. Wie geht es dir denn? Muss ja nen Kulturschock hier in der Stadt sein!“
„Ist viel los, aber auch anonymer hier. Wie stark ist die Gefahr hier eigentlich wirklich? Mom scheint wirklich besorgt zu sein!“
„Es war schon schlimmer, aber man muss trotzdem aufpassen. Es wäre mir lieber, wenn du nicht zauberst, bis du es besser kannst, bzw. deine Kräfte verstecken kannst“, bat er.
„Mach ich. Was für Kräfte sollte ich eigentlich haben?“
„Das erklär ich dir, wenn ich dich trainiere, sonst willst du das nur ausprobieren!“
„Okay, aber wenn ich mal irgendjemanden aus Wut in einen Frosch verwandle, bist du schuld“, schmunzelte sie.
„Also ich kann das nicht, wird also vermutlich bei dir nicht passieren. Spricht die dunkle Seite mit dir?“
„Ja, nen bisschen, ist das normal?“
„Ja, aber unterdrück das nicht, das entlädt sich sonst an den unpassendsten Momenten, glaub mir. So kleine Sticheleien hier und dort helfen manchmal, ich habe Assistenten dafür“, erklärte er.
„Ich muss mir also sowas wie einen Prügelknaben suchen?“
„So in etwa, schön ist das nicht, aber das liegt in unserer Natur. Ich könnte dir einen von denen “Ausleihen“, wenn du willst, mach sie mir nur nicht kaputt“, schlug er vor.
„Du hast Assistenten? Was machst du denn beruflich?“
„Ich hab ne Bar, aber als Hexer hat man ein Blutrecht einen Assistenten zu haben, vor hunderten von Jahren nannte man sie noch Sklaven, aber jetzt ist das lockerer. Ich hab zwei, weil mir beide viel bedeuten. Yash ist ein indischer Blutdämon, Cronin ist ein Chamäleon, aber er hat sich seit Jahren nicht mehr verwandelt“, erzählte er ihr.
„Du hältst einen Dämon und einen Formwandler als Sklaven?“
„Sie sind meine Mitarbeiter, sie können kommen und gehen wie sie wollen und werden trotz Flaute in der Bar gut bezahlt“, verteidigte er sich.
„Ich möchte das Chamäleon kennenlernen, ist er mit mir verwandt?“
„Nein, aber deine Ur-Großmutter und seine waren gut befreundet, er ist also sowas wie ein Familienfreund. Yash ist aber auch cool, er wird mit Blut versorgt und ist ganz brav“, versicherte er ihr.
„Ja, ja, sei mir nicht böse, aber von Blutsaugern halte ich mich fern“, bemerkte sie.
„Sicher, wie du meinst. Pass auf dich auf, wir sehen uns bald“, verabschiedete er sich.
„Du auch, werde wieder gesund!“
„Werde es versuchen. Danke für deinen Anruf“, bedankte er sich.
„Gerne. Ich werde bei Mom ein gutes Wort für dich einlegen, wenn du willst!“
„Das ist lieb, aber wir haben glaub ich zu viel geredet, jetzt gibt es keine Rückkehr mehr“, erwiderte er traurig.
„Schade, aber ich werde es trotzdem versuchen“, bemerkte sie und legte wieder auf.
 
Sie sah auf die Nachricht von Luther. Wie sollte das mit ihm weitergehen? Sie musste erst von Nevan loskommen, bevor sie sich ganz emotional auf Luther einlassen konnte. Ob er dies verstand? Sie legte das Telefon weg und versuchte auf dem Sofa einzuschlafen, doch es klingelte an der Tür.
„Ja?“, fragte sie am Display.
„Rae, ich bin’s, Yash, sorry, dass ich störe, aber Balt hat was bei dir vergessen, was ich für ihn holen soll“, entgegnete Yash, der an der Tür war.
„Ich bin nicht Rae, ich bin Angel, ihre Tochter. Ich hab grad mit meinem Vater gesprochen, da hat er es nicht erwähnt“, sagte Angel kritisch.
„Sie haben dich gefunden? Das ist ja wunderbar. Du hast mich erwischt, er will seine Sachen aus ihrer Wohnung holen, ohne dass sie dabei ist, kannst du doch verstehen, oder?“, fragte er freundlich.
„Wenn das sein Wunsch ist, dann komm hoch“, sagte sie zögerlich und drückte die Tür auf.
 
Kritisch beäugte Angel ihren Gast, als der durch den Gang ging und ein paar Sachen zusammensuchte.
„So, wie lang bist du schon wieder zu Hause?“, machte er Smalltalk.
„Gestern, du bist also Dads Assistent?“
„Ja, sozusagen, ich würde eher sagen moderner Sklave manchmal, aber er bezahlt gut und ist ein langjähriger Freund. Du musst mir nicht über die Finger schauen, ich weiß, was ich mache“, fühlte er sich beobachtet.
„Ich bin nur nett und unterhalt mich mit dir, mach ruhig was du willst“, entgegnete sie.
„Ich muss auch in ihr Schlafzimmer“, sagte er plötzlich.
„Dann geh, ich folge dir, wenn dich das nicht stört“, erwiderte sie und folgte ihm.
Erst sah er sich um, dann kramte er in der Arzttasche von Rae herum.
„Hey, da sind sicher keine Sachen von meinem Dad drin“, nörgelte sie.
„Wo ist es? Sie muss doch was haben“, bekam er schwarze Augen und seine Fangzähne kamen heraus.
„Was willst du? Ich weiß nicht was du meinst“, wurde sie nervös.
„Blut, ich brauch Blut, sofort“, donnerte er plötzlich graulend. Sie bekam Panik. Sie erhob ihre Hände, aber anstatt Feuer, was herauskommen sollte, stoppte sie die Zeit. Hektisch eilte sie zu ihrem Telefon und rief ihren Vater nochmal an.
„Daddy, ich brauch deine Hilfe, sofort“, bemerkte sie weinerlich ins Telefon.
„Wie sehr ich es auch liebe, dass du mich Daddy nennst, aber ich bin im Krankenhaus und kann hier nicht weg!“
„Er wollte mich angreifen und da hab ich …“, begann sie.
„Du hast ihn verkokelt? Wen meinst du?“
„Nein, ich hab die Zeit angehalten, bitte hilf mir, schnell, ich weiß nicht, wie lang das anhält und Yash scheint Blut zu brauchen. Er wird mich töten, komm sofort“, flehte sie panisch.
„Verdammt, die Blutlieferung muss wieder zu spät sein, ich versorg ihn sonst immer von anderen Quellen, wenn das passiert. Bin sofort bei dir, du bist bei deiner Mutter, oder?“
„Ja, bitte komm schnell!“
„Komme sofort“, legte er auf und war keine Minute später bei ihr.
„Verdammt, das hat gezecht. Wo ist er?“
„Schlafzimmer“, murmelte sie aufgelöst. Er ging dorthin, rammte Yash einen Betäubungs-Pen in den Nacken und ließ die Zeit wieder laufen.
„Alles gut, er ist betäubt, komm her“, drückte Balthazar seine Tochter an sich. Diesmal konnte er sie festhalten.
„Verdammt, aus diesem Grund wollte ich keine Blutsauger treffen. Was passiert jetzt mit ihm?“
„Ich ruf jemanden an, übrigens bin ich stolz auf dich, deine Mutter hat bei ihrem ersten Angriff den Blutsauger ausgelöscht, aber sie kann auch nicht die Zeit anhalten. Die Gabe ist ziemlich schwierig, ich war fast volljährig, bis ich das richtig konnte, bin schon ein bisschen stolz“, erklärte er und rief jemanden an.
Es vergingen keine fünf Minuten, bis sich eine Staubwolke im Wohnzimmer bildete und eine junge Frau in Uniform auftauchte.
„Hey, Onkel Balt, danke für den Anruf. Das passiert in letzter Zeit viel zu häufig“, erwiderte die junge Frau, die anscheinend bei der Polizei war.
„Du willst in der Abteilung deiner Mom arbeiten, so lernst du es. Er ist im Schlafzimmer“, bemerkte er und seine Nichte ging ins Schlafzimmer.
„Wer ist sie?“, wollte Angel verwirrt wissen.
„Auch ne Kusine zweiten Grades, ihre Mutter wurde adoptiert, sie ist eine Erd-Dämonin, sie ist noch in der Polizeischule, aber sie wird bald in der Abteilung für “spezielle Fälle“ aka Wesen arbeiten, in der eine ihre Mütter Captain ist.
„Onkel Balt, er ist ja betäubt“, hörten sie aus dem Schlafzimmer.
„Ja, wolltest du einen Blutsauger ohne das verhaften?“, rief er zurück.
„Du bist witzig, wie soll ich ihn so aufs Revier schaffen?“, kam Raven zurück.
„Du projizierst ihn weg, was für ein Dschinn bist du denn?“, frotzelte er.
„Dafür muss ich ihn aber hochheben können und Yash hat in den letzten Jahren etwas zugelegt“, murrte sie.
„Ich bin zu schwach um ihn schweben zu lassen, Kleines!“
„Ich helf ihr“, schien sich Angel wieder gefasst zu haben.
„Hab gehört, die verlorene Tochter ist zurück, dann zeig mal was du kannst, Kusinchen“, bat Raven und sie gingen zusammen ins Schlafzimmer.
„Okay, ich helf dir für den Anfang. Mach die Hände flach und streck die Handinnenseiten nach oben. Wenn er dann so auf Brusthöhe ist, drehst du die Hände vertikal und so steht er aufrecht“, gab Balthazar seiner Tochter Anweisungen und mit einiger Konzentration gelang ihr es.
„Gut, so müsste es gehen, greif ihn, Rav“, bat Balthazar und der junge Dschinn verschwand mit ihrem Kriminellen.
„Das ist also Raven“, redete sie vor sich hin.
„Ja, du musst erstmal ihre Mutter kennenlernen, dann verstehst du einiges“, murmelte er und stützte sich erschöpft auf seine Knie.
„Okay, du gehörst zurück ins Krankenhaus, ich ruf Tante Tacy an“, erwiderte sie besorgt und rief an.
 
„Ich hätte zu Hause bleiben sollen“, realisierte Rae, als sie am Abend die Story des Tages von ihrer Tochter hörte.
„Nein, ich hätte ihn nicht reinlassen sollen, ich bin noch so neu darin“, erklärte Angel.
„Du konntest es nicht wissen, ich hab immer eine Blutkonserve für ihn dabei, er kann froh sein, dass er nicht von dir getrunken hat, aber nach mir macht er den Fehler nicht mehr“, entgegnete sie.
„Er hat dich schon gebissen?“
„Ja, aber mit meiner Erlaubnis, ist ne lange Geschichte, fast so lange wie der Ständer, den er danach hatte, unser Blut hat diese Auswirkung“, erwiderte sie.
„Ich hab in meinem alten Leben öfters mal Blut gespendet“, murmelte Angel.
„Geschieht denen recht, ich hoffe es erwischt mal einen aus der Chefabteilung deiner Ex-Firma. Das ist zu viel für dich, oder?“
„Nen bisschen. Was ist die Story mit Raven, ist sie gut, oder böse?“
„Sie ist eine von den guten, aber mit ihren 19 Jahren noch etwas grün hinter den Ohren. Ihre Mütter sind meine engsten Freundinnen, wäre schön, wenn ihr euch anfreunden könntet, aber keinen Druck. Hast du Hunger? Ich könnte ne Lasagne machen“, plapperte Rae.
„Ne richtig hausgemachte?“
„Ja, ich kann kochen“, bemerkte sie.
„Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht!“
„Kein Problem, du ruhst dich aus und denk dran, Yash ist eigentlich ein lieber Kerl, sein Dämon ist nur mit ihm durchgegangen, das ist mir auch passiert, ich habe sogar nen Videobeweis davon“, verteidigte sie ihren alten Freund.
„Wirklich? Kann ich das sehen?“, fragte sie neugierig.
„Wenn ich nen bisschen was getrunken habe vielleicht, ist ziemlich peinlich“, versprach sie.
„Ich hab ehrlichgesagt noch nie was getrunken, nicht mal auf dem College“, gestand sie ihrer Mutter.
„Das ist nicht schlimm, dein Vater ist ein Abhängiger, ist vielleicht besser, wenn du damit erst gar nicht anfängst. Ich halt mich in den letzten Jahren auch etwas zurück, man wird auch nicht jünger“, bemerkte Rae zufrieden.
„Das heißt, ich krieg das Video nicht zu sehen?“
„Wenn du deine Tante Melody mal nett fragst, kann sie es dir zeigen, ist im Polizeiarchiv. Du solltest eh mal zu ihr gehen, wegen deiner Aussage“, entschied sie.
„Ich muss ne Aussage machen? Warte, warum ist das im Polizeiarchiv, hast du jemanden verletzt?“
„Mein Vater war vor Melody der Captain in der Abteilung für spezielle Fälle, er hat mich damals gefunden und seine Dashcam hat es aufgenommen. Ich kann froh sein, dass ich diese Connections hatte, deshalb war ich nie in größeren Schwierigkeiten. Komm doch mit in die Küche, dann erzähl ich dir davon“, bat sie und Angel folgte ihrer Mutter.
 
Als sie das Polizeirevier nach dem Abendessen besuchte, drehten sich einige Polizisten nach ihr um.
„Hey, ihr Gaffer, habt ihr nichts zu tun?“, kam eine attraktive Mid-Vierzigerin aus ihrem Büro und winkte sie hinein.
„Ma’am“, sagte sie höflich.
„Autsch, wir sind doch Familie, ich bin Melody“, umarmte der Captain sie stürmisch, was sie sichtlich überforderte.
„Tut mir leid, das muss so verrückt für dich sein, du kennst uns alle nicht, aber wir haben dich alle als Baby im Arm gehalten. Ich bin Melody für dich, meine übermotivierte Tochter hast du ja schon kennengelernt“, stellte Melody sich vor.
„Schon gut, ich gewöhn mich langsam dran. Was bist du für ein Wesen?“
„Mensch, der einzige im Freundeskreis, aber ich hab ne Waffe und nen Rang, also bin ich glücklich. Scheiße, was heute passiert ist, oder? Wenn’s dich beruhigt, ich hab für Yash ne größere Datei, wenn er nicht ständig nach Blut suchen müsste, wäre mein Leben auch einfacher“, erklärte Melody.
„Darf ich mit ihm reden?“
„Sicher, sitzt in Zelle 3, bitte Raven, dich dahinzubringen. Es ist so schön, dass wir dich gefunden haben, deine Eltern haben viel zu lang gelitten, ich hätte vielleicht mehr nach dir suchen sollen, aber du weißt doch wie es ist, das Leben geht weiter und ich hatte eine kleine Tochter zu versorgen“, erwiderte Melody.
„Ich mache niemandem einen Vorwurf, ich verzeihe auch meinem Vater“, erklärte sie ihr.
„Okay, das ist sehr großzügig von dir, könnte ich nicht!“
„Ich bin wirklich die Einzige, die in seinem Team ist. War schön, dich kennenzulernen, oder wiederzusehen, oder was auch immer. Ach, da ist noch was, meine Mutter sagte mir, es gäbe ein Video von ihr in einer na ja, nicht so tollen Lage!“
„Sie hat zugestimmt, dass ich dir das zeige?“
„Ja, hat sie. Zeigst du es mir?“
„Wenn du willst, aber ist für menschliche Augen, und das bist du ohne die Erfahrung irgendwie, ziemlich verstörend“, erklärte Melody ihr.
„Ich will es trotzdem sehen, bitte!“
„Gut, aber ich hab dich vorgewarnt“, erwiderte Melody und spielte das Video ab.
„Kann mir das auch passieren?“, fragte sie entsetzt über den Voll-Dämonen-Modus ihrer Mutter, den sie auf dem Video gesehen hatte.
„Da bin ich der falsche Ansprechpartner, ich war damals auch nicht dabei. Red mit deiner Mutter darüber, sie hat niemanden verletzt bei diesem Vorfall, gruselig sieht es trotzdem aus“, erwiderte Melody.
„Ja, echt gruselig. Ich will nicht jeden Tag in den Puff gehen müssen um nicht das Ding zu werden“, zeigte sie auf das Stand-Bild auf Melodys PC.
„Dann such dir einen Mann, oder ne Frau, ich bin die letzte, die da Vorurteile hat, bin schließlich mit ner Frau verheiratet!“
„Ich steh nicht auf Frauen, nichts für ungut!“
„Und noch ein Hetero Sukkubus in der Familie, deine Mutter war die erste in einigen Generationen in eurer Familie, die nur auf ein Geschlecht stand, war für sie, wie du siehst kompliziert!“
„Sind Sukkuben normalerweise alle bisexuell?“, lernte Angel was Neues.
„Da bin ich überfragt, ist vermutlich am praktischsten. Willst du mal was Cooles sehen?“, fragte Melody plötzlich.
„Fühl ich mich danach besser oder schlechter als jetzt schon?“
„Ist was Schönes!“
„Dann, okay!“
„Leg deinen rechten Ringfinger auf das Pad hier“, bat Melody und Angel tat es zögerlich. Sie spürte einen Piecks.
„Sorry, hätte dich vorwarnen sollen. Ich brauch dein Blut dafür. So, jetzt müssen wir nur wenige Sekunden suchen und dann sehen wir, wie viele Generationen deiner Familie in unserer Datenbank sind“, erklärte Melody und Angel nahm ihren blutigen Finger in den Mund.
„So, jetzt haben wir es gleich. Wow, du hast noch mehr Cops in der Familie, das hab ich jetzt auch nicht gewusst. Dein Ur- Ur-Großvater und dein Ur-Großvater waren beide Cops und Reinblut-Sukkuben, na ja, zumindest der Ur-Ur Großvater, dein Ur-Großvater war ein halber Formwandler. Wow, Lidenskab Magnusson, du hattest also auch nen Dänen in der Familie. Soll ich dir das auf dein Armband übertragen?“, wollte Melody wissen.
„Nein, zu gefährlich, aber danke. Ich geh dann mal zu Yash“, sagte Angel etwas durcheinander und ging aus Melodys Büro.
„Hey, Raven“, stellte sich Angel neben Ravens kleinem Schreibtisch. Man erkannte sofort, dass sie auf der untersten Stelle der Hierarchie stand.
„Bringst du mir Nachschub?“, fragte Raven, ohne aufzusehen.
„Nein, diesmal nicht. Ich möchte Yash sehen, deine Mutter meinte, du würdest mich zu ihm bringen“, erklärte sie ihr.
„Ach, meint sie das, sie macht es mir echt nicht einfach, diesen Job zu mögen. Okay, komm mit“, bat sie und brachte sie zu den Zellen.
„Yash, du hast Besuch“, rief Raven in die halbdunklen Zellen.
„Ist es Balt?“, hörten sie eine leise Stimme in der Ecke.
„Nein, seine Tochter!“
„Angel, Engelchen, warum besuchst du mich? Ich hab dich angegriffen“, kam er ins Licht. Er sah schon besser aus.
„Nein, hast du nicht, nicht mit Absicht zumindest. Hast du Blut gekriegt?“, wollte sie freundlich wissen.
„Ja, ne Tasse voll, wird nicht lange anhalten, aber reicht erstmal. Ich wollte das wirklich nicht“, entschuldigte er sich höflich.
„Ich weiß, hab mich nur erschreckt, das alles ist ziemlich neu für mich, ich bin nicht damit aufgewachsen, vor einigen Wochen wusste ich nicht mal, dass ich ein Wesen bin, ich hab für die Witchhunt gearbeitet, ich komm somit aus dem Feindeslager sozusagen. Ich war verlobt mit einem Menschen, einem Mann mit indischen Wurzeln übrigens, das hier ist alles so verwirrend“, erklärte sie und setzte sich mit dem Rücken an die Gitterstäbe.
„Das glaub ich dir. Ich kam als Kind aus Indien hierher, allein, das war wie eine andere Welt. Meine Eltern wurden von Vampirjägern getötet, weil sie sie mit Vampiren verwechselt haben, ich bin immer noch der einzige Rakshasa in diesem Land, soweit ich weiß, das ist echt einsam. Du kannst froh sein, dass du eine Mutter hast, die dir deinen Dämonen erklären kann, ich hatte das nicht. Deswegen hab ich vermutlich auch seit meiner frühsten Jugend Probleme mit allem, dass ich nirgendwo irgendwas zu sagen habe macht es nicht besser. Ich hätte vielleicht irgendwo als Krankenpfleger anfangen sollen, aber ständig unter blutenden Leuten zu sein, hätte ich nicht ausgehalten“, erzählte er aus seinem Leben.
„Klingt echt scheiße, hat mein Dad dir nicht geholfen?“
„Dein Dad ist für einen Warlock ein echt netter Kerl, aber die letzten 15 Jahre hat er mit saufen, Drogen und anderem Mist verbracht, ich hab ihm versucht zu helfen, aber ist echt schwierig, wenn man selbst nicht klarkommt!“
„Du hast meinem Vater beigestanden?“, war sie gerührt.
„Ja, so gut ich konnte, war echt nicht einfach, dein Dad war echt brutal, als er gesoffen hatte. Nicht körperlich, aber er konnte echt verbal austeilen. Ich bin so stolz auf ihn, dass er jetzt versucht trocken zu bleiben. Der Herzinfarkt hat mich echt runtergezogen, er ist mein bester Freund, wenn er stirbt, bin ich ganz allein“, erläuterte er weiter.
„Nein, bist du nicht, wenn du in Zukunft auch für mich da bist, werde ich deine Freundin sein, egal was kommt“, versicherte sie und schob ihre Hand durch die Gitterstäbe. Yash rutschte auf der Bank bis zum Ende und nahm ihre Hand in seine.
„Ich würde ihn nicht so anfassen, du bist wandelndes Heroin“, hörte sie plötzlich die Stimme ihres Vaters, was sie höllisch erschreckte.
„Dad, fuck, du gehörst doch immer noch ins Krankenhaus, was machst du hier?“, fluchte sie.
„Sie haben mich endlich rausgelassen, wurde auch mal Zeit. Jetzt hol ich erst mal Yash raus, der war lang genug drin für den Mist, den ich gemacht habe“, bemerkte er selbstbewusst und ging in Richtung der Büroplätze.
„Du hast ihn seinen Lebenswillen wiedergegeben, das ist schön zu sehen. Ich übergebe dir jetzt die Aufgabe, ihm zu helfen, ich muss mich endlich um mich selbst kümmern“, bat Yash plötzlich.
„Das werde ich, ich werde mich um euch beide kümmern, ich kann mich hier in der Stadt echt nicht bewerben, wen sollte ich schon als Referenz angeben, mein alter Arbeitgeber ist zwar legitim, aber wenn mein nächster Boss ein Wesen ist, hab ich da keine Chance“, entgegnete sie.
„Du kannst in meiner Bar arbeiten, bis du was findest. Na, Kumpel, bereit hier rauszukommen?“, kam Balthazar zurück und zog eine Karte durch. Die Tür sprang auf.
„Jetzt warst du aber schnell“, wunderte sich Angel.
„Ich hab Raven gefragt, die hat nur etwas wie “Wie auch immer“ gemurmelt und hat mir die Karte gegeben“, sagte er nur.
„Sie muss wohl noch einiges lernen bis sie ein Cop ist. Ich geh mal zu Melody und frag sie, ob das alles so okay ist, ihr beide redet mal, aber nicht nur ein Männergespräch, eine richtige Unterhaltung, so wie wir Frauen das tun“, plante Angel und ging zu den Büros.
„Hast du das Yankees-Spiel gesehen?“, begann Yash.
„Eine richtige Unterhaltung, hab ich gesagt“, rief Angel, die das noch mitbekommen hatte und die beiden bejahten das genervt und gleichzeitig.

Dreizehntes Kapitel

 
„Du brauchst das nicht zu tun“, bemerkte Rae, als sie ihrem Noch-Mann zusah, wie er den Verkaufsvertrag für seine Bar aufsetzte.
„Doch, muss ich, keine Sorge, du kriegst deinen Anteil in der Scheidung, hab es schon in den Unterlagen angegeben. Ich werde in der Stadt bleiben, bis das hier verkauft ist, dann werde ich mit meinem Anteil verschwinden und irgendwo neu anfangen“, plante Balthazar.
„Du kannst nicht einfach so weggehen!“
„Wieso nicht? Du willst mich nicht mehr, meine Tochter zaubert schon nach wenigen Wochen Training besser als ich, Yash ist auf dem Weg nach Mumbai, um doch noch Verwandte von sich zu finden, Skunk macht auch sein eigenes Ding und ach ja, ne Wohnung hab ich auch nicht“, entschied er.
„Ich will aber nicht, dass du gehst“, sagte Rae plötzlich liebevoll.
„Ha, wusste ich es doch“, verwandelte sich Balthazar plötzlich in Angel.
„Ich wusste, dass du es warst, dein Sukkubus stinkt meilenweit. Was soll das, Tochter?“
„War nen Versuch wert? Mein Sukkubus stinkt?“
„Nein, aber wir erkennen uns untereinander. Ins Colosseum könntest du trotzdem mal wieder, deine Augen sind ziemlich düster. Wo ist dein Dad wirklich?“
„Einkaufen, du musst mit ihm darüber reden, sonst geht er wirklich bald“, riet Angel ihr.
„Dein Dad hätte schon so lange gehen können, wir sind jetzt schon fast sechs Jahre getrennt, er ist immer noch da“, versicherte sie.
„Ihm geht es Woche für Woche besser, du kennst den schwachen, drogenabhängigen Balthazar, aber er wird stärker, bis jetzt hat er nur Bimbos geknallt, aber wenn eine gute Frau merkt was für ein toller Kerl er ist, dann wird sie ihn dir wegnehmen“, erklärte Angel.
„Wie kannst du es wagen?“, schepperte Rae erbost.
„Was wagen? Die Wahrheit zu sagen? Es scheint ja kein anderer in deinem Umfeld zu machen, alle halten nur zu dir“, raunzte Angel.
„Ja, weil ich das Opfer in der Geschichte bin“, wütete Rae.
„Vielleicht machst du dich auch selbst zu dem Opfer. Auch er hat mich verloren, ja, er hat einen Fehler begangen, aber wer hat das nicht!“
„Ich habe akzeptiert, dass du bei dieser Geschichte auf seiner Seite bist, aber dass du mich jetzt als böse Dämonin darstellst geht zu weit“, zeterte Rae und bildete eine Feuerkugel in ihrer Hand.
„Du machst es einem nicht einfach, dich nicht als böse Dämonin zu sehen, wenn du das machst“, tat Angel dasselbe. So standen sie eine Minute schwer atmend einander gegenüber. Ganz plötzlich umhüllte sie eine Wolke von weißem Pulver und ihre Feuer löschten sich.
„Habt ihr den Verstand verloren?“, tauchte Skunk, Balthazars Angestellter mit einem Feuerlöscher in der Hand in dem Nebel auf. Rae sah ihre Mutter böse an und verschwand dann wortlos aus der Bar.
 
Etwas später tauchte Angel im Polizeirevier bei Melody auf.
„Hey, Tante Melody, ist zwar etwas aufdringlich, aber ich hatte grade nen riesigen Streit mit meiner Mutter, kann ich ne Weile bei euch untertauchen?“, fragte sie Melody hoffend.
„Sicher, Kleine, aber sie wird dich sicher schnell bei mir finden, kennst ja nicht viele Leute in der Stadt. Ich schick dir den Code für die Tür. Raven ist zu Hause, sie bereitet sich auf ihre Abschlussprüfungen vor, also solltest du sie in Ruhe lassen“, bat Melody.
„Mach ich, danke, Tante Melody!“
„Gerne. Was sag ich deiner Mutter, wenn sie hier auftaucht?“
„Ich brauch meine Zeit, das muss sie respektieren, meinem Dad kannst du sagen, er kann mich anrufen, aber er soll erst mit meiner Mom richtig reden, meine Mom weiß, was das bedeutet“, erklärte Angel und ließ Melody wieder arbeiten.
 
Sie hielt ihr Armband an das fremde Schloss und die Tür sprang auf. Melody, ihre Frau Rune und Raven wohnten in der Nähe ihrer Mutter, trotzdem hoffte sie, dass sie hier Ruhe finden konnte. Raven war in der Küche und machte gerade Kaffee.
„Hey, meine Mom hat mich schon vorgewarnt. Kaffee?“, fragte Raven trocken und Angel nickte.
„Mütter, was?“, fragte Raven verbrüdernd.
„Du hast zwei, du hast die Erfahrung, ich hab erst seit ein paar Wochen eine. Ich hab nur die Wahrheit gesagt und sie ist total ausgeflippt“, erwiderte sie.
„Die Wahrheit tut manchmal weh, aber die kriegt sich schon wieder ein“, versicherte Raven. Angel begann zu weinen.
„Hey, komm her“, umarmte Raven sie plötzlich. Angels Pheromone verwirrten sie.
„Tut mir leid, ich bin ziemlich suchterregend, hätte ich sagen sollen“, entschuldigte sie sich.
„Darf ich was versuchen?“, fragte Raven und begann Angels Hals zu küssen.
„Was machst du da? Unsere Mütter sind Kusinen“, bemerkte Angel, hielt sie aber nicht davon ab.
„Biologisch nicht, du brauchst es, ich brauch ne Entspannung, muss ja keiner erfahren“, erwiderte Raven erregt.
„Meinetwegen, aber wirklich nur einmal und das bleibt unter uns“, ließ sie sich verführen.
 
„Rav‘, ich bin zurück“, hörten sie Rune heimkommen.
„Fuck, hab ganz die Zeit vergessen, sie ist aber auch früh dran“, flüsterte Raven.
„Geh zu ihr hin, ich versteck mich im Schrank“, erwiderte Angel.
„Du kannst da sein, red keinen Unsinn. Sei einfach still, ich lenk sie ab, dann kannst du dich in Ruhe anziehen“, bemerkte sie, aber schon sprang die Tür auf.
„Ihr braucht nicht flüstern, du hast wohl vergessen, dass wir ne Kamera im Wohnzimmer haben. Ich dachte, ihr beide wärt hetero“, sagte Rune cool.
„War nen Experiment, ich geh nicht aufs College, das ist meine Experimentierphase!“
„Hab ich ja nichts dagegen, aber sie ist deine Kusine zweiten Grades“, murrte Rune.
„Nicht biologisch und ist ja nicht so, als würden wir Kinder zeugen können. Ihr geht’s besser und ich kann wieder entspannter weiterlernen. Könntest du uns jetzt allein lassen, dass wir uns anziehen können?“, bat Raven.
„Oh, okay“, war Rune etwas überrumpelt und ließ sie allein.
„So viel zum Thema, dass wir das für uns behalten. Wie auch immer, war nett, ich bin eindeutig hetero, aber war trotzdem hilfreich“, erwiderte Angel, während sie sich anzog.
„Ich bin noch unschlüssig, bin aber wohl noch von dir benebelt“, entgegnete Raven und wollte aufstehen, ihr wurde aber ziemlich schwindelig.
„Das hätte ich nicht zulassen sollen, ich bin gefährlich“, entschuldigte sie sich.
„Bitte, du hältst echt viel von dir, ich muss nur was essen“, murmelte Raven, kippte aber dann zur Seite.
„Na toll jetzt kriegt es meine Mom auch mit“, redete Angel vor sich hin und rief nach Rune.
 
„Sie hat nur einen Schwächeanfall, sie kommt bald wieder auf die Beine. Sie ist deine Kusine, Angel“, erklärte Rae, als sie Raven in ihrer Praxis untersucht hatte.
„Zweiten Grades und nicht mal biologisch. Ich hab es gebraucht, sie wollte es auch und es war ne einmalige Sache, ich steh eindeutig nicht auf Frauen“, erwiderte sie.
„Das hättest du nicht mit einer wildfremden Frau von einer Dating-Website machen können?“
„Hatte das nicht geplant und sie hat mich verführt!“
„Das glaubst du doch selbst nicht!“
„Doch, hab ich, ihre Anziehungskraft war aber auch nicht grad schwach. Kann ich in zwei Tagen meine Prüfung schreiben?“, wurde Raven wieder wach.
„Ich mach dich bis dahin fit, ich komm hier klar, Tochter, du kannst gehen“, sagte Rae kühl.
„Bin schon weg. Du kommst hier klar, Rav?“
„Ja, danke, danke auch, dass du meine Lernsachen mitgenommen hast“, bedankte sich Raven.
„War das mindeste, was ich für dich tun konnte. Tut mir leid nochmal, keine Sorge, ich komm nicht mehr zu euch, deine Mütter sind vermutlich genauso sauer auf mich, wie meine auf mich. Werd schnell wieder gesund“, verabschiedete sich Angel traurig und ging aus der Praxis.
 
In Gedanken versunken ging sie zu ihrem Vater in die Bar.
„Hey, Süße, du siehst aus, als würdest du nen Bier vertragen können. Deine Mutter hasst dich jetzt also auch?“, fragte Balthazar trocken und sie klemmte sich an die Bar.
„Nen Wasser reicht erstmal, danke. Ich hab echten Bullshit angestellt“, gestand sie ihm.
„Willkommen im Club. Was hast du gemacht?“
„Hab Raven für nen Quickie missbraucht!“
„Hat deine Mutter damals auch bei mir gemacht, wir waren aber nicht verwandt“, lauschte er ihren Worten.
„Sag‘s ja, Bullshit. Jetzt kann ich nirgendwo mehr hin, ich möchte zurück nach Kansas, kannst du mir Geld für nen Mietwagen leihen?“, hoffte sie.
„Oder ich zeig dir, wie du projizierst, ich wollte das ehrlich gesagt nicht machen, da ich wusste, dass du sonst sofort weg bist“, schlug er vor.
„Bis jetzt wollte ich nicht weg, aber ich halte es grade nicht hier aus, tut mir leid“, sagte sie weinerlich.
„Dann bring ich dich weg, wenn du das willst“, sagte er liebevoll, aber auch etwas betrübt.
„Du weißt, dass ich das nicht wegen dir mache, ich hab dich lieb, Daddy“, bedankte sie sich.
„Ich weiß, ich dich auch. Komm, ich bring dich zu ihm“, entgegnete er und projizierte sie weg.
 
„Ist sechs Wochen her, was ist, wenn er nen neue hat?“, fragte sie unsicher, als sie vor dem Farmhaus standen.
„Du hast mir erzählt, er sei ein Nerd und Einzelgänger, er wird auf dich warten, keine Sorge“, versicherte er.
„Ich habe auf seine Nachrichten nie geantwortet“, nuschelte sie vor sich hin.
„Das hingegen ist schon fies, bist wohl im inneren ein echter schwarzer Zauberer“, schmunzelte er. Seine Tochter sah ihn entsetzt an.
„Das war nicht so ernst gemeint, du bist das liebste, netteste Wesen was ich jemals meine Tochter nennen durfte, keine Sorge“, beruhigte er sie.
„Nein, ich bin ein furchtbarer Mensch, ich hab ihn nicht verdient“, wollte sie wieder verschwinden, doch dann sah er sie durch das Küchenfenster.
„Fuck, zu spät. Bleibst du hier, bis ich hier klarkomme?“
„Sicher, ich warte genau hier, bis du dich meldest“, sagte er sanft und sie ging zur Tür. Diese ging langsam auf.
„Ich dachte echt, die hätten dich gefunden“, begrüßte er sie trocken.
„Ich bin eine schwarze Hexe, das ist keine Entschuldigung, aber nur als Info“, begann sie. Er sah sie erst böse an, umarmte sie dann aber fest. Gerührt begann sie zu weinen.
„Hey, was ist dir denn passiert?“, fragte er besorgt.
„Sorry, war nur nen langer Tag. Mein Vater hat mich hierhergebracht, kann ich ihm sagen, dass hier alles gut ist?“
„Ja, alles gut, er kann aber auch gern auf nen Kaffee reinkommen, ich würde ihn gern kennenlernen, wenn das nicht zu forsch ist“, erklärte er und sie nickte und winkte Balthazar her.
„Schön, Sie kennen zu lernen, Sir“, begrüßte Luther seinen Gast, als er die beiden ins Wohnzimmer führte.
„Balthazar, bitte, ein Sir bin ich schon lang nicht mehr gewesen. Schön hast du es ihr, ist das dein Elternhaus?“, sah Balthazar sich um.
„Ähm, sie waren vermutlich irgendjemandes Eltern, denke ich“, druckste er herum.
„Du hast die Bewohner des Hauses getötet?“, war er verwirrt.
„Nein, sie waren schon tot, eine sehr lange Zeit, denke ich, bin kein Arzt. Ich hatte sonst nirgendwo wo ich hinkonnte, bitte verurteile mich nicht, ich hab sie beerdigt und hab versucht Hinterbliebene zu finden, aber das war schwierig, ohne Aufmerksamkeit zu erregen“, erwiderte er.
„Das ist also alles von denen?“, wollte Balthazar wissen.
„Du bist entsetzt, ich versteh das!“
„Halb entsetzt, halb beeindruckt, du weißt, wie man sich im Leben durchschlägt. Mich beeindruckt auch der Schäbig-Zauber an der Front des Hauses“, erwiderte Balthazar.
„Das ist kein Zauber, das ist wirklich so schäbig, ich hab keine magischen Kräfte!“
„Du hast magische Kräfte, du hast dich um meine Tochter gekümmert, als ich es nicht konnte. Vielen Dank dafür“, bedankte sich Balthazar höflich und sah zu seiner Tochter.
„War mir eine Ehre, Sir, Balthazar“, bemerkte Luther.
„Zeigst du mir, wo du sie begraben hast? Vielleicht kann ich da was machen, dass die aus deinem Garten verschwinden“, schlug Balthazar vor.
„Dad, das waren mal Menschen, du kannst sie nicht einfach verschwinden lassen!“
„Ich würde eher sagen, verschieben, ich beerdige sie irgendwo, wo sie nicht so auffallen, aber gefunden werden“, schlug Balthazar vor.
„Ähm, danke, aber nein, ich bin sozusagen ein Hausbesetzer hier, wenn die Behörden rausfinden, dass das Pärchen schon das Zeitliche gesegnet hat, werden sie mich hier rausschmeißen“, erwiderte er.
„Okay, dann stampf ich sie noch tiefer in den Boden, dann werden sie niemals gefunden“, entschied Balthazar.
„Fass sie bloß nicht an!“, riet Angel ihm.
„Natürlich nicht, ich mach das auf magische Weise. Will jemand zusehen?“
„Nein, bedien dich“, erwiderte Luther.
„Zeigen musst du mir den Platz schon!“
„Ja, sorry, bin gleich wieder da, Süße, bedien dich, wenn du was brauchst“, murmelte Luther und folgte Balthazar.
 
„Bist du sicher, dass du hierbleiben willst?“, fragte Balthazar, als er später aufbrechen wollte.
„Im Moment schon, bis sich das in New York wieder gebessert hat. Rede mit Mum, bitte, klärt das endlich“, verabschiedete sie sich. Er hatte ihr ihre Sachen gebracht.
„Ich werde es versuchen. Ich liebe dich, Kleines, die Welt scheint dir vermutlich gerade, als hätte sich jeder gegen dich verschworen, aber ich bin für dich da, immer“, versicherte er ihr, küsste sie sanft auf den Kopf und ließ sie allein.
 
„So, sagst du mir jetzt, was los ist?“, fragte Luther, als sie allein waren.
„Ich hab mich wohl zu wohl gefühlt dort, ich bin viel zu weit gegangen und zahl jetzt den Preis“, erklärte sie vage.
„Was hast du gemacht?“, fragte er sanft und zog sie aufs Sofa, wo sie ihm alles erzählte.
„Wow, das war echt heftig, das mit deiner Kusine mein ich jetzt und wenn du das wiederholen willst, bin ich voll dabei“, schmunzelte er.
„Das mach ich nicht mehr, tut mir leid. Ist es von mir zu forsch gewesen, meine Eltern glücklich zu sehen?“
„Nein, aber das müssen sie selbst regeln, da kannst du nichts machen. Zurück zu deiner Kusine, hast du sie gekillt?“
„Nein, nur geschwächt, aber war trotzdem echt ein dummer Fehler. Ich hätte bei den Callboys bleiben sollen“, redete sie vor sich hin.
„Du hattest was mit Callboys?“
„Das hatte ich wohl in meiner Geschichte ausgelassen, ich wollte keinen anderen Mann, aber die Dämonin musste auch gefüttert werden. Meine Mutter hat das bezahlt, was schon allgemein schräg war, aber dass sie jeden einzelnen von denen kennt und vermutlich gehabt hat ist noch viel schlimmer“, ergänzte sie ihre Geschichte.
„Keine Sorge, dass muss du jetzt nicht mehr machen, benutz mich, so oft wie du willst, ich halt das aus“, schlug er vor.
„Das ist lieb, aber ich werde erstmal ohne das auskommen, ich will niemandem mehr wehtun!“
„Ich hab deine sexuelle Erwachung überlebt, alles andere kann nur weniger anstrengend für mich sein. Du sagst einfach wann und wo und ich bin dabei!“
„Ich komm darauf zurück. Ist irgendwie komisch, wieder hier zu sein, New York City ist so ganz anders, warst du schonmal dort?“
„Nein, hab Kansas noch nie verlassen. Ich beneid dich echt, du weißt wer du bist, ich kenn nicht mal meinen Nachnamen“, überlegte er laut.
„Das ist echt traurig, das müssen wir bald mal ändern. Wir Wandler sind nicht so häufig, da müsste man doch was rausfinden, wenn man die Datenbank der Jäger hackt“, dachte sie laut nach.
„Ja, weiß ich, wenn ich es könnte, hätte ich es schon längst getan, aber ich benutze das W-Lan der Vormieter und das nächste ist ne ganze Weile weg. In New York wäre ich vielleicht anonym genug um es zu versuchen, aber ich will sie nicht dorthin locken“, erwiderte er.
„New York City ist groß, wir mieten uns einfach ein Hotelzimmer mit W-LAN und verdammt vielen Zimmern, wir verschwinden da, soweit wir haben, was wir wollen“, schlug sie vor.
„Klingt nach nem Plan, aber ich kann hier nicht weg“, bemerkte er.
„Ich red ja nicht von einer Reise, eher ne Reise auf Hexen-Art“, schlug sie vor.
„Oh nein, verschon mich damit, das ist doch gefährlich!“
„Dir wird übel, ist aber ungefährlich, hab es schon oft gemacht in letzter Zeit“, versicherte sie.
„Du kannst Projizieren?“
„Nein, aber mein Dad und die Dewins sind da ziemlich gut drin“, bemerkte sie.
„Dann ruf jemanden von denen, lass es uns versuchen“, stimmte er zu.
„Wirklich? Wow, das hab ich jetzt nicht erwartet. Okay, da mein Großcousin und seine Eltern in Rumänien sind bleibt wohl nur noch mein Dad. Er ist grad erst weg, lassen wir ihn sich erholen und machen es morgen. Ich könnte auch etwas Schlaf gebrauchen, bist du mir böse, wenn ich etwas schlafen gehe? Das Zimmer ist doch noch frei für mich, oder?“
„Sicher, geh schlafen, muss eh noch einiges im Stall machen“, erwiderte er.
„Danke, wir reden später weiter, okay?“
„Ja, können wir machen“, sagte er nur und ließ sie allein dort stehen. Sie nahm ihre Taschen auf und ging wieder in das Zimmer, was ihr Wochen zuvor so vertraut geworden war.
„Nein“, entgegnete Balthazar, als seine Tochter ihn zu sich geholt und ihm erklärt hatte, was sie plante.
„Hast du grad nein gesagt?“
„Ja, wird Zeit endlich mal den Dad raushängen zu lassen, dass was ihr da vor habt ist gefährlich“, sagte er streng.
„Hast du den Plan nicht verstanden? Wir wären anonym!“
„Das ist nicht anonym, die haben in den letzten 20 Jahren die Hälfte der magischen Welt ausgelöscht, das Risiko ist viel zu groß!“
„Hast du ne andere Idee?“, murrte sie trotzig.
„Ich zeig es dir, wenn du offen dafür bist“, sagte Balthazar mysteriös.
„Ich hab in den letzten Wochen so viel gesehen, nicht aufgeschlossen zu sein kann man mir nicht vorwerfen“, murmelte sie.
„Gut, was ist, Chug, Lust auf nen Trip?“, fragte Balthazar cool.
„Ist das gefährlich?“, war Luther unschlüssig.
„Nicht gefährlicher als Autofahren. Also?“
„Meinetwegen“, sagte er nur und Balthazar zog die beiden jungen Menschen an sich und projizierte sich mit ihnen weg.

