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Erstes Kapitel


New Denver, Colorado 2097
 
Jonathan Hawks lebte als Halbwaise in sehr guten Verhältnissen mitten in der City. Er stand kurz vor seinen Abschlussprüfungen in Politikwissenschaften und war laut seiner Freunde ein kleiner Streber. Er wollte seiner Mutter jeden Tag beweisen, dass er seinem Vater, der zehn Jahre zuvor gestorben war in seinem Talent in Nichts nachstand. Er hatte wirklich Talent, das musste nicht nur sein bester Freund eingestehen.
„Wählt Jonathan Hawks zum Präsidenten“, witzelte Rogan, als er seinen besten Freund am Ausgang des Rednerpults in Empfang nahm. Johnny hatte gerade seinem besten Freund und Mitbewohner seine Abschlussrede vorgetragen.
„Ich heiße leider nicht Shore, das denk ich eher weniger, trotzdem danke. Soll ich wirklich so viele Adjektive verwenden?“, fragte Johnny, Rogan unsicher.
„Adjektive sind gut, Adjektive stärken die Rede. Man, ich kann es kaum abwarten meinen silbernen Streifen zu bekommen“, bemerkte Rogan und ging mit ihm aus der hellbeleuchteten Aula.
„Du willst doch nur Sex haben, mein Freund, dein Abschluss ist da doch nur Nebensache“, frotzelte Johnny und Rogan grinste breit.
„Ist wohl so offensichtlich, was? Chloe nervt mich schon seit Wochen damit“, entschied Rogan und meinte damit seine Freundin, die auch Politik studierte.
„Du armer Kerl, du hast eine heiße Studentin an der Backe, die mit dir Sex haben will“, konnte Johnny das nicht verstehen. Er hatte die letzten drei Jahre hart für seine Karriere geschuftet und in der Zeit keine Beziehung gehabt. Jetzt durfte er als Politiker Sex haben und konnte es nicht ausnutzen.
„Du bist der Klassenprimus, jeder der Mädchen würde gern deine First Lady werden“, versprach Rogan.
„Die suchen alle sicher nur ihren First Men, wir haben hier keine Möchtegern-Politikerfrauen die sich nur einen reichen Mann angeln wollen“, erkannte er und legte seine Hand auf ein Display, dass sich die Tür zum nächsten Vorlesungsraum öffnete.
„Du suchst nur nicht richtig, mein Freund, es gibt einige hier, die nach ihrem Politikstudium nicht wirklich Arbeiten wollen“, riet Rogan ihm und zeigte auf ein paar Frauen im Raum, ohne dass die das bemerkten.
„Das wär doch zu einfach, ich brauch Herausforderungen“, entschied Johnny und setzte sich an eine Bank.
„Wir werden nach der Abschlussfeier eine Sex-Orgie veranstalten, jeder muss ne Frau mitbringen, du kannst nicht ohne eine teilnehmen“, erklärte er.
„Ich stell mich eh am Montag drauf beim Bürgermeisteramt als Praktikant vor und muss mich noch darauf vorbereiten“, erwiderte Johnny und schaltete sein Display an.
„Du bist echt viel zu strebsam, mein Freund, du hast noch drei Wochen, such dir jemanden, du willst doch nicht der einzige sein, der nach dem Abschluss noch nicht hat,
oder?“, wollte Rogan wissen.
„Woher weißt du, dass ich noch nicht habe?“, fragte er keck.
„Ich wohn mit dir zusammen, mein Freund und du bist nicht der Typ, der das in der Öffentlichkeit macht, vor allem nicht so was illegales“, erkannte Rogan und machte auch sein Display an.
„Bald ist es ja nicht mehr illegal für uns und ich bin nicht so brav, wie du denkst“, entgegnete Johnny und lächelte Maya Shore, Tochter des aktuellen Präsidenten an, die auch an seiner Privat-Uni studierte.
„Das glaubst du ja selbst nicht, dass du Maya im Bett hattest. Du hättest längst tagtäglich zwei Bodyguards von ihr an den Fersen, wenn das so wäre. Du spielst auch gar nicht in ihrer Liga, schau sie dir an“, schlussfolgerte Rogan und betrachtete die hochgewachsene Präsidententochter mit den langen braunen Locken. Sie war eine wirkliche Schönheit, Johnny war auch nicht grad mit Hässlichkeit gestraft, aber sie war eine echte Augenweide.
„Ich hatte sie, glaub mir, sie wollte rebellieren und niemand anderes außer dir weiß davon“, erwiderte Johnny.
„Ja, klar, du kannst schon gut lügen, das wird dir in deiner Laufbahn echt helfen“, glaubte Rogan ihm nicht.
„Denk was du willst, ich hab sie zumindest gehabt. Übrigens, wenn mich meine Mutter heut Abend beim Essen wieder mit deiner Schwester verkuppeln will, stell dich mal auf meine Seite, du bist sonst immer ihrer Meinung“, bat Johnny. Rogan Codes war der stolze Bruder von Vivian Hawks Assistentin, seine Schwester war eine gute Partie für Johnny, er sah aber eher als Schwester, denn sie waren zusammen aufgewachsen.
„Ich bin halt ihrer Meinung, du solltest sie heiraten“, bemerkte Rogan nur.
„Sie ist wie meine Schwester, ich werde sie nicht heiraten“, entschied er ernst.
„Willst du nicht, dass wir Brüder werden?“, fragte Rogan enttäuscht.
„Wir sind schon lange Brüder im Geiste, daran wird sich auch nichts ändern und wir wären Schwäger nicht Brüder. Sie soll halt damit aufhören, sonst verliert Samantha nie das Interesse an mir“, bat Johnny, der dem Thema überdrüssig war.
„Ja, ein bisschen übertreibt sie es schon, aber du bist einfach zu nett zu ihr“, entschied Rogan.
„Wie kann ich zu nett sein? Ich sag nur hallo und tschüss und schreib ihr zu jedem Geburtstag ne E-Mail, deine kleine Schwester hat nen Stalker-Problem, würd ich mal sagen“, konterte Johnny.
„Meine Schwester ist kein Stalker, nimm das zurück“, bemerkte Rogan erbost.
„Ich bin schon das zweite Mal diesen Monat neben ihr aufgewacht“, konterte Johnny.
„Das ist nicht Stalking, das ist Verführung einer unter 21-jährigen und illegal, das kann man nicht Stalking nennen“, war Rogan richtig wütend.
„Hey, nicht so laut, sie legt sich einfach in mein Bett während ich schlafe, irgendjemand muss ihr den Tür-Code zu unserer Wohnung gegeben haben“, erwiderte er zischend.
„Ich hab ihn ihr gegeben, dass sie mal abspannen kann, unserer Eltern nerven sie grad furchtbar“, erklärte Rogan ruhiger.
„Dann sag das doch, dann ändere ich den Code an meiner Tür öfter. Red halt mal mit ihr, sie soll das lassen“, bat Johnny und der Professor kam hinein, so dass die Stunde beginnen konnte.
 
Johnny aß an diesem Abend in der Penthouse-Wohnung ihrer Mutter lustlos seine Essensration. Ab und zu sah er auf und rollte mit den Augen, als Samantha ihn anschmachtete.
„Ist was?“, fragte Vivian und er sah ihre Mutter an.
„Nein, die Essensration ist nur nicht besonders gut“, bemerkte er tonlos.
„Das sind sie doch nie. Ist deine Abschlussrede fertig?“, wollte Vivian wissen.
„Ja, so gut wie“, entgegnete er tonlos.
„Du bist heut irgendwie komisch drauf“, stellte Samantha fest, die sich ins Gespräch einmischte.
„Ich schlaf nicht gut, hab Albträume“, murmelte Johnny und sah Samantha dabei an, dass sie wusste, dass sie daran schuld war.
„Du solltest nicht so lang arbeiten, dann schläfst du auch besser“, riet Samantha ihm.
„Ja, das sollte ich machen“, erwiderte Johnny.
„Läuft da was zwischen euch?“, fragte Amanda Codes in die Runde und ihre Tochter und Johnny starrten sie an.
„Ihr seid so seltsam drauf heute Abend, wollt’s nur wissen“, erklärte Amanda, warum sie so dachte.
„Deine Tochter stalkt mich“, platzte es aus Johnny heraus.
„Gar nicht wahr“, verteidigte sich Samantha.
„Du liegst ständig in meinem Bett“, murrte Johnny und Samantha und Rogans Vater Virgil sahen ihn böse an.
„Guck mich nicht so an, Virge, red mit deiner Tochter, ich möchte das nicht, das geht von ihr aus“, erwiderte Johnny mürrisch.
„Was heißt, dass geht von ihr aus? Das ist illegal, was ihr da macht, Leute“, mischte sich auch Amanda wieder ein.
„Ich habe keinen Sex mit Sam, sie stalkt mich und legt sich mitten in der Nacht in mein Bett“, erwiderte Johnny und zeigte verurteilend auf Sam mit gestrecktem Finger.
„Ist das wahr, Sam?“, wendete sich Amanda zu ihrer Tochter.
„Ich liebe ihn einfach“, platzte es aus Sam heraus.
„Samantha Coleen Codes du kannst doch nicht den armen Kerl stalken, was denkst du dir? Entschuldige, Junge, dass ich dir nicht geglaubt habe“, entschuldigte sich Virgil bei dem Sohn seines verstorbenen besten Freundes.
„Ist ja nichts passiert, sie sollte eine Therapie machen, ich will sie nicht anzeigen müssen“, riet Johnny ihnen.
„Du würdest doch Sam nicht anzeigen? Sie ist nur ein verliebter Teenager“, war Amanda entsetzt.
„Sie ist neunzehn und wenn ihr sie nicht zur Therapie schickt, kann ich sie nur so dazu zwingen“, erkannte Johnny und Samantha sah ihn verdattert an.
„Wir sind doch alle eine Familie, dann sollten wir das offen ansprechen“, entschied Johnny und Samantha rannte heulend heraus.
„Und deshalb hast du keine Freundin, mein Freund, du hast keine Ahnung, wie man sensibel mit Frauen umgeht. Ich geh zu ihr“, moserte Amanda, stand auf und ging zu ihrer Tochter.

Zweites Kapitel


Später an diesem Abend saßen die beiden jungen Männer bei einem Bier in ihrer Wohnung. Rogan hatte grade eine halbe Stunde mit seiner Schwester telefoniert, die nicht aufhören konnte zu weinen.
„Ich war viel zu hart zu ihr“, bemerkte Johnny und trank einen Schluck. Es war erst ein paar Wochen zuvor wieder erlaubt worden, Alkohol zu trinken, denn bis zu dem Zeitpunkt war es fast 40 Jahre verboten gewesen. Seine Mutter hatte sich mit ihm zusammengesetzt und sie hatten zum ersten Mal Alkohol konsumiert. Seine Mutter war ziemlich cool, aber verschlossen, da sie den Tod ihres Ehemanns nie richtig verkraftet hatte. Er war zehn Jahre zuvor von einem Mann erschossen worden, den man gezwungen hatte, sich sterilisieren zu lassen, da durch die AIDS-Heilung zu viele Kinder geboren worden waren.
„Ja, warst du, aber ich verstehe auch, dass dich das nervt, sie braucht Hilfe, wir sollten Byron einschalten“, entschied Rogan. Dr. Byron Jeckyll war ein alter Freund beider Familien und war schon Johnnys Vaters und Mutters Therapeut gewesen.
„Ich ruf ihn an, ich hab das ja auch verursacht. Ich werde noch ein bisschen an meiner Rede feilen, gehst du noch aus?“, wollte Johnny wissen und stand auf.
„Nein, Chloe muss auch noch arbeiten und ich hab keine Lust allein um die Häuser zu ziehen. Mach dir keinen Kopf, meine Schwester kriegt sich wieder ein“, entgegnete Rogan und Johnny ging in sein Zimmer.
Als er sich grad an seinen Schreibtisch gesetzt hatte, bekam er einen Anruf über dem Display. Er lächelte und machte seine Kamera an.
„Hey Schönheit, was gibt’s?“, fragte er die Frau, die auf dem Bildschirm erschien. Es war Maya.
„Ich wollte dich nur noch mal fragen, ob unser Date für den Collegeabschlussball noch steht“, wollte Maya wissen.
„Ich dachte eigentlich, das wäre nur ein Witz von dir, du wirst doch niemals raus gelassen aus deinem Vogelkäfig“, erwiderte er.
„Momentan steh ich auch auf dem Dach der Uni und kein Bodyguard weit und breit. Ich kann mich langsam echt gut wegschleichen, ich bin frei für den Abend“, versprach sie und spielte verführerisch mit einer ihrer langen Locken.
„Das ist wunderbar, dann kann ich meinen Anzug reinigen lassen. Kommst du morgen zur Uni?“, machte er Small-Talk.
„Nein, ich hab nen Benimm-Kurs, wenn meine Eltern wüssten, was für ein böses Mädchen ich bald sein werde“, säuselte sie. Johnny und sie hatten den Plan ausgeheckt, statt auf die öffentliche Sexparty zu gehen, in seiner Wohnung nach dem Ball ihr erstes Mal zu erleben. Johnny konnte es kaum abwarten, mit dieser wunderschönen Frau zu schlafen. Verliebt waren sie nicht, sie waren eigentlich nur befreundet, aber sie vertrauten sich gegenseitig so sehr, dass sie das tun wollten.
Dieses anregende Telefonat hatte ihm wieder Energie gegeben, weiter zu arbeiten. Als sein Display in Stand-By ging war darauf ein Bild von Rogan, Sam und ihm zu sehen, was er vor ein paar Tagen geschossen hatte. Er wollte erst Samantha anrufen, doch dann legte er wieder auf und atmete tief durch. Nein, das würde sie nur wieder missverstehen.
 
Die Wochen vergingen schnell und der Tag des Abschlussballs kam. Johnny schloss seine Prüfungen sehr gut ab und war so auch in Feierstimmung. Er musste das nur vor Rogan verstecken, der sich für den Ball fertig machte, während er auf dem Sofa faullenzte.
„Du willst wirklich nicht mit?“, fragte Rogan noch einmal nach.
„Nein, keine Lust, ich wünsch dir aber viel Spaß“, verabschiedete Johnny ihn und machte den Fernsehdisplay an.
„Tja, schade, warte nicht auf mich“, konterte Rogan und verschwand in einem schicken Smoking aus der Tür.
„Ich hatte gehofft, dass du das sagst. Man, jetzt muss ich mich aber beeilen, sonst überlegt sie es sich noch anders“, murmelte er vor sich hin und zog sich schnell um. Über die Feuerleiter kletterte er herunter und sprang in seinen Wagen.
In einer Seitengasse in einer nicht so tollen Gegend von New Denver wartete Maya Shore in eine lila Robe gehüllt auf ihre Verabredung.
„Hey Schönheit, das ist wirklich ein gefährlicher Treffpunkt“, erkannte er, als er ausstieg.
„Ich musste zwei Taxis nehmen um hierher zu kommen, ich war noch nie in dieser Gegend, hat was Unheimliches. Ich hab das mitgenommen, das hat mir mein Dad geschenkt als sich 21 wurde“, konterte sie und zog einen Handschuh aus, der einen Elektroschocker integriert hatte.
„Nettes Spielzeug, ich hab’s nicht so mit Waffen, liegt vermutlich daran, wie mein Dad gestorben ist. Du siehst unglaublich aus, wir werden diesen Ball rocken“, machte er ihr ein Kompliment.
„Das hatte ich gehofft“, erwiderte sie und zog die Kapuze von ihrer Robe ab. Sie trug eine blonde Perücke.
„Wenn ich nicht wüsste, warum du dich verkleidest, wär ich fast beleidigt“, entgegnete er.
„Ich bin Melody heute Abend, deine Freundin aus Georgia. Ich hab ne Cousine dort, ich kann den Dialekt ziemlich gut imitieren“, erklärte sie und fuhr mit einem Scanner über ihre Augen, der ihre Augenfarbe von einem wunderschönen Haselnussbraun in ein Blau färbte.
„Du hast dich schon einmal zu oft verkleidet, was?“, schlussfolgerte er. Und sie schnallte sich an.
„Mehr als mir lieb ist, wenn ich Alkohol kaufe bin ich rothaarig, bei heimlichen Partys lieber blond, da krieg ich mehr Freigetränke, wie ich festgestellt habe“, entgegnete sie und grinsend fuhr er los.
 
Mit stolz geschwellter Brust ging Jonathan Hawks mit seiner blonden Schönheit am Arm über die Party. Verwirrt kam Rogan mit seiner ebenso sehr hübschen Freundin Chloe zu ihnen.
„Du kleiner Lügner du, du lügst echt immer besser. Wer ist deine Begleiterin?“, fragte Rogan verwundert.
„Melody, meine Freundin aus Atlanta, jetzt lernst du sie endlich mal kennen“, stellte er Maya unter ihrem Synonym vor.
„Du hast keine Freundin in Atlanta, mein Freund“, erwiderte Rogan ungläubig.
„Heute Abend schon, belassen wir es dabei, Codes“, bat Maya mit ihrer normalen Stimme ernst.
„Shore, bist du das? Dich hätt ich hier als letztes erwartet. Bitte sag, dass du nachher noch zu der After-Show-Party kommst“, erkannte er die zukünftige Präsidentin.
„Wir machen zu Hause unsere eigene Party, also schlaf bitte bei Chloe heut Nacht, wenn ihr überhaupt zum Schlafen kommt“, bat Johnny flüsternd.
„Wir lassen euch allein, versprochen. Scharfes Blond“, versprach Chloe und das andere Pärchen zog weiter.
„Man, meine Verkleidung ist wohl doch nicht so gut, wie ich dachte“, erwiderte Maya nervös.
„Das sind meine einzigen Freunde hier, sonst wird uns keiner belästigen, keine Sorge. Tanzen wir?“, fragte er und streckte ihr seine Hand hin.
„Liebend gern“, schmunzelte sie und sie begannen zu tanzen.
 
Etwas angeheitert kamen sie spät an diesem Abend ins Apartment zurück. Kichernd zog Maya ihren Begleiter durch die dunkle Wohnung, als plötzlich das Licht anging.
„Hast du den Bewegungssensor an?“, fragte Maya verwundert und er schüttelte den Kopf.
„Guten Abend“, hörten sie plötzlich Sams Stimme und sie drehte sich in einem drehbaren Sessel zu ihnen.
„Sam, verdammt, wie schaffst du es immer, meinen Eingangscode zu knacken?“, murrte Johnny genervt.
„Mein Onkel ist ein exzellenter Hacker, er hat mir so einiges beigebracht“, erwiderte Sam. Sie hatte etwas Seltsames in den Augen, was ihm nicht behagte.
„Bitte geh jetzt, Sam, ich will nicht die Polizei rufen müssen“, bat Johnny ernst.
„Wir waren mal Freunde, Johnny, das hast du wohl vergessen. Schlaf bloß nicht mit ihm, egal wer du bist, das bereust du für den Rest deines Lebens“, erwiderte Sam und ging auf ihren klappernden Stöckelschuhen aus der noch offenen Tür.
„Du schläfst mit ihr?“, fragte Maya etwas gekränkt.
„Nein, sie ist nur ne Freundin, sie wird nur immer mehr zu meinem Stalker. Also, wo waren wir?“, fragte er und begann sie zu küssen.
„Dann ist ja gut, dass wir keine Beziehung haben, denn ich hab keinen Kopf für Stalker“, entgegnete sie und warf ihn rabiat auf das Sofa. Während sie ihn verführte, stand Sam auf der Feuertreppe und sah dabei zu. Samantha Codes, 19-Jahre alt kletterte an diesem Abend auf das Dach des Penthouses und sprang herunter.

Drittes Kapitel

 
Lautes Sirenengeheul weckte Johnny am nächsten Morgen. Er hatte Mayas Haare im Gesicht. Er roch daran, lächelte und setzte sich auf. Er hatte diese perfekte Göttin in seinem Bett liegen, er hatte sie wirklich davon überzeugen können, mit ihm zu schlafen. Anscheinend war er wirklich ein überzeugender Politiker. Er zog seine Unterhose an und schlurfte in die Küchenzeile.
Plötzlich hämmerte jemand gegen die Tür.
„Einen Moment, ich muss mich anziehen“, rief er hinaus, huschte ins Badezimmer und zog seinen Morgenmantel über.
„Guten Morgen, Sir, tut mir Leid, dass ich Sie so früh störe an einem Samstag, aber wir haben heute Morgen eine Frauenleiche auf der Straße vor ihrem Haus entdeckt. Wir können sie nicht identifizieren, aber wir haben einen Display gefunden, auf dem ein Bild zu sehen ist. Sind Sie das?“, fragte einer der Polizisten und gab ihm einen zerbrochenen Schreibdisplay, auf dem das Bild von Rogan, Sam und ihm noch zu sehen war.
„Hat sie blonde Haare?“, fragte Johnny, der das schlimmste befürchtete.
„Soweit wir das erkennen können, ist das die Frau auf dem Bild“, erklärte der Polizist und Johnny musste sich am Türrahmen abstoßen.
„Ihr Name ist Samantha Codes, sie wohnt am Leetsdale Drive und sie ist erst neunzehn Jahre alt. Was ist passiert?“, wollte er mit bleichem Gesicht wissen.
„Tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber der Leiche nach zu urteilen ist sie gesprungen“, erklärte der Polizist.
„Nein, sie war so labil und ich hab sie gehen lassen“, erkannte er entsetzt.
„Also gehen Sie auch von einem Selbstmord aus?“, wollte der Polizist wissen.
„Mit der größten Wahrscheinlichkeit. Ich will dabei sein, wenn Sie es der Familie sagen, ich bin ein guter Freund der Familie“, bat er und der Polizist nickte. In dem Moment kam Maya nur mit seinem Hemd an zu ihnen.
„Was ist hier los?“, fragte sie verwundert.
„Sam ist tot!“, sagte er nur. Ihm war zum Heulen zumute, aber wollte sich weder vor ihr noch vor dem Polizisten die Blöße geben und losheulen.
„Entschuldige, ich hab nen Kater, wer war Sam nochmal?“, fragte sie etwas verwirrt reinblickend. In dem Moment bemerkte der Polizist, wen er da vor sich hatte.
„Guten Morgen, Miss Shore“, begrüßte er sie überfreundlich.
„Wir haben nichts illegales gemacht, wir sind seit gestern Politiker, ganz offiziell“, entgegnete sie nervös und zeigte ihr noch nicht verheiltes Tattoo mit dem silbernen Streifen, was über dem roten Streifen prangte, was sie als Mitglied der Präsidentenfamilie identifizierte.
„Ich weiß, Miss Shore, das hätten sie schon mit dem roten Streifen dürfen. Ich lasse Sie aus dem Bericht raus, versprochen. Ich würde dann gleich zu der Familie gehen, wenn Sie sich dann anziehen würden, Sir!“, bat der Polizist.
„Sicher, warten Sie kurz“, bat Johnny und benommen ging er zurück in sein Schlafzimmer. Maya folgte ihm.
„Alles klar?“, fragte sie mitfühlend und er fiel ihr weinend um den Hals.
„Tut mir leid, ich darf damit nicht in Verbindung gebracht werden, ich klettere über die Feuertreppe, war cool letzte Nacht, aber ruf mich nicht mehr an, okay?“, bat Maya, als sie sich eilig umgezogen hatte und kletterte unbemerkt 10 Stockwerke an der Feuertreppe herunter, während Johnny in den dunkelsten Klamotten, die er finden konnte mit dem Polizist zu den Codes fuhr.
„Morgen Johnny, dachte nicht, dass ich vor Mittag was von euch Jungs höre, was gibt’s?“, machte Virgil ihnen die Tür auf. Als er den Polizist sah, erstarb sein Lächeln.
„Man, was hat Sam gemacht?“, stellte Virgil fest.
„Können wir ins Haus gehen, bitte?“, bat Johnny todernst und er ließ die Männer rein.
Amanda drückte die Hand ihres Mannes fest. Sie stand noch zu sehr unter Schock, um zu weinen. Der Polizist war fünfzehn Minuten zuvor gegangen und Johnny versuchte verzweifelt seinen Kumpel zu erreichen.
„Rogan nimmt immer noch nicht ab, er hat sein Head-Set wohl nicht mitgenommen“, erklärte Johnny tonlos, als er es aufgab, Rogan anzurufen.
„Mein kleiner Engel ist tot“, sagte Amanda nur, die endlich wieder Worte gefunden hatte.
„Es tut mir so leid, Tante Amanda, ich hätte sie nie gehen lassen sollen, ich war nur zu abgelenkt um zu verstehen, was in ihr vorgeht“, entschuldigte sich Johnny zum zehnten Mal.
„Du bist kein Psychologe, du hättest es nicht wissen können“, entgegnete Virgil, der mit den Tränen kämpfte.
„Ich kenne sie seit ihrer Geburt, ich hab es nur nicht sehen wollen“, machte er sich weiter Vorwürfe.
„Hör auf, dir Schuldgefühle zu machen, das ändert gar nichts“, wurde Virgil unerwartet laut.
„Nein, das tut es nicht, ich sollte gehen“, entgegnete Johnny verwirrt und sprang auf.
„Nein, Johnny, du bist auch unser Sohn, wir trauern hier als Familie“, bat Amanda ihn, nicht zu gehen.
„Hat jemand meine Mutter angerufen?“, wollte Johnny plötzlich wissen.
„Nein, das haben wir vergessen, machst du das?“, fragte Virgil.
„Ja, mach ich. Soll ich wirklich hier bleiben?“, wollte er nochmal wissen und Amanda ergriff mit ihrer freien Hand die Hand ihres Ziehsohns, der sich wieder hinsetzte. Er saß keine zwei Minuten, als sein Head-Set klingelte.
„Es ist Rogan“, erklärte er und sprang wieder auf.
„Sag ihm, er soll hierher kommen“, bat Virgil und Johnny nickte.
„Alter, du hast die Orgie schlechthin verpasst, ich hab so viele nackte Frauen gesehen, so viele werde ich mein ganzes Leben nicht mehr nackt sehen. Du hast echt was verpasst. Wie war deine Nacht mit Maya?“, begrüßte Rogan ihn gutgelaunt.
„Gut, gut, du, komm bitte zu deinen Eltern, es ist was passiert“, bat er ernst.
„Du hast meine Schwester doch nicht verhaften lassen. Ich weiß, sie wollte gestern Abend wieder zu dir, hat sie dir die Tour mit Maya versaut?“, wollte Rogan nicht mehr so gut gelaunt wissen.
„Gibt es jemanden, der dich hierher fahren kann?“, wollte er wissen.
„Ja, Chloe ist wieder nüchtern, jetzt sag schon was los ist“, bat Rogan.
„Unsere Kleine ist tot, Sam ist tot, Rog“, bemerkte er stockend.
„Verdammt, ich mag deinen Humor nicht, lass den Scheiß“, glaubte er ihm nicht.
„Sie hat sich vom Dach unseres Wohnhauses gestürzt, sie mussten mich fragen, ob ich sie identifizieren kann, so beschädigt war ihr GIS“, erklärte Johnny.
„Ich bin in fünfzehn Minuten da“, hörte er ich nur sagen und dann gab es nur ein Rauschen in der Leitung.
„Er kommt her“, erklärte er und setzte sich auf die Treppe neben sich.
„Was hat er gesagt?“, wollte Amanda wissen.
„Ich weiß nicht, ob er es so wirklich geglaubt hat“, erläuterte er und vergrub sein Gesicht in seinem Schoß.
„Ich kann es auch noch nicht ganz glauben. Hat man dir Bilder von ihr gezeigt?“, wollte Virgil wissen.
„Nein, oh Gott, nein, sie werden einen DNA-Vergleich machen, da brauchen sie mich nicht dafür. Man, mein Tattoo hat sich irgendwie entzündet, ich hab das Ding eh nicht verdient“, erwiderte Johnny, deren Schuldgefühle ihn fast umbrachten.
„Lass mich mal sehen“, bat Virgil und untersuchte seine Wunde. Virgil hatte nun fast dreißig Jahre Erfahrung als Pfleger und hatte ihn fast bei jeder von Johnnys Kinderkrankheiten beigestanden. Wie Johnny aber in dem Moment so eingesackt dort saß, wünschte er sich nichts mehr als dass sein bester Freund Orlando ihn in diesem Moment hätte beistehen können.
„Ja, es ist entzündet, ich tu was drauf. Du musst Viv noch anrufen“, erinnerte Virgil ihn und Johnny wählte mit einer Taste an seinem Head-Set die Nummer seiner Mutter.
„Hey, ich hab nicht gedacht, dass du schon ansprechbar bist, wie war die Party?“, begrüßte Vivian ihn glücklich. Sie schien es noch nicht zu wissen.
„Ich bin bei den Codes, es ist was Schlimmes passiert, Mom, setz dich hin bitte, wenn du grad nicht sitzt“, bat er und als sie sich hingesetzt hatte, erzählte er es ihr.
„Ich bin sofort da“, versprach sie und Johnny legte wieder auf.
„Das ist alles so surreal, gestern haben wir noch unseren Abschluss gefeiert, heute müssen wir eine Beerdigung planen“, erkannte Johnny und stand wieder auf.
„Ich werde mal bei der Polizei anrufen und alles regeln“, entgegnete Virgil und nachdem er seinen Ziehsohn versorgt hatte, ging er in einen Nebenraum.
 
Zehn Minuten später hörten sie ein Motorrad vor dem Haus halten.
„Rogan ist da“, sagte Amanda nur und riss Johnny aus seinen Gedanken.
„Er ist wohl doch selbst gefahren, das hätte er nicht tun sollen“, erwiderte Amanda und machte ihm die Tür auf.
„Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist“, bat Rogan, als er seine Mutter sah, doch die fiel ihm weinend um den Hals.
„Nein, das kann nicht sein, nein, das ist nicht wahr“, kapierte Rogan, was passiert war und fiel auf die Knie.
„Komm hoch, mein Freund“, bat Johnny hilfsbereit und half Amanda, ihn hochzuziehen.
„Verschwinde“, zischte Rogan zu Johnny.
„Wie bitte?“, verstand Johnny nicht.
„Ich will dich nie wieder sehen“, erwiderte Rogan lauter und riss sich von ihm los.
„Du bist in Trauer, mein Freund, du weißt nicht, was du sagst“, war Johnny von seinen Worten entsetzt.
„Ich war noch nie klarer, wegen dir ist sie tot, du bist an allem schuld. Verlass mein Haus“, donnerte er mit zittriger Stimme.
„Das ist immer noch mein Haus, mein Sohn und hier wird keiner rausgeschmissen“, mischte sich Virgil ein, der aus dem Nebenraum kam.
„Schon gut, ich gehe“, erwiderte Johnny mit leeren Augen und verließ die Wohnung.
„Was sollte das? Er hat nichts damit zu tun“, hielt seine Mutter ihm eine Standpauke.
„Sie hat ihn geliebt, er muss sie so verletzt haben, dass sie das getan hat, er trägt die Hauptschuld. Wir werden nie wieder über ihn reden“, konterte Rogan mit einer Kälte in der Stimme, die seine Mutter Erschaudern ließ.
 
Johnny hatte Mühe seinen Gedanken zu sammeln. Die Frau, die ihn seit der Junior-Highschool angehimmelt hatte, hatte sich wegen ihm umgebracht und sein bester Freund hatte ihn verstoßen. Er hatte vollkommen Recht, er konnte das nie wieder gut machen. Er musste aus der Stadt raus, er konnte jetzt nicht mal ansatzweise an sein Praktikum denken. Sein Plan war nicht ganz ausgereift, als er mit einer Wodka-Flasche bewaffnet ziemlich betrunken über verschiedene flache Häuserdächer in niedriger Höhe torkelte. In einem Moment der vollkommenen Hoffnungslosigkeit breitete er seine Arme aus und ließ sich fallen.

Viertes Kapitel

 
„Hey, das ist meine Mülltonne“, hörte er und das bereitete ihm Kopfschmerzen. Er lag in einer Altkleider-Kiste, er schien vom Dach in die Kiste gefallen zu sein. Er hatte sich den Kopf angeschlagen und war noch ziemlich betrunken.
„Hey Schnapsleiche, siff mir nicht die sauberen Klamotten voll“, sprach die Stimme weiter und jemand leuchtete mit einem LED-Licht in seine Augen.
„Lass mich in Frieden“, murrte er betrunken.
„Du kannst hier nicht pennen, das ist ne Altkleider-Kiste, Mann“, zog die Frau, zu der die Stimme gehörte ihn hoch.
„Wer bist du, die Altkleider-Polizei?“, lallte er und ein kräftiger Mann zog ihn heraus.
„Nein, eher das Gegenteil, danke Jaden“, entgegnete die Frau und griff beherzt in die Kleiderkiste.
„Das ist Diebstahl“, maulte Johnny und hielt sich am Rahmen der Tonne fest, weil er noch ziemlich wacklig auf den Beinen war.
„Nein, dein 600 Dollar Anzug ist Diebstahl, du bist ganz schön weit entfernt von deinem Wohngebiet, was?“, stellte die Frau fest. Sie war so alt wie er, hatte aber dreckige Kleidung an und zerwühltes Haar. Sie war sicher keine Studentin, sie durfte so ungepflegt keine Uni betreten.
„Hör auf mich so anzustarren und verzieh dich, Mann“, murrte sie.
„Wir sollten ihn mitnehmen, er bringt sicher was ein“, riet Jaden ihr, der anscheinend als ihr Bodyguard fungierte.
„Du hast Recht, komm mit“, erwiderte die Frau und hielt ihm eine Waffe vor.
„Du brauchst keine Waffe, ich bin eh zu besoffen um mich zu wehren“, murrte er und folgte ihnen.
 
Zur gleichen Zeit versuchte Vivian verzweifelt ihren Sohn zu erreichen.
„Komm schon, wo steckst du?“, murmelte sie und drückte den Knopf an ihrem Head-Set um aufzulegen, als sie ihn nicht erreichte.
„Lass ihm seine Zeit, Viv, er ist erwachsen, er wird schon zurückkommen“, versprach Amanda, die teilnahmslos, ihren Sohn mit dem Kopf auf dem Schoß liegend, neben ihr auf dem Sofa des kleinen Hauses saß. Rogan war, nachdem er Johnny angeschrien hatte, in einen Schockzustand gefallen und hatte seitdem weder gegessen noch was getrunken oder irgendeinen Ton von sich gegeben. Ihr Psychologenfreund Byron hatte versprochen, nach seiner Arbeit zu ihnen zu kommen, aber seine eigene Praxis lief so gut, dass er ständig Überstunden schieben musste.
„Nachdem was er heute erlebt hat, denke ich nicht, dass er wieder den Drang verspürt, zurückzukommen“, mischte sich Virgil ein, der endlich geweint hatte.
„Jetzt gib nicht deinem Sohn die Schuld daran, er hat seinen Ärger rausgelassen und seine Meinung gesagt“, entschied Amanda.
„Der Junge hatte furchtbare Schuldgefühle, nen Kater und brauchte jemand, der ihn in den Arm nimmt, nicht das sein bester Freund ihm die Freundschaft kündigt“, mischte sich Vivian ein.
„Er muss eine gewisse Zeit trauern, dann wird er wieder einsehen, dass sie sich gegenseitig brauchen“, versicherte Amanda und strich ihrem Sohn über den Kopf.
„Man, wann kommt Byron endlich, er macht mir im dem Zustand solche Sorgen“, dachte Amanda laut nach und küsste den Kopf ihres Sohnes. Der toughe Biker ließ alle Zärtlichkeiten seiner Mutter über sich ergehen, was sie noch mehr erschreckte, denn Rogan war nie der Typ Mensch gewesen, der auf Körperkontakt seiner Mutter stand.
„Ich ruf ihn nochmal an, biet ihm was zu trinken an, vielleicht trinkt er endlich mal, bevor er dehydriert“, entgegnete Virgil und rief nochmal seinen Kumpel in der Praxis an.
Derweil war Johnny halb tragend, halb schleifend dort angekommen, wo die junge Frau und der Kerl namens Jaden ihn gebracht hatten. Ihm war inzwischen kotzübel, denn zwischen seinem letzten Rausch und dem aktuellen waren nur ein paar Stunden gelegen und sein Körper rebellierte heftig dagegen.
„Wir sind da, geh da rein“, gab die Frau ihm einfache Anweisungen, als er vor einem Zelt stand.
„Mir ist nicht nach Camping“, murmelte er. Sein Kopf blutete und auch sonst konnte er keinen klaren Gedanken fassen.
„Das ist nicht Camping, wir wohnen hier. Gib mir deine Jacke“, bat Jaden und etwas umständlich zog Johnny seine Jacke aus.
„Braver Junge, die müssen wir reinigen lassen, die ist vollgeblutet, Hose aus“, plante Jaden.
„Dann bin ich aber fast nackt“, murrte er lallend.
„Du kriegst Sachen von uns, aber dein Anzug wird uns für ne Weile essen verschaffen, den kannst du nicht vollkotzen“, erklärte die Frau und knöpfte seine Weste und sein Hemd auf, dass er nur noch in Shorts, Unterhemd und Schuhen dastand.
„Schau dir die Stiche an, dass ist nen echter Armani, der bringt uns mindestens ne Woche durch“, erklärte die Frau erfreut und Jaden stopfte die Sachen in einen Sack.
„Was seid ihr für Leute, die Kleidermafia?“, versuchte Johnny in seinem Rausch weiter zu begreifen, was mit ihm passierte.
„Du stellst zu viele Fragen, mein Freund, geh da rein, da sind Sachen, zieh die an und schlaf deinen Rausch aus. Wir wollen dich doch morgen frisch und sauber präsentieren“, entgegnete die Frau und schupste ihn in das Zelt. Johnny stolperte in einen Stapel von Kissen und schlief dort ein.
„Hast du seinen GIS-Zusatz gesehen? Wir werden reich, mein Süßer. Jetzt lass mich mit ihm allein, ich will auch meinen Spaß mit ihm haben“, erwiderte die Frau, zog ihre dreckige Jacke aus und machte sich über den benommenen Johnny her.
 
Johnny wachte an diesem Sonntagmorgen auf, als ein stechender Schmerz seinen Kopf durchfuhr. Es war nicht der Kater, das fühlte sich anders an, irgendjemand tat was mit seinem Kopf.
„Was macht ihr mit mir?“, fragte er verschlafen.
„Du kratzt uns noch ab, wir müssen deine Platzwunde nähen, ich dachte, wenn wir das machen, während du deinen Rausch ausschläfst, tut’s weniger weh, denn Schmerzmittel sind hier rar“, hörte er die Stimme einer Frau und er blinzelte durch seine müden Augen.
„Morgen, sind wir wieder ansprechbar heute?“, wollte die Frau wissen.
„Minder bis mäßig, ihr habt mich entführt, oder?“, kam es ihm wieder in den Sinn.
„Entführt ist so ein böses Wort, wir haben dir einen anderen Weg zu Leben gezeigt. Und übrigens, du bist ein Wahnsinns-Liebhaber“, entgegnete die Frau. Erst jetzt merkte er, dass er nur in einer Decke dalag, während sie ihm die Kopfwunde mit einer medizinischen Nadel verarztete.
„Was hast du mit mir gemacht? Da hab ich sicher nie mein Einverständnis gegeben“, entgegnete er und wollte von ihr wegrutschen.
„Bleib hier, ich nähe noch“, befahl sie und klammerte ihre Unterschenkel um ihn, dass er nicht wegkonnte.
„Weißt du eigentlich, was du da tust?“, fragte er mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„Ich bin gelernte Krankenschwester, also ja. Wie ist dein Name?“, wollte sie wissen.
„Michael“, log er.
„Schöner Name, ich bin Henrietta, aber alle nennen mich Schwester Feelgood weil ich hier an die Schmerzmittel rankomme, die reinknallen“, erklärte sie.
„Henrietta, lass sofort den Mann in Ruhe, du bist alles andere als ne Krankenschwester, Schwester“, hörte er eine donnernde Stimme und er sah einen Kerl mit wildem Bart und Flip-Flops an, der ins Zelt gestürmt kam.
„Aber ich könnte es sein, siehst du, das sieht gut aus“, bemerkte sie und machte ihren letzten Stich.
„Dafür müsstest du noch alle Tassen im Schrank haben und dein letztes Tafelservice ist schon vor ner langen Zeit kaputt gegangen. Lass ihn los“, forderte der Kerl und sie ließ ihn murrend los.
„Ich hab doch gewusst, dass sie ne Schraube locker hat. Ich brauche was zum Anziehen“, forderte Johnny mit aller Stärke in der Stimme, die er in der Situation aufbringen konnte.
„Hey, red nicht so über meine Schwester. Hier“, erwiderte der Kerl und warf ihm nicht grad saubere Klamotten hin.
„Die sind dreckig“, maulte er.
„Du kannst auch nackt rumlaufen, stört mich nicht“, säuselte Henrietta anzüglich.
„Danke“, sagte er nur zu dem Kerl und zog sich hektisch an.
„Du bist also Politiker“, kam der Kerl gleich zum Punkt, als er angezogen war.
„Woher weißt du… ach ja, mein Streifen, ja, seit zwei Tagen. Die suchen sicher schon nach mir“, erklärte er und versteckte seinen Streifen unter dem Kragen. Zwei Jahre zuvor waren die GIS, die eine Art Tattoo-Identifizierung waren auch auf dem Hals gestochen, worden nachdem mehrere Köpfe aufgetaucht waren, die man trotz DNA-Vergleich nicht identifizieren konnte.
„Keiner sucht nach dir, Kleiner, ich hab meine Spione in der Stadt, dein GIS wurde noch von keinem Polizeicomputer kontrolliert“, bemerkte der Kerl rechthaberisch.
„Ich bin ein Mörder, das hab ich wohl verdient“, erkannte er traurig.
„Was hast du gemacht, deine Geliebte getötet?“, wollte der Kerl wissen und schob ihn am Genick haltend aus dem Zelt.
„So in etwa, du weißt also wie ich heiße“, stellte er fest.
„Ja, wir haben hier auch GIS-Scanner, dass wir frei und ungebunden leben heißt nicht, dass wir noch im Mittelalter leben“, entschied der Kerl.
„Ich seh schon die Dollarzeichen in deinen Augen, du willst meine Mutter um einen lächerlich hohen Betrag erleichtern, oder?“, stellte er fest.
„Als ich das GIS auf den Monitoren entdeckt habe, wollte ich das erst tun, aber jetzt wo ich merke, dass du nicht vermisst wirst, biete ich dir die Möglichkeit an, hier neu anzufangen. Ich halt dir auch meine labile kleine Schwester vom Hals“, bot er ihm an.
„Okay“, sagte Johnny nur, was ihn überraschte.
„Du wirst richtig schwer arbeiten müssen, mehr als dein Politiker-Arsch vermutlich vertragen kann“, erkannte der Kerl.
„Alles ist besser als dahin zurückzukehren und die Fragen zu beantworten. Wo sind wir überhaupt?“, fragte er und sah sich um.
„Kennst du den Wald außerhalb der Stadtgrenze, in den sich keiner von euch traut?“, wollte der Kerl wissen.
„Hier soll’s doch wilde Tiere gegeben“, erwiderte Johnny und sah sich ängstlich um.
„Schon ne Weile nicht mehr, das ist nur ne Sage. Ich bin übrigens Cassius und so was wie der Anführer hier. Arbeite harte und lass die Finger von meinen Frauen, dann bekommen wir keine Probleme“, entschied Cassius.
„Klar, mach ich … warte hast du grad Frauen gesagt?“, war er verwirrt.
„Ich hab drei, Lilly, Amerose und Laila, ich bin stolzer Mormone und kenne nichts anderes“, erklärte Cassius.
„Wie viele Kinder hast du?“, wollte Johnny wissen, der irgendwie fasziniert war von Cassius‘ Lebensstil.
„Zwei leibliche von Amerose, Lilly ist erst 19, sie ist noch zu jung dafür, Laila ist irgendwie bockig“, erzählte er stolz.
„Ich kann es kaum abwarten, selbst Kinder zu zeugen, das ist auch nen Grund, warum ich Politiker werden wollte“, erklärte er.
„Klar, der Sex, den du dafür vollziehen musst ist nicht wichtig“, schmunzelte Cassius.
„Ja, der natürlich auch, du glaubst nicht, wenn ich vorgestern im Bett hatte…“, begann er, stockte aber dabei.
„Sag schon, war es jemand prominentes?“, wollte er neugierig wissen.
„Ja, deshalb verschweig ich jetzt hier ihren Namen“, erwiderte er und eh er sich versah, hatte er eine etwas altertümliche 9mm am Kinn kleben.
„Man, was habt ihr immer mit den Waffen, ich hab die Nacht mit Maya Shore verbracht, okay? Jetzt nimm die Waffe da weg, bitte“, bat er nervös.
„Ja klar, sie ist eine zwölf und du eine vier, das hättest du wohl gern“, glaubte er ihm nicht, senkte aber seine Waffe.
„Ich hab sie dabei gefilmt, ja schäbig ich weiß, aber es ist für Situationen wie diese“, erkannte er und wollte an sein Head-Set greifen, es war aber nicht mehr da.
„Verdammt, ich muss es verloren haben“, erwiderte er.
„Das ist ja ganz passend. Muss bei deinem Sturz passiert sein“, bemerkte Henrietta, die zu ihnen stieß.
„Ach wer ist denn da, die Vergewaltigerin“, war Johnny nicht gut auf sie zu sprechen.
„Ich hab hier niemanden vergewaltigt, ich hab mir nur geholt, was ich gebraucht habe. Du bist doch ein Politiker, du wirst ja kaum eine Jungfrau gewesen sein“, schmunzelte sie.
„Auch wenn es dich nichts angeht, ich bin erst seit Freitag ein Politiker und das war mein zweites Mal. Wie hast du das eigentlich geschafft? Dass ihr Frauen das machen könnt, während ihr fast bewusstlos seid, hab ich schon gehört, aber ich musste dafür doch wach sein, oder?“, wollte er wissen.
„Es gibt für alles Pillchen und Spritzen, mein Freund“, erkannte sie cool.
„Was auch immer du gemacht hast, lass es, ich hatte nicht vor deinen Sexsklaven zu spielen“, bat er ernst.
„Du langweilst mich eh schon, ich bin durch mit dir“, entgegnete sie und ging weiter.
„Ich halt sie dir vom Hals, keine Sorge. So, ich stell dir jetzt mal meine Frauen vor, dass du weißt, von welchen Frauen du hier die Finger lassen sollst“, erklärte er und brachte ihn zu einem größeren Zelt. Darin saß eine wunderschöne, junge Frau, die ihre Locken kämmte. Sie war fast noch schöner als Maya, was fast unmöglich war.
„Lilly, wir haben einen Neuen, das ist Michael“, stellte sie ihm Johnny unter seinem Pseudonym vor.
„Hey Michael“, sagte sie in einer lieblichen Stimme, die ihm eine Gänsehaut machte. Er musste sich bemühen, die Göttin nicht anzustarren.
„Äh, hi“, murmelte er verlegen.
„Der Kleine ist etwas schüchtern, könntest du ihm mal zeigen, wo er schlafen kann und gib ihm ein paar Anziehsachen. Denk aber dran, dass das Zelt weit weg von Henris Zelt ist, meine Schwester hat ein neues Boytoy gefunden“, entgegnete Cassius und ließ sie allein.
„Ich bin Michael“, stieß Johnny hervor. Er war so nervös in ihrer Gegenwart, dass es ihr auffiel.
„Ja, sagte er gerade. Wo kommst du her, Michael?“, wollte sie wissen.
„Von hier, ich komme aus der Stadt“, sagte er gefasster.
„Ja, ich auch, aber das ist zu lange her, um mich wirklich daran zu erinnern“, erklärte sie und strich einer ihrer Locken hinter ihr Ohr. Sie war gepflegter als die anderen Frauen, die er bis jetzt dort sehen konnte, vermutlich wollte Cassius seine Frauen willig aber sauber haben.
„Ich bring dich zu deinem Zelt, vor was rennst du weg, Michael?“, wollte sie wissen und stand von ihrem Schneidersitz auf.
„Vor dies und das, es ist nicht nötig, darauf einzugehen. Es ist wirklich sehr freundlich, dass dein Mann mich so hier aufnimmt“, erkannte er, während sie zu dem Zelt gingen.
„Ja, er ist so großzügig. Ist Michael dein richtiger Name?“, fragte sie.
„Nein, nicht wirklich“, gestand er.
„Bleiben wir bei Michael, mehr muss ich nicht wissen. Hier ist ein leeres Zelt, das kannst du haben, es wird nachher noch jemand mit deinen Sachen kommen. Willkommen bei uns“, erwiderte sie und ließ sie allein.
Johnny musste sich wieder sammeln, diese Frau raubte ihm noch seinen Verstand. Das würde verdammt hart werden, ihr zu wiederstehen.
 
In der Stadt machten sich die andren jetzt wirklich Sorgen um Johnny, denn über Nacht war er noch nie verschwunden gewesen.
Sie schalteten die Polizei ein und die durchsuchten Johnny und Rogans Wohnung an diesem Morgen, während Rogan mit Byron im Wohnzimmer saß. Nach einer mehrstündigen Therapiesitzung sprach Rogan endlich wieder, zwar nicht viel, aber Byron konnte ihm ein paar Gefühle entlocken.
„Das ist sein Raum?“, fragte einer der Polizisten und Rogan nickte.
„Wir gehen jetzt mal da rein“, plante der Polizist.
„Ja, dachten wir schon, machen Sie ruhig, wir unterhalten uns hier“, erklärte Byron und die Polizisten öffneten die Tür mit einem Generalcode.
Rogan und Byron unterhielten sich einige Minuten, bis sie ein mehrfaches erstauntes „Alter“ von drinnen hörten und neugierig hinter ihnen hergingen.
„Was ist? Haben Sie Drogen oder so gefunden?“, fragte Byron verwundert. Wortlos hielt einer der Polizisten ihm einen DNA-Scanner hin.
„Alter“, stieß Byron auch hervor, als er gesehen hatte, was auf dem Scanner stand.
„Weiht ihr mich ein?“, wollte Rogan wissen, der das erste Mal eine Frage stellte, seit er geschwiegen hatte.
„Dein bester Freund hat mit der zukünftigen Präsidentin die Laken geteilt“, erkannte Byron verdattert.
„Ja, weiß ich, was macht ihr für nen Theater, er darf doch, oder?“, entgegnete Rogan cool.
„Du weißt davon?“, war Byron verblüfft.
„Hallo, bester Freund, was denkst du warum ich in der Nacht nicht zu Hause war, ich wusste davon“, erklärte Rogan.
„Man, erinnere mich dran, dass ich unserem Kleinen dafür nen Bier ausgebe, Respekt“, entgegnete Byron stolz auf Johnny.
„Ja, ist ja nur Sex, was auch immer“, murrte Rogan und ging wieder ins Wohnzimmer.
„Man, ich hab echt noch viel Arbeit zu tun, ich bin mit ihm in seinem Zimmer, meldet euch noch, bevor ihr geht, ich hoffe, ihr findet was, dass ihn uns zurückbringt“, sagte Byron nachdenklich und brachte Rogan in sein Zimmer.
Fast zeitgleich suchten die besorgten Eltern Spuren von Johnny online.
„Er hatte keinen seiner Social-Accounts in den letzten Stunden besucht und ich muss dazu sagen, dass ich mich nicht gut dabei fühlte, in sein Privatleben zu hacken. Oh man, das hätte ich jetzt nicht sehen müssen“, sah sich Virgil auf Johnnys Datenbank um und fand den Sexfilm, den Johnny von Maya und sich gedreht hatte.
„Ist dass die für die ich sie halte?“, fragte Amanda und drehte den Kopf so, dass sie die Frau in dem Film richtig sehen konnte.
„Hey, das ist mein Sohn in diesem Video, ihr habt ihm beide die Windeln gewechselt“, fühlte sich Vivian nicht wohl bei der Sache.
„Was ich hier sehe erinnert mich verdächtig an einem gewissen Doktor“, schmunzelte Virgil.
„Virge‘, mach das bitte aus“, bat Vivian ernst und er schaltete es aus.
„Dein Sohn schläft mit der Tochter des Präsidenten, ich dachte immer, dein Sohn wär so ein kleiner Schlaffi, ich hab wohl falsch gedacht, ich seh ihn jetzt in einem ganz anderen Licht“, war auch Virgil stolz auf ihn.
„Könntest du nen bisschen weniger Patenonkelstolz und ein bisschen mehr Hackergabe in die Sache bringen, bitte?“, bat Vivian in einer besorgten Mutterstimme.
„Sicher, tut mir leid, bin schon wieder bei der Sache, nicht so sehr wie dein Sohn bei der Sache war, aber … okay ich hör auf, also wo war ich?“, plapperte Virgil und tippte drauf los.
„Diese Medis, die dir Byron gegeben hat, sind ein wenig zu stark, oder?“, fragte Amanda todernst.
„Ja, scheint so, tut mir leid“, bemerkte er weniger aufgedreht.
„Hey, besser so als dich wieder weinend im Schoß zu haben. Apropos weinend im Schoß, ich sollte mal Byron anrufen, ihre Sitzung geht jetzt echt verdammt lang“, erwähnte Amanda und rief Byron an.
„Wir sind noch dran, Amanda, ich meld mich, wenn ich wieder zu Hause bin, okay?“, bat Byron und legte wieder auf.
„Die sind immer noch dabei, man, ich hoffe das bringt was, ich will ihn nicht auch noch verlieren“, sagte sie traurig.
„Er wird wieder, es sind erst 24 Stunden, gib ihm Zeit. Du weißt, wie lange ich nach Orlandos Tod gebraucht habe, um zurück in die Gesellschaft zu gehen“, erinnerte Vivian ihn.
„Ich hoffe, er braucht nicht so lange wie du, er muss sich bald einen Job suchen“, entschied Virgil.
„Das klingt zwar dämlich, aber wir sollten ihm dieses Praktikum im Rathaus verschaffen, Johnny will es ja anscheinend nicht mehr“, erkannte Amanda plötzlich.
„Wie kannst du so was sagen? Vielleicht liegt er schon tot irgendwo!“, ärgerte sich Vivian über die Worte ihrer Freundin.
„Dann wäre er längst gefunden worden, er ist sehr wohl am Leben und hat sich entschieden vor seinen Problemen wegzulaufen“, entschied Amanda.
„So, du denkst also wie dein Sohn, du denkst doch, dass mein Sohn, deine Tochter getötet hat, oder?“, wütete Amanda.
„Wenn wir uns nicht gekannt hätten, dann wär sie noch am Leben, so sieht’s doch aus“, mischte sich auch Virgil ein.
„Wenn wir uns nicht gekannt hätten, wärst du nicht mehr am Leben oder zumindest schwerkrank, Virge‘, mein Mann hat dir das Leben gerettet“, wies Vivian ihn darauf hin, dass ihr Mann ihm mit seinem AIDS-Mittel das Leben wesentlich leichter gemacht hatte.
„Ja, dein Mann, unser großer Held“, lästerte Amanda.
„Du hast ihn gar nicht richtig gekannt, sonst würdest du so etwas nie sagen. Ich gehe jetzt und den nehm ich mit“, murrte sie, entriss Virgil den Schreibdisplay ihres Sohnes und rauschte davon.

Fünftes Kapitel

 
Weinend kam Vivian Hawks an diesem Nachmittag an der Wohnung ihres Sohnes an. Byron und Rogan waren inzwischen dazu übergegangen, auf dem Balkon Bier in sich hinein zu kippen.
„Hey Zuckerstück, warum weinst du, Prinzessin?“, begrüßte Byron sie überschwänglich.
„Interessante Therapie die du da machst, nach den Lehren von Dr. Jack Daniels nehm ich mal an?“, war sie nicht gut gelaunt.
„So in etwa, ja, er wollte trinken und ich vermisse sie auch sehr, deshalb hab ich mitgemacht. Aber ich vertrage wohl nicht so viel wie er“, lallte Byron ziemlich betrunken.
„Ja, scheint so, kann ich mit dir mal unter vier Augen reden?“, wollte sie wissen.
„Sicher, zu euch wollte ich auch noch kommen. Das ist ziemlich viel für dich grad, du kannst ruhig weinen“, bemerkte er mitfühlend und nahm sie in den Arm.
„Die anderen waren böse zu mir“, bemerkte sie wie ein kleines Kind.
„Schwingen sie auch diese “Johnny ist der Sohn des Teufels“-Tiraden wie Rogan?“, fragte er schlussfolgernd.
„Zuerst nicht, zuerst dachte ich, wir ziehen alle an einem Strang doch dann haben sie ausgesprochen was sie gefühlt haben und ich bin weinend abgezogen“,  murmelte sie und schniefte.
„Das wär ich auch, aber sie sind einfach in tiefer Trauer, dass darfst du nicht so ernst nehmen“, tröstete er sie und brachte sie in Johnnys Zimmer, wo er sie zum Bett zog.
„Habt ihr das Bett neu bezogen?“, fragte sie kritisch.
„Nein, ist alles beim Alten, wieso?“
„Mein Sohn ist ein Ferkel, mehr musst du nicht wissen“, konterte sie und setzte sich auf den Schreibtischstuhl.
„Du weißt es auch?“, fragte sie erstaunt.
„Die Polizei hat vorhin die DNA von ihr überall in diesem Bett gefunden, woher weißt du es?“, wollte er wissen und sie tippte auf Johnnys Display herum und zeigte ihm das Video. Er drehte den Kopf so wie Amanda zuvor.
„Ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden, wenn er wiederkommt“, realisierte er und Vivian stoppte das Video.
„Nachdem du ihm ein Bier ausgetan hast, oder?“, wollte sie mit Grummeln in der Stimme wissen.
„Sie ist schon eine 12, wenn ich nicht schwul wäre, hätte ich glaub ich dasselbe getan“, schlussfolgerte er grinsend.
„Du bist fast fünfzig, alter Freund, sie hat sicher keinen Daddy-Komplex“, frotzelte sie.
„Das war jetzt echt unfair, du weißt wie empfindlich ich bei meinem Alter bin“, erwiderte er und fuhr sich durch sein grauer werdendes Haar.
„Denkst du auch, dass dein Leben besser wäre, wenn du Orlando nicht kennengelernt hättest?“, fragte sie plötzlich todernst.
„Das kannst du nicht ansatzweise ernst meinen, oder? Ich wäre tot, wenn er nicht gewesen wäre, das wären wir alle, oder zumindest würde es uns wirklich dreckig gehen. Haben dass die anderen dir vorgehalten? Die wissen doch gar nichts“, bemerkte er und wurde dabei laut. Er kam auf sie zu und kotzte ihr auf den Schoß.
„Hast du mich grad angekotzt?“, fragte sie trocken.
„Sorry, ich vertrage eindeutig keinen Alkohol. Zieh deine Sachen aus, ich such dir was von deinem Sohn raus“, bat er und sie knöpfte ihre Bluse auf, während er an Johnnys Schrank ging. Der Geruch von Johnnys Rasierwasser kam ihm entgegen, was ihn überraschend übermannte und er begann in einer von Johnnys Anzügen zu weinen.
„Er kommt wieder, unser Junge kommt wieder“, bemerkte Vivian und umarmte ihn auch weinend, während sie ihre Bluse offen hatte. In dem Moment kam Rogan zu ihnen ins Zimmer.
„Okay, ich weiß dass Trauer einen verändert, aber das müsst ihr mir jetzt mal erklären“, bat Rogan, der cool in die Tür gelehnt da stand.
„Ich bin schwul, Rogan“, erwiderte Byron und Vivian zog ihre verdreckte Bluse an der Brust zusammen.
„Sieht ja nicht so aus, ich hab nichts gesehen“, bemerkte Rogan und ging wieder davon.
„Klasse, jetzt ist mein guter schwuler Ruf ruiniert“, schmunzelte er und sie zog ihre Bluse aus.
„Traurigerweise ist das der nahste Hautkontakt den ich in den letzten zehn Jahren mit einem Mann hatte“, erwiderte sie und zog ein T-Shirt aus dem Schrank, was sie anzog.
„Du bist eine echt hübsche Frau, du solltest wieder ausgehen“, bemerkte er und sie zog ihre Hose aus.
„Ich hatte die Liebe meines Lebens schon in meinem Leben, ich muss nicht nochmal ausgehen“, entschied sie und schlüpfte in eine Trainingshose.
„Für mich ist es schon zu spät, du kannst noch einmal jemanden finden“, versprach er und sie band die Sporthose zu.
„Für dich ist es genauso wenig zu spät. Du bist doch so ein guter Hacker, kannst du dich in seinen Heim-PC hacken?“, wollte sie wissen und sah auf Johnnys Display.
„Klar kann ich das, aber ich denk nicht, dass da was anderes drauf ist als auf seinem Schreibdisplay. Kümmerst du dich mal nen bisschen um Rogan, ich will ihn nicht länger auf dem Balkon allein lassen“, bat Byron und setzte sich an den Schreibtisch.
„Klar, ich geh zu ihm, geht’s dir gut?“, wollte sie wissen.
„Ja, sie war für mich auch wie eine Tochter, eure Söhne sind auch meine Söhne, ich kann nicht sagen, dass mich das nicht belastet“, bemerkte er nachdenklich.
„Byron?“, bat sie, als sie zur Tür ging.
„Ja?“
„Keinen Alkohol mehr für dich heute“, entschied sie.
„Ich will keinen Alkohol mehr, beim zweiten Mal schmeckt das nämlich gar nicht so prickelnd“, erwiderte er und sie ging zu ihrem Ziehsohn, der gedankenversunken auf dem Balkon stand.
 
Ihr anderer Sohn ging derweil in für ihn ungewöhnlich schlabbrigen Klamotten über den Platz, der mitten im Wald gelegen war. Sein Kopf hämmerte immer noch von der Verletzung und dem Alkohol, aber die verrückte Henrietta hatte es so genäht, dass es nicht mehr blutete. In dem Moment würde er fast einen Mord für eine Schmerzspritze begehen. Ein Gefühl von Freiheit, aber gleichzeitig von Angst durchströmte ihn. Er wollte eigentlich sein ganzes Leben Politiker werden und hatte nun vier Jahre darauf hin gearbeitet, aber diese Nacht zwei Tage zuvor hatte das alles geändert. Keine 24 Stunden später sollte er eigentlich sein Praktikum im Bürgermeisteramt antreten, doch dies schien jetzt in weite Ferne gerückt zu sein.
„Hey Johnnyboy, was macht der Kopf?“, kam Cassius zu ihm und packte ihm im Nacken, was ihn zusammenschrecken ließ.
„Ich hab mir den Kopf geschlagen und hab nen Wodka-Kater, was denkst du?“, fragte er sarkastisch zurück.
„Oh ja, der gute alte Wodka-Kater ist schon ne Weile her, dass ich den hatte. Wenn du ein Alkoholproblem hast, hast du hier mächtig ein Problem, denn wir sitzen auf dem Trockenen, wortwörtlich“, erklärte Cassius.
„Ich hab kein Alkoholproblem, nur ein Realitätsproblem. Deine Frau Lilly ist übrigens nett“, erkannte er emotionslos.
„Was heißt das denn?“, fragte Cassius kritisch.
„Gar nichts, was soll das schon bedeuten, ich mein damit nur, dass sie kein unausstehlicher Freak ist, sie ist halt nett“, stotterte Johnny.
„Finger weg von ihr“, sagte Cassius nur.
„Das hab ich schon beim ersten Mal kapiert, sie ist auch gar nicht mein Typ“, behauptete Johnny, obwohl er sich gut vorstellen konnte, seine Sexphantasien mit ihr auszuleben.
„Sie ist genau mein Typ, mein Freund, sie ist genau der gleiche Typ wie deine spezielle Freundin“, erkannte Cassius geheimnisvoll.
„Man, sie bringt mich um“, schlussfolgerte Johnny, der genau wusste, von wem er sprach.
„Sie lässt dich eher umbringen, noch nen Grund, hier zu bleiben. Dazu muss ich dir zwei Sachen sagen, erstens Respekt, zweitens, kannst du sie hierher locken?“, wollte Cassius planend wissen.
„Erstens, danke, das hab ich lang geplant gehabt und zweitens, nicht solange ich lebe“, versicherte er mit der größten Stärke in der Stimme, die er aufbringen konnte.
„Das lässt sich einrichten“, erwiderte Cassius und presste ihm seine Waffe ans Kinn.
„Cassius, lass das, das hab ich schon als Kind gehasst, dass du mit meinem Spielzeug spielst“, hörte er die donnernde Stimme von Henrietta und war das erste Mal froh, sie zu hören.
„Ja, meinetwegen“, murrte Cassius und entließ ihn wieder aus seinem Griff.
„Jeder hier weiß, dass deine Frauen für andere Männer Tabu sind und jeder hält sich auch daran, also sei nett zu ihm“, bat Henrietta und Cassius ging griesgrämig davon.
„Ich brauch von dir sicher keine Hilfe“, entschied er und ging weiter.
„Hey, ein danke wär mal angebracht, er hätte dich erschossen. Erwähne niemals mehr den Namen seiner Frauen in seiner Nähe, das lässt ihn zum Urwaldmenschen werden, glaub mir. Am besten denk nicht mal an sie und wenn du den Drang hast, komm zu mir“, versprach sie und fuhr ihm mit dem Finger über die Brust.
„Du hast mich unter Medikamenten zum Sex gezwungen und ohne Schmerzmittel genäht, ich denk mal eher weniger“, entschied er und zog ihren Finger mit zwei Fingern von seiner Brust.
„Du bist doch mein Hundilein und ich möchte mit dir spielen“, entgegnete Henrietta.
„Und noch was, diese “Prinzessin Durchgeknallt“ kauft dir vielleicht dein Bruder ab, aber wir beide wissen, wie clever du bist“, bemerkte er und sie entriss ihm ihre Hand.
„Du warst in deinen vier Jahren auf der Uni auch nicht faul, nein, ich bin nicht verrückt, nur gelangweilt von diesem Leben hier. Deshalb spiel ich hier ein bisschen die Verrückte, um die anderen zu nerven. Ich lass dich jetzt in Ruhe, keine Sorge, ich dachte nur, wir könnten Freunde werden, ich könnte dich davor beschützen, nicht gekillt zu werden“, schlug sie vor.
„Ich hab fast mehr Angst vor dir als vor ihm, also nein“, lehnte er ihr Angebot ab und ging weiter.
„Danke dass du mir meinen Arsch gerettet hast, gern geschehen“, murmelte sie und zog wieder ab.
 
Der Tag neigte sich dem Abend entgegen, als Vivian das Bett ihres Sohnes neu bezog und Byron immer noch in Johnnys PC schnüffelte.
„Und, irgendwas interessantes gefunden?“, fragte Vivian und stopfte dabei die Bettwäsche in einen Hygienebehälter.
„Dein Sohn ist ein Langeweiler und ein kleiner Streber und ich bin ziemlich sicher, dass er nicht wusste, dass er Maya und sich beim Sex gefilmt hat“, erklärte Byron schlussfolgernd.
„Erst mal, gut zu wissen und zweitens, mein Sohn ist sicher kein Langweiler. Warum denkst du, dass er nichts davon wusste, wurde er verwanzt?“, wollte sie wissen.
„So in etwa, er hatte seine Rede aufgenommen am Abend von dem Ball und vergessen die Kamera auszustellen. Es wurde seit Freitag in stündlichen Abständen Videos erstellt, die sind alle auf seiner Sicherungsdatenbank gelandet. Wir sollten dieses schmutzige Filmchen löschen, das wird ein Vermögen wert sein und das sollte nicht in die falschen Hände geraten, schon ihrer Karriere wegen“, schlussfolgerte er.
„Ja, da hast du recht, kannst du das alles löschen?“, fragte sie.
„Jetzt beleidigst du mich aber, alte Freundin, natürlich kann ich das. Ich speichere nur noch seine Rede extra, die will er sicher behalten. Was denkst du, wo er ist?“, wollte Byron wissen, während er am Display hantierte.
„Also bei meinen Eltern ist er nicht, da hab ich schon nachgefragt und sonst kennt er hier niemanden, bei dem er unterschlüpfen könnte. Wir könnten bei den Shores in Washington anrufen“, überlegte sie laut.
„Was sagst du denen? „Hey, Sie kennen mich nicht, ich bin die Mutter von dem jungen Mann, der ihre Tochter zur Frau gemacht hat?“ Dann hättest du nie wieder Ruhe vor dem Secret Service, das kannst du mir glauben“, erkannte er.
„Auch wahr, glaubst du, sie führen eine Beziehung?“, wollte sie wissen.
„Er ist die meiste Zeit hier in seinem Zimmer, soweit ich weiß sind sie nur Freunde, sie wollten es vermutlich nur ausprobieren und haben sich genug vertraut“, erklärte er und der Bildschirm sprang auf Stand-By auf dem das Bild von den drei Freunden wieder erschien.
„Er denkt, dass er sie getötet hat, das wird er nicht so leicht verkraften“, bemerkte er trocken.
„Glaubst du, er tut sich was an?“, fragte sie besorgt.
„Nein, dazu gibt es keine Anzeichen, er muss sich nur über einiges klar werden, vielleicht kriegt er heut Nacht noch Panik, dass es nach dem Praktikum keine weitere Chance mehr gibt ins Bürgermeisteramt zu kommen und taucht wieder hier auf“, erklärte Byron.
„Glaubst du wirklich?“, hoffte sie.
„Nein, eigentlich nicht, aber war nen Versuch, dich zu beruhigen. Leg dich doch nen bisschen schlafen, erschöpft hilfst du uns gar nicht“, entgegnete Byron und sie legte sich in das frischgemachte Bett.
„Du hast Recht, ich sollte etwas schlafen, ich muss morgen ja wieder mein Büro aufmachen. Wie schlimm das auch klingt, ich muss mir morgen eine neue Assistentin suchen“, bemerkte sie, während sie langsam eindöste.
„Ich werde dir helfen, jemanden zu finden, vielleicht kannst du ja Rogan einstellen, bis du jemand anders findest“, schlug er vor und kuschelte sich auch zu ihr ins Bett.
„Das ist ein echt gemütliches Bett, ich kann gut verstehen, dass die Präsidententochter sich da drin betten wollte“, erkannte Byron, der auch langsam eindöste.

Sechstes Kapitel

 
Am nächsten Morgen ging Johnnys Wecker, den er schon auf den wichtigen Tag gestellt hatte ziemlich früh am Morgen. Vivian Hawks wachte das erste Mal seit dem Tod ihres Mannes neben einem gutaussehenden Mann auf. Sie erschreckte sich und rutschte aus dem Bett.
„Morgen, gut geschlafen?“, fragte Byron liebevoll.
„Was ist hier passiert?“, fragte sie verwirrt.
„Du bist neben mir im Bett eingepennt, mehr nicht, beruhig dich mal. Man, kannst du das piepen mal ausstellen? Ich hab nen Kater“, erzählte er und sie gab einen Code am Nachttisch ein, so dass das Piepsen aufhörte.
„Danke, viel besser. Man, dein Sohn steht ganz schön früh auf, es ist nicht mal sechs Uhr. Ich schau mal schnell nach Rogan, dann fahr ich dich heim. Hör auf  mich so verwirrt anzusehen, wir haben nur nebeneinander geschlafen, mehr nicht“, bat er und stand auch auf.
„Ich weiß, ist nur etwas ungewohnt für mich. Er ist nicht zurückgekommen“, realisierte sie traurig, als sie gedanklich wieder zurück in die Realität kam.
„Nein, sieht nicht so aus. Ich ruf auf dem Weg ins Büro im Bürgermeisteramt an und sag Bescheid, du solltest dich jetzt nicht um solche Lappalien kümmern müssen. Ich ruf auch bei einer Zeitarbeitsfirma an und such dir ne Assistentin. Geh du dich umziehen und ins Büro, du hast in den letzten zehn Jahren so viele Fortschritte gemacht, das wollen wir jetzt nicht riskieren“, plante Byron.
„Mir geht’s gut, By‘, versprochen“, versprach sie, aber er glaubte ihr kein Wort.
„Ich wünschte, ich könnte dir das glauben. Wie auch immer, lass uns fahren, bevor Rogan noch aufwacht und merkt, dass wir die Nacht hier verbracht haben“, bat er.
„Du wollest doch grad noch nach ihm sehen“, wunderte sie sich.
„Ich wollte nur gucken, ob er sich nicht zu Tode gesoffen hat, sprechen möchte ich nicht mit ihm, ich liebe ihn wie einen Sohn, aber ich kann meine Praxis nicht zwei Tage für ihn schließen“, erklärte er und drückte den Knopf der Tür, die aufsprang.
„Morgen ihr zwei, Frühstück?“, fragte Rogan, der am Küchentresen saß und Kaffee trank.
„Du bist wach, schön“, sagte Byron ertappt.
„Ich hab mich die halbe Nacht übergeben, anscheinend sollte man die Medikamente die ich von dir bekommen habe nicht mit Alkohol mischen. Danach hab ich angefangen, mir einen Job zu suchen und ich fange morgen in einem Hundesalon mit Haareschneiden an“, erklärte er gut gelaunt.
„Super, acht Stunden Therapie und er kriegt trotzdem nen Nervenzusammenbruch“, flüsterte Byron zu Vivian, während sie zu ihm liefen.
„Rogan, Schätzchen, hast du wenigstens etwas schlafen können?“, fragte Vivian liebevoll.
„Schlaf wird überbewertet, dafür gibt es doch Kaffee“, entgegnete er aufgekratzt.
„Ah, verstehe. Lass Tante Vivian dich kurz umarmen“, bat Vivian und legte ihren Arm auf seine Schulter. Blitzschnell drückte sie ihm die Luft ab und er sank bewusstlos in ihren Armen zu Boden.
„Man, ich vergess immer wieder, was für Tricks du als Polizistentochter draufhast. Ich hätte aber auch nen starkes Beruhigungsmittel in der Tasche gehabt“, war Byron etwas verwundert.
„So ging’s einfacher. Hilf mir, ihn ins Bett zu bringen, er ist ziemlich muskulös, ich hab ihn vermutlich nur für ein paar Sekunden ausgeknockt“, plante sie und sie schleppten ihn schnell in sein Zimmer und sperrten ihn dort ein.
„Ich ruf bei der Sidemore-Klinik an, sie müssen ihn dort einweisen“, erklärte er trocken.
„Ich ruf seine Eltern erst Mal an, dass sollen die entscheiden“, bemerkte Vivian und rief ihre Freunde an.
„Weißt du wie früh es ist?“, meldete sich Amanda über ihr Display im Schlafzimmer.
„Tut mir leid, aber du hast sicher eh nicht mehr geschlafen. Wir haben ein klitzekleines Problem mit Rogan“, erklärte Vivian.
„Bitte sag mir, dass er okay ist“, bat Amanda hoffend, die plötzlich hellwach war.
„Er ist okay, auf gewisse Weise, aber er will jetzt Pudel rasieren“, mischte sich Byron ins Gespräch ein.
„Was hast du mit ihm gemacht, By?“, fragte Amanda verärgert.
„Ich hab ihn gut zum Reden gebracht und ich dachte, wir machen Fortschritte, aber dann kommt er grad zu mir und meint, er will jetzt in einem Hundesalon anfangen“, erklärte Byron.
„Zumindest hat er sich einen Job gesucht, lass mich mit ihm sprechen“, bat Amanda.
„Das ist grad nen bisschen schlecht, er hat sozusagen Hausarrest, wir haben ihn in seinem Zimmer eingesperrt“, erklärte Byron.
„Ist dass das Beste was du für ihn tun konntest. Er rebelliert sicher schon“, schlussfolgerte Amanda.
„Er schläft friedlich, keine Sorge“, versprach Byron.
„Du kannst doch nicht einfach meinen Sohn betäuben“, wütete Amanda.
„Das war sie“, entschied er und deutete auf Vivian.
„Viv, du kannst ihm doch nicht einfach was geben, was ist, wenn sich das nicht mit seinen Medis verträgt?“, mischte sich auch Virgil am Display ein.
„Ich hab ihm nichts gegeben, ich hab ihm sozusagen die Luft abgedrückt“, bemerkte sie kleinlaut.
„Viv, das ist nicht weniger gefährlich, sieh nach ihm“, bat Virgil und in dem Moment hörten sie, wie Rogan versuchte, aus seinem Gefängnis auszubrechen.
„Er ist schon wieder wach, es wäre das Beste, wenn wir ihn einweisen lassen, nur für ein paar Tage, maximal zwei Wochen“, riet Byron ihnen.
„Mein Sohn ist nicht verrückt“, entschied Virgil standhaft.
„Das hab ich nicht gesagt, er braucht nur momentan Hilfe. Ich kann das auch ohne euch machen, ich würd mich nur besser fühlen, wenn ihr auf meiner Seite wärt“, entschied Byron.
„Gut, wir stimmen zu, wir sollten nur vorher noch mit ihm reden. Wir sind in 20 Minuten da“, entschied Amanda und legte wieder auf.
„Sie müssen echt verzweifelt sein, wenn sie das so mir nichts dir nichts zulassen. Ich mach uns Frühstücksrationen, sie müssen sicher auch was essen“, plante sie und ging an den Kühlschrank.
Eine halbe Stunde später kam das Ehepaar in der Wohnung an. Sie trugen ungewöhnlich schlampige Klamotten und hatten müde, verweinte Augen.
„Hey“, begrüßte Byron sie tonlos, der die Tür öffnete.
„Ich hoffe, du hast Recht mit deinem Verdacht“, erwiderte Virgil erschöpft.
„Ich kenn ihn seit seiner Geburt, er ist ein echter Mann, er würde lieber Müll auf der Straße aufsammeln als in einem Hundesalon zu arbeiten“, erklärte Byron, während er sie rein ließ.
„Wo er Recht hat, hat er Recht, aber vielleicht will er ja erst Mal einen einfachen Job machen, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen kann. Hast du ihn immer noch eingesperrt?“, fragte Amanda und ging zu Rogans Zimmertür.
„Ja, mir ist noch keine bessere Lösung eingefallen. Überlegt es euch bitte, es ist ja nicht so, dass sie ihn mit Zwangsjacke hier raus bringen, er soll sich nur ein paar Wochen, vielleicht nen Monat in der Klinik erholen“, bat Byron.
„Du bist der Experte, wenn das deine professionelle Meinung ist, unterschreiben wir alles, was ihn uns zurückbringt“, stimmte Virgil, Byron zu und nahm die Hand seiner Frau in seine.
„Ja, das ist meine professionelle Meinung und meine Meinung als guter Freund. Es wird vermutlich eine ganze Weile dauern, bis ich ihn davon überzeugt habe, oder ich kann ihn betäuben und ihn dazu zwingen, aber das ist wesentlich uneffektiver“, erklärte Byron.
„Wir reden mit ihm und bringen ihn dann in die Klinik, geh du in deine Praxis, du kannst nicht noch einen weiteren Tag alle Termine absagen“, bat Amanda und öffnete die Zimmertür ihres Sohnes mit einem Code.
„Wie hast du? Ich hab das doch geändert“, wunderte er sich.
„Ich bin Reporterin, By‘, ich komm überall rein“, bemerkte sie cool und die Tür sprang auf. Virgil ging zu seinem Sohn.
„Du wirst also immer noch mit den aktuellen Generalcodes versorgt, wie ich sehe“, bemerkte Byron zu Vivian, die gedankenversunken auf dem Sofa sitzend in den Sonnenaufgang starrte.
„Mein Cousin ist mir noch einiges schuldig, ich versorg sie damit, dass sie die besten Stories kriegt, ich werde jetzt nicht zur Kriminellen“, erklärte sie ohne zu ihnen zu sehen.
„Wenn wir unsere speziellen Begabungen gut einsetzen, werden wir deinen Sohn bald finden“, kam Amanda zu ihrer Freundin.
„Meine Familie ist kein bisschen besser als eure Familie und Johnny hat vermutlich was damit zu tun, dass eure Tochter jetzt tot ist“, sah es Vivian ein.
„Bitte lass mich dir helfen, ihn zu finden, dann bin ich bis zur Trauerfeier abgelenkt. Wir haben jemanden damit beauftragt, ich kann das jetzt nicht, wir können das nicht“, erklärte sie und setzte sich neben ihre Freundin.
„Ja, das versteh ich voll und ganz, die machen sicher einen tollen Job. Soll ich mit ihm reden? Vielleicht hört er auf mich“, schlug sie vor und nahm Amandas Hand versöhnlich.
„Es ist so ruhig in Rogans Zimmer. Ich muss mal nach meinen Jungs sehen“, war Amanda plötzlich wieder abgelenkt. Virgil kam ihr aber entgegen.
„Er schläft und wie friedlich, lassen wir ihn schlafen. Mir ist heut Nacht was eingefallen, was uns helfen könnte ihn zu finden“, erklärte Virgil und setzte sich neben die Frauen.
„Gut, dann schieß los“, erkannte Vivian und sie beredeten seinen Plan.
 