Vierzehntes Kapitel

 
Pierre – Süd Dakota
 
„Und, geht?“, fragte Angel besorgt, als ihr kreidebleicher Freund versuchte Balance zu finden.
„Ja, alles gut“, murmelte er benommen.
„Mutiger Mann“, bemerkte Balthazar, doch dann übergab sich Luther auf seine Schuhe.
„Er hat es versucht“, schmunzelte Angel.
„Du kannst dich drin waschen, komm“, bat Balthazar, gab einen Code in einer Tür ein und brachte sie in einen Raum.
Staub war überall verteilt, es gab Büroplätze und altmodische Pcs und Displays.
„Wir brauchen nur Strom, W-LAN gibt es hier noch, wurde nie abgestellt, bedient euch, ich besorg uns nen Kaffee und was zu essen“, erwiderte er und verschwand.
„Wo zum Henker sind wir hier?“, fragte Luther, Angel.
„Keinen blassen Schimmer, aber kannst du damit arbeiten?“
„Muss erst mal schauen, vermutlich, diese Geräte sind so alt, das könnte mein Großvater benutzt haben“, setzte er sich an einen Tisch. Sie ging etwas herum, um herauszufinden, warum ihr Vater sie dorthin gebracht hatte. Sie fand ein altes Bild auf einem der Tische. Die Personen auf dem Bild sahen ihrer Tante Tacy und ihrer Mutter ähnlich.
„Verwandte von mir anscheinend, vielleicht meine Großeltern. Die sind vermutlich schon tot, sonst würde mein Vater das Risiko nicht eingehen. Nein, warte, meine Grandma lebt ja noch, Urgroßmutter, oder so“, dachte sie laut nach und setzte sich hin.
„Könnte hinkommen mit dem Equipment, bin froh, dass sie uns in der Uni den Umgang mit diesen alten Geräten gezeigt haben. Schau dich ruhig um, das wird ne Weile dauern, bis ich da durchsteige und hacken kann“, entschied er und sie nickte und wanderte durch das Gebäude. Es war, als wäre dort die Zeit stehengeblieben. Eine Bildergalerie hing an der Wand. Dort waren auch Menschen zu sehen, die Familienmitgliedern ähnelten.
„Das sind deine Urgroßmutter, P.J.s Urgroßmutter, Skunks Großmutter, dein Urgroßvater, P.Js Urgroßvater und bei Raven gilt das auch teilweise. Unsere Familie hat eine lange gemeinsame Geschichte, das war ihr Büro für das paranormale, zumindest für die Menschen. Da hinten war das Büro deiner Urgroßmutter, willst du mal sehen?“, hatte sie plötzlich einen Erzähler im Nacken.
„Ich hätte mich jetzt erschreckt, wenn ich deine Spiegelung nicht im Bilderrahmen gesehen hätte. Langsam gewöhn ich mich an alles. Ja, ich würde das gern sehen. Hast du sie kennengelernt?“, wollte sie wissen, während sie in das Büro ihrer Urgroßmutter gingen.
„Ja, in Dublin, wir waren ein paar Wochen in ihrer Zentrale dort, in Dublin hab ich festgestellt, dass ich nicht mehr ohne deine Mutter leben kann, seltsam, wie sich manche Sachen ändern. Glinda war vielleicht ne Kanone, sie war die erste Frau, vor der ich wirklich Schiss hatte“, schmunzelte er.
„Ich hätte sie gern kennengelernt“, bemerkte Angel nachdenklich.
„Sie hat dich kennengelernt, sie starb ein paar Wochen nach deiner Geburt. Vielleicht finde ich das Bild, wo sie dich im Arm hält für dich. Bereit?“, wollte er wissen und sie nickte.
„Ich geh mal zu deinem Lover, schau es dir allein an, du lernst sie am besten allein kennen“, erwiderte er und ließ sie allein.
Andächtig betrat sie das Büro ihrer Urgroßmutter. Überall hingen Bilder, oder Motivationssprüche, sie war wohl ein sehr visueller Mensch gewesen. Etwas zaghaft setzte sie sich an den Schreibtisch. Auf dem Tisch stand ein Bild mit ihrer Urgroßmutter mit zwei Kindern an der Hand. Vermutlich war das ihre Großmutter Kristin und ihr Bruder Rufus. Wie wohl das Leben damals gewesen war? Sie stand wieder auf und scannte das Zimmer mit ihrem Armband. Sie wollte dies in Erinnerung behalten. Neugierig öffnete sie eine Tür. Es war eine Abstellkammer, in dem ein liebevoll eingerichtetes Kinderzimmer mit Bettchen und Spielzeug war. Ob sie wohl auch schon darin gelegen hatte?
„Nein, hast du nicht“, hörte sie plötzlich Tacys Stimme und sie zuckte zusammen.
„Fuck, also so ganz kann ich mich wohl doch nicht so dran gewöhnen. Woher weißt du, dass ich hier bin?“, fragte sie zittrig.
„Ich komm hier manchmal her zum Nachdenken, das Gebäude gehört deiner Mutter und mir, hab nur gesehen, dass hier jemand ist. Das Bettchen ist noch von der Zeit, in dem deine Großmutter ein Baby war, vielleicht hat deine Mutter auch mal drin gelegen, weiß ich nicht mehr so ganz. Deine Urgroßmutter ging dann nach Dublin, deine Großmutter nach New York City und so geriet dies hier in Vergessenheit. Ich war schon länger nicht mehr hier, dieser Ort hat keine finanzielle Bedeutung mehr, aber sie hat ihnen was bedeutet und so auch mir. Ich hatte immer den Traum eine Schule für Unsereins hier zu etablieren, aber nach den ganzen Hexenjäger-Geschichten ist das zu gefährlich. Glindas Dad hat damals auch eine Schule errichtet gehabt, doch diese ist abgebrannt, leider“, erzählte sie.
„Eine Schule klingt echt gut. Ich weiß nicht, wie ich das jemals unseren Leuten wieder gut machen kann, dass ich geholfen habe, diese Dinger zu produzieren“, redete Angel vor sich hin.
„Du bist in dem System aufgewachsen, dir gibt keiner Schuld daran. Du bist noch so jung, du hast noch so viele Tage alles wieder gut zu machen. Du wirst eines Tages meiner Enkeltochter alles erklären und dann deinen Enkelkindern. Du wirst endlich wieder Hexenkräfte weitertragen, seit Glinda gab es keine Hexe mehr in der Familie, na ja, außer deinem Vater, aber er stammt nicht von Glinda ab“, erklärte Tacy.
„Glinda war eine Hexe gewesen, oder? Weißt du, was mit ihr passiert ist?“
„Das sind Sachen, die du mit deiner Mutter besprechen solltest!“
„Meine Mutter will weder reden, noch zuhören. Das Leben ist vergänglich, ich will alles wissen“, bemerkte sie.
„Wow, das ist tiefgründig, wir gehen nirgendwo hin, du wirst noch alles erfahren. Mein Sohn weiß auch alles, was ich weiß, es wird nichts verlorengehen. Wie seid ihr hierhergekommen? Hast du die Projektion inzwischen drauf?“
„Nein, Dad hat uns hergebracht. Hast du mir grad ne Frage gestellt? Ist das aus Höflichkeit?“
„Nein, ist ein Zauber, deine Urgroßmutter ging das Gedankenlesen von meiner Urgroßmutter irgendwann so auf den Geist, dass sie die Räte gebeten hatte, diesen Zauber für dieses Gelände auszusprechen. Brutus und ich kommen manchmal hierher um zu streiten, wenn ich seine Gedanken nicht lesen kann, hab ich keinen Vorteil. Na ja, es funktioniert ein paar Sekunden hier, aber dann wird meine Migräne so stark, dass ich es nicht mehr machen kann. Nicht, dass ich es nicht schön finde, dass du mehr von deiner Vergangenheit erfahren willst, aber warum seid ihr hier?“
„Ähm, Luther macht etwas, was du nicht wissen willst“, druckste sie herum.
„Bitte sag mir nicht, er hackt sich in irgendwas rein?“
„Ähm, möglich!“
„Wo ist er?“, murrte Tacy und sie brachte sie in die Büroräume.
„Wie kommt sie … ach ja, Hexe, lass mich raten, Königin Gute Hexe möchte, dass ich aufhöre?“, murmelte er ohne zu stoppen.
„Nein, mach ruhig weiter. Du kommst eh nicht weit“, sagte Tacy trocken.
„Weil du mich vorher verzaubern wirst?“
„Nein, bin zu müde zum Zaubern. Diese antiken Geräte haben nur viel zu wenig Leistung für die heutige Zeit“, war sie cool damit.
„Ich bin ehrlich gesagt kurz davor, die Datenbank zu knacken, ich bin ziemlich gut“, entgegnete er trocken.
„Was? Wie? Wo hackst du dich rein?“, wurde sie nervös.
„Witchhunt, kannst du nicht Gedanken lesen, oder so?“
„Nicht hier, lange Geschichte. Warum lasst ihr ihn das machen? Hast du sie jetzt schon so korrumpiert, Balt?“
„Ich werde in deinen Augen nie wieder eine gute Tat tun können, oder? Der Kleine will nur seine Familie finden, das würdest du auch wollen!“, erklärte der schwarze Zauberer, der mit den Beinen auf einem Tisch liegend einen Kaffee schlürfte.
„Kann ich dich kurz drüben mal sprechen?“, bat Tacy, Balthazar und der ging grummelnd mit.
„Ich weiß, du hasst mich, aber die Kinder haben nichts damit zu tun“, schimpfte Balthazar.
„Ich hasse dich nicht, ich kann dich nur nicht besonders gut leiden. Aber darum geht es nicht. Ich weiß aus Quellen, dass die beiden die letzten Überlebenden Formwandler ihrer Generation sind, zumindest in den Staaten!“
„Ja, aber seine Eltern sind die Generation davor, von denen gibt es doch sicher noch welche!“
„Ja, gibt es, eine, deine Frau!“
„Das kann nicht sein. Das heißt die beiden sind die einzige Hoffnung für das Weiterbestehen der Formwandler in diesem Land?“, fragte Balthazar besorgt.
„So in etwa. Es wird ihm das Herz brechen, wenn er erfährt, dass er der einzige aus seiner Familie ist“, erwiderte sie.
„Ich habe bis vor kurzem auch gedacht, ihr wärt tot, vielleicht findet er ja was raus. Nehmt ihm nicht die Hoffnung“, kam Angel zu ihnen.
„Wir haben uns eigentlich zurückgezogen um allein zu reden, Ange‘“, schimpfte Tacy.
„Sorry, stimmt aber. Er ist ein trockener Alkoholiker und Einsiedler, seid sanft zu ihm“, bat sie nur und ging dann ihren Weg zur Toilette weiter.
„Er ist auch trockener Alkoholiker?“, fragte Balthazar, Tacy überrascht, aber die zuckte nur mit den Schultern.
„Und, wie läuft es?“, setzte sich Balthazar mit freundlichem Ton in der Stimme zu ihm.
„Denk, ich hab es bald geknackt. Soll ich aufhören?“, wollte Luther etwas enttäuscht wissen.
„Nein, du bist auch trockener Alkoholiker, oder?“, wollte er wissen.
„Bin seit 5 Jahren trocken, woher weißt du das? Das hab ich nicht mal Angel erzählt“, war Luther verwirrt.
„Sie hat es mir erzählt, ich dachte, du hättest es ihr erzählt. Ich bin noch nicht so lange trocken, das war sicher viel Arbeit. Sie hat es sich vielleicht gedacht, meine Kleine ist sehr einfühlsam. Ich will nicht, dass du rückfällig wirst, wenn du erfährst, was du nicht erfahren willst“, druckste Balthazar herum.
„Was weißt du?“, hörte Luther mit dem Tippen auf und drehte sich zu ihm hin.
„Tacy hat mir gerade gesagt, dass Angel und du die einzigen Formwandler im Land seid und meine Frau die letzte in meiner Generation, Kristin und Rufus in ihrer und so weiter. Zusammengefasst sind die restlichen Mitglieder des Dewin-Klans die letzte Formwandler-Familie in den USA“, erzählte er vorsichtig.
„Oh, okay, ist wohl doch schlimmer, als ich dachte“, konnte er nur von sich geben.
„Du hast es geahnt?“
„Irgendwie. Wie sicher ist ihre Quelle?“
„Keine Ahnung, ich wollte dich nur darauf vorbereiten, falls du was erfährst, was furchtbar für dich wäre“, erwiderte er.
„Danke, dass du dich um mich sorgst, aber ich bin stärker, als du denkst“, erwiderte er und tippte weiter.
„Dir ist bewusst, dass Angel und du die letzten Formwandler seid, wenn ihr keine Nachkommen zeugt, wird eure Wesen-Art aussterben“, wiederholte Balthazar, was er gesagt hatte.
„Ich soll also deine Tochter schwängern, willst du das damit sagen?“
„Ich hab meine Aussage wohl nicht so ganz überdacht, aber im Großen und Ganzen ja, aber sie wird noch eine Weile fruchtbar sein, also kein Stress“, bemerkte Balthazar.
„Ihr plant also mein Leben schon im Voraus?“, fragte Angel, die zurückkam, Luther sanft auf den Kopf küsste und sich neben ihn setzte.
„Was ist eigentlich das zwischen euch? Seid ihr zusammen, seid ihr Freunde?“, wollte Balthazar wissen.
„Wir sagen es dir, wenn wir es wissen, im Moment genießen wir die Zeit, die wir zusammen verbringen, ist das nicht, was zählt?“
„Ja, natürlich, ich freu mich für euch“, stotterte Balthazar.
„Danke, das bedeutet uns viel. Dann lassen wir ihn mal weiterarbeiten, zeig mir noch mehr von diesen Räumlichkeiten“, bat sie ihren Vater und sie ließen ihn allein.
 
„Sind wir wirklich fast ausgestorben?“, wollte Angel wissen, während sie mit ihrem Vater durch die Gänge ging.
„Deine Tante Tacy hat das zumindest gesagt, ich hab das vorher nicht gewusst. Ich hab immer gewusst, dass du was Besonderes bist, nur wusste ich nicht, wie besonders du bist. Deine Mom würde dich sicher lieber mit einem Hexer, oder Doktor, oder einem Hexendoktor zusammensehen, ich finde es aber wichtig, dass du deine Dämonen-Gene weitergibst“, erwiderte er.
„Ich werde meine Gene weitergeben, egal mit wem ich Kinder zeuge!“
„Ich wollte dich eigentlich nur zu ihm stoßen, er ist ein toller Kerl!“
„Ich weiß es, deswegen bin ich bei ihm, er ist einer der Besten, wenn nicht der Beste. Er hat mich ohne Fragen bei sich aufgenommen, drei Mal und ich habe ihn nicht verdient“, dachte sie laut nach.
„Doch, hast du, du hältst dich für eine böse Hexe, aber deine Eltern haben dich Engel genannt, das muss was heißen. Bin drin, dachte, ihr wollt dabei sein“, schloss Luther zu ihnen auf dem Gang auf und sie gingen zurück.
„Er hat tatsächlich die Datenbank geknackt, zumindest sieht das danach aus. Fangen wir mit jemandem an, den ihr kennt, was ist mit deinem Ex, Ange?“
„Okay, was macht die Firewall, haben wir Zeit?“, wollte Angel wissen.
„Ich hab eine gute Backdoor gefunden, die ist ne Weile stabil. Gib seinen Namen ein“, ließ Luther, Angel an den PC.
„Ich hab nur einen Vornamen, Nevan ist aber vermutlich ein nicht so häufiger Name“, entgegnete sie und gab seinen Namen ein. Was sie bei ihm las, ließ sie stocken.
„Les ich das richtig?“, fragte sie die anderen.
„Ja, das les ich auch. Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll“, erwiderte Balthazar genauso überrascht.

Fünfzehntes Kapitel


„Sagen wir es ihm?“, wollte Angel wissen, als sie altmodisch die Daten ausgedruckt hatten.
„Es könnte seine Stimmung heben, aber Nevan ist noch bei denen, würde ihm das helfen?“
„Wir müssen ihn da rausholen“, schlug Angel vor.
„Das ist ne Idee, nur keine sehr gute, da wimmelt es von Hexenjägern, das ist viel zu gefährlich!“
„Dann locke ich ihn dort weg, er liebt mich, ich sag ihm einfach, dass ich nicht ohne ihn leben kann und mit ihm reden möchte“, erklärte Angel.
„Das ist schon irgendwie fies, außer du liebst ihn noch!“
„Er ist mir nicht egal, er ist ein Arsch, aber er verdient so ein richtiges Leben wie wir auch“, bemerkte sie.
„Dann machen wir das, aber wir sollten erst mit seinem Vater reden, ob er das überhaupt will“, bat Balthazar.
„Er ist dein Freund, er sollte es von dir erfahren“, schlug sie vor.
„Okay, ich sag es ihm, kannst du ne Weile hierbleiben?“
„Ja, ich sollte Luther eh beistehen, er will sicher weinen und da solltest du nicht dabei sein“, gab sie ihm das Blatt aus dem Drucker und er verschwand im Nichts.
Angel ging wieder in den Büroraum.
„Hey, Süßer, alles klar bei dir?“, ging sie vorsichtig zu dem Tisch, an dem ihr Freund saß.
„Ich hab meine Eltern gefunden“, sagte er nachdenklich.
„Das tut mir so leid“, versuchte sie ihn zu trösten.
„Sie leben noch, aber nicht hier, ich wurde in Mexiko geboren“, versuchte er durch die Aussprache dieser Worte Sinn in die Gedanken in seinen Kopf zu kriegen.
„Mexiko? Ich darf ja selbst nichts sagen, ich hab auch alle Nationen in mir, aber du siehst nicht hispanisch aus“, war sie überrascht.
„Vielleicht sind meine Eltern dorthin ausgewandert. Dann kennst du deinen richtigen Nachnamen?“
„Lopes, ich hab wohl doch noch etwas Latino in mir“, lächelte er matt.
„Woher weißt du, dass das deine Eltern sind? Ich meine, ich freu mich für dich, aber das ist weit hergeholt!“
„Ich will es versuchen, bist du dabei?“, hoffte er.
„Natürlich, immer. Mein Dad kann uns aber da nicht hinbringen, er ist herzkrank, uns hierher zu bringen war schon eigentlich zu viel für ihn und er wird es sicher auch nicht wollen“, erklärte sie.
„Oh okay, aber ich weiß jetzt, wo sie sind, ich komm da schon irgendwie hin“, sagte er etwas enttäuscht.
„Wir könnten P.J. fragen, aber der scheint in Rumänien bleiben zu wollen, ich schreib ihm mal“, schlug sie vor.
„Das wäre nett, danke. Was macht ihr eigentlich da draußen Heimliches?
„Werde bitte nicht sauer!“
„Du hast doch gemerkt, dass ich nicht schnell sauer bin. Was ist los?“, wollte er wissen.
„Wir haben durch Zufall festgestellt, dass mein Ex-Verlobter der Sohn eines Mitarbeiters meines Vaters ist!“
„Wow, das ist aber echt nen Zufall. Das ist doch toll, dass die beiden sich finden. Warte, du willst doch nicht wieder mit ihm zusammen sein, oder?“
„Gott, nein, das Kapitel ist abgeschlossen!“
„Warum sollte ich dann sauer sein?“
„Wir werden ihm vermutlich zuerst helfen mit der Familienzusammenführung“, erklärte sie.
„Das ist doch schön für ihn, warum soll ich dann sauer sein?“
„Das alles in dich rein zu fressen ist aber auch nicht gut!“
„Mach ich nicht!“
„Doch, machst du. In deiner Therapie ist doch sicher ne Regel dafür!“
„Ja, schon, woher weißt du eigentlich, dass ich trockener Alkoholiker bin, hat dir das jemand gesagt?“
„Nein, wir haben nur Wochen zusammengelebt, ich habe deine Nüchternheits-Chips gefunden, war keine Absicht, tut mir leid!“
„Nein, alles gut, ich hätte es dir sagen sollen. Dein Dad ist ein Kriegsbruder, wie mir scheint, er hat aber noch einen langen Weg vor sich. Ich werde ihn in Ruhe lassen, das werden wir allein hinbekommen, irgendwie“, versicherte er.
„Das klingt gut, er sollte sich wirklich erholen. Sollen wir zurück?“, wollte er wissen.
„Wenn du willst, gehen wir zurück, wenn du alles hast, was du brauchst. Ich will hier eh weg, bevor meine Mutter noch hier auftaucht“, entschied sie.
„Zu spät, bin schon da. Warum lässt du deinen Vater so viel projizieren?“, hatte sich Rae heimlich still und leise an sie herangeschlichen.
„Er ist erwachsen, er kann das selbst entscheiden, dich hat er doch auch hergebracht, oder?“
„Nein, Tacy hat das gemacht. Erklärt mir einer, was ihr hier macht?“
„Wir haben nach seinen Eltern gesucht, wir haben sie gefunden“, bemerkte Angel trotzig.
„Die Lopeses sind beide steril, wir Formwandler kennen uns einander, ich hatte erst vor ein paar Jahren, als ich Angel gesucht habe mit ihnen nochmal Kontakt, die beiden hatten niemals Kinder, tut mir leid, Kleiner“, erklärte Rae.
„Stimmt das wirklich?“
„Ich kann dir ihre Nummern geben, wenn du mir nicht glaubst, sie sprechen aber fast nur Spanisch“, sagte Rae trocken.
„Ich sprech auch Spanisch, ich werde sie trotzdem anrufen, wenn es dir recht ist“, bemerkte Luther.
„Sicher, gib mir deinen Arm, ich geb dir die Nummer“, bat Rae und er reichte ihr seinen Arm.
„Rae, was machst du hier?“, kam Balthazar zu ihnen.
„Tacy hat mir gesagt, meine Tochter wäre hier und ich will mit ihr reden“, entschied sie.
„Dann mach das, Kleiner, soll ich dich zurückbringen?“, wollte Balthazar wissen und Luther sah Angel an, die nickte.
„Wir sehen uns“, entschied Luther und verschwand mit Balthazar.
„Lass uns wo anders hingehen, ich brauch nen Drink“, bat Rae und wie ein trotziges Schulkind ging ihre Tochter hinter ihr her.
 
„Das sieht aber echt abgerockt aus hier“, kommentierte Angel, als sie vor der Bar WhiteBride standen.
„Die Bar ist älter als wir beide zusammen, also nen bisschen Respekt. Ich geb dir jetzt dein erstes Bier aus und du wirst es trinken“, murrte Rae und schob sie rein. Die Bar war verlassen.
„Tja, Pech, keiner da“, wollte Angel schon wieder gehen.
„Da findet sich sicher etwas, hab hier mal gearbeitet, weißt du? Ich war nicht viel älter als du jetzt“, ging sie wie selbstverständlich hinter die Bar und kramte eine alte Flasche Wein hervor.
„Na ja, kein Bier, aber schmeckt sicher trotzdem“, kramte sie zwei Gläser hervor.
„Warum willst du unbedingt, dass ich was trinke?“, wunderte sie sich.
„Ich will nicht allein trinken, mach einfach mit. Die Jäger sind wohl hier auch gewesen, Schande, die Bar war fast 300 Jahre offen, wir Formwandler sind wohl nicht das Einzige, was ausstirbt, diese Bar ist ein zentraler Punkt für die Beziehungen unserer Familie seit Generationen. Ich habe genau hier festgestellt, dass ich nie wieder ohne deinen Vater sein möchte, tja, so ändert sich vieles“, erzählte sie ihr, während sie den Wein öffnete.
„Ähm“, wagte Angel nicht, etwas zu sagen.
„Spuck’s aus“, bat Rae genervt und nahm einen Schluck Wein.
„Nein, du hast Recht, ist eure Sache, ich sollte mich nicht einmischen“, war sie unsicher.
„Ich will aber jetzt, dass du dich einmischst, sag, was du sagen willst!“
„Du liebst ihn noch!“
„Das ist alles? Natürlich liebe ich ihn noch, deswegen bin ich auch so ausgeflippt. Tut mir leid, ist ne schwere Zeit für mich, das hab ich an dir ausgelassen“, entschuldigte sie sich.
„Versteh ich doch, ich hätte mich auch nicht einmischen sollen. Ich will wirklich nichts trinken. Wenn ich mit Luther zusammenbleiben möchte, ist es vielleicht besser, wenn ich das nie anfange“, entschied sie.
„Du weißt nicht, wie schwierig es ist, mit einem trockenen Alkoholiker zusammenzuleben“, ermahnte Rae sie.
„Du könntest mir damit beistehen, du hast die Erfahrung“, entschied Angel.
„Sicher, aber ich bin nicht die beste Lehrerin, ich lass meinen trockenen Alkoholiker einfach fallen wie eine heiße Kartoffel, weil es mir zu schwierig wird“, sagte Rae traurig.
„Das ist nicht wahr. Wie lange ist Dad schon süchtig?“
„Über 20 Jahre!“
„Und du bist die ganze Zeit bei ihm geblieben, du bist nicht einfach abgehauen, wenn du es jetzt nicht mehr aushältst, ist das dein gutes Recht“, ermunterte Angel sie.
„Ja, das hab ich, aber er bedeutet mir noch so viel, ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn er wirklich jemand anderen finden würde. Aber warum sollte er nicht, er ist ein liebevoller, langsam immer stabiler werdender Mensch, jede Frau könnte sich glücklich schätzen, ihn zu haben“, dachte Rae laut nach.
„Das willst du aber nicht, oder?“
„Hölle nein, er gehört mir. Deine Mutter wirkt auf dich vermutlich wie ne Wahnsinnige, aber das macht die Liebe mit einem, kennst du vermutlich!“
„Nein, wirklich geliebt hab ich in meinem Leben nicht wirklich, nicht mal meinen Ex-Verlobten. Mit deinen Dämonen-Genen muss das vermutlich ein Wirbelsturm in deinem Hirn sein“, sagte Angel mitfühlend.
„Ich bin so froh, dass ich eine Tochter hab, die das versteht, tut mir leid, dass ich sauer war, dass du die Seite deines Vaters angenommen hast, du wirst immer ein Dämon sein, so wie ich, es wird immer diese Verbindung zwischen uns sein“, realisierte Rae.
„Ja, ich habe das auch niemals bezweifelt, ich dachte nur, er könnte meine Hilfe mehr gebrauchen, du bist so eine starke Frau“, erklärte sie ihr.
„Nur äußerlich, ich bin voll von Unsicherheiten, deswegen sind wir jetzt auch hier. Fuck, der Wein ist eklig, der hat seinen Zenit schon überschritten. Was wohl mit Gnar passiert ist? Ich mochte den Kerl, warum bin ich niemals zurückgekommen?“, redete Rae vor sich hin.
„Wer ist Gnar?“
„Er ist ein Troll und war der Besitzer der Bar hier. Ich weiß nicht mal, ob er noch lebt, Trolle werden doch älter als wir, oder?“
„Ich hab nur einen Troll kennengelernt, er lebt bei Luther, der hat behauptet, er wäre schon ziemlich alt“, konterte sie.
„Ich lebe noch, ich führ die Bar nur nicht mehr. Bist alt geworden, Rae“, kam der Troll plötzlich die Wendeltreppe herunter.
„Gnar, hey, sorry, dachte hier wär keiner mehr. Du siehst immer noch so aus wie vor 20 Jahren, was echt fies ist. Ich bin mit meiner Tochter hierhergekommen um in Erinnerungen zu schwelgen“, stotterte Rae ertappt.
„Du hast den schwarzen Zauberer geheiratet, wie mir scheint, na ja, zumindest sieht er gut aus, da kriegst du hübsche Kinder. N’ Abend, ich bin Gnar, bleib bloß nicht zu lange hier, bevor der Rat dich auch in seine Fänge kriegt und du noch den Posten annimmst, den deine Mutter nicht wollte“, stellte Gnar sich vor und Rae zeigte ihr goldenes Armband.
„Korrektur, deine Mutter war doch blöd genug, den Posten anzunehmen. Du wirst sie doch nicht beerben, oder?“
„Von was redet der, Mom?“
„Das ist ne Geschichte für nen anderen Tag. Ich bin stolz auf das was ich da mache, Gnar, so wie es schon meine Ahnen waren. Du solltest den Wein wegschmeißen, der ist echt eklig. Komm, Ange‘, lassen wir ihn wieder allein, er scheint hier zu wohnen“, bat Rae ihre Tochter.
„Wow, so abgewrackt bin ich dann nicht, ich mach nur für den Rat die Räumlichkeiten oben bereit, ist ne Versammlung heute Abend. Musst du da nicht auch sein?“, fragte er Rae.
„Ich muss so einiges im Leben. Sag dem Rat nen Gruß“, erwiderte Rae cool und führte ihre Tochter raus.
„Du sitzt im Hexenrat?“
„Keine Hexe, schon vergessen? Ich bin ein Bindeglied zwischen Menschen und Wesen, wie schon meine Urgroßmutter. Ich wollte das nie tun, aber nach deinem Verschwinden wollte ich mich ablenken und bin eingeknickt. Ich mach so wenig wie ich kann, ohne dass es auffällt, hab schließlich meine eigene Praxis“, erklärte sie ihr.
„Du kommst da nicht mehr raus, oder?“
„Nicht so lang, bis ich einen Ersatz gefunden habe. Das heißt aber nicht, dass du das tun musst, ich hoffe, das weißt du!“
„Die werden mich als schwarze Hexe sicher auch niemals darum bitten“, murmelte Angel.
„Ich bin auch dabei und ich bin auch keine Hexe und eine Dämonin. Wenn du das willst, kann ich ein gutes Wort für dich einlegen!“
„Im Moment muss ich mich erstmal selbst finden, aber danke. Bist du mir sauer, wenn ich erstmal bei Luther bleibe? Er tut mir gut und dort kann ich anonym meine Kräfte probieren“, begann sie sich zu verabschieden.
„Nein, du musst machen was für dich das Beste ist, komm mich aber ab und zu mal besuchen, okay?“, hoffte Rae.
„Natürlich, schick einfach Dad vorbei, das Projizieren macht langsam richtig Spaß. Ich sollte nur andere Familienmitglieder danach fragen, Dad braucht seine Erholung“, bemerkte sie.
„Sag ich doch auch. So, wie kommen wir jetzt hier weg?“
„Ich ruf Raven an“, schlug Angel vor.
„Nein, sie hat morgen ihre Abschlussprüfung, lass sie in Frieden. Ist zwar ne lange Reise, aber wie wär es mit einem altmodischen Road-Trip? Da können wir uns besser kennenlernen“, schlug Rae vor.
„Wir werden ne ganze Weile fahren!“
„Ja, ich weiß. Hast du Lust?“
„Sicher, klingt gut“, entschied sie und sie nahmen ein Taxi zum nächsten Mietwagenverleih.
 
„Wow, das ist ne lange Zeit mit der eigenen Mutter in einem Auto, versteht ihr euch trotzdem noch?“, fragte Raven, als sie ein paar Tage später mit ihr in einer Bar saß.
„Wir brauchen etwas Abstand, geht aber. Danke, dass du dich mit mir triffst, nach der Sache neulich dachte ich, wir müssten mal reden“, bedankte sich Angel.
„Ja, da hast du recht. Auch wenn ich es nicht für einen Fehler halte, werde ich nicht mehr mit einer Frau schlafen“, entgegnete Raven.
„Ich auch nicht, aber ich bin froh, dass ich es versucht habe. Zwischen uns ist aber alles gut, oder?“
„Wir kennen uns kaum, aber ich würde mich gern mit dir anfreunden, wir sind nicht so viele in dieser Generation, wir sollten zusammenhalten“, bat Raven.
„Ich bin gern deine Freundin, aber nur Freunde!“
„Ja, dass mein ich auch. Du willst wirklich nichts trinken?“
„Du kannst ja auch nichts trinken, schon gut. Wie fühlt man sich eigentlich als Cop?“
„Mächtig, irgendwie, gleichzeitig hab ich aber ziemlichen Schiss. Ich werde es nicht nur mit verrückten Junkies zu tun haben, sondern auch mit verrückten Junkies mit magischen Kräften. Ich weiß nicht, wie meine Mom und davor unser Grandpa das konnte“, erzählte sie ihr von ihren Ängsten.
„Dann red mit deiner Mutter darüber, sie würde es sicher verstehen, wenn du nur einen Schreibtischplatz willst“, bemerkte Angel mitfühlend.
„Nur am Schreibtisch zu hocken will ich sicher nicht, das hab ich die letzten Monate gemacht, war echt ätzend. Ich muss einfach mutiger werden, ich bin eine gottverdammte Dämonin, ich krieg das hin“, wurde Raven etwas lauter und mutiger.
„Sollten wir so offen darüber hier reden?“, sah Angel sich nervös um.
„Keine Sorge, wir sind hier unter Freunden“, sah Raven den Barkeeper an, der mit seiner Nickhaut die beiden anblinzelte.
„Ach, ne Dämonenbar, verstehe. Bist du oft hier?“
„Manchmal, jetzt als Cop sollte ich wohl nicht mehr so häufig hierherkommen, zumindest nicht privat. Lupus, wie oft ist meine Mom hier in der Bar?“, fragte Raven den Barkeeper.
„Privat, niemals, geschäftlich so drei Mal die Woche. Übernimmst du jetzt die Sache?“, wollte Lupus wissen.
„Vermutlich. Gibst du mir dann auch so viel Stress, wie du es damals bei meiner Mom getan hast?“
„Vermutlich“, schmunzelte Lupus und mit seinem breiten Grinsen zeigte er seine Fangzähne.
„Du heißt Lupus, weil du ein Werwolf bist“, realisierte Angel.
„Du bist genauso clever wie deine Mutter, Kleines“, frotzelte Lupus.
„Meine Mutter kommt hierher?“
„Nein, ich bin einer ihrer Patienten. Gut, dass du wieder da bist, sie hat dich echt vermisst“, erzählte Lupus.
„Ich bin echt die verlorene Tochter, jeder hier scheint zu wissen, wer ich bin und dass ich wieder zurück bin“, überlegte sie laut.
„Deine Mutter ist eine wichtige Person in unseren Kreisen, Leute reden, aber es ist eine gute Sache, dass du wieder hier bist, du wirst eine wunderbare Erbin dieses Jobs werden“, erwiderte Lupus.
„Ähm, ist nicht sicher, dass ich das machen werde!“
„Hat deine Mutter auch gesagt und sieh sie jetzt an. Aber du hast natürlich die Wahl. Mal was anderes, ich red eigentlich regelmäßig mit deinem Dad, hab aber seit drei Tagen nichts von ihm gehört“, wollte Lupus wissen.
„Keine Ahnung, hab ihn ehrlich gesagt auch schon ne Weile nicht gesprochen“, griff sie zum Telefon und rief ihren Vater an.
„Dad, wo bis du grad?“, fragte sie ihren Vater.
„Ähm, Kansas?“, konterte Balthazar verlegen.
„Hast du dich etwa bei meinem Freund einquartiert?“
„Du wolltest ja noch so einige Sachen in New York klären, der arme Kerl ist einsam … und er hat alle alten Konsolenspiele aus meiner Kindheit“, sagte er nur.
„Okay, ich komm zu euch, bin mit Raven unterwegs“, murmelte sie und legte auf.
„Kannst du mich nach Kansas bringen?“, hoffte Angel.
„Meinetwegen“, hielt Raven sie fest.
„Nicht hier drin, Rav‘, ich hab hier grad erst putzen lassen“, bat Lupus.
„Sorry, wir gehen raus. Hast du meine Nummer, wenn du Hilfe brauchst?“
„Ja, deine Mom hat sie mir schon gegeben!“
„Natürlich hat sie das. Schönen Abend noch, Lupus“, erwiderte Raven und sie gingen raus.
„So, bei mir ist das etwas anders als bei den Hexen, du solltest deine Nase zuhalten, ich komm mit staubigem Zubehör“, bat Raven und nachdem Angel das gemacht hatte, projizierte Raven sie weg. Angel hustete, als sie dort ankam, wo sie hinwollte.
„Sorry, manchmal kriegt man trotzdem Sand ab. Hier, trink“, öffnete sie den Kühlschrank neben sich und gab Angel eine Flasche Wasser.
„Du hast uns ins Haus projiziert? Das wird Chug nicht gefallen“, hustete sie und nahm einen großen Schluck.
„Okay, wir können auch noch mal raus projizieren“, packte sie sie am Arm.
„Nein, schon gut, ich will nicht die nächsten drei Tage Dreck husten. Luther, wir sind im Haus, wir kommen jetzt ins Wohnzimmer“, rief Angel und sie traten aus der Küche. Die beiden Ex-Alkoholiker saßen wie kleine Kinder vor einem Fernseher und spielten altmodische Computerspiele.
„Jungs? An euch könnten sich Hexenjäger anschleichen und ihr würdet es gar nicht merken“, rief sie erneut und Luther drehte sich zu ihr hin.
„Oh, hey Süße, bin gleich bei dir“, begrüßte Luther sie nur kurz und sah dann wieder auf den Bildschirm.
„Okay, was macht ihr hier? Trinkt ihr etwa?“, roch sie an den Flaschen auf dem Tisch.
„Ja, Limo, was sollen wir sonst trinken? Oh hey, Rav‘, haben euch gar nicht kommen hören“, sagte auch Balthazar beschäftigt.
„Ja, das seh ich. Könnt ihr das mal abschalten?“, bat Angel ernst.
„Oh, oh Mummy ist wieder zu Hause“, frotzelte Luther und Angel sah sie böse an.
„Okay, ich mach aus“, verstand Luther, dass sie es ernst meinte und er machte eine Handbewegung, das alles ausging.
„Man, ich war am Gewinnen!“
„Das glaubst auch nur du, alter Mann. Warte, habt ihr euch einfach hier reinprojiziert?“, realisierte Luther erst richtig, dass er Besuch hatte. Er trug nur Boxershorts und ein Unterhemd und sah aus, als hätte er ein paar Tage nicht mehr geduscht.
„Sorry, hätte bei Raven genauer sein sollen, sollen wir gehen?“
„Nein, ich hab dich vermisst, geh bloß nicht wieder weg“, umarmte Luther, Angel fest.
„Oh, du stinkst, hab dich auch vermisst“, rümpfte sie die Nase.
„Ja, wir haben uns wohl etwas im Spielen verloren. Ich sollte duschen gehen, willst du mitkommen?“, hoffte er und sie sah Raven an.
„Deine Kusine kann auch zu uns stoßen, wenn du willst“, schmunzelte er und Raven zog die Augenbrauen hoch.
„War nen Versuch wert“, grinste er breit.
„Aber ich nehme das Angebot gern an“, ergänzte Angel und folgte Luther ins Badezimmer.

Sechzehntes Kapitel

 
Als sie nach ihrem feuchtfröhlichen Abenteuer zurück ins Wohnzimmer kamen, waren die anderen verschwunden.
„Wir haben sie wohl verscheucht, auch gut. Sorry, wegen dem blöden Spruch vorhin, wenn ich spiele hab ich manchmal eine lose Zunge, kann das nicht so schnell abstellen. Ich hoffe, ich hab deine Kusine nicht beleidigt“, erwiderte er entschuldigend.
„Sie ist nen Cop, sie hat vermutlich schlimmeres gehört. Ich hab Hunger, ich weiß, ist spät, aber stört es dich, wenn ich was koche?“
„Wenn du was findest, bediene dich, hab aber glaub ich nicht viel da, war in letzter Zeit etwas nachlässig!“
„Ich find schon was. Hast du auch Hunger?“
„Vorher nicht, aber jetzt schon“, schmunzelte er.
„Hab dich ganz schön geschlaucht, was? Ich bin wohl nicht mehr so gierig wie früher, jetzt wo ich es regelmäßig kriege“, erwiderte sie.
„Du kriegst es regelmäßig?“, wurde er neugierig.
„Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen und das ist auch der Grund, warum ich mich in New York nicht gemeldet habe. Ich war regelmäßig in einem Bordell. Es tut mir so leid, aber der Drang war so stark und ich wollte dir nicht mehr so weh tun“, gestand sie ihm vorsichtig.
„Schon gut, es scheint dir geholfen zu haben. Das war doch sicher teuer“, redete er vor sich hin.
„Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das Geld von meiner Mom habe, sie kennt das Problem, wie du dir vielleicht denkst und ja, darüber mit der eigenen Mutter zu sprechen ist so peinlich wie du dir das vorstellst. Tut mir leid, ich jammere hier über meine Mutter und du findest deine nicht. Wir finden sie, den einen Weg, oder den anderen. Meine Mutter würde mir aber zustimmen, dass du auch zu unserer Familie gehörst, wir Formwandler müssen zusammenhalten in der heutigen Zeit!“
„Das ist lieb, ich bin so froh, euch gefunden zu haben. Weiß deine Tante eigentlich wie viele Animagi es in den Staaten gibt?“
„Hexen und Zauberer die sich in Tiere verwandeln und so? Keine Ahnung, kann ja mal fragen. Hab vorhin meinen ersten kennengelernt, die sind schon cool, aber die haben es nicht einfach. Ravens Großmutter war einer, aber sie hat ihre Kräfte verloren, bin nicht ganz sicher wie, aber das war vielleicht nen Segen für sie. Die Familie meiner Mutter hatte auch mal Zauberkräfte, aber mein Ur- Urgroßvater gab sie auf, um P.J.s Ur-Urgroßvater zu retten, unsere Familien gehen echt weit zurück. Ich weiß aber nicht, ob mich das verpflichtet mit P.J. eng zu werden, er ist etwas komisch“, erzählte sie, während sie in die Küche ging und ein paar Sachen aus dem Kühlschrank holte.
„Du musst gar nichts“, umarmte er sie sanft von hinten. Sie stockte.
„Tut mir leid, wir haben nicht darüber geredet, was wir jetzt sind, das ist dir zu intim, tut mir leid“, entschuldigte er sich und wollte sie loslassen, sie hielt aber seine Arme fest.
„Nein, das ist schön. Ich will mit dir zusammen sein, du auch?“, hoffte sie und drehte sich in seinem Arm um.
„Oh ja, das will ich“, freute er sich und küsste sie leidenschaftlich.
 
„Ich finde das nicht gut“, kommentierte Luther, als seine Freundin ihre alte Dienstkleidung anzog.
„Deine Sorge wurde registriert, aber wenn ich so zurückgehe, fall ich hoffentlich nicht so auf. Ich werde ihn betäuben, dann wird Raven kommen und ihn wegbringen, er soll auch seine Kräfte entfalten können, findest du nicht? Keine Sorge, er ist aus meinem Leben verschwunden, aber sein Vater hat das Recht seinen Sohn richtig kennenzulernen, oder?“, erklärte sie ihren Plan, während sie sich anzog.
„Ja, aber du hast mir von den Kräften erzählt, so toll sind die nicht!“
„Er kann seinen Chip immer noch behalten, wenn er das möchte, aber er muss da raus. Ich muss das einfach tun, okay?“, hoffte sie, dass er sie verstand.
„Meinetwegen, aber du trägst das Armband“, bat er.
„Ich würde es nicht wagen, das abzunehmen. Ich hätte dich gern dabei, aber ich will dich nicht dem Risiko aussetzen. Du musst überleben und wenigstens teilweise unsere Formwandler-Gene weitergeben“, entschied sie.
„Du aber auch, dein Vater würde mich zu Tode quälen, wenn dir was passieren würde“, bat er ernst.
„Würde er sicher, aber ich komme zurück, versprochen, du weißt was ich kann, wenn es notwendig ist, werde ich mir meinen Weg rauskämpfen“, versicherte sie.
„Mir wäre am liebsten, wenn du das Projizieren raushättest, das würde dir am schnellsten helfen!“
„Raven ist schneller da, als du blinzeln kannst und sie ist ein Cop, keine Sorge“, beruhigte sie ihn.
„Sie ist ein Cop seit fünf Minuten, das beruhigt mich nicht wirklich“, murmelte er.
„Fünf Minuten länger als du, mein Hübscher. Bereit?“, kam Raven aus dem Badezimmer. Sie trug Zivilkleidung, aber ihre Waffe in einem Halfter an ihrer Brust.
„Sie ist mir etwas zu selbstbewusst in dem was sie tun soll. Du bringst sie mir heil heim, bitte“, forderte Luther von Raven.
„Ja, dafür bin ich da, wie ich sagte. Also?“
„Ja, kann losgehen. Ich komme wieder, versprochen“, versicherte Angel und verschwand mit Raven.
 
„Dein Freund hat schon etwas Recht, dass das gefährlich ist, was du da machst“, kommentierte Raven, als sie auf einem Hügel vor dem Witchhunt-Gelände die Lage überblickten. Die Sonne ging langsam unter.
„Ich weiß, hab auch höllisch Schiss, ich will das aber für ihn machen, weil ich ihm sein Herz gebrochen habe. Das bin ich ihm schuldig. Das Rote ist doch für den Arm, oder?“, ging sie nervös die Sachen nochmal durch, die sie mitnahm.
„Ja. Ich bin nicht wirklich begeistert, dass er bewaffnet ist. Luther weiß diesen kleinen Fakt nicht, oder?“
„Ähm, das hab ich ihm lieber verschwiegen. Er wird mich nicht damit angreifen“, stellte sie klar.
„Warum brauchst du das rote Ding dann?“
„Nur um sicherzugehen. Du bleibst hier und ich meld mich, sobald ich bereit bin“, ging sie es nochmal durch.
„Das war nicht der Plan!“
„Das ist er jetzt, du greifst nur im Notfall ein, ich meld mich“, sagte Angel und stapfte davon.
 
Ihr Herz pochte bis zum Hals, was würde er mit ihr machen? Er musste eigentlich von der Arbeit zu Hause sein. Die Tür ging auf.
„Wusste doch, dass du zurückgekrochen kommst“, bemerkte er trocken.
„Es tut mir so leid, ich kann nicht ohne dich sein, bitte verzeih mir“, spielte sie das verängstigte, reumütige Frauchen und verdrückte dabei ein paar Tränen. Er nahm sie beruhigend in den Arm. Er trug seine Prothese nicht. Sie sah unbewusst auf den Tisch, auf dem der Arm lag.
„Ich hab vergessen die Hand zu laden, die Arbeit war echt ätzend ohne rechten Arm. Das ist mir noch nie passiert zuvor, bin ziemlich daneben in letzter Zeit. Aber jetzt wird wieder alles gut, du bist wieder da“, bemerkte er. Er schien gar nicht von ihrem Sukkubus-Ich beeinflusst zu sein, was sie irgendwie irritierte.
„Ja, es wird alles wieder gut“, versicherte sie und lehnte sich auf den Tisch, auf dem der Arm lag. Sie schüttelte vorsichtig das Gerät, was sie mitgebracht hatte aus ihrem Ärmel und aktivierte das Ding, was Luther erstellt hatte auf das Display. Der Strom fiel aus und nur die roten Notfalllichter in der Wohnung begannen zu blinken.
„Verdammt, schon wieder die Sonneneruptionen, ich versuch den Strom wieder anzukriegen“, erklärte er und ging zu dem Stromkasten.
„Rav‘, hörst du mich?“, flüsterte Angel in ihren Ärmel, in dem sie Kontakt zu Raven hatte. Sie hörte sie nicht.
„Das funktioniert ja super“, redete sie vor sich hin.
Plötzlich hörte sie ein Graulen aus dem Flur, in dem sich Nevan befand. Zögerlich ging sie in die Richtung. Im Halbdunkeln wurde sie angefallen und spürte nur noch einen Stich im Hals.