Im Wald sah Jonathan Hawks das erste Mal in seinem Leben bewusst einem Sonnenaufgang zu.
„Morgen, gut geschlafen?“, kam Henrietta zu ihm hin mit einer Schale Früchte in der Hand.
„Du lässt nicht locker, oder?“, wollte er grantig wissen.
„Hast du zu viele Freunde, oder warum nimmst du meine Hilfe nicht an?“, wollte sie wissen und drückte ihm die Schale in die Hand.
„Du hast mich entführt, hast mir meinen Lieblingsanzug geklaut und mich sexuell missbraucht, in meiner Welt machen das Freunde nicht“, zählte er noch mal auf, was sie ihm angetan hatte.
„Ich hab dich nicht entführt, es steht dir frei zu gehen und der Anzug versorgt uns mit dem was du da in der Hand hältst. Und übrigens, wir hatten keinen Sex, du hast dich selbst bis zur Unterhose ausgezogen und dich mitten in der Nacht vollgeschissen, so dass ich dir die Unterhose ausgezogen habe. Denn das machen Freunde“, erklärte sie trotzig.
„Also wir beide haben gar nicht?“, fragte er erleichtert.
„Nicht, dass ich mich erinnern kann, nein. Bitte sehr“, erwiderte sie und nahm sich einen Apfel aus der Schale.
„Das sind also ungereinigte Lebensmittel“, sah er das erste Mal Essen, was nicht schweißverpackt worden war.
„Du kannst sie da hinten waschen, dann sind sie nicht mehr ungereinigt. Keine Sorge, ich ernähr mich schon mein halbes Leben davon und ich war fast nie krank“, versprach sie.
„Ich wusste gar nicht, dass noch Lebensmittel angebaut werden“, wunderte er sich.
„Bei euch nicht, wir müssen irgendwie überleben, deshalb bauen wir wie früher wieder an, wir müssen uns nur Samen beschaffen und das ist teuer. Iss es, keiner will dich töten, versprochen“, versprach sie und nachdem er einen Apfel sorgfältig abgewaschen hatte, biss er hinein.
„Das schmeckt so anders“, war er hellauf begeistert von dem was er dort aß.
„Ja, weil es natürlich ist. Nimm dir so viel du willst, du musst sicher schon verhungert sein. Der Sonnenaufgang ist unglaublich hier, oder?“, bemerkte sie und sah mit ihm die Sonne aufgehen.
„Ich müsste eigentlich in einer Stunde in meinem schicksten Anzug auf den Treppen des Bürgermeisteramts stehen und dort mein Praktikum beginnen“, dachte er laut nach.
„Du bist so’n kleiner Überflieger, was?“, wollte sie wissen.
„Nein, nur ein Sohn aus reichem Elternhaus. Das ist aber jetzt vorbei, ich fang jetzt hier ein neues Leben an, ich will mit dir befreundet sein, wenn du mir versprichst, deine Finger von meiner Unterwäsche zu lassen, auch wenn sie dreckig ist“, erklärte er.
„Ist gebongt, war eh nicht so nen Spaß. Wenn du hier bleibst, willst du dann eine Waffe?“, wollte sie wissen.
„Nein, danke, ich hab’s nicht so mit Waffen“, entschied er.
„Wenn du dich weiter mit Lilly anfreundest, wirst du eine brauchen“, erkannte sie cool.
„Ich freunde mich nicht weiter mit ihr an, dafür hab ich zu viel Respekt vor deinem Bruder“, erklärte er und sah zu Cassius‘ Zelt, in dem er noch friedlich schlief.
„Da hast du vermutlich keine andere Wahl, ich war gestern Abend noch mit den anderen Frauen, darunter auch Lilly die Kleidung im Fluss waschen. Sie hat verdächtig oft den Namen Michael erwähnt, dass bist du, oder?“, frotzelte sie.
„Seine Frau ist verknallt in mich?“, fragte er nicht ohne Schmunzeln auf den Lippen.
„Hey, hör auf das gut zu finden, das bringt dir noch mächtig Ärger ein. Lass sie bloß nicht merken, dass du dich auch verknallt hast, sonst wird er dich jagen, bis du tot auf der Erde liegst, glaub mir, es gibt nen Grund, warum ich fremde Männer in mein Bett schleifen muss“, entschied sie.
„Sie ignorieren, ist gebongt. Und wenn sie mich nicht ignoriert?“
„Du bist doch Politiker, lüge“, konterte sie und drückte ihm eine Waffe in die Hand.
„Ich sagte doch, ich will keine Waffe“, murrte er.
„Und ich sagte, du wirst sie brauchen. Du weißt wie man schießt, oder?“, wollte sie wissen.
„Ich komm aus ner Polizistenfamilie, also ja. Vielleicht zu dem Schutz meiner Sachen“, entschied er und steckte die Waffe in seine Jacke.
„Braver Junge. Iss, du brauchst deine Kraft“, bat sie und ging weiter.
Das war nun sein Leben, jetzt wo er wusste, dass sie verliebt in ihn war, lohnte es sich zu kämpfen.

Siebtes Kapitel

 
Nachdem Byron nochmal zwei Stunden mit Rogan geredet hatte, brachte er zusammen mit den anderen Rogan in eine Klinik. Er hatte eingesehen, dass er Hilfe brauchte und seine Eltern waren froh darüber, auch wenn sie nun seine Schwester ohne ihn beerdigen mussten.
 
Eine Woche später
 
Eine Traube von jungen Menschen scharrte sich um das Grab von Samantha Codes. Sie hatte viele Freunde gehabt, mehr als ihre Eltern gedacht hatten. Hinter einem Baum versteckt sah Johnny dem Treiben auf dem Friedhof zu.
Er war das erste Mal seit seiner Flucht wieder in die Stadt zurückgekehrt, er hatte sein GIS gut versteckt und alle Scan-Punkte vermieden, so dass keiner merkte, dass er wieder da war.
„Man und ich dachte, meine Verkleidungen wären gut, aber dein Penner-Outfit ist legendär“, hörte er plötzlich eine ihm bekannte Stimme und er schreckte zusammen.
„Du hast mich nicht mehr angerufen, du bist also so ein One-Night-Stand-Kerl“, erwiderte Maya, die in roter Perücke und grüner Augenfarbe ganz in schwarz neben ihm stand.
„Bitte verrate mich nicht“, bat er.
„Tu ich nicht, keine Sorge. Ich hab bis heut Morgen nicht gedacht, dass ich hierher kommen würde, aber sie war deine Freundin, also wollte ich kondolieren. Bist du glücklich, da wo du bist?“, wollte sie wissen.
„Im Moment schon, ja. Ich kann Rogan gar nicht sehen, wo ist er?“, wollte Johnny wissen.
„Er ist in ner Klapse, er hat den Tod seiner Schwester nicht gut verkraftet. Dein Weggang war auch nicht grade ne Hilfe“, erklärte sie.
„Er ist in ner Psychiatrie? Das ist doch Byrons dämlicher Plan gewesen. Du musst ihn dort rausholen“, bat er entsetzt.
„Johnny, ich bin die Tochter des Präsidenten, aber ich kann nicht alles“, entschied sie.
„Du willst ihn also dort versauern lassen?“, verstand er nicht.
„Byron hat schon gewusst, was er macht, er wird darin nicht versauern, meine Cousine war auch ne Weile in einer Klapse, jetzt geht es ihr besser. Ich werde mal nach ihm schauen, wenn du das willst. Rasierst du dich eigentlich nicht mehr? Ist das nicht verboten?“, musterte sie ihn.
„Wo ich bin, stört das keinen“, versprach er.
„Wo bist du genau?“, wollte sie wissen.
„Nicht in der Stadt, mehr solltest du nicht wissen“, erwiderte er und sie lächelte matt.
„Hier nimm das, meld dich wenn du Probleme hast, die helfen dir“, versprach sie und gab ihm einen Zettel.
„Danke, ich komm aber klar“, konterte er, steckte den Zettel aber ein.
„Das war übrigens ein unglaubliches erste Mal, das konnte ich dir gar nicht mehr sagen, ich musste ja so eilig weg“, erklärte sie liebevoll.
„Ja, ich hätte meine Freundin brauchen können“, erkannte er schroff.
„Ich darf in keiner Polizeiakte auftauchen, John und das weißt du“, entgegnete Maya.
„Keine Namen, ja, das weiß ich, ich ja auch nicht, wenn ich mal Bürgermeister werden will oder werden wollte, das ist jetzt in weiter Ferne“, erwiderte er nachdenklich.
„Du bist erst eine Woche weg, du kannst wieder zurückkommen“, entschied sie.
„Ich hab den Tod von Sam zu verschulden, ich kann Rogan nie wieder unter die Augen treten“, schlussfolgerte er.
„Er ist dein bester Freund, er versteht doch alles“, verstand sie nicht.
„Anscheinend nicht. Ich wünsch dir ein schönes Leben und regiere unser Land weise“, bemerkte er, küsste sie sanft und versteckt von den anderen verschwand er zu dem Lieferwagen, der ihn wieder in den Wald brachte.
 
„Hey, alles erledigt, was du wolltest?“, begrüßte Lilly ihn, als er von Jaden wieder ins Lager gebracht worden war.
„Ja, hab ich“, erwiderte er trocken.
„Warum reagierst du so abweisend mir gegenüber, was hab ich dir getan?“, fragte Lilly traurig und Johnny sah zu Cassius, der ein “Ich beobachte dich“-Zeichen mit den Händen machte.
„Ich mag dich nur nicht, das ist alles. Ich bin heut für die Ernte eingeteilt, ich sollte gehen“, bemerkte er schroff und ging davon, obwohl es ihm in der Seele wehtat, dass er ihr das antun musste.
„Ich glaub dir nicht“, bemerkte sie, als sie ihm zum Feld gefolgt war.
„Man, du bist ja noch hartnäckiger als Henrietta, ich muss nicht jeden mögen, das ist nen freies Land“, erwiderte er, während er Kartoffeln aus der Erde holte.
„Ich weiß, was Cassius dir gesagt hat“, konterte sie und hielt seine Hand fest. Ihre Hände waren so weich und so warm.
„Ich weiß, was du fühlst, aber das können wir nicht, du gehörst ihm“, erklärte er betrübt.
„Ich gehör niemandem, Polygamie ist seit vierzig Jahren verboten, hast du nicht Politik studiert und müsstest das wissen?“, fragte sie mit starker Stimme.
„Ja, das weiß ich, aber für ihn seid ihr verheiratet und das ist was zählt. Bitte lass meinen Arm los, wenn icg dir was bedeute“, bat er traurig und sie ließ seinen Arm los.
„Weißt du was? Für jemanden, der in die Politik möchte bist du echt ein Feigling“, entschied sie und ging davon.
 
Die nächsten Wochen und Monate versuchte sie immer wieder, seine Aufmerksamkeit zu erregen, er hatte aber zu viel Angst vor Cassius um nur einen Schritt auf sie zuzugehen.
 
In der Stadt konnte Rogan nach drei Monaten Therapie entlassen werden und er zog mit Chloe in ein Apartment, weil er nicht mehr dachte, dass Johnny zurückkam.
„Ich glaub echt nicht, dass wir das tun, wir haben im College immer darüber gesprochen, aber ich hab nie gedacht, dass du wirklich mit mir zusammenziehen willst“, freute sich Chloe, als sie ihre letzten Sachen in ihrer neuen Wohnung auspackte.
„Ich brauch jetzt Stabilität in meinem Leben und das ist das Beste, was ich tun kann. Darf ich dann morgen im Büro des Senators anfangen, oder steckt mich dann wieder jemand in die Klapse?“, wollte er sarkastisch wissen.
„Nein, ich bin froh, dass du einen Job gefunden hast, ich hätte uns nicht ewig als Kellnerin durchgebracht. Es ist so verrückt, es ist fast das 22. Jahrhundert und Frauen werden immer noch nicht in der Politik akzeptiert. Na ja, außer Maya vielleicht, aber die ist ja da reingeboren“, erklärte Chloe, die nach ihrem Studium nur einen Job in einer Bar gefunden hatte.
„Witzig das du grad über sie redest, sie hat mich in der Klinik mal besucht“, erzählte er und reichte ihr eine Vase.
„Nicht, dass ich eifersüchtig wäre oder so, aber warum hat sie das gemacht?“, wollte sie mit etwas Eifersucht in der Stimme wissen.
„Keine Ahnung, sie hat nur gefragt wie es mir geht und ob sie mir irgendwie helfen kann. Sie war Johnnys Freundin, vielleicht hat sie ja noch Kontakt mit ihm und er wollte nur wissen, ob ich in der Klapse nicht vollständig meinen Verstand verliere“, dachte er laut nach.
„Hast du den andren gesagt, dass du das denkst? Sie suchen ja nach jeder Möglichkeit ihn zu kontaktieren nachdem sie sein blutiges Head-Set gefunden haben“, entgegnete sie und stellte die Vase in einen Schrank.
„Das ist nur so ne Idee von mir und er will nicht gefunden werden, sonst wäre er längst wieder da“, entschied er und setzte sich neben sie.
„Du vermisst ihn, oder?“, fragte sie mitfühlend und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Ich hätte nicht so reagieren sollen, ich hätte für ihn da sein müssen und er für mich. Das machen beste Freunde doch so, oder?“, erkannte er und sie küsste ihn sanft.
„Jetzt bin ich deine beste Freundin und steh dir in Rat und Tat zur Seite“, versprach sie und klammerte sich um seinen Arm.
„Ich hoffe ihm geht’s gut, da wo er ist“, hoffte er und sie lächelte ihn an.
„Das hoff ich auch. So, wir müssen nochmal runter, es sind noch einige Kisten im Auto“, bemerkte sie und zog ihn hoch.
 
Im Wald reichte es Lilly, sie wollte diesen Mann zu ihrem Machen, egal was sie dabei für ein Risiko eingehen musste. Sie zog sich nackt aus und ging nur in einen Mantel gewickelt zu seinem Zelt. Als er zum Eingang kam, ließ sie den Mantel galant fallen.
„Du kannst das nicht tun, wir können das nicht tun“, entgegnete er verstört.
„Halt die Klappe, Mike“, entschied sie und verführte ihn.
Tags drauf wurde das junge Liebespaar unsanft geweckt, als jemand in sein Zelt kam.
„Wacht auf, er hat mitgekriegt was ihr hier veranstaltet und ist auf dem Weg hierher“, warnte Henrietta sie und sie zogen sich eilig an.
„Ich war lang genug hier, wir sollten hier verschwinden“, entschied er, während er seine Sachen zusammenpackte.
„Wir werden alle fliehen, ich hab auf so eine Gelegenheit wie die gewartet“, entgegnete Henrietta und warf ihnen ihre Jacken zu.
„Zehn Jahre, wir sind seit zehn Jahren hier, warum bist du da nicht früher draufgekommen?“, fragte Lilly etwas kritisierend.
„Ihr kennt euch schon zehn Jahre?“, fragte er verwundert.
„Ehrlich gesagt schon fast zwanzig Jahre, seit dem Zeitpunkt ihrer Geburt. Ich bin ihre größere Schwester, hätte ich vielleicht erwähnen sollen, oder?“, fragte Henrietta cool.
„Ich dachte, du wärst Cassius‘ Schwester?“, wunderte sich Johnny.
„Biologisch nicht, er hat nur in seinem verrückten Hirn entschieden, dass ich seine Schwester bin und Lilly einer seiner Schwesterehefrauen. Ich habe nie mit ihm schlafen müssen und hab es dann nicht weiter hinterfragt. Ich erzähl dir alles, wenn wir zurück in der Zivilisation sind. Er hat uns entführt, schon vor langer Zeit, wir waren noch Kinder damals, wir haben nichts mehr in unserer Stadt, seit unsere Eltern gestorben sind. Es gab nie einen Grund dass hier alles zu verlassen, doch Liebe ist ein guter Grund“, erzählte sie und sie eilten heraus.
„Okay, wir sollten uns trennen, ihr rennt quer durch den Wald, hier ist ein GPS, das hab ich aus einem seiner Trucks ausgebaut, dass sollte euch anzeigen, wo ihr hinmüsst. Wenn ihr nichts mehr von mir hört, hab ich es nicht geschafft, aber ihr dürft niemals aufhören zu laufen, habt ihr verstanden?“, plante sie und drückte Johnny das GPS in die Hand.
„Er bringt dich um, wenn er dich allein aufgreift“, entgegnete Lilly besorgt.
„Ich kann mich wehren, kleine Schwester, keine Sorge. Jetzt lauft, wir sehen uns in der Stadt“, bat sie und das Pärchen rannte so weit wie sie ihre Beine tragen konnten.
„Warte, ich kann nicht mehr“, bat sie keuchend, als ihre Knie von der Anstrengung nachgaben.
„Es sind nur noch vier Meilen bis zur nächsten Straße“, versprach er.
„Ich kann keinen Schritt mehr gehen“, wiederholte sie.
„Wir sind schon fast acht Meilen gelaufen, wir könnten glaub ich kurz Pause machen. Ich bin übrigens Jonathan“, stellte er sich das erste Mal richtig vor.
„Dein Vertrauen ehrt mich, hättest du das aber nicht ein paar Stunden früher sagen können, dann hätt ich nicht die halbe Nacht nen falschen Namen gestöhnt“, erkannte sie schnaufend und setzte sich auf einen Baumstumpf.
„Ich hab mich an den Namen gewöhnt, du kannst mich ruhig weiter Mike nennen“, erklärte er.
„Warum hast du deinen richtigen Namen nicht genannt?“, wollte sie neugierig wissen.
„Weil ich Orlando Hawks Sohn bin, darum“, sagte er trocken.
„Der Kerl, der das Mittel gegen AIDS entwickelt hat? Ist der nicht tot?“, wollte sie etwas unsensibel wissen.
„Ja, seit zehn Jahren, er ist erschossen worden“, erklärte er nachdenklich.
„Tut mir leid, das wollt ich nicht so sagen. Ich war neun Jahre alt als man uns aus diesem Waisenhaus geholt hat. Wir dachten beide, dass wir zusammen bleiben könnten und in eine Pflegefamilie kommen, doch wir sind hier in diesem Wald gelandet. Cassius war erst total nett zu uns, doch dann wurde er fies und ließ uns nicht mehr zurückgehen. Jetzt nach zehn Jahren hatte er meine Schwester schon so weit, dass sie immer wieder zu ihm zurückkommt, egal wie weit er sie gehen ließ. Anscheinend musstest du nur kommen und sie hat ihre Stärke zurückgefunden. Okay, ich kann wieder, wir sollten weiter, Henrietta wartet sicher schon auf uns“, entschied sie, stand auf und sie eilten weiter. Als sie an der Straße ankamen, kam ein Wagen von ihnen, ihnen entgegen.
„Super, sie hat nen Wagen besorgt“, freute sich Lilly, aber als Johnny sah, dass Cassius den Wagen fuhr, zerrte er sie in den Wald zurück.
„Verdammt, er hat es rausgefunden, lauf“, rief er und rannte davon. Lilly, die ziemlich erschöpft war, konnte ihm kaum folgen. So lief er zurück und zog sie auf seinen Rücken.
So war er aber viel langsamer.
„Lass mich hier, ich komm klar“, bat sie.
„Keine Chance, ich lass dich nicht mehr gehen“, entschied er keuchend.
„Er wird dich auch erschießen“, bemerkte sie traurig.
„Ich hab keine Angst“, versprach er.
„Lügner, ich spür deinen Herzschlag, du hast panische Angst“, entschied sie.
„Ich renne mit einer Person auf den Armen durch einen Wald, ich bin nur angestrengt“, entgegnete er und stolperte, so dass sie beide auf dem Boden landeten.
„Es ist vorbei, auch wenn unsere Zeit zusammen kurz war, ich bereue nichts davon“, verabschiedete er sich und kuschelte sich an seine Freundin, während sie auf den Tod warteten.

Achtes Kapitel

 
Sie hörten Schritte, die näher kamen. Lilly weinte und er wollte nichts mehr als sie zu trösten, aber er hatte selbst keine Kraft mehr dazu. Johnny war nie ein religiöser Mensch gewesen, doch jetzt betete er. Die Schritte stoppten und Johnny schoss in den Kopf, was er noch hätte erreichen können in seinem Leben. Seine Mutter würde jetzt auch noch ihn durch eine Kugel verlieren, so war das alles nicht geplant gewesen.
„Wen haben wir denn hier, unser Liebespaar, du wolltest einfach nicht auf mich hören, Johnny, dafür wirst du jetzt bezahlen“, hörte er Cassius‘ Stimme und er ließ seine Waffe klicken. Johnny schloss die Augen und drückte Lilly an sich.
„Hey Arschloch“, hörte er plötzlich Henrietta Stimme und ganz plötzlich landete Cassius neben ihnen auf dem Boden. Henrietta hatte ihn mit einem dicken Ast niedergeschlagen.
„Man, das wollte ich schon vor langer Zeit machen“, erwiderte sie und half ihnen auf.
„Du hast dir echt Zeit gelassen“, murmelte Lilly benommen und stieg über ihren bewusstlosen Ehemann.
„Gern geschehen, kleine Schwester. Gehen wir, bevor er aufwacht“, bat sie und brachte sie zur Straße, wo sie seinen Wagen kurzschlossen um in die Stadt zu fahren.
„Man, ich wünschte, ich hätte was Schönes an, wenn ich deiner Mutter begegne“, erwiderte Lilly, als die drei mit ihrem gestohlenen Wagen vor Vivians Haustür ankamen.
„Wir sehen alle schlimm aus, sie wird das nicht stören“, versprach Johnny.
„Was erzählst du ihr?“, wollte Henrietta wissen, als sie alle zur Tür liefen.
„Ich werde ihr nichts von dem Wald erzählen, sie sollen weiter so leben, wie sie das wollen. Ich hab auf der Straße gelebt und hab euch dort getroffen. Sie wird sicher so froh sein mich zu sehen, dass sie keine weiteren Fragen mehr stellt“, erklärte er und klingelte.
„Ich spende regelmäßig für die Nothilfe, sucht euch dort Hilfe“, hörten sie von drinnen.
„Ich bin es, Mom“, rief er zurück und die Tür wurde aufgerissen.
„John?“, fragte sie skeptisch.
„Ich bin wieder da“, sagte er nur und sie gab ihm eine schallende Ohrfeige.
„Wie konntest du uns das antun? Wir dachten alle, dass du tot wärst“, wütete sie.
„Ich habe Zeit für mich gebraucht“, stotterte er.
„Und dort gab es keinen Reinigungsraum? Du siehst furchtbar aus“, musterte sie ihn.
„Können wir reinkommen?“, fragte er hoffend und sie ließ sie rein.
„Wer sind deine Freundinnen?“, wollte Vivian wissen.
„Nur Freundinnen, die meine Hilfe gebraucht haben. Sie sind in Ordnung, versprochen“, erklärte er weiter.
„Du hast ihre Beerdigung verpasst“, wusste Vivian nicht, was sie sagen sollte.
„Ich war da, ich wollte mich nur nicht zeigen. Es tut mir Leid, dass ich dir das angetan habe, euch das angetan habe“, entschuldigte er sich.
„Bleibst du jetzt hier?“, wollte sie nur wissen.
„Nicht hier in dieser Wohnung, aber in der Stadt schon, ja“, erklärte er und zog ihren verdreckten Sohn an sich.
„Rogan hätte dich echt gebraucht“, machte sie ihm Vorwürfe.
„Ich weiß, ich hab davon gehört, ist er immer noch dort?“, wollte er wissen.
„Nein, er ist vor einer Woche entlassen worden, er ist jetzt mit Chloe zusammengezogen“, erwiderte sie.
„Dachte ich mir schon. Wie geht es ihm?“, fragte er.
„Ganz gut, er hat jetzt nen Job. Stellst du mir deine Freundinnen vor?“
„Ja, natürlich, das sind Lilly und Henrietta“, stellte er die Frauen vor.
„Ihr seid so jung, was ist denn euch wiederfahren?“, stellte Vivian weiter Fragen.
„Wir sind weggelaufen“, log Henrietta und das fast so gut wie Johnny.
„Meine Güte, eure Eltern müssen sich furchtbar Sorgen um euch machen“, bemerkte Vivian besorgt.
„Wir sind Schwestern und unsere Eltern sind seit zehn Jahren tot“, erklärte Lilly, die von dem Vorfall im Wald immer noch total verwirrt war.
„Das tut mir Leid für euch, kommt, ihr solltet euch erst mal reinigen und dann geb ich euch ein paar Anziehsachen von mir. Ihr seid so hübsche Frauen“, erkannte Vivian.
„Vielen Dank“, bedankte sich Lilly höflich.
„Johnnys Freunde sind auch meine Freunde. Ich zeig euch wo alles ist, du kannst das Gäste-Bad benutzen, John“, entgegnete Vivian und brachte die Frauen in den Reinigungsraum. Lilly und Henrietta konnten sich gar nicht mehr erinnern, wann sie das letzte Mal so einen hübschen Reinigungsraum betreten hatten. Sie waren etwas unsicher, was sie jetzt tun sollten.
„Kann ich euch helfen?“, fragte Vivian besorgt.
„Nein, geht schon, danke“, bedankte sich Henrietta und Vivian ließ sie allein. Sie hörte die Dusche und das erste Mal konnte sie sich freuen, dass sie nicht mehr allein war. Sie kramte in einer Kiste in ihrem Schrank ein paar Sachen von Orlando raus und legte sie ihrem Sohn hin. Immer noch mit Drei-Tage-Bart kam Johnny zurück ins Wohnzimmer.
„Es ist ganz ausgeschlossen, dass du dir nen Bart stehen lässt“, konterte Vivian, als sie ihn sah.
„Du hast keinen Rasierer da, ich mach ihn ab, wenn ich heimkomme“, versprach er.
„Wenn wir grad davon reden, du hast keine Wohnung mehr, wir haben sie aufgegeben“, erklärte sie.
„Ja, hätte ich mir schon denken können. Können wir hier übernachten?“, fragte er hoffend.
„Sicher, dann wird das Gästezimmer mal benutzt. Können wir den Frauen vertrauen?“, wollte sie wissen.
„Ich tue es“, erwähnte er.
„Dann tu ich es auch. Du warst nicht auf der Straße, oder?“, wollte ihre Mutter wissen.
„Doch, war ich“, behauptete er.
„Du kannst jeden anlügen, mich aber nicht“, entschied sie.
„Frag bitte nicht weiter“, bat er.
„Sicher, wenn du es nicht sagen willst. Soll ich die anderen anrufen?“, wollte sie wissen.
„Nein, noch nicht, ich muss mir noch überlegen, was ich sagen soll“, entschied er.
„Klar, dann rufst du sie morgen an, wenn du soweit bist. Wer sind die Mädels?“, wollte seine Mutter wissen.
„Sie sind in Ordnung, mehr musst du nicht wissen“, entgegnete er erschöpft.
„Wie lang kennst du sie denn? Vielleicht sind sie drogenabhängig oder Prostituierte, oder vorbestraft“, entgegnete sie.
„Sie wurden vor zehn Jahren entführt, waren jetzt die ganze Zeit in den Händen ihres Entführers und sie haben heute das erste Mal den Mut gefunden zu fliehen“, erklärte er ernst.
„Oh mein Gott, die armen Mädels, warum entführen irgendwelche Menschen arme Waisen?“, wollte Vivian wissen.
„Ich weiß es nicht, aber ich glaube ihnen die Story. Du kannst ihre GIS scannen, wenn du dich dann besser fühlst“, entschied er.
„Nein, sie sollen sich erst mal erholen, wir haben hier genug Platz für euch alle. Ihr müsst am Verhungern sein, ich bestelle für uns Essensrationen. Schön dass du wieder da bist“, erwiderte sie und umarmte ihn nochmal.
„Ja, find ich auch. Ich leg mich etwas hin bis das Essen kommt“, erklärte er und ging zum Gästezimmer.
Als er grad am Eindösen war, kam jemand barfuß ins Zimmer getapst und legte sich in seinen Arm.
„Du riechst gut“, bemerkte er mit geschlossenen Augen zu seiner Freundin.
„Ja, ich könnte mich schnell wieder an so was gewöhnen. Ihr habt ganz schön viel Kohle, oder?“, wollte sie wissen.
„Ja, meine Mom hat nen guten Job, obwohl sie eigentlich von den Einnahmen die das AIDS-Medikament von meinem Dad abwirft leben könnte. Das hat mir eine Privatschule und ein Privatcollege eingebracht, aber ich bin auf dem Boden geblieben, denk ich“, murmelte er schläfrig.
„Du bist schon etwas eingebildet, aber das ist jeder Mann ein bisschen, glaub ich. Das ist ein verdammt bequemes Bett“, schlief sie auch langsam ein.
„Im Vergleich zu einer Luftmatratze schon, ja, ich kann kaum glauben, dass ihr es darauf zehn Jahre ausgehalten habt“, bemerkte er.
„Sag doch, eingebildet“, schmunzelte sie und döste fest an ihn gepresst ein.

Neuntes Kapitel

 
Er fuhr über ihre weichen Hüften und bis hoch zu ihrer Brust. Er liebte jeden Zentimeter ihres Körpers und wollte sie gar nicht mehr los lassen. Er hatte die ganze Nacht durchgeschlafen und hielt sie immer noch fest an sich gepresst. Sie drehte sich zu ihm und er küsste sie leidenschaftlich. Als sie sich gerade liebten, klopfte es an der Tür.
„Johnny, bist du wach?“, hörte er die Stimme seiner Mutter.
„Nicht jetzt, Mom“, bat er schnaufend und er hörte nichts mehr. Sie hatte wohl verstanden, was er gerade machte. Doch dann hörte er, wie ein Code eingegeben wurde und die Tür aufsprang.
„Mom, es gibt nen Grund, warum ich die Tür abgeschlossen habe“, nörgelte er.
„Oh entschuldige, ich muss mich wohl erst Mal daran gewöhnen, dass du das jetzt auch machen darfst. Bin schon weg“, stotterte sie und verließ das Zimmer wieder.
„Wir sollten vorsichtig sein, ich darf dass offiziell ja nicht machen“, entgegnete sie und er ließ von ihr ab.
„Ja, wir sind jetzt zurück in der Realität. Aber meine Mom ist cool, die würde uns das hier machen lassen. Ich bin noch ein Leiblicher“, erklärte er und meinte damit, dass er nicht durch künstliche Befruchtung entstanden war.
„Wir sind auch Leibliche, in unserem Umfeld ist das gar nicht so unüblich“, erklärte sie und zog sich an.
„Wo willst du hin?“, wunderte er sich.
„Ich sollte nicht hier sein, ich sag deiner Mom du kommst auch gleich raus“, erwiderte sie und ging aus der Tür.
„Man, ich brauch eindeutig wieder eine eigene Wohnung“, murmelte er und wartete, bis er wieder rausgehen konnte.
„Morgen“, bemerkte er kleinlaut, als er zu den Frauen an den Frühstückstisch kam.
„Hunger?“, war ihre Mutter genauso einsilbig.
„Ich hab einen Bärenhunger“, erwiderte er und sie stellte ihm eine Essensration hin.
„Danke“, entgegnete er und begann zu essen.
Sie schwiegen eine Weile, bis Henrietta zu Lachen begann.
„Das ist nicht witzig, Schwester“, murrte Lilly.
„Schon ein bisschen“, kommentierte Vivian und plötzlich brachen alle in Gelächter aus. Die Harmonie wurde jäh durchbrochen, als es klingelte. Über die Türkamera sah Vivian, dass ihr Cousin Mick vor der Tür stand.
„Man, das hab ich voll vergessen, Mick wollte ja vorbeikommen und mein Sicherheitssystem updaten“, erklärte sie und stand auf.
„Das ist nen Polizist“, schlussfolgte Henrietta und sprang aufgeschreckt auf.
„Ja, ich komm aus ner Polizistenfamilie, ist irgendwas, Liebes?“, wunderte sich Vivian.
„Nein, ist nur ne alte Angewohnheit, mehr nicht, lassen Sie ihn ruhig rein“, murmelte sie und setzte sich wieder auf den Stuhl.
„Werde ich auch, darüber reden wir noch“, entgegnete sie und ging zur Tür.
„Hey Cousinchen, hier bin ich, wie versprochen. Du hast es vergessen, oder?“, stellte Mick fest, als er seine Cousine in Schlafanzughose und T-Shirt antraf.
„Ehrlich gesagt schon, ist einiges passiert gestern, John ist zurück und er hat zwei Freundinnen mitgebracht“, erklärte Vivian und brachte ihn ins Esszimmer.
„Gleich zwei Freundinnen, Menschengüte und ich dachte er schlägt so gar nicht nach seinem alten Herrn. Loverboy, Ladies“, begrüßte er die Leute in der Runde.
„Du bist gar nicht überrascht, dass er wieder da ist, wieso nicht?“, war Vivian überrascht.
„Ich hab gestern ihn schon auf dem Schirm gehabt, ich wollte ihn nur auf dich zukommen lassen und hab dich deshalb nicht angerufen. Er ist heimgekommen, ich hatte also Recht“, bemerkte Mick cool.
„Ja, sieht so aus. Ich muss mich für die Arbeit umziehen, du weißt ja wo alles ist“, entschied Vivian und ging in ihr Schlafzimmer.
„Sie ist sauer, oder?“, schlussfolgerte Mick.
„Super investigiert, Mick. Gehen euch die Verbrecher aus, dass du jetzt Handwerkstätigkeiten im Haus meiner Mutter machen musst?“, frotzelte Johnny und Mick schob eine Wandplatte zur Seite.
„Ich hab Nachtschicht, die Verbrecher werden niemals weniger. Apropos Verbrecher, du siehst aus wie einer, der Bart muss echt ab“, erkannte Mick.
„Der kommt heut ab, versprochen. Kann ich dir was helfen?“, fragte Johnny höflich.
„Du könntest mit deinen Hübschen hier verschwinden, das ist geheim, was ich hier machen muss“, bemerkte Mick.
„Das sind nicht beides meine Freundinnen, Lilly ist meine Freundin, Henrietta ist ihre Schwester“, stellte er die Frauen vor.
„Dein Beuteschema ist klar gesteckt, was?“, musterte der Polizist die Frauen.
„Man, warum weißt du davon?“, wollte er beschämt wissen.
„Wir haben die DNA-Spuren der zukünftigen Präsidentin in der Wohnung gefunden, das bleibt aber unser kleines Geheimnis“, flüsterte er ihm entgegen.
„Danke, zu freundlich“, murmelte er verlegen und die Frauen sahen Johnny an.
„Kein Kommentar“, bemerkte er nur.
„Dein erstes Mal war also ein Lockenköpfchen“, realisierte Lilly.
„Danke, jetzt weiß sie auch, dass sie erst meine zweite war“, konterte Johnny und stand auf.
„Ich kenn mich mit den Gesetzen dieses Landes aus, ich hab mir schon so was gedacht, keine Sorge. Komm mal mit“, bat Lilly und er ging mit den Frauen ins Schlafzimmer.
„Setz dich“, bat sie und klopfte aufs Bett.
„Wenn ihr nen Dreier machen wollt, sollten wir warten, bis die Polizei wieder aus dem Haus ist“, schmunzelte er.
„Das hättest du wohl gern. Wir waren nicht so ganz ehrlich was unsere Herkunft angeht“, begann Lilly und griff nach seiner Hand.
„Oh man, ihr macht mir Angst“, wurde er nervös.
„Ich wusste nicht, ob wir es dir sagen können, aber jetzt wo wir wissen, dass du was mit ihr hattest, können wir es dir ruhig sagen“, erklärte Henrietta und lockerte ihr Halstuch, was sie eigentlich nie abnahm. Über ihrem GIS prangte er ein roter Streifen.
„Nein, nicht ernsthaft“, war er fast geschockt.
„Du vögelst also meine Cousine“, bemerkte Lilly und zog auch ihr Halstuch ab.
„Ihr heißt Shore mit Nachnamen?“, stotterte er.
„Eigentlich Flagship, unsere Mutter ist die Schwester des Präsidenten. Wir sind wirklich vor zehn Jahren entführt worden, aber Cassius hat nie ein Lösegeld gefordert und so sind wir einfach im System untergegangen“, erklärte Lilly.
„Seid ihr für tot erklärt worden?“, fragte er, der der Geschichte fasziniert lauschte.
„Keine Ahnung, ich hab immer dieses Ding in die Jacke eingenäht mit dem mein GIS nicht gescannt werden kann. Cassius war in seinem früheren Leben ein Technik-Freak und hat uns für unsere Streifzüge damit ausgestattet. Man, Lilly hatte so was nicht, wenn man deinen GIS gestern gescannt hat, dann ihren sicher auch. Wir müssen hier weg“, entschied sie und suchte ihre Jacke.
„Ihr geht nirgendwo mehr hin, ihr müsst nicht mehr fliehen“, versprach er.
„Was passiert jetzt mit uns?“, war Lilly verängstigt und er zog sie an sich.
„Ich rufe eure Cousine an“, schlug er plötzlich vor.
„Wie du meinst, aber ich hatte schon vor unserer Entführung keinen Kontakt zu ihr, sie wird sich gar nicht mehr an uns erinnern“, erklärte Henrietta nachdenklich.
„Ich hab diese Nummer von ihr bekommen, ich ruf da jetzt an. Verdeckt eure GIS“, bat er und wählte die Nummer. Auf dem Display erschien Maya, die er das erste Mal mit wilder Mähne und in Schlafklamotten sah.
„Morgen, du bist also wieder zu Hause“, begrüßte sie ihn emotionslos.
„Sieht ganz so aus. Du hast mir deine Privatnummer gegeben?“, wunderte er sich.
„Die Nummer hat nur der Secret Service und mein Vater, ich hoffe, ich bereue meine nette Geste nicht“, erwiderte sie und band ihre Locken zusammen.
„Du bereust das nicht, das ist wichtig. Ich hab hier zwei Frauen die mit dir reden wollen“, begann er.
„Dass ich mit dir geschlafen habe, heißt nicht, dass ich jetzt auch Gruppensex mache“, nörgelte sie und wollte schon auflegen.
„Warte, leg nicht auf, deine Cousinen sind bei mir“, erwähnte er plötzlich.
„Das ist nicht witzig, meine Cousinen sind tot“, murrte sie unwirsch und die Frauen traten an die Kamera und lüfteten ihr GIS.
„Heilige Scheiße, ist das ein optischer Trick?“, war sie jetzt vollkommen baff.
„Nein, Maya, ich bin es Henrietta und ich weiß nicht, ob du Lilly kennst“, erklärte Henrietta.
„Henny?“, fragte Maya mit Tränen in den Augen. Sie war ein Einzelkind und hatte immer heimlich gewünscht, dass ihre Cousinen ihre Schwestern wären.
„Ja, Süße, ich bin’s. Wir brauchen deine Hilfe“, erklärte Henrietta.
„Klar, ich komm zu euch, hab heut eh frei. Man, ich kann’s kaum glauben, ich muss gleich meinen Dad anrufen“, war Maya aufgekratzt.
„Nein, behalt es für dich“, bat Lilly.
„Okay, das mach ich, wartet dort, ich muss mich noch verkleiden“, entgegnete Maya und legte auf.
„Sie muss sich verkleiden?“, fragte Lilly und setzte sich wieder hin, während sie ihr Halsband zuband.
„Sie wird Präsidentin werden, sonst kann sie sich in der Stadt kaum frei bewegen. Ihr seht euch auch so verdammt ähnlich, wie ist mir das vorher nicht aufgefallen?“, konterte er und setzte sich zu ihr aufs Bett.
„Du wolltest vermutlich die Wahrheit nicht begreifen. Du bist also tatsächlich mit Maya befreundet“, stellte Henrietta fest.
„Sieht ganz so aus, ich sollte mich anziehen“, entschied er, nahm seine Sachen und ging sich umzuziehen. Als Mick wieder gegangen war, kam eine hübsche Rothaarige zu Vivians Wohnung, die inzwischen auch bei der Arbeit war.
„Hey, schön dass du gekommen bist“, begrüßte er sie, aber sie ihm einen Kuss geben wollte, wich er zurück.
„Welche von meinen Cousinen vögelst du?“, fragte sie keck.
„Die Jüngere, du bist echt clever, du solltest Präsidentin werden“, schmunzelte er und ließ sie rein.
„Nicht witzig, wo sind sie?“, fragte Maya, die irgendwie nicht gut drauf war.
„Im Schlafzimmer und bevor du blöde Witze reißt, ich verstecke sie dort, ich weiß es auch erst seit einer Stunde, also guck mich nicht so vorwurfsvoll an“, forderte er und öffnete die Tür des Gästezimmers.
„Wie zum Henker hast du meine Cousinen gefunden?“, wollte sie wissen, während sie mit ihm reinging.
„Das hat was mit der Sache zu tun wo ich war, das kann ich dir leider nicht sagen, das Wichtigste ist doch, dass sie wieder da sind“, entschied er und Henrietta stand auf.
„Mein Gott, sie sind so erwachsen“, erwiderte Maya mit Tränen in den Augen und dabei lief die Flüssigkeit aus ihren Augen, die sie aufgetragen hatte, um ihre braunen Augen zu verdecken.
„Da sind deine schönen braunen Augen ja wieder. Hallo, Cousine“, begrüßte Henrietta ihre Cousine und die umarmte sie fest.
„Zehn Jahre, ihr wart zehn Jahre weg, wir dachten alle, ihr wärt tot“, entschied Maya und umarmte auch Lilly.
„Wir sind entführt worden, ist eine lange Geschichte. Du bist so erwachsen geworden, du wirst mal die schönste Präsidentin werden die dieses Land je gesehen hat“, erwiderte Henrietta.
„Das arme Kind steht vollkommen unter Drogen“, schmunzelte Maya und richtete ihre Augen wieder.
„Du bist langsam die Meisterin der Verkleidung, oder?“, schlussfolgerte Johnny, als er zusah wie seine Ex-Affäre ihre Verkleidung wieder richtete.
„Muss halt sein wenn ich frei leben möchte. Ich werde sie mitnehmen und wir werden die Situation in der Familie regeln“, erklärte Maya, die schon so erwachsen sprach wie ihr Vater.
„Wenn du das so willst. Lasst sie erst mal aus der Presse raus, sie brauchen Zeit um sich hier wieder zu Recht zu finden“, bat Johnny und Maya nickte.
„Ich versteh das vollkommen, ich will das ja auch nicht, deshalb diese ständigen Verkleidungen. Ihr Süßen wartet doch schon mal in der Limousine draußen, ich muss noch mit John reden“, bat Maya.
„Ich will hier nicht weg“, jammerte Lilly unsicher und klammerte sich an Johnny.
„Deine Familie kann dir helfen, dass du das alles überstehen kannst, wir sehen uns wieder, versprochen“, versicherte er, küsste sie sanft und die Frauen gingen zu der Limousine.
„Du magst sie, oder?“, fragte Maya, als Johnny hinter den Vorhang lugte, um zu kontrollieren, ob die Frauen gut im Wagen ankamen.
„Ja, ich mag sie, du bringst sie nach D.C., oder?“, wollte er wissen.
„Da wohnen ihre Eltern, sie ist erwachsen, sie wird zu dir zurückkommen, wenn sie das will. Danke, dass du angerufen hast“, bedankte sich Maya, küsste seine Wange und ging zu ihren Cousinen. Frustriert ging Johnny aufs Sofa und ließ sich darauf fallen. Als er etwas darauf geschlafen hatte, sprang die Haustür auf und jemand kam hinein.
„Hallo, jemand zu Hause?“, hörte er die Stimme von Byron.
„Ich bin im Wohnzimmer“, rief er gelangweilt und Byron kam mit langsamen Schritten hinein.
„Wir sind also wieder da“, erkannte er kühl und trat ans Sofa heran.
„Ja, dachte meine Mom hätte dich schon längst angerufen, sorry, ja, ich bin wieder da“, bemerkte er trocken.
„Und jetzt willst du im Zottelbart für dein restliches Leben auf dem Sofa deiner Mutter kampieren?“, wollte er wissen.
„Ich hab Liebeskummer, halt die Klappe“, murrte er und drückte seinen Kopf in ein Kissen.
„Geht’s um Maya?“, wollte Byron wissen.
„Du weißt es also auch, dabei sind wir so clever vorgegangen“, murmelte er in sein Kissen.
„Na ja, also ein Sexvideo von der First Daugther und dir zu drehen find ich jetzt nicht besonders clever“, schmunzelte er.
„Ich dreh doch kein Video davon, da kennst du mich doch zu gut, oder?“, war er verwundert.
„Ich hab’s gesehen, das haben wir alle und ich muss dir echt sagen, du bist ein Schwein“, entschied Byron.
„By, Maya gehört zu meinen engsten Freunden, das hätte ich ihr nie angetan“, versprach Johnny entsetzt.
„Gut zu hören, ich hab auch gedacht, dass du es nicht mit Absicht gemacht hast. Ich hab die Aufnahme zerstört, ich hab dir noch ne Aufnahme für den Privatgebrauch gelassen, aber den Rest hab ich gelöscht“, schmunzelte Byron.
„Das ist so peinlich, Maya wird mich umbringen“, realisierte er.
„Kann passieren, war ja keine Absicht, es haben nur deine Mom, Amanda, Virgil und ich gesehen“, versprach er.
„Meine Mom auch? Oh man, ich hätte nicht wiederkommen sollen, das ist alles so verworren“, murrte er in sein Kissen.
„Erzählst du mir, warum du so deprimiert bist?“, wollte er in seinem Psychologenton wissen und setzte sich zu ihm hin.
„Ich bin nicht aufgelegt für Therapiestunden“, murmelte Johnny.
„Das wird keine Therapiestunde, nur zwei Kumpels die sich unterhalten“, versprach er.
„Was machst du überhaupt hier?“, wollte er ihn loswerden.
„Ich will deine Mutter seelisch und moralisch unterstützen“, erkannte Byron.
„Meine Mutter ist in ihrer Agentur und das wusstest du sicher. Also, warum bist du wirklich hier?“, fragte er neugierig und setzte sich auf.
„Okay, du hast mich erwischt, ich benutze heimlich den Whirlpool, wenn deine Mom nicht da ist“, gestand er.
„Ich hoffe mal nicht nackt, ich bin da auch regelmäßig drin“, ekelte sich Johnny.
„Natürlich nicht nackt, ich hatte nur bis jetzt einen sehr nervenaufreibenden Vormittag und brauch das jetzt“, erklärte er.
„Dann tu dir keinen Zwang an“, entschied er.
„Danke und behalt das für dich. Ich bin auf dem Dach, wenn du doch reden willst“, bedankte er sich und ging zum Fahrstuhl.
An diesem Abend nahm er allen Mut zusammen und ging zu Rogan und Chloe. Chloe öffnete ihm die Tür.
„Schatz, da hat ein Bettler den Weg in unsere Wohnung gefunden, der Sicherheitsmann an der Tür ist wohl doch nicht so gut, wie er immer angibt zu sein“, bemerkte Chloe, die ihn nicht erkannte.
„Dafür, dass du mal auf mich gestanden bist, bist du jetzt echt fies“, murrte Johnny und zog seine Kappe ab.
„Jonathan?“, fragte sie erstaunt.
„Hey, Chloe“, begrüßte er sie kleinlaut und sie verpasste ihm eine gehörige Backpfeife.
„Au, die hat ich voll verdient. Kann ich reinkommen?“, fragte er wangenreibend.
„Rog‘, kommst du mal, bitte?“, rief Chloe in die Wohnung.
„Hören Sie, Sir, wir sind grad mit dem Studium fertig und haben selbst nicht so viel Geld“, kam Rogan zur Tür, hörte aber auf zu sprechen, als er Johnny sah.
„Sieh an, was die Katze ins Haus geschleppt hat. Was willst du hier?“, fragte Rogan schroff.
„Ich hab dich auch vermisst, Kumpel“, murrte Johnny.
„Nein, hast du nicht, sonst hättest du mir das nicht angetan. Ich will dich nicht in meiner Wohnung haben“, war er nicht gut auf ihn zu sprechen.
„Du hast mich verscheucht, du wolltest mich nicht um dich herum haben“, wurde Johnny laut.
„Du hättest nicht einfach so gehen sollen“, wurde Rogan auch laut.
„Ich kann nicht hellsehen, du hast mich verscheucht, aber ich bin trotzdem zu dir zurückgekehrt, das beweist doch, wie viel du mir bedeutest“, entschied Johnny und ganz überrascht zog Rogan ihn an sich und drückte ihn fest.
„Okay, jetzt bin ich eifersüchtig und verwirrt“, bemerkte Chloe und ging hinter den Männern her, die Arm in Arm in die Wohnung gingen.

Zehntes Kapitel

 
„Man, sie ist also weg?“, fragte Rogan, als Johnny ihm alles erzählt hatte, was er in den Monaten zuvor erlebt hatte.
„Sieht ganz so aus. Hier ist ein Bild was die Überwachungskamera von ihnen geschossen hat“, zeigte er ihm ein Bild auf seinem Armband, was seine Mutter für ihn aufbewahrt hatte.
„Ernsthaft? Du schläfst mit einer 12 und schleppst dann ne 14 ab? Manchmal hasse ich dich echt“, bewunderte er die Talente seines Kumpels und Chloe sah ihn böse an.
„Gut, dass ich schon meine 15 habe“, redete er sich heraus.
„Schleimer, aber Dankeschön“, schmunzelte sie und nahm seine Hand.
„Ihr habt’s also wirklich gemacht, ihr seid zusammengezogen“, bemerkte Johnny plötzlich.
„Ja, tut mir leid, aber ich hab nicht wirklich den Job bekommen, den ich mir gewünscht habe und ohne deinen Mama-Bonus konnte ich mir die alte Wohnung nicht mehr leisten“, entschuldigte sich Rogan.
„Keine Sorge, hier fühl ich mich auch wohl“, versprach Johnny und die anderen sahen ihn verwirrt an.
„War nen Scherz, ihr beiden, ich bleib erst mal bei meiner Mom, bis ich was habe. Ich danke euch, dass ihr trotz allem meine Freunde geblieben seid“, sagte er zufrieden.
„Wir kennen uns schon unser ganzes Leben und das wird auch noch ne Weile so bleiben, vor allem weil du so wahnsinnig gute Connections ins Weiße Haus hast. Willst du nen Bier?“, fragte Rogan und er nickte.
„Kann ich deinen Haarlaser benutzen? Ich muss den Bart loswerden“, bat Johnny, als er ein paar Schlucke getrunken hatte.
„Ich bitte darum, du siehst aus wie nen Landstreicher. Du warst auf ihrer Beerdigung, oder?“, schlussfolgerte Chloe, als sie ihn länger betrachtete.
„Du hast mich gesehen?“, fragte er ertappt.
„Du warst auf dem Video, dass ich für Rog‘ gedreht habe, ich hab’s ihm aber nicht gesagt, das ist mir nur beim Schneiden aufgefallen“, gestand Chloe.
„Oh man, ich hätte mich besser verstecken sollen. Tut mir leid, ich musste dabei sein“, erkannte er schuldbewusst.
„Schon gut, zumindest war einer von uns da. Hier“, erwiderte Rogan und gab ihm den Laser, den er aus dem Badezimmer geholt hatte.
„Danke, ich geh mich dann mal rasieren“, bemerkte Johnny und stand auf. Ihm wurde schwindelig.
„Oh man, ich vertrag ja gar nichts mehr, ich sollte es bei dem einem Bier belassen. Bin gleich zurück“, erwiderte er und ging ins Badezimmer.
„Es scheint, dass er sich vom Alkohol entwöhnt, so wie du, das ist gut“, dachte Chloe laut nach.
„Ich darf nichts mehr trinken, das ist der Unterschied, aber du hast Recht, wir sollten ihn auf dem Weg unterstützen, er versinkt wieder in Selbstmitleid wenn wir ihm nicht helfen“, erklärte Rogan.
„Wir werden ihm helfen, ich bin stolz auf dich, dass du ihm verziehen hast“, war Chloe auf ihn.
„Er hat sich ehrlich entschuldigt und das ist alles was ich wollte. Jetzt wo er zurück ist, wird alles wieder gut“, bemerkte er zufrieden und nahm ihre Hand.
„Ja, das wird es. Es ist nur eine Schande, dass er seine Freundin gehen lassen musste, ich hätte sie gern kennengelernt“, bemerkte Chloe nachdenklich.
„Sie wird zurückkommen“, behauptete Johnny trocken, der mit einer blutenden Rasierverbrennung aus dem Badezimmer kam.
„Sicher, du blutest, ich helf dir das sauber zu machen. Komm mit in die Küche“, bat Chloe und ging mit ihm in die kleine Küchenzeile.
„Danke, dass du mir auch verziehen hast“, bedankte sich Johnny, als sie seine Wunden versorgte.
„Ich verzeih dir nur, weil er es tut, aber tu ihm das nie wieder an“, bat Chloe ernst.
„Werde ich nicht, ich war nur so eingeschnappt, ich lag einige Nächte wach und hab das bereut. Danke, dass du mich nicht verraten hast, ich war zu dem Zeitpunkt nicht bereit, zurückzukehren. Man, ich hab ja echt daneben gelangt mit dem Rasieren, ich muss mich erst mal wieder an das Ding gewöhnen“, erwiderte er und sah sich im Spiegel an.
„Du erzählst uns nicht wirklich, was dir wirklich passiert ist, oder?“, wollte Chloe wissen.
„Zu eurer eigenen Sicherheit werde ich das nicht tun, aber das müsst ihr auch nicht wissen. Das Wichtigste ist, dass ich wieder da bin und alles wieder gut wird“, erkannte er.
„Du redest schon wie ein alter Politiker, wir sind deine besten Freunde, wir können dir bei allem helfen“, entschied Rogan, der mit den leeren Bierflaschen zu ihnen kam.
„Das ist wirklich gefährlich“, war sich Johnny nicht sicher.
„Wir sind beide Politiker, wir halten so einiges aus“, versprach Chloe und Johnny atmete tief durch, bevor er seinen Freunden die ganze Wahrheit erzählte.
„Du hast einem Kerl seine Frau geklaut?“, fragte Chloe nach seiner Erzählung.
„Ja, gesetzlich sind sie ja nicht verheiratet, aber schon irgendwie“, entgegnete er herumdrucksend.
„Sie ist erst neunzehn Jahre alt, das war schon das Richtige. Für beide Frauen. Bist du wirklich sicher, dass Maya weiß, was sie mit ihnen machen soll? Sie ist ja selbst noch nicht so alt und weise“, dachte Chloe laut nach.
„Deshalb bringt sie sie ja zu ihrer Tante und ihrem Onkel, die wissen das sicher. Oder?“, war er jetzt auch unsicher.
„Sonst werden sie den Präsident sicher nach Rat fragen. Man, Alter, ich glaub immer noch nicht, dass unser kleiner Streber sich wild durch das Weiße Haus vögelt“, schmunzelte Rogan und klopfte ihm auf die Schulter.
„Also die First Lady ist ja auch keine hässliche Frau“, bemerkte Johnny und beide starrten ihn entsetzt an.
„Das war ein Witz, Maya würde mich umbringen, aber wenn sie das von dem Sex-Video erfährt, macht sie mich sicher auch einen Kopf kürzer“, erläuterte er.
„Du hast ein Sex-Video von euch gedreht? Ich erkenn dich gar nicht wieder, alter Freund, das ist pervers“, war Rogan entsetzt.
„Klasse, Byron hätte erwähnen können, dass ihr das nicht wisst. Das war ein Unfall, ich hatte meine Rede an dem Abend aufgenommen und hab vergessen die Kamera auszumachen. Das Schlimmste ist, dass meine Mom das Video gesehen hat und deine Eltern Rog‘“, bemerkte er und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Statt ihm mit Mitleid entgegenzutreten, lachten die beiden ihn prustend aus.
„Super, ihr seid echte Freunde“, grummelte er.
„Das ist nur so witzig, sorry. Was hat deine Mutter dazu gesagt?“, prustete Rogan.
„Keine Ahnung, ich hab das auch erst grad von Byron erfahren. Kann ich heut Nacht bei euch pennen, oder lacht ihr mich dann den ganzen Abend aus?“, wollte er gekränkt wissen.
„Sicher, das Sofa ist ausklappbar, du kannst gern hier schlafen. Wir sind jetzt wieder ernst, versprochen“, versuchte Rogan ernst zu bleiben.
„Ich mach uns was zum Essen, geht doch ins Wohnzimmer und unterhaltet euch ein bisschen“, bat Chloe und die Männer gingen zurück.
„Okay, sie ist außer Reichweite, du kannst mit deinem Moralapostel-Getue aufhören, du bist doch der mit den Sexparties“, foppte er seinen Kumpel.
„Na ja, die Sexparty war jetzt nicht so gelungen, wie ich das so erzählt habe. Eigentlich waren wir viel zu besoffen um noch irgendwas in Gang zu kriegen, denk ich mal, ich hab keine Ahnung mehr von der Nacht“, druckste Rogan herum.
„Also du hast noch nicht?“, fragte er neugierig.
„Doch, wir haben nochmal, in der Nacht in der ich entlassen wurde. Es war einfach perfekt, na ja, nach so einer langen Zeit hat ich es auch bitter nötig“, erkannte er schmunzelnd.
„Und ich erst. Ich war nicht so dicht wie du, ich hab einfach neben dir gelegen und so getan, als würde ich schlafen, dass sich keiner unserer Kommilitonen an mir vergreift“, erklärte Chloe, die zu ihnen kam.
„Warum erzählst du mir das erst jetzt?“, fragte er etwas verwirrt.
„Wann hätte ich das sagen sollen, du hast grad deine Schwester verloren. Hätte ich sagen sollen „Ach übrigens, die einzigen Körperflüssigkeiten die wir ausgetauscht haben waren deine Kotze, die auf meinem Kleid gelandet ist“?“, fragte sie kritisch.
„Ja, das wäre ein Anfang gewesen. Das erklärt, warum du tags drauf nur mein Hemd angehabt hast. Zumindest sind wir jetzt durch mit dem Thema, wenn irgendwelche Politikerkollegen uns das in zehn Jahren nochmal vorschlagen, sagen wir einfach nein“, erwiderte er und zog sie zu sich aufs Sofa.
„Wir werden also in zehn Jahren noch zusammen sein?“, fragte sie überrascht.
„Du weißt doch schon längst, dass ich dich heiraten werde, sobald ich im Rathaus sitze“, schmunzelte er und Rogan und Chloe begannen eine wilde Knutscherei auf dem Sofa während Johnny daneben saß.
„Ich glaube, ich esse lieber in der Küche“, entschied er, nahm seine Lebensmittelration und ging in die Küche. Die anderen beachteten ihn gar nicht. Nachdenklich sah er aus dem Fenster und starrte auf die Straße. Er dachte darüber nach, was wohl gerade Lilly machte. Er tippte Mayas Nummer auf seinem Head-Set und klappte seine Kamera nach vorne für einen Videoanruf.
„Na Romeo, vermisst du schon Julia?“, begrüßte Maya ihn freundlich.
„Ja, furchtbar und mir ist es peinlich, das zuzugeben. Kann ich sie sprechen?“, fragte er hoffend.
„Tut mir leid, mein Süßer, sie ist mit Henrietta bei ihren Eltern, die konnten es nicht fassen, als ich mit ihnen aufgetaucht bin. Sie haben leider eine Geheimnummer, die ich dir nicht geben darf, aber sie wird dich anrufen, versprochen. Was sind das für Geräusche bei dir im Hintergrund?“, fragte Maya.
„Ach, das sind nur Rogan und Chloe, sie haben mich zum Essen eingeladen und jetzt treiben sie es grade im Wohnzimmer“, erzählte er lässig.
„Ernsthaft? Das ist ziemlich peinlich, was?“, wollte sie wissen.
„Ja, schon, ich schleich mich gleich über die Feuerleiter raus. Wenn du wieder in der Stadt bist müssen wir mal über was reden“, erkannte er ernst.
„Klar, machen wir, schlaf schön, mein Süßer und so rasierst siehst du echt gut aus“, entschied Maya und legte wieder auf. So schlich er sich heimlich durchs Fenster davon. Es war schon spät, als er wieder nach Hause kam.
„Gut, du bist noch da“, begrüßte Vivian ihn mit besorgtem Blick, als er in die Wohnung kam.
„Ich geh nicht mehr weg, versprochen. Ich musste meine Gedanken sammeln“, erwiderte er und umarmte seine Mutter.
„Wo sind die Frauen hin?“, wollte sie wissen.
„Ihre Cousine war da und hat sie mitgenommen“, sagte er nur betrübt.
„Ihre Cousine war da und hat sie abgeholt? Das ist komisch, die einzigen Personen, die mein neues Sicherheitssystem gescannt hat, waren Byrons und Mayas … oh mein Gott“, realisierte Vivian.
„Ich weiß es auch erst seit heute, echt schräge Geschichte. Ich geh jetzt ins Bett, mir ist übel“, murmelte er und ging Richtung Gästezimmer.
„Ich hab dein Bett neu bezogen“, sagte sie nur.
„Danke, gute Nacht“, war er nicht zum Reden aufgelegt.
„Willst du mit mir nicht darüber reden?“, wollte seine Mutter wissen.
„Nein, nicht wirklich“, konterte er und ging in sein Zimmer.
 
Als Vivian ihrem Sohn hinterhergehen wollte, merkte sie, dass er den Code für das Gästezimmer geändert hatte. Kopfschüttelnd ging sie ins Wohnzimmer zurück und ließ ihn allein.

Elftes Kapitel

 
Als Johnny an diesem Oktobermorgen seine Augen aufschlug, lag Rogan neben ihm im Bett und starrte die Decke an.
„Dein Vater hat dir echt nur Blödsinn beigebracht, mein Freund. Du solltest meine Privatsphäre respektieren lernen“, murmelte er verschlafen.
„Du kommst mit mir zur Arbeit heute“, sagte Rogan nur.
„Willst du dort auch mit Chloe vor meinen Augen Sex haben?“, wollte er wissen.
„Tut mir leid, wir wurden gestern irgendwie von unseren Gelüsten übermannt. Du hättest nicht so rausschleichen müssen“, entschuldigte er sich.
„Hätte ich mitmachen sollen? Ich kreuze keine Schwerter mit nem Kerl, das kannst du vergessen“, ekelte sich Johnny vor seinem Vorschlag.
„Oh Gott, nein, du hättest doch in der Küche warten können“, verzog auch Rogan das Gesicht.
„Äh, nein, hätte ich nicht. Also warum soll ich mit dir mit zur Arbeit kommen?“, wollte Johnny wissen und setzte sich auf.
„Ich hab mit meinem Boss gesprochen, du wirst auch im Bürgermeisteramt arbeiten, wenn du dich bei ihm vorstellst“, erklärte Rogan und stand auf.
„Du arbeitest im Bürgermeisteramt?“, fragte er verwundert.
„Ja, erst seit kurzem, also komm bitte mit, ich will nicht dumm da stehen“, bat Rogan.
„Mir ist mein guter Anzug geklaut worden“, murmelte Johnny.
„Dein zweitbester wird es auch tun, deine Mutter hat all deine Sachen im Keller gelagert. Los, du kriegst nur die Chance“, entschied er.
„Meinetwegen. Du musst mir echt mal beibringen, wie man Codes knackt, das kann mal sehr nützlich sein“, erwiderte er und stand auf.
„Das wird deiner Mutter gar nicht gefallen, aber klar, kann ich machen. Jetzt zieh dich an, wir kommen sonst zu spät“, bat Rogan und ging aus der Tür. Ein Anzug hing schon gebügelt an der Wand.
„Mom, was würde ich nur ohne dich tun“, bemerkte er schmunzelnd und zog sich an.
 
„Seht euch an, genauso hab ich mir das vorgestellt, meine beiden Männer gehen zur Arbeit. Danke, dass du das möglich gemacht hast, Rogan“, bedankte sich Vivian, die die beiden Jungs in Anzügen verabschiedete.
„Lass das bloß nicht meine Mutter hören, dass ich dein Sohn bin, sie ist nämlich mächtig stolz auf mich“, erwiderte er und das erste Mal in sechs Monaten der Trauer sah sie ihren Ziehsohn breit grinsend.
„Du bist so attraktiv wenn du lächelst, weißt du das eigentlich?“, erwiderte Vivian und lächelte auch.
„Okay, das ist auch was, was wir Amanda lieber nicht sagen, würg. Gehen wir“, verzog Johnny angeekelt das Gesicht und die Männer verließen das Haus.
 
Schweigend fuhren sie in Johnnys Wagen zum Bürgermeisteramt. Andächtig ging Johnny die Treppen des Bürgermeisteramtes hoch. Bei jedem Schritt war er sich sicherer, dass er Bürgermeister dieser Stadt werden wollte.
„Komm, wir sind spät dran“, drängte Rogan ihn weiter zu gehen und er eilte hoch.
Vor dem Zimmer musste er ein paar Minuten auf den Personalbeamten warten. Er setzte sich an einem Display, an dem die Nachrichten liefen. In dem Moment hatte er einen Flashback und fühlte sich wieder wie zehn Jahre zuvor, als er sah, wie sein Vater erschossen wurde. Schnell schüttelte er den Gedanken wieder ab, er musste jetzt cool und stark sein
.
>Washington D.C. . Ein Wunder passierte gestern bei unserer Präsidenten-Familie. Die Töchter von Patricia Shore, Henrietta und Elisabeth Flagship, die zehn Jahre zuvor von einem unbekannten Täter entführt worden waren, sind nach Hause zurückgekehrt. Die Familie will keine Details über diese Entführung preisgeben, trotzdem wollen die Frauen jetzt vor die Kamera treten und sprechen<
 
sagte der Nachrichtensprecher und holte ihn in die Realität zurück.
 
„Du hast es mir versprochen, Maya“, murrte er und sah zu, wie seine Freundin und ihre Schwester vor die Kamera traten und eingeschüchtert sich präsentierten.
Wütend wählte er Mayas Nummer auf dem Headset, doch sie ging nicht dran.
„Verdammt“, fluchte er und riss sein Head-Set vom Ohr.
„Mr. Hawks, wir wären dann für Sie bereit“, kam eine junge Frau im schicken Anzug zu ihm.
„Sicher, ich bin auch soweit“, entgegnete er etwas durcheinander und ging mit ihr mit.
Johnny musste sich sehr zusammenreißen und präsentierte sich so gut wie er konnte. Sie boten ihm eine Praktikumstelle an und er nahm sie an.
Den restlichen Monat erreichte er weder Maya noch Lilly, aber er konnte sich nicht zu viele Gedanken darüber machen, da er viel arbeiten musste. An Halloween war eine Kostümparty im Bürgermeisteramt und Johnny hatte sich als sein Lieblingssänger verkleidet, der sehr offenherzig mit Lederhosen und schwarzem Hemd rumlief. Alles in Allem sah er sehr gut aus.
„Hola Chico, hat dich deine Mutter so aus dem Haus gelassen?“, frotzelte Rogan, der mit Chloe am Arm zu ihm kam. Sie waren wie Präsident Shore und die First Lady gekleidet.
„Ganz schön mutig, so hier aufzutauchen“, läutete er zum Gegenangriff.
„Durch die Sicherheitssperre sind wir so zumindest schon mal gekommen. Amüsiere dich heut Abend, die Assistentinnen hier sind echt scharf“, bemerkte Rogan und unter dem strengen Blick seiner Freundin zogen sie weiter.
Obwohl er zum Flirten angezogen war, war ihm nicht zum Flirten zumute, zu tief saß noch der Trennungsschmerz von Lilly. Er sah sie in jeder Frau, die durch die Tür kam.
„Hey Fremder, ganz allein hier?“, hörte er plötzlich eine coole weibliche Stimme und er drehte sich um. Eine Frau mit roter Perücke und kniehohen Stiefeln stand breitbeinig vor ihm. Ihre goldgefärbten Augen glitzerten im Scheinwerferlicht.
„Du scheinst eine nette Frau zu sein, aber nicht heute Abend“, lehnte er dankend ab, aber die junge Frau vor ihm schien sich nicht damit zufrieden zu geben und küsste ihn stürmisch. Johnny drückte sie weg, aber als sie ihn anlächelte, wusste er, wer von ihm stand und zog sie glücklich an sich.
„Als sie gerade wild in einem Eck knutschten, kamen Chloe und Rogan zu ihr.
„Na Johnnyboy, wir haben uns ja schnell erholt von unserem Liebeskummer“, frotzelte Chloe und Johnny drehte sich mit lippenstiftversauten Lippen um.
„Sieht ganz so aus. Habt ihr irgendwie Langeweile, oder so?“, fragte Johnny, der sie loswerden wollte.
„Nein, wir wollten nur mal nach dir sehen, aber anscheinend geht’s dir prächtig. Stellst du uns deine kleine Freundin nicht vor?“, fragte Rogan.
„Das würd ich gerne, aber ich hab keinen blassen Schimmer, wie sie heißt“, entgegnete er und drückte sie an sich.
„Bist du betrunken?“, fragte Rogan verwundert.
„Nein, ich trinke heut Abend nicht. Ich hab nur Spaß“, versprach  er.
„Okay, du führst doch was im Schilde“, bemerkte Chloe verwundert.
„Nein, ich genieß echt nur den Abend, das solltet ihr auch tun“, entgegnete er.
„Das ist aber trotzdem seltsam. Wie ist dein Name, Kleines?“, wollte Rogan wissen.
„Geht dich gar nichts an, Großer“, bemerkte die Rothaarige keck. Es war Lilly, die eine von Mayas Verkleidungen trug.
„Ich kann dich hier rausschmeißen lassen, Kleines“, konterte Rogan cool.
„Melissa, ich heiße Melissa, okay?“, log Lilly ziemlich gut.
„War doch nicht so schwer, hallo Melissa“, glaubte er ihr.
„N’Abend, können wir jetzt weitermachen?“, war auch Lilly genervt von ihnen.
„Klar, habt Spaß, schönen Abend noch“, entschuldigte sich Chloe und zog ihren skeptischen Freund weg.
„Melissa?“, fragte er schmunzelnd.
„Mein zweiter Vorname, ist einfacher so. So, wo waren wir?“, fragte sie schmunzelnd und küsste ihn weiter.
 
Sie verlegten die Party in ihr Hotelzimmer. Obwohl nur ein Monat ihrer Trennung vergangen war, war es wie beim ersten Mal. Als er sie fest in seine Arme nahm und ihre heißen Lippen auf seinen spürte, wusste er, dass er diese Frau eines Tages heiraten wollte.
 
Am nächsten Morgen verließen sie engumschlungen das Hotelzimmer. Johnny konnte sein Glück kaum fassen und er wollte jeden Moment genießen.
Doch plötzlich waren so viele Reporter um das Paar herum, dass sie nur noch die Blitze der Head-Sets sahen, die auf ihn gerichtet waren. Ein Redegewirr stürmte auf sie ein.
„Miss Flagship, wer ist Ihr Begleiter?“
„Miss Flagship, stimmt es, dass Sie in einer Hippie-Kommune gelebt haben?“
„Meine Mandantin wird keine Fragen mehr beantworten“, entgegnete Johnny mit der seriösesten Stimmlage, die er in der Schrecksekunde, in der sie an die Wand gedrückt wurde aufbringen konnte.
„Sind Sie Ihr Anwalt?“, fragte einer Reporter.
„Worauf sie Gift nehmen können und jetzt verschwinden Sie alle samt, denn nach dem Paparazzi-Gesetz von 2045 ist es Ihnen nicht erlaubt, ohne Erlaubnis eines Menschen Bilder von der Person zu machen. Also verschwinden Sie, allesamt“, donnerte Johnny und er war selbst überrascht von seiner Stärke. Sie musste ihm diese Stärke verleihen.
Eingeschüchtert ließen sie sie passieren und er schob sie zu seinem Wagen.
„Mein Anwalt, sehr interessant“, gluckste sie, als sie losfuhren.
„Manche Leute sind echt so blöd, die glauben wirklich alles, vor allem Reporter. Alles klar bei dir?“, fragte er besorgt.
„Ich fühl mich so sicher bei dir“, erwiderte sie zufrieden und lächelte ihn an. Er lächelte zurück. Plötzlich fiel ein Schuss und Johnny wurde getroffen. Lilly musste den Notfallknopf drücken, der das Auto sicher anhielt.
„Johnny?“, hauchte sie weinerlich, aber ihr Freund hing bewusstlos über dem Lenkrad.

Zwölftes Kapitel

 
Als Johnny aus seiner Besinnungslosigkeit erwachte, hörte er seine Freundin schluchzen. Er saß immer noch in seinem Wagen. Die Reporter hatten sie umringt und wussten nicht, was sie tun sollten.
„Hilf mir“, keuchte er zu ihr.
„John, du lebst noch?“, fragte sie überrascht und half ihm sich richtig hinzusetzen.
„Kugelsichere Jacke, jeder Politiker sollte so eine haben. Hilf mir, die Jacke aufzumachen, ich krieg keine Luft“, bat er und sie zog mit aller Gewalt an der Jacke, bis sie aufging.
„Oh ja, das ist besser. Man, diese Kakerlaken sind ja immer noch da, ich dachte wirklich, ich wäre überzeugender. Ich ruf Mick an, er muss uns hier rausholen“, keuchte er und wählte die Nummer des Polizisten auf seinem Head-Set.
„Ich dachte, ich hab dich verloren“, stand sie immer noch unter Schock.
„So schnell wirst du mich nicht los, meine Süße. Verzieht euch, ihr Schmeißfliegen“, murmelte er und hupte solange, bis die Reportermenge kleiner wurde. Eine kleine Anzahl von Reportern blieb, die eine heiße Story witterten. Diese wurden dann von Mick verjagt, der im Streifenwagen zu ihnen kam.
„Hab doch gesagt, die Jacke brauchst du eines Tages. Alles klar bei dir, Junge?“, wollte Mick wissen, als er ihm aus dem Auto half.
„Außer dass ich vermutlich den blausten blauen Fleck meines Lebens auf der Brust bekommen werde geht’s mir gut. Cassius und seine Gefolgschaft haben wohl auch schon mitgekriegt was los ist“, bemerkte er und geschützt von den Polizisten wurde er in den Streifenwagen gebracht.
„Wer ist Cassius?“, fragte Mick, während er mit ihm zum Revier fuhr.
„Er ist so was wie mein Ehemann, lange Geschichte, sagen wir mal, er ist nicht so wahnsinnig gut auf Johnny zu sprechen. Ich bin übrigens Lilly, hi“, erwiderte Lilly, die sich langsam wieder gefasst hatte.
„Hi Lilly, dein Mann will also meinen Großneffen töten und ich dachte, er wäre ein kleiner Streber“, bemerkte Mick cool.
„Au, das hat noch mehr wehgetan als die Kugel. Was passiert jetzt mit meinem Wagen?“, wollte Johnny wissen.
„Er wird abgeschleppt und von unserem Labor untersucht, das war ein Mordversuch, wir müssen das untersuchen. Warum haben die Schmalzfliegen vom New Denver Journal eigentlich an euch geklebt?“, wollte Mick wissen.
„Ist das sein Ernst?“, fragte Lilly und Johnny zuckte mit den Schultern.
„Bist du irgendein Filmsternchen oder so? Meine Frau ist die Cineastin, ich steh da eher nicht so drauf“, entschuldigte Mick seine Unwissenheit.
„Aber Ihren höchsten Vorgesetzten kennen Sie schon, oder?“, fragte Lilly und zeigte ihr GIS.
„Heilige Scheiße, was hast du mit meinem Großneffen zu tun, sag mal?“, wollte Mick wissen.
„Wir besuchen den gleichen Ornithologen-Kurs, was denkst du wohl?“, fragte Johnny sarkastisch.
„Aber ihr dürft doch nicht“, stotterte Mick.
„Politiker, Nichte des Präsidenten, wir dürfen, Onkel Mick, glaub mir“, schmunzelte Johnny.
„Oh man, ich muss mich wohl an den Gedanken gewöhnen, dass du das jetzt auch machst. Wie geht’s deiner Brust?“, wollte Mick wissen.
„Tut weh, ich könnt nen Eisbeutel gebrauchen. Du wirst meiner Mutter nicht erzählen, was da grad passiert ist, oder?“, hoffte Johnny.
„Sie wird es sicher gleich im Fernsehen sehen, du solltest sie anrufen“, schlug Mick vor und Johnny wählte ihre Nummer.
„Ja Mom, mir geht’s gut, ja ich hab meine Jacke getragen, Mick bringt mich aufs Revier, Lilly ist bei mir, ja ich war heute Nacht bei ihr im Hotel, ja, ich hätte anrufen sollen, aber ich bin erwachsen, Mom“, telefonierte er mit seiner Mutter und rollte mit den Augen, als er eine Standpauke bekam.
„Ihr habt erwartet dass er angegriffen wird?“, verstand Lilly immer noch nicht.
„Er ist Orlando Hawks Sohn, wir rechnen jeden Tag mit so etwas. Das müsstest du doch gewöhnt sein, oder?“, fragte Mick.
„Ich bin erst seit kurzem wieder in der Öffentlichkeit, also nicht so wirklich. Wie geht’s deiner Brust, Schätzchen?“, fragte Lilly, Johnny, als er aufgelegt hatte.
„Ne Kugel wäre schmerzhafter gewesen, geht schon. Habt ihr gesehen, wer mich erschießen wollte?“, fragte Johnny und drückte Lillys Kopf sanft an seine Brust.
„Nein, tut mir leid, wir gehen dem aber nach. Ihr werdet euch auf Probleme einstellen müssen, wenn ihr zusammenbleiben wollt, das kann ich euch schon mal sagen“, ermahnte Mick sie und hielt vor dem Polizeirevier.
„Wir sind starke Persönlichkeiten, das kriegen wir hin“, versprach er und folgte der Polizeieskorte ins Revier.
 
Sie hielt seine Hand, während sie in dem Polizeirevier befragt wurden.
„Du knallst also eine verheiratete Frau?“, fragte Mick erbost.
„Sie ist nicht wirklich seine Frau, das ist so ne Mormonen-Sache“, druckste Johnny herum.
„Das ist egal, solang er es denkt, ist sie seine Frau. Du bist genauso lebensmüde wie dein Dad, weißt du das eigentlich?“, murrte Mick.
„Ich liebe Lilly, der Kerl ist nur verrückt“, entschied Johnny stur.
„Ja, das hab ich gesehen. Du wärst jetzt Wurmfutter, wenn wir dich nicht zu dieser Jacke gezwungen hätten. Wir müssen diesen Cassius fassen, wir wollen dich nicht verlieren“, war Mick sichtlich besorgt.
„Das ist lieb, aber ich verrate meine Leute nicht“, konterte Johnny.
„Deine Leute? Junge, du warst echt zu lang weg, wir sind deine Leute“, verstand Mick nicht.
„Die aber auch. Ich werde jetzt nichts mehr sagen, basta!“
„Okay, das erklärst du dann aber deiner Mutter. Ich fahr euch heim, ich hoffe echt, dass du weißt was du da tust“, entgegnete Mick und brachte sie heim.
Vivian nahm ihren Sohn wortlos in den Arm.
„Du Idiot, was denkst du dir?“, zeterte Vivian.
„Das hab ich ja nicht mit Absicht gemacht. Ich lebe noch, hör auf zu weinen, bitte“, bat Johnny, als Vivian zu weinen begann.
„Ich hab schon deinen Vater verloren, tu mir das nie wieder an. Sie ist also wieder da“, musterte sie Lilly.
„Ja, gewöhn dich dran. Lässt du uns rein? Dann hört Onkel Mick auf so nervös den Bodyguard zu spielen“, bat er ernst und sah zu Mick, der ihm den Rücken freihielt. Vivian ging von der Tür weg und ließ sie rein.
„Deine Scheiben sind kugelsicher, oder?“, durchsuchte Mick die Wohnung.
„Du hast sie selbst einbauen lassen, Mickey. Was ist hier los?“
„Dein Sohn hat sich auf der Straße einen Feind gemacht und knallt deren Frau. Noch viel Spaß“, ließ Mick sie allein.
„Du bist also schuld, dass mein Sohn jetzt in Todesgefahr ist“, war Vivian nicht gut auf Lilly zu sprechen.
„Blödsinn, niemand ist daran schuld. Man, ich muss aus meiner Jacke raus, die wird langsam schwer“, entgegnete er und zog seine Jacke aus.
„Zeig mal her“, bat Vivian und sah seine Brust an. Die Prellung leuchtete in allen Regenbogenfarben.
„Oh mein Gott, das hätte mächtig schief gehen können. Das war ne Schrotflinte, so eine hat auch deinen Vater getötet“, dachte Vivian laut nach und fuhr ihm nachdenklich über die Brust.
„Ich lass mich nicht umbringen, dafür hab ich viel zu viel gearbeitet“, versprach er und zog ihre Hände weg.
„Das ist nicht witzig!“
„Sollte nicht witzig sein. Ich muss die anderen anrufen, die müssen furchtbar besorgt sein“, entschied er trocken und ging ins Gästezimmer.
„Ich weiß, Sie mögen mich nicht, aber ich kann nichts dafür, dass er das macht“, sagte Lilly, die neben Vivian stehen blieb.
„Komm, ich helf dir, die Glasscherben aus dem Haaren zu puhlen“, bat Vivian netter und ging mit ihr in den Reinigungsraum.
 
„Vielleicht sollten wir die Stadt verlassen. Das Risiko ist zu hoch hier“, schlug Lilly vor, als sie mit Rogan und Chloe an diesem Abend zusammensaßen.
„Nein, ich geh hier nicht weg, ich lass mich nicht von ihm verscheuchen“, sagte Johnny standhaft.
„Er ist genauso stur wie sein Vater. Du wärst heute fast gestorben, mein Sohn“, war ian auf Lillys Seite.
„Ja, nur fast, ich muss halt vorsichtiger sein und ich muss meine Kontakte zum Weißen Haus ausnutzen und mir einen Bodyguard zulegen“, war Johnny cool eingestellt.
„Dein Vater hatte einen Bodyguard, er hat trotzdem sein Leben gelassen, hör auf deine Freundin. Vielleicht solltest du ne Weile zu deinen Großeltern nach Kanada“, plante Lilly.
„Das klingt doch vernünftig, ihr könnt ja wiederkommen, wenn es hier wieder sicherer ist“, entschied Rogan und auch Chloe nickte zusagend.
„Bitte sag ja, ich will dich nicht verlieren“, bat Lilly.
„Ich will dich nicht allein lassen“, sagte er unsicher.
„Ich komm natürlich mit, Dummerchen“, versprach sie liebevoll.
„Dann ist es ausgemacht, ich ruf meine Eltern an und bereite sie vor, du rufst Mick an und organisierst einen sicheren Transport bis zum Flughafen“, war Lilly erleichtert und Johnny küsste den Kopf seiner Freundin, bevor er in das Gästezimmer ging, um Mick zu kontaktieren.
 