Siebzehntes Kapitel

 
Sie roch ihr eigenes Blut. Nevan hing immer noch in ihrem Hals, aber er war erstarrt. Sie schob ihn hoch und spürte seine Fangzähne, wie sie langsam aus ihrem Hals rutschten. Das war aber nicht ihre beste Idee, nun blutete sie heftig aus den Einstichstellen. Sie schob ihn von sich und torkelte zum Ersten-Hilfe-Kasten. Sehr geschwächt presste sie Mullbinden an ihren Hals und band eine fest an ihren Hals. Sie war sofort vollgesogen von ihrem Blut. Sie fluchte vor sich hin. In ihrem Erste-Hilfe-Kasten an der Wand war auch eine Magnesium-Fackel, die sie irgendwann mal beim Campen für den Notfall dabeigehabt hatten. Geschwächt ging sie aus der Tür. Sie konnte Raven nicht erreichen und sie hatte immer noch die Zeit angehalten. Etwa hundert Meter von der Wohnung entfernt lief die Zeit wieder und ihre früheren Kollegen und Nachbarn wirkten auf der Straße alle verstört. Irgendwas ging dort ab. Es war dunkel, außer der Notleuchten, die auch außerhalb der Häuser vor sich hin blinkten. Sie musste kämpfen, nicht ohnmächtig zu werden. Sie konnte nicht schweben und ihre anderen Kräfte schienen auch geschwächt. Sie ging an den höchsten Ort, den sie in ihrem Zustand erreichen konnte und zündete die Magnesiumfackel. Während sie ohnmächtig wurde betete sie, dass Raven dies sah.
 
Raven brüllte in der Hexenklinik nach Hilfe. Sie trug ihre Verwandte auf den Armen und wurde selbst wie berauscht von ihrem Blut. Eine Ärztin kam in einer Nachtrobe angerannt.
„Werwolf, oder Vampir?“, fragte die Ärztin professionell.
„Ich weiß es nicht, ich habe sie so gefunden. Sie verblutet“, drängte Raven.
„Einstichwunde, also irgendwas mit Fangzähnen. Hat sie getrunken?“, wollte die Ärztin wissen und holte ihr Kreuz an der Kette hervor.
„Keine Ahnung, hab sie nur gefunden, schnell“, wurde sie laut.
„Bin dabei, ich werde sie auf die Iso-Station bringen, wir kriegen das hin, was ist ihre Blutgruppe?“
„Weiß ich nicht, aber ihre Patentante arbeitet hier, sie ist hier auch geboren, Angel Lusano!“
„Das ist Raes Kleine? Ich hab sie gar nicht erkannt vor lauter Blut. Ich find das raus, ich übernehm von hier. Ist der Blutsauger tot?“, fragte die Ärztin, während sie auf einem altmodischen Rollwagen, Angel über den Gang rollte. Raven sah die Ärztin nur böse an.
„Natürlich, weißt du nicht. Geh ihn suchen, ich kann ihr am besten helfen, wenn ich weiß, was sie gebissen hat“, entgegnete die Ärztin und Raven projizierte sich weg.
In bester Polizisten-Manier ging Raven die Blutspuren von Angel ab um zu sehen, wo es begonnen hat. Der Strom war immer noch nicht zurück in dem Wohnblock und die roten Leuchten hatten irgendwie etwas Bedrohliches. Sie fand den Beginn der Blutspur. So fixiert wie sie auf die Blutspritzer war, fiel ihr nicht auf, wie die Menschen auf der Straße verwirrt und ziellos herumgingen. Sie zog ihre Waffe und projizierte sich hinter die Tür, an dem das Blut aufgehört hatte. Sie wurde schon nervös, aber riss sich zusammen, sie war schließlich ein Cop. Sie fand Nevan in einer Ecke kauernd vor.
„Ich liebe sie und ich hab sie getötet“, redete er vor sich hin. Sein Mund war voll von ihrem Blut.
„Nein, sie lebt noch, grad so. Ich bring dich zu ihr, wenn du mit mir mitkommst“, sagte sie vorsichtig und steckte ihre Waffe wieder weg. Sie überschätzte ihn aber und er wollte sie auch beißen. Da Angel ihr das nie verzeihen würde, wenn sie ihn tötete, knockte sie ihn mit einem Taser aus und schleppte ihn auch zurück in die Klinik. Als er sicher weggesperrt war, wurde sie vor lauter Anstrengung auch bewusstlos.
 
Raven hörte ihren Namen leise, aber dann immer penetranter. Sie blinzelte in die ersten Sonnenstrahlen des Tages und in das Gesicht einer ihrer Mütter.
„Was ist passiert?“, fragte sie benommen.
„Sag du es mir, du bist blutüberströmt umgekippt, war aber nicht dein Blut. Wessen Blut ist das?“, fragte Melody in bester Cop-Manier.
„Angels“, sagte sie nur.
„Angels? Wo ist sie?“, fragte Melody besorgt.
„Im Hexenhospital, wo bin ich?“, fragte Raven.
„In deinem eigenen Bett, ich hab gestern Nacht einen Anruf bekommen, dass du vor unserem Haus ohnmächtig liegst, ich hab dich nur reingeholt. Was ist mit Angel?“
„Ich muss duschen und hab Hunger“, erwiderte Raven und stand auf. Ihr war wirklich schwindelig.
„Du siehst nicht gut aus, ich bring dich am Besten in die Klinik und lass dich durchchecken und auf dem Weg erzählst du mir, was letzte Nacht los war“, plante Melody und stützte ihre Tochter bis zum Wagen, nachdem Raven geduscht hatte.
„Sie ist nur etwas geschwächt, hast du wieder nen Sukkubus gehabt, Kleines?“, fragte Jules cool, während sie Raven untersuchte.
„Das hat wohl die Runde gemacht, nein, hab ich nicht, ich bin gestern nur zu viel von A nach B projiziert, geht mir schon besser. Wie geht es ihr?“, fragte sie nach Angel.
„Wir haben die Wunden genäht und ihr zwei Blutkonserven verpasst, sie schläft noch, aber wird es überleben, wir haben sie weiter isoliert, bis wir wissen, was mit ihr passiert. Was machen wir eigentlich mit dem Blutsauger? Er gehört eigentlich in den Knast“, erklärte Jules.
„Er ist ihr Ex-Verlobter und sein Chip ist anscheinend ausgefallen, er wusste nicht, was er macht. Vielleicht können wir den Chip irgendwie reaktivieren, er soll nicht so leben wie sein Vater“, plante Raven.
„Wer ist sein Vater?“, war Jules neugierig.
„Yash, kennst du ihn?“
„Ja, er ist hier bekannt, jetzt weiß ich zumindest, was er ist, diese Dämonen können Gott sei Dank niemanden verwandeln, die sind gewissermaßen nicht mehr als Hunde. Ich werde den Ärzten Bescheid geben. Du kannst gehen, wenn dein Tropf durch ist!“
„Ich werde nicht gehen, bevor ich nicht weiß, dass es ihr gut geht!“
„Auch wenn ich mich freue, dass du dich mit ihr anfreundest, ich brauch dich auf dem Revier“, sagte Melody streng.
„Dir ist schon klar, dass ich grad im Krankenhaus bin, oder, Mom?“, meckerte Raven.
„Meinetwegen, dann nimm heute frei, ich will dich aber Morgen aber wieder auf dem Revier sehen. Ich ruf deine Mutter an, dass sie sich keine Sorgen macht“, stand Melody auf und ließ sie allein.
Raven zog den Zugang aus ihrem Arm und ging auf die Suche nach Angel.
Sie fand sie hinter einer Glasscheibe, zu der sie keinen Zugang hatte.
„Sie muss noch isoliert werden, ich kann dich leider nicht reinlassen. Hey, Kleines, dir ist schon klar, dass wir eine ziemliche Zeitdifferenz zwischen Rumänien und hier haben, oder?“, kam Tacy zu Raven.
„Tante Tacy, ich war gestern etwas verstört, sorry, du hättest nicht kommen müssen“, entschuldigte sich Raven, als sie sie sah.
„Sie ist wie meine eigene Tochter, ich möchte auch hier sein. Was zum Henker ist passiert?“, wollte Tacy wissen und Raven erzählte ihr, was sie wusste.
„Rakshasas sind einer der gefährlichsten Dämonen, die je existiert haben, das war ganz schön riskant“, erwiderte Tacy, nachdem sie ihrer Geschichte gelauscht hatte.
„Ja, ich weiß, ich hatte auch nicht geplant, dass er keinen Chip hat, muss vielleicht mit dem roten Teil zusammenhängen, was Luther gebaut hat“, redete Raven vor sich hin.
„Luther hat das verbockt? Einen Moment“, murrte Tacy und verschwand im Nichts, um kurz danach mit Luther im Schwitzkasten zurückzukommen.
„Was machst du denn? Er weint doch“, kniete sich Raven zu ihm herunter.
„Ich hab es verdient, sie ist in dem Zustand wegen meiner egomanen Entscheidung!“, schluchzte er.
„Zumindest ist er einsichtig, ich hab aber nur ein heftiges De-Ja-Vu, ich hatte das gleiche Problem mit Angels Vater damals“, ließ Tacy ihn los.
„Was hast du gemacht, Chug?“, fragte Raven und zog ihn auf die Beine.
„Ich hab nicht gedacht, dass das passieren würde“, begann er.
„Ja, merk ich, also?“
„Ich hab ihr ne E-Bombe gegeben, ich wollte dort alles lahmlegen, vielleicht auch die Chips, aber ich wusste nicht, dass er so reagieren würde, sonst hätte ich das niemals getan. Ich liebe Angel wirklich sehr“, erzählte er.
„Ihr seid jetzt offiziell zusammen? Das hab ich wohl verpasst. Egal, das ist so dämlich von dir gewesen, auch wenn es einen heroischen Hintergrund hat. Die Leute dort liefen alle rum wie Zombies und du hast auch Nevan verstört. Das Erste, was du machst ist, dich bei ihm zu entschuldigen“, bat Raven ernst.
„Ja, natürlich“, bemerkte Luther und verwandelte sich in den alten Mann, den Nevan kannte.
„Nein, als du selbst, du versteckst dich nicht hinter einem Alias“, murrte Tacy und er verwandelte sich zurück.
„Er kennt mich aber nicht so“, erklärte er.
„Dann wird er dich kennenlernen. Wenn du Angel wirklich liebst, machst du das“, ergänzte Raven das Gespräch.
„Ja, das tue ich. Lasst mich kurz mit ihm allein“, bat er sie und Raven sagte ihr, wo Nevan war. Er zögerte kurz.
„Heute noch“, drängte Tacy ihn.
„Ist er …?“, fragte er nervös.
„…gefüttert? Er hat sich ausgiebig an deiner Freundin ausgelassen, wenn du das meinst, er hat aber noch eine Ration Blut zu trinken bekommen. Jetzt geh hin, bevor ich dich an deinen Eiern hin schleife“, raunzte Raven.
„Verstanden. Wünscht mir Glück“, erwiderte er und ging zu dem geschlossenen Trakt des Krankenhauses.
Nevan saß mit fragenden Augen und einer Decke auf dem Schoß in einem Krankenzimmer. Raven hatte ihn mit Handschellen an das Bett befestigt.
„Hey, du kennst mich nicht, ich bin …“, begann Luther und kam näher an ihn heran.
„… Angels neuer Lover, ich rieche sie an dir, was so gar nicht irritierend ist“, beendete Nevan, Luthers Satz.
„Okay und das ist gar nicht gruselig. Wie geht es dir?“, wollte er wissen.
„Man hat mir gesagt ich wäre in New York City und ich hätte Angel angegriffen, ich kann mich aber nicht erinnern und ich hab einen gottverdammten Ständer, der nicht weggehen will“, erzählte Nevan weinerlich.
„Ich bin schuld daran. An der Erinnerungslücke, nicht dem Ständer, hoff ich mal, keine Ahnung. Hi, ich bin Chug, na eigentlich Luther und ich hab echt Mist gebaut. Darf ich mich zu dir setzen und ich erklär’s dir?“, hoffte er und Nevan bat ihn Platz zu nehmen.
 
„Ich bin also ein Rakshasa, die sind verdammt selten, die wurden während unserer Ausbildung nur ganz am Rande erwähnt. Das sind also Blutsauger?“, versuchte Nevan ein paar Minuten später zu verstehen, was der fremde Mann ihm erzählte.
„Ja, du hast echt Glück, dass dein Dad bei Angels Dad arbeitet, ich weiß nicht, wo meine Eltern sind“, bemerkte Luther.
„Du kommst auch von Witchhunt?“
„Ja, bin aber schon ne Weile weg. Ich wollte dir das nie antun, ich wollte dich vorher fragen, ob du deinen Chip loswerden willst, die E-Bombe war aber heftiger als ich dachte. Wir müssen die anderen auch da rausholen, die werden alle ihre Kräfte entdecken und einige sind sicher so “gefährlich“ wie du“, entschuldigte er sich.
„Du hast ne E-Bombe gezündet? Bist du wahnsinnig? Das hat sicher alle Geräte im Umkreis von 10 Meilen frittiert, du hättest Flugzeuge vom Himmel holen können“, schimpfte Nevan und er sah beschämt zu Boden.
„Das sollte eigentlich nur das System lahmlegen, ich hatte nicht an die Chips gedacht, ehrlichgesagt“, erklärte er.
„Richtig, du hast nicht gedacht. Hilft einer diesen armen Leuten? Einige davon sind meine Freunde“, war er echt sauer.
„Ich werde das klären, versprochen. Jetzt werde ich erstmal deinen Vater zu dir bringen“, versicherte Luther ihm.
„Oh ja, ich will sofort meinen Vater kennenlernen, während ich mit einem Ständer an ein Krankenbett gefesselt bin“, sagte er sarkastisch.
„Richtig, nicht der richtige Zeitpunkt. Ich sag den Ärzten, die sollen was gegen deinen Fahnenmast machen“, ließ er ihn wieder allein.
 
Es war spät in den Nachmittag rein, als Rae mit einem Holzpflock auf dem Schoß bei ihrer Tochter am Krankenbett saß und ihre Hand hielt.
„Du weißt schon, dass es kein Vampir war, der sie gebissen hat, oder?“, fragte Balthazar, der in einem Eck saß.
„Ich weiß, fühl mich nur so sicherer und es macht mir Angst, dass ich mich nur so sicher fühle. Ich bin stolz und besorgt gleichzeitig, dass Angel trotz allem genauso ist, wie ich und solche Aktionen startet. Wir hätten sie letzte Nacht fast verloren, schon wieder“, redete Rae vor sich hin.
„Ja, ich weiß. Was sollen wir jetzt mit ihrem Freund machen? Der Kleine ist fix und alle, ja ich weiß, was du sagen willst, ich steh auf seiner Seite, weil er wie ich ist, aber ich glaube, die beiden lieben sich wirklich, er ist gut für sie auch wenn er ein Idiot ist“, erklärte Balthazar ihr.
„Das muss sie selbst entscheiden, aber momentan kann ich ihn nicht um mich herumhaben. Ich bin so sauer, aber auch auf mich, dass sie sich nicht so sichergefühlt hat, mit mir darüber zu sprechen. Sie lebt lieber bei einem Wildfremden, als bei uns und der hat sie jetzt auch in Gefahr gebracht“, war Rae wirklich besorgt um ihre Tochter.
„Er scheint gut für sie zu sein“, hörten sie plötzlich beide eine Stimme und sahen zur Tür. Dort stand Nevan, in Handschellen.
„Keine Sorge, ich kann Ihnen nichts tun, ich will auch nicht. Mit dieser seltsamen Prothese könnte ich nicht mal richtig pinkeln“, bemerkte er und zeigte mit seinem Kinn auf seinen künstlichen Arm.
„Die Prothese sitzt falsch, haben sie dir wohl in Eile angelegt“, sagte Rae freundlich, stand auf und richtete seine Prothese.
„Danke, Ma’am“, sagte er höflich.
„Rae, bitte, ich bin nicht sauer, dass du meine Tochter angegriffen hast, ich kenn deinen Vater seit 20 Jahren, ich weiß wie er ist und wie es ist. Die werden dich sicher erstmal verhaften, aber wir helfen dir da raus, so wie bei deinem Vater. Darf ich ihm sagen, dass er dich besuchen darf, ich sehe, du hast dein kleines Problem im Griff“, erklärte sie ihm und sah herunter.
„Ja, war die Hölle, hatte alles zu tun mit ner Nadel und du bist Ärztin, den Rest erspar ich dir. Wie geht’s ihr?“
„Sie schläft noch, aber sie wird wieder. Sag nichts ohne einen Anwalt, ich besorg dir einen“, erwiderte sie und Raven führte ihn ab.
 
„Durst“, sagte Angel leise.
„Da bist du ja wieder. Wie fühlst du dich?“
„Blutleer. Was ist mit Nevan passiert?“
„Auf dem Weg in den Knast, aber wir werden ihm helfen. Dein neuer Lover ist ein Idiot!“
„Wieso? Was ist los?“
„Dieses Ding, was er dir gegeben hat, was Nevans Arm deaktivieren sollte hat alle elektrischen Geräte deaktiviert, samt Chips der herumstehenden Personen. Nevan war darauf überhaupt nicht vorbereitet“, erzählte Rae ihrer Tochter.
„Das hab ich nicht gewusst!“
„Dachte ich mir, scheint so, als müsstet ihr beiden an eurer Kommunikation arbeiten. Er sitzt seit 5 Stunden draußen vor der Tür, ich hab ihn nicht zu dir gelassen“, erklärte Rae.
„Lass ihn rein, er ist ein Idiot, aber er ist mein Idiot. Ich werde mich darum kümmern. Du siehst aus, als hättest du seit Stunden diesen Platz nicht verlassen, mach mal ne Pause“, erwiderte Angel.
„Nein, ich lass dich nicht mehr allein, niemals!“
„Sie will mit ihm allein sein, Rae, geh einfach“, bat Balthazar, der immer noch in einem Eck saß und auf seinem Pad herumspielte.
„Das gilt auch für dich, Dad“, moserte sie.
„Verstanden, komm, Rae, lass uns was essen gehen“, zog Balthazar seine Noch-Ehefrau hoch. Der Pflock, den Rae auf dem Schoß gehabt hatte fiel dabei herunter.
„Ein Pflock? Wirklich, Mum?“, fragte Angel kritisch.
„Wie meine Mom immer sagt, sei für alles bereit. Ich nehm ihn mit, alles ist gut“, entgegnete Rae ertappt und steckte den Pflock ein, bevor sie aus der Tür ging. Angel döste etwas weg, wurde aber geweckt, als die Tür wieder aufging.
„Angel, Mäuschen, bist du wach?“, kam Luther zu ihr.
„Ähm“, murmelte sie, ohne ihre Augen zu öffnen.
„Willst du mit mir reden?“
„Nicht wirklich, aber setz dich zu mir“, bat sie und er setzte sich vorsichtig neben sie.
„Deine Tante Tacy hat mir schon körperlich und seelisch den Arsch aufgerissen und dein Ex hat den Rest getan“, begann er.
„Gut“, sagte sie nur und öffnete ihre Augen. Sie hatte pechschwarze Pupillen.
„Süße, deine Dämonin schaut raus“, war er überrascht.
„Oh fuck, ich fühl mich aber gut, sind vermutlich die Medikamente. Schon gut, alles gut“, versicherte sie.
„Soll ich dir irgendwie helfen?“, wollte er besorgt wissen.
„Momentan will ich nicht, dass du mich anfasst, ich komm schon klar“, bat sie ernst.
„Ich wollte dich niemals in Gefahr bringen“, entschuldigte er sich.
„Du hättest mich einweihen sollen. Ich hätte den Plan verstanden und besser aufgepasst!“
„Ich wusste nicht, dass das passieren würde, denk ich zumindest. Ich hab mich schon bei Nevan entschuldigt, als ich selbst, er hat viel Scheiße am Hals jetzt und es ist meine Schuld. Das Schlimmste ist, das ich auch unschuldige andere Wesen damit reingezogen habe. Sie sind jetzt hilflos in der Höhle des Löwen. Ich wollte nur ihre Systeme zerstören, nicht so was“, erwiderte er.
„Du wirst alles tun um das zu regeln, wenn meine Eltern, oder ihre Freunde und Kollegen Hilfe dabei brauchen wirst du ohne Widerrede alles machen, was sie wollen“, forderte sie streng.
„Zu Befehl, Ma’am“, sagte er ernst.
„Lass den Scheiß!“, murrte sie und er schwieg.
„Ich werde erstmal in New York bleiben, ich schicke meinen Vater in den nächsten Tagen vorbei wegen meinen Sachen. Du hast eine Lawine losgetreten, wir müssen das erstmal reparieren. Wir telefonieren, aber lass mich erstmal allein“, bat sie kühl.
Ohne ein Wort küsste er ihre Stirn und ging wieder nach draußen.
„Balt, bringst du mich heim?“, fragte Luther seinen Bekannten, als er ihn anrief.
„Wir sind im Restaurant die Straße runter, komm her, dann bring ich dich weg. Ist irgendwas mit Angel?“
„Nein, sie will mich nur grad nicht sehen und ich verstehe sie. Ich komm sonst nur nicht hier weg, Tacy scheint wieder weg zu sein“, erklärte er.
„Dann komm hierher, ich lad dich auch zum Essen ein, du musst was essen“, bat Balthazar und Luther ging zu dem Restaurant.
 
„Du solltest dich ausruhen“, ermahnte Rae ihre Tochter zwei Tage später, als sie ihr zusah, wie sie mit Raven auf dem Revier an einem Plan arbeitete, um ihre Bekannten von Witchhunt zu retten.
„Mir geht’s gut, der Besuch im Colosseum hat mich gestern wieder aufgeladen. Wir brauchen mehr Leute dafür, warum seid ihr nur zu zweit, das ist bei so einer großen Stadt wie New York verrückt“, entschied Angel.
„Schon, ist aber nicht so, als könnten wir Stellen öffentlich ausschreiben“, bemerkte Raven in Gedanken.
„Ich würde mitmachen“, bemerkte Angel nur.
„Nein, wirst du nicht, Tochter“, mischte sich Rae ein.
„Sie ist eine mächtige Hexe, sie würde uns echt helfen, Tante Rae!“
„Die letzte Aktion hat sie fast mit dem Leben bezahlt und das ist erst zwei Tage her“, ermahnte Rae sie.
„Da war ich nicht darauf vorbereitet, das werde ich nicht mehr sein. Krieg ich ne Waffe?“, war Angel aufgekratzt.
„Da du kein Cop bist, ganz sicher nicht, aber wofür brauchst du die, du bist selbst ne wandelnde Waffe!“
„Auch wahr, Tante Melody kann mich aber sicher als “Beraterin“ einstellen, dann wissen nur wir, was ich wirklich mache“, war Angel aufgekratzt.
„Meinetwegen, aber du wirst einen Vampirjägerkurs absolvieren, bevor du hier anfängst“, verhandelte Rae.
„Okay, kann ich machen. Kann ja nicht so schwer sein!“
„Dein Großonkel ist dabei regelmäßig in Ohnmacht gefallen, vor allem bei dem Sarg-Test. Hast du dein Training schon hinter dir, Iris?“, fragte Rae, Raven.
„Ich hab euch doch verboten, mich so zu nennen, Tante Rae“, murrte Raven und sah auf.
„Richtig, ich mag den Namen trotzdem. Also?“
„Nein, das war hier nicht verlangt. Muss ich?“
„Würde nicht schaden, das könnt ihr ja zusammenmachen, wenn meine Tochter wieder gesund ist. Was sie jetzt nicht ist, also kommt sie jetzt mit mir nach Hause!“
„Ich bin erwachsen, Mom und mir geht’s gut. Ich muss mich ablenken und das hier tut mir gut“, erklärte sie ihr.
„Gut, aber du achtest auf sie, Raven“, hoffte Rae.
„Natürlich, Tante Rae, jetzt geh zurück zur Arbeit, wir kommen hier klar“, erwiderte sie. Rae klopfte auf die Schulter ihrer Tochter und ließ sie weiterarbeiten.
„Du willst wirklich hier arbeiten?“, wunderte sich Raven.
„Ich bin jetzt schon fast zwei Monate aus dem Witchhunt raus, irgendwas muss ich mit meinem Leben anfangen. Vampirjägerin klingt schon nicht schlecht. Nur der Sarg-Test klingt gruselig“, bemerkte sie.
„Ja, aber auch spannend. Wir müssen aber erstmal mit meiner Mutter darüber reden. Jetzt ist diese Aufgabe aber wichtiger, wir brauchen wirklich Hilfe. Das ist viel größer als wir. Wir könnten in den Dämonenbars nachfragen, Lupus hilft sicher und ich kenn auch noch ein paar andere Dämonen, die ich zwar eher verhaftet, als mit ihnen gearbeitet habe, aber ich bin im Guten mit ihnen verblieben“, plante Raven.
„Ist nen Anfang. Entschuldige mich kurz“, sah Angel, dass Yash ins Revier gekommen war und sich unsicher vor der Tür umsah.
„Yash, hey, danke fürs Kommen“, ging sie zu ihm heraus.
„Du siehst schlimm aus, was ist passiert?“, berührte er ihren Hals, der noch stark verbunden war.
„Komm, ich erzähl es dir auf dem Weg“, bat sie und brachte ihn zu den Zellen. Beinahe drei Tage saß Nevan nun dort, sie wussten nicht was sie mit ihm machen sollten.
„Hey, Nev‘, ich hab dir jemanden mitgebracht“, begrüßte sie ihren Ex. Mit müden Augen sah Nevan sie an. Er trug keine Prothese und seine digitalen Augenimplantate flackerten defekt.
„Ich weiß, ich seh furchtbar aus, ohne Wartung sind meine Implantate ziemlich anfällig. Kann ich endlich raus?“, hoffte er.
„Kann ich nicht entscheiden. Ich dachte nur, du solltest jemanden kennenlernen“, ging sie zur Seite und Vater und Sohn sahen sich zum ersten Mal.
„Ihr habt noch einen Rakshasa aufgetrieben, beeindruckend, aber warum muss ich ihm im Knast besuchen?“, verstand Yash nicht.
„Super, mein Dad hat also noch nicht mit dir darüber gesprochen. Er ist dein Sohn, Yash!“
„Nichts für Ungut, Kleiner, aber ich habe keine Kinder. Wie alt bist du, Junge?“, wunderte sich Yash.
„25, Sir“, sagte Nevan auch verwundert.
„Wer ist deine Mutter?“
„Ich kenn meine Mutter nicht, also keine Ahnung!“
„Woher denkst du dann, dass wir Vater und Sohn sind, Angel?“
„Wir haben die Gentests von euch beiden, ihr scheint beide nicht so glücklich darüber zu sein, euch gefunden zu haben, ihr seid wie Einhörner, wenn die wirklich existieren würden“, erklärte sie ihnen.
„Er ist mein Sohn?“, realisierte Yash endlich.
„Ja, ist er. Er hat mich vor zwei Tagen fast totgebissen, also braucht er dringend Führung“, bat sie.
„Dir ist schon klar, dass ich da selbst Probleme mithabe. Warte, dass an deinem Hals war er? Bist du nicht Wonder Woman? Wie kam er so nah an dich dran?“
„Er ist mein Ex-Verlobter und ich wurde überrascht. Er hat erst seit drei Tagen überhaupt Kenntnis über seine Fähigkeiten, ich bin nicht sauer auf ihn, aber wir können ihn nicht sofort entlassen. Besser gesagt sie, ich bin ja kein Cop. Unterhaltet euch, ich werde dir nen Implantologen schicken wegen deinen Augen, bevor die ausfallen, Nev‘“, plante sie und ließ die beiden allein.

Achtzehntes Kapitel

 
„Das ist irgendwie traurig, jetzt schon zwei Generationen von den beiden in meinem Register zu haben. Sie reden aber, was gut ist, auch wenn es nur darüber geht, wie lang die beiden einen Ständer von Sukkubus-Blut hatten. Ja, ich habe gelauscht, war neugierig. Was machen wir jetzt mit den Beiden?“, plante Melody, als Angel in ihrem Büro saß.
„Du bist der Boss hier, dass musst du entscheiden!“
„Keine Ahnung, am liebsten würde ich ihnen beiden einen Chip verpassen, der ihren Drang stoppt, aber du würdest mich dafür hassen“, gestand sie ihr.
„Nein, würde ich nicht. Auch wenn mein Leben ohne Chip besser ist, bei ihnen wäre es besser so. Was wäre, wenn Yash seinen Sohn mit sich nach Hause nimmt, ich werde keine Anzeige erstatten“, hoffte Angel.
„Meinetwegen, aber du bist persönlich dafür verantwortlich, dass sich beide benehmen. Dafür musst du aber in der Stadt bleiben“, machte Melody einen Plan.
„Werde ich, ich werde mit deiner Tochter zusammenziehen. Ich bleibe jetzt hier“, versicherte Angel.
„Hast du nicht nen Kerl in Kansas?“
„Nein, doch, schon irgendwie, ist kompliziert, ich weiß nicht, was ich grade fühlen soll, er hat mich in Gefahr gebracht“, redete sie vor sich hin.
„Ich hab irgendwie das Gefühl, ich hätte diese Gespräche schon stundenlang mit deiner Mutter geführt. Auch wenn ich wie ne verbitterte Lesbe klinge, aber Männer sind Idioten“, entschied Melody.
„Bist du nicht bi?“
„Ja, aber da ich jetzt mit einer Frau verheiratet bin muss ich mich ja nicht mehr mit dem Daten von Männern abgeben. Du vermisst ihn, oder?“
„Mein Körper vermisst ihn, mein Hirn hasst ihn grad so, mein Herz ist … keine Ahnung, ich red grad nicht mit dem blöden Ding“, entgegnete sie.
„Kommst du wieder mit deinem Ex zusammen?“
„Ähm, nein, ganz sicher nicht“, deutete sie auf ihren Hals.
„Warum lässt du das eigentlich nicht im Krankenhaus heilen?“
„Sie haben es versucht, der Einstich ist aber ziemlich tief und würde Tage dauern, die wollte ich nicht im Krankenhaus verbringen. Wenn es später eine Narbe gibt, mach ich vielleicht noch was. Also, unterschreibst du die Entlassungspapiere für Nevan?“, wollte sie wissen.
„Mach ich gleich fertig. Willst du sie mit nach Hause nehmen?“
„Oh nein, meine Mutter würde mir was husten, ich werde die beiden regelmäßig besuchen, wenn meine Mutter ihnen regelmäßig Blut besorgt, bis sie den Chip bekommen, wird das gut gehen, da bin ich ganz sicher!“
„Ich würde gern deinen Optimismus teilen, aber ich kenne Yash jetzt länger als dich, es ist schwierig, ihn zu bändigen. Jetzt sind sie auch noch zu zweit. Zumindest scheinen sie sich zu verstehen“, sah die Polizistin auf das Display, auf dem sich die beiden in der Zelle noch unterhielten.
„Du musst entscheiden, was passieren soll, aber Nevans Retina-Implantate fallen bald aus, dann wird er blind sein. Seine Armprothese habt ihr ihm auch weggenommen, er ist gehandicaped, das ist schon fies“, erklärte sie.
„Du hast noch Gefühle für ihn!“
„Wir waren jetzt vier Jahre zusammen, das kann ich nicht einfach abstellen, mein Leben mit ihm verbringen möchte ich aber nicht mehr, dafür ist zu viel passiert. Ich wüsste nicht mal, wo ich ihn mit seinen Augen hinbringen soll, bei uns hat das immer der Betriebsarzt gemacht“, erklärte sie.
„Ich hab nen guten Optiker, ich werde älter und muss jetzt ne Brille tragen. Ja, ich weiß, dass man das heilen kann, aber deine Tante Melody ist ein Schisshase und will das nicht korrigieren lassen“, gestand sie ihr.
„Aber du trägst Kontaktlinsen!“
„Ja, frag nicht. Ist mir gar nicht aufgefallen, dass er Retina-Implantate hat, wird wohl wirklich Zeit meine Augen machen zu lassen. Weißt du was? Ich lad euch alle heute Abend ein, wir können ja vorher bei meinem Arzt noch vorbeifahren“, schlug Melody vor.
„Deine Frau ist sicher nicht glücklich darüber!“
„Ich ruf sie an und frag sie erstmal. Es kann etwas dauern, bis er hier rauskommt, vielleicht kannst du ihnen was zum Essen besorgen, oder so“, schlug Melody vor.
„Ja, ich sollte auch was essen. Wie sehr hält sich Yash an kulturelle Essensgewohnheiten?“, wollte sie wissen.
„Er trinkt Rinderblut“, sagte sie nur.
„Auch wahr. Bin gleich zurück“, verabschiedete sie sich und ging Essen holen.
 
„Also eins ist sicher, mexikanisches Essen können die hier in New York. Danke, für das Essen“, bedankte sich Nevan, als er gierig einen Burrito aß. Sein linkes Augen-Implantat war schon ausgefallen.
„So, Jungs, die Papiere sind durch, ich lad euch heute ein, ich will eure Geschichte hören“, kam Melody zu ihnen und öffnete die Zellen.
„Ich kann gehen?“, fragte Nevan hoffend und in dem Moment fiel auch sein anderes Implantat aus.
„Fuck, meine Implantate sind leer, jetzt muss mir jemand helfen, ich seh nichts mehr“, stand Nevan torkelnd auf und tastete sich voran.
„Komm, ich helf dir“, nahm Angel seinen Arm und führte ihn raus.
 
„So, ist wieder aufgeladen, war auch ein kleiner Defekt drin, Sie müssen sie öfters aufladen in nächster Zeit, ich gebe Ihnen eine neue Box, wollen Sie noch eine Nachtmaske?“, fragte der Optiker, als er Nevan seine Implantate wiedereinstellte.
„Ja, bitte, hab meine letzte schon vor langem verloren, hab meine Verlobte nachts immer erschreckt, na ja, jetzt Ex-Verlobte, sie liebt einen anderen. Wie auch immer, das gehört nicht hierhin, danke, Sir, für Ihre Hilfe“, bedankte sich Nevan höflich und stand auf.
„Gerne, dafür bin ich da. Die Liebe ist manchmal grausam, aber hier in New York gibt es viele hübsche Frauen, Sie finden sicher jemanden neues“, versicherte der Optiker, packte ihm die Sachen ein und er bezahlte.
 
„Hey, siehst ja schon besser aus, hier ist auch noch dein Arm, vielleicht kriegst du mal nen besseren, im Moment muss der reichen. Tut mir leid, dass ich nicht gemerkt habe, dass du Implantate hast“, gab Melody, Nevan die Prothese.
„Schon gut, jetzt hab ich ja alles“, bemerkte er und gab Angel aus Gewohnheit seine Sachen in die Hand, während er die Prothese anzog.
„Sorry, hab nicht drüber nachgedacht“, nahm er seine Sachen wieder.
„Alles gut, auch wenn wir nicht mehr Nevan und Angel sind, heißt das nicht, dass wir nicht Freunde bleiben können“, entschied sie.
„Das wäre schön. Was ist jetzt mit deinem Lover?“
„Kein Kommentar, ich weiß es selbst nicht genau. Wie geht’s dir grade?“
„Mein innerer Dämon ist ganz schön heftig, aber der Durst ist nicht so stark. Ich wollte nicht, dass du dich allein fühlst mit deinen Kräften, jetzt wo ich auch einer von euch bin realisiere ich das. Du warst jetzt die ganze Zeit für mich da und ich nicht!“
„Schon gut, wir sind so aufgewachsen, ich hatte jetzt einige Zeit, mich darauf einzustellen. Du musst nicht damit leben, wir könnten deinen Chip reaktiveren und auch deinem Dad einen verpassen“, bemerkte sie.
„Ich wäre lieber wie früher, aber im Moment ist das etwas überwältigend für mich. Auch die Sache mit meinem Dad, ich glaube nicht so ganz, dass er glaubt, dass ich sein Sohn bin, aber ich weiß es irgendwie. Wir haben noch eine lange Reise vor uns, aber ich hoffe, mit ihm eine Beziehung aufzubauen. Er kann mir nicht sagen, wer meine Mutter ist, vielleicht will er es auch nicht sagen“, erklärte Nevan und sah durch das Schaufenster nach draußen, wo sein Vater stand.
„Gib ihm Zeit, er war jetzt so lange allein, wenn er kapiert, dass er jetzt Familie hat wird er glücklich darüber sein. Wenn nicht, werde ich ihn so lange schlagen, bis er es ist“, schmunzelte sie und klopfte ihm auf die Schulter. Er lächelte sie an.
„Ich bin immer noch irritiert, dass du nicht notgeil auf meine Pheromone reagierst, ich kann sonst nur auf Abstand mit anderen gehen, dass die nicht durchdrehen“, sagte sie plötzlich.
„Wir sind “Charmer“, genauso wie Vampire, vermutlich gleichen wir das gegenseitig aus!“
„Das wusste ich gar nicht, bei Yash war das nie so, zumindest weiß ich nichts davon!“
„Ich hatte im Krankenhaus Zeit zum Lesen, eine nette Schwester hat mir Bücher gebracht, vielleicht muss man das lernen, ich kann das auch noch nicht, aber vielleicht, eines Tages“, erklärte er.
„Du willst also deinen Chip deaktiviert lassen?“
„Ich weiß es nicht, ich fühl mich so irgendwie freier, auch wenn ich nicht mal wusste, dass ich jemand anderes war. Wir müssen die andren da rausholen, wir hatten zwar nicht viele enge Freunde, aber sie sind in großer Gefahr“, entschied er.
„Wir sind dran, wenn du willst, kannst du helfen“, bat sie an.
„Natürlich, ich helf euch gern. Kommt aber darauf an, ob sie mich dabeihaben wollen, deine Freundin musste mich elektrisieren, weil ich sie auch angegriffen habe“, bemerkte Nevan.
„Sie hat dich getasert? Sei froh, dass sie dich nicht gekillt hat, sie ist, soweit ich das einschätzen kann, ein hitzköpfiger Cop. Sie wollte mich vermutlich nicht gegen sie aufbringen, wenn sie dich abgeknallt hätte, sie mag mich anscheinend, nichts für ungut. Du wirst mit ihr zusammenarbeiten müssen, also sei nett!“
„Hey, sie hat mich nicht getötet, das ist schon nen Grund, sie zu mögen. Ist sie Single? Was? Du bist ja nicht mehr verfügbar anscheinend!“
„Ja, und eindeutig ja. Auch wenn er ein Idiot ist, ich hab ihn sehr gern, aber ich sollte nicht mit dir darüber reden, das tut dir sicher zu sehr weh!“
„Wenn er dir guttut, bin ich glücklich. Du solltest aber mit ihm reden, wir Männer hassen es, wenn wir im Ungewissen gelassen werden. Ich komm klar, irgendwie, kümmere dich um dich selbst und deine Liebe“, entgegnete er.
„Verdammt, du hast dich weiterentwickelt, ist echt schwierig dich jetzt gehen zu lassen“, war sie irritiert.
„Gut, dass ich über dich hinweg bin“, konterte er.
„Ja, toll, lass uns gehen“, murmelte sie und brachte ihn raus.
 
Auf dem Gästesofa ihrer Mutter wurde sie schweißgebadet wach. Sie hatte einen furchtbaren Albtraum gehabt. Sie wollte ihn anrufen, zögerte erst, doch rief dann doch an.
„Tut mir leid, ich weiß es ist spät, oder früh, wie man das auch sieht. Wie geht es dir?“, fragte sie Luther am Telefon.
„Bin noch wach, vermisse dich“, sagte er nur.
„Ich auch, hatte gerade einen furchtbaren Traum. Ich habe geträumt, du wärst in großer Gefahr“, erzählte sie.
„Mir geht’s gut, ich lieg in meinem Bett und starr die Decke an“, versicherte er.
„Ich wünschte, ich wäre bei dir“, gestand sie ihm.
„Schade, dass du das mit dem Projizieren noch nicht draufhättest, dann könntest du rüberkommen“, bemerkte er.
„Ja, ich auch. Ich muss aber erstmal gesund werden, der Biss war ganz schön heftig“, erklärte sie.
„Ja, denk ich mir. Sitzt dein Ex noch im Knast?“
„Nein, er ist bei seinem Dad, ich hab irgendwie die Verantwortung für beide übernommen, was mich zu Tode ängstigt, ist ja irgendwie, als hätte ich jetzt zwei Vampir-Kinder, auf die ich achten soll. Beide haben mich schon angegriffen und trotzdem will ich ihnen helfen, ist das verrückt?“
„Du hast ein großes Herz für eine schwarze Zauberin, das beißt dich hoffentlich nicht irgendwann in den Hintern“, erklärte er.
„Du sprichst das aus, was ich denke, mein Dad meint, ich muss ab und zu mal böse sein, um gesund im Kopf zu bleiben, aber ich wüsste gar nicht, wie ich das machen soll!“
„Na ja, ne Heilige bist du auch nicht, du hast mich inzwischen zum dritten Mal verlassen“, konterte er.
„Auch wahr, aber diese Entscheidungen waren eher von meiner menschlichen Seite, es ist keinen Monat her, da hätte ich fast geheiratet“, entschied sie.
„Ja, ich weiß, ich hab doch gewusst, dass es zu früh war zusammenzukommen, ich lass dich jetzt in Frieden“, sagte er traurig.
„Von wegen, ich meinte es ernst, ich will mit dir zusammen sein, sobald ich wieder gesund bin komme ich zurück nach Kansas“, sagte sie ernst.
„Wirklich?“
„Natürlich, Blödmann, ich liebe dich“, gestand sie ihm.
„Ich liebe dich auch“, sagte er nur und plötzlich gab es ein Knacken in der Leitung.
„Chug? Bist du noch da? Chug?“, fragte sie. Sie hörte ganz plötzlich Waffenfeuer in der Leitung.
„Chug?“, wurde sie panisch und das Gespräch brach ab.

Neunzehntes Kapitel

 
Sie wickelte sich in ihren Morgenmantel. Wie konnte sie zu ihm kommen? Sie konzentrierte sich. Das mit der Projektion sollte doch nicht so schwer sein, wenn es sogar ihr kranker Vater konnte. Fest dachte sie an ihn und legte ihre ganze Energie in die Aufgabe, sich zu projizieren. Sie war nicht besonders stark, doch plötzlich überkam sie eine Wärme, die sie noch nicht kannte. Sie schloss die Augen und hoffte nur, dass sie nicht irgendwo in einem Kriegsgebiet landete. Sie öffnete die Augen wieder. Geschwächt kniete sie auf dem Rasen. Erleichtert stellte sie fest, dass sie genau dort war, wo sie hinwollte, aber sofort überkam sie Panik. Das Farmhaus, in dem ihr Freund war, stand in Flammen.
Mit letzter Kraft stand sie auf und sah sich um. Hexenjäger waren in sein Wohnhaus eingefallen.
Sie fluchte gewaltig. Sie war zwar mächtig, aber das konnte sie nicht allein schaffen. Mit zitterigen Händen rief sie Raven an.
„Süße, es ist drei Uhr morgens“, murrte Raven ins Telefon.
„Hexenjäger, viele Hexenjäger, Luther ist in Gefahr“, konnte sie nur von sich geben.
„Das ist nicht witzig!“
„Ich hab mich zum ersten Mal projiziert und kann mich kaum auf den Beinen halten, trommle alle zusammen, die helfen können. Bitte“, sage sie schwach.
„Bist du in Kansas?
„Ja, bitte komm!“
„Bin auf dem Weg, ich trommle alle zusammen!“
 
Es vergingen keine 15 Minuten, bis Raven, Rune, Tacy, Brutus, P.J., Rae und Balthazar an projiziert kamen. Das Farmhaus brannte inzwischen lichterloh. Angel stand davor und wusste nicht, was sie tun sollte.
„Ich weiß nicht, ob er da drin ist, ich kann nicht projizieren, hilf mir“, klammerte sie sich an ihren Vater.
„Sicher, halt dich fest“, sagte Balthazar nur und verschwand mit ihr.
„Hat er meine Tochter grad in ein brennendes Gebäude gebracht? Tace, los“, schimpfte Rae und ihre beste Freundin folgte Raes Mann.
„Dad, wir brauchen einen Zauber, um das einzudämmen, hilf mir“, plante P.J. und sie steckten die Köpfe zusammen.
Angel hustete. Rauch war überall im Haus, sie konnte kaum atmen. Balt hielt die Zeit an.
„So, jetzt haben wir Zeit“, keuchte auch er. Er zerriss sein Schlafanzugoberteil und stellte zwei Tücher her, die sie um den Mund banden.
„Du müsstest mal das T-Shirt wechseln“, murmelte sie.
„Wir werden die Schwaden an die Decke schicken, du musst mir dabei helfen“, bat er und sie starrte ihn an.
„Keine Sorge, ich sag dir, was du machen musst. Mach es mir einfach nach“, plante er und zusammen schoben sie den Qualm gen Decke.
„Gut, jetzt können wir wieder arbeiten. Lass uns ihn suchen“, nahm er das provisorische Tuch ab und sie durchquerten das Haus.
„Was ist, wenn er tot ist?“, fragte sie nervös. Ihr Vater stellte sich vor sie und löste ihren Mundschutz.
„Du musst an ihn glauben und an dich, wir finden ihn. Den brauchst du nicht mehr“, erwiderte er und warf das Tuch weg.
„Mir war gar nicht bewusst, wie groß das Haus eigentlich ist. Wo sollen wir anfangen?“
„Im Schlafzimmer“, entschied er und zog sie dorthin.
Das Schlafzimmer war durchwühlt und Teile brannten, waren aber grad erstarrt.
„Okay, wo könnte er noch sein?“, fragte Balthazar.
„Im Stall vielleicht?“
„Dann los“, erwiderte er und ging mit ihr weiter.
 