Es war noch nicht richtig hell, als Jonathan Hawks mit seiner Freundin an seine Brust gepresst sein Elternhaus verließ. Lillys Kopf schmerzte an seiner Brust, aber sie schien seine Nähe nicht verlassen zu wollen. Mick wartete schon mit einem Polizeiwagen auf sie.
„Hättest du nicht mit einem Zivilfahrzeug kommen können? Das ist ganz schön auffällig“, murrte Johnny und Mick nahm ihm die Reisetasche ab.
„Aber auch sicher. Ihr habt nicht viel geschlafen, oder?“, musterte Mick das Paar.
„Nein, nicht wirklich, können wir los? Der Flug geht schon einer halben Stunde“, bat Lilly trocken.
„Sicher, du steigst vorne ein, er hinten, das Cockpit ist abgesichert, falls es wieder einen Anschlag gibt“, erklärte Mick.
„Und ich kann abgeknallt werden, oder wie?“, verstand Johnny nicht.
„Hinten ist auch kugelsicher, Grummelkopf, aber so ist sie weniger in Gefahr. Jetzt steigt schon ein“, bat Mick und Lilly löste sich von ihm.
Den ganzen Weg zum Flughafen schwiegen die drei. Sie wussten nicht, über was sie reden sollten.
 
Dustin und Lilah Michelli hatten ihren Enkel schon lang nicht mehr gesehen und freuten sich, ihn zu sehen. Sie schlossen auch Lilly in die Arme.
„Johnny, du bist ja schon ein richtiger Mann, schade, dass wir uns unter diesen Umständen wieder sehen müssen“, begrüßte Lilah ihren Enkel.
„Ja, Mom schickt ihre Grüße. Wie geht’s es Grandpa?“
„Gut, er ist grad im Garten, ich hol ihn, setzt euch irgendwo hin“, bat Lilah und sie setzten sich unsicher hin. Auf dem Display lief eine Slide-Show von Fotos. Dabei waren einige Bilder von Orlando und von dem jungen Dustin in Uniform.
„Ihr seid echt eine gut aussehende Familie, merk ich grad“, betrachtete Lilly die Bilder.
„Ja, sieht so aus“, bemerkte er nachdenklich, als die Bilder seines Vaters durchliefen.
„Du vermisst ihn sehr, oder?“
„An solchen Tagen wie die letzten schon, ja. Ich hab ihn damals sterben sehen, ich war am Fernseher, als er erschossen wurde“, dachte er laut nach.
„Du armer Kerl, ich war noch zu jung damals, ich hab es nur von meinen Eltern gehört. Er war ein echter Held, mehr als jeder meiner Vorfahren es jemals war“, entgegnete sie.
„Deine Vorfahren waren alle Präsidenten der Vereinigten Staaten, ¾ von Ihnen auch langjährige Soldaten!“
„Mein Urgroßvater hat mehr Menschen in den Tod geschickt als dein Vater gerettet hat, das ist nicht wirklich heldenhaft. Maya hat übrigens nichts damit zu tun, dass ich mich an die Presse gewandt habe, das war eine Entscheidung von mir und meiner Schwester“, erklärte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Das war doch schwachsinnig. Ihr hättet in Ruhe leben können!“
„Wir wollten ihm beweisen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen“, entschied sie.
„Das hätte ich fast mit dem Leben bezahlt!“
„Das wird mir jetzt auch klar, tut mir leid!“
„Passiert. Hier sind wir erst mal sicher, was sagen deine Eltern eigentlich, dass du jetzt schon wieder weg bist?“
„Ehrlich gesagt wissen sie es nicht, sie denken vermutlich, dass ich schon wieder auf dem Heimweg nach D.C. bin“, murmelte sie.
„Klasse, ich war als dein Entführer im Gespräch, was denkst du was das Weiße Haus sagt, wenn ich zusammen mit dir nach Kanada fliege, ohne dass sie davon wissen?“
„Ich sollte meine Eltern anrufen“, schlussfolgerte sie und setzte ihr Head-Set auf.
„Ja, gute Idee!“
 
Als Lilah mit Dustin zurückkam, hatte Lilly ihr Gespräch beendet.
„Ich konnte meinen Onkel davon abbringen, die Air-Force-One zu schicken um mich abzuholen. Als meine Mutter die Aufnahme von dem Anschlag auf uns gesehen hat, hat sie auch entschieden, dass ich hier besser aufgehoben bin. Mr. Michelli, schön Sie kennen zu lernen“, erklärte Lilly und streckte Dustin die Hand hin.
„Nicht so höflich, ich müsste eigentlich dir so viel Respekt entgegenbringen, schließlich bist du die Nichte des Präsidenten. Ich bin Dustin“, begrüßte Dustin sie herzlich.
„Hier nicht, in diesem Land bin ich nur die Freundin deines Enkels, keiner soll erfahren, wer ich bin, nicht, dass wir ihn wegen mir noch in Gefahr bringen“, bat Lilly.
„Verstanden. Wir haben ein großes Gästezimmer, da könnt ihr unterkommen solang ihr wollt. Habt ihr Hunger?“
„Ja, schon etwas. Du musst aber nicht extra was kochen“, sagte Lilly höflich.
„Kein Problem, ich koche gut und schnell. Dustin, gib den Kindern was zu trinken, ich glaub, Sie brauchen Alkohol so besorgt wie sie aussehen“, schlug Lilly vor.
„Lilly ist noch unter 21, das denk ich kaum“, entschied Johnny.
„Spaßbremse“, murrte Lilly.
„Bitte sag mir dass sie über 18 ist“, bat Dustin hoffend.
„Ich bin fast 20!“
„Gott sei Dank, ich dachte schon, dass mein Enkel eine Straftat begeht, wenn er mit dir schläft“, war Dustin erleichtert.
„Wer hat dir gesagt dass ich mit ihr schlafe?“, fragte Johnny stotternd.
„Du darfst, sie darf und eure Körpersprache zeigt ganz deutlich, dass ihr schon intim wart. Ich war fast 40 Jahre Polizist, ich seh so was“, schmunzelte Dustin.
„Andres Thema, bitte. Krieg ich nen Whiskey?“
„Kriegst du, was macht deine Brust?“
„Tut höllisch weh, danke der Nachfrage. Aber besser als ne Kugel, denk ich mal“, schmunzelte er.
„Nicht witzig, wir haben deinen Vater sehr gemocht“, sagte Dustin ernst.
„Ja, sicher, tut mir leid. Kann ich einen Eis-Pad kriegen?“
„Ja, bring ich dir. Ich glaub, deine Kleine kriegt von mir doch einen kleinen Drink, sie sieht so aus, als könnte sie einen brauchen. Ich sag nichts, ich bin kein Cop mehr, mir ist das egal“, schlussfolgerte Dustin, schenkte beiden einen Whiskey ein und gab sie ihnen.
„Danke, das könnte ich wirklich gebrauchen. Ich kann die Augen nicht mehr zumachen, seit auf uns geschossen wurde“, gestand Lilly.
„Kann ich gut verstehen, ich hab auch drei Schüsse abbekommen in meiner Karriere. Zwei davon in die Weste, eine davon in den Arm“, erzählte Dustin und krempelte seinen Hemdsärmel hoch. Auf seinem Arm war eine lange Narbe zu sehen.
„Das hast du mir nie erzählt, Grandpa“, lauschte Johnny dein Worten seines Großvaters.
„Ist auch nichts, was man seinen Enkeln erzählt, aber jetzt bist du alt genug. Trinkt“, bat er und sie leerten ihre Gläser.
„So schmeckt also Alkohol“, kommentierte Lilly.
„Das war nicht dein erster Drink, tu nicht so. Fühlst du dich jetzt besser?“, wollte Johnny wissen.
„Ja, danke. Ich hoffe Henrietta ist sicher in D.C.“
„Sie ist im Gefolge des Präsidenten, sicherer kann sie nicht sein, keine Sorge. Das ist also unsere Heimat für die nächste Zeit“, dachte Johnny laut nach und sah sich in dem einfachen Haus um.
„So sieht’s aus, Willkommen in Kanada“

Dreizehntes Kapitel

 
2099 Irgendwo in Kanada
 
Johnny Hawks schlug die Augen auf, als ein Wagen vor seinem Haus parkte.
„Da kommt jemand“, murmelte seine Freundin neben ihm.
„Ja, ich hör es auch, bleib ruhig liegen, ich geh schon“, bat er, küsste sie, küsste seine ungeborene Tochter in ihrem Bauch und stand auf.
Er zog seinen Morgenmantel an und öffnete die Tür. Wer dort vor der Tür stand überraschte ihn vollkommen.
„Du hast outfit-technisch ziemlich abgebaut, John“, begrüßte die zukünftige Präsidentin Maya ihren alten Freund. Sie stand in einer schwarzen Robe mit Kapuze an und Leibwächter vor seiner Tür.
„Maya? Bist alt geworden, alte Freundin“, begrüßte er sie überrumpelt.
„Siehst du den netten Herren neben mir? Der hat Kugeln in seiner Waffe die sogar Kevlar-Westen durchschlagen“, drohte sie ihm.
„Hey, war nur ein Witz. Komm rein“, stotterte er und ließ die beiden rein.
„Nett hast du es hier, na ja, für Kanada. Ich brauch deine Hilfe“, kam sie gleich auf den Punkt.
„Du bist die Tochter des Präsidenten, wie könnte ich dir helfen?“, war er verwundert.
„Du bist ein toller Politiker, ich hätte dich gern als Bürgermeister von New Denver“, bat sie.
„Du willst mich also loswerden, ich hab’s doch gewusst“, frotzelte er.
„Es ist fast drei Jahre her, die Stadt hat sich verändert“, versprach sie.
„Habt ihr ihn gefasst?“
„Nein!“
„Dann ist die Stadt nicht sicher. Es hat sich auch viel bei mir verändert“, sagte er ab.
„Habt ihr geheiratet ohne mich einzuladen?“, wollte sie wissen.
„Nein, haben wir nicht, aber unsere Tochter kommt bald auf die Welt. Das ist ja mal ne Überraschung, dass du dich hierher verirrst“, kam Lilly auch nur mit Morgenmantel bekleidet zu ihrer Cousine.
„Du bist schwanger? Okay, das könnte zu Komplikationen führen bei deiner Wahl, aber nichts ist unmöglich“, plante Maya.
„Ich weiß zwar nicht was du planst, aber nein danke“, entschied Lilly und umschlang seine Hüfte mit ihrem Arm.
„Sicher, ihr wollt euer Kind beschützen, das verstehe ich. Wir haben nur grade wieder Wahlen in New Denver und wir bräuchten eine gute Führungspersönlichkeit. Gut, dann muss ich mir jemand anders suchen, ich dachte nur, du wärst stark genug. Herzlichen Glückwunsch zum Baby und meldet euch, wenn ihr heiratet, ja?“, war Maya enttäuscht.
„Werden wir. Danke fürs Kommen, Maya“, bemerkte Lilly.
„Ist immer schön dich zu sehen, Cousine“, ging Maya nachdenklich zurück zu ihrer
Limousine.
 
„Was war das denn gerade?“, fragte Lilly ihren Freund, als die zukünftige Präsidentin verschwunden war.
„Ich hab keine Ahnung, ich muss zu Harry fahren um dort zu telefonieren, bleib bitte im Haus“, bat er nachdenklich und zog sich schnell was über, bevor er aus dem Haus ging.
Johnny musste eine Weile gehen, bevor er bei seinem Bekannten ankam. Sie hatten keine Kommunikationsmittel bei sich zu Hause, da sie so gefunden werden konnten.
„Morgen Har, kann ich telefonieren?“, fragte er seinen Bekannten, der auf der Terrasse saß und frühstückte.
„Klar Johnny, dachte schon, du fragst mich das nie. Alles klar bei dir?“, wunderte sich Harry.
„Ja, muss nur mal mit meiner Mom reden“, erklärte er.
„Klar, komm rein. Wie geht’s deiner Süßen?“
„Ganz gut, danke. Ich mach ganz kurz“, versprach er und ging mit ihm rein.
„Lass dir alle Zeit der Welt. Erinnere mich dran, dass ich dir nachher die Babysachen mitgebe, die Lisa für euch rausgesucht hat“, konterte Harry und ließ ihn rein.
Nachdenklich zog er das Headset auf und wählte die Nummer seiner Mutter, die mit müden Augen in die Kamera blickte.
„Johnny, hey, ist das nicht zu risikoreich hier anzurufen?“, war sie erfreut, aber auch besorgt von ihm zu hören.
„Ich ruf von einer sicheren Leitung aus an. Maya war grad bei uns“, kam er gleich auf den Punkt.
„Ja, die zukünftige Madam Präsident war auch schon bei mir. Ihr denkt doch nicht wirklich darüber nach, oder? Ihr bekommt ein Kind, daran müsst ihr denken“, bemerkte Vivian ernst.
 
„Keine Sorge, wir sind nicht so blöd, wir bleiben wo wir sind. Wie geht es dir?“
„Es sind schwere Zeiten in New Denver angebrochen, mein Sohn, die Zeiten hier sind hart“, sah sie fertig aus.
„Ja, sie hat’s uns gesagt, du bist aber in Sicherheit, oder?“
„Ich hab jetzt nen Bodyguard, ich komm klar, versprochen. Wie geht es meiner Schwiegertochter in spe und meiner Enkeltochter?“
„Ich hab nicht gesagt dass wir heiraten“, erwiderte er.
„Die kleine Prinzessin wird jeden Tag zur Welt kommen, wann wollt ihr heiraten, wenn sie zum College geht?“, fragte sie kritisch.
„Wir werden noch heiraten, Mom, momentan geht das halt nicht. Ich liebe Lilly über alles, das ist das wichtigste im Moment. Ich muss auch gleich zurück zu ihr, der Besuch hat sie sehr aufgewühlt und du weiß wie emotional hochschwangere Frauen sind. Halt die Ohren offen was in der Stadt abgeht, ich will das wissen. Wenn du Infos hast, sag Harry Bescheid, dann sagt er es mir“, erklärte er.
„Ja, Schatz, ihr seid schon ne Weile untergetaucht, ich weiß wie das geht“, entschied sie.
„Ja, natürlich. Hab dich lieb, Mom“, bemerkte er und legte wieder auf.
 
„Schatz, ich bin wieder da, Schatz?“, rief er, als er zurückkam. Schmerzensschreie kamen aus dem Badezimmer und er eilte schnell zu ihr hin. Sie saß noch in ihrem Nachthemd in der gefüllten Badewanne und hatte Wehen.
„Schatz, geht’s dir gut?“, fragte er besorgt.
„Nein, mir geht’s nicht gut, ich hab Wehen, ziemlich starke sogar“, fluchte sie.
„Wie kannst du Wehen haben, grade eben ging’s dir noch gut“, verstand er nicht.
„Ich hab Angst, Johnny, könntest du weniger Fragen stellen und mir helfen bitte?“, sagte sie weinerlich.
„Ich ruf einen Notarzt, ich muss nur wieder zu Harry“, entschied er.
„Nein, bleib bei mir, bitte“, bat sie und hielt ihn am Arm fest.
„Wir können das Kind nicht allein zur Welt bringen“, entschied er.
„Ich fürchte, das müssen wir, ich kann schon den Kopf fühlen“, bemerkte sie schnaufend.
„Was? Das kann nicht sein!“
„Johnny!“
„Ja, ich bin da, ich bin da. Okay, unsere Tochter will jetzt zur Welt kommen also machen wir das auch jetzt. Du wolltest immer eine Wassergeburt, das kriegst du wohl jetzt auch“, sagte er nervös und half ihr, ihre gemeinsame Tochter zur Welt zu bringen.
 
„Sie ist so wunderschön“, schluchzte Lilly, als sie auf der Trage des Notarztes lag.
„Wir haben uns noch keinen Namen ausgesucht, was hältst du von Precious?“, fragte Johnny, der total fasziniert seine Tochter im Arm hielt.
„Die Kostbare, das klingt perfekt. Du musst sie mir leider wieder zurückgeben“, sagte sie und bekam ihre Tochter wieder.
„Begleitest du mich?“, hoffte sie.
„Ja, sicher, überall hin, weißt du doch. Wir haben grad ohne Hilfe unsere Tochter zur Welt gebracht, wir brauchen ein sicheres Kommunikationsgerät in unserem Haus“, schlussfolgerte er und stieg mit ihr in den Krankenwagen.
 
Im Jahr 2102, Zwei Jahre nach der Geburt ihrer wunderschönen Tochter besuchte Maya sie erneut. Die Situation in New Denver spitzte sich immer mehr zu, deshalb versprach Jonathan unter Protest von Lilly dorthin zurückzukehren. Doch Lilly hatte einen Wunsch geäußert, den er ihr erfüllte, sie wollte unter dem Radar fliegen, deswegen kauften sie einen alten Wagen und fuhren nach New Denver zurück. Kurz vor der Stadtgrenze hielten sie nochmal um zu übernachten, um den nächsten Tag gestärkt zur Tochter des Präsidenten zukommen. Da Lilly großen Hunger hatte, besuchten sie eins der verlorengeglaubten aber immer noch existenten Diner in Lakota Hills, einem Vorort von New Denver.
„Hallo meine Süßen, was kann ich euch bringen?“, kam eine wunderschöne Kellnerin mit indischen Wurzeln zu ihnen.
„Was ist das Schärfste und Ungesündeste was Sie auf der Speisekarte haben?“, fragte Jonathan, der die letzte Nacht in Freiheit noch genießen wollte.
„Hähnchen Bathani, wartet, seid ihr von der Ernährungsaufsicht?“, wollte die Kellnerin kritisch wissen.
„Nein, wir sind einfach nur Touristen, könnte ich eine Portion davon haben? Was willst du, mein Schatz?“, drehte er sich zu Lilly.
„Ein Erdbeermilchshake und nicht mit dem Eis geizen“, bestellte auch Lilly große Kalorien.
„Leutchen, tretet ihr morgen vor den Henker?“
„So in etwa, also?“, wollte er wissen.
„Mach ich euch, Shima, dein Einsatz, hilf Bruce in der Küche, es bestellt tatsächlich einmal einer dein Leibgericht“, entgegnete die Kellnerin und eine junge Frau kam mit gut sichtbarem Babybauch aus der Küche.
„Sind die von der Ernährungsaufsicht?“, war auch die schwangere Shima kritisch gegenüber den Fremden eingestellt.
„Sie sind nicht verheiratet und haben ein Kleinkind dabei, das wäre schon eine zu abgedrehte Tarnung“, entschied die Kellnerin Melody.
„Namaste, willkommen, da Sie der erste Kunde von mir sind, der das wirklich bestellt, geht das aufs Haus“, kam Shima zu den Gästen und fuhr mit einem Sensor über die Essensration, die erst die ganzen Kalorienangaben in roter Leuchtschrift anzeigte und dann durch ihren Handschuh erwärmt wurde.
„Danke, wie lange haben Sie noch?“, war Lilly neugierig über Shimas Geschichte.
„3 Monate, ich bin verheiratet und mein Mann ist Politiker“, sagte Shima ängstlich.
„Ja, glauben wir Ihnen, das riecht echt gut, danke“, beruhigte Jonathan sie und zeigte sein GIS.
„Sie sind aber nicht verheiratet“, kritisierte Shima.
„Nein, sind wir nicht, ist aber schon ok so“, zeigte Lilly auch ihr GIS, was sie eigentlich immer versteckt trug.
„Jonathan Hawks und Elisabeth Flagship, wir haben Sie alle für tot gehalten“, erkannte Shima die beiden.
„Lange Geschichte, wir sind wirklich nicht von der Ernährungsaufsicht, wir wollen diese Nacht nur noch genießen“, erklärte Lilly.
„Dann mach ich Ihnen noch Marshmallows in den Erdbeershake“, war Shima erleichtert und lief los um ihr die Trinkration zu bringen.
 
Am nächsten Morgen zupfte Lilly nervös an der Jacke ihres Freundes herum. Er trug wieder Kevlar, nur um ganz sicher zu sein und auch Lilly verbarg ihre Tochter an ihre Brust gepresst unter einer kugelsicheren Jacke.
„Wir waren vier Jahre weg, wird schon schiefgehen“, küsste Johnny ihren Kopf und klingelte an der Haustür ihrer Mutter. Sie hatten ihr nicht gesagt, dass sie zurückkamen, nur um sicher zu gehen, deswegen staunte Vivian nicht schlecht, als sein Sohn plötzlich vor ihr stand.
„Habt ihr den Verstand verloren?“, zerrte Vivian die beiden ins Haus.
„Ich bin auch glücklich dich zu sehen, Mom“, bemerkte er trocken und sie zog ihren Sohn wortlos an sich.
„Was zum Henker macht ihr hier? Die Zeiten könnten nicht schlechter sein zurückzukommen“, entschied Vivian.
„Ich weiß, deshalb sind wir hier, Maya will mich hierhaben um einiges zu ändern“, erklärte er ernst.
„Maya ist ein Niemand, sie hat nichts zu sagen, sie ist ein besseres It-Girl mehr nicht, sie hat dich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt“, murrte Vivian.
„Wow, du hast wohl schlechte Erfahrungen mit den Shades gemacht in den letzten Jahren“, schlussfolgerte er.
„Nein, nicht wirklich, aber diese Frau hat dich dazu gebracht dich in Gefahr zu bringen und meine Enkeltochter auch, das find ich zum Kotzen“, war Vivian aufgebracht.
„Ich hab diese Entscheidung gefällt, nein, wir haben die Entscheidung gefällt. Ich möchte Bürgermeister dieser Stadt sein, ganz einfach“, sagte er ernst und nahm die Hand seiner Freundin in seine.

Vierzehntes Kapitel

 
„Jonathan, du bist Anfänger in deinem Gebiet, wie willst du das hinkriegen?“, fragte Vivian ruhiger, als sie später zusammen um einen Tisch herum saßen und Precious beim Spielen zusahen.
„Ich hab nicht gesagt, dass ich schon morgen im Bürgermeisteramt bin, das wird eine lange Reise, aber irgendjemand muss es tun“, erklärte Johnny seiner Mutter.
„Ja, irgendjemand der nicht mein Sohn ist, ich hab deinen Vater verloren, ich möchte dich nicht auch noch verlieren“, bemerkte Vivian.
„Du wirst mich nicht verlieren, ich trage Kevlar und such mir nen Bodyguard, ich pass schon auf mich auf“, erwiderte er cool.
„Was hältst du davon?“, wendete sich Vivian an Lilly.
„Ich bin in einer Präsidentenfamilie aufgewachsen, ich lächle in die Kamera und schweige dazu“, sagte Lilly nur.
„Ich dachte, du stehst hinter mir“, wunderte sich Johnny.
„Das tu ich, Schatz, aber ich hab jetzt nen Kind und ich hab die Stadt da draußen gesehen, sicher aufwachsen wird Precious hier wohl kaum“, sagte sie doch etwas dazu.
„Willst du wieder weg von hier?“, fragte er sie vorsichtig und sie nickte mit Tränen in den Augen.
„Okay, dann sollten wir wieder verschwinden, bevor deine Cousine spitzkriegt, dass wir hier sind“, entgegnete er verständnisvoll, aber in dem Moment klingelte es an der Tür.
„Verdammt, sie ist gut“, sagte er ertappt.
„Das ist sicher nur dein Onkel Virgil, er wollte vorbeikommen“, beruhigte Vivian ihren Sohn und ging zur Tür. Es war wirklich nur Virgil, der nicht schlecht staunte, als er seinen Patensohn nach all den Jahren wiedersah.
„Onkel, du erdrückst mich“, jammerte Johnny, als Virgil ihn gar nicht mehr loslassen wollte.
„Hey, ich hab dich vier Jahre nicht mehr gesehen, alt bist du geworden, da muss man dich mal richtig drücken. Wie geht’s deiner Freundin?“, ließ Virgil ihn nach einer Weile der Umarmung los.
„Kannst du sie selbst fragen, Süße, die Luft ist rein, ist nur Virgil“, rief Johnny ins Wohnzimmer und zögerlich kam Lilly mit ihrer Tochter auf dem Arm zu ihnen.
„Oh man, du musst deinem Dad auch alles nachmachen, glaubt nicht, dass sie sie verschonen, nur weil sie Shore-Blut in sich hat“, reagierte Virgil ganz seltsam auf den Anblick des Kindes.
„Hör auf damit, sie hat schon Angst genug“, bat Johnny.
„Sollte sie auch haben, warum kommst du mit ihnen hierher?“
„Weil er als Bürgermeister diese Stadt wieder in bessere Zeiten führen wird“, entschied Lilly plötzlich und stellte sivh demonstrativ neben ihren Freund.
„Ihr beiden nehmt doch irgendwelche Drogen, da bekommt mein Sohn eher noch die Stelle des Vizepräsidenten“, bemerkte Virgil kopfschüttelnd.
„Rog‘ würde sich nicht sehr darüber freuen, wenn er hören würde, wie du über ihn redest“, murrte Johnny.
„Du hattest in letzter Zeit keinen Kontakt zu meinem Sohn, oder?“, fragte Virgil.
„Nein, wieso? Was ist mit ihm los?“
„Überhaupt gar nichts, das ist ja das Problem, er wird älter und älter und versauert in einem Job, der ihm gar nichts bringt“, erklärte Virgil.
„Aber ihm geht’s gut? Er ist stabil geblieben?“
„Ja, psychisch geht es ihm gut, vor allem nach seiner Hochzeit“, erklärte Virgil.
„Er hat geheiratet und mir nichts erzählt?“, war Johnny verwirrt.
„Hast du in den letzten Jahren mal mit ihm geredet?“
„Nein, stimmt, da hast du Recht, wann hätte er es mir erzählen sollen. Wie lang ist er verheiratet?“
„Beinah ein Jahr, er hat dich damals auf der Hochzeit vermisst, wenn es dich beruhigt“, konterte Virgil.
„Wer war damals sein Trauzeuge?“
„Irgendein College-Freund, den Namen hab ich vergessen, war irgendwie seltsam“, erklärte er.
„Ich muss zu ihm hin“, schlussfolgerte Johnny und nahm seine Jacke.
„Bist du bewaffnet?“, wollte Virgil wissen.
„Ich bin Politiker, kein Polizist!“
„Kannst du schießen?“
„Mein Onkel hat es mir beigebracht, wieso?“
„Dann nimm die hier, nur um sicher zu gehen, ich kümmere mich solang um deine Mädels“, gab Virgil ihm eine Waffe.
„Warum trägst du eine Waffe?“, wunderte sich Johnny.
„Die Zeiten haben sich geändert, während du weg warst, ich muss die bei der Arbeit tragen. Hier sind wir sicher“, versicherte Virgil.
„Du bist doch Krankenpfleger, oder?“, war Lilly irritiert.
„Du hast auf der Straße gelebt, Süße, du weißt es“, sagte er nur.
„Ja, leider zu gut. Geh bitte mit ihm mit“, bat sie.
„Sicher, kann ich machen. Macht die Tür nicht auf, ja?“, bat Virgil seine beste Freundin und die nickte.
 
„Ist er fett geworden?“, wollte Johnny wissen, als Virgil ihn zur Wohnung seines Sohnes brachte.
„Äh, nein, wir in den Staaten leben immer noch auf Essensrationen im Vergleich zu den Kanadiern“, entschied Virgil cool.
„Ich hab nicht zugenommen!“
„Ihm Vergleich zu dem Spargeltarzan von vor vier Jahren schon etwas, steht dir aber. Du bist also jetzt Vater“, bemerkte Virgil.
„Ja, sieht ganz so aus, ich kann kaum glauben, dass Mom dir nichts davon erzählt hat!“
„Ich auch nicht, vermutlich wollte sie euch nur schützen, zumindest hast du gewartet bis sie über 21 war, bis ihr ein Kind gezeugt habt, förderlich für deine Wahl zum Bürgermeister wird es trotzdem nicht sein“, entschied Virgil.
„Ich hab eh keine Chance jemals Bürgermeister zu werden, Virge‘, aber wenn so eine heiße Frau wie Maya Shore dir so etwas sagt, springst du. Oh, sag Lilly bloß nicht, dass ich das grad gesagt habe“, erklärte er.
„Keine Sorge, ich hab auch viel Blödsinn gemacht in deinem Alter wenn es um Frauen ging. Ich wünschte, es wäre so einfach, ich wünschte, du könntest als Superheld hier auftauchen und die Stadt retten, aber du würdest dein halbes Leben kämpfen müssen um das zu erreichen“, entgegnete er.
„Okay, dann mach ich das!“
„Immer noch derselbe Streber, momentan haben wir nur leider einen ziemlich korrupten und gleichzeitig beliebten Bürgermeister!“
„Also haben wir immer noch den gleichen“, konterte Johnny cool.
„Ja, sieht so aus, aber bald sind Wahlen, deswegen hat dich Madam Präsident jr. auch anscheinend hergeholt. Hab sie übrigens schon ne Weile nicht mehr im Fernsehen gesehen, sie ist anscheinend schon in Paris um auf ihre politische Rolle als Präsidentin vorbereitet zu werden. Dem Präsidenten geht es nach dem Herzinfarkt vor einem Jahr immer noch nicht besser. Ist möglich dass sie früher ihren Dienst antreten muss, als geplant“, erzählte Virgil, was in seiner Abwesenheit passiert war.
„Das mit dem Infarkt hab ich mitbekommen, klar, war ja live vor den Kameras, dass es aber so schlecht um Präsident Shore steht, hab ich nicht gedacht. Woher weißt du davon? Bist du jetzt im Weißen Haus involviert, oder so?“, wunderte sich Johnny.
„Nen Freund eines Freundes ist der Leibarzt des Präsidenten, das hast du aber nicht von mir. Ich hab grad Chloe geschrieben, sie sagt, Rogan wäre bei einem seiner Häuser, er verwaltet einige Häuser seit kurzem, keine Ahnung was er sich dabei denkt, aber wenn’s ihm Spaß macht“, erklärte Virgil.
„Er hat keine Ahnung von Immobilien, soweit ich weiß“, wunderte sich Johnny.
„Ne, hat er nicht wirklich, er will vermutlich irgendwas in seinem Leben was ihn ausfüllt“, entschied Virgil und bog ab.
Als die beiden Männer bei den heruntergekommenen Baracken ankamen, beobachteten sie etwas, was sie beide an Rogan zweifeln ließ. Der junge Politiker ließ sich anbetteln, von dem Vater einer rumänischen Familie und reagierte darauf eiskalt.
Als der Mann gegangen war, bemerkte Rogan seinen besten Freund und blieb wie angewurzelt stehen.
„Schau an, Ebenezer Scrooge, dachte nicht, dass du zu so was fähig bist“, kam Johnny langsam auf ihn zu.
„Es sind schlimme Zeiten, ich muss die Mieten erhöhen. Sie sehen fast so aus wie mein bester Freund, aber der hat eine Frau vor mir gewählt und hat das Land verlassen“, war Johnny bei ihm angekommen.
„Jemand hat auf mich geschossen, ich war in Panik, tut mir leid“, entschuldigte sich Johnny.
„Warum bist du wieder hier?“, wollte Rogan kühl wissen.
„Ich wollte mich als Bürgermeister wählen lassen, eigentlich, aber grade weiß ich das nicht so wirklich“, druckste er herum.
„Du! Bürgermeister?“, fragte er abfällig.
„Ja, war ne dumme Idee, wird mir ja jetzt auch bewusst. Gratulation zur Hochzeit, übrigens“, wusste Johnny nicht, was er sagen sollte.
„Danke, du bist auch verheiratet?“
„Nein, sind wir noch nicht, aber ich hab eine Tochter, sie ist knapp zwei Jahre alt und hört auf den Namen Precious“, erzählte er aus seinem Leben.
„Du bist Vater?“, wurde Rogans Stimme sanfter.
„Ja, sie ist ein wunderschönes kleines Mädchen was ich anscheinend in eine Welt gebracht habe, in der mein bester Freund arme Einwanderer ausnimmt“, kritisierte er ihn.
„Ich brauche das Geld um die Lizenz zu bekommen, ein Kind zu bekommen, ihr habt das Geld vielleicht, wir aber nicht“, erwiderte Rogan trocken.
„Äh, ne Lizenz haben wir nicht, nein!“
„Dein Kind ist leiblich? Für einen Moment hab ich gedacht, du hättest vielleicht ne Chance bei der Wahl, aber ohne Lizenz ein Kind zu bekommen, das dürfen nicht mal wir“, entschied Rogan etwas eifersüchtig, weil Chloe sich nichts sehnlichster wünschte als ein Kind von ihrem Ehemann per künstliche Befruchtung zu bekommen.
„Wir haben uns lang versteckt, das ist in Kanada genauso ein Problem, da ist es genauso wenig erlaubt. Wenn wir das hier alles ganz offiziell machen könnten wärst du natürlich ihr Patenonkel, das ist klar“, erkannte Johnny.
„Danke, denke ich. Du hast sie hierher gebracht?“
„Ja, ich hab vielleicht ein Händchen für Frauen, erst Maya, dann deine Schwester und nun Lilly, ich ruiniere all ihre Leben“, bemerkte er nachdenklich.
„Maya wird bald Präsidentin und Lilly ist wie ihre Cousine, sie hat ihren eigenen Kopf und ja, meine Schwester, meine geliebte Schwester, tut mir leid, dass ich dir damals die Schuld gab, sie war eine arme Seele, wenn du es nicht gewesen wärst, wäre es jemand anders gewesen, der sie in den Tod getrieben hätte“, versprach er.
„Danke, dass du das sagst, ich hab so viele Nächte wachgelegen und hab um sie getrauert“, gestand er.
„Vermutlich fast so oft wie ich. Ich hab dich vermisst, Kumpel“, gestand Rogan.
„Da bist du ja wieder, Rog!“, kam sein Vater zu ihnen.
„Wir haben uns erst am letzten Wochenende gesehen, Dad!“
„Ja, körperlich hab ich dich gesehen, aber seelisch seh ich dich jetzt das erste Mal seit langem wieder. Dieser herzlose Kerl, das bist du nicht. Johnny ist zurück, jetzt wird alles wieder gut“, umarmte er seinen Sohn und seinen Patensohn gleichzeitig.
 
„Sie ist so wunderschön, aber bei der Mutter kein Wunder“, beobachtete Rogan die kleine Precious, als er an diesem Nachmittag bei Vivian zu Hause mit seinen Freunden saß.
„Ihr werdet eure Lizenz bekommen, auch wenn ich euch dazu finanziell unterstützen muss“, versprach Vivian.
„Danke, Tante Viv, aber das wollen wir selbst hinkriegen. Wenn ihr das mit der Wahl zum Bürgermeister wirklich ernst meint, müsst ihr euch was mit der Kleinen ausdenken. Habt ihr Freunde, die sie nehmen könnten in Kanada?“, dachte Rogan laut nach.
„Ich lass mein Kind nicht allein bei Fremden, wir haben keine Freunde gemacht in Kanada“, entschied Lilly.
„Ihr habt weder eine Hochzeits- noch eine Geburtenlizenz, wenn ihr das wirklich durchziehen wollt, ist das echt tollkühn!“
„Wow, wusste gar nicht, dass es das Wort tollkühn noch gibt, es wird ne Weile dauern, aber wir packen das mit deiner Hilfe“, entgegnete Johnny.
„Wie soll ich da helfen? Mein Abschluss ist Jahre her und ich verwalte baufällige Häuser“, entschied Rogan.
„Du bist besser als das, deswegen, du kannst wirklich was bewegen mit deinem Talent“, sagte Johnny siegessicher.
„Bevor ich so was mache, muss ich mit meiner Frau reden und ja ich weiß, das klingt, als hätte sie das Sagen, hat sie auch, ehrlichgesagt“, bemerkte er.
„Hast du ihr gesagt, dass wir hier sind?“
„Ich hab ihr gesagt, sie soll herkommen, mehr nicht!“
„Ihr wart schon seit Jahren nicht mehr hier, sie wird sich fragen, warum sie herkommen soll!“, entschied Vivian.
„Ja, aber ich wollt das nicht am Telefon sagen“, erklärte er.
„Gut, ist vielleicht besser so. Wann kommt sie?“, wollte Lilly wissen und in dem Moment bremste wieder ein Auto vor der Tür. Vorsichtig sah Vivian aus dem Fenster.
„Ist dein kleines Frauchen, ihr seid echt unter dem Radar geflogen, dass Maya immer noch nichts mitbekommen hat“, entschied sie und öffnete ihr die Tür.
„Hey, Tante Viv, was ist hier los? Rog‘ war so seltsam am Telefon“, begrüßte Chloe, Vivian.
„Komm rein“, bat Vivian ernst.
„Nein, sag mir bloß nicht, dass Rogan von einem seiner Mieter getötet wurde, ich hab ihm gesagt, er muss freundlicher zu ihnen sein“, war sie geschockt.
„Ja, das hab ich kapiert, mir geht es gut“, kam Rogan allein aus dem Wohnzimmer.
„Verdammt, warum erschreckt ihr mich so?“, schlug sie mit der flachen Hand auf seine Brust.
„Wir haben nicht gesagt, dass ihm was passiert ist, wir haben Besuch“, führte er sie ins Wohnzimmer.
„Johnny?“, bemerkte Chloe, und Johnny und kam auf ihn zu.
„Ja, ich bin’s, wir sind’s“, erkannte er und bekam eine gescheuert.
„Au, für was war die denn?“
„Dafür, dass du einfach abgehauen bist“, entgegnete sie und umarmte ihn herzlich.
„Tut mir leid, Süße“, entschuldigte er sich ehrlich.
„Das will ich dir auch geraten haben, du hast meinen Mann zu diesem Ding hier gemacht, den ich nicht wiedererkenne“, kritisierte Chloe ihn.
„Ihr wisst schon, dass ich hier stehe“, bemerkte Rogan trotzig.
„Ich weiß, was du meinst, das wird sich aber jetzt ändern, jetzt wo ich wieder da bin“, erwiderte Johnny ernst.
„Könnt ihr mal aufhören euch zu unterhalten, als wäre ich nicht hier? Ich hab mich nicht verändert, nicht sehr zumindest“, behauptete Rogan.
„Das hoffe ich sehr, denn der Rogan den ich kenne ist ein wirklich guter Mensch mit einem großen Herz. Dieser Rogan hier ist ein Miet-Hai“, konterte Johnny abfällig.
„Die Stadt geht vor die Hunde, mit irgendwas muss ich ja meine kleine Familie versorgen“, raunzte Rogan.
„Und wie zum Teufel hab ich da Schuld dran, dass die Stadt abkackt?“, wollte Johnny wissen.
„Du musst dich als Bürgermeister aufstellen lassen“, entschied Chloe.
„Deswegen bin ich hier!“
„Ist das euer Ernst?“, sah Chloe, Lilly an.
„Die Stadt muss wieder eine werden, in der Rogan nicht Miet-Hai spielen muss, um euch ein schönes Leben zu bieten“, entgegnete Lilly.
„Du bist doch weggegangen, weil man dich umbringen wollte, hast du den Verstand verloren?“, war Chloe entsetzt.
„Irgendjemand muss diese Stadt wieder zu dem machen, was sie mal war, mit Mayas Hilfe können wir das vielleicht schaffen“, erklärte er seiner Freundin.
„Wenn ihr das wirklich durchziehen wollt, steh ich hinter euch, aber sobald ich schwanger bin, sind Rog und ich da raus, okay?“
„Verstanden, ich danke euch. Wann kommt Maya zurück? Ich muss mit ihr reden“, plante Johnny.
„Ende der Woche. Glaubst du wirklich, dass es ratsam ist, dich mit ihr zu treffen?“
„Wenn sie mir wirklich helfen soll Bürgermeister zu werden, muss ich mich mit ihr treffen und das am besten bevor sie Präsidentin wird, denn dann hat sie sicher keine Zeit mehr für mich“, entschied Johnny.
„Ich versuch was zu arrangieren, ich hab da meine Connections. Du musst nur sicher sein, dass du das wirklich willst, es gibt kein Zurück wenn sie es weiß“, bemerkte Vivian und legte die Hände auf die Schultern ihres Sohnes. Johnny sah Lilly an und sie nickte.
„Mach den Termin“, sagte Johnny nur.