Er lag auf dem Bauch neben den Kühen. Sie warf sich neben ihn auf die Knie und misste seinem Puls. Sie fühlte den Puls und atmete auf.
„Bring ihn weg, sofort“, forderte sie ihren Vater weinend und er griff nach seinem Arm und verschwand. Sobald er weg war, löste sich die Starre und es brannte wieder.
„Verdammt, Dad, jetzt bin ich in Gefahr“, schluchzte sie. Sie versuchte, sich zu projizieren, doch war zu schwach. Sie wusste, wie sie Feuer legen konnte, also legte sie eine Feuerschneise. Während sie sich einen Weg aus dem Stall bahnte, versuchte sie immer wieder die Zeit anzuhalten, doch das misslang ihr. Sie legte ein Feuer am Scheunentor und trat es dann ein. Mit letzter Kraft gelang es ihr an die frische Luft. Dort wartete ein Hexenjäger auf sie. Sie hatte stundenlang bei der Arbeit bei Witchhunt auf so einen Androiden gestarrt, jetzt erfüllte sie der Anblick mit Panik.
„Irgendwie ironisch, dass ich so aus der Welt scheide, mit einer meiner eigenen Kreationen“, erwiderte sie aufgebend und schloss die Augen. Sie hörte ein metallisches Klirren und das Herunterfahren des Androiden.
„Hey, was bist du denn für ne Hexe? Gibst du etwa einfach auf“, hörte sie P.J.s Stimme. Er hatte dem Androiden eine Harke in den Nacken gejagt und ihn damit deaktiviert. Überwältigt fiel sie ihm einfach um den Hals.
„Ich spüre deine Dankbarkeit, aber auch andere Sachen, lass mich lieber los. Ich bring dich jetzt weg, komm“, projizierte er sie weg.
 
„Wow, ich fühl mich wieder wie in meiner Jugend, ich hab drei von den Mistdingern erledigt, wie viele hast du?“, prahlte Brutus, als sie in einem sicheren Versteck waren. Angel wurde auf einer Krankenliege wach. Sie schien ohnmächtig gewesen zu sein, sie wusste nicht, wo sie war. Sie griff nach der nächsten Person, die an ihr vorbeilief.
„Hey, da ist ja jemand wach, morgen, Schlafmütze, beweg dich nicht, ich hab einen Heilungslaser an deinem Hals angebracht, hab die Chance genutzt, während deiner Besinnungslosigkeit“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter.
„Wie geht es ihm?“, fragte sie.
„Ihm geht’s gut, er hat nur einen Schlag gegen den Kopf bekommen, er erholt sich auch, auch er trägt einen Laser am Kopf, ich sag ihm aber, dass es dir gut geht und du nach ihm gefragt hast. Diesmal lässt du das Ding aber an dir dran, die Medizin ist so entwickelt, dass du nicht mit einem Loch im Hals rumlaufen musst. Du bist heute ein großes Risiko eingegangen“, bemerkte Rae.
„Ich stimme dir bei beidem zu. Ich liebe ihn, ich habe Panik bekommen ihn zu verlieren“, entschuldigte sie sich.
„Kenn ich. Er hat auch nach dir gefragt, er scheint dich auch zu lieben. Seine Farm ist übrigens bis auf die Grundmauern abgebrannt, die Jungs wollten löschen, aber die Jäger waren überall. Tut mir leid, ich weiß, das Haus hat dir viel bedeutet!“
„Schon gut, er bedeutet mir mehr. Jetzt muss ich mir wohl offiziell was Eigenes suchen. Wie haben die ihn gefunden? Er hat doch einen Störsender installiert!“
„Das musst du ihn fragen. Du hast sein Leben gerettet, soweit außerhalb hätte man ihn nicht rechtzeitig gefunden. Du bist projiziert, ich werde deinen Dad ne Weile damit aufziehen, dass du so schnell alles kannst“, sagte Rae stolz.
„Ich hab es bis jetzt nur einmal geschafft und danach nicht mehr. Dad war es, der ihn gerettet hat. Wo sind wir hier?“
„Besser, wenn du das nicht weißt, Kleines“, kam auch ihr Vater zu ihr.
„Wir sind in Arizona, Süße, dein Dad ist mal wieder melodramatisch“, erklärte Rae.
„Hey, sie könnte nen Spion sein, das ist ein Geheimversteck“, raunzte Balthazar und Angel sah sie böse an.
„Sie ist deine Tochter, unsere Tochter und sie ist grade noch einem Hexenjäger entkommen, wir können sagen, dass sie für unser Team spielt. Keine Sorge, wir sind mitten in der Wüste, hier kommt niemand hin, wenn man nicht projizieren kann. Apropos projizieren, bin stolz auf dich, dass du das geschafft hast, aber bitte übe mit kleinen Sprüngen in Zukunft, das hat dich ziemlich geschwächt!“
„Ja, war keine Absicht, ich wollte einfach bei ihm sein, ist mir danach nicht mehr gelungen. Wie lang muss ich das noch an mir haben?“, fragte Angel und wollte sich an den Hals fassen.
„Bis ich es dir abnehme, Flossen weg“, zog sie ihrer Tochter die Hände weg.
„Das juckt aber!“
„Die Wunde heilt, so soll das sein. Ich will dich nicht betäuben müssen, Tochter, lieg einfach still, bitte“, bat Rae ruhig, aber etwas genervt.
„Meinetwegen. Wie geht es jetzt weiter? Werden sie uns bist New York City folgen?“, fragte Angel plötzlich besorgt.
„Ich weiß es nicht, Süße, sie haben sich in den letzten Jahren zurückgehalten, sie tauchen immer auf, wenn wir es gerade gar nicht gebrauchen könnten. Am liebsten würde ich die ganze gottverdammte Firma in die Luft jagen“, dachte sie laut nach.
„Warum machen wir es nicht? Die Kräfte hätten wir und wenn es nicht Hexenkräfte sind, ich könnte ne Bombe bauen“, plante Angel.
„Wow, ich glaub, ich hab das mit dem Vertrauen zu dir wohl etwas zu früh gesagt, du kannst Bomben bauen?“
„Ich bin Ingenieurin, theoretisch könnte ich, bis jetzt hab ich es nie wollen. Guck mich nicht so an, ich bin keine Bombenwerferin, ich hätte nur das Wissen eine zu bauen“, redete sie vor sich hin und ihre Mutter starrte sie entsetzt an.
„Okay, dann keine Bomben, zusammen haben wir auch ohne genug Feuerkraft um das hinzukriegen“, entschied sie.
„Ich hätte echt nicht damit anfangen sollen. Du wirst weder Bomben, noch deine Kräfte einsetzen, hörst du?“, forderte Rae ernst.
„Ja, hab’s kapiert, aber wie soll es weitergehen? Sollen noch meine Enkel vor den Blechmenschen Angst haben?“
„Nein, natürlich nicht, aber ich lass dich sicher nicht wieder dahin, du warst schon viel zu nahe dort, als du Nevan rausgeholt hast. Lass uns nicht mehr darüber reden!“
„Ja, okay, bin ich jetzt fertig mit dem Mistding? Das juckt echt höllisch“, wollte sie nochmal wissen. Rae rollte die Augen und tippte auf dem Gerät herum.
„78%, noch fünf Minuten, dann ist es fertig, leg dich einfach zurück und ruh dich aus“, bat sie, küsste die Stirn ihrer Tochter und zog ihren Mann zur Seite.
 
„Sie wird nicht dahin zurückgehen“, ermahnte Rae, Balthazar.
„Bin ich ganz deiner Meinung!“
„Das ist mal wieder typisch, du bist ganz ihrer … warte, du hast mir zugestimmt?“
„Ja, wir haben sie grade wieder und das letzte Mal ist sie fast verblutet, wir werden ihr verbieten so etwas verrücktes je wieder zu machen“, bemerkte er mit einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, die sie schon lang nicht mehr von ihrem Mann gehört hatte. Spontan küsste sie ihn sanft, in dem sie eine Hand auf seine Wange legte. Er zuckte zurück.
„Tut mir leid, hast du grad ne Freundin?“
„Nein, ich hatte nie Freundinnen, nur Bettgeschichten. Bin nur überrascht, du hast mich seit drei Jahren nicht mehr geküsst“, murmelte er verlegen.
„Ich will mich nicht scheiden lassen, wir haben in den letzten Jahren so viel überstanden und sind beide noch hier, das ist doch ein Zeichen, dass wir zusammengehören. Ich kann verstehen, wenn du das nicht willst, aber ich hab zuletzt in den letzten Tagen gemerkt, wie wichtig Familie ist“, gestand sie ihm. Er sah sie für eine Sekunde an und drückte sie dann gegen die Wand und küsste sie leidenschaftlich.
 
Sie machten länger dort in der Ecke rum. Angel ging cool an ihnen vorbei, legte das Heilgerät auf den Tisch neben sie und ging zu Luther.
Der lag schlafend auf einem Militär-Krankenbett, so wie sie zuvor. Wortlos setzte sie sich neben ihn und strich ihm über den Kopf.
„Meine Eltern knutschen wie Teenager in einer schäbigen Ecke mitten in der Wüste in einem Blechkanister der angenehm temperiert ist, irgendwie seltsam, am liebsten würde ich neben dir in deinem Bett liegen, aber das ist wohl jetzt alles nur noch Asche. Es tut mir so leid, dass ich die Jäger in dein Haus gebracht habe, du hast so lange dort friedlich gelebt. Deine ganzen Kühe und Hühner und Oh Gott, deine ganzen Server sind jetzt weg“, entschuldigte sie sich, während sie nicht aufhörte, ihm über den Kopf zu streichen.
„Das einzig wichtige ist, dass es dir gut geht“, hörte sie seine leise Stimme. Er hatte die Augen geschlossen, das Gerät, was seine Wunde heilte störte ihn vermutlich und so ließ er seine Augen einfach zu.
„Ja, mir geht es gut. Meine Mutter hat endlich ihren Willen gekriegt und meine Halswunde heilen lassen, du trägst auch so ein Ding, du hast einen ziemlichen Schlag gegen den Kopf bekommen. Ich bin so froh, dass die dich nur besinnungslos geschlagen haben“, erklärte sie.
„Ich war denen vermutlich nur nicht wichtig genug, zum ersten Mal finde ich das gar nicht so schlecht. Ich hatte neulich einen Stromausfall, vielleicht ist dadurch was ausgefallen, was ich nicht bemerkt hatte. Es ist in Ordnung, ich habe immer gewusst, dass ich auf Zeit spiele, wenn ich dortbleibe, es hat mir nicht gehört, die Besitzer der Farm sind schon lange nicht mehr, das war nicht richtig. Ich weiß nur nicht, wie ich weiter machen soll, ich hab kein Einkommen mehr und keine Wohnung!“
„Check dein Armband“, hörte er eine andere Stimme und öffnete die Augen.
„Ich kann mich nicht so wirklich bewegen, Balt“, realisierte er, wer da mit ihm redete.
„Ich kann es glaub ich abmachen“, hörte er auch Raes Stimme und bekam das Gerät vom Kopf genommen.
„Danke, Doc“, bedankte er sich bei ihr und sah auf sein Armband.
„Hey, meine Bitcoins wachsen weiter, wie kann das sein? Haben die Server überlebt?“
„Ja, haben sie, sie stehen angeschlossen in unseren alten Büroräumen, meine Tochter heiratet sicher keinen Mann, der Pleite ist“, schmunzelte Balthazar.
„Verdammt, ihr Hexen habt es echt drauf“, freute sich Luther und setzte sich auf. Blut floss in seinen Kopf und bereitete ihm höllische Kopfschmerzen.
„Langsam, Junge, ich hab deine äußeren Wunden geheilt, die Gehirnerschütterung wird erstmal bleiben. Musst du dich übergeben?“, fragte Rae professionell.
„Weiß nicht genau“, murmelte er und Angel rutschte etwas von ihm weg.
Rae gab ihm einen Eimer auf den Schoß.
„Okay, ich muss was testen und ja, ich weiß, das wird dir wehtun“, erwiderte Rae und leuchtete ihm in die Augen.
„Oh ja, das ist echt ätzend. Ich hab ne Gehirnerschütterung?“
„Du wurdest von einem 2m Androiden zu Boden geschlagen, höchstwahrscheinlich!“
„Sollte ich nicht in einem Krankenhaus sein?“
„Ja, solltest du, aber ich bin Ärztin und wir kommen hier nicht weg. Leg dich einfach hin und ruh dich aus, dich sollte jemand beobachten, dass du nicht mehr einschläfst!“
„Das mach ich. Und ihr beide redet endlich, nicht knutschen, reden, wie Erwachsene“, bemerkte Angel ernst und half Luther sich wieder hin zu legen.
„Wann bist du eigentlich so erwachsen geworden?“, war Rae stolz auf ihre Tochter und ging mit ihrem Mann davon.
 
Eng umschlungen schliefen Luther und Angel in dieser Nacht auf der spärlichen Liege.
„So viel zum Thema wachhalten“, sah sich Tacy in der Nacht ihren Patienten nochmal an. Rae und Balthazar hatten die Ruhe verdient, deshalb machte sie die Runde.
„Gut, du lebst noch, Luther, gut, dass deine Freundin Ingenieurin ist und keine Ärztin“, sagte sie leise, küsste ihr Patenkind auf den Kopf und ließ sie allein.
 
„Wie lang wird er sich noch übergeben?“, fragte Angel, als Balthazar in ihrem Versteck zum dritten Mal zu den Toiletten gerannt war, während sie Karten spielten.
„Keine Ahnung, bis er sich halt besser fühlt, armer Kerl. Ihr kriegt langsam nen Lagerkoller hier, oder? Ich würde auch lieber in Rumänien bei meinem Enkelkind sein, aber es ist so einfacher, ich will ja auch keine Jäger zu ihr schicken, ihre Mutter ist noch schwer verletzt und ihr Vater, versteh mich nicht falsch, ich liebe meinen Sohn sehr, aber ein mächtiger Hexer ist er nur rein theoretisch, praktisch könnte er so einiges mehr noch von mir lernen!“
„Ich möchte einfach nur ich sein, ist das so schwierig zu verstehen?“, kam P.J. an ihnen vorbeigelaufen.
„Sorry, Sohn, hab vergessen, dass du hier auch festsitzt. Ich sag nur, dass du dein Potential nicht ausschöpfst!“
„Hey, ich hab vorletzte Nacht einen Androiden ausgeschaltet, das schafft nicht jeder!“
„Ja, mit einem Spaten, sehr großes Hexentalent, wirklich!“
„Es war ne Harke und ich kann sehr gut zaubern“, blieb P.J. stehen und zauberte eine Rose hervor, die er seiner Mutter überreichte.
„Süß, aber nicht beeindruckend“, frotzelte sie. Er ließ seine Hand über die Rose schweben und sie verwandelte sich in ein Kaninchen.
„Toll, du hast das gleiche drauf wie ein zweitklassiger Magier“, ließ Tacy den Hasen verschwinden.
„Lass ihn, er hat mich gerettet, das war sehr mutig, er ist ein junger Vater, er ist trotzdem das Risiko eingegangen!“, bat Angel.
„Danke, Kusine. Ich will trainieren, machst du mit?“, fragte P.J., der von seiner Mutter wegwollte.
„Baby, kommst du ne Weile ohne mich klar?“, rief sie zu Luther und der gab ein stöhnendes “Ja“ von sich.
„Dann los“, folgte sie ihm in einen Trainingsraum.
„So, du wirst von allen Seiten als die neue Thronfolgerin angepriesen, jetzt zeig mal, was du draufhast“, erwiderte P.J., als sie sich gegenüberstanden.
„Du hast viel mehr Erfahrung als ich, das würde ich glaub ich nicht überleben“, entgegnete sie nervös.
„Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel, zeig, was du kannst, ich pass auf“, bat P.J.
„Meinetwegen, was willst du sehen?“
„Keine Ahnung, greif mich einfach mit etwas an“, erwiderte er und sie ließ ihn schweben.
„Okay, nicht wirklich ein Angriff, aber schon nicht schlecht“, bemerkte er und schmiss mit seinen Kräften die junge Hexe gegen die Trainingsmatte an der Wand. Etwas geschockt rappelte sie sich auf.
„Wenn das zurückhalten ist, will ich gar nicht wissen, wie deine vollen Kräfte funktionieren“, rieb sie sich den Nacken.
„Sorry, hab ich dir wehgetan?“, projizierte er sich schnell zu ihr hin und half ihr richtig auf.
„Nein, nur meinem Ego. Ich bin ziemlich gut im Feuerlegen, aber das kann ich hier nicht machen. Wie machst du das mit dem projizieren? Mir ist das nur einmal gelungen und das eigentlich unbeabsichtigt“, sagte sie neidisch.
„Das ist einfach ein Gefühl, das lernst du noch, ich hab noch Probleme mit dem Kontinente-Hopping, bei meinen Eltern sieht das so einfach aus“, konterte er.
„Bringst du es mir bei? Mein Dad ist zu schwach dafür, er sollte das nicht so viel machen“, hoffte sie.
„Kann ich machen, aber ich werde bald wieder zu meiner Freundin gehen, ich vermisse sie“, entschied er.
„Liebst du sie?“, fragte sie keck.
„Ich hab nicht gedacht, dass ich es tue, aber als ich gehört habe, dass sie schwer verletzt war, wollte ich gleich zu ihr und sie nie wieder allein lassen. Meine Mutter hatte recht, das war ziemlich egoistisch, Aurica mit dem Kind einfach allein zu lassen, ich wollte nur ein Mensch sein und meine Vampirjäger-Freundin und meine Hexeneltern haben mich ständig daran erinnert, was ich bin. Dein Wiederauftauchen hat irgendwie wieder ein Funken in mir entzündet ein Hexer sein zu wollen. Ich würde niemals jagen gehen, vor allem nach dem was Aurica passiert ist, sie hat es echt heftig erwischt. Ich bin nur froh, dass sie nicht gebissen wurde, das wäre echt heftig. Sorry, wollte ich nicht sagen“, erklärte er und entschuldigte sich, als sich Angel nachdenklich an den Hals fasste.
„Nein, schon gut, war ja kein Vampir bei mir. Hat aber nicht weniger wehgetan, denke ich. Ich werde jetzt mit meinem Ex in der gleichen Stadt leben, das ist schon seltsam“, dachte sie laut nach.
„Luther ist wohl nicht begeistert darüber, oder? Aurica war mit einem meiner Cousins zusammen, die arbeiten zusammen, ich bin darüber nicht so glücklich!“
„Ich habe mit Nevan endgültig abgeschlossen und das weiß Chug!“
„Liebst du ihn?“
„Ja, das tu ich, was irgendwie bescheuert ist, ich kenn ihn kaum, aber ich will nicht mehr ohne ihn sein. Das ist doch verrückt, oder?“
„Nein, nur Liebe, das ist doch schön, lernt euch aber erstmal kennen, bevor ihr größere Pläne macht, Aurica und ich haben es glaub ich extrem überstürzt, wir waren keine sechs Monate zusammen als sie schwanger wurde. Jetzt wollen wir es langsam angehen lassen, trotz dem Kind!“
„Ihr Name ist Ofelia, du solltest mal aufhören, sie nur “das Kind“ zu nennen, ist schließlich deins. Ich hab nen Plumps gehört, alles klar bei euch?“, kam Brutus zu ihnen in die Trainingshalle.
„Wir trainieren nur, alles klar, Dad“, versicherte P.J.
„Das sieht eher nach quatschen aus. Was denkst du, Kleiner? Zeigen wir dem Neuling mal, was Hexenkräfte so können?“, forderte Brutus seinen Sohn auf.
„Zeig mir, was du kannst, alter Mann“, frotzelte P.J. und sie begannen zu kämpfen.
Angel war beeindruckt, die beiden waren wirklich mächtige Hexen.
„Hey, was macht ihr da? Wir verstecken uns hier, wir sollten keine Aufmerksamkeit auf uns lenken“, unterbrach sie Tacy plötzlich, die vom Lärm hellhörig geworden war.
„Wir tragen doch die Armbänder, keine Sorge, ich wollte meinem Sohnemann nur eine Lektion erteilen“, keuchte Brutus außer Atem.
„Ihr tragt zwar die Armbänder, aber bei Luthers Haus ist die Sperre auch ausgefallen, was macht euch so sicher, dass die Bänder noch sicher sind? Und schaut euch Angel an, die arme Kleine ist ganz verstört“, grummelte Tacy und legte einen Arm um die verwirrte Neu-Hexe.
„Sorry, Angel“, entschuldigten sich die beiden im Chor.
„Schon gut, nach allem was war, bin ich nur etwas eingeschüchtert. Ich werde mal nach meinem Freund sehen“, löste sie sich von ihrer Patentante und ging zu Luther.
 
„Ich meine, die könnten ne ganze Armee ausschalten, ohne außer Atem zu sein, das ist schon beeindruckend. Tut mir leid, ich nerv dich sicher“, erzählte sie, stockte aber dann, als sie sah, wie Luther erschöpft auf der Krankenliege neben ihr lag.
„Nein, red weiter, ich hör dir nur zu. Glaubst du, ich bin nicht mächtig genug für deine Familie?“, sinnierte er.
„Red nicht so einen Blödsinn, ich liebe es, dass du meine passive Kraft hast, ich bin überwältigt von allem, was in den letzten Wochen passiert ist, du bist mein Ruhepol. Ich liebe dich, genau aus dem Grund, dass du so bodenständig bist“, erklärte sie ihm und küsste ihn sanft.
„Du bist so relaxed in den letzten Tagen, du hast deine Gelüste ganz schön unter Kontrolle“, realisierte er plötzlich.
„Ja, hab ich, ist seltsam, ich hab den Drang gar nicht verspürt“, dachte sie laut nach.
„Hattest du jemanden in New York? Ich werde nicht böse, wenn es so war, ist besser, als deine Dämonin, die rauskommt!“
„Ich war im Bordell, aber das war schon vor ein paar Tagen. Na ja, wenn die Lust nicht zu groß ist, ist es doch gut, oder?“
„Ja, wir werden es tun, sobald sich bei mir nicht mehr alles dreht, versprochen. Das mit dem Bordell ist langsam normal für dich, oder?“
„Ob du damit wissen willst, ob es mir gefällt würde ich sagen „Es tut, was es tun soll“, aber Sex mit dir ist tausendmal schöner“, erklärte sie.
„Das ist schön zu hören. Ich liebe dich auch“, murmelte er einschlafend.
„Nope, Chug, du schläfst jetzt nicht“, kam Tacy zu ihrem Patienten und schockte ihn leicht mit einer Fingerspitze, was ihn sofort wach machte.
„Fuck, was war das denn?“, war er wieder hellwach.
„Ein kleiner Weckruf, sorry, ich will dich überwachen, du darfst nicht schlafen, heute Nacht wieder, versprochen“, entschuldigte sie sich und misste seinen Puls.
„Hast du ihm grad einen Elektroschock verpasst?“, raunzte Angel.
„Nur einen kleinen, nicht mehr als die Stärke eines Elektrozauns. So wird er wieder munter“, erklärte sie.
„Kann ich das auch?“, fragte sie plötzlich.
„Ist die Kraft meiner Mom, also glaub ich eher weniger. Ich benutz die auch eher selten, zu unstabil. Hab ich dir wehgetan, Kleiner?“
„Nein, bin aber jetzt wach. Erinnere mich dran, dich nie sauer zu machen!“, murmelte er und rieb seinen Oberschenkel.
„Ich würde dich nie damit angreifen, keine Sorge. Wenn ich dich grad schon quäle, wirst du das nächste auch nicht mögen“, erwiderte Tacy und leuchtete ihm mit einer Taschenlampe in die Augen.
„Du weißt doch schon, dass ich ne Gehirnerschütterung habe, das ist echt Hölle für mich“, schimpfte er.
„Sagte doch, du magst das nicht. Deine Pupillen sehen gut aus, kein Hirntrauma, soweit ich das sehe, muss sich Rae aber noch ansehen. Wie ist es mit der Übelkeit?“
„Bis vorhin ging es noch, aber das grelle Licht war ätzend. Krieg ich wenigstens Schmerzmittel?“
„Du hast Schmerzmittel bekommen, ich will es mit deiner Vorgeschichte mit Betäubungsmitteln nicht übertreiben. Ich werde P.J. bitten, dir was Biologisches zusammen zu mixen, wir haben hier ne große Kräuter-Auswahl, er ist ein ziemlich guter Druide, wenn man das so sagen kann!“
„Danke, wenigstens eins, auf was du bei mir stolz bist. Ich braue dir was zusammen, auch was für dich, Angel zur Stärkung fürs Baby?“, lief P.J. an ihnen vorbei und Angel starrte sie entsetzt an.

Zwanzigstes Kapitel

 
„Fuck, du hast nicht gewusst, dass du schwanger bist, oder?“, blieb er stehen.
„Ähm, bis jetzt nicht, nein. Die bessere Frage ist, wie kommst du darauf, dass ich schwanger sein könnte?“
„Du hast es ihr nicht gesagt? Sollte sie das nicht wissen?“, drehte sich P.J. zu seiner Mutter.
„Ich wollte es ihr langsam beibringen, wenn das alles hier vorbei ist, danke, dass du da vorgegriffen hast. Angel, Süße, kommst du mal mit, bitte“, bat sie und brachte ihr Patenkind in einen anderen Raum.
„Wie weit bin ich?“, schoss Angel gleich los mit ihren Fragen, als sie allein waren.
„Ich weiß es nicht, wie lange hast du keine Periode mehr?“, fragte Tacy vorsichtig.
„Sei mir nicht böse, ich weiß es nicht. Ich bin erst seit einigen Wochen sexuell aktiv, deswegen hab ich mir ehrlich gesagt nicht so viele Gedanken darüber gemacht. Verdammt, was ist, wenn ich von einem der Callboys schwanger bin?“, redete sie vor sich hin.
„Die sind sterilisiert, keine Sorge, deine Mutter überwacht das streng. Wenn der Wandler der einzige ist, mit dem du geschlafen hast, ist er wohl der Vater. Gut für eure Linie, aber nen bisschen überstürzt. Hab es deiner Mutter bis jetzt verschwiegen. Ich hatte nicht die Chance dich besser zu untersuchen, bevor sie aufgetaucht ist, im Krankenhaus hat sie deine Seite nicht verlassen. Tut mir so leid, dass ich es dir verschwiegen habe, aber ich dachte bei diesem Stress, indem du gerade bist, kannst du das nicht vertragen. Ich werde dich zu unserer Frauenärztin bringen, sobald wir hier wegkönnen. Wir haben hier auch nicht wirklich Schwangerschaftsvitamine vorrätig, aber mein Sohn kann dir was zusammenmixen, wie er gesagt hat. Geht’s dir gut?“, wollte Tacy besorgt wissen.
„Nicht wirklich, das ist nen bisschen viel“, redete sie vor sich hin.
„Versteh ich. Soll ich es deiner Mom sagen, oder willst du?“
„Behalten wir es erstmal für uns, bis ich weiß, was ich mache!“
„Du willst doch nicht etwa abtreiben? Ihr seid die einzigen zwei Formwandler hier“, war sie überrascht.
„Danke, für den Druck. Behalt es einfach für dich, okay?“
„Ja, mach ich, wenn du das willst. Ich bin immer für dich da, egal, für was du dich entscheidest, ich hoffe, das weißt du“, versicherte sie ihrem Patenkind.
„Das musst du vielleicht auch, wenn mein Dad das mit meiner Schwangerschaft erfährt, wird er vermutlich Chug die letzte Ölung geben und wenn mein Dad im Knast ist, wird meine Mom durchdrehen. Die Verantwortung wird wohl ganz bei dir liegen“, entgegnete sie trocken.
„Ich sollte wohl so schnell wie möglich das Land wieder verlassen“, sagte Tacy genauso sarkastisch und sie sah sie traurig an.
„Das war nen Witz, bin bei dir, Süße, keine Sorge. Komm her“, zog Tacy die junge Hexe an ihre Brust.
 
Das Pärchen sah sich auf dem Lazarett-Bett gegenüber im Schneidersitz.
„Du bist also schwanger“, begann Luther die Konversation durch die Stille, die zwischen beiden herrschte.
„Scheint so. Ich hätte besser aufpassen sollen, tut mir leid!“
„Ich ja auch, ist doch von mir, oder?“
„Mit großer Wahrscheinlichkeit schon. Du hast aber keine Verantwortung, ich werde mich allein darum kümmern, wenn es sein muss“, versicherte sie.
„Das musst du nicht. Ich bin voll und ganz dabei, egal was kommt“, legte er sanft seine Hand auf ihren Bauch und lächelte matt. Sie lächelte zurück.
 
Sieben Wochen später
 
„Ja, schon besser, noch nen halben Meter weiter hoch“, riet P.J., Angel. Die beiden Hexen der nächsten Generation vertrieben sich die Langeweile mit Magie.
„Ich krieg langsam Höhenangst hier“, kommentierte Luther, der als Versuchsobjekt an der Decke hing.
„Sorry, Baby“, entschuldigte sie sich und ließ Luther runter.
„Du wirst immer besser. Wird nur langsam öde“, realisierte Luther.
„Ja, ich habe echt nicht gedacht, dass wir solange hierbleiben müssen, aber jetzt wo ich Mutter werde, bin ich froh, dass wir einen sicheren Platz gefunden haben“, erwiderte sie und fasste sich an den kleinen Babybauch, den sie langsam bekam.
„Ja, ich auch, aber du musst endlich mal einen Arzt sehen wegen dem Baby, du hattest immer noch keinen Ultraschall“, konterte er.
„Ja, aber wir haben zwei Krankenschwestern und eine Ärztin hier, die kümmern sich gut um mich. Bei den geretteten Witchhunter-Angestellten sind auch zwei schwangere Frauen dabei, uns geht es allen gut“, versicherte sie.
„Die beiden waren nur zwei Tage bei uns, sie sind schon längst weitergezogen“, bemerkte Tacy, die in die Trainingshalle kam.
„Die sind weg? Warum können wir das nicht?“, murmelte Angel.
„Weil du nicht nach Kairo wolltest, schon vergessen?“
„Ja, das. Warum schickt ihr sie wortwörtlich in die Wüste? Das hier ist auch Wüste!“
„Der Rat hat dort ein provisorisches Lager aufgebaut, ihr seid so viele, in den Staaten würdet ihr zu viel Aufmerksamkeit erregen. Ich weiß, ihr kriegt hier nen Koller, aber in New York sind sie wieder eingefallen, ich dachte echt, wir hätten diese Maden los, dorthin können wir nicht zurück. Wir könnten zurück zu deinen Wurzeln, nach Rumänien hat es nie so ein Ding geschafft, aber ich möchte keinen der Witchhunter in Rumänien und schon gar nicht in die Nähe meiner Enkeltochter haben“, erklärte Tacy traurig.
„Versteh ich. Du musst nur daran denken, dass ich auch einen Dewin unter meinem Herzen trage“, stellte Angel klar.
„Da hat sie nicht unrecht. Bring sie dorthin, auch wenn sie alleingehen muss, mein Kind hat genauso Recht gesund und munter aufzuwachsen wie Ofina“, entschied Luther.
„Ich will nicht ohne dich sein“, war Angel dagegen.
„Ich komme nach, versprochen, dein Cousin sollte mit dir mitkommen, er vermisst seine Familie sicher furchtbar“, bat Luther.
„Okay, dann könnt ihr beide nach Rumänien projizieren, aber kein hin und her projizieren, verstanden?“, entschied Tacy.
„Chug, auf ein Wort?“, bat Angel und zog ihren Freund aus der Tür.
„Ich will nicht ohne dich sein, ohne euch“, erwiderte er und fasste ihr sanft an den Babybauch.
„Ja, ich weiß, aber du hast Recht, wir sollten auch in Sicherheit sein, dieses Kind ist etwas Besonderes, nicht nur für uns, sondern für unsere Wesen-Form, er oder sie ist ein Formwandler mit starken Genen, es muss beschützt werden“, verstand sie.
„Das ist deine Familie dort, alles vermutlich so Muskelprotze wie dein Onkel Brutus, unser Kind wird dort sicher sein, geh nur nicht auf die Jagd, oder so’n Blödsinn“, bat er.
„Ganz sicher nicht, vor allem nicht in meinem Zustand. Ich werde dort vorsichtig sein, verdammt, ich bin gerade erst zurück bei meiner Familie, jetzt müssen wir uns wieder trennen“, wurde sie sentimental.
„Es kommt nicht in die Tüte, dass wir uns wieder trennen“, stand Rae plötzlich breitbeinig im Gang.
„Ich hasse es auch, aber ich muss jetzt an mein Kind denken, das verstehst du doch, oder?“
„Natürlich, aber ich kann es nicht ertragen, dich wieder zu verlieren“, entschied Rae.
„Das wirst du nicht. Ich werde nur dein Enkelkind in Sicherheit zur Welt bringen und dann sehen wir weiter“, erklärte sie.
„Das kann ich nicht“, drückte Rae ihre Tochter an sich.
„Ich liebe dich, Mom, aber das werde ich allein entscheiden“, bemerkte Angel nur.
„Wir werden das entscheiden. Sie braucht eine richtige Ärztin, nichts für ungut!“, mischte sich Luther ein.
„Du wirst dich aber in jemand anderen verwandeln, wenn du projizierst“, gab auch Rae nach.
„Okay, aber ich bin wirklich nicht gut darin!“
„Dann werde ich dir noch ein paar Stunden geben. Du hast endlich mal deine Eier in der Hose gefunden, Chug, gratuliere“, lobte Rae, Luther und brachte ihre Tochter in einen anderen Raum.
 
Zwei Tage später wollte Angel weiterziehen.
„Ich will dich nicht gehen lassen“, war Luther unsicher.
„Wir sind nur ein paar Sekunden unterwegs und ich hab die Verwandlung drauf. Ich werde mich melden, sobald ich kann. Ich werde bei meiner Familie sein, alles wird gut“, versicherte sie.
„Ich weiß. Pass auf dich auf“, berührte er ihren Bauch, küsste sie lange und sie verschwand mit P.J.
 
Ihr war schwindelig, als sie ankamen. Bis jetzt waren sie immer kurze Trips gereist, dass Kontinente-Hopping, wenn auch nur als Passagier, war echt anstrengend.
Zu ihrem Schwindel kam noch Panik, als sie in die Läufe von einem halben Dutzend Armbrüste starrte.
„Hey, Leute, wir sind es nur“, erklärte P.J. auf Rumänisch und Angel schüttelte sich, um sich zurück zu verwandeln. Die Armbrüste wurden gesenkt.
„Wir können nicht sicher genug sein. Willkommen in Rumänien, Kusine“, begrüßte sie ein junger Mann in ihrem Alter. Sie sah sich um, Sie waren in einer Lagerhalle gelandet, die moderner war, als sie erwartet hatte.
„Das ist unser Trainingsraum, entschuldige das Chaos. Du bist also die berühmte Angel, wir haben viel von dir gehört, aber wenig gesehen. Wie ich sehe, bringst du eine neue Generation von Hexe zur Welt“, erklärte Brutus Neffe Andrei.
„Ja, sieht so aus. Ich muss mich hinsetzen“, sagte sie benommen.
„Erster Transkontinental-Sprung, was? Komm, wir bringen dich zu einem Arzt“, erwiderte Andrei und führte sie zu einem Wagen.
 
„Deinem Baby geht es gut, ich hab nur Schwierigkeiten das Geschlecht zu bestimmen“, erklärte die rumänische Ärztin Stella, als Angel ihren langerwarteten Ultraschall bekam.
„Dreht sich das Baby weg?“, wunderte sich Angel.
„Nicht genau“, druckste Stella herum.
„Ist was mit dem Baby?“, wurde Angel nervös.
„Nein, alles in Ordnung, das Kleine wechselt nur ständig das Geschlecht“, erwiderte die Ärztin schmunzelnd.
„Es kann jetzt schon formwandeln?“, war Angel überrascht.
„Anscheinend, der Vater ist auch Formwandler?“
„Ja, ist er“
„Soll ich ne Aufnahme machen für ihn?“
„Das wäre lieb, danke. Ich wünschte, er wäre jetzt hier“, dachte sie laut nach.
„Das glaub ich. Ihr werdet bald wieder zusammen sein, wir kriegen das irgendwie hin. Wir Dewins haben viel Scheiß ertragen müssen in unserem Leben, am Ende wurde aber alles gut“, entgegnete Stella.
„Du bist auch eine Dewin?“
„Wir sind hier alle irgendwie Dewins, unsere Vorfahren waren sehr fruchtbar. Wir sind über einige Ecken verwandt, wir sind also Familie“, erklärte die Ärztin.
„Du sprichst meine Sprache sehr gut“, erwiderte Angel.
„Ich habe in den Staaten studiert, musste aber weg, nachdem es dort zu brenzlich wurde“, erklärte Stella.
„Es wird wieder schlimmer dort, sagt meine Mom. Ich hätte nie gedacht, meine Kinder außerhalb der Staaten zu bekommen, aber anscheinend hab ich keine Wahl“, erwiderte Angel nachdenklich.
„Ich wollte eigentlich auch dortbleiben, aber ich habe meine zwei Kinder hier bekommen und trotz der Blutsauger-Plage fühlen wir uns sehr wohl hier!“
„Du hast Kinder?“
„Ja, hab ich, vierjährige Zwillinge. Ihre Onkel wollen sie jetzt schon zu Jägern ausbilden, ich bin da anderer Meinung. So, ich schreib dir noch ein Rezept für die Vitamine auf und wir sehen uns wieder in ein paar Wochen. Vielleicht lässt mich dein kleiner Dämon dann rausfinden, was es werden will“, entließ die Ärztin, Angel.
„Chug wird so stolz sein, dass es das schon kann. Kannst du mir die Aufnahme auf mein Armband übertragen?“
„Ja, klar, halt es einfach hier rauf“, bat die Ärztin und übertrug es.
„Danke, er wird sich freuen, das zu sehen. Jetzt muss ich erstmal einen Platz zum Leben für die nächste Zeit finden, ich denke zwar, dass die Jäger tolle Leute sind, aber ich will als Schwangere nicht in der Nähe von Blutsaugern sein, ich erhol mich immer noch von meinem letzten Fangzahn-Angriff“, murmelte Angel.
„Du wurdest von einem Vampir gebissen?“
„Rakshasa, aber hat trotzdem wehgetan, werde wohl ne kleine Narbe behalten, hab es zu spät heilen lassen, war zu ungeduldig“, zeigte sie ihre Bisswunde unter ihrem Jackenkragen.
„Da haben wir was gemeinsam, bin von einem Vampir gebissen worden, ich war erst 15, bei meiner ersten Jagd und auch meiner letzten“, zeigte Stella ihren Arm.
„Glaub ich dir. Wie lange jagen wir Dewins eigentlich schon Vampire?“
„Keine Ahnung, so sechshundert Jahre, oder so?“
„Sechshundert? Sechs mit zwei Nullen?“
„Sorry, hab vergessen, dass das lang für euch Amis ist, andere Familien machen das schon seit dem Mittelalter. Ich bin aber schon lang aus dem Business raus, na ja, war ja nicht wirklich drin. Nach dem was mit Aurica passiert ist, bin ich auch froh darüber. Hast du sie schon kennengelernt?“
„Noch nicht, wie ist sie so?“
„Etwas naiv, aber sie ist ja auch erst 21, sonst okay, bin fasziniert, wie sie es geschafft hat, P.J. zurückzupfeifen!“
„Er liebt sie anscheinend, ist doch schön. Sie ist echt noch jung, hatte gehofft, mir von ihr nen Ratschlag als zukünftige Mutter zu holen“, entschied Angel.
„Du kannst mich alles Fragen, du kannst auch ne Weile bei uns bleiben, wir haben noch ein Zimmer übrig, mein Mann wollte da eigentlich ein Arbeitszimmer draus machen, aber bis jetzt hat er es nicht getan“, schlug Stella vor.
„Das ist zu großzügig!“
„Du bist Familie, du kannst sicher im Haus oder so helfen“, bemerkte Stella.
„Das wäre echt lieb, ja, ich bin Ingenieurin, es gibt sicher was im Haus, was ich reparieren kann“, schlug sie vor.
„Mein Mann ist handwerklich nicht so begabt, ich könnte wirklich Hilfe brauchen, sag ihm das bloß nicht“, bat sie.
„Werd ich nicht. Danke“, bedankte sie sich.
„Gern geschehen. Jetzt lass uns deine Sachen holen und ich nehm dich zu mir mit“, entschied Stella.
„Hast du schon Feierabend?“
„Den hatte ich schon vor ner Stunde, wir sollten eh langsam nach Hause, Leo wird sicher schon wahnsinnig mit den Kindern“, erwiderte sie.
„Dann lass uns gehen. Du bist echt für mich länger geblieben? Das ist echt nett von dir“, bedankte sie sich.
„Kein Problem. Ich könnte die Zeit zurückdrehen, aber ich krieg davon immer so Migräne“, bemerkte Stella nachdenklich.
„Du kannst nicht wirklich die Zeit zurückdrehen, oder?“, schmunzelte Angel amüsiert.
„Doch, kann ich, meine Mom war ne schwarze Hexe, dein Dad ist doch auch einer, du müsstest die Zeit auch manipulieren können, oder?“
„Er kann’s, ich noch nicht. Warte, das ist ne schwarze Kraft?“
„Ja, schon, Zeitmanipulation ist nicht besonders nett, oder? Obwohl, einige der Dewins aus der Vergangenheit konnten das auch, aber schwarz und weiß verschwimmen manchmal. Kennst du die Geschichte, wie wir Dewins die Kraft einer schwarzen Familie bekommen haben?“, plauderte Stella, während sie voran aus der Tür ging.
 