Fünfzehntes Kapitel

 
Johnny betrachtete sich im Spiegel. Er trug einen teuren Anzug und hatte eine schicke Frisur und glänzende Schuhe.
„Du hättest nicht so viel Geld für das alles hier ausgeben müssen“, wendete er sich an seine Mutter. Sie sah ihn voller Stolz an.
„Du kannst ja kaum ins Weiße Haus reisen und aussehen wie ein Penner, ich hab nen Ruf zu verlieren“, schmunzelte Vivian und band die Krawatte ihres Sohnes.
„Ich werde dich stolz machen. Ich weiß, du hasst was ich tue, dass ich das hier mache, aber irgendjemand muss es tun“, entgegnete er.
„Ich hasse es nicht, ich mach mir nur Sorgen, du bist schon einmal mit dem Leben davongekommen, vielleicht hast du das nächste Mal nicht so viel Glück!“
„Ich trage Tag und Nacht Kevelaer und lass meine Familie nur raus, wenn es unbedingt nötig ist, das wird schon gehen. Das heißt nicht, dass ich nicht furchtbare Angst habe, aber solang ich weiß, dass du meine Freundin und mein Kind beschützt trete ich die Reise mit voller Zuversicht an“, sagte er nur.
„Hör dich an, du redest schon wie ein Politiker, ja, ich werde sie mit meinem Leben beschützen, da kannst du sicher sein. Hier, zieh die schnell wieder an, man kann nie sicher genug sein. Dein Dad wäre an einem Tag wie diesem so stolz auf dich“, zog sie ihm die Kevelaer-Weste wieder an.
„Ich hab die letzten Tage oft an ihn gedacht, er hat die Welt besser gemacht trotz aller Hindernisse, das will ich auch versuchen, für die Zukunft“, erwiderte er nachdenklich.
„Du erinnerst mich so sehr an ihn, dass es fast wehtut, aber gleichzeitig ist es auch sehr beruhigend, dass du seine Stärke hast. Du musst los, sonst verpasst du den Ultra-Zug“, sagte sie nachdenklich und ging mit ihm ins Wohnzimmer.
„Hey, bist du bereit?“, fragte Lilly, die in einem alten Schaukelstuhl saß und ihre Tochter, die auf ihrem Schoß saß, in den Schlaf wog.
„Ich wünschte, ihr könntet mitgehen, aber das ist zu unsicher“, entschied er.
„Ja, ich weiß, aber du bist ja bald zurück“, sagte sie und er küsste ihren Kopf und den Kopf seiner Tochter.
„Ja, das bin ich. Soll ich ihr was von dir ausrichten?“
„Ich wüsste nicht was, sag ihr ich denk an meinen Onkel und hoffe, ihm geht’s bald besser. Wir sind die letzten Jahre verschiedene Lebenswege gegangen, ich weiß nicht, über was ich mit ihr reden könnte“, bemerkte sie.
„Ihr werdet euch in Zukunft wieder öfter sehen, vielleicht weißt du es dann. Ich bin morgen früh zurück, wünsch mir Glück!“
„Du brauchst kein Glück, das wirst du toll machen. Ich wünsch es dir trotzdem“, küsste sie ihn sanft und sah durch das Panoramafenster, wie ihr Freund in seine Zukunft startete.
 
Mit leichter Übelkeit stieg er aus dem Ultra-Zug. Er hatte nur Minuten nach D.C. gebraucht, er war diese Geschwindigkeit nicht mehr gewöhnt, in Kanada tickten die Uhren anders.
Am Bahnhof wartete schon eine Limousine auf ihn. Der Luxus war auch etwas, worauf er lange verzichtet hatte.
„Mr. Hawks, willkommen in D.C., steigen Sie ein, Mrs. Shade erwartet Sie schon“, begrüßte sie der Fahrer und er stieg in die Limousine ein.
 
Er wurde irgendwie nervös, als er an dem GIS-Scanner vorbeiging.
„Willkommen im Weißen Haus, Mr. Hawks“, hörte er eine elektronische Stimme.
„Das sind Worte, die ich nie dachte jemals zu hören“, redete er mit sich selbst.
„Mr. Hawks, willkommen, ich bin Ms. Daria, die stellvertretende Sekretärin von Präsident Shade. Ich bring Sie jetzt zu Ms. Shade, sie freut sich schon, Sie zu sehen“, begrüßte eine junge Angestellte des Weißen Hauses den jungen Politiker.
„Das freut mich zu hören. Es ist eine Ehre heute hier zu sein!“
„Man gewöhnt sich dran, ich war am Anfang auch überwältigt“, erwiderte sie und stöckelte voran.
 
Die Mittagssonne der Hauptstadt flutete durch das Oval-Office. Seine attraktive Ex saß auf dem Sofa vor dem Schreibtisch des Präsidenten und war in Unterlagen vertieft.
„Na, richtest du schon das wichtigste Büro der Welt für deine Wünsche ein?“, frotzelte er und kam langsam auf sie zu.
„Du bist der einzige Mann auf der Welt der mich so frech von der Seite ansprechen darf. Du hast es also wirklich wieder in die Staaten zurückgeschafft, willkommen zurück, John“, stand sie auf und umarmte ihn herzlich. Er schob ihre Haare von ihrem Hals zurück. Sie trug schon einen besonderen Streifen an ihrem GIS.
„Es sind also Glückwünsche angebracht“, sagte er nur und sie löste ihren Griff.
„Nicht offiziell, aber es braucht eine Zeit zum Heilen, aus diesem Grund hab ich es schon. Mein Dad resigniert am Ende der Woche, ich bin nicht mal ansatzweise bereit dafür, aber das ist meine Bestimmung. Ich hab mich versucht emotional auf diesen Tag vorzubereiten, aber es ist ganz anders als ich dachte. Was auch immer, es ist toll, dass du hier bist, hast du dich entschieden?“
„Ja, das habe ich. Wir haben das lange besprochen, es wird Zeit“, erklärte er.
„Mit “Wir“ meinst du, meine Cousine und du?“
„Ja, aber lass sie da raus, je weniger Leute von ihnen wissen, umso besser“, bat er ernst.
„Sicher, wie du willst. Nur noch kurz, ihnen geht’s gut?“
„Ja, ihnen geht’s gut, jetzt aber zum Geschäftlichen. Was muss ich tun, um New Denver zu dem zu machen, was es mal war?“, fragte Johnny und sie setzten sich zusammen hin.
 
2105 kam viel zu schnell und in Kollaboration mit dem Weißen Haus versuchte sich Jonathan Hawks in diesem Jahr das erste Mal als Bürgermeister-Kandidat. Obwohl seine Connections ihn weit brachten, gab es einen charmanten Gegenkandidaten, der ihn schlug. Das nun offiziell verlobte Hawks-Paar war im Bürgermeisteramt offiziell zur Siegesfeier eingeladen und Maya hielt es für einen guten Schachzug, trotz Niederlage dort aufzutauchen. Die Verlobten hatten inzwischen wieder ihr reguliertes Gewicht, aber Lilly wollte mit einem aufreizenden, aber klassischen Abendkleid angeben, aus diesem Grund trug sie ein Titan-Korsett und ein hübsches weißes bodenlanges Abendkleid, als sie aus der Limousine stieg, um ins Bürgermeisteramt zu gehen.
„Alles klar bei dir, Süße? Du scheinst dich zu quälen“, schmunzelte Johnny und tätschelte ihre Hand, an der ein beeindruckender Verlobungsring prangte.
„Geht, hätte mir nur was anderes zum Anziehen aussuchen sollen, das ist echt unbequem“, jammerte sie.
„Sieht auch unbequem aus, keine Sorge gleich nach der Party schäl ich dich da mit Freuden raus. Du siehst unglaublich aus“, erwiderte er liebevoll.
„Danke, ist lieb von dir. Sag mir nochmal, warum wir heute Arschkriechen, obwohl ich lieber mit meiner Tochter spielen würde?“, fragte sie.
„Psst, wir dürfen Sie nicht erwähnen, schon vergessen? Wir sind keine Eltern bis zu meinem Wahlsieg“, ermahnte er sie und sie hob ihr Kleid etwas hoch um laufen zu können.
„Unsere Tochter kommt bald in die Schule, wann können wir das offiziell machen, bei ihrem Highschool-Abschluss?“, war sie genervt von der Heimlichtuerei.
„Wenn wir verheiratet sind, bis dahin sind es nur noch ein paar Wochen, mein Schatz. Bis dahin lächeln und gratulieren, ich könnte auch heulen, aber so ist Politik halt“, bat er nur und wie ihr befohlen ging sie lächelnd über die lange Treppe ins Bürgermeisteramt.
„Jonathan, Lilly, ist das schön, Sie endlich kennenzulernen, es ist eine Schande, Sie nicht vorher schon kennengelernt zu haben, aber Sie kennen das ja mit kleinen Kindern ist man nur mit der Kinderbetreuung beschäftigt“, kam die Frau des Bürgermeisters freundlich auf sie zugeeilt. Die Frau mit indischen Wurzeln war niemand geringeres als Shima, die Kellnerin, die sie Jahre zuvor bedient hatte.
„Fuck“, fluchte Johnny, als er sie erkannte.
„Achte auf deine Aussprache, Süßer, aber das ist mir auch grad im Kopf rumgeschwirrt“, erwiderte Lilly und lächelte gespielt.
„Wir sind leider noch nicht mit Kindern gesegnet worden, aber ich kann es mir vorstellen“, schüttelte Lilly die Hand der Politiker-Ehefrau mit beiden Händen und drückte dabei fest zu.
„Oh ich dachte, da habe ich mich wohl geirrt, aber egal, bei so einem attraktiven Paar werden die Genetiker ihre wahre Freude haben. Kommen Sie, es gibt so viele Leute, die ich Ihnen vorstellen will“, bemerkte Shima aufgekratzt und ging vor ihnen zu den anderen Gästen.
„Das war knapp“, atmete Johnny auf.
„Ich glaub, sie deckt uns, eine Politiker-Gattin mit Anstand und Loyalität, ich dachte, ich wäre die einzige, die noch übrig ist, ist doch gut, es ist immer gut, eine Verbündete zu haben in dieser Stadt“, flüsterte Lilly und sie waren bei den anderen Gästen angekommen.
„Bruce, Melody, darf ich euch Jonathan und Lilly vorstellen, unsere würdevollen Gegner in diesem Wahlkampf. Jonathan, Lilly, das sind Bruce und Melody Landsgrave, teure Freunde von uns, unsere Jungs sind in derselben Vorschule“, stellte Shima fleißig das verlobte Paar den Gästen vor.
„Sehr erfreut, Sie war zu höflich um uns würdevolle Verlierer zu nennen“, schüttelte Johnny den Gästen die Hände. Er hatte den Politiker-Jargon schon sehr gut drauf, was Lilly manchmal etwas besorgte.
„Es war ein knappes Rennen, er wird sicher mein Nachfolger werden. Jonathan, Lilly, schön, dass Sie da sind“, kam der attraktive frischgewählte Bürgermeister Dominic Hackerott zu ihnen.
„Danke, Bürgermeister für diese Lorbeeren. Es wird noch ne Weile dauern, bis ich mich wieder aufstellen lassen kann, aber es wird mir eine Ehre sein, Sie dann würdig als Bürgermeister abzulösen“, sagte Jonathan siegessicher, obwohl er innerlich ziemlich enttäuscht war.
 
„Lilly, auf ein Wort, Sie müssen mir unbedingt sagen, woher Sie dieses wunderschöne Kleid haben“, führte Shima, Lilly ins Haus, während die anderen im Garten des Bürgermeisteramtes weiter nette Lügen übereinander erzählten.
„Scheiße, ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich gesehen habe, wer gegen meinen Mann antritt, Respekt echt“, sprach Shima, Lilly plötzlich mit einer ziemlich deftigen Aussprache an.
„Ich versteh nicht?“
„Oh Süße, lass den Blödsinn, wir sind uns schon begegnet, ist ne Weile her, aber das musst du doch noch wissen“, stichelte Shima weiter.
„Na schön, ja, wir kennen uns, aber psst, das darf hier keiner erfahren“, entgegnete Lilly peinlich ertappt.
„Keine Sorge, das hier ist ein schalldichter Raum für supergeheime Treffen, hatte schon mal Sex mit Dom hier drin, hat keiner mitgekriegt. Also was ist eure Geschichte?“, fragte Shima und setzte sich cool auf den Tisch des Besprechungsraums.
„Du bist der Feind, ich sollte nicht!“
„Schätzchen, wir haben gewonnen, warum sollte ich jetzt noch dreckige Wäsche waschen? Komm schon, diese Veranstaltungen sind immer ätzend langweilig, ich will ne anständige Geschichte hören“, bat Shima.
„Da gibt es nicht viel zu erzählen, jeder weiß, wer ich bin, ist doch nicht so unüblich, dass ich mir auch einen Politiker schnappe, wenn ich in der Politik aufgewachsen bin“, murmelte Lilly nur.
„Ach das “Nichte des Präsidenten“-Blabla, das weiß doch jeder, aber ich will die schmutzige andere Geschichte hören. Was ist das mit eurem anderen Leben? Ihr kamt doch zurück aus Kanada, da hättet ihr alt und fett werden können, warum seit ihr zurückgekommen?“, wollte Shima wissen.
„Äh, um ins Bürgermeisteramt zu kommen? Mein Verlobter ist ein Politiker, kein Bauer, er wollte zurück in die Politik, nichts weiter“, ließ sie nicht wirklich viel von sich hören.
„Auch das ist offiziell bekannt, ich will den wirklichen Dreck hören, angefangen damit, dass ihr eine Tochter habt und das verschweigt“, bemerkte Shima.
„Das weißt du doch schon seit Jahren, warte, gibt es hier versteckte Kameras?“, sah Lilly sich besorgt um.
„Ihr haltet das geheim, weil sie unehelich und leiblich ist, schon klar, ist doch kein Problem, ist ja heutzutage fast noch schlimmer als ein Kind mit einer Nutte zu haben, aber kein Mann ist so blöd“, erwiderte Shima.
„Das kann ich weder bestätigen, noch verneinen“, sagte sie brav ihren Text auf.
Shima ließ plötzlich einen Schrei los, als würde sie abgeschlachtet werden.
„Was war …?“, wunderte sich Lilly und Shima bat sie zu schweigen. Nichts passierte.
„Siehst du, keine Kameras und vollkommen schalldicht. Lilly, ich seh dir doch an, dass du darüber reden willst und wer ist das besser geeignet wie eine Verbündete, eine Freundin“, bat Shima an.
„Ich wäre jetzt lieber bei meiner Tochter“, sagte Lilly leise.
„Und ich lieber bei meinem Sohn, siehst du, war doch nicht so schwer. In welche Vorschule geht sie denn?“, wollte Shima wissen.
„In keine hochangesehene, sie ist unter einem anderen Namen da eingeschrieben, eine Nanny bringt sie hin und holt sie ab. Ich sehe sie kaum, es darf kein Verdacht auf uns fallen, bis wir unsere Ehelizenz haben“, entschied Lilly.
„Klar, klar, euer großer Tag ist ja schon bald, aufgeregt?“, fragte Shima weiter.
„Ist meine Hochzeit, also ja, schon. Ich weiß noch nicht so ganz, auf was du hinauswillst“, wunderte sich Lilly.
„Wir quatschen nur, wie es Mädels halt so machen. Deine Tochter wird also nicht bei deiner Hochzeit dabei sein?“
„Sie wird nicht dabei sein, nein, ist ja nicht so praktisch, wenn meine fünfjährige plötzlich mit “Mommy, Mommy“ auf mich zu rennt, wenn die Presse dabei ist. Jetzt genug von mir, was ist denn deine dreckige Wäsche? Ist Dom vielleicht gar nicht der Vater deines Sohnes, oder was ist dein Geheimnis?“, wollte Lilly cool wissen.
„Wenn du ihn kennen würdest, würdest du das nicht sagen, Remy ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Er wurde im Labor gezeugt, ich hab ewig auf diese Lizenz gewartet, das wäre mit dem Postboten echt einfacher gewesen, glaub mir, aber dann würde ich nicht die Frau des Bürgermeisters sein. So, jetzt kennen wir kennen uns schon etwas, was hältst von nem Drink? Ich weiß, dass die hier nen Geheimvorrat von nem fast 100 Jahre alten Whiskey haben“, konterte Shima, stand auf, klopfte auf eine Platte in der Wand und die Platte schob sich zur Seite hinter der sich eine Minibar verbarg.
„Für mich nicht, danke, fühl mich heut nicht so gut“, entschied sie.
„Richtig, schwanger solltest du nichts trinken“, bemerkte Shima nur.
„Was? Ich bin nicht schwanger“, erwiderte Lilly stotternd.
„Die Nachricht haben deine Möpse aber noch nicht bekommen, die wurden bei mir auch mächtig damals bei Remy“, entgegnete Shima.
„Ich trag ein Korsett, da sieht jedes A-Körbchen wie ein C-Körbchen aus“, murmelte Lilly.
„Jep, wenn du meinst, aber ich hab Recht. Wann hattest du denn das letzte Mal Besuch?“, wollte Shima keck wissen.
„Das ist jetzt wirklich zu privat“, murrte Lilly, aber in ihrem Kopf ratterte es. Sie war wirklich drüber, bei dem ganzen Wahl-Trubel hatte sie das übersehen.
„Ich sollte gehen, ich muss mal nach meinem Verlobten schauen“, entgegnete sie durcheinander und stolperte aus dem Raum.
 
„Schätzchen, hättest du mal einen Moment für mich?“, zog Lilly ihren Verlobten von einer Gruppe Menschen weg.
„Süße, du bist zwar heute wunderschön und supersexy, aber ich muss meine Connections pflegen“, entgegnete er.
„Das kannst du später immer noch, ich muss mit dir über was reden“, bat sie und führte ihn in einen Abstellraum.
„Okay, Abstellraum-Sex, nicht unser angenehmster Fleck um Sex zu haben, aber ist ne Weile her, ich darf nicht wählerisch sein“, begann er ihr Korsett zu öffnen.
„Nein, ich will nur reden, sorry. Ich hab grad mit Shima geredet und sie meint, ich könnte wieder schwanger sein“, kam sie gleich auf den Punkt.
„Warum redest du mit der? Sie ist die Konkurrenz“, maulte er.
„Hast du gehört, was ich gesagt habe?“
„Sie will dich nur durcheinander bringen, du hast das doch nicht offen zugegeben, oder?“
„Du bist total im Politiker-Modus, so kann ich nicht mit dir reden. Ich fahr mit dem Taxi nach Baker raus und kauf einen Test, ruf mich an, wenn du den Arschloch-Modus wieder los bist“, raunzte sie verärgert, zog ihr Korsett wieder zusammen und stampfte davon.

Sechzehntes Kapitel

 
Völlig aufgelöst kam Johnny spät an diesem Abend bei seinem Patenonkel an.
„Danke für den Anruf“, begrüßte er ihn nur.
„Dachte, du machst dir sicher Sorgen. Sie weiß nicht, dass ich angerufen habe, weiß nicht, ob sie mit dir reden will“, bemerkte Virgil.
„Ich versuch’s, danke!“, ging sie zu Virgils Gästezimmer.
Er klopfte vorsichtig.
„Herein“, hörte sie die müde Stimme seiner Verlobten.
„Hey, Süße, ich bin’s“, begrüßte er sie sanft.
„Du hast lang gebraucht!“
„Musste dich erst mal finden“, sagte er vorsichtig.
„Ich wollte nicht, dass du mich findest, ehrlich gesagt, Bin immer noch sauer auf dich“, entgegnete sie.
„Darfst du auch sein, die letzten Jahre erkenne ich mich nicht wieder, ich war frustriert, heute Abend, dass ich verloren habe, es tut mir so leid!“
„Du wirst noch frustrierter werden, ich bin wieder schwanger, der Test ist positiv“, gestand sie ihm.
„Das ist wundervoll“, war er glücklich.
„Also immer noch der Politiker, du bist nicht glücklich darüber, hör auf zu lügen“, raunzte sie.
„Du bist die Liebe meines Lebens und wir werden bald eine vierköpfige Familie sein, ich lüge nicht, ja, es wird kompliziert, aber wir haben schon ein Kind versteckt, da können wir das auch mit einem zweiten“, erwiderte er.
„Ich will das Kind aber nicht verstecken, Precious kennt mich kaum noch, es ist Monate her, dass sie mich Mommy genannt hat. Ich lebe mein ganzes Leben schon versteckt, erst als eine Angehörige der Präsidentenfamilie, dann als die minderjährige Frau eines Verrückten und dann als die Freundin eines Mannes der auf der Flucht war. Ich kann das nicht mehr“, bemerkte sie traurig.
„Ich verstehe, ich bring dich zurück nach Kanada, zusammen mit Precious, ihr werdet dort ein schönes Leben haben“, erwiderte er.
„Von wegen, du lässt mich nicht allein, und ich genauso wenig. Wir müssen einen Weg finden, dass wir als Familie zusammen sein können, ohne das Verstecken“, bat sie ernst.
„Dann finden wir eine Lösung, die nächsten Jahre werde ich eh keinen Wahlkampf mehr führen, ich habe in den letzten Jahren Connections aufgebaut, wir werden diese Lizenzen bekommen und dann sehen wir weiter“, entschied er.
„Das klingt nach nem Plan. Tut mir leid, dass ich abgehauen bin, das hat dir sicher keine Pluspunkte eingebracht heute Abend!“
„Ich hab gesagt, dass du dich nicht gut fühlst, schon gut. Es ist spät, lass uns darüber schlafen, morgen ist auch wieder ein Tag“, bemerkte er und zog seine Schuhe aus.
„Dann leg dich zu mir, ich will heute einfach mit dir zusammen sein“, bat sie erschöpft und er zog sie an sich und strich sanft ihren Bauch, bis beide eingeschlafen waren.
 
„Sag mal, muss ich euch zwangskastrieren lassen?“, maulte Maya, als Jonathan ihr tags drauf per Videoanruf die Nachricht vorsichtig beibrachte.
„Es ist einfach passiert, May‘!“
„Das ist Madam President für dich, John!“
„Ich hab dich nackt gesehen, May‘, das mach ich ganz sicher nicht!“
„Zieht ihr das mit der Hochzeit noch durch?“
„Ja, natürlich, bist immer noch herzlich eingeladen“, erwiderte er.
„Ich bin da in Brüssel, Präsidentinnen-Zeug machen und so. Grüß meine Cousine von mir, ich bin nicht sauer, sag ihr das, ich wünsch euch beiden das Beste und ich werde alles tun, um euch zu helfen“, bat Maya.
„Ich kann dich hören“, hörten sie plötzlich eine Stimme.
„Lilly, du bist hier?“, fragte Maya gerührt.
„Tut mir leid, Madam Präsident, ich wollte nicht lauschen“, kam Lilly auch ins Bild.
„Es ist dein Haus, du lauscht doch nicht. Alt bist du geworden, Cousine“, freute sich die Präsidentin, Lilly zu sehen.
„Ich beleidige jetzt nicht die Präsidentin, aber du bist im Amt auch gealtert. Wie geht es meiner Schwester?“
„Sie hat geheiratet, das weißt du sicher!“
„Ich hab sie seit Jahren weder gesehen noch gesprochen, nein, das wusste ich nicht. Ist sie glücklich?“
„Ich glaube schon, willst du mit ihr sprechen?“
„Sie ist im Weißen Haus?“, fragte Lilly weinerlich.
„Sie gehört zu meinem Stab, tut mir leid sie ist auch in Brüssel dabei, deswegen kann sie vermutlich auch nicht zu deiner Hochzeit kommen“, erklärte Maya.
„Sie ist an der Seite der Präsidentin sicherer, schon gut. Ich würde gern mit ihr reden“, bat Lilly weinerlich.
„Dann warte kurz, ich sprech kurz mit ihr. Sind wir hier fertig, John?“
„Warte, Arsch aufgerissen, trotzdem motiviert, ja, wir haben unsere Agenda durch, danke, Ma’am“, bedankte sich Johnny cool.
„Kopf hoch, nächste Runde packen wir es. So, jetzt lass mal deine Verlobte nen bisschen allein, ihre Schwester und sie haben sicher viel miteinander zu bereden“, bat Maya ihn zu gehen.
„Bin schon weg. Danke für deine Zeit, Madam Präsident“, salutierte er ein bisschen und stand vom Sofa auf, dass seine Verlobte Platz nehmen konnte.
„Hey Cousinchen, tut mir leid, dass wir uns so selten gesprochen haben in den letzten Jahren, leider müssen wir dieses Gespräch auch kurz halten, bis nach Brüssel muss ich noch einiges vorbereiten. Pass auf dich auf und mach dir keinen Kopf, John und du seit Seelenverwandte, eure Kinder sind das Produkt eurer Liebe, das auf legale Weise zu tun, wäre zwar einfacher gewesen, aber als Präsidentenfamilie haben wir so einige Vorteile. Wir kriegen das hin“, versicherte Maya.
„Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich froh bin, eine Shore zu sein“, konterte Lilly.
„Ja, hat seine Vor- und Nachteile. Hab eine wunderschöne Hochzeit, ich hab dir nen Geschenk geschickt, hoffe, es gefällt euch“, bemerkte Maya und ihr Bildschirm wurde geteilt. Eine lächelnde Henrietta erschien.
„Ich kann es kaum glauben, dass ich dich heute sehe, nach dem verrückten Tag, den ich gestern hatte“, begann Lilly zu erzählen.
 
Erst kurz vor der Trauung kamen Mr. und Mrs. Flagship in der Kirche an, Lilly hatte sich das gewünscht, um sie nicht unbedingt in Gefahr zu bringen.
„Endlich lernen wir uns kennen, Mr. und Mrs. Flagship, es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen“, begrüßte Jonathan seine zukünftigen Schwiegereltern höflich.
„Ebenso, ein attraktiver junger Mann, das wird ein paar wunderbare Enkelkinder geben“, betrachtete Mrs. Flagship den jungen Mann im Smoking genau.
„Joliene, lass die jungen Leute in Ruhe, sie haben noch genug Zeit Kinder zu bekommen“, erwiderte Myles Flagship.
„Wir wollten eigentlich sofort mit Kindern anfangen, wir haben schon eine Lizenz in der Mache“, erläuterte Lilly ihrer Mutter.
„Okay, das ging aber schnell, aber wenn ihr euch so entschieden habt“, war ihre Mutter skeptisch.
„Ja, das haben wir“, nahm Lilly die Hand ihres Verlobten.
„Dann freu ich mich auf Enkelkinder, wir sollten reingehen, hier ist es nicht sicher“, bat Myles und führte seine Tochter an der Hüfte in die Kirche.
„Sie wissen es nicht?“, flüsterte Johnny seiner Verlobten entgegen, als sie sich zur Zeremonie bereit machten.
„Ja, aber psst, sie sind in 8 Stunden wieder im Flugzeug nach D.C., ich regle das irgendwie“, bat sie.
„Gut, wenn die Presse da ist, sollten wir eh nicht darüber reden. Lächle in die Kameras, wir werden fotografiert. Es tut mir leid, ich wollte nie, dass das so abläuft, aber wir sind halt in der Öffentlichkeit“, entschuldigte er und drückte ihre Hand.
„Ich bin aus der Präsidentenfamilie, Presse wäre eh dabei gewesen. Ganz ruhig, jedes kleine Mädchen träumt doch von einer Märchenhochzeit und das alles hier ist fast perfekt“, schien sie äußerst relaxed zu sein.
„Schön, ich freu mich, dass du das cool siehst. Es wird schön werden“, entgegnete er und der Pfarrer begann mit der Zeremonie.
 
Es wurde eine wirklich schöne Zeremonie und als die Presse verschwunden war, wurde es noch ruhig und familiär.
„Habt ihr wirklich schön hingekriegt mit der Hochzeit“, lobte Chloe das frischverheirate Paar, als sie gemütlich zu viert an einem Tisch saßen.
„Hat meine Mutter fast alles organisiert, hat sie echt gut gemacht. Wir müssen euch was gestehen“, erwiderte Johnny.
„Sie ist wieder schwanger, oder?“
„Wir sollten hier nicht darüber reden“, bat Lilly.
„Also ja, wir sind pleite nach Salvators Geburt und ihr macht leibliche Kinder wie es euch gefällt“, murrte Chloe.
„Wir sind nur zu blöd um zu verhüten, na ja, zu unserer Verteidigung, seit Sex ja so gut wie illegal ist, gibt es ja kaum noch Verhütung“, entschied Johnny.
„Das haltet ihr noch für witzig, oder? Ihr denkt nur, weil ihr jetzt zur High-Society gehört könnt ihr euch alles leisten?“
„Wir sind nicht High-Society, ich hab verloren, ich arbeite im Bürgermeisteramt als bessere Tippse, wie kommst du auf den Mist?“, wurde Johnny wütend.
„Dir fällt alles in den Schoß, jetzt bist du auch noch mit der gottverdammten Präsidentenfamilie verwandt, wie einfach kann dein Leben noch werden“, erwiderte Rogan trotzig.
„Einfach? Ich muss 24 Stunden am Tag überwacht werden, weil ich in Lebensgefahr bin und jetzt hab ich meine Ehefrau genauso in Gefahr gebracht. Einfach wäre das letzte Wort, wie ich mein Leben beschreiben würde. Ich hör das nicht länger mit an, wir gehen“, reichte er seiner Frau die Hand.
„Du hast Recht, das müssen wir uns nicht anhören“, stand sie auch auf und sie verließen ihre eigene Hochzeit. Die Gesellschaft in der Halle feierte lautstark, doch als zwei Schüsse durch die Nacht hallten, wurde es totenstill. Einige Stöckelschuhe klapperten auf dem Parkett der Vorhalle. Die Tür ging elektrisch auf. In einem Haufen von Tüll lag das verheiratete Paar. Blut tauchte das weiße Kleid in Rot.

Siebzehntes Kapitel

 
Eine schwarze Limousine bremste vor dem New Denver Medical Center. Eine Person schwang eine schwarze Kapuze über ihren Kopf und ging zusammen mit einem Mann durch die Eingangstür.
An der Rezeption lüftete die Person ihre Kapuze.
„Könnten Sie mir sagen, wo ich Mr. und Mrs. Jonathan Hawks finde?“, fragte Maya höflich.
„Natürlich, sofort Madam, Zimmer 503, si sie sind noch nicht aus dem OP raus, Madam“, bemerkte die Rezeptionistin.
„Können Sie schon etwas sagen?“, fragte Maya.
„Ich werde einen Arzt für Sie holen, Madam, der kann Ihnen alles erklären“, sagte die Rezeptionistin und holte ihr den Oberarzt der Station.
„Madam Präsident, Sie sind wirklich meine berühmteste Besucherin in 25 Jahren in dieser Klinik. Ich habe gerade mit meinem Kollegen gesprochen, Ihre Cousine und ihr Ehemann werden den Mordanschlag überleben, aber es sah kurz nicht gut aus“, erklärte der Arzt der Präsidentin.
„Und was ist mit dem Baby?“
„Dem geht es auch gut. Wir behandeln das hier natürlich mit der äußersten Diskretion“, erklärte der Mediziner.
„Danke, Doktor. Kann ich sie jetzt sehen?“
„Sie sind immer noch im OP, aber ich bringe Sie in ihr Zimmer, dass Sie Ihre Ruhe haben“, erwiderte er und brachte Madam Präsident in das Zimmer der Frischvermählten.
 
Je eine Hand auf einer Hand ihrer Freunde saß die Präsidentin im Krankenzimmer. Lillys Hand zuckte.
„Lill‘, Cousinchen, hörst du mich?“, lehnte sich Maya über Lilly.
„Das sind echt geile Sachen, was die mir geben, wenn ich solche Wahnvorstellungen habe“, murmelte Lilly benommen und tätschelte Mayas Gesicht.
„Ich hätte nen Hologramm schicken können, wenn du denkst ich bin ne Wahnvorstellung“, schmunzelte Maya.
„Du bist wirklich da“, wurde sie langsam wach.
„Bin mit dem nächsten Stream nach Hause, mein Stab war nicht begeistert, dass ich nicht die Air-Force-One genommen habe, aber so ging es schneller. Wie fühlst du dich?“
„Was ist mit meinem Baby?“, wollte Lilly wissen.
„Dem geht’s gut, ich hab mit deinem Arzt gesprochen!“
„Johnny“, realisierte Lilly.
„Der schläft noch, aber ihr werdet es überleben. Es tut mir so leid, ich hätte euch nicht bitten sollen, hierher zurückzukommen. Es ist euer Hochzeitstag!“
„Die Sonne ist wieder aufgegangen, unser Hochzeitstag ist vorbei“, hörten sie Jonathans schwache Stimme.
„Johnny, Gott sei Dank, du bist auch wach. Ich schieb eure Betten zusammen, ihr solltet jetzt zusammen sein“, erwiderte Maya und schob mit Hilfe ihres Leibwächters die Betten zusammen.
„Maya, du bist wirklich hier?“, war auch Johnny ziemlich benommen.
„Ja, ich bin wirklich da, ich bin sofort los, als ich die Nachricht erhalten habe!“
„Was ist mit unseren Eltern?“
„Deine Eltern Lilly waren schon auf dem Rückflug, ich hab ihnen gesagt, ich halte sie auf dem Laufenden. Deine Mutter steht noch unter Schock, John, kann man ihr nicht verdenken, nach allem, was sie mit deinem Vater durchgemacht hat. Ich habe ihr eine Nachricht zukommen lassen, gib ihr Zeit. Es tut mir so leid, es ist alles meine Schuld“, war Maya völlig aufgelöst.
„Nein, das alles hat schon lang vor dir angefangen. Wir werden wieder untertauchen, Maya, ich will nicht enden wie mein Vater, ich werde bald zweifacher Vater sein“, hatte Jonathan entschieden.
„Versteh ich, ich werde alles regeln“, versicherte Maya.
„Precious lass ich aber nicht hier“, versuchte Lilly eine ernste Stimme an den Tag zu legen.
„Natürlich nicht, wir nehmen sie mit, wir können endlich eine Familie sein“, entschied Jonathan.
„Wollt ihr zurück nach Kanada?“
„Ich bin so müde“, bemerkte Jonathan.
„Sicher, ihr braucht erstmal Ruhe. Schlaft einfach, ich bin hier“, entgegnete Maya. Sie blieb sehr lange, länger als es eigentlich ihr Terminplan zuließ, aber als Vivian kam, verschwand sie ungesehen.
 
George Hawks wurde in Santa Fe in New Mexiko geboren. Mit Hilfe von Maya konnten die vier ein legales Leben führen. Sie hatten ein recht glückliches Leben, auch wenn sie ohne Familie und Freunde leben mussten. Mit den Codes hatten sie seit der Hochzeit nicht mehr gesprochen, keiner der Paare wollte den ersten Schritt machen.
Sanft zog Lilly den Staubschutz über den Kinderwagen ihres Sohnes. Sie war den Sand auch nach einem Jahr in der Wüstenstadt nicht gewöhnt, aber sie hatte auf der Straße gelebt, sie konnte alles überstehen.
„Elisabeth?“, hörte sie plötzlich ihren Namen und sah auf. Shima Hackerott stand plötzlich vor ihr.
„Shima, hey, was machst du hier?“, war sie überrascht.
„Ich bin zu Besuch bei ner Freundin, da dachte ich, ich besuche eine meinen Patientinnen“, erklärte sie ihr.
„Von was redest du, ich war nie deine Patientin!“
„Du hast deinen falschen Papiere nicht richtig angesehen, oder? Ich bin als Befruchtungsspezialistin bei der künstlichen Befruchtung von deinem Sohn angegeben“, erläuterte sie ihr.
„Wirklich? Nein, hab ich wirklich nicht, du kennst also meine Cousine?“
„Das solltest du eigentlich nicht erfahren, aber Maya hat zwei Kandidaten als Bürgermeister unterstützt, Dom und John!“
„Okay, das erklärte einiges. Du bist also Ärztin?“
„Frauenärztin, ja, bei dir ist alles in Ordnung?“
„Ja, alles gut, mein Mann wäre nicht begeistert, wenn er sehen würde, dass ich mit dir rede!“
„Wir sind nicht mehr in der Politik, mach ruhig“, kam Johnny mit Precious an der Hand aus dem Haus. Er wirkte relaxed und glücklich.
„Wir haben uns offiziell noch gar nicht richtig vorgestellt, ich bin Shima Hackerott“, streckte sie ihm seine Hand entgegen.
„Jonathan Hawks, sehr erfreut. Tut mir leid wie ich letztes Jahr reagiert habe, war viel zu gestresst“, entschuldigte sich Jonathan höflich.
„Ich schlaf mit einem Politiker, ist für mich nichts Neues gewesen. Das ist also eure Tochter“, kniete sie sich zu Precious herunter, die sich scheu ans Bein ihres Vaters klammerte.
„Wir haben eine Lizenz“, sagte er schnell.
„Ich weiß, ich hab die auch unterschrieben. Bin immer noch Assistenzärztin, ich hoffe das kommt nie raus, sonst sieht es mit meiner Karriere schlecht aus!“
„Sie sind HS?“
„Ja, das bin ich, war Mayas Idee, wenn die Präsidentin was sagt, wird das gemacht“, bemerkte Shima nachdenklich.
„Sie hat euch auch in ihren Bann gezogen, verstehe, jetzt hat sie ja, was sie will!“
„Die Stadt entwickelt sich nicht zum Besseren, Dom gibt sich die größte Mühe, aber die Stadt ist am Ende“, gestand sie ihnen.
„Ja, ich weiß, hab letzte Woche mit meiner Mom gesprochen, ist sicher nicht seine schuld“, entgegnete er.
„Das solltest du ihm mal sagen, er macht sich täglich Sorgen, ist grad schwierig bei uns. Man, warum erzähl ich euch das, hab nicht viele Freunde, sorry, zwischen Arbeit, Mutter sein und Anhängsel des Bürgermeisters ist nicht viel Zeit dafür. Ich lass euch dann mal allein, ihr wolltet sicher wohin!“
„Wir wollten nur spazieren gehen, komm doch mit, nen bisschen Ruhe kann dir sicher gut tun“, bat Lilly an.
„Das wäre schön, danke“, machte sie mit ihnen einen Spaziergang.
 
„Ja, sie saß stundenlang an unseren Betten, sie weiß es noch nicht, aber sie wird mal eine großartige Präsidentin werden“, erzählte Jonathan, Shima, als sie in einem Park auf einer Bank saßen.
„Ja, das wird sie, sie macht sich sehr gut im Fernsehen. Ist ne Schande mit ihrem Vater“, überlegte sie laut.
„Ja, er war ein guter Präsident, ich wäre gern auf der Beerdigung dabei gewesen. Ich hab das Gerücht gehört, sie will heiraten, was weißt du?“
„Auch nicht mehr als das, ist ja nicht so, als wäre sie meine beste Freundin. Hab nur gehört, es soll einer ihrer Bodyguards sein!“
„Meine Tante würde ausflippen“, schmunzelte Lilly.
„Ist vermutlich nur ein Gerücht. Ich sollte jetzt zu meiner Freundin zurück, sie fragt sich sicher schon wo ich stecke. Ich wollte eigentlich nur schauen, wie es euch geht, aber ihr habt mir mehr geholfen, als ihr denkt“, stand Shima auf.
„Das ist schön zu hören, sag deinem Mann nen Gruß, er soll den Kopf hoch tragen, er wird das schon packen“, bat Jonathan.
 
Jonathan saß ein paar Tage später kerzengrade im Bett.
„Schatz, was ist los?“, wollte Lilly neben ihrem Mann schlafen, konnte es aber nicht.
„Bitte hass mich nicht“, bat er ruhig.
„Was hast du gemacht?“, fragte sie und machte eine Handbewegung. Das Licht ging an.
„Ich hab noch nichts gemacht, aber ich will was machen“, druckste er herum.
„Okay, sag es mir, ich bleib cool“, bemerkte Lilly, nachdem sie zwei Mal tief durchgeatmet hatte.
„Ich will Dom helfen und nach New Denver zurückgehen“, sagte er stockend.
„Okay“, sagte sie nur.
„Okay?“
„Wenn du das machen willst, ich werde meine Kinder dem aber nicht aussetzen“, entschied sie.
„Das heißt du verlässt mich, wenn ich das mache?“, war er entsetzt.
„Nein, natürlich nicht, aber ich würde nicht mitgehen. Wenn du das machen willst, musst du das allein machen!“
„Ich will das nicht allein machen!“
„Und ich bringe Precious und George nicht in Gefahr. Die einzige Lösung ist, dass du allein dahin gehst, während wir hier bleiben. Ich würde es hassen, aber wenn du das machen willst, stehe ich hinter dir“, entgegnete sie.
„Es wäre nicht für ewig, nur so weit, dass es mit der Stadt aufwärts geht!“
„Du bist süß, denkst du, du spielst Superman, schüttelst ein paar Hände und alles ist wieder gut? Ich bin aus einer Politiker-Familie, vergessen? Es dauert Jahre, um das zu ändern“, erwiderte sie.
„Ich werde es versuchen, wenn es nichts wird bin ich sofort wieder hier. Ich würde mir aber mein Leben lang Schuldgefühle machen, wenn ich es nicht versucht hätte“, entschied er.
„Dann musst du das tun“, sagte sie mit ernsten Worten.
„Ich liebe die Kinder und dich mehr als mein Leben, ich hoffe, das weißt du!“
„Ja, ich weiß, aber diese Stadt ist dir auch wichtig und ich bin auch stolz darauf, was du versuchst. Verlier dich aber nicht in dieser Welt, ich mag dich wie du gerade bist nämlich viel lieber“, bat sie sehr ernst.
„Ich versuche es, ich mag mich so auch nicht besonders. Also wie sollen wir das anstellen?“
„Morgen ist auch noch ein Tag, jetzt komm her, ich will jetzt einfach bei dir sein“, zog sie ihn in die Liegeposition und kuschelte sich an ihn.
 
„Bist du sicher, dass du das tun willst?“, fragte Lilly ihren Ehemann.
„Ja, ich bin sicher, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann ohne euch zu sein!“
„Ich kann es mir auch nicht vorstellen, aber wenn du das machen willst unterstütze ich dich dabei. Du bist ja nicht weit weg, du kommst uns hoffentlich besuchen“, bemerkte Lilly.
„So oft ich kann, versprochen, ich werde eh nicht lang ohne meine Kinder sein können. Es ist so verrückt, vor ein paar Jahren habe ich mich eher als Einzelgänger gesehen, der in die Politik geht und sich ab und zu mal ne Nutte ins Büro holt und dann bist du in mein Leben getreten und du hast alles geändert“, sagte er liebevoll und küsste sie sanft.
„Wenn du dir Nutten holst, kill ich dich“, erwiderte sie trocken.
„Gut zu wissen, hab ich nicht vor. Komm her, Prinzessin“, nahm er seine wunderschöne Tochter auf den Arm und drückte sie fest.
„Daddy, wo gehst du hin?“, fragte Precious.
„Ich muss einem Freund helfen, mein Schatz, aber zu deinem Geburtstag bin ich da, ganz fest versprochen“, setzte er sie wieder ab.
„Krieg ich dann was geschenkt?“
„Natürlich, Prinzessin. Und mein kleiner Prinz, du bist noch so klein, ich hoffe, du wirst gar nicht merken, dass ich weg bin. Pass bloß gut auf deine Mutter und deine Schwester auf“, küsste er auch das Baby sanft und ging dann mit Tränen in den Augen weg.
 
„Bürgermeister Hackerott, Sie haben einen Besucher“, tönte es durch das Intercom.
„Ich bin beschäftigt, Lydia!“
„Ich soll Ihnen ausrichten, das Hippo ist gelandet“, erklärte die Sekretärin des Bürgermeisters und Dom grinste.
„Okay, schicken Sie ihn rein“, sagte er und die Tür sprang auf.
„Der Code war eigentlich nur für den Notfall gedacht, John“, begrüßte Dom ihn.
„Wenn das kein Notfall ist, weiß ich nicht was. Siehst beschissen aus, Dom“, erwiderte Johnny und kam ins Büro.
„Danke für die Blumen. Ist schwieriger hier, als ich dachte, diese Stadt ist am Ende“, gestand er ihm.
„Hab ich gehört, deshalb bin ich hier!“
„Shi‘ ist ein Plappermaul. Du bist hier nicht sicher, John!“
„Schon klar, aber ich bin trotzdem hier. Du brauchst hier Hilfe und ich will dich unterstützen“, erklärter er ihm.
„Das ist lieb, aber ich glaube nicht, dass du da noch was reißen kannst!“
„Lass es mich versuchen, ich habe meine Frau und meine Kinder verlassen um dieser Stadt zu helfen“, bat Johnny.
„Dann lass es uns versuchen, ich könnte wirklich Hilfe gebrauchen“, schien Dominic erleichtert.
 
Etwa zwei Monate nach Jonathans Rückkehr nach New Denver zeichneten sich leichte Verbesserungen ab. Er blieb bei allem im Hintergrund und fungierte nur als Berater.
„Wusste doch, dass es was bringt, wenn ihr beide zusammen arbeitet“, stand eines Tages Maya im Bürgermeisterbüro.
„Madam Präsident, was für eine Überraschung“, war Jonathan verblüfft sie zu sehen.
„Ich hab’s mir anders überlegt, lass das mit dem Madam Präsident, du hast mich nackt gesehen, das ist lächerlich“, konterte Maya cool.
„Das hast du gesagt. Grins nicht so süffisant, als wäre das deine Idee gewesen, das kam allein von mir“, erwiderte Johnny, während er über Unterlagen saß.
„Ihr Männer seid so süß manchmal, als würdet ihr in der Politik irgendwas allein entscheiden, ich hab Shima zu euch geschickt, es war ihre Idee, ich wusste, dass du da gleich helfen willst“, erläuterte die Präsidentin.
„Deswegen hat Lilly so schnell zugestimmt, sie wusste davon!“
„Ich verweigere dort die Aussage“, schmunzelte sie.
„Wie auch immer, es war gut, ich kann hier wirklich was bewirken. Ich vermisse aber meine Familie sehr!“
„Ja, ich weiß, deswegen bin ich hier, die Air-Force One ist aufgetankt, Zeit nach Hause zu gehen“, schlug sie vor.
„Du schickst mich heim?“
„Heute ist der Geburtstag deiner Tochter, es wird Zeit ein paar Tage mit ihnen zu verbringen!“
„Verdammt, ja, das ist ja heute, aber ich kann doch nicht die Air-Force-One zu meinem eigenen Vorteil benutzen“, zögerte er.
„Ich aber, ich hab alles mit Dom geklärt, jetzt komm, sonst kommst du nicht an, bevor ihre Party startet. Ist schon gut, komm!“
„Hast du zu wenig zu tun im Weißen Haus?“, schmunzelte er.
„Genug. Stehst du jetzt auf, oder was?“
„Ja, Ma’am. Verdammt, ich hab kein Geschenk!“
„Liegt schon im Flieger, dachte mir schon so was!“
„Du bist echt die Beste“, bemerkte er.
„Deswegen bin ich die Präsidentin. Jetzt komm, ich muss morgen früh in New York City sein“, bat Maya.
„Bin schon dabei“, packte er seine Sachen zusammen.

Achtzehntes Kapitel


Die Air-Force-One flog sanft über den Wolken. In seinen kühnsten Träumen hatte er nicht gedacht, jemals in ihr zu fliegen.
„Mach es dir nicht zu gemütlich, Johnny, wir landen gleich wieder. Bist ja nicht weit weg geflüchtet“, bemerkte Maya, während sie in die Wolken starrte.
„Genießen darf ich es trotzdem, oder? Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal in einem Flugzeug saß, muss noch ein Kind gewesen sein“, erwiderte er und lehnte sich zurück.
„Wenn du zwei Wochen im Monat tagtäglich im Flugzeug sitzt, vergeht irgendwie der Zauber. Ich hatte mir das alles hier ganz anders vorgestellt, an manchen Tagen würde ich mir wünschen, dass der Präsident noch demokratisch gewählt werden könnte“, erwiderte Maya.
„Du bist eine wunderbare Präsidentin, meine Tochter himmelt dich an“, versicherte er ihr.
„Wirklich? Es ist eine Schande, dass ich sie nie richtig kennengelernt habe!“
„Du bist gern zu ihrem Geburtstag eingeladen!“
„Und ich würde gern kommen, wenn ich nur die Zeit hätte!“
„Du musst doch erst morgen früh in New York sein, verbring doch den Nachmittag mit meiner Familie und mir“, bat er sie.
„Ich könnte, aber das ganze Sicherheitspersonal müsste mit, das ist zu viel Aufwand!“
„Es reicht doch wenn du Jax mitnimmst, ihr beiden seid ja so gut wie verlobt!“
„Nur in meinen Träumen, ich kann ihn nicht heiraten“, sagte Maya traurig und lächelte ihren Bodyguard matt an, der etwas abseits saß.
„Du bist die gottverdammte Präsidentin, du kannst heiraten wen auch immer du willst“, entschied er.
„Wenn das nur wahr wäre, ein Komitee entscheidet wen ich heirate und mein Bodyguard steht nicht mal ansatzweise auf dieser Liste!“
„Das entscheidet ein Komitee?“
„Jep und jetzt hab ich dir schon zu viel verraten!“
„Bin ich auf der Liste gewesen?“, fragte er neugierig.
„Was denkst du?“
„Das war deutlich, ich war drauf“, grinste er breit.
„Ja, du warst drauf, sogar ziemlich weit oben, aber an der Spitze steht Sean Matis, also sagt diese Liste nicht viel aus“, murmelte sie.
„Sean Matis der Multimillionär?“
„Der Arsch der Nation, ja, der, ich werde ihn vermutlich heiraten müssen!“
„Du musst niemanden heiraten, den du nicht liebst, das ist nicht das Mittelalter hier“, versicherte er.
„Nicht das Mittelalter, aber Politik. Es ist schon so gut wie arrangiert“, erwiderte sie.
„Das ist nicht fair!“
„Das Leben ist nicht fair, na ja, keiner hat was davon gesagt, dass ich mich nicht scheiden lassen kann. Kann ich als Präsidentin meinen Ehemann töten?“, witzelte sie.
„Ich würd’s nicht drauf ankommen lassen. Kommst du jetzt zum Geburtstag meiner Tochter?“
„Es wäre mir eine Ehre. Jax, kommst du mal bitte“, rief sie ihren Bodyguard her und erklärte ihm alles.
 
„Daddy“, gikste Precious, als sie auf ihren Vater zu gerannt kam.
„Sie hat dich wirklich hierher gebracht, sie ist die Beste“, freute sich Lilly ihren Mann zu sehen.
„Sorry, dass ich gestern Abend nichtmehr angerufen habe, alles klar bei euch?“
„Jetzt wo du da bist, ja, alles bestens“, küsste sie ihn sanft.
„Ich hab noch Gäste mitgebracht“, öffnete er die Hintertür seines Wagens und ließ Maya und Jax aussteigen!“
„Oh mein Gott, ist das dein Ernst. Cousinchen, wie lang ist das her, dass wir uns persönlich gesehen haben“, war Lilly sehr glücklich darüber Maya zu sehen und umarmte sie stürmisch.
„Lass uns reingehen“, bat Jax, der eng hinter Maya stand.
„Ja, lass uns reingehen“, bemerkte Maya und die Gruppe ging ins Haus, das sie bewohnten.
„Du hast einen attraktiven Bodyguard“, entgegnete Lilly, als sie zu viert an diesem späten Nachmittag um den Tisch herum saßen.
„Oh lass es sein, Lill‘, du weißt genau, wer er ist“, sagte Maya trocken.
„ja, schon, wollte es nicht so offensichtlich hinausposaunen. Ihr seid also verlobt?“
„Nein sind wir nicht!“
„Schon gut, ihr seid noch jung, lasst euch Zeit!“
„Sie darf mich nicht heiraten“, erklärte Jax, der sonst wenig gesagt hatte.
„Sie ist die Präsidentin, sie darf alles!“
„Wenn das nur wahr wäre. Zumindest erlauben Sie mir, ihn als Bodyguard zu behalten, also kann ich weiter mit ihm schlafen wenn ich verheiratet bin“, entgegnete sie trocken.
„Das können die nicht machen!“
„Doch können sie, aber so ist mein Leben halt, sei froh, dass du dich aus unserer Familie zurückgezogen hast“, entgegnete Maya.
„Ich hab mich nicht von euch zurückgezogen, wir waren auf der Flucht und jetzt verstecken wir uns irgendwie. Du verstehst das sicher!“
„Ich hab euch letztes Jahr fast verloren“, entschied Maya.
„Ja, das hast du, deswegen mussten wir auch weg“, erwiderte Lilly und legte ihre Hand auf die ihres Mannes.
„Kann ich es sehen?“, fragte Maya.
„Was meinst du?“
„Sie meint unsere Narben, hier“, entgegnete Johnny und zog sein Hemd aus der Hose, um seine Narbe zu zeigen. Seine Frau machte es ihm nach.
„Ein Tag, ein Tag war ich unvorsichtig und bin ohne Weste aus dem Haus. Das war echt knapp“, dachte er laut nach.
„Da habt ihr Glück gehabt, die Narben hab ich auch, bin damals auch fast abgekratzt“, sagte Jax plötzlich.
„Auf dich wurde geschossen?“
„Ich bin Bodyguard, das gehört zu meiner Jobbeschreibung. Ich würde für die Präsidentin auch alles tun!“
„Ja, weil du sie liebst, Lilly wurde bei dem Attentat auf mich auch nur verletzt, weil sie mich beschützen wollte!“
„Ich wusste nicht, dass du das weißt“, war Lilly überrascht.
„Man hat es mir erzählt, als du in deiner zweiten OP warst um die zweite Kugel zu entfernen. Das war das beste Hochzeitsgeschenk, was du mir machen konntest“, sagte er liebevoll.
„Ihr habt es nie geschafft euch Ehe-Tattoos stechen zu lassen, fällt mir grad auf“, erwiderte Maya.
„Nein, aber das versuchen wir irgendwann nachzuholen“, entschied Lilly.
„Mommy?“, hörten sie plötzlich Precious‘ Stimme.
„Ja, Süße?“, drehte sich Lilly zu ihrer Tochter.
„Darf ich der Präsidentin mein Zimmer zeigen?“, fragte Precious und Lilly sah Maya an.
„Ich würde es toll finden dein Zimmer zu sehen“, stand Maya auf. Auch Jax sprang auf.
„J‘, ich geh nur in ein Kinderzimmer, schon gut“, schmunzelte Maya und Precious zog die Präsidentin in ihr Kinderzimmer.
„Du liebst sie wirklich, und du denkst sie macht einen riesigen Fehler den Millionärs-Arsch zu heiraten, oder?“, wollte Lilly etwas frech von Jax wissen.
„Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen“, sagte Jax höflich.
„Jax wird sind hier unter uns, du kannst hier ganz offen reden!“
„Sie ist die Liebe meines Lebens“, gestand er.
„Dann frag sie, niemand auf dieser Welt kann sie verheiraten, wenn sie bereits verheiratet ist“, entgegnete Jonathan.
„Johnny, unsere Welt ist so ganz anders als deine, das wird nicht funktionieren“, warf Lilly ein.
„Das ist jetzt nicht mehr deine Welt, dachte ich zumindest“, bemerkte Jonathan trocken.
„Nein, aber es ist noch in meinem Kopf, tut mir leid. Ich seh mal nach den zweien“, stand Lilly auf und ging ins Kinderzimmer ihrer Tochter.
 
„Bist du einer von uns, oder bist du in ihrer Welt aufgewachsen?“, fragte Jonathan nachdenklich, als er mit Jax nach einer Weile allein da saß.
„Ich weiß nicht genau, was ich darauf antworten soll, ich bin der Sohn eines Programmierers und eine Reinigungskraft, ich komm noch aus einer ganz anderen Welt“, bemerkte Jax.
„Programmierer sind die Säulen dieser Gesellschaft, die Shores könnten sich glücklich schätzen, dich in der Familie zu haben“, lobte er ihn.
„Danke, nett dass du das sagst, aber Mrs. Shore denkt da anders“, sagte Jax traurig.
„Hast du mit ihr geschlafen?“, fragte Jonathan dreist.
„Natürlich nicht“, sagte Jax beschämt.
„Du möchtest aber, oder?“, wollte Jonathan wissen und Jax sah ihn mit deutlichem Blick an.
„Du darfst nicht, weiß ich schon, aber wir sind hier mitten in der Wüste, niemand würde es erfahren“, plante Jonathan.
„Ist das ein Trick?“
„Ich hab zwei leibliche Kinder, was denkst du?“
„Wir könnten doch nicht, oder?“, überlegte Jax laut.
„Ich hab einen Freund hier, wo meine Familie und ich heute Nacht unterkommen könnten“, erwiderte er.
„Das können wir nicht annehmen“, kam Maya zurück an den Tisch.
„Du bist die Präsidentin, so wie es damals eine Ehre für mich war, wird es jetzt auch wieder eine Ehre sein“, entgegnete Jonathan höflich.
„Er ist derjenige welche?“, war Jax überrascht.
„Sorry, er wusste es nicht? Ich dachte, das wäre offiziell bekannt“, entschuldigte sich Jonathan.
„Nicht so offiziell wie du denkst, bitte hör jetzt auf zu reden“, bat Maya beschämt.
„Okay, sorry. Ich werde mit meiner Frau darüber reden, aber ich will euch diese Nacht schenken, es ist vermutlich die einzige Möglichkeit für euch“, entschied er.
„Danke“, bedankte sich Maya bei ihrem Freund mit einem sanften Kuss auf seine Wange.
„Ist nur eine Kleinigkeit im Vergleich für das, was du für uns getan hast“, entschied er und ging zu seiner Frau.
„Süße, Tante Maya will den Song von dir hören, den du in der Grundschule gelernt hast“, schickte er seine Tochter aus dem Zimmer.
„Komm her“, drückte Jonathan seine Frau gegen die Wand und küsste sie leidenschaftlich.
„Schatz, wir haben Gäste!“, erwiderte sie erregt.
„Das ist doch das Aufregende“, konterte er und begann sie ihren Hals herunter zu küssen.
„Warte, was willst du?“, realisierte sie und drückte ihn weg.
„Nichts, ich hab meine Frau seit Monaten nicht mehr gesehen und würde gern etwas Zeit mit ihr verbringen!“
„Ich kenn dich langsam gut genug um das zu durchschauen, was ist los?“, bat sie.
„Okay, okay, ich hab Maya was versprochen!“
„Wenn du mir jetzt sagen willst, dass du sie heiraten willst, kill ich dich!“
„Was? Nein, ich bin doch mit dir verheiratet, Dummerchen!“, schmunzelte er, aber sie sah ihn böse an.
„Ich hab Maya und Jax versprochen, dass sie die Nacht in unserem Haus verbringen dürfen!“
„Das ist okay, was ist das Problem dabei?“
„In unserem Ehebett“, fügte er hinzu.
„Du willst die beiden in unserem Haus eine Straftat begehen lassen?“
„Wir sind beide selbst Straftäter, Süße!“
„Okay“, gab sie nach.
„Du bist die beste Ehefrau der Welt, ich hoffe, das weißt du. Wir bleiben heute Nacht bei Jeff und Eyleene, sie sind älter und verstehen das sicher!“, erwiderte er.
„Das könnten wir ihnen doch nicht so sagen, es ist irgendwas mit der Wohnung, das ist einfacher“, forderte sie.
„Sicher, wie du willst. Ich pack Sachen für die Prinzessin zusammen, du für George und dann gehen wir rüber“, plante er.
„So machen wir’s, du wirst aber morgen das Laken in unserem Ehebett wechseln“, murmelte sie.
„Klingt fair, danke“, küsste er sie nochmal sanft und ging mit ihr wieder nach draußen.

Neuzehntes Kapitel


„Ich kann dir gar nicht genug für letzte Nacht danken“, verabschiedete sich Maya von Jonathan, nachdem er sie am nächsten Morgen umarmt hatte.
„Seltsam, nach unserem ersten Mal hast du das nicht gesagt“, frotzelte er und sie boxte ihm leicht in den Bauch.
„Ich hätte es gesagt, wenn das mit Sam nicht dazwischen gekommen wäre. Übrigens ruf Rogan an, er vermisst dich“, bat Maya ihn.
„Du hast Kontakt mit den Codes?“
„Ich hör das eine oder andere, er ist dein bester Freund, du solltest ihn anrufen!“
„Wenn das die Präsidentin sagt, muss ich es wohl machen“, bemerkte er nur.
„Er ist dein bester Freund, so eine Kleinigkeit sollte nicht zwischen euch stehen“, bat sie und an den Arm ihres Bodyguards gekuschelt ging sie zur Limousine.
 
„Sie hat Recht, es ist jetzt ein Jahr her, wird Zeit, dass wir wieder mit ihnen reden, sie waren nur eifersüchtig, das darf doch nicht eure lange Freundschaft zerstören“, riet sie ihrem Mann.
„Ich werde zu ihnen gehen, wenn ich zurück in New Denver bin!“
„Du gehst zurück?“, war sie enttäuscht.
„Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden, es geht aufwärts mit der Stadt, aber es ist noch viel zu tun“, sagte er nur.
„Du weißt schon, dass du nicht der Bürgermeister bist!“
„Ja, das weiß ich, ich war an dem Abend auch bei der Wahlveranstaltung“, murrte er. Es war für ihn immer noch ein rotes Tuch, darüber zu sprechen.
„Du bist eine große Hilfe für ihn und ich bin sehr stolz auf dich“, lenkte sie vom Thema ab.
„Danke, ich vermisse dich jeden Tag dort“, gestand sie ihm.
„Und ich vermisse dich, ich hoffe in ein paar Monaten kann ich zurückkommen, und dann können wir unser Leben weiterleben“, versicherte er.
„Ich möchte zurück nach New Denver“, gestand sie ihr.
„Wenn du das willst, werde ich das organisieren, aber die Gefahr ist nicht weg“, entgegnete er.
„Ja, ich weiß, wenn du mir versichern kannst, dass unsere Kinder dort sicher sind, komme ich zurück!“
„Ich habe gute Connections zum Bürgermeister, wir kriegen das hin“, sagte er liebevoll und umarmte sie fest.
„Du musst schon wieder los?“
„Ja, ich bin schon länger geblieben, als ich wollte. Nicht, dass ich das nicht jede Minute genossen habe, aber Dom bombardiert mich schon seit einer Stunde mit Nachrichten“, erklärte er ihr.
„Dann geh, sag den beiden die besten Grüße von mir“, bat sie und nachdem er sich auch von seinen Kindern verabschiedet hatte, fuhr er zum Zug, der ihn zurück nach New Denver brachte.
 
Jonathan senkte seine Kapuze. Vorsichtig kniete er vor das Grab. Ein schönes Bild von Sam war auf den Grabstein projiziert.
„Hey, Kleines, ich weiß, ich war ewig nicht mehr hier, aber heute wurde ich wieder an die Nacht deines Todes erinnert und wollte zu dir kommen. Ich hab jetzt zwei Kinder, kannst du das glauben? Und ja, ich bin verheiratet, ich hab mein Tattoo noch nicht, ich weiß, aber das holen wir nach. Ich liebe sie sehr, du hättest sie gemocht. Es ist so blöd, ich red mit einem Aluminium-Block“, entgegnete er und legte eine Rose auf das Grab.
„Ich mach das jeden Abend, seltsam wird es nur, wenn sie antwortet“, hörte er plötzlich eine Stimme. Blitzschnell zog er ein Messer aus seinem Stiefel.
„Wow, du bist jetzt bewaffnet?“, war Rogan erschreckt.
„Rog?“
„Ja, hast du schon nach einem Jahr vergessen wie ich klinge?“, fragte er schroff.
„Nein, natürlich nicht, aber ich bin nach dem letzten Jahr etwas aufgekratzt, wie du dir vielleicht denken kannst“, stand er auf und steckte das Messer weg.
„Du bist also wieder in der Stadt, schon wieder geschieden, hat ja nicht lang gehalten“, bemerkte Rogan süffisant.
„Ich bin noch verheiratet, ich hab nur noch kein Tattoo, hab viel zu tun“, sagte er nur.
„Du bist also so blöd, deine Familie in Gefahr zu bringen!“
„Ich bin alleine hier, ich wollte eigentlich zu dir gehen in den nächsten Tagen und alles klären, aber wenn du schon so kommst …“, grummelte er und ging an ihm vorbei.
„Johnny, warte“, hielt er seinen Arm fest.
„Wir haben dich vermisst … euch vermisst“, gestand er ihm.
„Wir sind keine Snobs, wir hatten nur das Glück, Hilfe zu bekommen“, erwiderte Jonathan.
„Ich bin froh, dass ihr das Glück hattet, ich hätte dich nicht gern im Knast besuchen wollen“, konterte Rogan.
„Sie hätten sie sterilisiert und ich hätte meinen wunderschönen Sohn nicht“, entschied er.
„Du hast jetzt auch einen Sohn?“
„Sein Name ist George“, sagte er nur.
„Ist er gesund?“
„Ein perfekter kleiner Mini-Ich“, erklärte er ihm und Rogan zog seinen Kumpel an sich und drückte ihn an sich, was Jonathan überraschte.
„Soll ich euch allein lassen?“, hörte sie plötzlich auch Chloes Stimme.
„Chloe, hey, du bist auch hier!“
„Ja, ich bin auch hier, du anscheinend auch, wäre nett gewesen, dass du dich mal meldest“, sagte sie nur.
„Ich … ich weiß nicht was ich sagen soll“, stotterte er. Wortlos umarmte Chloe ihren Mann und ihren Freund zusammen.
 
„Du hast wundervolle Kinder, tut mir leid, dass ich so eifersüchtig war“, entschuldigte sich Chloe, als sie an diesem Abend zusammen bei den Codes zum Abendessen saßen und Jonathan ihnen Bilder von seinen Kindern zeigte.
„Ich versteh das doch, aber glaub mir, die Kinder waren beide nicht geplant, wir sind nur so froh, dass wir dafür nicht im Knast und in der Klinik gelandet sind“, bemerkte er.
„Wir hätten jetzt das Geld zusammen für ein weiteres Kind, aber meine Chancen sind nicht besonders gut, dass die Prozedur bei mir erfolgreich ist, deswegen haben wir uns dagegen entschieden“, erklärte Chloe, Jonathan.
„Das tut mir leid!“
„Schon gut, wir werden das Geld in Sals Ausbildung stecken“, schien Chloe damit abgeschlossen zu haben.
„Das klingt gut!“
„Ihr seid also nicht offiziell hierher zurückgekommen?“
„Noch nicht, aber wir planen es, Lilly hält es in der Wüste nicht mehr länger aus!“
„Wo genau lebt ihr denn jetzt?“
„Ich halt das lieber geheim, deshalb reise ich auch immer mit dem Zug hin und zurück, nichts für ungut“, sagte er nur.
„Sicher, verstehen wir doch, du arbeitest jetzt also im Bürgermeisteramt?“
„Ja, ich assistiere dem Bürgermeister, irgendwie!“
„Lass mich raten, das machst du jetzt zirka vier Monate? Wir sind beide Politiker, wir haben gemerkt, dass sich was verändert hat im Bürgermeisteramt!“
„Ja, das stimmt, ich helfe ihm, aber das ist ziemlich inoffiziell“, erläuterte er.
„Du wärst ein besserer Bürgermeister“, entschied Rogan.
„Ich weiß, aber die Bürger haben so gewählt. Jetzt versuch ich es im Hintergrund, ich scheine schon was ausrichten zu können“, entschied er.
„Ja, das tust du und ich freu mich darüber. Wie kam es denn dazu?“
„Er hat Hilfe gebraucht und ich hab ihm geholfen!“
„Dominic Hackerott hat Hilfe gesucht? Das glaubst du doch selbst nicht!“
„Das ist die Story, dabei bleib ich!“
„Wie du meinst. Die Nachtisch-Ration müsste langsam fertig sein, ich hol sie mal“, ging Chloe in die Küche.
„Seine Frau hat dich besucht, oder?“, fragte Rogan und Jonathan nickte stumm.
„Du bist ein guter Kerl, du musst etwas tougher werden, wenn du die nächsten Wahlen gewinnen willst“, riet Rogan ihm.
„Kannst du mir das beibringen?“, hoffte er.
„Ich kann es versuchen“, sagte Rogan und lächelte.
 
„Also, die Fenster sind alle schusssicher, die Tür ist aus massivem Stahl und der Parkplatz hinter dem Haus. Dies ist das sicherste Haus, was ich für euch finden konnte“, führte Rogan ihre Freunde ein paar Wochen später durch ein kleines Haus in New Denver.
„Das klingt gut, Rog‘, was denkst du, Schatz?“, wollte Lilly von ihrem Mann wissen.
„Ja, wir sollten das Haus mieten“, konterte Jonathan abgelenkt.
„Dom verlangt schon wieder nach dir, oder?“
„Ja, tut mir leid, Rog‘, du hast ein gutes zu Hause gefunden, ich werde dir das Geld für die Kaution und die erste Miete nachher transferieren, ist gut, dass das hier alles schon möbliert ist. Ich muss jetzt echt los, sehen uns heute Abend“, plante Jonathan, küsste seine Frau und huschte davon.
„Hab ich schon gesagt, wie toll ich es finde, dass er jetzt für Bürgermeister Douche arbeitet?“, grummelte Lilly und setzte sich auf das schicke Sofa ihres anscheinend neuen Apartments.
„Ja, Dom ist ziemlich arrogant, aber dein Mann hilft der Stadt, das ist doch gut, oder? Vielleicht kann ich dann eines Tages endlich auch mal in der Politik arbeiten“, setzte sich Rogan neben sie.
„Johnny kann dich sicher reinbringen, wenn du willst“, erwiderte Lilly.
„Noch nicht, aber ich komm auf das Angebot zurück, danke“, bedankte sich Rogan und lächelte seine Freundin an.
 
Sechs Monate nach der Rückkehr der Hawks nach New Denver entwickelte sich die Stadt endlich stetig aufwärts. Als Precious in die Schule kam war ihr Vater kaum anwesend, aber ihre Mutter konnte ihr jeden Abend erzählen, wie stolz sie auf ihren Vater sein konnte.
 
Kurz nach dem dritten Geburtstag des kleines Georges war Lilly wie das Jahr zuvor bei Shima um sich untersuchen zu lassen.
„Das kann doch nicht wahr sein“, schüttelte Shima den Kopf.
„Verdammt, ich hatte es vermutet“, fluchte Lilly.
„Lill, warum kommst du hierher? Ich muss das melden, sobald ich ein Lebenszeichen auf dem Ultraschall sehe. Ich muss jetzt den Code der Schwangerschaftslizenz eingeben, die hab ich aber nicht!“
„Nein, Shima, das kannst du nicht machen? Ich hab zwei Kinder und möchte auch dieses Kind bekommen. Ich kann nicht ins Gefängnis!“
„Du willst also, dass ich meinen Job verliere? Ich bin auch Mutter, schon vergessen?“, packte Shima hektisch die Untersuchungs-Instrumente zusammen.
„Bitte, lass mich gehen, ich werde aus der Stadt verschwinden, du siehst mich nie wieder“, flehte Lilly sie an.
„Ich kann einen Dummy-Code eingeben, aber der verzögert den Alarm nur. Verschwinde, ich regle das“, hatte Shima Mitleid und Lilly eilte panisch aus der Klinik.

Zwanzigstes Kapitel

 
Jonathan setzte sich neben seine Frau aufs Sofa.
„Sie haben Shima verhaftet, das war Dom“, sagte er nur, nachdem er telefoniert hatte.
„Nein, sie ist unschuldig“, weinte Lilly.
„Wir aber nicht, es ist entweder uns oder sie“, bemerkte er trocken.
„Wir haben unser Glück zu sehr ausgereizt, wir müssen uns stellen“, entschied sie.
„Die werden unser Kind abtreiben und uns in den Knast stecken“, schlussfolgerte Jonathan.
„Ja, ich weiß, aber Shima ist unsere Freundin“, entgegnete sie.
„Denk an Precious und George, was wird aus ihnen werden?“
„Sie werden sicher bei deiner Mutter unterkommen, es sind nur ein paar Monate“, erwiderte sie.
„Das willst du wirklich machen?“, fragte Jonathan nach und Lilly nickte.
„Dann lass mich unseren Familienanwalt anrufen und dann die Polizei“, stimmte er zu.
 
Dank ihrer Connections zum Bürgermeisteramt wurde Lilly erlaubt, ihr Kind zu bekommen, doch als Mehrfachtäter musste das Ehepaar jeder sechs Monate ins Gefängnis.
„Kümmere dich gut um sie, hörst du?“, weinte Lilly, als sie sich von ihrer Schwiegermutter verabschiedete.
„Ich werde sie mit meinem Leben beschützen. Und du passt da drin auch auf meine Enkelin auf, ja?“, legte Vivian ihre Hände auf den Bauch ihrer Schwiegertochter.
„Ich darf es behalten, nichts wird mir hier drin wichtiger sein. Ich danke dir für alles!“
„Wir sind doch eine Familie, das ist doch selbstverständlich. Soll ich Johnny noch was ausrichten? Ich gehe gleich noch zu ihm!“
„Sag ihm, dass ich ihn liebe und stolz auf ihn bin!“
„Das mach ich. Die Zeit geht vorbei, ihr seid bald wieder zu Hause“, versicherte Vivian und ließ sie allein.
 
Eine Woche nachdem Lilly im Gefängnis gelandet war, kam Shima zu Besuch.
„Ihr seid solche Idioten“, begrüßte Shima sie.
„Dir auch einen schönen Tag. Was willst du hier?“
„Ich werde dich untersuchen, ich bin auf Bewährung, ich muss ehrenamtlich im Gefängnis arbeiten!“, entgegnete sie professionell.
„Es gut mir so leid!“
„Schon gut, ihr habt mich aus dem Knast geholt und euer Leben damit verändert, wir sind quitt. Wie geht’s dir denn?“
„Ich kann mein Kind behalten, deshalb geht es mir gut!“
„Das ist schön, die werden euch aber vor eurer Entlassung sterilisieren, ich hoffe, das weißt du!“
„Ja, weiß ich, ist vielleicht auch besser so. Es ist nur so traurig, dass Jonathan niemals Bürgermeister werden kann, das war sein Lebenstraum!“
„Er hilft Dom schon aus dem Knast aus, er wird Bürgermeister, ganz sicher“, munterte Shima sie auf.
„Wirklich? Er ist unglaublich“, erwiderte Lilly und lächelte matt.
„Ja, das ist er, Dom und er werden langsam gute Freunde, Dom ist ein unangenehmer Mensch manchmal, er hat nicht viele Freunde, das bedeutet mir viel. Wir werden alles unternehmen um euch rauszuholen“, versprach sie.
„Nein, wir haben es verdient, kümmert euch lieber um die Stadt“, bat Lilly.
„Das werden wir, es geht ja aufwärts“, überlegte Shima laut.
„Ja, das tut es. Das verdanken wir aber nur deinem Mann und jetzt muss er für ein Verbrechen in den Knast das eigentlich nicht illegal sein sollte“, bemerkte Shima.
„Das ist Teamarbeit, wenn du uns nicht mit den Papieren geholfen hättest, wären wir schon vor Jahren im Knast gelandet und dann hätte er deinem Mann nicht helfen können“, entgegnete sie.
„So hab ich es noch gar nicht gesehen, stimmt schon irgendwie. Wie auch immer, ich bin jeden Monat einmal bei dir, wir dürfen dafür auf die Krankenstation, komm“, ging sie mit ihr durchs Gefängnis zur Krankenstation.
 
Sechs Monate später hatte das Ehepaar ihre Strafe abgesessen und wurde entlassen. Lillys dritte Schwangerschaft verlief auch wieder einwandfrei, was beide sehr freute. Trotzdem wollte Shima, die die beiden aus dem Gefängnis holte, dass die beiden sich nochmal in einem Krankenhaus untersuchen ließen. So fuhr sie vor der Rückkehr zu Vivian die beide nochmal in die Klinik.
„Uns geht’s gut, Shima“, erwiderte Lilly, als sie durch den Krankenhausflur der hiesigen Klinik gingen.
„Ich konnte dich im Knast nur schlecht behandeln, ich will nur sicher gehen, dass es dem Baby gut geht“, entgegnete Shima.
„Ja, in Ordnung, aber Jonathan ist doch gesund, warum muss er mit?“
„Er sollte sein Kind mal sehen dürfen, oder?“
„Oh ja, sicher, sorry, Schatz“, nahm sie seine Hand.
„Ich sollte meinen Kopf auch untersuchen lassen nach dem Schlag von neulich“, konterte Jonathan nachdenklich.
„Du hast einen Schlag gegen den Kopf bekommen?“, fragte Lilly besorgt.
„Ja, der Knast ist hart, aber ich hab’s überstanden, keine Sorge!“
Bevor Lilly was dazu sagen konnte, kamen sie an einem Krankenzimmer vorbei.
„Sie sagen mir, dass meine Tochter für immer so bleiben wird?“, hörten sie eine verstörte Mutter.
„Mrs. Larson, beruhigen Sie sich, ich glaube nicht, dass das Auswirkungen auf die Sehfähigkeit Ihrer Tochter hat, ihre Augen sind nur getrübt, das passiert manchmal bei einer Gen-Manipulation“, beruhigte der Arzt sie und untersuchte den Säugling weiter.
„Die arme Frau“, sagte Lily traurig und die Tür des Krankenzimmers wurde geschlossen.
 
„Das passiert bei Gen-Manipulationen manchmal, aber deine Tochter ist ja leiblich, da kann sowas nicht passieren. Lass uns weitergehen, deine Schwiegermutter fragt sich sicher schon, wo ihr bleibt“, entgegnete Shima und zog sie weiter.
 
In ihrem Haus erwartete das Ehepaar eine Überraschung.
„Was ist das alles hier?“, fragte Lilly überrascht.
„Eine Babyparty, ich hoffe, ihr seid nicht zu müde dafür“, kam Chloe zu ihr hin.
„Du schmeißt eine Babyparty für mich?“
„Du hattest bei den letzten zwei Kindern keine, es wird Zeit“, entschied Chloe.
„Ist das eine gute Idee unser Verbrechen zu feiern?“, war sich Lilly nicht sicher.
„Wenn ich euch für Verbrecher halten würde, wären wir jetzt nicht hier, oder? Wir haben Kuchen, willst du nen Stück?“, fragte Chloe freundlich und rauschte davon.
„Ja, gerne“, schmunzelte Lilly und ließ sich von der Party berieseln.
 
Die Monate vergingen und langsam erholte sich das Paar von den Strapazen des Gefängnisses. Als Kesia Hawks geboren wurde, war Jonathan beruflich unterwegs. Er arbeitete immer noch im Hintergrund, jetzt mit seiner Vorstrafe verdeckter als zuvor.
Vivian Hawks wog ihre neuste Enkelin in ihren Armen. Ihre Schwiegertochter schlief, sie hatten sie gerade sterilisiert.
„Orlando wäre so stolz darauf, dass seine Gene so weiter verbreitet werden in diese Welt“, belächelte Virgil, was er dort sah. Er hatte seine Freundin in die Klinik gefahren.
„Ja, ich hab die letzten Monate viel über ihn nachgedacht, ja, mehr als normalerweise. Er wäre so stolz auf seinen Sohn gewesen, trotz des Gefängnisaufenthaltes. Es ist nicht fair, dass er das nicht mehr erleben durfte!“
„Chloe kann keine Kinder mehr bekommen“, warf Virgil plötzlich ein.
„Was? Wenn es um Geld geht, helfe ich gerne aus!“
„Es geht nicht um Geld, die Geldfrage hat die Freundschaft unserer Kinder beendet, also fangen wir damit nicht an. Bei Sals Geburt gab es Komplikationen, zu kompliziert um es zu erklären, aber das Ende der Geschichte ist, dass Sal mein erster und letzter Enkel sein wird“, bemerkte er.
„Dann solltest du sie halten“, übergab sie sanft ihre Enkelin an ihren besten Freund.
„Danke, das hab ich jetzt gebraucht. Sie ist perfekt“, wog Virgil die Kleine sanft in den Armen.
„Ja, das ist sie. Halt sie solang du willst, ich besorg uns mal nen richtig guten Kaffee“, schmunzelte sie.
„Wo willst du den bei diesen Restriktionen herbekommen?“
„Ich kenn Leute, die Leute kennen, überlass das mir“, ging sie davon.

Einundzwanzigstes Kapitel

 
2110 Washington D.C.
 
Zwei Jahre nach seiner Zeit im Knast wanderte Jonathan Hawks tatsächlich durch die Gänge des Weißen Hauses. Leider nur wieder als Besucher.
„Man, als Ex-Verbrecher ist es echt schwer hier reinzukommen. Was gibt’s? Kann ich dir auch als Assistent dienen, jetzt wo New Denver stetig wächst und gedeiht?“, begrüße Jonathan die Präsidentin.
„Auch wenn ich glücklich bin über deine Erfolge, es geht um was Privates!“
„Oje, das klingt nicht gut!“
„Ist auch nicht gut, ich bin schwanger“, sagte sie fast flüsternd.
„Jax?“, fragte Johnny nur und sie nickte.
„Weiß dein Mann davon?“
„Nope, das soll auch so bleiben. Ich muss verschwinden, ich möchte diesem Kind eine Chance geben, aber ich kann es nicht einfach so in aller Öffentlichkeit austragen“, bemerkte sie.
„Ich kann dir helfen, wenn du versprichst, dass keiner deiner Helfenden bestraft wird!“
„Ja, natürlich, das ist doch klar!“
„Wie schnell kannst du hier weg?“
„Heute Nacht noch, wenn nötig, ich habe meinen Fitze-Präsidenten schon eingeweiht, dass ich pausieren muss, nur nicht, wieso. Es ist das erste Mal in fünfzig Jahren, dass ein gewählter Präsident an die Macht kommt, aber ja nur vorrübergehend“, überlegte sie laut.
„Ich besorg dir einen Transport für heute Nacht, ich hinterleg dir alle Infos, mehr kann ich nicht tun, ich kann nicht zurück in den Knast, ich hab drei Kinder, um die ich mich kümmern muss!“
„Das ist schon genug, was du tust, danke. Wirst du mich da besuchen, wo ich hingehe?“
„Ich kann nicht, tut mir leid!“
„Schon gut, ich versteh es“, küsste sie sanft seine Wange und ließ ihn gehen.
 