„Kinder, hört auf eure Tante Angel zu nerven, sie arbeitet“, bat Stella etwas später und Angel merkte, wie das Gewicht von ihren Beinen genommen wurde. Sie lag unter der Spüle in ihrem neuen zu Hause und reparierte die Müllpresse, während Stellas Kinder auf ihren Beinen herumtanzten.
„Schon gut, bin schon fertig, jetzt müsste sie wieder laufen“, rutschte sie unter der Spüle hervor. Sie sah in die wunderschönen Augen der Zwillinge. Sie hatten eindeutig einen dunkelhäutigen Vater, was sie glücklich machte, sie war sonst die einzige Dewin-Geborene mit nicht-Weißen Ahnen nach ihrer Mutter.
„Bist du eine Hexe, Tante Angel?“, fragte das Mädchen der zweieigenen Zwillinge, Angel.
„Ja, das bin ich“, sagte Angel und ließ die Mutter, die sie gerade abgebaut hatte in ihrer Hand schweben. Die Kleine verwandelte die Mutter in eine prächtige Rose.
„Ähm, okay, ich wurde gerade von ner vierjährigen ausgestochen? Kann sie auch die Zeit manipulieren?“, wollte Angel wissen.
„Nein, kann sie nicht“, entgegnete Stella, doch ihr Sohn verwandelte die Rose in eine verdorrte Pflanze.
„L.J. hingegen hat das echt gut drauf“, musste Stella feststellen, als Angel den kleinen Jungen nur anstarrte.
„Du bist nicht mehr so beeindruckt, was dein Kind kann, was?“, fragte Stella stolz auf ihren Sohn.
„Dein Mann ist auch ein Hexer?“
„Nope, nur ich. So, Kids, macht euch fertig fürs Bett, ich komm gleich nochmal zu euch“, schickte sie ihre Kinder ins Bett und die gehorchten.
„Die Kleinen musst du echt unter Kontrolle haben, die sind jetzt schon verdammt mächtig“, stotterte Angel.
„Ja, das sind sie, ich bin so stolz wie ich besorgt bin. Bin nur froh, dass ich eine Horde Hexen in der Familie habe, die mich dabei unterstützen können, wenn sie älter werden. Danke fürs Reparieren“, half sie ihr auf.
„Bedank dich erst, wenn es funktioniert, ich hab in den letzten Jahren eigentlich nur mit Androiden gearbeitet“, drückte sie die Taste und es funktionierte.
„Hab’s noch drauf. Sonst noch was zum Reparieren?“
„Du solltest dich ausruhen, denk an dein Kind, ich mach dir nen Tee. Wie sieht es eigentlich mit der Übelkeit aus?“
„Bis jetzt keine, war dir während deiner Schwangerschaft übel?“
„Ich war schwanger mit gleich zwei Hexen, die beiden Plagegeister haben mich ne ganze Weile geärgert. Ich hab meinen Mann damals ziemlich verstört, die haben echt viel Blödsinn mit meinem Körper angestellt. Keine Sorge, unsere Familie wird dich genauso unterstützen, wie sie es damals bei mir gemacht haben“, versicherte Stella, als sie sah, wie Angel weiß um die Nase wurde.
„Du gewöhnst dich dran, du hast einen magischen Freund, er wird sicher nicht so besorgt sein“, beruhigte sie sie weiter.
„Er ist nur ein Formwandler, also fast menschlich. Was ist, wenn er mich deswegen verlässt?“, wurde sie panisch.
„Dann hast du ein halbes Dutzend Cousins, die ihn an seinen Eiern zurückholen. Nein, ernsthaft, du bist eine Dämonin und eine Hexe, wenn er bis jetzt nicht abgehauen ist, wird er mit allem klarkommen“, stellte Stella klar, ihre Verwandte strafte sie aber mit dem bösen Blick.
„Das sollte beruhigend sein. Du bist was ganz Besonderes, das wollte ich damit sagen!“
„Danke, denke ich. Ich glaub, ich geh ins Bett, wo ist das Gästezimmer?“
„Gästezimmer ist zu viel gesagt, es ist ehrlich gesagt nur ein Futon auf dem Boden, wir kaufen aber noch ein Bett, wenn du durch die Schwangerschaft nicht mehr liegen kannst“, erklärte Stella, während sie mit ihr zu dem Zimmer ging.
„Geht schon. Sei mir nicht böse, aber ich will einfach schlafen!“
„Geht’s dir wirklich gut?“
„Ja, danke, ich will einfach nur schlafen“, bat sie.
„Sicher, Handtücher sind im Badezimmer, wenn du Hunger kriegst, bedien dich am Kühlschrank. Ich schreib Leo, dass er leise sein soll, wenn er heimkommt“, erklärte Stella und öffnete die Tür zu dem Gästezimmer.
„Ich danke dir für alles, wir reden morgen weiter, okay?“
„Sicher, schlaf gut“, ließ sie sie rein und Angel ließ ihre Sachen ins Zimmer schweben, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
 
Sie legte sich aufs Bett und rief ihren Freund an.
„Hey, hab mich schon gefragt, wann du anrufst. Mit dem Kind alles in Ordnung?“, fragte er mit Sorge in der Stimme.
„Ja, dem Baby geht’s gut, ach ja, ich hab die Ultraschall-Aufnahme für dich, schick ich dir grad rüber“, legte sie ihr Telefon auf ihre Brust und versandt die Datei.
„Bekommen?“
„Ja, ich schau es mir gleich an. Weiß man, was es wird?“
„Dein Kind kann sich nicht so entscheiden, es wechselt ständig das Geschlecht“, schmunzelte sie.
„Wirklich? Ich werde es lieben, egal was es werden will. Verdammt, es ist schon so mächtig?“
„Ja, anscheinend. Meine Kusine Stella hat mir grad erzählt, dass ihr Zwillinge Schindluder mit ihrem Körper getrieben haben, während sie schwanger war. Ich hab Angst, dass dich das abschreckt, wenn du mich so siehst“, gestand sie ihm.
„Du hast mich bei unserem ersten Mal beinahe gefressen, alles danach ist doch nur Kindergeburtstag“, witzelte er.
„Kannst du bitte das nicht so erzählen?“
„Tu ich nicht. Ist auch etwas übertrieben. Ich werde dich nicht verlassen, egal was in den nächsten Monaten passieren wird“, stellte er klar.
„Das ist schön zu hören. Du musst nur wissen, dass du keine Verantwortung trägst, wenn du da rauswillst, musst du es einfach sagen!“
„Will ich nicht, immer noch nicht. Willst du mich loswerden?“
„Nein, natürlich nicht, ich liebe dich und kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen!“
„Ich auch nicht. Ich werde so schnell wie möglich zu dir kommen und dann heiraten wir“, sagte er plötzlich.
„Warte was? Dir ist schon klar, dass der weiße Abdruck von meinem letzten Verlobungsring noch nicht ganz verschwunden ist, es ist zu früh, viel zu früh“, war sie überrumpelt.
„Ich frag dich nicht um deine Hand, es ist nur ein Versprechen für die Zukunft, egal was die für uns bereithält“, korrigierte er seine Aussage.
„Das ist das Schönste, was mir je jemand gesagt hat“, war sie gerührt.
„Nevan war nicht grade der romantische Typ, was?“
„Nicht wirklich. Ich hab ehrlich gesagt nicht gewusst, was Liebe ist, bevor ich dir begegnet bin“, säuselte sie, bekam aber keine Antwort.
„Chug?“, wunderte sie sich. Wie aus dem Nichts erschien ihr Vater mit Luther am Arm in ihrem Zimmer.
„Das Rumgesäusel hör ich mir jetzt nicht Wochen an“, sagte der Hexer nur und verschwand ohne Luther wieder.
„Hey, Schönheit“, begrüßte Luther sie auch etwas verdutzt und sie zog ihn aufs Bett.

Einundzwanzigstes Kapitel

 
„Kommt dein Lover auch aus dem Zimmer, oder will er dort überwintern?“, fragte Stella keck, als sie Angel am Frühstückstisch einen Tee einschenkte.
„Er ist hier einfach so aufgetaucht, ich dachte, das wäre unschicklich, wenn er sich hier breit macht!“
„Ist seltsamer, wenn er einfach da drinbleibt. Bestellst du dir deine Lover aufs Zimmer?“, frotzelte sie.
„Es gibt nur einen Lover, mein Dad hat ihn einfach vorbeigebracht, war nicht so geplant. Ich kann ihm sagen, er soll gehen!“
„Nachdem er letzte Nacht gekommen ist, kann er jetzt auch bleiben. Hol ihn her“, konterte sie zweideutig und Angel holte Luther aus dem Zimmer.
„Was ist dein Geheimnis?“, fragte Stella, als Luther wie bei einem Verhör auf dem Stuhl in der Küche saß und seinen Kaffee mit zwei Händen an den Mund gedrückt hatte.
„Was meinst du?“, senkte er die Tasse.
„Ich bin Frauenärztin, die ganze Sukkubus-Sache interessiert mich einfach“, erkkärte sie neugierig.
„Viele Proteine“, entgegnete er cool.
„Der Kerl gefällt mir. Hast du sie wirklich entjungfert?“, wollte sie weiterwissen und er sah seine Freundin an, die zustimmend nickte.
„Ja, hab ich. Ich wurde dabei ziemlich verletzt, aber hab’s überlebt und es hat sich gelohnt“, sah er verträumt zu seiner Freundin, die ihn anlächelte.
„Ihr beiden seid echt so süß!“
„Aber auch verrückt, Sukkuben sind beim Sex Bestien, hab ich gelesen. Die Kids sitzen im Auto, ich bring sie in den Kindergarten, bleibt es bei dem Schweinebraten heute Abend? Dann bereite ich ihn vor, wenn ich aus der Uni komme“, plante Leo, der seine Tasche schulterte, als er an ihnen vorbeiging. Seine Gäste sahen ihn nur an.
„Was? Ich bin ein Professor für magische Wesen, meine Studenten dürfen nur nicht mitkriegen, dass ich da nicht nur “rein theoretisch“ drüber rede“, erwiderte Leo gutgelaunt, küsste seine Frau und ging zum Auto.
„Schmeißt dein Mann hier den Haushalt?“, wunderte sich Luther.
„Wir beide, wie nen normales Ehepaar, das werdet ihr auch irgendwann machen. Wenn ihr hier ne Wohnung, oder ein Haus suchen wollt, helf ich euch dabei“, entgegnete Stella planend.
„Wir haben weder Jobs noch Geld hier, also eher weniger“, entschied Luther.
„Ich besorg euch Jobs, wenn ihr wollt, hab hier nen guten Ruf und einen großen Patientenkreis mit Frauen, die hoch angesehene Ehemänner- und Frauen haben, ein paar Anrufe und ihr habt Jobs“, plante Stella.
„Was sollen wir als Referenzen angeben? Wir haben für eine dämonische Firma gearbeitet und das ist nicht wortwörtlich gemeint“, erwiderte Angel.
„Die Firma ist offiziell nur eine Firma, die ihre Angestellten schlecht behandelt hat, wenn dann bringt euch das Bonus-Punkte für euren neuen Arbeitsgeber“, entgegnete Stella.
„Ist das bis nach Europa durchgedrungen?“
„War in den Nachrichten, richtig, ihr wart in der Wüste für ne ganze Weile. Keine Sorge, ihr kommt darin nicht vor. Sagt nur ein Wort und ich kümmere mich darum“, versprach sie.
„Wir müssen erstmal sehen, wie wir von hier aus weitermachen, aber danke. Ist Rumänien wirklich so voll von Vampiren?“
„Nicht mehr so sehr wie vor 50 Jahren, aber den ein oder anderen gibt es noch, meine Familie steht meistens nur noch dumm rum, aber sprich sie bloß nicht darauf an. Wenn du Zahlen erfahren willst, Aurica ist die Archivarin der Jäger in zehnter Generation, jetzt, wo sie sich erholt hat sie sicher Langeweile. Ich kann euch zu ihrer Wohnung mitnehmen“, schlug Stella vor.
„Das klingt gut, ich würde sie gern kennenlernen“, stimmte Angel zu.
„Gut, dann macht euch fertig, dann nehm ich euch mit“, entgegnete sie und so fuhren sie eine halbe Stunde später zu Aurica.
 
Die junge Frau hatte dicke Kratzer auf ihrem Armen und Gesicht, sie sah aus, als hätte sie mit einem Bären gekämpft.
„Ach da bist du abgeblieben, nachdem P.J. hier aufgetaucht ist, dachte ich eigentlich, du würdest ihm auf dem Fuß folgen. Hey, ich bin Aurica, Ric für meine Freunde und Familie. Wer ist er?“, begrüßte Aurica mit einem dicken rumänischen Akzent die Gruppe und sah Luther an.
„Mein Lebensgefährte. Können wir reinkommen?“, hoffte Angel.
„Sicher, danke fürs Vorbeibringen, Stella, wir sehen uns Freitag bei meinem Termin“, bedankte sich Aurica und während Stella wieder zu ihrem Auto ging, ließ sie die anderen ran. Angel versuchte ihr Bestes, nicht auf Auricas Gesicht zu starren, doch konnte es nicht vermeiden. Aurica merkte das gleich.
„Keine Sorge, schau ruhig hin, das sind meine Kriegsnarben, bin ich irgendwie stolz drauf“, erwiderte Aurica cool.
„Es hätte dich fast getötet, so stolz solltest du nicht drauf sein“, kam P.J. mit Ofina auf dem Arm aus dem Kinderzimmer.
„Du bist echt nen Spießer für so nen mächtigen Hexer. Aber er hat Recht, ich werde mich wieder auf die Daten beschränken, die Jagd ist nichts für mich. Vor allem, weil ich jetzt Mutter bin und so. Du bist schwanger, hab ich gehört, gratuliere“, redete Aurica vor sich hin, während sie sie ins Wohnzimmer führte.
„Ja, bin ich, ich hoffe mein Kind ist nur halb so süß wie deins, darf ich?“, fragte sie P.J. und der gab ihr Ofina.
„Sie ist süß, nicht? Sie schläft auch endlich mal durch. Schön, dass ihr es auch in die alte Heimat geschafft habt, hier ist das Leben einfacher, aber besser, glaubt mir. Warte, hast du Luther her projiziert?“, realisierte P.J. jetzt erst, dass Luther da war.
„Mein Dad, ich hab ihn nicht darum gebeten, bin aber glücklich drüber. Was für Kräfte hat die kleine Prinzessin?“
„Sie hat bis jetzt noch keine Anzeichen gemacht, ich weiß, dass die Zwillinge schon kleine Super-Hexen sind, aber ich bin froh, wenn sie ne Weile nur ein Mensch ist. Kann ja keiner so früh anfangen!“
„Mein Kind kann schon wandeln“, sagte Angel stolz.
„Ernsthaft? Der Fötus hat wohl das Rennen schon gewonnen. Darf ich was versuchen?“, hoffte P.J. und legte seine Hand auf ihren Babybauch. Angel zog die Augenbrauen hoch, als er die Augen schloss.
„Was machst du da?“, fragte sie, aber er bat sie ruhig zu sein.
„Nein, der Fötus ist noch nicht lesbar, war nen Versuch wert. Es wird noch genug erzählen, wenn es erstmal da ist. So, jetzt wo ihr hier seid, was sind eure Pläne?“
„Keine Ahnung, wir sind im Vergleich zu euch Anfänger in allen magischen Dingen, Stella sagte uns, Aurica wäre eine Archivarin, können wir in den Archiven etwas stöbern?“, hoffte Luther.
„Sicher, da müssen wir aber ins Büro gehen. Ich wollte heute eh mal nach dem Rechten sehen, Schatz, du wolltest dich doch heute bei der Klinik vorstellen, in der Stella ihr medizinisches Praktikum gemacht hat“, entgegnete Aurica.
„Ja, mach ich auch. Was ist mit Ofi? Ich dachte, sie darf nicht in dein Büro mitkommen. Das ist deine Regel, nicht meine“, erwiderte P.J.
„Ich mach mal ne Ausnahme, vielleicht nimmt meine Mutter auch die Kleine. Könnt ihr die Kleine kurz hüten, dann zieh ich mir was bürotaugliches an“, bat Aurica und als die beiden genickt hatten, ließ das Paar sie mit dem Kind allein.
„Sie ist so perfekt. Wenn ich es mir wünschen könnte, würde ich wollen, dass sich unser kleiner Fötus entscheidet, dass er ein er sein will“, dachte Angel laut nach während sie mit den kleinen Händchen von Ofina spielte.
„Okay, die Geschichte hat eine ganz andere Wendung genommen als ich dachte. Warum ein Junge?“
„Ein Inkubus hat es im Leben so viel einfacher als ein Sukkubus!“
„Wenn er aber so ein Nerd wird wie sein Vater auch nicht wirklich. Na ja, es kann sich noch entscheiden, biologisch und magisch, wir werden sehen. Wenn es eine sie wird, hoffe ich, dass sie so wunderschön wird wie ihre Mutter“, säuselte er und Angel lehnte sich vor und küsste ihn sanft.
 
Die nächsten Wochen lebten sie sich in Rumänien ein. Angels Bauch wuchs und während Luther neugierig durch die Archive ging und alles aufsaugte, was es über Wesen zu wissen gab, erledigte seine Freundin kleine Reparaturarbeiten wo sie auch immer gebraucht wurde.
 
Angel war bereits im fünften Monat schwanger, als sie unter dem Jäger-Van liegend einen Ölwechsel durchführte. Es dämmerte schon. Sie summte einen bekannten rumänischen Popsong im Radio mit, als dieser plötzlich aufhörte zu spielen.
„Andrei, das Internet ist schon wieder weg“, rief sie durch die Halle.
„Der kann dich nicht hören, Kleines“, hörte sie eine unbekannte Stimme.
Hektisch rollte sie unter dem Auto hervor.
„Wow, du bist schwanger“, sah sie in die Augen eines Teenagers.
„Ja, schon ne Weile. Muss ich dich kennen?“, wischte sie sich das Öl von den Händen an ihrem Babybauch ab, den sie unter einem Blaumann trug.
„Müssen nicht, aber ich kenne dich, ich bin Kaz“, stellte der junge Mann sich vor.
„Sagt mir nichts. Du bist nen Blutsauger“, realisierte sie plötzlich und ging einen Schritt zurück.
„Ja, bin ich, aber ich bin einer der Guten und ich bin nicht so blöd, einen Sukkubus zu beißen. Ich bin ein, na ja sagen wir mal ein Familienfreund, dein Ahne ist schuld dran, dass ich jetzt ein Vampir bin. Von den Magiks hast du wohl schon was gehört, oder?“
„Ich bin zwar noch ein Neuling in Hexensachen, aber von denen hab ich gehört. Es ist gut, dass diese Hexenfamilie ausgestorben ist, die Kräfte waren echt schwärzer als Penta-Schwarz“, entgegnete sie und der Vampir sah ihn verwirrt an.
„Die schwärzeste Farbe Schwarz die es gibt, sorry, manchmal spreche ich Nerd, ohne es zu merken. Was ist mit ihnen?“
„Ich bin das letzte … na ja sagen wir mal … lebende Mitglied dieser Familie. Keine Sorge, die Kräfte sind jetzt schon 150 Jahre weg, an manchen Tagen vermisse ich sie, dann denk ich aber an die Scheiße, die mit deiner Ur-Großmutter passiert ist und vergess das schnell wieder. Ich hab sie geliebt, weißt du?“, erzählte Kaz.
„Nein, hab ich nicht gewusst. Muss schlimm sein, geliebte Menschen sterben zu sehen“, erwiderte sie nachdenklich.
„Multiplizier das mit 170 Jahren Leben und du hast ungefähr ne Vorstellung. Ich lebe alleine, mein Vampirvater hat sich damals verliebt und wollte einen Menschen verwandeln, hat sie aber dabei umgebracht, danach hat er Selbstmord begangen, das wollte ich nie erleben“, erzählte er.
„Wie bringt sich ein Vampir selbst um, wenn ich das Fragen darf?“
„Er hat sich selbst gepfählt, ich red nicht gern darüber. Deswegen bin ich auch nicht hier. Ich brauche deine Hilfe“, bat Kaz.
„Solang es nichts Anstrengendes ist, mein Kind saugt meine Kräfte ziemlich aus“, entgegnete sie und legte den Schraubenzieher weg.
„Ist nur was Diplomatisches. Du solltest dich nur umziehen“, sagte er mysteriös.
„Ich bin Ingenieurin, ich bin nicht so gut mit Worten. Wie kommst du auf mich?“
„Deine Mutter ist die Mittelsperson zwischen den Welten, da sie anscheinend abgetaucht ist, bist du jetzt dran. Ein Vampirclan ist mit einem anderen Clan in Friedensverhandlungen, braucht aber einen Ombudsmann, bzw. Frau“, erklärte er ihr.
„Ich soll zwischen Vampiren vermitteln? Hast du nen Knall? Ich bin schwanger und das mit einem kostbaren Formwandler, die bringen mich doch um!“
„Ich bin sowas wie ein hohes Tier in der Vampir-Gemeinde, wenn ich bei dir bin, wird dir nichts geschehen“, versicherte er.
„Entschuldige, aber ich kenn dich nicht, ich vertrau deiner Aussage nicht so. Wenn ich das machen soll, kommt ein Jäger mit“, verhandelte sie.
„Das geht nicht, die Jäger sind dort nicht erlaubt!“
„Dann Pech, ohne Verstärkung ging ich da nicht hin“, bewegte sie sich Richtung Jäger-Küche. Plötzlich hörten sie einen Alarm.
„Jungs, was ist das?“, rief sie genervt.
„Vampir-Alarm, bleib genau dort, wo du bist, ich komm zu dir“, hörte sie Andrei durch die alte Sprechanlage und sie zog ein Messer aus dem Messerblock und ging in Verteidigungsmodus.
„Er meint mich, Kleines, die haben wohl Thermo-Sensoren hier, ich hasse die Dinger. Also gut, such dir einen Jäger aus, aber er kommt unbewaffnet“, verabschiedete er sich und war so tonlos verschwunden, wie er aufgetaucht war.
„Sorry, bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Alles klar bei dir, Kusine?“, war Andrei zu ihr gehetzt.
„Ja, er ist wieder weg, er ist anscheinend einer von den Guten. Sag mal, Andy, was hältst du von einem Ausflug?“, legte sie das Messer weg und erzählte ihm, was sie erlebt hatte.
 
Sie war so nervös. Luther hatte sie vorgelogen, dass sie einen Mädels-Abend mit Aurica und Stella machte, er hätte das sicher nicht verstanden.
„Ich darf zu Protokoll geben, dass ich das immer noch für eine dumme Idee halte!“, murmelte Andrei, als er sich für den diplomatischen Auftritt bereitmachte.
„Ist zu Protokoll genommen. Wo steckt der Blutsauger? Pünktlich ist er ja nicht“, entgegnete sie, während sie nervös ihre Bluse glattstrich. Sie hatte sich ein Business-Kostüm angezogen, sie wusste überhaupt nicht, was sie erwartete.
„Wir Vampire haben keine Uhren“, hörte sie plötzlich Kaz im Halbschatten und erschreckte sich furchtbar.
„Verdammt, lass das, ich häng dir sonst noch nen Glöckchen um. Ich bin schwanger, du kannst mich doch nicht so erschrecken“, entgegnete sie.
„Sorry, wollte dich nicht erschrecken. Bereit?“, fragte Kaz, der eine schicke Robe trug.
„Nicht wirklich, aber wenn ihr mich braucht, mach ich das. Das ist Andy, mein Bodyguard für heute Abend!“, stellte sie Andrei vor.
„Andrei, sie ist die Einzige, die mich Andy nennen darf“, kommentierte Andrei.
„Gut, du hast einen wenig verdächtigen Jäger ausgesucht“, musterte Kaz den normalgebauten Jäger.
„Hey, glaub ich. Ich bin auch ausgebildeter Jäger. Jetzt lasst uns gehen, bevor die anderen was mitkriegen“, bat Andrei.
„Ihr macht das heimlich?“
„Nein, wir haben einer Gruppe Vampirjäger im Detail erzählt, dass wir in die Höhle des Löwen gehen und da vermutlich totgebissen werden“, konterte sie sarkastisch.
„Stimmt, keine gute Idee. Ihr werdet aber nicht getötet, ich werde euch verteidigen, auch wenn es mein Leben kostet, das hab ich Glinda versprochen, bevor sie starb“, erklärte Kaz.
„Du hast Großmutter Medea gekannt?“, fragte Andrei, Kaz.
„Er hat sie geknallt, jetzt kommt“, bat Angel und ging voran.
 
Ein eisenhaltiger Geruch stieg Angel in die Nase. Die Bar, in der sie sich trafen, war so ganz anders als sich es Angel vorgestellt hatte. Ein Mann mit langen weißen Haaren bat sie, an einem Tisch Platz zu nehmen. Vorsichtig setzte sie sich hin.
„Hab keine Angst, du bist eine Unberührbare, du bist hier sicher. Dein Jägerfreund bleibt aber genau dastehen, wo er steht“, bat der Vampir.
„Verstanden. Ich bin neu bei dieser Sache, wie genau läuft das hier ab?“, fragte sie nervös und der Vampir sah zu ihrem blutsaugenden Begleiter.
„Sie ist die Vertretung ihrer Mutter und noch neu, aber sie wird euch helfen können“, erklärte Kaz seinem Blutsbruder.
„Sie ist so jung“, stand der Vampir auf und umkreiste die vor ihm sitzende Angel.
„Ich will ja keine Klugscheißerin sein, aber sind wir Menschen für euch Vampire nicht alle viel jünger?“, fragte sie vorsichtig.
„Bitte, du bist so einiges, nur kein Mensch. Ich rieche einen Sukkubus, eine Hexe und noch ein paar Dämonen an dir, die ich nicht näher beschreiben kann“, roch der Vampir an ihr, als wäre sie ein Stück Fleisch.
„Hey, ich riech hier auch so einiges, ich deute aber nicht so deutlich drauf. Ja, ich bin das alles, aber im Moment bin ich nur eine Vermittlerin. Also, was muss ich machen?“, konterte sie cool.
„Ich mag die Kleine. Ich werde die Ältesten der zwei Gruppen anrufen und sie hierher einladen, willst du bis dahin etwas essen?“
„Danke, nein, mir ist etwas übel von dem Blutgeruch“, bedankte sie sich höflich.
„Wir haben hier gar kein Blut und ich hab schon Stunden nichts getrunken. Die Dämonin in dir ist wohl etwas empfindlich“, wunderte sich der Vampir.
„Eher die Schwangere in mir. Schon gut, ist ne Vampir-Bar, da gibt es auch Blut“, erwiderte sie.
„Wenn wir grad davon reden, krieg ich nen Glas?“, mischte sich Kaz ein und der Vampir machte ein Zeichen zu einem seiner Handlanger, dass er Kaz bedienen sollte.
 
Es vergingen keine zwanzig Minuten, dann war der Laden vollgepackt mit Vampiren. Angel wurde immer mulmiger und ihr Gefühl sollte Recht behalten. Die Vampire umkreisten sie wie Motten das Licht. Andrei stellte sich beschützend Rücken an Rücken mit Angel.
„Sag doch, scheiß Idee. Man, jetzt wünschte ich, ich hätte P.J. nicht ein Mittel ins Bier gemischt, dass er meine Gedanken nicht lesen kann. Wir sind am Arsch, es tut mir so leid, Kleines“, bemerkte Andrei.
„Du bist ein Hexer, reiß dich zusammen, wir kämpfen uns hier raus“, plante sie.
„Ich bin eher der Druide in der Gruppe, nicht der Kämpfer!“
„Dann wirst du es heute lernen, ich trag einen Goldschatz unter meinem Herzen, du wirst ihn beschützen, was auch immer passiert“, bemerkte sie und formte Feuerbälle in ihren Händen.
„Wenn ich das nicht überlebe, sag meiner Mum, ich hab mein Bestes getan“, bat er und ließ Ranken aus seinen Händen wachsen.
„Nette Kraft. Du hast uns reingelegt, Blutsauger, das überlebst du leider nicht“, zeigte Angel mit dem Feuerball auf Kaz, der etwas verwirrt mit seinem leeren Glas in der Hand im Eck stand. Sie wollte den Feuerball schon werfen, entschied sich aber, ihn durchs Glasfenster zu schleudern. Die Ruhe verwandelte sich in einen Aufstand. Sie schleuderte Feuerbälle, er riss Köpfe ab.
„Geh, ich muss was machen, was du nicht überlebst, wenn du dastehst“, keuchte sie erschöpft zu Andrei.
„Ich werde nicht gehen!“
„Dann wirst du gegrillt, ich kenn deine Mom erst kurz, aber ich denk nicht, dass sie mir verzeihen würde, wenn ich dich grillen würde“, forderte sie und er ging durch das kaputte Fenster nach draußen. Ein Feuerball zerstörte das ganze Restaurant und Andrei knallte durch die Druckwelle nach hinten, schlug sich den Kopf am Bordstein auf und wurde bewusstlos.
 
„Du hast Recht, hier ist er, war ne gute Idee, sein Telefon zu überprüfen. Hey, Andrei, wach auf“, hörte Andrei die Stimme seines großen Bruders und blinzelte. Die Straßenlaterne brannte in seinen Augen.
„Marius? Was ist passiert?“, rieb Andrei seinen Kopf. Er fühlte Blut.
„Sag du es mir. Du hast ein Restaurant abgefackelt“, zog Marius seinen Bruder hoch und fuhr über die Schläfe seines Bruders, was magisch das Blut stoppte.
„Angel“, erinnerte sich Andrei daran, was passiert war.
„Du hast Angel hierhergebracht? Fuck, wo ist sie?“, schimpfte Marius, der immer auf seinen Bruder aufpassen musste und Andrei sah auf das brennende Restaurant.
„Was hast du getan?“, fragte Marius erschreckt. Er wollte reinrennen, doch die Dämonin erstieg wie ein Phönix aus der Asche, unverletzt, aber splitterfasernackt. Sie sah verwirrt drein. Marius zog seinen Mantel aus und zog ihn ihr an.
„Frate, verschwinden wir hier“, plante Marius, nahm seine Kusine auf die Arme und die beiden Hexer verschwanden in die Nacht.
 
„Ihr geht’s gut, sie steht unter Schock, aber dem Baby und ihr geht es gut. Ist gut, dass Feuerdämonen so ziemlich feuerfest sind“, erklärte Stella, als sie ihre Patientin in ihrer Praxis untersucht hatte, in der ihre Brüder sie gebracht hatten.
„Sie ist feuerfest?“
„Ja, wusste sie vermutlich selbst nicht. Das war eine Selbstmordmission, Bruder, was habt ihr euch dabei gedacht?“
„Ich hab ihn darum gebeten“, hörten sie die leise Stimme von Angel.
„Ange‘, du bist ein Neuling, überlass die Jagd lieber uns Profis“, bat Marius.
„Ich wollte nicht jagen, das sollte ne diplomatische Mission werden“, fasste sich die schwangere Hexe langsam wieder.
„Diplomatisch war diese Lösung auch nicht“, konterte Stella kritisch.
„Die wollten uns töten, nachdem reden nichts mehr geholfen hatte, musste ich mein ungeborenes Kind schützen. Oh Gott, ich hab sie alle getötet“, realisierte sie.
„Das waren nur Blutsauger, als Dewin hast du eine offizielle Lizenz, keine Sorge“, bemerkte Andrei nebenbei.
„Dir ist vermutlich egal, Lebewesen zu töten, Andy, aber ich hab das zum ersten Mal getan“, schimpfte Angel.
„Das war Selbstverteidigung, das versteht jeder. Du hättest nicht das ganze Restaurant abfackeln müssen, aber war zumindest effektiv“, entschied Stella.
„Ich konnte es irgendwann nicht kontrollieren, warte, warum bin ich nicht verbrutzelt?“
„Du bist feuerfest, wenn du Feuerbälle machst, verbrennst du dich ja selbst auch nicht. Warte, ich geb dir welche von meinen Klamotten, du fühlst dich sicher nackig“, erwiderte Stella und gab ihr ihre sauberen Sportklamotten aus ihrer Tasche.
„Danke. Ich bin so müde, können wir heimgehen?“, fragte sie und zog sich an.
„Sicher, falls dein Freund aufgewacht ist, wundert er sich sicher, wo du steckst. Und ihr beide, sucht Kaz und jagt ihm einen Pflock in sein gottverdammtes Herz und macht es schmerzhaft“, plante Stella.
„Nein, tut ihr nicht. Er wird nicht angefasst“, sagte Angel ernst.
„Was? Er hat dich reingelegt!“
„Ich bin nicht sicher, deswegen hab ich ihn auch verschont. Hab ihn durch die Glasscheibe geschleudert, wenn er klug ist, ist er abgehauen“, entschied sie.
„Meinetwegen, wenn er dich aber jemals wieder besucht, kriegt er den Pflock zu spüren“, konterte Marius und ging mit seinem Bruder aus dem Untersuchungsraum.
„Hast du dich grad vor den Kerlen angezogen?“, wunderte sich Stella.
„Ich war vorher nackt, was soll’s, Luther müsste das aber nicht unbedingt wissen. Können wir gehen?“
„Sicher, lass uns heimfahren. Willst du heute Abend Luther verschweigen?“
„Heute Nacht schon, ich red morgen mit ihm“, versicherte sie ihr und Stella brachte sie heim.
 
Angel wurde von einem furchtbaren Albtraum geweckt. Sie spürte die warme, sanfte Hand ihres Freundes auf ihrem Arm und begann zu weinen.
„Hey, Engelchen, du hattest nur einen schlechten Traum, komm her“, zog er sie sanft zu sich und bald war sie wieder eingeschlafen.
 
Als Luther nach einer erholsamen Nacht aufwachte, saß seine Freundin durch das Fenster starrend auf der Bettkante, ihre Hände auf ihrem Babybauch.
„Morgen, Schönheit“, lief er auf seinen Knien zu ihr hin und küsste ihren Nacken. Sie schreckte auf.
„Hey, ich bin es nur. Du riechst irgendwie nach Rauch. Was ist los?“, wunderte er sich.
Sie stand auf und ging wortlos Richtung Fenster.
„Ich bin eine Dämonin“, sagte sie leise.
„Ja, ich weiß, ist nichts Neues für mich. Ich steh auf deine Dämonin, sie gehört zu dir“, entschied er.
„Ich hab gestern Nacht was Saudummes gemacht …“, begann sie.
„Sag es mir, wir überstehen alles“, dachte er nur, dass sie ihn betrogen hatte. Weinend erzählte sie ihm, was sie getan hatte.
„Du hast es überlebt, das ist das Wichtigste. Mach das bloß nie wieder, okay?“, bat er sanft.
„Ich dachte, wenn meine Mutter das kann, kann ich das auch“, begann sie zu weinen.
„Sie hat ihr ganzes Leben dafür Zeit gehabt, es zu lernen, du machst das erst ein paar Monate, wenn du das in deinem Leben machen willst, unterstütz ich dich damit, aber keine Vampire mehr, okay?“, erklärte er.
„Das kann ich versprechen. War es ein Fehler, Kaz zu verschonen?“
„Nein, er ist verwoben mit deiner Familiengeschichte, das war schon richtig so. Lass mich raten, deine Jäger-Familie ist furchtbar stolz auf dich!“
„Jep, das werde ich noch ne Weile zu hören kriegen. Du bist nicht sauer?“
„Ein bisschen, aber die Erleichterung, dass es euch beiden gut geht überwiegt das“, erklärte er und küsste sie und dann ihren Babybauch.
 
Als sie ins Wohnzimmer kamen saßen dort ihre Eltern.
„Na toll, du musstest sie anrufen, oder?“, sah sie zu Stella.
„Hab ich nicht, sind einfach hier aufgetaucht, was ehrlich gesagt wirklich kontraproduktiv in der Erziehung meiner Kinder ist, wenn ich meinen vierjährigen versuche beizubringen, dass sie sich nicht einfach irgendwo hin projizieren können“, erklärte Stella und sah ihre Gäste, die auf einem Sofa saßen streng an.
„Sorry, Stella, ich red nachher mal mit ihnen, jetzt muss ich aber erstmal mit meiner Tochter reden, allein“, bat Rae ernst.
„Muss eh zur Arbeit. Komm, Chug, nehm dich ins Jäger-Büro mit, deine Freundin sollte eh heute nicht arbeiten“, bat Stella, Luther und sie ließen die kleine Familie in Ruhe.
„Geht’s dir gut?“, wollte Rae von ihrer Tochter wissen.
„Ja, uns beiden geht es gut. Ich weiß, was du sagen willst, dass ich nachlässig war und dumm und naiv, ich hab die halbe Nacht wachgelegen und die restliche Nacht Albträume gehabt, ich weiß es“, beteuerte Angel reumütig.
„Gut, dass du das weißt. Hast du wirklich ein ganzes Restaurant mit Vampiren gesprengt?“, fragte Rae.
„Ja, aber Andrei hat mir geholfen!“
„Du hast deine Kräfte verdammt schnell draufgehabt. Ich bin jetzt 50 Jahre meines Lebens rumgelaufen ohne zu wissen, dass ich wie ein Phoenix aus der Asche entsteigen könnte. Du hast es auch nicht gewusst, oder?“
„Hölle, nein, keine Sorge, will das nicht mehr wiederholen, ich hab Kaz am Leben gelassen, war das falsch?“
„Er ist ne falsche Schlange, aber Großmutter Medea hat ihn mal geliebt, also kann er leben, er soll dir nur nie wieder zu nah kommen“, erkannte Rae.
„Ich werde ihm eigenhändig einen Pflock ins Herz jagen, wenn er sowas nochmal macht. Bleibt ihr jetzt hier?“, hoffte sie.
„Ja, wir können leider nicht mehr nach New York zurück und ich will meinen Lebensabend nicht in einem Wüstengebiet verbringen. Ich werde meine Praxis verkaufen, versuche hier einen Job in einer Klinik zu finden und dann kaufen wir beide ein Haus, groß genug, dass ihr zwei und bald drei auch drin wohnen könnt“, erzählte Rae von ihrem Plan.
„Das klingt wundervoll, denn wir müssen irgendwann hier weg und der Kleine kommt ja bald zur Welt“, erwiderte Angel.
„Es wird ein Junge?“
„Ja, der Kleine hat sich inzwischen entschieden, was er werden will!“
„Das ist wunderbar, aber wir werden es lieben, egal was es wird. Wir lassen dich jetzt allein, du siehst echt fertig aus und du stinkst irgendwie“, erklärte Rae ihrer Tochter.
„Ja, muss duschen, sorry. Ich bin so froh, dass ihr jetzt hier seid, hab euch vermisst“, umarmte sie ihre Eltern gleichzeitig.
„Ja, sind wir auch. Wir hatten das alles nicht geplant, aber wir werden uns hier ein gutes Leben einrichten können. Deine Tante Tacy und Onkel Brutus werden auch hierherkommen, wir wollten nur nicht alle zusammen reisen. Wir werden in ihrem Haus wohnen, bis sie auch zurückkehren können, wir würden uns freuen, wenn ihr heute Abend zum Essen kommen könntet!“
„Ich red mit Luther, können wir sicher einrichten. So, ich mach mich jetzt fertig, ihr könnt bleiben, wenn ihr wollt, aber sonst ist hier niemand“, entschied sie.
„Dann lassen wir dich allein. Ruf uns an“, erwiderte Balthazar, umarmte seine Frau und verschwand aus dem Wohnzimmer.
 
Frisch geduscht und mit einem neuen Haarschnitt, denn sie hatte sich ein paar Haare abgesenkt, kam Angel etwas später in das Jäger-Büro.
Sie folgte lauten Geräuschen und fand die Jäger im Trainingsraum wo sie zwei kämpfenden Jägern zusahen. Es waren Andrei und P.J. Sie hatte zwar mit P.J. trainiert, hatte ihn aber nie als gewalttätigen Mann gesehen. Was sie aber da sah, ließ sie sie aufschrecken. Streitschlichtend ließ sie beide an verschiedenen Seiten der Decke schweben. Ein Raunzen ging durch die Menge.
„Okay, Jungs und Mädels, die Party ist vorbei, geht zurück an die Arbeit“, forderte sie und die Gruppe löste sich auf.
„Marius wird nicht so glücklich sein, wenn du dir das hier alles unter den Nagel reißt, als Teamleiter und so“, kommentierte Andrei, während er an der Decke hing.
„Ich reiß hier gar nichts an mich, die haben nur von gestern erfahren und wissen jetzt, zu was ich alles fähig bin. Verrät mir einer, was hier los ist?“
„Andrei hat mich unter Drogen gesetzt!“, begann P.J.
„Ich hatte was vor und dir entgeht ja nichts, ich wollte nur etwas Privatsphäre in meinem Kopf, ist das falsch?“, schimpfte Andrei.
„Nein, aber dass ich am nächsten Morgen immer noch keine Gedanken lesen kann und mich meine noch hormongesteuerte Freundin fragt, ob ich sie heiraten will und ich nur lache, weil ich das für einen Witz halte, das ist falsch!“
„Wirklich? Tut mir leid, ich red mit ihr“, entschuldigte sich Andrei aufrichtig und Angel ließ sie runter.
„Dann mach das, aber sie ist ziemlich sauer, sie wird genauso wenig mit dir reden“, erwiderte P.J. trocken.
„Dann red ich mit ihr, ich bin ja auch schuld dran. Jetzt geht duschen und vertragt euch, ihr seid Familie, redet einfach miteinander“, sagte sie kopfschüttelnd und die Cousins trotteten davon.
 
„Klopf, klopf“, störte Angel, Aurica in ihrem Büro.
„Hey, dachte nicht, dass du heute kommst, wie geht’s dir?“, begrüßte sie Angel.
„Geht, ich wollte irgendwie nicht zu Hause rumhocken. Wie geht es dir denn?“
„Er hat es dir erzählt, oder?“
„Ich musste grade magisch einen Kampf zwischen den beiden schlichten. Du kannst ihm nicht die Schuld geben, na ja, nicht die ganze, er hat es für mich gemacht“, druckste Angel herum.
„Ich weiß nicht, von was du redest“, bemerkte Aurica und sah von ihrer Arbeit auf.
„Andy hat P.J. mit irgendeinem Kraut verhext, dass er keine Gedanken lesen kann.
Er hat gedacht, dass er mir damit hilft, weil wir wollten geheim halten was wir vorhatten. Ich hab grade erst davon erfahren, dass musst du mir glauben“, erzählte sie.
„Ja, tu ich. Ich bin nicht wirklich sauer auf ihn, ist nur seltsam, dass er plötzlich Fragen stellen muss, ich kenn ihn so nicht, ist nur seltsam. Das mit dem Antrag war auch aus ner Laune der Natur, wir sind noch so jung, im Moment bin ich nur glücklich, dass er hier bei mir ist“, erklärte Aurica.
„Dann sag ihm das, Chug hat mir auch schon einen Antrag gemacht, er hat es dann aber zu einem Versprechen abgemildert, dass er immer bei mir sein wird und das reicht mir im Moment“, erzählte sie.
„Das ist schön, ich weiß nur nicht, ob wir dahin zurückkönnen“, entschied sie.
„Versucht es einfach, ihr beide gehört einfach zusammen, wenn nur für Ofina. Die ist echt brav“, bemerkte Angel, als sie Ofina hinter Aurica in einem Babybett schlafen sah.
„Ja, jetzt, heute Nacht aber nicht, sie hat Vampir-Zeiten, sagt Pax immer. Das wirst du noch früh genug selbst rausfinden. Nette Frisur, übrigens!“
„Danke, hab mir etwas die Haare versengt gestern, dachte, es wäre Zeit für was Neues. Du bist die erste, der das auffällt, sind halt nur Männer hier. Was kann ich heute machen?“, wollte sie wissen.
„Der Display hier ist irgendwie kaputt“, zeigte Aurica hinter sich.
„Okay, schau ich mir mal an. Ne Ahnung wo Chug ist?“
„Weiß ich nicht, sorry. Alles klar zwischen euch?“
„Denk schon, er war nicht mal sauer, obwohl ich so viel Mist gebaut habe. Er scheint mich wirklich zu lieben“, entgegnete sie.
„Ja, das tut er, das ist eine wirkliche Besonderheit, du kannst dich glücklich schätzen“, bemerkte sie.
„Glaubst du nicht, dass du das mit Pax hast?“
„Ich weiß es nicht. Er ist einfach abgehauen, als es eng wurde, deiner ist geblieben, so sollte es sein!“
„Du hast ihm einen Antrag gemacht, dass deutet darauf hin, dass du eine Zukunft mit ihm siehst, oder?“
„Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Danke, dass du mir zugehört hast, jetzt muss ich aber weiterarbeiten, solang Ofina schläft“, bat Aurica.
„Sicher, kannst immer zu mir kommen. Ich geh mal auf die Suche nach meinem Lover, red du mit deinem, ihr werdet schon eine Lösung finden“, bemerkte Angel und ließ sie allein.
 
Nachdenklich ging Angel an einem Display vorbei. Dort liefen Rating-Listen herunter. Sie entdeckte ihren Namen. Sie stoppte die Liste mit ihrer Fingerspitze.
„Marius“, rief sie durch das Gebäude.
„Sie haben gebrüllt, oh wunderschöne Dämonin“, stand Marius plötzlich neben ihr.
„Was ist das?“, fragte sie verärgert und zeigte auf das Display.
„Eine Ranking-Liste?“, fragte er cool.
„Das seh ich selber, Klugscheißer. Warum ist da mein Name drauf und was bedeutet die Nummer?“
„Deine Vampir-Treffer, duh“, sagte er trocken.
„Nimm das runter, sofort“, wütete sie.
„Süße, du bist die Liste in einer Nacht hochgeklettert, das muss gezeigt werden!“
„Ich bin keine Jägerin, ich will nichts damit zu tun haben“, war sie richtig wütend. Marius nahm sein Telefon und löschte ihren Namen.
„Sorry, dachte, du wärst stolz drauf, wir anderen sind es. Sonst noch was? Muss jier ein Meeting vorbereiten“, erklärte er nur.
„Nein, das wäre alles. Hast du ne Ahnung, wo Chug ist?“
„In der Garage, er programmiert etwas an der Alarmanlage“, erklärte er.
„Danke. Sorry, wollte nicht so ausflippen, letzte Nacht steckt mir noch in den Knochen“, entschuldigte sie sich.
„Glaub ich dir, kein Problem. Du bist eine echt mächtige Person, vergiss das niemals“, konterte er und verschwand im Nichts.
 
„Hey, Sweetie, hab dich vermisst“, begrüßte Angel ihren Freund, indem sie ihm von hinten einen Kuss auf den Hals gab, während er dort saß. Er schreckte auf und huschte etwas weg.
„Ich bin es nur, was ist los?“, wunderte sie sich.
„Gar nichts, hab mich nur erschreckt“, sagte er mit panischem Gesichtsausdruck.
„Du hast Angst vor mir“, murmelte sie weinerlich.
„Sei nicht albern, ich liebe dich, ich könnte nie Angst vor dir haben“, erwiderte er und sie ging zu dem Display, an dem er gesessen hatte. Dort war ein Video zu sehen, was sie von der Nacht zuvor zeigte. Die Aufnahme stoppte, als sie sie einen Feuerball warf und das ganze Restaurant verwüstete. Mit Tränen in den Augen ließ sie ihn einfach dort stehen und verschwand.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

 
„Was ist, wenn ihr was passiert ist?“, fragte Luther verzweifelt Sie saßen auf dem Dach des Jäger-Büros. P.J. sah ihn an.
„Ihr geht’s gut“, versicherte der Hexer.
„Woher weißt du das?“
„Ich bin ein Medium und ein Hexer, ich weiß es einfach!“
„Du weißt wo sie ist, oder?“
„Ja, aber sie braucht etwas Zeit, lass sie in Ruhe. Ein Jäger ist immer an ihrer Seite um sie zu beschützen, keine Sorge“, bat P.J.
„Hm, okay, wenn sie das so will. Ich schäme mich echt“, erwiderte Luther.
„Musst du nicht, es ist nicht einfach mit einer Dämonin, du machst das bis jetzt gut“, beruhigte P.J. ihn.
„Du sagst das, als wäre sie schizophren, sie ist nicht krank!“
„Nicht krank, aber anders. Sie hat Emotionen, die mit ihren Kräften verbunden sind und sie nicht immer kontrollieren kann!“
„Ich leb schon eine ganze Weile mit ihr zusammen, ich weiß das. Dieses Video war nur erschreckend, ich habe seltsam reagiert, das war falsch“, entschied Luther.
„Auch du bist nur ein Mensch, das sind wir alle, irgendwie. Du bist etwas ganz besonderes, als Mensch und als Wesen, nicht nur, weil ihr so selten geworden seid“, munterte er ihn auf.
„Danke, denke ich. Solltest du nicht irgendwie dein kleines Problemchen mit deiner Freundin lösen?“, wollte Luther wissen.
„Ja, sollte ich, deswegen versteck ich mich auch hier oben. Ich liebe sie, bin aber noch nicht bereit, mich fest zu binden“, erklärte er ihm.
„Warum erzählst du mir das? Sag das ihr“, bat er ihn.
„Ja, das sollte ich. Kann ich dich hier alleinlassen?“
„Ja, stell mir einfach ne Leiter hin, dann komm ich klar“, versicherte Luther und der Hexer verschwand im Nichts. Von oben konnte Luther sehen, wie sich die beiden vertrugen, was ihn kurz lächeln ließ. Ganz plötzlich saß Angel neben ihm, was ihn fast vom Dach fallen ließ. Sie reagierte schnell und zog ihn wieder hoch.
„Immer noch Angst vor mir, was?“, wollte sie trocken wissen.
„Nein, hast mich nur erschreckt, hätte nicht gedacht, dass du dich projizierst. Wirst jeden Tag besser. Es tut mir so leid“, entschuldigte er sich ernsthaft.
„Schon gut, ich hab mich auch selbst über die Aufnahme erschreckt, ich will nicht so sein. Ich werde den Rat darum bitten, meine Kräfte irgendwie zu bannen, ich will als normaler Mensch weiterleben!“, sagte sie plötzlich.
„Willst du das wirklich?“
„Nein, aber es ist das Beste so!“
„Das machst du nicht, unser Sohn wird mit einer dämonischen Hexe aufwachsen und bis er alt genug ist, um das zu kapieren, hast du deine Kräfte sowas von unter Kontrolle“, entschied er ernst und legte sanft seine Hand auf ihren Bauch.
„Das hoff ich, ich hab nämlich Angst vor mir selbst“, kuschelte sie sich an seine Schulter.
„Ich auch, aber wir kriegen das hin. P.J. hat mir erzählt, wie du auf die Sache mit dem Ranking reagiert hast und das lässt mich dich noch mehr lieben, du bist eine dunkle Hexe, findest es aber trotzdem grausam, Vampire zu töten, obwohl sie dich fast getötet haben“, lobte er sie.
„Alles Leben ist wichtig, gerettet zu werden. Ja, ich weiß, das klingt lächerlich aus dem Mund einer Ingenieurin, die Killerroboter hergestellt hat, aber so ist es“, erklärte sie.
„Du hast nicht gewusst, was die machen und wenn, gehst du jetzt andere Wege und das ist gut so. Wolf“, stieß er plötzlich aus.
„Was? Wo?“, sah sie sich erschreckt in dem nahegelegenen Wald vom Dach aus um.
„Nein, sorry, hab grad an Wolf gedacht, er denkt sicher, dass ich bei dem Brand in meinem Haus draufgegangen bin“, realisierte Luther.
„Du hast es ihm nicht gesagt? Wie kannst du nur?“, schimpfte sie und boxte ihn in die Seite.
„Ist mir grade erst aufgefallen, fuck, ich muss ihn irgendwie erreichen“, stand er auf.
„Mach das, sofort, finde auch raus, was mit Gnog passiert ist“, forderte sie und er stieg vom Dach.
 
„Gnog hat es rausgeschafft, er wurde umgesiedelt. Wolf hat mich etwa zehn Minuten angeschrien, aber ist froh, dass ich noch am Leben bin. Alles in Ordnung zwischen uns?“, kam Luther etwas später zu seiner Freundin in ihr Schlafzimmer.
„Ja, alles gut. Ich bin nur so müde, diese Schwangerschaft macht mich echt fertig. Wie sollen wir später ein Baby mit meinen magischen Fähigkeiten unter Kontrolle kriegen?“, schien Angel frustriert.
„Wir können seine Fähigkeiten bannen“, stand plötzlich ein Mann in einer Robe neben ihrem Bett. Vor lauter Schreck hielt sie die Zeit an. Ihren Gast schien das nicht zu beeinflussen.
„Gut, deine Kräfte werden immer stärker, das ist schön zu sehen. Es wird Zeit, dass wir in dein Leben treten. Wir haben deine Tat letzte Nacht gesehen“, begann der Mann in der Robe.
„Sind Sie ein schwarzer Zauberer?“, wurde sie nervös. Ihr Freund saß erstarrt neben ihr.
„Deine Kusine hat einen mächtigen Zauber in diesem Haus gegen schwarze Magie aufgestellt, was ironisch ist, da sie selbst schwarze Kräfte hat und du auch, frag mich nicht, vermutlich ein Blutzauber, der euch bei dem Zauber nicht miteinschließt. Wie auch immer, wenn ich ein böser Zauberer wäre, wäre ich nicht hier. Ich bin vom weißen Hexenrat. Wir sind beeindruckt von dir“, erwiderte er.
„Schön für Sie, ich aber nicht. Das war nur Notwehr“, entgegnete sie verklemmt.
„Das sehen wir auch so und das finden wir gerade so überragend. Du bist die perfekte Vermittlerin zwischen den Welten“, erklärte der Zauberer.
„Ich dachte, das wäre meine Mutter!“
„Deine Mutter hat das nur gemacht, um sich nach der Trennung deines Vaters und deinem Verlust abzulenken, aber sie möchte das nicht wirklich, das merken wir. Was sagst du?“
„Was beinhaltet das? Muss ich Luther dafür verlassen, oder so?“
„Auch wenn wir dich lieber mit einem Hexer sehen würden, nein, du trägst sein Kind unter deinem Herzen und wir freuen uns, was ihr zum Erhalt von magischen Wesen macht, auch wenn es vermutlich keine Absicht war. Er kann bleiben“, sagte der Typ trocken.
„Danke, zu freundlich. Ist das so eine lebenslange Sache, oder kann ich raus, wenn ich will?“
„Wenn deine Mutter raus kann, kannst du das auch. Die Frauen in deiner Familie haben das alle getan und das goldene Armband hilft dabei, den Benji unter Kontrolle zu halten“, erwiderte er.
„Benji? Ich bin keine Benji“, wunderte sie sich.
„Auch wenn ihr seit einer Ewigkeit nicht mehr geheult habt, ihr seid Benjis, durch euer Blut“, bemerkte der Zauberer erklärend.
„Sie meinen das wirklich ernst? Warum erzählen mir meine Eltern von jedem kleinen Wesen und von einem der mächtigsten nicht?“
„Das musst du sie fragen. Schlaf ne Nacht drüber, wir bieten es dir nur an“, entschied er und verschwand wieder. Die Zeit lief weiter.
„Süße, hast du grad die Zeit angehalten? Du musst mich vorwarnen“, sah Luther verwirrt drein.
„Sorry, war keine Absicht. Ich bin eine Benji“, sagte sie mit starrem Blick.
„Ach was, du kannst manchmal etwas biestig sein, aber das sind die Hormone. So schlimm wie eine Benji bist du nicht“, entgegnete er beruhigend.
„Danke, Schatz, ich mein aber als Wesen. Ich bin biestig?“
„Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du jetzt darauf?“
„Ein Ratsmitglied war grad hier und hat es mir gesagt. Warum verschweigen meine Eltern mir das?“
„Keine Ahnung. Warum war ein Ratsmitglied hier? Wirst du angeklagt wegen gestern?“
„Nein, aber sie wollen mich als Vermittlerin, das ist sowas, was meine Mutter macht. Ich bin geehrt, aber ich werde auch Mutter, weiß nicht, ob das zusammen geht“, erwiderte sie nachdenklich.
„Du wirst eine Vermittlerin? Das ist wirklich ne Ehre. Wenn du das machen willst, bin ich für alles andere da, versprochen“, versicherte Luther hilfsbereit.
„Ich bin schon interessiert. Meine Mutter wäre glaub ich glücklich, das abzugeben. Ich werde morgen mit ihr reden. Über die Benji-Sache muss ich mit ihr wohl auch reden. Benjis werden nur mütterlicherseits vererbt, also ist sie auch eine. Wir sind echt eine Gemischt-Wesen-Familie, jetzt hab ich auch noch Feen-Blut in mir, das wird immer besser“, erkannte sie.
„Willst du wirklich die Kräfte unseres Kindes bannen?“, griff er ihr Gesprächsthema wieder auf.
„Nein, sorry, hör nicht auf mich, bin müde. Lass uns schlafen, ich brauche Ruhe“, bat sie.
„Sicher, Süße. Muss ich mir Gedanken machen, dass wildfremde Hexer einfach in unser Schlafzimmer kommen können?“, war er besorgt.
„Anscheinend können das nur gute Hexer machen in diesem Haus, aber vielleicht gibt es auch nen Zauber gegen die, ich werde recherchieren“, plante sie.
„Mach das. Komm her“, zog er sie an sich und bald waren sie eingeschlafen.
 
„Wuppsi, das war keine Absicht, ich hab es ehrlich gesagt einfach vergessen“, verteidigte sich Rae, als ihre Tochter sie tags drauf auf die Benji-Sache ansprach.
„Vergessen? Wie kannst du das einfach vergessen?“
„Hey, deine Ur-Großmutter Glinda war die letzte, die geheult hat, da kann man das schnell vergessen. Hast du geheult, oder warum kommst du jetzt plötzlich drauf?“
„Der Rat hat mir die Stelle der Vermittlerin angeboten. In dem Zusammenhang erklärten sie mir, dass der Goldring helfen würde, meine Benji-Kräfte unter Kontrolle zu halten“, entgegnete sie.
„Das ist ein Mythos, Glinda hat auch mit dem Armband geheult. Wie auch immer, diese Kräfte sind vermutlich eh verloren gegangen im Laufe der Zeit. Willst du meine Stelle übernehmen?“
„Ich überleg es mir, bist du einverstanden?“
„Mein Herz hängt nicht daran, du kannst die Stelle haben, wenn du willst“, erwiderte Rae.
„Ist das gefährlich?“
„Fragt die Frau, die grade aus einer Vampirbar Barbecue gemacht hat!“
„Auch wahr. Kann ich das mit meinem Mutterdasein vereinbaren?“
„Ich weiß es nicht, ich habe es erst gemacht, als du nicht mehr dar warst. Wenn du das machen willst, sind wir alle für dich da“, entschied Rae.
„Das ist lieb. Ich würde es gern versuchen. Ich sollte nur meine Kräfte bis dahin besser unter Kontrolle bekommen, wäre nicht so toll, wenn ich bei jedem Versuch meine Klienten vaporisiere“, überlegte sie laut.
„Ja, das wäre besser, ich werde solang den Job noch übernehmen. Ich werde dir alles beibringen, was du wissen musst und dein Dad hilft bei den Hexen-Sachen. Wir sind übrigens jetzt offiziell geschieden, aber trotzdem wieder zusammen. Wir werden vermutlich nicht mehr heiraten, aber ich will mit ihm zusammen sein“, erklärte Rae ihrer Tochter.
„Ihr habt das mit der Scheidung durchgezogen? Ich dachte, nachdem ihr wieder zusammengekommen seid, wäre das vom Tisch!“
„Diese Ehe war vergiftet, das einzig Gute, was daraus kam, warst du. Wenn wir nochmal heiraten würden, dann wollen wir frisch beginnen. Wir haben aber alles geregelt, falls einem von uns was passieren würde. Man, ich bin irgendwie stolz, dass meine Tochter die Rolle der Vermittlerin übernehmen will, auch wenn ich nicht scharf drauf war, ist es wichtig, dass wir das weitermachen. Es ist eine Familientradition, ich weiß eigentlich gar nicht, wie das angefangen hat, aber es ist eine Ehre“, erklärte Rae und spielte nachdenklich mit ihrem goldenen Armband herum.
„Wirst du das nicht vermissen?“
„Ich hab dich vermisst, jetzt hab ich dich wieder und bald auch ein Enkelkind, das macht mich so froh, obwohl ich ja eigentlich zu jung bin um schon Großmutter zu werden“, bemerkte Rae.
„Bist du nicht 60, oder so?“
„Wenn ich es mir richtig überlege, bin ich vielleicht doch nicht so glücklich, dich wieder zu haben“, schmunzelte Rae, lächelte sie aber dann an.
 
Angel war fast neun Monate schwanger, als sie die Rolle der Vermittlerin zeremoniell übernahm. Ihre ganze Familie und Freunde waren dabei.
„Du siehst wundervoll aus“, sagte Luther verliebt, als er seine Freundin in ihrer Robe saß.
„Die Robe ist das Einzige, was mir momentan passt, aber danke“, konterte Angel müde und er legte seine Hand auf ihren riesigen Bauch.
„Du kannst unserem Sohn mal erzählen, dass er bei deiner Zeremonie dabei war, das ist schon irgendwie cool. Bereit?“, fragte er liebevoll.
„Ich bin froh, dass ich inzwischen gut projizieren kann, jeder Schritt ist anstrengend“, nahm sie ihn an seinen Armen und projizierte sie weg.
 
Angel war die erste, die das richtige Ritual zur Vermittlerin durchzog, doch weder ihre Mutter, noch ihre Großmutter hatten ihr das erzählt. Es war alles sehr ernst und beinhaltete einen Zauberspruch. Als sie zum Ende kamen und sie gerade das glänzende goldene Armband übergestreift bekam, was schon ihre Ur-Urgroßmutter getragen hatte, platzte ihre Fruchtblase.
„Oh, fuck“, fluchte sie und der alte Zauberer, der das Armband übergab sah sie verwirrt an.
„Oh nein, nicht Sie, Sie machen einen super Job, Sir, mein Sohn will nur zur Welt kommen“, half sie ruckartig mit dem Armband und lehnte sich unter Schmerzen auf die Knie.
„Süße, alles klar?“, kam Rae näher zu ihr.
„Ist mein erstes Kind, aber wenn ich nen Ozean in der Hose habe, ist die Fruchtblase geplatzt, oder?“, keuchte sie schmerzerfüllt.
„Was? Der Kleine kommt? Unpassender Zeitpunkt, Liebes“, erwiderte ihre Mutter und grinste überspielend den Zauberer an, der neben ihr stand.
„Sag das deinem Enkelsohn. Ist das dann alles, oder fehlt noch was beim Ritual?“
„Keine Ahnung, hab das eigentlich nie offiziell mitgemacht“, gestand sie ihr und ihre Tochter sah sie böse an.
„Sorry, solltest du eigentlich nicht erfahren. Können wir das hier irgendwie beschleunigen, meine Tochter hat Wehen“, druckste Rae herum und der Hexer schloss die Prozedur ab.
„Okay, jetzt bist du offiziell. Gut, dass du projizieren kannst, da sparen wir uns die Fahrt ins Krankenhaus. Lass mich nur kurz deinem Dad und deinem Freund Bescheid geben und dann verschwinden wir hier. Hast du deine Krankenhaustasche dabei?“, plante Rae.
„Nein, das sollte ein Tag der Zeremonie, nicht ein Tag der Geburt werden, Mutter“, wurden Angels Schmerzen immer schlimmer.
„Kein Problem, ich schick Andrei los, sie zu holen. Bin gleich wieder da, keine Sorge, du trägst eine schwarze Robe, das mit dem Fruchtwasser sieht keiner“, versicherte Rae und eilte zu den anderen, um sie darüber zu informieren, dass es jetzt schnell gehen musste.
 
Angel fluchte durch die Schmerzen. Die meiste Zeit in Rumänisch.
„Auch wenn ich faszinierend finde, dass du langsam richtig gut rumänisch sprichst, hör auf zu fluchen, die Krankenschwester fängt langsam zu heulen an“, bat Rae, die im Kreißsaal bei ihr dabei war.
„Krieg du mal ein Kind“, schimpfte Angel.
„Hab ich, wenn wir in den Staaten wären, hätten wir bessere Technologie, die würde das schmerzlos machen“, erklärte Rae.
„Das ist nicht wirklich hilfreich, Mom“, fluchte sie unter Schmerzen.
„Sorry, Süße, bin jetzt ganz bei dir. Das werden die schlimmsten Schmerzen werden, die du jemals haben wirst, aber es wird es alles wert sein“, versicherte sie ihrer Tochter, während sie ihr die Hand hielt.
 
Luther wog stolz seinen Sohn in seinen Armen.
„Sie hat das super gemacht, sie muss jetzt nur noch ein paar Stunden schlafen, das war eine sehr anstrengende Geburt, das waren 12 Stunden, ich hab sie in drei Stunden geboren, das sollte ich ihr vermutlich nicht sagen. Er ist perfekt und er hat sich für ein Aussehen entschieden, zumindest momentan!“
„Und er ist perfekt so. Ich hoffe, er wird ein Nerd, wie seine Mutter und ich, nicht so ein Jäger wie seine Onkel. Ich kenn ihn erst ein paar Minuten, aber ich würde mein Leben für ihn lassen“, war er schwer verliebt in den wunderschönen kleinen Jungen.
„Das ist schön zu hören. Ich habe ein paar Broschüren gelesen, man kann hier einen Abstammungs-Test mit Nabelschnurblut machen, ich hab etwas aufbewahrt, falls du erfahren willst, ob du Verwandte irgendwo hast“, hielt sie eine Kapsel mit Nabelschnurblut in zwei Fingern vor sein Gesicht.
„Du hast Nabelschnurblut meines Sohnes geklaut?“
„Nein, die Hebamme hat es für mich entnommen, ich hab nett gefragt. Es hält zirka eine Woche in dem Ding, du kannst dich solange entscheiden, ob du das willst. Ich hab gehört mit Nabelschnurblut ist das am genausten“, erklärte sie ihm und gab ihm die metallene Kapsel.
„Sorry, natürlich hast du gefragt. Ich dachte, alle aus meiner Familie wären tot“
„Keine Ahnung, so kannst du es vielleicht herausfinden. Gehört jetzt dir, mach was du willst damit“, übergab sie ihm die Kapsel.
„Danke, vielleicht sollte ich das machen lassen, ich red aber noch mit Angel darüber, ist schließlich auch teilweise ihr Blut. Willst du ihn halten?“, fragte er sie und übergab ihr ihren Enkel.
„Danke, dass du mir so vertraust, ist ne Weile her“, war sie gerührt.
„Kannst du ihn ne Weile halten? Ich werde ins Wartezimmer gehen und die anderen informieren“, steckte er die Kapsel ein und ließ sie mit dem Baby allein.
„Und?“, kam Stella auf ihn zu, als Luther den Warteraum betrat.
„Sie hat es geschafft, beiden geht es super, sie braucht jetzt nur Ruhe. Der Kleine ist bei seiner Granny“, erzählte er der anwesenden Gruppe glücklich.
„Oh bitte, lass mich dabei sein, wenn du sie so nennst. Habt ihr euch jetzt auf einen Namen geeinigt?“
„Zaci“, sagte er glücklich.
„Ihr seid aber echt durch das Babyalphabet durch“, witzelte Balthazar.
„Wie spricht man das aus?“, wunderte sich Andrei.
„Wie Zack, nur mit i hintendran!“
„Okay, schon ganz cooler Name. Wird er ein Dewin sein?“
„Da ich nicht wirklich einen Nachnamen habe, wird er Dewin heißen. Er wird ein mächtiger Zauberer sein, da sollte er den Namen einer mächtigen Hexenfamilie tragen“, erwiderte er.
„Dir ist schon klar, dass er eigentlich Lusano heißen sollte, oder?“, mischte sich Balthazar ein.
„Auch ne mächtige Familie, Dewin ist aber besser!“
„Das klären wir noch. Wann können wir ihn sehen?“, fragte der stolze Großvater.
„Komm mit mir mit, Stella, du kannst auch mitkommen, wenn du willst, die anderen sehen ihn später“, plante Luther und nahm die beiden mit.
„Hey, hier bist du, alles klar?“, fragte Balthazar, als er den Freund seiner Tochter vor dem Gen-Labor im Krankenhaus fand. Er war schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen worden, während die ganzen Dewins die junge Mutter und das Baby umschwärmten. Luther zeigte ihm die Kapsel.
„Du willst doch nicht wirklich nen Vaterschaftstest machen, oder?“, fragte Balthazar kritisch.
„Nein, was? Nein, wie kommst du auf den Mist? Ich will in der Gen-Datenbank nach meiner Familie suchen, ich weiß nur nicht, ob ich wissen will, was da rauskommt“, erklärte Luther.
„Hey, mein Onkel hat meinen Vater getötet und ihn Jahrzehnte als Schlächter von Manhattan dastehen lassen. Ach ja, er hat auch versucht, meine Mutter und mich zu töten. Alles, was du herausfindest, kann dagegen nur abstinken!“
„Mein Sohn ist mit dem Schlächter von Manhattan verwandt?“
„Er ist nicht der Schlächter gewesen, er wurde missbraucht und hat das mit seinem Leben bezahlt!“
„Ah, okay, das ist ja furchtbar“, bemerkte er verwirrt.
„Wir werden Zaci als weißen Zauberer erziehen, sowas wird nicht passieren, ich werde bis zu meinem letzten Atemzug dafür sorgen“, versprach Balthazar ihm.
„Danke, Dad“, umarmte Luther, Balthazar gerührt. Er stockte kurz, stieß aber dann ein “Gern geschehen, Sohn“, von sich.
„Kommst du mit mir mit, wenn ich das mache?“, hoffte Luther und sah zu dem Labor.
„Sicher, ist eh zu viel Dewin-Power im Krankenzimmer grade. Solang ihr nicht verwandt seid, kann es nur besser sein“, schmunzelte er und folgte ihm ins Gen-Labor.
 
„Ich brauch nen Drink“, setzte sich Balthazar etwas geschockt hin, als er den Stammbaum seines zukünftigen Schwiegersohns sah.
„Oje, das klingt nicht gut“, wurde auch Luther besorgt.
„Nein, alles gut, ist nur überraschend“, murmelte er verwirrt.
„Bitte sag mir nicht, dass wir verwandt sind!“
„Nein, seid ihr nicht, aber der Name hier ist uns sehr bekannt“, tippte er auf einen Namen auf dem Display.
„Magik, okay, klingt rumänisch, also hab ich auch rumänische Wurzeln, ist doch schön!“
„Die Magik-Familie war einer der dunkelsten Hexenfamilien Rumäniens und gelten eigentlich als ausgestorben. Es gibt nur noch ein Familienmitglied und der ist untot, also nicht wirklich am Leben. Er heißt Kaz, du hast ihn ja kennengelernt!“
„Der Blutsauger ist mit mir verwandt?“
„Ja, anscheinend, er war der letzte, ich weiß zwar nicht, wie das passieren konnte, aber das ist irgendwie schön. Kaz gab seine Kräfte auf, vermutlich haben das seine Verwandten auch, sonst hättest du auch magische Kräfte. Du solltest deinen Sohn wohl Magik nennen, die sind Royals in der Hexen-Geschichte, gegen ihre Kräfte können die Dewins und Lusanos abstinken. Es gab weiße und schwarze Hexer in dieser Familie, sogar in den Staaten hatten sie einen Ruf. Anscheinend hat einer der Magiks sich mit einem Formwandler fortgepflanzt. Ungewöhnlich für eine reinrassige Hexenfamilie, aber das erklärt vermutlich, warum du über deine mütterliche Seite nicht viel erfahren kannst. Nichts für ungut, aber Hexenfamilien sind da sehr eigen und das wurde vermutlich irgendwo unter einen staubigen orientalischen Teppich gekehrt. Den Blutsauger aufzusuchen wird vielleicht helfen, mehr über deine Familie zu erfahren“, erklärte Balthazar.
„Okay, nen Problem ist nur, wenn ich ihn sehe, werde ich ihm einen Pflock ins Herz jagen, für alles, was er meiner schwangeren Freundin angetan hat!“
„Wenn du alles weißt, was du wissen willst, hast du mein Okay dafür“, stellte er klar.
„Dann würde Angel mir aber auch einen ins Herz jagen, er ist anscheinend unantastbar, weil er mal Großmutter Glinda geknallt hat“, konterte er.
„Ach ja, das. Dass er schon seit Generationen die Dewins für seine Zwecke missbraucht wird da schnell mal vergessen. Er sieht aus wie ein Kind, ist aber wirklich hinterhältig“, bemerkte er.
„Na toll und der soll mit mir verwandt sein. Zumindest hab ich ein paar Namen von meiner Familie, vielleicht finde ich wenigstens einen anderen Formwandler, Zaci muss doch unter Formwandlern aufwachsen, das ist doch wichtig“, war Luther etwas enttäuscht.
„Ja, das sollte er und das wird er. Wir werden solang suchen, bis wir andere Wandler finden, versprochen“, versicherte er ihm.
„Das könnte sich kompliziert gestalten, es könnte jeder sein, im übertragenden Sinne und wahrhaftig. Ich war jetzt jahrelang ein mittelalter Farmer“, entgegnete er.
„Ich hab die beiden Leichen übrigens damals ins Feuer projiziert, wenn sie gefunden werden, sind sie bei dem Feuer drauf gegangen. Das nenn ich schon Talent, dass du das jahrelang durchgezogen hast, ohne dass das aufgefallen ist. Ich hoffe, mein Enkelsohn muss sich nicht so verstecken, wenn er erwachsen ist“, bemerkte Balthazar nachdenklich.
„Das hoffe ich auch. Die letzten Monate in Rumänien waren so erholsam, es gibt hier so viele magische Wesen und keine gottverdammten Hexenjäger, das ist so schön. Mein Sohn kann vor dem Haus spielen, wenn er größer ist, das ist eine schöne Fantasie“, dachte Luther laut nach.
„Das wird so sein, da bin ich ganz sicher. Jetzt komm, lass uns zurückgehen, deine Freundin wundert sich sicher schon wo du steckst!“
 
Als sie zurückkamen, presste Rae ihrer Tochter gerade die Hand auf die Brust. Sie waren allein.
„Okay, was macht ihr da?“, wunderte sich Balthazar. Die beiden Frauen sahen sie an, sie hatten beide pechschwarze Pupillen.
„Ladies?“, war auch Luther verwundert.
„Mach dich auf nen Quickie im Schwesternzimmer bereit“, graulte Rae mit einer dämonenhaften Stimme.
„Süße, ich bin fünfzig, das Rendezvous in der Besenkammer könnte schwierig werden“, entgegnete Balthazar und seine Ex-Frau graulte weiter.
„Gib mir zehn Minuten, Junge, da willst du nicht dabei sein“, verstand Balthazar, was passierte und zog Luther am Kragen aus der Tür.
 
„Was machen die da?“, war Luther verwirrt.
„Rae übernimmt die sexuelle Energie von Angel, das ist Rae damals nach der Geburt von Angel auch passiert, da ihr ja keinen Sex haben dürft in den nächsten Wochen ist das die einzige Lösung. Ihre Mutter hat es damals bei ihr gemacht. Ich weiß nur nicht, ob ich das jetzt machen kann, ich kann ja keine Pillen nehmen wegen meinem Herzen“, schien Balthazar etwas überfordert und sah Luther fragend an.
„Auch wenn deine Ex eine wirklich heiße Frau ist, ich übernehm das nicht für dich“, murmelte Luther.
„Nein, natürlich nicht, wie kommst du darauf?“
„Gar nicht, hat nur grad so gewirkt. Du hast sie die letzten Jahrzehnte befriedigt, dann kriegst du es jetzt auch hin. Ich besorg dir schon mal eine Kochsalzlösung und nen Kaffee, das letzte Mal, dass es bei mir so war, musste bei mir der Arzt kommen“, sagte Luther ruhig und ging davon.
 
Als Luther ins Krankenzimmer seiner Freundin kam, schlief sein Sohn friedlich in seinem Bettchen, Angel weinte aber.
„Hey, Süße, was ist los?“, setzte er sich vorsichtig auf ihr Bett. Ihre Pupillen waren wieder golden, aber verweint, als sie ihn ansah.
„Ich hatte mich noch nie so wenig unter Kontrolle wie gerade eben. Das war so beängstigend!“
„Ich denke, bei deinem ersten Mal war es schlimmer“, schmunzelte er, sie sah ihn aber verärgert an.
„Sorry, nicht hilfreich. Deine Mom hat die Erfahrung, sie konnte dir doch helfen, oder?“
„Ja, konnte sie, es ist aber nicht fair, dass sie das jetzt durchmachen muss“, schniefte Angel.
„Dein Dad hat mir grad erzählt, dass ihre Mom es damals schon bei ihr gemacht hat, vielleicht machst du es mal bei deiner Tochter, könnte ja ne Familientradition bei euch werden“, neckte er sie.
„Sie hat das auch machen lassen müssen? Die ganze Zeit hat sie mir nichts davon gesagt“, bemerkte Angel beruhigter.
„Ist ihr vermutlich so peinlich, wie dir. Sie konnte dich nicht beim Aufwachsen unterstützen, sieh das als Widergutmachung. Und sonst, wie geht’s dir? Was hältst du von unserem kleinen Zauberer / Formwandler?“
„Er ist perfekt, aber ich denke, dass denkt jede Mutter von ihrem Kind. Er hat bis jetzt sein Geschlecht nicht geändert und hat sich auch nicht projiziert, ich nenn das nen guten Anfang. Tut mir leid, ich wollte nicht weinen, die blöden Hormone“, hatte sie sich beruhigt.
„Hey, ich war die letzten Monate auch bei dir, weiß ich doch“, sagte er sanft, erntete dafür aber wieder einen bösen Blick.
„Okay, ich halt die Klappe“, schmunzelte er, stand auf und nahm seinen Sohn auf den Arm, der wach geworden war.
 
Angel konnte schnell aus dem Krankenhaus entlassen werden. Sie wohnten inzwischen in einem Haus mit ihren Eltern und sie verstanden sich überraschend gut.
Ein paar Wochen später bestanden die Dewins auf eine Hexentaufe von Zaci, also planten die Frauen der Familie die große Sause.
„Hatte ich eine Hexentaufe?“, wollte Angel wissen, als sie mit ihrer Mutter Dekorationen bastelte.
„Ehrlich gesagt nicht, deine Großmutter, Balts Mutter wollte eine schwarze Taufe, aber das war mir echt zu viel Blut, was da vergossen werden sollte. Wir könnten deine Taufe ja zusammen mit Zacis machen, wenn du das willst. Du hast deine Kräfte ja auch erst bekommen, oder bessergesagt wiederbekommen“, entgegnete Rae.
„Kann ich mir überlegen. Warte, hast du grad Blut gesagt?“
„Blut ist einer der Hauptbestandteile von schwarzer Magie, gibt nen Grund, warum ich auf die helle Seite der Macht gewechselt bin. Dein Sohn hat Hunger“, kam Balthazar mit seinem Enkel an seine Brust gelegt an ihnen vorbei.
„Ich will eindeutig kein Blut bei seiner Taufe. Junge, du saugst mich echt aus, komm her“, legte sie ein Tuch auf ihre Brust und ihren Sohn darunter.
 
Mit dem Einfluss, den Angel jetzt auf den Hexenrat hatte, konnte sie diesen davon überzeugen, sie auch zu taufen.
 
Wieder in eine Robe gekleidet stand Angel an diesem Nachmittag mit ihrem Sohn auf dem Arm in einem mit Kreide gezeichneten Hexenzeichen in der Halle des Hexenrates. Sie war sehr nervös, schließlich war sie eine schwarze Hexe, was war, wenn die Mächte sie abwiesen?
„Die Hexenpaten sollen vortreten“, hörte sie plötzlich eine dunkle Stimme und schreckte etwas auf. Stella und Andrei, die sich für ihre Paten gemeldet hatten, traten vor.
Rae nahm ihren Enkelsohn und Angel trat zwischen ihre Kusine und ihren Cousin.
Diese banden Bänder an ihre Hände und verbanden sich mit dem Rest des Bandes auf beiden Seiten. Es wurden einige Sprüche auf Latein aufgesagt, ihre Hände zitterten.
„Welche Kräfte werden sie als dominante Kräfte anerkennen, die dunkle Lusano-Seite, oder die helle Dewin-Seite?“, sprach die dunkle Stimme wieder. Angel sah verwirrt in die Runde.
„Ich hab nur die Kräfte einer Hexenfamilie“, verstand sie nicht.
„Deine Familienkräfte wurden euch genommen aus Liebe zu einer Person, eure Schuld wurde gesühnt, wenn du deine Kräfte zurückwillst gehören sie dir“, bot das Ratsmitglied an.
„Ich kann eine volle Dewin werden? Was ist mit meinem Sohn?“
„Der würde bei seiner Zeremonie sie auch erhalten, wenn beide Eltern zustimmen“, erklärte er.
„Ich würde mich geehrt fühlen“, stimmte sie zu.
„Kniet nieder“, bat die Stimme und die drei knieten sich herunter.
 
Ein Leuchten umgab Angel und sie machte ihrem Namen alle Ehre. Ihre Mutter wollte sie umarmen, doch sie hielt sie auf Abstand.
„Das würde ich erstmal nicht tun, wenn du deine Kräfte nicht zurückwillst“, erklärte sie ihr.
„Als dein Ur-Ahne seine Kräfte aufgab, hat niemand weitergegeben, dass wir unsere Kräfte wiedererhalten könnten“, wusste Rae nicht genau, was sie zu dem allen sagen sollte.
„Willst du deine Kräfte etwa auch wieder?“, wunderte sich Angel.
„Hölle nein, ich bin zu alt um neu zu lernen, aber ich freue mich, dass meine Tochter und mein Enkel die Dewin-Kräfte wieder weitervererben können. Das alles kam nur überraschend“, erwiderte Rae.
„Für mich auch, glaub mir. Glaubst du, es war richtig, für Zaci diese Entscheidung zu treffen?“, wollte sie wissen.
„Ja, wenn er später nicht mehr will, kann der Rat das immer noch ändern. Das ist ein Tag für eine Party, lass uns gehen“, entgegnete Rae.
 
„Du hast es ihr immer noch nicht gesagt? Sie killt dich, wenn sie es rausfindet“, bemerkte Balthazar, als er mit Luther ein paar Tage nach der Taufe vor der Glotze saß und Football sah.
„Ich will allein zu ihm hin, wird nur schwierig werden mit nem Hellseher um sie herum“, entgegnete Luther trocken.
„Ich würde sie dazu belügen, wenn du das willst“, kam PJ mit einem Bier in der Hand auch zu ihnen und setzte sich lässig zwischen die beiden.
„Fuck, hab vergessen, dass du auch hier bist. Nichts für ungut, aber du bist ein echt mieser Lügner“, erwiderte Luther und starrte auf PJs Bier.
„Tut mir leid, soll ich hier nicht trinken?“
„Nein, ich sollte mich wieder in einer Klinik einweisen lassen, wenn ich es nicht ertragen könnte, wenn neben mir einer trinkt“, konterte Luther cool.
„Ich weiß, ich red eigentlich eher mit Balt, er ist der jüngere Nicht-Trinker hier“, bemerkte PJ.
„Nein, alles gut. Er sollte es ihr verdammt nochmal sagen, es ist doch nichts Schlimmes. Ja, du stammst von einer mächtigen bösen Hexenfamilie ab, buhu, ich auch, du musst nicht mal aktive Kräfte zurückhalten, wie ich, sie ist meine Tochter, also muss sie das auch. Sie wird das verstehen!“
„Granny Glinda hat den Blutsauger gevögelt“, warf PJ ein.
„Danke für die Erinnerung, ich weiß, dass mit den Magiks längst, ich hab die Unterlagen vom Krankenhaus mitbekommen, zusammen mit den Bluttests. Hab mich schon gefragt, wann du endlich damit rausrückst“, hörten sie eine Stimme.
„Ich werde echt langsam alt, hab vergessen, dass du in der Warteschleife auf dem Display bist“, sagte Luther und trennte das Display, auf dem sie Football sahen. Angels Gesicht erschien.
„Ja, wirst du. Wir werden zu ihm gehen, zusammen“, sagte sie ernst.
„Ja, Ma’am. Ich leg jetzt auf und schau das Spiel mit den Jungs fertig, okay?“, fragte er kleinlaut.
„Kannst du, ich werde versuchen Kaz irgendwie zu erreichen, diesmal gehen wir aber mit der ganzen Vampirjäger-Gang“, erwiderte sie und verschwand vom Display.
 
Mit sechs Dewins, seiner Freundin und mit einem Holzpflock in der Hand saß Luther eine Woche später en dem Kofferenztisch im Vampir-Jäger-Büro. Am Tischende saß Kaz. Der uralte Vampir mit dem Gesicht eines fünfzehnjährigen Jungen wirkte fast verloren.
„Wollt ihr mein Rezept für Blutpudding, oder warum bin ich hier?“, fragte er unsicher scherzend.
„Es ist wirklich ein bisschen Overkill, Jungs, lasst uns drei allein, ihr seid ja hier gleich in der Umgebung“, bat Angel die anderen zu gehen.
„Bist du sicher?“, fragte Andrei.
„Du hast gesehen, was ich kann, ich bin sicher. Ich schrei, wenn wir was brauchen“, erwiderte sie.
„Gut, ihr habt die Lady gehört, wir sollten eh mal wieder trainieren“, bat einer der Jäger und sie ließen sie allein.
 
„Auch wenn ich die Unendlichkeit Zeit habe, kommt mal auf den Punkt. Warum bin ich hier?“, war Kaz ungeduldig.
„Ich hab Magik-Blut in mir“, kam Luther auf den Punkt.
„Ja, ich weiß, ich riech es an dir. Soll das jetzt ne Familienzusammenführung werden, oder was?“, fragte Kaz cool.
„Kaz, ich hab dein Leben verschont, also benimm dich, bevor ich das noch nachhole“, drohte sie ihm und formte einen Feuerball.
„Du kannst mich nicht mehr töten, du bist jetzt eine Vermittlerin“, entschied er.
„Mist, wusste doch, dass die Sache einen Haken hat. Luther hat nur keine Familie und will Verwandte finden, also sei nett“, löschte sie den Feuerball.
„Ich hab keinen Kontakt mehr zu meiner Familie seid meiner Verwandlung, die wissen nicht, dass ich noch lebe, na ja, alle die mich kannten sind wohl jetzt alle tot“, schien Kaz seine coole Fassade für einen Moment abzulegen.
„Ich bin nicht tot. Auch wenn du keinen Kontakt zu ihnen hast, weißt du, wo ich sie finden kann?“, wollte Luther wissen.
„Bukarest, frag einfach nach der brutalsten, kriminellsten Familie, dann findest du sie“, bemerkte Kaz trocken.
„Okay, passe. Ich wollte das ja eigentlich auch nur für meinen Sohn. Danke fürs Kommen, du kannst wieder gehen“, sagte Luther enttäuscht.
„Es ist schön, nach so vielen Jahren wieder mit einem Familienmitglied zu reden“, blinzelte wieder die letzten Reste von Kazs Menschendasein hervor.
„Ebenso. Ich hoffe, wir können in Kontakt bleiben, irgendwie. Hast du ein Telefon, oder so?“
„Ja, hab ich, ich geb dir die Nummer. Wenn du eines Tages mal zu den Magiks gehen willst komm ich mit, wenn du willst!“
„Das wäre nett, danke!“
„Sag keinem, dass ich nett bin, hab nen Ruf zu verlieren“, schrieb Kaz eine Nummer auf und ging davon.
„Tut mir leid, dass deine Familie nicht das ist, was du erwartet hast“, beugte sich Angel über die Stuhllehne hinweg mit ihrem Kinn auf seine Schulter.
„Tja, keine Familie ist perfekt, zumindest weiß ich jetzt, wer sie sind und kann das Zaci weitergeben. Was hältst du davon, wenn wir beide mal zusammen ausgehen? Wir sollten ausnutzen, dass deine Mom Zaci hat“, schlug Luther vor.
„Das klingt nach einer wunderbaren Idee, lass uns gehen“, bemerkte sie und zog ihn auf die Beine.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

 
Ein paar Monate später nahm Kaz, Luther nach Bukarest mit. Angel kam auch mit, ließ Zaci aber bei ihrer Mutter, da sie nicht wusste, wie seine Familie auf das neue Familienmitglied reagieren würde.
„Man, so eine schöne Stadt, warum kann unsere Familie nicht eine nette Familie von Bäckern sein?“, fragte Luther, als sie zu dritt durch die schönen Gassen Bukarests gingen.
„Tja, man kann sich die Familie nicht aussuchen. Ist schon fast hundert Jahre her, dass ich hier war, die Stadt hat sich nicht viel verändert. Seid ihr bereit?“, fragte Kaz, als er bei einer Seitentür angekommen war. Luther nahm Angels Hand.
„Ist man je bereit für sowas?“, fragte Luther.
„Man, kannst du den Philosophie-Mist lassen? Ich bin nervös genug“, murmelte Kaz und klopfte. Ein älterer Mann kam zum Vorschein. Er sah aus, als würde er die drei mit einem Schlag vernichten können, doch Kaz zeigte ihm ein Tattoo.
„Sorry, Junge, wir sind so viele, da kann man nicht alle im Kopf haben, komm rein“, bemerkte der Mann auf Rumänisch und ließ sie rein.
 
Eine Gruppe Männer aus allen Altersgruppen verbargen sich hinter der Tür. Sie spielten altmodisch Karten und sahen von ihrem Spiel auf, als die drei ihnen fremden Personen eintraten.
„Du lässt einen Blutsauger hier rein?“, sprang einer der Magiks plötzlich auf.
„Er hat das Tattoo“, verteidigte sich der alte Mann.
„Ein Tattoo kann man fälschen, alter Mann. Er ist so jung, man, die Blutsauger haben echt keinen Respekt, die beißen alles, was ihnen vor die Fangzähne läuft“, musterte der Zauberer, Kaz.
„Dir ist schon klar, dass ich vermutlich schon mit deinem Großvater hier Karten gespielt haben könnte? Hab ich nicht, hätte ich aber machen können. Ich bin über 100 Jahre alt, also sei nicht so respektlos“, bemerkte Kaz cool. Er wirkte so viel älter im Verhalten, als es mit seinem jugendlichen Aussehen den Anschein hatte.
„Mit der Klappe kann er nur ein Magik sein. Wenn du versprichst, hier niemanden zu beißen, bist du willkommen. Wer sind deine Freunde?“
„Angel Lusano, aus der Dewin-Familie, und das ist Luther, er hat festgestellt, dass er mit uns Magiks verwandt ist und wollte euch kennenlernen. Er ist ohne seine Familie aufgewachsen, so wie ich auch, aber ich habe meine Wurzeln erkunden können, hab ja in den letzten Jahrzehnten nicht viel anderes zu tun“, erklärte Kaz seinem Verwandten. Der Mann ging weiter zu Luther.
„Er ist nen Amerikaner“, sagte er auf Rumänisch.
„Er spricht Rumänisch“, sprach Luther ihn auf Rumänisch an.
„Auch ne Klappe wie ein echter Magik, wie mir scheint. Kleines, du bist eine Dewin? Weiß deine Jäger-Familie, dass du mit einem Blutsauger herumreist?“, fragte der Mann jetzt Angel.
„Ja, unsere Familie hat ihn damals verwandelt, wir haben auch einmal Magik-Kräfte gehabt, ich weiß das aber nur vom Hörensagen. Wir konnten nicht damit umgehen. Ich bin aber jetzt selbst eine schwarze Hexe, ich könnte vermutlich jetzt damit umgehen. Meine Dewin und meine Lugano-Kräfte reichen mir aber“, erwiderte Angel.
„Ihr habt eure Dewin-Kräfte wieder?“, hatte der Mann plötzlich Respekt.
„Ich hab sie bei meiner Hexentaufe wiederbekommen, lange Geschichte, ist noch nicht so lange her. Ich kann mich aber verteidigen, wenn du das Wissen willst. Ich bin auch noch ne Dämonin“, gab sie etwas an und verwandelte sich in ihr Gegenüber.
„Das ist so unfair, ihr habt uns unsere Kräfte genommen und jetzt hast du Kräfte von zwei Familien?“
„Was? Ihr habt keine Kräfte?“
„Äh, duh! Graf Dracula hier hat sie weggegeben“, begann der Typ auf Englisch zu reden.
„Gut, ihr sprecht meine Sprache, mein Rumänisch ist noch ausbaubar. Du hast die Kräfte deiner Familie weggegeben?“, drehte sich Angel zu Kaz.
„Ich war 15 damals, ich hab nen Zauber gekannt, aber nicht studiert, die Gabe war ein Geschenk an euch, dass ihr mir das Leben gerettet habt“, erklärte er ihm.
„Was für einen Zauber hast du damals verwendet?“
„Das ist über hundert Jahre her, keine Ahnung!“
„Nen Blutzauber“, sagte ein anderer Magik.
„Blut war involviert, aber ich war angeschossen worden damals, Blut war überall. Ich dachte, ich sterbe, ich wollte die Kräfte nicht verschwinden lassen. Ich wurde adoptiert, ich wusste nicht, dass ich so eine große Familie hatte“, erwiderte Kaz entschuldigend.
„Blutzauber können nur durch den Tod des Zauberers gebrochen werden“, erklärte der Magik.
„Oh, das erklärt, dass eure Kräfte noch nicht zurück sind. Dann hab ich wohl endlich einen Grund“, sagte Kaz nachdenklich.
„Du wusstest es“, realisierte Luther plötzlich und drehte sich zu seinem Ahnen.
„Ich hab ihnen ein Jahrhundert ihre Kräfte verwehrt, es ist nur fair, dass sie mich töten können“, sagte er ruhig und mit sich im Reinen.
„Nein, du wirst das nicht machen. Ich hab damals nicht dein Leben verschont, dass du das jetzt machst!“, mischte sich Angel ein.
„Es ist gut, er hatte ein langes Leben“, griff Luther ein.
„Du willst deine Kräfte wieder“, sagte Angel kritisch.
„Ich hatte meine Kräfte noch nie, da hab ich kein Interesse dran. Er hat seine große Liebe vor so langer Zeit verloren, er will wieder mit ihr zusammen sein, ich verstehe das“, erklärte er.
„Danke“, bedankte sich Kaz bei Luther.
„Das kann nicht euer Ernst sein. Wir reden hier von Mord“, schimpfte Angel.
„Du musst da nicht mitmachen, aber denk daran, was deine Urgroßmutter denken würde, wenn du mir das verwehrst. Mein Vampir-Vater hat Selbstmord begangen, das will ich nicht. Ich weiß, dass sie irgendwo auf mich wartet“, bat Kaz.
„Macht was ihr denkt, ich bin raus“, verschwand Angel plötzlich ins Nichts.
„Man, ich hasse, wenn sie das macht. Ich mag dich nicht, Kaz, aber ich mach das für dich. Wir sind Familie, irgendwie. Wo soll ich auch sonst hin, sie hat mich hierhergebracht“, versprach Luther ihm.
„Sie wird das nicht mögen“, riet Kaz ihm.
„Mir egal. Ne Ahnung, wie du sterben willst?“, wollte Luther neugierig wissen.
„In meiner Zeit gab es eine Serie, wo unsterbliche nur mit Kopf abhacken sterben konnten, das will ich“, erklärte er ihm.
„Du hast dir echt schon Gedanken darüber gemacht!“
„Hab schon ein langes Leben gelebt, da kommt man auf einige Ideen. Danke, dass du mich damit unterstützt, ich kann sonst keine Wesen um Hilfe bitten. Meine Vampir-Freunde würden es nicht verstehen“, bedankte sich Kaz.
„Du solltest es ihnen aber sagen, sie werden noch eine lange Zeit um dich trauern, da brauchen sie einen Abschied“, erklärte er ihm.
„Ich werde es hier machen, da können sie nicht dabei sein“, bemerkte Kaz.
„Wir sind magische Wesen, das würden wir hinkriegen!“
„Ich will sie nicht dabeihaben, okay? Sie sollen denken, dass ich getötet wurde, mehr nicht“, murrte Kaz mit einem typischen Vampir-Raunen.
„Okay, ist deine Sache. Man, schade, dass ich nicht mehr trinke, ich könnt jetzt nen Bier vertragen!“
„Wir haben auch alkoholfreies Bier“, schlug einer der Magiks vor.
„Nein, Dankeschön. Ich glaub, meine Freundin kommt nicht mehr zurück, dann könnt ihr mir ja mal was über unsere Familie erzählen“, plante Luther.
Schreie und Rauchschwaden hallten durch die Trainingshalle der Jäger-Firma.
„Kann man dir irgendwie helfen?“, eilte Andrei in die Trainingshalle. Seine Kusine flambierte und schrie den Vampir-Dummy an.
„Das kann er nicht machen“, schrie sie.
„Ich hoff mal, dein Lebensgefährte lebt noch“, hielt er ihre Hände fest und sie nahm sie herunter.
„Noch. Ich kann nicht glauben, dass er sich auf seine Seite stellt“, schnaufte sie. Durch den Qualm, der um sie herum war, sah sie aus wie die Drachen-Dämonin, die sie war.
„Ich brauch etwas mehr Kontext hier. Lass uns in den Pausenraum gehen“, zog er sie, während er ihre Hände festhielt, einen Raum weiter. Während sie Andrei alles erzählte, beruhigte sie sich langsam.
„Hey, wenn er sterben will, soll er zu mir kommen, ich hab mir in Gedanken schon ein halbes Dutzend Mal überlegt, wie ich ihn töten wollen würde, seit das mit dem Restaurant damals war“, konterte Andrei und spielte mit einem Holzpflock in der Hand herum.
„Ein Dewin tötet einen Magik, das wäre echt noch was, nein, das lässt du schön. Ich weiß nicht, warum ich so sensibel auf das Thema reagiere. Vielleicht weil er die einzige Verbindung zu meinen Ahnen ist, ich hätte Glinda gern kennengelernt“, bemerkte sie und rieb sich müde die Augen.
„Sie hat ihn nie geliebt“, hörte sie plötzlich eine Stimme aus der Küchenzeile. Es war Andreis Vater Valentin.
„Du kanntest sie?“, kam Angel zu ihm hin.
„Ja, sie hat mich ausgebildet zum Vermittler, aber nach Andreis Geburt ist das irgendwie eingeschlafen. Wir sind uns sehr nah gekommen damals, wir haben uns alles erzählt, sie hat mir von Kaz erzählt, ich war neugierig, wie es ist, mit einem Vampir zusammen zu sein. Sie sagte, es war nur eine Highschool-Romanze. Er hat ihr lange nachgetrauert, aber Glinda war weitergezogen und hat ihre große Liebe gefunden. Wenn er sterben will, lass ihn doch, die Zeiten der Vampire in Rumänien ist eh gezählt. Dein Sohn wird eine neue Generation der Magiks einläuten. Warte, wird der Kleine auch noch Magik-Kräfte bekommen?“
„Wenn Kaz tot ist, vermutlich, er hat damals einen Blutzauber ausgesprochen, haben wir grad festgestellt!“
„Das erklärt, warum die Magiks schon so lange keine Kräfte mehr haben. Wir haben immer gedacht, es wäre irgendwas in der Familie vorgefallen, aber jetzt wissen wir es. Diese Kräfte müssen verschwunden bleiben. Deine schwarzen Lugano-Kräfte sind Kinkerlitzchen gegen die schwarzen Kräfte der Magiks. Glinda hatte sie auch für eine Weile, sie ist fast zur dunklen Seite gewechselt. Luther wird sie auch bekommen, wenn das so kommt, ich hoffe, das weißt du!“
„Ja, ich weiß, deshalb flippe ich auch so aus. Diese schwarzen Magie-Kräfte sind nicht leicht unter Kontrolle zu halten“, dachte sie laut nach.
„Wenn er sie nicht will, kriegen wir das sicher irgendwie unterdrückt. Wir haben drei Generationen von Dewins hier, irgendeiner von uns hat da sicher einen Spruch parat. Du solltest ihn nur nicht allein dort lassen“, entgegnete Andrei.
„Du hast Recht, danke für das Gespräch. Ich bezahl den Dummy, versprochen“, stand sie wieder auf.
„Bitte, wir sind Hexen, das kriegen wir hin. Jetzt geh“, bat Valentin und sie verschwand.
Nachdenklich lehnte Luther am Fenstersims des Magik Hauses, als seine Freundin zurückkam. Er zuckte zusammen.
„Fuck, wir müssen dir ne Klingel oder so umhängen“, fluchte er.
„Untersteh dich. Ist er…?“, fragte sie.
„Tot? Nein, noch nicht. Ich will ihn damit unterstützen, ich weiß, es ist dämlich, ist aber so“, sagte er nur.
„Ich bin auch dabei“, erklärte sie ihm.
„Wirklich?“
„Ich hab darüber nachgedacht, wie es bei mir wäre, wenn ich ein Jahrhundert ohne dich leben müsste. Es wäre furchtbar für mich“, umarmte sie ihn fest.
„Auch wenn ich denke, dass Kaz eher in der Hölle schmort für alles, was er meiner Familie angetan hat, wäre es ein tröstlicher Gedanke, wenn er Ruhe findet“, bemerkte sie.
„Dir ist schon klar, dass ich hier bin, oder?“, hörten sie Kaz von einer Ecke des Raums aus.
„Dem verpass ich auch ne Klingel. Sie hat nicht ganz unrecht, ich habe so einiges über dich gehört. Aber ich werde dir trotzdem helfen. Ich werde aber diese Kräfte nicht annehmen, ich kenne über ein Dutzend Hexen, die werden sicher irgendeinen Blockade-Zauber haben. Ich bin ein Formwandler, kein Hexer!“, entschied Luther.
„Wenn er weg ist, hast du nochmal zwei Dutzend Hexen, die dir da helfen können. Wir werden unsere Kräfte wiederhaben, aber wir wollen keine schwarzen Hexen mehr sein. Ihr Luganos habt uns überzeugt, dass es besser geht“, mischte sich einer der Magiks ein.
„Das ist so rührend und so gelogen, aber es ist der Gedanke, der zählt. Wäre schön, wenn ihr brav bleiben würdet, aber ich bin selbst eine schwarze Hexe, das ist verdammt anstrengend“, bemerkte sie nachdenklich.
„Du bist eine Vermittlerin, du kannst uns da sicher helfen!“
„Ich bin eine junge Mutter und hab nen Vollzeit-Job und ach ja, beim letzten Versuch der Vermittlung hab ich ein halbes Dutzend Vampire vaporisiert, mein Talent als Vermittlerin ist eher so meh, auch wenn ich den Armreif trage“, spielte sie mit ihrem Armband herum.
„Die haben dich dazu bestimmt, sie glauben so vermutlich an dein Talent“, ermunterte Luther sie.
„Warte, ihr habt nen Kind. Ist es seins?“
„Ich hoff’s mal sehr, sonst hätte ich echt ein Problem. Eine neue Generation Magiks, die habt ihr sicher auch hier!“
„Aktuell nicht, ich bin der letzte geborene Magik in Budapest und ich bin 24 Jahre alt. Ist es ein Junge, oder Mädchen?“
„Junge, er heißt Zaci“, erzählte sie stolz.
„Zaci wird auch ein Magik werden, wenn das hier vollbracht ist“, stellte er klar.
„Ja, ich weiß, nichts gegen euch, aber er hat schon einen schwarzen Zauberer in sich, ich werde seine Kräfte auch blockieren!“
„Ich hab zwar nie magischen Unterricht gehabt, aber man kann sich nicht aussuchen, welche Kräfte man blockiert und welche nicht, oder?“, fragte Luther. Kaz und sein entfernter Verwandter nickten gleichzeitig.
„Dann machen wir das nicht. Mein Sohn wird kein schwarzer Zauberer“, sagte Angel ernst.
„Ich will ja nichts sagen, aber dein Vater ist auch einer und er scheint klar zu kommen“, und rein technisch ist Zaci schon ein schwarzer Zauberer von Geburt an“, entgegnete Luther.
„Er ist im Prozess “gut“ zu werden fast an Alkoholismus gestorben und hat seine Frau im Prozess verloren, klarkommen nenn ich anders!“
„Wir werden ihm mit 18 selbst die Wahl geben. Wenn wir beide Kräfte haben, können wir bis dahin sicher alles tun, um ihn zu kontrollieren“, entschied Luther.
„Du willst diese Kräfte, oder?“, realisierte sie.
„Ich bin der einzige von euch ohne Kräfte, ich will zu eurer Familie dazugehören“, gestand er ihr.
„Du gehörst zu unserer Familie. Du bist ein Formwandler, so wie wir. Das reicht mir, das ist, was ich an dir liebe“, konterte sie.
„Okay, es wird langsam hell, lass uns dir einen Schlafplatz finden“, bat der Magik, Kaz zu gehen und sie ließen das Paar allein.
 
Die Sonne war schon lang aufgegangen, als die beiden auf einer alten Bank saßen und sich unterhielten.
„Warum hast du mir nie gesagt, wie du fühlst?“, fragte sie ihn.
„Ich hab Angst, dass du mich verlässt, wenn du merkst, wie unbedeutend ich in allem hier bin!“
„Unbedeutend? Du bist der Mann, der für die Wiederpopulation von uns Wandlern verantwortlich bist. Uns Hexen gibt es zu Hauf, Wandler sind wie Einhörner. Wir sind alles andere als unbedeutend“, nahm sie sanft seinen Kopf in ihre Hände.
„Wie viele Kinder willst du haben, sag mal?“, schmunzelte er sanft und küsste sie.
„Ich bin jung genug, so 10, oder so?“, witzelte sie.
„Reden wir nochmal darüber, wenn Zaci dann mal durchschläft. Ich vermiss den Zwerg. Bringst du mich zu ihm? Ich will ihn nochmal in den Armen halten, bevor das heute Nacht passiert“, bat er. Sie legte ihren Arm um ihn und verschwand mit ihm.
„Nein“, sagte Rae nur, als ihre Tochter ihr von den Plänen in Bukarest erzählte.
„Ich wollte eigentlich keine Zustimmung von dir, das wird passieren, wollte es dir nur erzählen“, konterte Angel.
„Ange, das wird böse enden!“
„Deswegen werdet ihr mitkommen. Wir sind stärker als die, das wird gutgehen!“
„Na toll, jetzt sind wir erstmal vor den Hexenjägern sicher und dann wollt ihr sowas abziehen. Wir werden nicht alle schicken, du bleibst hier, du bist Mutter!“
„Wir Frauen sind fast alle Mütter, ich werde an Luthers Seite stehen. Ich weiß, wie ich fast verrückt geworden bin, als ich meine Kräfte entdeckt habe, er soll das nicht allein durchmachen!“
„Mir war gar nicht bewusst, wie schlimm es dir damals ging, es tut mir so leid, dass ich so spät für dich da war“, bemerkte Rae traurig.
„Du warst da, das ist, was wichtig ist. Du musst mir auch mit Luther helfen. Diese schwarzen Kräfte sind unberechenbar. Gibt es Aufzeichnungen von der Zeit, in der wir Magik-Kräfte hatten?“, wollte sie wissen.
„Weiß nicht, ich kanns aber rausfinden. Ihr wollt das wirklich machen, was?“
„Ich nicht, aber es scheint Luther sehr wichtig zu sein und ich liebe ihn, also bin ich dabei“, entschied sie.
„Dann bin ich auch dabei. Deinen Vater lassen wir aber erstmal da raus, weiß nicht, wie er reagiert. Wo ist Luther eigentlich?“, wollte Rae wissen.
„Er wollte bei seinem Sohn sein“, bemerkte sie und sie gingen zusammen ins Kinderzimmer. Luther schlief auf dem Bett, Zaci schlief auf seinem Bauch.
„Ich weiß gar nicht, wie ich so viel Glück verdient habe“, war Angel gerührt von dem Anblick.
„Dein Leben war hart, du hast es voll und ganz verdient. Wir kriegen das hin mit den Kräften, wir sind Luganos, schwarze Magie ist doch nichts“, sagte Rae plötzlich.
„Danke, dass du für mich da bist!“
„Bis ich meinen letzten Atemzug tue, werde ich für dich da sein“, versicherte Rae und umarmte ihre Tochter.
 
Die Sonne ging unter. Luther und Angel standen Hand in Hand in einer Gruppe Menschen. Vom Aussehen her schienen sie alle Magiks zu sein. Wie Wachpersonal patrouillierten die Dewins um das Gebiet herum.
„Muss das sein?“, fragte ein älterer Magik, Angel.
„Wir Dewins wollen nur sicher gehen, ich bin die Mediatorin, sie hören alle auf mich“, versicherte sie ihm.
„Du bist so jung“, war der Magik kritisch.
„Du weißt gar nicht, wie jung ich bin“, verwandelte sie sich in eine ältere Frau.
„Bist trotzdem noch süß“, schmunzelte Luther.
„Dreckiger Dämon“, sagte der Magik plötzlich. Luther ließ die Hand seiner Freundin los, stellte sich vor den Magik und verwandelte sich in sein Gegenüber.
„Ich könnte dich in ziemlichen Ärger bringen, alter Mann, also sei still“, sagte Luther und der Magik suchte das Weite.
„Unbedeutend, von wegen, du bist ein Rockstar, Loverboy“, verwandelte sich Angel zurück.
„Danke, Süße. Heiratest du mich, wenn das alles hier geklappt hat?“, fragte er plötzlich.
„Aber sowas von“, verwandelte sie sich zurück und küsste ihn leidenschaftlich.
 
Angel vergrub ihr Gesicht an die Brust ihres Verlobten, als das Schwert Kaz köpfte. Sie konnte kaum glauben, dass sie das zuließ und sogar zusah. Langsam verfiel Kazs Körper zu Staub. Sie schluchzte leicht.
„Es ist vorbei“, sagte Luther und küsste ihren Kopf.
„Fühlst du dich anders?“, wollte sie wissen. Er verneinte es, doch plötzlich stöhnte er. Seine Augen wurden pechschwarz.
„Geh“, stöhnte er.
„Nein, ich bleibe“, umklammerte sie ihn fest. Er graulte, schrie, schimpfte und sackte dann zu Boden. So erging es auch einem Dutzend anderer Magiks. Die Dewins, die eigentlich zur Sicherheit da waren, wirkten so als Ersthelfer.

Vierundzwanzigstes Kapitel

 
„Er öffnet die Augen“, weckte Rae ihre Tochter. Die saß mit ihrem Sohn in einem Krankenzimmer in Bukarest.
„Fuck, nen Kater ist nichts dagegen“, fluchte Luther benommen. Seine Augenfarbe war wieder normal, er war aber ziemlich groggy.
Rae nahm ihren Enkel auf den Arm und Angel ergriff Luthers Hand.
„Wie geht’s dir?“, fragte sie sanft.
„Als hätte ich den schlimmsten Kater meines Lebens, aber mordlustig bin ich nicht, wenn du das Wissen willst“, erwiderte er.
„Du hast mich ganz schön erschreckt“, sagte sie nur.
„Ich mich auch. Was ist mit Zaci?“, sah er zu seinem Sohn.
„Er hat ziemlich viel geweint, aber er hat seine anderen Kräfte auch noch nicht, wir werden sehen. Ich hab ihn schon zweimal gestillt, war für ihn auch anstrengend. Die Magiks haben es anscheinend alle überstanden. Na ja, außer Kaz. Jemand hat seine Asche aufgesammelt, wir wissen nicht, ob wir ihn beerdigen sollen, er hat nicht darüber gesprochen“, schien Angel fertig zu sein.
„Das werden wir rausfinden. Du gehörst aber ins Bett, wir kommen hier klar“, bat Rae ihre Tochter.
„Nein, ich bleib hier, bei ihm“, murmelte Angel müde.
„Süße, geh, deine Mutter wird sich gut um mich kümmern“, bat auch Luther.
„Du meldest dich sofort, wenn was ist“, bat Angel und nahm ihren Sohn.
„Natürlich. Schlaf dich erstmal aus“, entgegnete Rae und Angel verschwand.
 
Sie hatte gute 11 Stunden geschlafen, als sie verknautscht aufwachte. Zaci war nicht mehr in seinem Bettchen. Panisch eilte sie vor die Tür. Andrei saß mit ihrem Sohn vor ihrem Zimmer, beide schlafend.
„Oh, Andy, du wirst mal ein toller Dad werden“, sagte sie sanft und nahm ihren Sohn. Andrei schreckte auf und zückte einen Pflock.
„Ganz ruhig, Van Helsing, ich bin’s nur. Bist du jetzt zu meinem offiziellen Bodyguard aufgestiegen?“, fragte sie keck.
„Scheint so. Gut geschlafen?“
„Nur aus Erschöpfung, waren lange zwei Tage. Hat meine Mutter sich gemeldet?“
„Sie ist mit deinem Freund auf dem Heimweg, ihm geht’s gut“, erklärte er.
„Er ist mein Verlobter“, erwiderte sie.
„Ihr habt euch verlobt?“
„Gestern, ja, ist aber noch nicht so offiziell, also erzähl’s nicht weiter. Ich komm hier klar, geh“, bat sie erschöpft.
„Ich koch dir erstmal was. Du hast Zaci vier Mal gestillt in zwölf Stunden, du brauchst Energie“, plante Andrei.
„Meine Mutter gibt einfach zu viele Informationen preis, leider hat sie aber recht. Das Problem ist nur, du kannst nicht kochen. Ich bestell was. Alle Dewins auch wieder vollzählig?“
„Ja, Ma’am, alle heil und vollzählig. Den Magiks geht es auch allen gut, falls du dich fragst. Sie gehören bald auch zu deiner Familie. Das hast du nicht bedacht, was?“, fragte Andrei cool.
„Oh, mein Sohn braucht eine neue Windel, dir wurde sicher gesagt, du sollst alles für mich machen“, murmelte sie und gab ihm das Baby zurück.
„Das hab ich verdient. Bestell du was zu essen, ich mach Zaci sauber“, sah er es ein und ging ins Kinderzimmer.
 
Sie waren beim Frühstücken, als Rae mit Luther zurückkam. Er sah aus, als wäre er durch die Hölle gegangen, aber sein liebevolles Lächeln war immer noch geblieben.
„Hey“, begrüßte sie ihn mit einer festen Umarmung.
„Sorry, dass wir so spät sind. Ich musste noch was besorgen“, ging er vor ihr auf die Knie. Der Ring war schlicht und mit wenig Bling, genauso, wie sie es sich für einen Ring gewünscht hatte. Ihr erster Verlobungsring war viel zu protzig gewesen. Sie wusste nicht, ob es die Anstrengung der letzten Tage war, aber sie begann zu weinen.
„Falscher Moment?“, fragte er unsicher.
„Nein, der Moment ist perfekt“, nahm sie den Ring.
„Aber der Ring nicht?“
„Der ist auch perfekt. Ich kann es kaum erwarten, deine Frau zu werden“, zog sie den Ring an und er hob sie hoch und küsste sie.
 
Nach und nach erhielten alle Magiks ihre bestimmten Kräfte. Da die Dewins sozusagen geholfen hatten, dies zu gewährleisten, machten sie einen Friedensvertrag zwischen den Familien um eine gute Zukunft für die nächste Generation zu gewährleisten. Sie beerdigten Kazs Asche auf einem Anwesen der Magiks. Seine Eltern waren dort auch schon beerdigt worden.
 
Am Vorabend von Luther und Angels Hochzeit saß die junge Generation der Magiks, der Dewins und ihre und seine Freunde zusammen.
„Wir sind jetzt so eine gewaltige Macht, wir könnten es voll mit den Hexenjägern aufnehmen“, gackste Andrei betrunken.
„Stimmt“, stimmte Raven zu.
„Dann sollten wir es tun. Wir haben auch noch einige hundert Wesen- und Hexenfreunde, die uns was schuldig sind. Mit deren Hilfe sind wir eine Übermacht“, mischte sich Nevan ein. Er war seit einiger Zeit mit Raven zusammen und tat alles für sie.
„Ihr habt zu viel getrunken“, sah das Stella kritisch.
„Ich bin nüchtern, finde es trotzdem ne gute Idee“, bemerkte Luther.
„Ihr Frischlinge währt dann aber nicht dabei“, ermahnte Angel ihn. Sie trank auch nichts.
„Ohne die Frischlinge wäre es aber wie zuvor. Sie sind verdammt mächtig und wir werden sie trainieren“, entschied Andrei.
„Sie sind zu unerfahren, ich möchte nicht im ersten Jahr meiner Ehe schon Witwe werden“, murrte Angel.
„Wirst du nicht, wir Dewins sind die Vor-Front, die Magiks kommen danach und die Wesen als letztes“, entschied PJ.
„Wir sind genauso stark wie ihr“, raunzte Nevan.
„Das ist nur theoretisch, Nev, beruhig dich!“, bat Angel.
„Eigentlich ist das keine schlechte Idee, wir haben lang genug unter der Herrschaft von Maschinen gelebt. Für Ofelia, Zaci und all die anderen Kids, die leben wollen, wo sie wollen, ohne Angst zu haben“, kam Rae zu den jungen Leuten.
„Du findest das gut?“, fragte Angel ihre Mutter kritisch.
„Sie haben mir dich weggenommen, willst du, dass das Zaci auch passiert, nur weil er ein Hexer ist?“
„Er ist auch ein Dämon, aber ich versteh, was du meinst. Okay, aber wenn wir das tun, machen wir das im Partner-Modus. Ein Frischling mit einem Experten“, bemerkte Angel planend.
„Wer bist du in diesem Szenario?“, fragte P.J.
„Ich bin kein Frischling mehr“, moserte sie.
„Aber auch kein Experte. Du wirst zusammen mit P.J. angreifen“, forderte Rae.
„Ich hab meine Kräfte vermutlich öfters benutzt als er“, moserte sie.
„Okay, dann machen wir ein Zauber-Off. Wir müssen eh trainieren, ich schlag vor, wir reisen in das Studio meiner Großmutter in Irland nach der Hochzeit, dann können wir trainieren. Ich schicke keiner meiner Schützlinge ohne genug Training in die Schlacht“, bemerkte Rae. Auch wenn sie keine Vermittlerin mehr war, sah sie sich trotzdem noch als die “Mutter“ von Wesen und Hexen.
„Ja, Ma’am“, stimmte Angel murrend zu.
„Gutes Mädchen. Jetzt ab ins Bett, die Braut will ja nicht aufgedunsen aussehen, morgen“, bemerkte Rae.
„Ich bin eine Formwandlerin, ich kann mich verändern, wie ich will morgen. Ich will mit meinen Freunden und Familie noch zusammensitzen“, sagte sie trotzig.
„Auch wahr. Dann noch viel Spaß“, ging sie zurück zu den älteren Hexen und Wesen.
 
In einem wunderschönen, langen Kleid schritt die wunderschöne Hexe über die Rosenblüten zum Altar. Sie war eigentlich kein großer Freund von Kitsch, aber da sie bei ihren ersten Hochzeitsvorbereitungen eine schlechte Hochzeit geplant hatte, sollte es nun beim richtigen Mann eine übertriebene sein.
„Du bist so wunderschön“, flüsterte Luther ihr entgegen, der im schlichten Leinenanzug auf sie am Altar traf.
„Das hoff ich mal, das war viel Arbeit“, schmunzelte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Und kein bisschen geschummelt“, schmunzelte er.
„Ich bin viel zu verkatert, für so was Anstrengendes, meine Mutter hatte gestern Recht, sag ihr das bloß nicht“, witzelte sie und nahm seine Hand. Der Hexenpriester legte das Band über beide Hände.
Bei der Zeremonie wurden ihre Kräfte angesprochen und Luthers Augen wurden kurz schwarz. Doch er bekam es schnell unter Kontrolle. Sie sah ihn stolz an.
„Alles klar?“, fragte sie und er nickte. Sie bat den Priester weiterzumachen.
Es war eine wunderschöne Hochzeit und genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte in ihrem Leben alles erreicht, was sie sich gewünscht hatte.
 
„Willkommen in Irland, Jungs und Mädels. Wer mich noch nicht kennt, ich bin Cronin, der Chef hier. Links von mir ist der Lagerarzt Moon, er ist ein Mensch, also benehmt euch in seiner Gegenwart. Eure Trainer sind Brutus und seine Mitarbeiter. Es wird hart. Für die ersten Wochen werden euch eure Kräfte genommen, bevor ihr euch beschwert, wir haben das alle mitgemacht, wir wollen eure körperlichen Kräfte trainieren, eure magischen kommen danach. Wer das noch nie erlebt hat, Muskelschmerzen sind was normales, Moon versorgt euch aber gern mit Cremes und andrem Zeug, was euch hilft. Es werden harte Wochen, doch am Ende seid ihr hoffentlich bereit“, hielt Cronin, der Chamäleon-Dämon und Leiter der Einrichtung eine Rede.
„Ist das sein Ernst?“, fragte Angel, Luther.
„Anscheinend. Das wird heftig werden. Dein Dad hat mir erzählt, dass er sich hier erst richtig in deine Mutter verliebt hat, das sind vielleicht genau die richtigen Flitterwochen“, erwiderte er.
„Wenn du blaue Flecken und ermüdendes Training magst, müssen wir uns mal ernsthaft über unser Sexleben unterhalten“, bemerkte sie cool.
„Bitte macht das allein, die Bilder in euren Köpfen reichen mir schon“, bat PJ, der neben ihnen stand.
„Keine Sorge, du bist deine Kräfte bald los!“
„Das bereitet mir echt Sorge, meine Mom hat mir erzählt, was mit Dad und ihr los war, als sie plötzlich seine Gedanken nicht mehr lesen konnte. Wenn einem das ganze Leben auf dem Silbertablett serviert wird, lernt man das Interpretieren nicht wirklich!“
„Dann solltest du heute Nacht noch nutzen und ihr alles erzählen, was dich belastet. Ihr seid auch bald Mann und Frau, da müsst ihr noch einiges klären!“
„Da sagst du was. Wie fühlt es sich an, verheiratet zu sein?“
„Nicht viel anders als vorher, man wird irgendwie mehr respektiert, was schön ist, sonst ist es ähnlich. Habt ihr schonmal einen Chamäleon-Dämon getroffen, der so bieder war?“, wechselte Angel das Thema.
„Du hast vermutlich noch nie einen getroffen“, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Cronin hatte sich angeschlichen und war unsichtbar.
„Ähm, Sir, verzeihen Sie“, stotterte sie.
„Ach, vergiss das Sir, ich bin Skunk, dein Dad hat mir dabei geholfen mein Leben in den Griff zu bekommen, da gehörst du zur Familie“, sagte Cronin freundlich und klopfte ihr auf die Schulter.
„Will ich wissen, was das bedeutet?“, wollte sie wissen und Cronin verwandelte sich in den schwarzweißen Dämonen, als der er geboren worden war.
„Wow, ich hab vergessen, dass ihr auch Formwandler seid!“
„Mach das auch nicht mehr so häufig, ich hab immer die Sorge, dass ich schwarzweiß bleibe. So, Ladies … und Gentlemen, wir bilden jetzt Gruppen. Da wir alle aufeinander vertrauen müssen, werden wir Gruppen unabhängig von ihren Beziehungen sortieren“, drehte er sich wieder zu seinen Schülern. Ein Raunen ging durch die Menschenmenge.
„Keine Sorge, Leute, ihr könnt eure Partner so oft vögeln wie ihr wollt, aber ihr seid hier um Bande zu knüpfen, nicht um nur Sex zu haben. Wenn einer von euren Partnern ausfällt, müsst ihr Wissen wer helfen kann, um euch beide sicher nach Hause zu bringen. Wir haben hier eine große Auswahl von Talenten, Ärzte, Schwestern, Ingenieure, Jäger und viele andere mehr. Das werden sechs heftige Wochen, Leute, lasst uns anfangen“, plante Cronin und so begann ihr Training.
 
„Ich werde zu alt um jetzt mit Training anzufangen“, jammerte Luther, als er sich erschöpft in ihrem Apartment auf das Bett fallen ließ.
„Sollen wir das wirklich tun?“, fragte Angel, die nachdenklich mit ihrem Tablet schon auf dem Bett saß und ihrer Mutter eine Nachricht schrieb.
„Wir sind leider schon zu weit, um jetzt umzukehren. Ich bin nur froh, dass wir mit Zaci alles geregelt haben, falls uns was passiert. Das wird heftig werden“, erkannte er müde.
„Ja, wird es. Ich will, dass du da aussteigst“, sagte sie plötzlich.
„Hölle, nein!“
„Einer muss sich um Zaci kümmern, falls mir was passiert!“
„Es wird sich jemand um ihn kümmern. Wir werden das rocken, wir sind die Stars da!“
„Ich hab die Kräfte erst 15 Monate, du erst vier, wir sind die Anfänger hier“, bemerkte sie nur.
„Du hast Recht, wir sind Eltern, das ist wahnsinnig“, realisierte auch er.
„Du hast aber was Richtiges gesagt, wir können nicht mehr zurück. Wir sollten nur unsere Kräfte nicht überschätzen“, bat sie.
„Hast du Schiss?“, fragte er vorsichtig.
„Oh ja, und wie, aber wir werden das die anderen nicht wissen lassen, okay?“
„Gott nein“, erwiderte er und nahm ihr das Tablet aus der Hand.
„Was machst du?“, schmunzelte sie.
„Das sind unsere Flitterwochen, was denkst du?“, säuselte er.
„Du hast Recht, das ist das erste Mal seit langem, dass wir einfach allein waren“, stieg sie auf seinen Schoß.
„Ja, das sollten wir genießen“, zog er sie an sich.
Am nächsten Morgen kam Brutus früh in die Trainingshallen, um alles vorzubereiten, bevor seine Schüler kamen. Als er laute Geräusche darin vernahm, eilte er schneller hin. Eine Gruppe Leute feuerten Angel und Luther an, die auf den Matten ihre Kräfte aneinander testeten. Die Gruppe ließen Brutus passieren und Brutus ließ das Paar jeder auf einer Seite schweben.
„Seht, wir haben unsere ersten Kandidaten für die Armbänder gefunden“, sagte er ruhig, aber etwas genervt. Er brachte die beiden so schwebend in die Krankenstation.
„Brut‘, was hab ich dir über Quälerei von Schülern gesagt?“, begrüßte Moon seinen Kumpel auf der Station.
„Ich quäle nicht, ich halte sie nur davon ab, sich gegenseitig umzubringen. Bist du bereit für die Kräfteblockierung?“, wollte Brutus wissen und ließ das erstarrte Paar nacheinander auf Tragen schweben.
„Die müssen das schon freiwillig machen, Großer, das ist kein Arbeitslager hier“, murrte Moon.
„Oh Gott, nein, da kommen die her, den Vibe wollte ich nicht verbreiten“, löste er ihre Starre.
„Nicht cool, Onkel Brutus, nicht cool“, setzte sich Angel auf.
„Das kann ich auch sagen, was zum Henker habt ihr gemacht?“, schimpfte Brutus.
„Trainiert!“
„Ich bin euer Trainer, das obliegt mir, nicht euch. Ihr werdet das Armband die nächsten Wochen tragen, die kann man nicht ab- oder kaputtmachen, sind wasser- und schweißresistent. Ich hab sie selbst entwickelt, sie haben bis jetzt immer funktioniert. Wenn ihr die anhabt, gibt es kein Zurück mehr, das muss euch klar sein“, entgegnete er.
„Mach, was du nicht lassen kannst“, hielt sie ihren Arm hoch.
„Du solltest deinen Mann erstmal entzaubern“, bat Brutus.
„Ach ja, dass“, entgegnete sie und fuhr mit ihrer Hand über den Körper ihres Mannes. Er atmete tief ein.
„Okay, du hast gewonnen“, keuchte er.
„Sorry, wollte dich eigentlich nicht so lang verzaubern, Brutus hat mich nur unterbrochen. Alles klar bei dir?“, wollte sie wissen.
„Wenn ich wieder Luft kriege, ja. Ich bin auch einverstanden“, hielt er auch seinen Arm hoch.
„Dann machen wir schnell. Eure biologischen Kräfte sollten stabil bleiben, die magischen Kräfte sind aber dann weg!“
„Ja, hab das gestern in deiner halbstündigen Erklärung schon begriffen“, entgegnete sie müde.
„Ja, die Rede war etwas zu lang, sorry. Moon, darf ich bitten?“, entschuldigte sich Brutus und Moon kam zu seinen Patienten hin.
„Du siehst so sehr aus wie deine Mutter“, sagte Moon plötzlich.
„Ja, das tu ich, wohl. Du siehst aus wie Wolf“, konterte sie.
„Er ist mein Cousin, also schon möglich. Dass die Jäger jetzt schon uns Menschen aufsammeln ist echt furchtbar. Wir haben kurz geskypt, ich versuch mehr von unserer Familie aufzutreiben, wird aber schwierig. Bereit?“, erzählte Moon.
„Ja, bin ich“, versicherte sie und bekam das Armband angelegt. Es brannte etwas an der Haut. Sie rieb sich den Arm.
„Ja, das brennt etwas, geht aber weg. So, Mr. Dewin-Chang, du auch bereit?“
„Wenn ich dabei liegen kann, mach ruhig“, stimmte Luther ihm zu.
„Angel hat dich ganz schön geschafft“, legte er ihm auch das Armband an.
„Nicht im Ring“, schmunzelte Luther.
„Okay, so genau wollte ich es gar nicht wissen. Okay, Brut‘, sie sollten erstmal ne halbe Stunde oder so nicht trainieren, aber ich hab sie schon um sechs heute Morgen zum Training gehen sehen, sie haben für heute eh genug trainiert“, entschied Moon.
„Petze. Dann gehen wir wohl wieder heim!“
„Ja, bitte, ihr braucht eure Kraft. Ihr seid in euren Flitterwochen, da habt ihr doch sicher Besseres zu tun“, bemerkte Brutus und machte eine Handbewegung. Die jungen Leute verschwanden.
 
Völlig verdattert saß das junge Ehepaar nebeneinander auf dem Sofa ihrer Unterkunft.
„Fuck, dein Onkel ist echt gut“, bemerkte Luther verwirrt, als er nach einer halben Minute wieder reden konnte.
„Da sagst du was. Wir sind Anfänger“, realisierte sie genauso durcheinander.
„Oh ja, und was für welche. Wir sollten ein Testament machen“, konterte er trocken.
„Zeit dafür haben wir jetzt ja“, erwiderte sie.
 
Am Tag drauf beim Training war das junge Ehepaar abgelenkt und sichtlich nervös.
„Hey, Leute, ich hab gedacht, ihr hättet die wenigsten Probleme ohne Kräfte. Alles klar?“, kam Brutus zu ihnen hin.
„Können wir kurz reden, privat?“, bat Angel vorsichtig. Brutus nickte und ging mit ihnen nach draußen.
„Wir können das nicht“, begann Luther.
„Keine Sorge, ihr werdet besser. Ihr seid ja eher die Nerds, aber wenn ich mit euch fertig bin, werdet ihr mit den Jägern mithalten können, versprochen“, bemerkte er.
„Wir wollen nicht mit den mithalten können, wir sind frischverheiratet und junge Eltern“, entgegnete Angel.
„Vier Wochen, so alt ist das jüngste Kind aus dieser Gruppe. Sie hat das Kind abgestillt, um hier zu sein. Ihr werdet klarkommen“, sagte er nur.
„Meinetwegen, aber wenn ich draufgehe, erklärst du das meinen Eltern“, maulte Angel und zog ihren Ehemann weg.

Fünfundzwanzigstes Kapitel


Die Wochen vergingen und sogar die Nerds konnten bald mithalten.
„Gut so, Angè, bin stolz auf dich“, lobte Brutus sie, als sie mit einem Highkick ihren Kampfpartner, ihren armen Ex-Verlobten ausknockte.
„Als hätte ich von dir nicht schon genug Schläge gegen mein Ego abbekommen“, murmelte Nevan. Seine einfache Armprothese war verrutscht und er musste sie richten.
„Sorry, für alles. Ich hab dich in meine Heiratspläne nie eingeweiht bevor ich geheiratet habe. Das hätte ich tun sollen, das wäre ich dir schuldig gewesen!“
„Ich hab dir verziehen, du hast mir deine Kusine vorgestellt, sie ist die richtige, schon gut“, versicherte er und sah verträumt zu Raven.
„Schön, dass hör ich gern. Ich brauch ne Pause“, erwiderte sie und setzte sich zu ihrem Mann, der auch gerade pausierte.
„Nev ist total verliebt in meine Kusine“, begann sie sich zu unterhalten.
„Du hast ihm wohl hoffentlich nicht gesagt, dass du auch mit ihr geschlafen hast“, konterte er trocken.
„Hölle nein und ich hätte dir das nie erzählen sollen“, war es ihr peinlich.
„Das muss dir nicht peinlich sein, du bist ein Sukkubus, deine Eskapaden sind vermutlich sehr bieder im Vergleich zu deinen Dämonen-Verwandten. Wenn das mit uns ein Leben lang gut läuft, wirst du ein monogames Leben mit einem Mann führen. Das ist was Besonderes, aber wenn du auf andere Sukkuben oder Inkuben triffst, willst du ja was zu erzählen haben, oder?“
„Alle Sukkuben, die ich kenne, sind mit mir verwandt, also geh ich das Risiko ein. Ich will auch mein ganzes Leben mit dir zusammen sein, sonst hätte ich dich nicht geheiratet“, bemerkte sie und küsste ihn sanft.
„Das ist schön. Ich kann mir auch kein Leben ohne dich vorstellen“, küsste er sie zurück.
„Hey, ihr zwei Turteltauben, weiter geht’s“, kam Brutus zu ihnen und zog sie wieder auf die Beine.
 
Am Abend saßen Angel und Luther mit Raven und Nevan am Lagerfeuer zusammen.
„Ihr beiden seht echt glücklich aus“, realisierte Luther, als er Nevan und Raven zusah.
„Ja, das sind wir, wir haben einander gefunden, es sollte einfach so passieren“, war Raven schwerverliebt.
„Dafür, dass du bis vor einem Jahr noch nicht wusstest, auf welches Geschlecht du stehst, ist das beeindruckend“, bemerkte Luther und Angel sah ihn böse an.
„Keine Sorge, Nevan weiß es, dein Göttergatte anscheinend auch!“
„Sorry, ich musste es irgendwie vor der Hochzeit erzählen. Du hast es deinem Freund ja auch erzählt!“
„Ja, das Thema Dreier kam mal auf und da ist es mir irgendwie rausgerutscht. Ich liebe dich, Cousinchen und das damals war nett, aber ich möchte in meinem Leben nur noch mit Männern schlafen!“
„Ich hab nen Mann geheiratet, geht mir also genauso. Zumindest hab ich das schon vor meiner Hochzeit gewusst. Das wissen aber nicht mehr Leute als ihr zwei, oder?“
„Ja, war für mich auch nicht meine Sternstunde, dass erzähl ich nicht rum. Vielleicht weiß es PJ, der weiß ja alles. Ist echt mal angenehm, dass er grade blockiert ist“, konterte Raven.
„Hören kann er trotzdem noch gut. Ich hab gedacht, ich bring euch noch ein paar Biere“, kam PJ mit einem Sixpack in der Hand zu ihnen.
„Tut mir leid, Cousin“, entschuldigte sich Raven.
„Kein Problem, du bist sicher nicht der erste, der damit Probleme hat. Darf ich trotzdem ein bisschen bei euch bleiben? Bin ja jetzt entschärft“, hoffte er.
„Natürlich, setz dich, vor allem wenn du Bier mitbringst. Alles klar bei Aurica und dir?“
„Ich will hier einfach nur sitzen und trinken“, bat er und nahm Platz.
„Frage beantwortet. Wie läuft dein Training?“
„Ich bin ein Heiler, kein Kämpfer, also eher so mittel. Ich werde eher in der zweiten Hut sein und Verletzungen behandeln zusammen mit Tante Rae. Wie kommt sie mit Zaci klar?“, wollte er von Angel wissen.
„Sie geht richtig auf, sie kann das für kurze Zeit nachholen, was sie bei mir verpasst hat. Was ist mit deiner Mutter?“
„Ofelia war schon viel zu oft bei ihr, also kommt sie wohl klar. Sie rennt schon durchs ganze Haus bei ihr. Ich kann kaum glauben, wie ich den kleinen Wirbelwind vermisse. Aber das gibt mir auch die Motivation das hier durchzuziehen, für Zaci und ihre Zukunft machen wir das hier!“
„Ja, das sagen wir uns auch immer. Diese zwei kleinen Hexen werden uns vermutlich in zehn Jahren magisch überlegen sein, das ist euch klar, oder?“, fragte Angel in die Runde.
„Wir werden zusammen mit ihnen das Zaubern lernen, wir kriegen das hin. PJ ist ja auch der magisch geborene, er wird uns sicher alles beibringen!“
„Wird er nicht“, verneinte PJ.
„Du willst immer noch wie ein Mensch leben?“
„Ja, einer von uns muss ja den Kindern auch das Mensch-sein beibringen. Sie werden, wenn alles gut geht, in eine Schule mit Nicht-Magischen gehen, da müssen sie lernen, sich wie Menschen zu benehmen“, erwiderte er.
„Wir haben unser halbes Leben auch als Menschen gelebt, schon vergessen?“, konterte Angel rechthaberisch.
„Ja, aber seid ihr sie habt, seid ihr wie Kinder. Ich versteh das, ich war auch mal ein junge Hexer, aber ihr seid Erwachsen, benehmt euch gefälligst so“, wurde P.J. laut.
„Wow, Paxton, auch wenn du es grad nicht bekommst, gibt es keinen Grund uns so anzumachen“, wurde auch Luther laut.
Brutus erschien aus dem Nichts und erschreckte alle furchtbar.
„Jesus, Brut‘, wenn wir das hier nicht machen können, solltest du es auch nicht“, schimpfte Luther keuchend.
„Was ist hier los?“, fragte Brutus auch laut. Mit seinem einschüchternden Aussehen waren alle plötzlich zahm wie ein Lamm.
„Keine Ahnung, er hat mich plötzlich beleidigt“, begann Luther.
„Er ist wie ein Kind“, konterte P.J. beleidigt.
„Okay, ihr beiden, drei Runden ums Gelände rum“, zeigte Brutus auf die beiden Streithähne. Die beiden sahen ihn nur fragend an.
„Stottere ich?“, tönte Brutus und die beiden liefen los.
„Sexuell aufgestauter Frust wird am besten durch Training abgebaut. Was? Ich hab auch ne Hellseherin geheiratet, ich weiß, was los ist“, bemerkte Brutus, schnappte sich eine Bierdose, trank sie auf Ex und verschwand wieder.
„Onkel Brutus ist ne echte Kanone. Habt ihr Lust nen Film bei uns anzuschauen?“, fragte Angel. Die anderen stimmten ihr zu und folgten ihr.
 
Ihr Training war viel zu schnell vorbei und der Tag kam, an dem sie ihre Kräfte wiederbekamen.
„So, jetzt, wo ihr eure Kräfte wiederhabt, stehen euch noch eine Woche von magischem Training bevor. Ihr habt eure Kräfte ne Weile nicht mehr gehabt, deswegen wollen wir sichergehen, dass ihr nicht eingerostet seid. Für unsere Frischlinge kann etwas Training auch nicht schaden. Wer sie noch nicht kennt, die wunderschöne Dame zu meiner Linken ist meine wunderschöne Frau Tacy. Sie ist eine der mächtigsten Wesen, die ich kenne und das sag ich nicht nur, weil ich mit ihr schlafe. Sie wird euch testen, sie ist auch eine Hellseherin, also wird sie auch merken, wenn ihr ihr nur was vormacht. Die drei Herren zu meiner rechten sind knallharte Jäger und verdammt gute Hexer und ach ja, meine kleinen Brüder. Die werden euch den Arsch versohlen, wenn ihr euch nicht konzentriert. So, dann zieht eure Schutzkleidung an, mit Zauberkräften wird das Training brutal. Die Dämonen von euch sind nicht erlaubt, passive Kräfte ohne Genehmigung des Trainingspartners zu benutzen, ich rede jetzt vor allem mit dem Sukkubus von euch. Ich will nicht, dass meine Brüder das fühlen müssen, verstanden?“, hielt Brutus eine Rede, während der Abnahme der Armbänder.
„Das sind meine Onkel, natürlich nicht und du kannst mich ruhig persönlich ansprechen, Onkel Brut‘, bin der einzige Sukkubus hier“, rief Angel aus einer hinteren Reihe.
„Wann hattest du das letzte Mal Sex?“, rief Brutus zurück.
„Nicht so persönlich. Ich bin sexuell befriedigt, keine Sorge“, war ihr das peinlich, sie überspielte es aber.
 
„Gut, gut, dann mal los, ach ja, kein Feuer, Angel!“
„Okay, das war jetzt ein persönlicher Angriff auf mich, Onkel!“
„Du bist eine der mächtigsten Dämonen hier, kann ich nichts für“, rief er und sie verstreuten sich im Raum.
 
Angel zuckte zusammen, als einer ihrer Cousins durch die Luft gewirbelt wurde und an die Wand gegen eine Matte knallte.
„Nichts passiert, nichts passiert“, rappelte der sich nur auf und machte weiter.
„Ich bin ne Mutter, Onkel Crin, denk daran“, wendete sie sich an ihren Sparring-Partner.
„Die Hexenjäger wissen das auch nicht, Kleines, bereit?“, fragte Crin auf Rumänisch.
„Ähm, ja, glaub ich“, entgegnete sie nervös und kämpfte mit ihm. Aus Versehen warf sie einen Feuerball, der Crin nur knapp verfehlte.
„Ange“, rief Brutus mit einem ernsten Ton.
„Wupps, Versehen“, rief sie und Brutus kam zu ihr hin.
„Dann sei bitte vorsichtig, ich will nicht noch feuerfeste Kleidung zur Ausrüstung hinzufügen müssen. Alles klar, Crin?“
„Ich hab ihre Mutter schon trainiert, ich komm klar!“, versicherte Crin.
„Gut, dann macht weiter“, stellte Brutus provokativ einen Feuerlöscher neben seine Nichte und sie trainierten weiter.
 
„Okay, was ich sehe gefällt mir. Ich hab kein Inside-Wissen von diesen Robotern und ihren Stärken und Schwächen, aber ich hoffe, ich hab euch gut darauf vorbereitet. Lasst euch nicht umbringen morgen, ich will euch alle heil wiedersehen“, verabschiedete Brutus seine Schüler.
„Wir haben das Insider-Wissen“, realisierte Angel plötzlich.
„Ja, haben wir, aber sie könnten sich nach unserem letzten Versuch verbessert haben“, wusste Luther, was sie meinte.
„Ein Versuch ist es wert. Es ist aber so wenig Zeit, kriegen wir das hin?“
„Ist nie schlecht, einen Plan B zu haben, ich arbeite mit Nev zusammen, du willst sicher deinen letzten Abend mit Zaci verbringen“, überlegte Luther laut.
„Ja, das will ich, warte, letzter Abend?“
„Wir müssen auf alles gefasst sein, ich sag’s nur. Wenn das bedeutet, dass Zaci ohne Angst aufwächst, opfere ich mich gerne!“
„Ich aber nicht, ich würde meinen Sohn zumindest in die Schule gehen sehen wollen“, murrte sie.
„Wir sind eine Macht, mit denen sie nicht rechnen, wir schaffen das“, mischte sich Nev ein.
„Er braucht einen Schutz für seinen Arm“, lenkte Angel vom Thema ab.
„Oh ja, wenn sein Arm als einzige Waffe ausfällt, ist das blöd. Ich bau ihm was“, war auch Luther froh, dass sie wieder von ihrem Job redeten.
 
Angel küsste Zaci schon 15 Minuten auf seinen kleinen Kopf, als Luther zu ihr kam.
„Wir müssen los, Schatz, tut mir leid“, drängte Luther sie.
„Ja. Du passt doch auf, Dad, oder?“, fragte sie ihren Vater.
„Wie ein Fuchs, Süße, niemand kommt auch nur in seine Nähe“, versicherte Balthazar und nahm seinen Enkel.
„Ich liebe dich, das weißt du doch, oder?“, fragte sie ihren Vater nervös.
„Ja, das weiß ich. Ich wäre so gerne an deiner Seite, aber ich bin nicht fit genug“, entschied er.
„Mum und du müssen für ihn Sorgen, falls mir was passiert, es ist schon richtig so. Egal ob auf meinen Händen und Knien, oder mit erhobenem Haupte, ich komm zurück zu euch, versprochen“, versprach sie ihren Eltern, umarmte beide und verschwand dann mit Luther.
 
„Okay, jeder hat seine Aufgabe, zieht eure Masken auf, keiner soll erkennen, wer ihr wirklich seid. Ihr habt ja jeder eine Nummer, daran erkennt ihr euch. Ihr kennt den Plan. Wenn ihr noch magische auf dem Gelände findet und sie euch folgen wollen, rekrutiert sie, wenn sie sich euch entgegenstellen, stellt sie kalt, versucht sie bitte nicht zu töten, wenn’s geht, treibt sie Richtung Ausgang, wir zerstören die Einrichtung und wollen keine Unschuldigen gefährden. Jeder der Gruppe erhält eine E-Bombe. Unsere Nerds konnten nicht mehr auf die Schnelle herstellen. Das ist nur Plan B, wir wollen die Dinger zerstören, nicht nur kaltstellen, aber wenn ihr nicht mehr wegkommt, zündet sie. Die Gruppe, die mit Rav zusammen ist, denkt daran er wird blind und ohne Waffe sein, wenn ihr das Ding zu nah an ihm zündet, also passt auf. Er trägt nen Blocker, aber wir haben das nicht getestet, also wie ich sagte, etwa 3m entfernt von ihm zünden. Noch Fragen?“, hatte Brutus bei dieser Mission die Führung übernommen.
„Was ist mit den Verletzten oder Opfern im Fall des Falles?“, wollte Andrei wissen.
„Jede Gruppe hat diese Armbänder. Die sind magisch. Verletzten bitte anlegen und zwei Mal drehen. Sie werden ins Krankenhaus transportiert, wo Tacy und PJ schon auf sie warten. Tote wird es nicht geben, ich hab euch nicht solang trainiert, um irgendjemanden zu verlieren, verstanden?“, donnerte er und sie nickten.
„Du wirst auf dich aufpassen, lass die erste Front alles übernehmen, okay? Wir sind hier nicht die Hauptpersonen, verstanden? Spiel nicht den Helden, wenn irgendwas nicht funktioniert, verschwinde von da, okay?“, redete Angel mit ihrem Mann.
„Wir werden auf ihn aufpassen, Kusine, keine Sorge“, versprach Andrei, der in Luthers Gruppe war.
„Das will ich dir auch geraten haben, pass du auch auf dich auf, Andrei“, umarmte sie Andrei, küsste dann ihren Mann und die Gruppe verschwand.
 
„Bereit?“, fragte Brutus, der seine Nichte in seiner Gruppe hatte. Sie hatten eine Hauptaufgabe in der Mission, das hatte Angel ihrem Mann aber nicht gesagt.
„Ich hasse es, ihn anzulügen“, murmelte sie.
„Ich hab eine Hellseherin anlügen müssen, du wirst es verkraften“, bemerkte Brutus und zog seine Maske über.
„Wie hast du denn das geschafft?“
„Nen schwarzen Zauber, das wirst du ihr niemals sagen, versprochen?“
„Jep, versprochen. Du spielst auch nicht den Helden, Onkel, du bist der große böse Wolf, aber wir haben einen richtigen Wolf hier, der zerfetzt einen Hexenjäger in einem Riss, du willst im Notfall an seiner Seite sein, glaub mir“, deutete sie auf Lupus, der neben Raven stand.
„Es ist Neumond heute“, murmelte Brutus nur.
„Er hat gelernt seine Kräfte auch ohne Vollmond zu erhalten, coole Sache, was? Wir werden diese hirnlosen Drohnen zerstören, egal wie“, bat Angel und spielte mit Feuer.
„Ja, dann los!“
 
Sechs Stunden kämpften sie von allen Seiten. Sie hatten herausgefunden, wer der CEO von den Hexenjägern war und Angels Gruppe gehörte zu denen, die diese festsetzen sollten.
„Netter Wurf“, lobte Brutus seine Nichte, als sie einer der Sicherheitsleute kaltstellte, indem sie ihn 100 m weiter gegen die Wand schleuderte.
„Die haben hunderte von Robotern, der Chef wird aber von Menschen beschützt. Schwerer Fehler“, mischte sich Raven ein.
„Ich glaub nicht, dass das alles war“, sagte ein anderer. Er hatte Recht, eine Horde Roboter kam zu ihnen.
„Dann los“, ermunterte Brutus sie und sie kämpften weiter.
Angels Arm blutete. Der letzte Roboter hatte sie ziemlich erwischt.
„Armband“, plante Brutus.
„Geht schon!“
„Keine Wiederrede, du kannst wiederkommen, wenn du versorgt bist“, entschied Brutus.
„Ich komm allein rüber, ich komme wieder, ihr braucht mich ja noch fürs Finale“, entgegnete sie und verschwand.
 
Sie kam im Krankenhaus an. Einige ihrer Kameraden waren inzwischen dort auf Lazarett-Betten, doch sie sah keine größeren Verletzungen, oder Leichensäcke.
„Autsch, da hat dich was erwischt. Ist nur ne Fleischwunde, die heil ich in fünfzehn Minuten. Leg dich hin“, kam P.J. zu ihr und drückte sie auf ein Bett.
„Habt ihr was von meinem Mann gehört?“
„Er ist nicht hier und wir haben keine Todesfälle, er ist also noch da draußen. Dein Mann ist stark, ich habe noch keinen Hexer gesehen, der so schnell seine Kräfte so gut draufhatte“, versicherte P.J., zerriss ihren Ärmel und setzte das Heil-Armband an.
„Danke, das beruhigt mich. Und mein Kleiner?“
„Schläft brav bei deinen Eltern. Wie sieht es aus?“
„Keine Ahnung, wir waren eigentlich grad noch dabei. Kann ich danach wieder zurück?“
„Das sehen wir dann. Du bist ja voll auf Adrenalin, Kusinchen, übertreib’s nicht. Komm erstmal runter, dass das Blut nicht so pumpt. Warte, du sagst mir nicht alles!“
„Dich hat er wohl nicht verzaubert. Deswegen wollte er heute Morgen nicht in deiner Nähe sein. Wir setzen den CEO außer Gefecht in meiner Gruppe“, gestand sie ihm.
„Du bist in Gruppe A? Deine Eltern waren doch dagegen!“
„Ich bin in Gruppe A, weil dein Vater das so wollte und ich bin stolz darauf. Er passt auf mich auf wie ein Bär und ich habe einen Jin und einen Werwolf in der Gruppe dabei, also komm ich klar!“
„Sie ist kein Jin!“
„Ich kann das andere aber nicht aussprechen, sagen wir Jin, okay? Aua“, maulte sie, als das Armband begann.
„Du hast nen Kind zur Welt gebracht, reiß dich zusammen“, schmunzelte P.J. und drückte sie in eine Liegeposition.
 
Sobald sie wieder gehen konnte, war sie wieder verschwunden. Brutus und die anderen waren ins Büro des CEOs vorgedrungen.
„Willkommen zurück, zieh deine Atemmaske an“, begrüßte Brutus sie. Der CEO schwebte an der Decke.
„Warum ist er da oben?“, sah sie an die Decke.
„Ich brauch ihn aus dem Weg dafür. Maske“, forderte Brutus.
„Okay, muss ich nicht wissen“, zog sie die Gasmaske über.
„Jeder bereit?“, fragte Brutus und alle nickten. Er ließ den bewusstlosen CEO wieder runterschweben, öffnete eine gasgefüllte Flasche mit einem Staub darin, den sie nicht erkannte.
„Geht jeder einen oder mehrere Schritte zurück, nur um sicher zu gehen“, bat Brutus und sprühte eine gute Menge davon über den CEO.
„Raven, tu was du musst“, bat er Raven und sie kniete sich vor den CEO.
„Wow, was wird das?“, fragte Angel und Brutus warf ihr einen Blick zu. Trotz seiner Vermummung wusste er, dass sie jetzt schweigen musste.
 
„Er ist weg, vollkommen, die Lösung gefällt mir. Hey A-Hörnchen und B-Hörnchen, bringt ihn zu der Klinik, wie besprochen“, sprach Raven zwei Vampirjäger aus der Gruppe an. Die griffen ihm unter die Arme und brachten ihn weg.
„Okay, los geht’s, räumen wir hier auf“, forderte Brutus und die anderen folgten ihm. Sie mussten sich rauskämpfen.
„Okay, alle sind draußen. Macht es“, forderte Brutus. Raven und Angel schwebten über die Dächer des Firmengeländes.
„Wir konnten das ja nicht wirklich üben. Ich hoffe, wir lösen keinen Waldbrand aus, der den mittleren Westen auslöscht“, bemerkte sie.
„Hey, ich bin damit geboren, ich krieg das hin“, erwiderte sie und formte einen kleinen Tornado in der Hand. Diesen machte sie immer größer und größer und Angel fügte Feuer hinzu.
„Der Nerd in mir ist fast stolz auf den Feuertornado“, entgegnete Angel und schob den Tornado genau in die Gebäude.
„Okay, es brennt gut, ihr seid befreit, ihr könnt gehen“, bat Brutus. Angel hakte sich bei ihrer Kusine ein und verschwand mit ihr.
 
In der Klinik fand sie ihren Mann. Er hatte eine Kopfverletzung, war aber sonst in Ordnung.
„Es brennt wie Zunder, Kusine, wir waren gut, wir waren richtig gut“, kam Raven triumphierend zu Angel, die neben ihrem Mann am Lazarett-Bett saß. Angel machte Zeichen, dass sie ruhig sein sollte.
„Du warst in Gruppe A?“, fragte Luther benommen.
„Oh Süßer, dich hat’s echt erwischt, ruh dich aus, alles wird gut“, bat sie ihn zu schlafen und er legte sich müde zurück.
„Du hast es ihm nicht gesagt?“, wunderte sich Raven, als Angel sie etwas wegzog.
„Das musst du grad sagen. Was war in der Gaskartusche!“
„Ähm, Feenstaub?“, sagte Raven nur.
„Feenstaub, ernsthaft? Das Zeug ist komplett instabil, das hat doch Teile von Moms Gehirn gelöscht!“
„Das ist der Plan gewesen, wir konnten den CEO ja nicht einfach töten, aber ihn brabbeln lassen wie ein dreijähriger, das hat er verdient. Wir werden dafür sorgen, dass er sein restliches Leben nicht mehr weiß, wer er ist“, erklärte Raven fast stolz.
„Hat er Familie?“
„Ja, die wird sich gut um ihn kümmern. Der Datentransfer war erfolgreich, wir haben jegliche Daten, die die von uns magischen haben, geklaut, damit werden wir vielen von uns helfen. Vielleicht finden wir so sogar Luthers Eltern. Wie geht’s ihm? Er ist ja ganz schön unter Beschuss geraten in dem Server-Raum, hab ich gehört“, kam Brutus zu ihnen.
„Kopfverletzung, er wird sich aber erholen. Wie ist der aktuelle Stand? Haben alle überlebt?“
„Zwei Schwerverletzte im OP, aber es sieht gut aus. Alle ihre 15 Firmen brennen lichterloh, was die aktuellen Daten ergeben, sind alle Roboter zerstört. Wir haben das tatsächlich hingekriegt“, konnte es Brutus noch nicht fassen.
„Du hast da nicht dran geglaubt, was bist du denn für ein Anführer? Natürlich haben wir das geschafft. Mich einzuweihen wäre aber nett gewesen wegen dem Feenstaub“, bemerkte Angel kritisch.
„Unsere Familie hat ne generationsübergreifende Angewohnheit, Feenstaub wie Koks zu schnupfen, wollte das Risiko nicht eingehen. Du bist doch geduscht, oder?“
„Ja, mein Zeug ist auch verpackt. Diese Kontamination mit Feenstaub endet hier, mit mir. Das Zeug ist hoffentlich wieder gut weggesperrt!“
„Ja, ist es. Geh heim zu deinem Kind, deine Eltern sind sicher schon krank vor Sorge“, bat Brutus und sie verschwand.
„Mom, Dad, es ist vollbracht“, kam sie stolz nach Hause. Es war totenstill im Haus.
„Mom, Dad?“, ging sie durchs Haus. Sie fand ihre Mutter auf der Erde liegend. Überall waren Brandflecken, sie musste gekämpft haben. Sie kniete sich zu ihr hin.
„Mom? Bitte nicht, Mom“, jammerte sie. Rae bewegte sich.
„Oh, Gott sei Dank“, ließ sie sie auf ein Sofa schweben.
„Mom, hörst du mich?“, versuchte sie sie zu wecken.
„Zaci“, murmelte Rae, als sie wachwurde.
„Wo ist mein Sohn?“
„Ich weiß es nicht, tut mir leid. Es ging alles so schnell“, murmelte sie. Angel eilte ins Kinderzimmer. Ein Hexenjäger lag mit dem antiken Katana ihres Großvaters in der Brust defekt auf dem Boden in der Mitte des Raums. Sie stieg über den Haufen Schrott. Das Kinderbett war leer außer eines großen Teddybären. Panisch eilte sie im Haus herum. Sie fand ihren Vater. Er atmete noch, aber sehr schwach.
„Dad? Hörst du mich, Dad?“, begann sie zu weinen. Er hatte eine Brandwunde auf der Brust. Sie mussten an sein Herz drangekommen sein. Rae hatte sich zu ihnen geschleppt.
„Er stirbt“, weinte Angel.
Rae zog einen mobilen Defibrillator aus dem Schrank und schloss ihn an. Dieser gab regelmäßige Stöße ab.
„Das wird seinem Herz beim Schlagen helfen, ruf einen Notarzt, ich werden Zaci suchen, vielleicht hat er sich irgendwo versteckt“, entgegnete sie ruhig und Angel rief den Notarzt.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

 
Sie brüllte seinen Namen. Sie war so verzweifelt und so allein. Ihre Eltern waren ins Krankenhaus gefahren, das Haus hatte auf sie noch nie so groß gewirkt. Als sie verzweifelt zu Boden sank und für einen Moment ruhig war, hörte sie ein Wimmern.
„Zaci?“, fragte sie weinend. Sie rappelte sich auf. Der Teddybär im Kinderbett vergoss echte Tränen.
„Zaci?“, wiederholte sie ungläubig ihre Frage. Als sie den Teddybären hochnahm und an sich drückte, verwandelte sich der Bär langsam in ihren Sohn.
„Du cleverer Junge, du unglaublich talentierter, unglaublicher Junge“, brachen bei ihr nun alle Dämme. Sie saß auf Knien mit ihrem Sohn fest an sich gedrückt, als jemand neben ihr erschien.
„Schatz? Ist was mit Zaci?“, fragte Luther besorgt und beugte sich zu ihr.
„Dein Sohn hat uns jetzt schon mit seinen Kräften überholt“, versuchte sie sich zusammenzureißen.
„Ich versteh nicht!“, wunderte er sich und sie zeigte auf den defekten Roboter. Luther hatte ihn gar nicht bemerkt und erschreckte sich.
„Er ist aus, da steckt ein Katana in seiner Brust!“
„War das Zaci?“
„Keine Ahnung, das Katana hing eigentlich da oben an der Wand. Er hat sich in einen Teddybären verwandelt!“, versuchte Angel laut zu verstehen.
„Hast du was von dem Staub abbekommen?“, war Luther besorgt.
„Nein, er hat sich in einen Teddybären verwandelt, ich wusste nicht, dass wir uns in immobile Gegenstände verwandeln können“, hatte sie sich langsam beruhigt.
„Das können wir auch nicht, aber er ist auch ein Hexer, wir Dämonen verkehren nicht so viel mit Hexen, keine Ahnung, ob das möglich ist. Wo sind deine Eltern?“
„Ich musste den Notarzt rufen, der Metallberg hat beide ziemlich erwischt, das Herz meines Dads ist nicht das Beste, ich weiß nicht, wie es um ihn steht“, begann sie wieder zu weinen.
„Ich bring dich dahin, wir sollten dich auch noch untersuchen lassen, deine Wunde ist glaub ich wieder aufgegangen“, fühlte er etwas Feuchtes, als er ihren Arm berührte.
„Oh verdammt, hab ich gar nicht bemerkt. Wie geht es deinem Kopf?“
„Tut weh, aber werde es überleben. Wir haben es beide überlebt“, realisierte er und zog sie hoch. Zu dritt verschwanden sie ins Nichts.
 
Das Herz ihres Vaters schlug kräftig und der Monitor gab beruhigende Geräusche von sich.
„Der störrische Kerl ist nicht totzukriegen, was?“, fragte Rae, als sie sah, wie ihre Tochter lauschte.
„Das ist auch gut so, wir brauchen ihn noch“, sagte sie nachdenklich.
„Willst du mir nicht mal meinen Enkelsohn geben? Du hast ihn ja nicht mal für deine Untersuchung weggegeben“, streckte Rae ihre Arme aus.
„Ich kann ihn irgendwie nicht loslassen, ich hatte so Angst, als er weg war“, erklärte sie.
„Ja, versteh ich voll und ganz. Du bist aber jetzt schon mindestens 24 Stunden wach. Du musst für dein Baby schlafen“, bat sie. Angel starrte sie an.
„Meine beste Freundin hat dich versorgt, glaubst du wirklich, sie sagt mir das nicht? Wie weit bist du?“, fragte Rae nur.
„In der dritten Woche, nicht mal mein Mann weiß es bis jetzt, er hätte mich abgehalten, sowas zu machen, wenn er es gewusst hätte. Wenn er fragt, ich hab das hier im Krankenhaus erst rausgefunden, verstanden?“
„Verstanden. War das geplant?“
„Wie so viel in meinem Leben war das nicht geplant, aber ich freu mich drüber. Wenn das hier und heute wirklich das Ende der Hexenjäger ist, können meine Kinder dort leben, wo sie wollen, wenn sie Erwachsen sind. Bis dahin halte ich beide noch fest an mich“, bemerkte sie und hielt mit einer Hand ihren Sohn und mit der anderen ihr ungeborenes fest.
 
Angel wachte tags drauf in ihrem eigenen Bett auf und wusste nicht, wie sie dort hingekommen war. Ihr Sohn lag neben ihr.
„Hey, da bist du ja wieder, du hast echt lang geschlafen. Du wolltest Zaci nicht loslassen, deshalb hab ich ihn einfach neben dir liegen lassen. Wie geht’s dir?“
„Besser, danke, dir?“
„Hab mich heute Morgen ne Weile übergeben, hab ne Gehirnerschütterung, sonst ist alles klar. Eine Schwester hat mir zum Baby gratuliert, du bist schwanger?“, wollte er wissen.
„Ja, ich hab es gestern im Krankenhaus erfahren, ich wollte es dir gleich sagen, war aber so verrückt gestern!“
„Freust du dich?“
„Wir haben einen erst einjährigen, es wird eine Herausforderung, aber ich freue mich, ja!“
„Ich freue mich auch sehr!“
„Das ist gut, ich hatte so Angst, dass du verärgert bist, dass ich zu blöd zum Verhüten bin“, stand sie auf. Sie hatte ihren Sohn zum ersten Mal seit langem losgelassen.
Es fühlte sich komisch an. Sie setzte sich auf die Bettkante und berührte die kleine Hand des jungen Hexers.
„Ihm geht’s gut, er ist schon besser als wir. Ich hab das Teddybär-Ding von ihm auch gesehen, ich bin heute Nacht wieder ins Bett gekommen und Zaci hat sich erschreckt, er ist wohl noch etwas nervös, verständlicherweise. Als ich ihn auf die Stirn geküsst habe, hat er sich zurückverwandelt. Wir müssen das recherchieren, wir sind beide nur halbe Formwandler, so wie unsere Eltern, na ja, zumindest deine Mutter, ich kenne meine Eltern ja nicht, aber da ich ein Hexer bin, ist auf jeden Fall mindestens ein Eltern- oder Großelternpaar ein voller Hexer“, entgegnete er.
„Das hab ich mir gestern also nicht eingebildet. Das ist irgendwie gruselig, wenn wir ihn mal suchen kann er sich in alles verwandeln. Oh mein Gott, in einem Jahr haben wir zwei davon“, berührte sie ihren Bauch.
„Wir sind zwei Hexen, das kriegen wir schon hin. Weiß es deine Mutter schon?“
„Ihre beste Freundin hat es rausgefunden, da gilt die Schweigepflicht anscheinend nicht. Es war so verrückt, also weiß ich nicht, was sie davon hält“, erwiderte sie.
„Ja, gestern war verrückt. Ich bin immer noch sauer, dass du mir nicht gesagt hast, dass du bei der ersten Front dabei warst, ohne mit mir darüber zu sprechen, aber gestern wollte ich dich damit alleinlassen“, sprach er an was sie fürchtete.
„Onkel Brutus wollte mich dabeihaben und ich war so stolz. Ich hatte so eine Angst, aber gleichzeitig fühlte es sich so gut an. Wir haben es geschafft, wir haben sie besiegt“, entgegnete sie.
„Ich bin stolz auf dich, mach das aber nie wieder, okay?“, bat er überraschend sanft.
„Ich bin bald zweifache Mutter, ganz sicher nicht. Wir müssen das hoffentlich auch nie wieder tun!“
„Ich hatte auch furchtbare Angst, ich hab nur gehackt, aber einer der Roboter hat mich erwischt“, fasste er sich an den verbundenen Kopf.
„Ja, ich weiß. Du hast alle Daten, die sie über uns haben geklaut, das ist unglaublich. Du warst vielleicht nicht im A-Team, aber du hast eine sehr große Sache geschafft. Dank dir können unsere Brüder und Schwestern aus der Firma mit großer Wahrscheinlichkeit herausfinden, wo sie hingehören. Wir bekommen unsere Identität wieder. Ich hab diese Infos ja schon bekommen, aber es werden hunderte sein, die das in den nächsten Tagen das erste Mal erfahren. Dank dir“, bemerkte sie ermunternd.
„Was ist, wenn es nicht so ist?“
„Dann ist es nicht deine Schuld, aber wenn wir wirklich alle Daten haben, wird das nicht so sein. Wenn du ins Büro gehen willst, um nachzufragen, tu das, ich komm hier klar!“
„Ich hab mich die halbe Nacht übergeben, ich geh nirgendwo hin. Komm, lass uns frühstücken, du hast sicher ewig nichts mehr gegessen“, entschied er.
„Halt mich nicht für verrückt, aber ich möchte ihn nicht alleinlassen“, sah sie zu ihrem Sohn.
„Dann nehmen wir ihn mit ins Wohnzimmer, ich leg ihn in den Laufstall. Du bist nicht verrückt, mir geht’s genauso. Er war so kurz davor, genauso zu enden wie wir als Babys. Hat unser Spatz auch den Hexenjäger plattgemacht, weißt du das?“, fragte er und nahm seinen schlafenden Sohn an die Brust.
„Nein, das war mein Dad, die Anstrengung darüber hat seinem Herz nicht gutgetan. War kein Herzinfarkt, weiß nicht genau was es war, aber meine Mutter hatte einen Defi im Haus, er wird wieder“, erwiderte sie.
„Das ist gut, erinnere mich nur daran, dass ich deinen Dad niemals ärgerlich mache, das war eine beeindruckende Aktion. Er hat echt Power!“
„Ja, er war auch ziemlich traurig, dass er bei der Aktion wegen seines Herzens nicht dabei sein durfte, ironischerweise wurde er am meisten von uns allen verletzt“, erwiderte sie.
„Ja, wenn er aufwacht, wird er echt angepisst sein. Wir sollten sie gleich mal anrufen“, bemerkte er und streckte ihr seine freie Hand hin.
„Hab ich dir schonmal gesagt, wie glücklich ich mit dir bin?“, fragte sie und kuschelte sich in seinen Arm, während sie ins Wohnzimmer gingen.
 
„54 Jahre. Diese Firma existierte für so lange Zeit und hat uns so viele Sorgen bereitet. 300 Hexen und 63 Dämonen haben in dieser Zeit ihr Leben gelassen. Das klingt auf so eine lange Zeit gesehen nicht viel, aber nur eine verlorene magische Person ist zu viel gewesen. Heute steh ich vor euch allen und kann mit Stolz verkünden, dass Witchhunter Inc. zerschlagen ist. Auch wenn ich zu diesem Thema nicht konsultiert wurde, bevor ihr die Festung gestürmt habt, bin ich stolz auf die Beteiligten. Wir konnten die Anzahl der vermissten Kinder auf 13 Hexen und 2 Dämonen verkleinern, wir werden aber alles tun, um auch diese letzten Kinder, die jetzt alle fast erwachsen sind in unseren Kreis zurück zu holen. Es ist die Zeit, endlich alle Wesen auf eine Stufe zu stellen. Heute stehen hier schwarze und weiße Hexen, Dämonen, Vampire und andere Wesen zusammen, nachdem sie Seite an Seite gekämpft haben. Das ist ein Fortschritt, der sich nicht aufhalten lässt und auch nicht sollte. Das ist das erste Mal, dass so viele verschiedene Wesen im Ratsgebäude stehen und ich könnte nicht stolzer sein. Ich gebe das Wort jetzt an Ms. Dewin-Chang, unsere Vermittlerin, sie hat die Rolle ja von ihrer Mutter übernommen. Sie selbst ist ein Paradebeispiel für die Integration verschiedener Welten. Sie ist eine Mischung zwischen Dämonen, Hexen und Wesen und versucht anscheinend eigenhändig die Population von Formwandlern wieder zweistellig zu machen“, scherzte der Sprecher des Hexenrates, als 5 Monate später die Nachricht verkündet wurde, dass die Hexenjäger Geschichte waren.
„Sehr witzig, Ratsmitglied, Syer. Danke fürs Kommen heute. Vieles was ich hier eigentlich vorbereitet habe, hat er eigentlich schon gesagt. Ich sag nur so viel dazu. Ich bin so dankbar, dass meine beiden Söhne in einer Welt aufwachsen werden, in der sie nicht ständig von seelenlosen Maschinen bedroht werden. Ich sehe, einige von euch freuen sich genauso auf Nachwuchs, der auch mal gedankenlos einen Zauberspruch aussprechen kann, ohne gleich Angst zu haben. Es ist eine neue Zeit angebrochen und das ist wunderbar“, redete sie vor dieser großen Gruppe von Menschen, während sie ihren größer werdenden Babybauch dabei streichelte.
 
„Deine Tochter ist ne tolle Rednerin“, sprach einer der Ratsmitglieder, Balthazar an, der mit seinem Enkel auf dem Arm der Rede lauschte.
„Ja, das hat sie von ihrer Mutter. Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Balthazar verwundert. Obwohl er fast 30 Jahre als weißer Zauberer lebte, fühlte er sich immer noch unwohl beim weißen Rat.
„Du hast diesen Hexenjäger nicht ausgeschaltet, oder?“, wollte er wissen.
„Was meinst du?“
„Ich kenn deine Krankenakte, du warst schon am Boden, als der Roboter ausfiel. Der kleine Mann war das“, deutete er auf Zaci.
„Psst, meine Tochter flippt aus, wenn sie das rausfindet. Sie ist schwanger mit noch so einem, das wäre zu viel für sie!“
„Bin ich ganz deiner Meinung. Wir wollen hier in New York City eine Hexenakademie ins Leben rufen und wollen dich als Lehrer und Leiter“, erklärte das Ratsmitglied plötzlich.
„Ihr wollt mich als Führungspersönlichkeit, seid ihr sicher?“
„Wir hätten dich auch in den Rat berufen mit deinen Kräften, aber wir wissen, dass das nicht deine Welt ist. Wir brauchen einen mächtigen Hexer für diese Aufgabe und du bist dafür wie geschaffen“, erwiderte er und zeigte ihm das Konzept der Schule auf einem Tablet.
„Ich wohn in Rumänien, wie du weißt!“
„Du kannst in Sekunden von New York City nach Rumänien reisen, wenn du willst. Du wirst deine Enkel genug sehen“, plante der Zauberer.
„Lass mich das überlegen, aber es ist mir eine Ehre. Ich bin zwar jetzt geschieden, Rae sollte aber da trotzdem noch das Sagen haben!“
„Sie fragen wir auch, sie ist eine mächtige Dämonin, die Schule soll auch für sie sein“, erwiderte er.
„Wir sprechen darüber, sie interessiert das sicher auch. Ich bin schonmal geehrt, dass ihr an uns denkt. Wir brauchen wirklich Hilfe bei der nächsten Generation. Meine Nichte Ofelia wird auch mal eine mächtige Hexe sein, sie wird doch dann auch auf die Schule gehen, oder?“
„Wenn ihre Eltern das wollen, sicher, sie kann auch in den Verband der Medien aufgenommen werden, ich hab gehört, sie hat diese Fähigkeit geerbt!“
„Eine zweijährige kann schon mit Toten reden?“, war Balthazar überrascht.
„Ja, hab ich gehört, aber nur aus zweiter Hand. Das ist eine furchtbare Kraft für so ein junges Mädchen, aus diesem Grund brauchen wir auch Hexer wie dich, die Wesen auf den richtigen Weg führen“, lobte der Hexer, Balthazar.
„Nur kein Druck. Ich bin schon zwei Mal fast draufgegangen, meine Gesundheit geht erstmal vor“
„Natürlich. Überdenk es einfach. Ich muss jetzt los, wir haben noch eine Sitzung. Du weißt ja, wo du uns rufen kannst“, verschwand das Ratsmitglied im Nichts.
„Hey, Dad, danke, dass du den Kleinen gehalten hast. Was wollte Ratsmitglied Morris von dir?“
„Erzähl ich dir später. Jetzt geh los zu deinem Mann, er müsste sie jeden Moment treffen“, bat Balthazar.
„Kannst du ihn solang noch nehmen?“
„Sicher, ich bring ihn später mit nach Hause. Alles klar bei dir?“
„Ja, alles gut. Ist nur immer noch komisch in den Staaten zu sein. Ich bin hier irgendwie nicht zu Hause“, konterte sie, küsste ihren Sohn auf die Stirn und verschwand auch.
 
Luther schreckte zusammen, als seine Frau neben ihm erschien.
„Sorry, bist nen bisschen schreckhaft, was?“, fragte sie sanft.
„Ja, hab dich nicht erwartet. Warst du nicht in Queens bei deiner Rede?“
„Rede ist vorbei. Du bist echt nervös!“
„Ich treffe in wenigen Minuten meine Mutter, da kann man nervös sein, oder?“
„Natürlich“, bemerkte sie und schwankte etwas.
„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er besorgt.
„Ja, nur das ganze rum gehüpfe mag dein Sohn nicht so sehr“, erklärte sie und setzte sich auf den Stuhl neben sich.
„Du bist hochschwanger, dass solltest du auch nicht so sehr machen. Wir bleiben ein paar Tage in den Staaten, du musst es langsam angehen lassen“, bat er sie.
„Hab ich auch vor, wir müssen Mom nur erklären, warum sie so lang babysitten muss“, schmunzelte sie.
„Ich red mit ihr. Sie haben meine Mutter wirklich gefunden“, ging er es im Kopf nochmal durch.
„Ja, dank dir, in den letzten sechs Monaten haben 250 ehemalige verlorenen Kinder ihre Eltern wiedergefunden, jetzt bist du endlich an der Reihe“, griff sie nach seiner Hand und drückte diese.
„Ich weiß gar nichts von ihr, ich weiß nur, dass sie ne Latina ist und das wars. Nichts über meinen Vater, gar nichts“, entschied er.
„Na ja, vielleicht kann sie dich darüber aufklären“, beruhigte sie ihn und stand wieder auf.
„Sei mir nicht böse, aber ich will erstmal alleine zu ihr, ich hol dich dann dazu“, bat er sanft.
„Natürlich, ich warte hier“, war sie nicht sauer und setzte sich müde wieder hin.
 
Das Ratsmitglied führte ihn in einen Raum. Er wusste nicht genau, was die ganze Heimlichtuerei sollte, aber folgte einfach.
„Setzen Sie sich hier hin, ich bring sie gleich raus“, erklärte der Zauberer und verschwand wieder.
Er war so nervös. Wie würde sie sein?
Die Tür ging auf. Eine typische, ältere lateinamerikanisch dreinblickende Frau kam zu ihm. Er stand ruckartig auf.
„Du bist so groß“, begrüßte seine Mutter ihn genauso nervös.
„Da komm ich wohl nach meinem Vater“, konnte er nur von sich geben.
„Eigentlich nicht“, bemerkte sie und verwandelte sich in eine attraktive großgewachsene Blondine, die nur wenig Latina in sich hatte.
„Okay, das hab ich jetzt nicht erwartet“, blieb er stehen.
„Sorry ich reise lieber so, ich bin in Südamerika ziemlich bekannt. Ich bin eine Nachrichtensprecherin, ist von Vorteil, dass ich das ein oder andere Jahr aus meinem Gesicht entfernen kann. Und sieh dich an, du siehst genauso aus wie ich, dein Vater hatte damals immer gewitzelt, dass du sicher ein Ebenbild von ihm werden würdest. Wir hatten dich nur wenige Wochen, das war vor so langer Zeit, ich hätte nicht gedacht, dich jemals wieder zu sehen“, wollte sie sein Gesicht berühren, hielt sich aber immer kurz davor ab.
„Du bist also der Wandler in meiner DNA!“
„Ja, einer der letzten und die Einzige die ich kenne mit doppelten Wandler-Eltern“, sagte sie etwas stolz.
„In deiner Generation schon“, sagte er mysteriös.
„Du hast Kinder?“, war sie erfreut.
„Mein 2. Sohn wird bald geboren werden. Meine Frau ist unter anderem auch ein Wandler, eine Magnusson, die Familie kennst du vielleicht!“
„Kenn ich tatsächlich, keine sehr ehrenhafte Familie, ich hoffe, sie ist es!“
„Sie ist eine Dämonin und schwarze Hexe, trotzdem die liebevollste, tollste Mutter und Tochter, die ich je kennengelernt habe. Ich liebe sie über alles“, sprach er in den höchsten Tönen von seiner Frau.
„Ist sie hier? Ich würde sie gern kennenlernen!“
„Ja, sie sitzt draußen. Wir gehen gleich zu ihr. Hast du noch andere Kinder?“
„Nein, dein Vater starb als die Roboter kamen, danach habe ich keinen Mann mehr gefunden, mit dem ich Kinder haben wollte“, erzählte sie.
„Mein Vater ist also tot?“, fragte er.
„Ja, mein Kleiner, schon so lange Zeit. Er war ein Zauberer, aber da du vermutlich magische Kräfte hast, wusstest du das“, erklärte sie.
„War er aus der Magik Familie?“
„Sein Urgroßvater war einer, er kam aber mütterlicherseits aus einer weißen Hexen-Familie. Das mit dem Magiks weißt du also auch schon!“
„Ja, nen DNA-Test hat mir das gesagt. Ich bin also auch aus ner weißen Hexen-Familie, das erklärt, dass ich meine schwarze Seite so gut unter Kontrolle habe“, erklärte er.
„Hat sich dein Kind schon verwandelt?“, wollte sie plötzlich wissen.
„Ja, in nen Teddybären. Das kann ich nicht“, erzählte er.
„Das können nur wir Vollblut-Wandler“, erwiderte sie und verwandelte sich vor seinen Augen in einen Kleiderständer und zurück.
„Bin froh, dass ich dich jetzt habe, seine “Fähigkeiten“ sind jetzt schon so viel besser wie meine und das macht mir eine Heidenangst!“
„Keine Angst, ich zeige deinen Söhnen alles, was sie wissen müssen. Ich hab nur keine anderen Kräfte, darum musst du dich kümmern“, traute sie sich endlich, ihn anzufassen.
„Ich bin mit einer Dewin verheiratet, das krieg ich hin!“
„Du hast eine Dewin geheiratet?“
„Na ja, sie ist auch eine Lusano, unter anderem. Du wirst sie kennenlernen, ich kann dich zu ihr bringen, wenn du willst?“, schlug er vor.
„Das wäre schön. Ich kann nicht glauben, dass du eine Wandlerin gefunden hast, wir sind vielleicht noch 50 weltweit!“
„Ja, wie schlimm diese Sache mit unserer Entführung auch war, sie hat mich mit ihr zusammengebracht“, sagte er nachdenklich.
„Sie war auch einer von den Entführten?“
„Ja, sie hat ihre Eltern auch wiedergefunden, na ja, eigentlich haben sie sie gefunden. Ihr Vater hat damals auch nur überlebt, weil er ein mächtiger Zauberer ist, denken wir zumindest, er hat verdammt viel Feenstaub eingeatmet und das ist alles sehr schwammig in seinem Kopf. Das sollte sie dir erklären. Du wirst sie mögen, glaub ich“, führte er sie nach draußen zu Angel. Die stand schwerfällig auf.
„Oh ja, sie ist schon ziemlich schwanger. Sieh sie dir an, sie macht sich auch ein paar Jährchen jünger, wie mir scheint“, schmunzelte sie.
„Nein, ich bin nur sehr jung“, begrüßte Angel ihre Schwiegermutter.
„So geht’s auch. Mein Sohn hat mir schon von deinen Talenten erzählt!“
„Ich hoffe, nur gutes“, schmunzelte Angel und ihre Schwiegermutter umarmte sie plötzlich. Ruckartig zog sie sich zurück.
„Wow, nen Sukkubus bist du auch, da haben sich aber ganz schön viele Dämonen in deiner Familie wirklich liebgehabt“, sagte sie überrascht.
„Scheint so. Ich hab durch die Schwangerschaft schon länger nicht mehr du weißt schon … sorry“, erklärte sie stotternd.
„Kein Problem, ich war mal mit einem Inkubus zusammen, als ich in Somalia gelebt habe, ich weiß, was du durchmachst. Ich bin Selena, Selena Lopes“, stellte Selena sich freundlich vor.
„Angel. Wir haben herausgefunden, dass er mit euch Lopes verwandt ist, wir dachten aber, es gäbe nur eine Lopes-Wandlerfamilie in Südamerika, die aber steril sind“, erklärte sie ihr.
„Ihr meint sicher meine Kusine, ja, die sind leider steril. Wir haben keinen großen Kontakt zueinander. Sie sind meine einzigen Familienmitglieder, na ja, bis jetzt, wie mir scheint“, sah Selena auf Angels Babybauch.
„Ja, zwei Kinder in zwei Jahren, war alles nicht so geplant, aber wenn ich meinen Sohn jetzt sehe, könnte ich nicht glücklicher sein“, rieb sie ihren Bauch.
„Ist er hier?“
„Nein, er ist bei meinem Vater, aber du wirst ihn kennenlernen, du lebst in Südamerika, oder?“
„Buenas Aires, ja, aber ich würde gern im Leben deiner Kinder präsent sein, wenn das okay ist!“
„Ich kann überall auf der Welt hin durch meine Fähigkeiten, das kriegen wir hin. Wie lange bleibst du in New York?“
„Ein paar Tage. Ich kenn ein nettes Café hier in der Nähe, sollen wir dahin gehen?“, fragte sie.
„Das klingt gut“, freute sich Angel und Selena verwandelt sich wieder in die kleine Latina. Angel sah Luther verwirrt an.
„Sie ist anscheinend berühmt in Südamerika, frag nicht. Sie ist cool, oder?“, erklärte Luther, während sie hinter ihr hergingen.
„Da haben wir ja was gemeinsam. Dein Leben ist vermutlich nicht leicht gewesen“, bemerkte Luther, als er von seiner Mutter erfuhr, dass sie Alkoholikerin war.
„Dein Dad war tot, du warst weg, ich kam einfach nicht klar!“
„Ich verstehe, ich habe einfach zu wild gelebt und hab den Preis dafür gezahlt“, erklärte er ihr.
„Das kommt vor, aber jetzt hast du mich und zusammen werden wir stark sein“, sagte sie liebevoll. Sie hatte kaum einen spanischen Akzent, sie hatte vermutlich eine längere Zeit in einem englischsprachigen Land gelebt. Er konnte es kaum erwarten, sie das zu fragen. Er lächelte und nahm ihre Hand in seine.
 
Als Angel ihr zweites Kind bekam, waren sie wieder in New York. Sie konnten endlich wieder frei leben, Angel und Luther lehrten sogar in der Schule für die Magischen. Ihre ganze Familiengeschichte kam wieder zum Ausgangspunkt zurück, sie war wie ihr Ahne, der nicht mehr wollte, als magischen Leuten zu einem besseren Leben zu verhelfen.

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Tag der Veröffentlichung: 09.08.2023

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