Als Jonathan an diesem Abend in sein dunkles Haus zurückkam, gingen plötzlich alle Lichter an. Er hatte seine Familie schon schlafend vermutet und schreckte auf.
„N’Abend“, saß seine Frau in einen Nachthemd im Schneidersitz auf dem Sofa.
„Hey, Sweetie, bist noch wach?“, stotterte er.
„Jep, sieht so aus. Wie war D.C.?“
„Es war ziemlich spontan, du hast doch meine Nachricht bekommen, oder?“
„Ja, aber nen Anruf wäre nett gewesen. Wie geht’s ihr?“
„Äh ja, gut“, war er kurz angebunden.
„Warum warst du in D.C.?“
„Hab nur May‘ besucht, nichts weiter“, wollte er sie nicht einweihen.
„Sie ist meine Cousine, es klingt privat, warum hast du mich nicht mitgenommen?“
„Ich hab nicht gewusst, ob du so spontan einen Babysitter bekommst“, entgegnete er.
„Ah, ich hätte die Kids auch mitnehmen können. Was ist los?“
„Bitte stell nicht so viele Fragen“, bat er.
„Hast du ne Affäre mit ihr?“
„Das hast du jetzt nicht wirklich gefragt, oder?“
„Du bist schweigsam, triffst Maya heimlich und nimmst dir die Zeit, obwohl ich dich seit einer Woche nicht wirklich gesprochen habe, da kann man ja mal skeptisch sein, oder?“
„Komm mit ins Schlafzimmer“, sagte er nur.
„Glaubst du jetzt wirklich, dass Sex die Situation rettet?“
„Tu’s einfach“, bat er und sie stand augenrollend auf und ging mit ihm mit. Langsam schloss er die Tür hinter sich.
„Langsam machst du mir Angst, John, was ist los?“, war sie skeptisch. Er machte Musik an.
„So, sorry, ich hab überall anders im Haus Überwachungskameras. Du musst aber vorher schwören, dass das unter uns bleibt“, begann er.
„Natürlich, ich bin mit Geheimnissen aufgewachsen, was ist?“
„Maya ist schwanger“, erklärte er ihr.
„Oh, okay“, wusste sie nicht genau was sie sagen wollte.
„Wag es ja nicht zu glauben, dass ich der Vater bin, ich wurde im Knast meiner Zeugungsfähigkeit beraubt, ich hab sogar ein Zertifikat, wenn du das sehen willst“, konterte er.
„Ich weiß, hab das Zertifikat auch, das hab ich keinen Moment gedacht, tut mir leid, dass ich meinte, du hast ne Affäre mit ihr, sie liebt Jax über alles, er ist der Vater, oder?“
„Ihr Mann ist es zumindest nicht, mehr hat sie mir nicht gesagt. Lassen wir es dabei, dass wir seinen Namen in dem Zusammenhang nicht mehr erwähnen, das würde sie sicher wollen. Ich hab ihr geholfen, sie möchte das Kind bekommen. Sie hat unseren drei Kindern in diese Welt geholfen mit ihrer Hilfe, es ist nur fair, dass wir ihr auch helfen!“
„Wie genau willst du das anstellen?“
„Es ist besser, dass du das nicht weißt, dem Kind wird es gut gehen, mehr musst du nicht wissen“, erwiderte er.
„Okay, geh nur nicht für sie in den Knast, ich zieh unsere Kinder nicht allein groß, okay?“, zog sie ihn aufs Bett.
„Ich hab es geregelt, den Rest muss sie machen, ich misch mich da nicht ein, nicht nach allem, was wir durchgemacht haben!“
„Gut, ich will jetzt eine Nacht mit meinem Mann verbringen, ist das möglich?“, begann sie ihn zu küssen.
„Das ist sogar sehr möglich, schlafen die Kinder?“
„Ja, sie schlafen alle, sogar Kes, das müssen wir echt ausnutzen“, schmunzelte sie und drückte ihn in eine Liegeposition.
 
Die Monate vergingen und die Hawks hörten nichts mehr von der Präsidentin. Jonathan musste manchmal an sie denken, er bereute es, den Kontakt abgebrochen zu haben, aber es war besser so. Eines Tages, er wollte grade seine Kinder zur Schule und in die Kundenbetreuung bringen, stand Jax vor seiner Haustür.
„Jax, hey, das ist ja ne Überraschung. Pre‘, kannst du deine Geschwister in den Wagen setzen und anschnallen, ich komm gleich zu euch“, bat Jonathan und seine älteste Tochter nahm ihre Geschwister an der Hand und ging zusammen mit ihnen zum Auto.
„Du hast echtes Glück, ich hoffe, das weißt du!“
„Ja, das hab ich, ich freu mich wirklich dich zu sehen, aber was willst du hier?“
„Du weißt wo sie ist, ich kann nicht ohne sie leben, bring mich zu ihr“, bat Jax.
„Ich weiß nicht wo sie ist, Jax, tut mir leid!“
„Ich bin ein ehemaliger Elitesoldat, ich könnte dir weh tun, aber das will ich dir nicht vor deinen Kindern antun“, drohte er ihm.
„Ich weiß es wirklich nicht, Jax, ich hab ihr nur geholfen weg zu gehen, mehr wollte ich zur Sicherheit meiner Familie nicht wissen!“
„Stimmt es, dass sie ein kleines Geheimnis hat?“, wollte er wissen.
„Sie hat es dir nicht gesagt?“
„Wir hatten nicht viel private Zeit davor, sie wusste vermutlich nicht, wie sie es mir sagen sollte. Was ist mit ihr passiert? Bitte sag es mir“, bat Jax flehend.
„Ich weiß nur, dass es ihr und ihrem kleinen Geheimnis gut geht, aber die Info ist schon Monate alt, ich kann dir echt nicht helfen!“
„Ich liebe sie so sehr“, sagte er weinerlich.
„Ich weiß, ich würde dir gern helfen, kann aber nicht!“
„Gesprochen wie ein waschechter Politiker. Genieß ruhig weiter dein Leben, solang mein Leben auseinander bricht“, sagte er unter Tränen.
„Du bist unfair, na schön, sprich mit Shima, mehr kann ich dir nicht sagen, komm bitte nicht mehr hierher“, entschied er ernst.
„Vielen Dank, werde ich nicht“, verschwand Jax so schnell wie er gekommen war.
„Verdammt, ich hoffe, das war nicht meine letzte gute Tat“, entschied er, zog die Schnallen seiner kugelsicheren Jacke sicherheitshalber nochmal fest und ging zu seinen Kindern.
 
Als er gerade im Büro war und eine Rede von Dom vorbereitete, kam Shima in schicker indischer Robe zu ihm.
„John, kann ich dich kurz sprechen?“, fragte sie höflich.
„Bin grad nen bisschen beschäftig, Shi‘“, tippte er gestresst weiter.
„Ich hab dich damals sterilisiert, ich kann dich auch zum Eunuchen machen, Kleiner“, zischte sie durch ihre geschlossenen Zähne und Jonathan sah sie an.
„Miau, warum so bissig, Doc?“, fragte er trocken.
„Kommst du bitte kurz mit?“, bat sie ernst.
„Meinetwegen, ich hab wohl fünf Minuten für dich“, folgte er ihr. Sie schob ihn in einen Abstellraum.
„Wenn du mich verführen willst sag es gleich, dass ich mich darauf seelisch vorbereiten kann“, war er etwas verwirrt.
„Bitte ich hab ne 10 zu Hause, warum sollte ich da eine 8 verführen. Hier drin ist nur keine Kamera und ich will mit dir über was Privates reden“, konterte sie nur.
„Ihr seid doch heute Abend bei uns zum Essen, hättest du das da nicht besprechen können?“
„Es geht um mein kleines Nebenprojekt und die Tatsache, dass du jedem davon erzählst, der es hören will. Die ganze Sache ist illegal, verdammt noch mal, erzähl das nicht rum“, murrte sie ihn an und schupste ihn leicht gegen die Schränke des Abstellraums.
„Ich erzähl das gar nicht rum!“
„Dann hab ich mir den völlig aufgelösten Lover der Präsidentin nur eingebildet, der mich vor der Schule meines Sohnes abgefangen hat?“, zischte sie.
„Ich hab nichts verraten, ich hab ihm nur gesagt, er soll dich fragen!“
„Wie nett, ich hab ihm nichts gesagt, aber er hat mich fast gekillt, er ist ein starker Kerl, wie du weißt“, erzählte sie.
„Tut mir leid, er hatte angefangen zu weinen“, entschuldigte er sich beschämt.
„Jo, wir trainieren dich jetzt seit einem Jahr mehr ein Arschloch zu sein, prallt das völlig von dir ab?“, murrte sie und er grabschte beherzt ihren Hintern.
„Nicht alles, aber Dom ist ein guter Lehrer“, sagte er nur und ließ sie in dem Abstellraum einfach stehen.
 
Eine Stunde später wurde Jonathan erneut bei der Arbeit gestört, als im Bürgermeisteramt der Alarm losging.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte Jonathan genervt, aber es war niemand außer ihm im Büro.
„Stella, was ist da draußen los?“, fragte er die Sekretärin, aber die antwortete nicht. Vorsichtig stand er auf und ging in den Flur. Es war schon spät am Abend und er war nur mit einigen Kollegen im Büro. Im Flur traf er niemanden vor.
„Dom, bist du hier irgendwo?“, rief er, aber sein Kollege antwortete nicht. Ein seltsames Gefühl der Angst überkam ihm. Vorsichtig ging er weiter. Seine Schritte verlangsamten sich. Eine Person lag auf dem Boden. Instinktiv kniete er sich hin und kroch zu der Person hin. Es war Dom. Der zog ihn zu Boden.
„Bleib liegen“, flüsterte er und zog ihn beschützend zu sich und drückte seinen Kopf herunter. So blieben sie eine Weile liegen, bis Sicherheitskräfte zu ihnen kamen.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

 
„Herr Bürgermeister, alles ist in Ordnung, der Angreifer ist neutralisiert worden. Bürgermeister?“, kam der Sicherheitschef des Bürgermeisteramts zu den beiden Männern.
„Er ist ohnmächtig“, erklärte Jonathan dem Sicherheitsmann und versuchte sich von Doms festem Griff zu befreien.
„Was ist passiert?“, half der Sicherheitschef ihm auf.
„Sagen Sie es mir, er hat mich nur zu Boden gezogen“, schien Jonathan verwirrt zu sein.
„Ja, das war unser Fehler, wir haben den Sicherheitsstandard seit Ihrer Einstellung zwar erhöht, aber es gab trotzdem einen Angreifer. Wurden Sie verletzt?“, fragte der Beamte.
„Nein, glaub nicht. Aber der Bürgermeister scheint verletzt zu sein, rufen Sie sofort einen Krankenwagen“, forderte er.
„Ja, Sir, sofort, bleiben Sie bei ihm“, ging er davon.
„Dom, hörst du mich?“, kniete sich Jonathan zu seinem Freund herunter und tastete ihn ab. Er hatte eine Verletzung am Rücken.
„Verdammt, Dom, warum hast du nichts gesagt. Wer hat das getan?“, redete er mit dem bewusstlosen Bürgermeister.
 
„Es ist nur eine Stichverletzung, wir haben ihn verarztet und er schläft jetzt, er wird es überleben. Das ging ja nochmal glimpflich aus, der Sicherheitsmann wird es auch überleben, aber ist noch im OP. Sie können jetzt zu ihm, wenn Sie wollen“, erklärte der Arzt Jonathan, als er in die Klinik gekommen war.
„Danke, Doc“, bedankte er sich und ging zu Dominic.
Shima saß schon bei ihrem Mann im Krankenzimmer.
„Johnny“, sagte sie aufgelöst, stand auf und umarmte ihn.
„Das war mal nen Tag, was?“, sagte er mit beruhigender Stimme.
„Ja, stimmt, weißt du, was geschehen ist?“
„Es gab einen Angreifer, mehr weiß ich nicht. Wenn es mit mir was zu tun hatte, tut es mir so leid“, entschuldigte er sich.
„Es hatte nichts mit dir zu tun, er hat mich angegriffen“, hörte er Doms Stimme.
„Hey, großer Meister, da bist du ja wieder. Wie geht’s dir?“
„Mir wurde ein Messer in den Rücken gerammt, sonst gut, danke. Ist dir was passiert?“
„Nein, mir geht’s gut, dank dir“, reichte er ihm die Hand und Dom hielt sie fest.
„Muss ich mir bei euch beiden Sorgen machen?“, witzelte Shima.
„Ich sollte zu meiner Familie, werde schnell wieder gesund, ich werde ihm Büro alles regeln, keine Sorge“, versicherte er ihm.
„Du schmeißt eh schon alles dort, da bin ich ganz sicher. Ich meld mich bei dir“, sagte Dominic müde.
„Sicher, ruh dich aus, bis dann“, ging er wieder aus dem Krankenhaus.
 
Als Jonathan zur Wohnungstür reinkam, kam seine Frau auf ihn zugestürzt und umarmte ihn fest.
„Mir geht’s gut, wirklich“, versicherte er ihr.
„Ja, seh ich, aber ich bin trotzdem fast gestorben vor Angst. Was war denn?“
„Ich weiß es nicht genau, aber da ich nicht angegriffen wurde, hat es vermutlich nichts mit uns zu tun. Da wir heute Abend ja jetzt keine Gäste haben, möchte ich zu Jax fahren, er war heute Morgen hier und ihm schien es nicht gut zu gehen“, erklärte er ihr.
„Du willst jetzt nach D.C.? Hast du heute nicht schon genug erlebt?“
„Er ist in einem miserablen Zustand und er ist mein Freund. Der Tag heute hat mir gezeigt, dass ich mich mehr um meine Freunde kümmern muss!“, erklärte er sich.
„Okay, aber ich komm mit, lass mich kurz deine Mutter anrufen, sie muss babysitten“, entschied sie.
„Gut, aber zieh deine schusssichere Weste an, nur um sicher zu gehen“, bemerkte er.
„Ja, auf jeden Fall, nach heute werde ich die wieder regelmäßig tragen. Warum kommen wir nicht zur Ruhe, sag mir das?“, drückte sie sich erschöpft an ihren Mann.
„Es tut mir so leid, ist alles meine Schuld!“
„Du bist damals da mit reingeraten, wenn jemand Schuld ist dann bin ich das“, erwiderte Lilly.
„Keiner von uns hat Schuld, wir sind dort geflohen, wir hatten gehofft, dass es damit in Ordnung ist, aber leider war es ja nicht so. Okay, ich geh mal telefonieren, pack ein paar Sachen, wir werden in D.C. übernachten“, bat sie und er nickte.
 
Sie fuhren wieder mit dem Ultra-Zug, Lilly war lang nicht mehr damit gefahren und ihr wurde übel.
„Fahr doch ins Hotel, Süße, ich glaub hier bin ich sicher und ich würde mich besser fühlen, wenn du im Hotel bleiben würdest“, bat er seine Frau. Sie war so benommen, dass sie im Taxi blieb und ihn allein ausstiegen ließ.
 
Jonathan hatte sich auf der Fahrt die Adresse von Jax herausgesucht. Als er bei Jaxs Wohnung ankam, stand dort ein Polizeibeamter.
„Entschuldigen Sie Sir, was ist hier passiert?“, fragte er höflich.
„Wer will das wissen?“, fragte der Beamte trocken.
„Jonathan Hawks, Sir, ich wollte meinen Bekannten besuchen, Jaxon Canyon!“
„In welcher Beziehung stehen Sie zu Mr. Canyon?“, wollte der Beamte forsch wissen.
„Er ist ein Freund von mir, was ist hier los?“, wurde er nervös.
„Ich bin nicht dazu berechtigt Informationen darüber preiszugeben“, war der Polizeibeamte wortkarg.
„Hören Sie zu, Sir, ich bin grade 2000 Meilen gereist um nach ihm zu sehen, also bitte, sagen Sie mir, was hier los ist!“
„Es tut mir leid, Sir!“
„Na schön, ich arbeite für den Bürgermeister von New Denver, das kann ich auch selbst rausfinden“, konterte er cool und griff nach seinem Telefon.
„Warten Sie, haben Sie gerade gesagt, Sie arbeiten für den Bürgermeister von New Denver?“, wurde der Polizist hellhörig.
„Ja, wieso?“
„Dort gab es heute ein Attentat!“
„Ja, weiß ich, ich war heute im Büro, der Bürgermeister wurde verletzt. Er ist ein sehr guter Freund von mir also ist dieser Tag schon beschissen genug, spucken Sie es aus“, murrte er müde und rieb sich die Augen.
„Sie sollten sich Ihre Freunde besser aussuchen, Kleiner, Mr. Canyon wurde heute beim Attentat auf den Bürgermeister von New Denver eliminiert“, rückte der Polizist mit der Wahrheit heraus.
„Eliminiert? Sie meinen er wurde getötet?“, fragte Jonathan keuchend.
„Tut mir leid, Junge, er hat den Bürgermeister schwer verletzt!“
„Entschuldigen Sie“, stotterte er, torkelte die Treppe herunter und ging ums Eck in eine Gasse, wo er sich übergab.
 
Lilly fuhr ihrem Mann über die nassen Haare. Er war mitten in der Nacht ins Hotelzimmer gekommen, war in seinem Anzug in den Reinigungsraum gegangen und saß nun in trockener Shorts und nassen Haaren im Schneidersitz auf dem Bett und starrte auf das Bild einer Blume an der Wand.
„Schatz, sag was, du machst mir Angst“, bat sie leise.
„Wir hätten ihm helfen können, aber jetzt ist es zu spät“, sagte er nur ohne irgendein Gefühl.
„Was ist zu spät? Ich brauch schon mehr Informationen, Süßer!“
Ohne ein weiteres Wort lud er ein Video auf seinem Armband, was von der Liquidation ihres Bekannten berichtete.
„Sie haben ihn getötet, dabei hat er sie nur geliebt“, fing seine Frau an zu weinen.
„Ich kann ihr das nicht sagen, wie sollte ich auch“, begann er jetzt auch zu weinen.
„Ich werde es ihr sagen, ich weiß aber nicht, wo ich sie erreichen sollte“, erwiderte sie benommen.
„Shima weiß es, aber es ist mitten in der Nacht, lass uns schlafen“, legte er seinen Kopf zur Seite.
„Ja, schlaf, mein Süßer, morgen fahren wir zurück und regeln das heute hattest du einen langen Tag“, beruhigte sie ihren Mann und kuschelte sich an ihn.
 
In Roben verhüllt ging das Ehepaar Hawks über den Friedhof zu der Trauergemeinde. Sie waren auf Jaxons Beerdigung, da auch die Presse da war, wollten sie nicht erkannt werden.
„Ich wünschte, sie könnte hier sein“, sagte Lilly traurig.
„Ich weiß, Lill‘, inzwischen weiß sie es sicher auch, ich würde ihr jetzt so gern beistehen, aber Shima sagt mir nicht wo sie ist. Vielleicht ist es auch besser so, so ist sie in Sicherheit.
„Weise Worte, du klingst fast erwachsen, wenn du sowas sagst“, hörte er eine Stimme hinter sich. Shima, die in eine lilafarbene Robe gehüllt war, war hinter ihnen hergelaufen.
„Hey, dich hab ich hier nicht erwartet“, bemerkte er trocken.
„Ich nehm die Beerdigung für unsere spezielle Freundin auf, sie kommt momentan nicht aus ihrem Schlafzimmer raus, aber vielleicht möchte sie es eines Tages ansehen. Mein Göttergatte ist sicher auch nicht sehr erfreut dass ihr hier seid, oder?“
„Er weiß es nicht, ich sollte eigentlich im Büro sein, bitte verrate mich nicht!“
„Er ist noch zu Hause, das kriegt er nicht mit und ich bin keine Petze. Wie geht’s euch denn so?“, fragte sie liebevoll.
„Wir sind auf der Beerdigung eines guten Freundes, deren Tod ich zu verantworten habe, was denkst du?“, fragte er sarkastisch.
„Süßer, du hast das nicht zu verschulden, wir wollten sie beide schützen, nur leider war er zu besessen von ihr um das richtige zu machen. Ihr geht es dreckig, dachte ich mir schon, geht’s dem Bündel aber gut?“, sprach er in Rätseln.
„Dem Kleinen geht’s gut!“
„Gut, das ist das Wichtigste. Sag ihr, es tut uns leid“, bat Lilly.
„Es ist vielleicht gut, wenn sie euch sieht, wir treffen uns heute Nacht um ein Uhr an dieser Adresse, dann bring ich euch zu ihr“, lud sie ihrem Bekannten Daten auf sein Armband.
„Danke, Shi‘“, bedankte er sich und sie ging mit gesenktem Kopf weiter.
 
„Okay, die Kinder schlafen und deine Mutter ist gleich hier. Bist du sicher, dass wir das machen sollten?“
„Du kannst hier bleiben, wenn du willst, aber ich glaube, sie braucht jetzt auch ihre Cousine“, entschied er.
„Sicher, deswegen bin ich auch dabei, wollte nur sichergehen, dass du auch sicher bist!“
„Ja, das bin ich. Ich hab dir das in letzter Zeit viel zu wenig gesagt, aber ich liebe dich sehr, ich hoffe das weißt du!“
„Ja, mein Schatz, ich liebe dich auch sehr. Ich bin so froh, dass dir letzte Woche bei dem Attentat nichts passiert ist!“
„Er hätte mir nichts getan!“
„Er hat Dom niedergestochen, das hätte er auch bei dir gemacht, tut mir leid, dass sagen zu müssen!“
„Ja, vielleicht hast du Recht. Ich kann es trotzdem noch nicht glauben. Ich frag mich grad, ob sie weiß, was er getan hat“, zog er nachdenklich seine kugelsichere Jacke an.
„Sie wird es in den Nachrichten gesehen haben, armes Ding, dabei war sie sicher ganz allein“, dachte er laut nach.
„Sie ist dir wirklich wichtig, was?“, fragte sie ihn.
„Sie ist Familie, Familie muss man immer helfen. Sie braucht uns jetzt, das ist alles!“
„Ja, natürlich, sorry, ich fang immer wieder damit an, obwohl ich weiß, dass sie wie eine große Schwester für dich ist, das ist sie für mich ja auch irgendwie. Sie war immer die starke, die Thronerbin, man musste immer wo ihr Weg sie hinführt. Ich kann es kaum ertragen sie jetzt so zu erleben“, war Lilly erschöpft.
„Es tut mir auch leid, ich vergesse immer wieder, dass du den ganzen Tag unsere kleinen Satansbraten um dich hast, jetzt schlepp ich dich mitten in der Nacht zu einer abenteuerlichen Aktion“, entschuldigte er sich auch.
„Ein bisschen Abenteuer kann ich in meinem Alltag mal gebrauchen, ich döse halt solang im Auto“, entschied sie.
„Die Adresse ist nur ein paar Meilen von hier entfernt“, erklärte er ihr.
„Wirklich? Sie versteckt die Präsidentin mitten in der Stadt?“
„Nicht hier, man weiß nicht, wer unsere Kameras hier hacken kann. Man, wo bleibt meine Mutter?“, sah er aus dem Fenster.
„Es ist mitten in der Nacht, sie ist nicht mehr die Jüngste, gib ihr etwas Zeit“, erwiderte sie.
„Du kannst von Glück reden, dass du meine Lieblings-Schwiegertochter bist, Süße“, kam Vivian aus Kesias Kinderzimmer.
„Warte, du bist schon hier?“, stotterte Lilly.
„Ihr habt mich vor einer Stunde reingelassen, seid ihr sicher, dass ihr das hinkriegt?“, war Vivian besorgt um die jungen Leute.
„Ja, richtig, uns geht viel im Kopf rum, sorry. Danke, dass du so kurzfristig eingesprungen bist“, bedankte sich Jonathan.
„Ich hab meine Enkel viel zu wenig gesehen in letzter Zeit, mach ich doch gern. Jetzt geht, sie wartet sicher schon auf euch“, bat Vivian liebevoll und nachdem sie nochmal den Sitz der Jacke der beiden kontrolliert hatte, verließen sie das Haus.

Dreiundzwanzigtes Kapitel

 
„Ich glaub, die hat uns verarscht, hier ist doch nichts“, stieg Lilly aus dem Wagen aus. Um sie herum war nur eine Gasse mit Ziegelsteinwänden.
„Das ist die Adresse, die sie mir gegeben hat“, konterte er und ging an den Ziegelsteinwänden entlang. Plötzlich leuchtete ein blaues LED an seinem Armband. Verwirrt fuhr er mit dem Arm daran entlang. Eine Tür wurde auf die Wand projiziert.
„Eine versteckte Tür, clever“, realisierte er.
„Dann klopf“, verstand Lilly zwar nicht so ganz, was sie da, aber er klopfte gegen einen Ziegelstein. Die Wand ging mit einem metallischen Geräusch zur Seite.
„Hey, dachte, dass ihr länger braucht um das rauszufinden, musst die Technik wohl noch etwas verbessern“, kam Shima in einem Morgenmantel zu ihnen.
„Haben wir dich geweckt?“, war Jonathan verwirrt.
„Ich hab euch eingeladen, da geh ich wohl kaum schlafen. Hast du getrunken?“, war Shima irritiert.
„Im Moment wünschte ich, ich hätte, was ist das hier?“
„Kommt erstmal rein und mit mir runter, ich erklär es unten“, schloss sich die Tür wieder hinter ihnen.
Sie gingen eine lange Kellertreppe herunter, bis sie in einen langen Gang kamen.
„Was ist das hier?“, wiederholte Jonathan sich.
„Im Moment sieht es noch nach nichts aus, aber wenn ich damit fertig bin, ist das eine Herberge für Frauen, die leiblich Kinder bekommen“, erzählte sie ihnen.
„Shim, das ist illegal, du wirst deine Lizenz verlieren“, war Lilly besorgt.
„Ich hab meine Lizenz seit meinem Knastaufenthalt nicht mehr, aber das macht mich nicht zu einer weniger guten Ärztin. Madam Präsident hat mir Gelder für das hier versprochen, wenn ich ihr helfe“, erklärte Shima weiter.
„Weiß dein Mann davon?“, wollte Jonathan wissen.
„Wer denkst du, hat mir die Räume besorgt? Das war früher ein Frauenhaus, aber seit häusliche Gewalt unter Todesstrafe steht, sind die Räume so gut wie leer. Sie ist hier hinten“, führte sie sie weiter.
„Ist sie noch wach?“
„Laut Kamera-Feed schon, ich hab sie allein gelassen, aber wegen dem Baby und ihrer aktuellen Stimmung wegen nicht unbeobachtet. Geht am besten einzeln zu ihr rein, sie braucht Ruhe“, bat Shima.
„Ich geh als erster rein“, entschied Jonathan.
„Okay, ich werde etwas schlafen, weck mich, wenn du wieder draußen bist“, bat Lilly ihren Mann.
„Mach ich, ja erhol dich etwas“, küsste er sie kurz und sie ging mit Shima mit, während er vorsichtig Mayas Zimmer betrat.
„May, Süße, ich bin’s“, trat er vorsichtig ein.
„Johnny?“, hörte er ihre leise Stimme.
„Ja, kann ich näher kommen?“
„Ja“, sagte sie nur.
„Wie geht es dir?“
„Hervorragend, mein Leben bricht ja nicht grade auseinander“, bemerkte sie gleichzeitig sarkastisch und weinerlich.
„Ja, blöde Frage“, setzte sie sich zu ihr aufs Bett. Sie starrte nur auf einen Display, auf dem irgendeine Sendung lief.
„Es tut mir so leid“, entschuldigte er sich.
„Du wolltest mich nur schützen, schon gut. Bist du verletzt worden?“, drehte sie sich zu ihm. Sie konnte nicht verheimlichen, dass unter ihrem Herzen ein Baby schlummerte.
„Nein, aber Dom wurde … er wird es überstehen“, sagte er nur.
„Ich hab die Nachrichten gesehen, John, du musst mich nicht verschonen, er hat versucht den Bürgermeister von New Denver zu töten, obwohl er der einzige war, der nichts davon wusste. Warum haben sie ihn getötet?“, begann sie wieder zu weinen.
„Ich weiß es nicht, wenn ich gewusst hätte, dass er es war, hätte ich etwas getan, aber Dom hat mich solang auf den Boden gedrückt, bis es vorbei war, ich habe nichts mitbekommen, keinen einzigen Schuss!“
„Es gab keinen Schuss, er wurde durch einen Elektroschock getötet, Shima hat es mir erzählt!“
„Okay, das wusste ich jetzt nicht, kein schöner Tod“, sagte er nur.
„Welcher Tod ist schon schön. Ich hoffe nur, er musste nicht leiden“, überlegte sie laut.
„Musste er sicher nicht. Entschuldige, ich will dir nicht zu nahe treten, aber bekommst du Zwillinge? Du bist doch erst im fünften Monat, oder so“, starte er plötzlich auf ihren dicken Babybauch.
„Shima hat bei meiner Schwangerschaft etwas nachgeholfen“, erwiderte sie mysteriös.
„Experimentelle Medizin, ernsthaft, Shi‘? Komm sofort hier her“, sprach Jonathan in eine Kamera.
„Irgendwie hab ich es mit deinem Arschloch-Training etwas übertrieben, wie mir scheint. Ich hab es mit ihr besprochen und sie war einverstanden. Willst du heute mal was essen, May? Du brauchst für den Prozess sehr viele Kalorien, Süße“, kam Shima zu ihnen.
„Ich hab keinen Hunger“, bemerkte Maya müde.
„Die eine Einheit, bitte“, stellte Shima ihrer Patientin und Freundin das Essen hin.
„Meinetwegen, für den Kleinen“, setzte sie sich auf und aß ein paar Bissen.
„Kann ich dich kurz draußen sprechen?“, fragte Jonathan, Shima.
„Sicher“, ging Shima mit ihm raus.
„Bist du jetzt komplett verrückt geworden? Du behandelst die Präsidentin der verfluchten vereinigten Staaten und machst Experimente an ihrem ungeborenen Kind?“, schimpfte er.
„Sie muss bald zurück an ihren angestammten Platz, ich untersuche sie stündlich und alles ist in Ordnung. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie ihr Kind bekommt“, erklärte er ihr.
„Was wird mit dem Kind geschehen, wenn es geboren ist?“, wollte er wissen.
„Ich werde mich um das Kind kümmern!“
„Wie willst du das machen? Du kannst es nicht als deines Ausgeben, die überwachen dich sicher nach deiner Verhaftung“, entgegnete er.
„Das hab ich schon geregelt, mach dir keine Sorgen. Deine Frau schläft übrigens, willst du dich nicht zu ihr legen? Du siehst furchtbar aus“, riet sie ihm.
„Ja, sollte ich, du passt auf Maya auf?“
„Wie jede Nacht in den letzten Monaten. Ich sollte erstmal nach meinem Sohn sehen, er ist ja auch hier, da er ja sonst nirgendwo hin kann“, sagte sie müde.
„Du ziehst deinen Sohn damit rein?“
„Aus Mangel an anderen Möglichkeiten muss ich das wohl. Geh schlafen, John“, murmelte sie und ging in ein anderes Zimmer, in dem ihr Sohn schlief.
 
Laute Schmerzensschreie hallten durch die Gänge. Shima eilte in einer traditionellen Robe zu ihrer Patientin.
„Joly, wo bleibst du? Ich könnte ne Krankenschwester gebrauchen“, sprach Shima hektisch in ihr Headset. Das Ehepaar Hawks kam verschlafen zu ihr.
„Es geht los“, huschte sie an ihnen vorbei.
„Das Baby kommt?“, fragte Lilly.
„Das, oder die Präsidentin wird grad umgebracht. Meine Krankenschwester steht im Stau, ich muss das wohl allein machen“, blieb sie nicht stehen, während die anderen hinter ihr herging.
„Ich werde dir helfen“, schlug Lilly ihr vor.
„Gut, dann geh duschen und zieh dir saubere Sachen und Handschuhe an, bevor du reinkommst“, plante Shima und schlug die Tür hinter sich zu.
„Du willst da wirklich mit rein?“, war er verwundert.
„Ich hab selbst drei Kinder geboren, eins fast allein in der Badewanne, ich krieg das hin“, stellte sie klar.
„Daran hab ich keinen Zweifel, bin stolz auf dich. Ich ruf mal in meinem Job an, das wird heute etwas dauern“, sagte er nur, küsste sie auf den Kopf und sie ging sich reinigen.
 
„Okay, Süße, der Kopf ist draußen, jetzt ist es fast vorbei“, machte Shima ihrer Patientin Mut.
„Ich will nen Drink“, schnaufte Maya.
„Das glaub ich, den gleichen Wunsch hatte ich damals auch bei Remys Geburt. Okay, jetzt noch ein, zweimal pressen, dann ist dein Süßer da“, forderte sie und wie versprochen war der kleine Junge bald geboren.
„Willst du ihn halten?“, fragte Shima die Präsidentin vorsichtig, aber die schüttelte den Kopf.
„Das kannst du doch nicht machen“, war Lilly entsetzt.
„Sie wird ihn hierlassen, lass sie“, bat Shima, Lilly.
„Aber der Kleine muss doch gehalten werden“, verstand Lilly nicht.
„Dann halt du ihn, er ist immerhin dein Cousin zweiten Grades“, übergab Shima, Lilly das Baby.
„Geh am Besten in den zweiten Raum von Links mit ihm, ich hab alles für ihn vorbereitet, könntest du ihn baden? Wenn du dir das nicht zutraust, Joly müsste inzwischen da sein, hoff ich mal“, bat sie Lilly.
„Das schaff ich, ich hab ja meine drei Kinder auch immer selbst gepflegt“, erklärte Lilly nur und ging auf den Flur. Dort sprang Jonathan hektisch auf.
„Ist er…?“, fragte er nervös.
„Ein gesunder kleiner Junge? Ja, das ist er, du hast echt wenig Vertrauen in die Künste von Shima, was? Er hat alles, 10 Finger, 11 Zehen, ein Scherz, sind nur 10 Zehen“, zeigte sie ihm das Baby.
„Er sieht genauso aus wie sein Vater“, konnte er nur sagen.
„Sag ihr das bloß nicht. Sie wollte ihn nicht mal halten“, bemerkte sie während sie das Baby in das Zimmer brachte, dass ihr gesagt wurde.
„Sie will ihn abgeben, ich kann’s verstehen. Was machst du da?“, fragte er verwirrt, als sie mit einer Hand eine Plastikwanne auf den Tisch zog.
„Ich rezitiere Shakespeare, nach was sieht es denn aus? Ich bade das Baby. Ich brauch beide Hände, willst du das Baby nehmen, oder das Wasser einfüllen?“
„Gib mir den Kleinen. Es ist schon erstaunlich, wie man einfach so Gott spielen kann und raus kommt dieses perfekte Geschenk“, philosophierte er, während er das Baby in seinem Arm wog.
„Er wird ein hartes Leben haben, von der Mutter verstoßen, der Vater ist tot und er wird sich vermutlich sein ganzes Leben verstecken müssen, ein perfektes Geschenk würde ich ihn nicht nennen“, machte sie das Badewasser fertig.
„Wir werden uns darum kümmern, dass es ihm gut geht“, versicherte er.
„Das werden wir, obwohl wir selbst ne Handvoll zu tun haben mit unseren Kindern. Er ist so süß, es ist eine Tragödie, dass sein Vater ihn nie sehen wird“, wusch sie ihn vorsichtig.
„Ja, das ist es. Sie schläft jetzt, wird Zeit den kleinen Prinzen richtig zu untersuchen. Du machst das gut, wusste doch, dass ich den richtigen für den Job ausgesucht habe“, kam Shima in blutverschmiertem Kittel zu ihnen und strich ihn von ihrem Körper.
„Man, das ist echt viel Blut!“
„Das ist eine Nebenwirkung der experimentellen Behandlung, aber ihr geht’s gut, hab sie an einen Vitamintropf gehängt, das hat sie gut gemacht. So, Kleiner, lass mich dich mal anschauen“, erklärte die Ärztin und legte das Baby sanft auf ein Handtuch.
„Ist er gesund?“, fragte Lilly und stellte sich ein bisschen in den Weg.
„Ich hab keinen Diagnose-Chip im Hirn, so schnell kann ich das nicht sagen. Lasst mich einfach allein, ich komm gleich zu euch“, bat sie und das Ehepaar ließ sie machen.
 
„So, er ist kerngesund, das ist wenigstens mal was Gutes in diesem Haufen Scheiße der letzten Tage. Dom müsste bald hier sein um Remy abzuholen, ihr solltet auch gehen“, schlug sie vor.
„Ich will irgendwie nicht gehen“, gestand Lilly.
„Du willst deine Kinder also jetzt von deiner Schwiegermutter aufziehen lassen?“, schmunzelte Shima.
„Wie verlockend das an manchen Tagen klingt, ich würde meine Kinder schrecklich vermissen. Aber ich bleibe noch so lange, bis sie wieder nach Washington zurückgeht“, entschied Lilly.
„Okay, aber sie sollte noch wenigstens zwei Tage hier bleiben“, erläuterte Shima.
„Dann ist es so, kriegst du das die nächsten Tage ohne mich hin, Schatz?“, fragte Lilly ihren Mann.
„Müsste ich hinkriegen. Du bist ein guter Mensch“, bemerkte er nur.
„Ich bin nur eine Mutter und weiß genau, wie sie sich grade fühlt. Ist das wirklich okay?“
„Ja, alles ist gut, ich muss nur ins Büro zurück, auch wenn ich das genauso ungern mache. Ich bring die Kinder noch in die Schule und den Kindergarten, sagt Dom nen Gruß, ruf mich an, wenn du abgeholt werden willst“, stand er auf, küsste seine Frau und ging zu seinen Kindern.
 
Die Präsidentin schlief noch, als der Bürgermeister von New Denver durch die geheime Tür in den Keller des ehemaligen Frauenhauses kam.
„Dom, hey, solltest du nicht im Krankenhaus sein?“, fragte Lilly, als sie im Flur auf einem Sofa saß, als Dominic an ihr vorbeiging.
„Ich will ja nichts sagen, aber du gehörst genauso wenig hierher“, konterte Dominic etwas abwesend.
„Ich unterstütze meine Cousine in ihrer schweren Zeit, deine Woche war’s ja auch nicht“, entschied sie.
„Ich wurde vom Geliebten der Präsidentin niedergestochen und wir mussten ihn töten, ja, man kann sagen, das war nicht meine Woche. Ehrlich gesagt ist das nicht mal mein Jahr, dein Mann schmeißt meinen Job fast ganz allein, sag ihm das bloß nicht“, gestand Dominic und setzte sich neben sie.
„Ich bin seine vernachlässigte Frau, ich weiß, ich sag’s ihm aber nicht, versprochen. Du holst also deinen Sohn ab, das hast du wohl ne Weile nicht mehr gemacht, was?“
„Ja, sieht ganz so aus. Wir müssen auch langsam los, ich hol meinen Sohn!“, stand er wieder auf.
„Bist du sicher, dass du deinen Sohn fahren solltest?“
„Ich wurde zusammengeflickt und alles ist gut“, versicherte er und ließ sie einfach dort sitzen.
„Dein Mann ist ein Dickkopf“, kam Lilly zu Shima in die kleine Küche.
„Weiß ich, ist er da?“, fragte Shima, die gerade eine Mahlzeit für die Präsidentin aufwärmte.
„Ja, er wollte auch gleich wieder weiter. Er wurde schon aus dem Krankenhaus entlassen?“
„Ja, aber erst gestern Nacht. Wie sieht er aus?“
„Krank, aber sonst okay. Du willst ihn nicht sehen?“
„Wir haben keine Ahnung, wer zuhört, während einer von uns hier unten ist, spricht er nicht mit dem anderen, dass wir einander nicht belasten können“, erklärte sie ihr.
„Johnny macht den gleichen Blödsinn auch bei uns zu Hause, wer soll uns zuhören?“, verstand sie nicht.
„Man kann nie vorsichtig genug sein. Da ist ne Mahlzeit für dich, du solltest auch was essen“, zeigte sie auf eine Ablage.
„Danke, ja das sollte ich. Sie schläft schon ziemlich lange“, redete sie über die Präsidentin.
„Ja, ich weck sie gleich, aber das war heftig, ich sollte das nicht mehr machen, bis das ausgereifter ist“, überlegte sie laut.
„Klingt nach nem Plan, wir sind beide Mütter, wir wissen beide, dass nicht so viel Blut aus ner Frau nach der Geburt eines Kindes rauskommen sollte. Hast du ihr auch Blut gegeben?“
„Ich bin hier nicht so toll ausgerüstet, aber wenn sie sich erholt wird sie das bald kompensiert haben. Sei doch nen Schatz und bring ihr das Essen und setz dich etwas zu ihr hin“, bat Shima sie.
„Ich weiß nicht, das solltest du machen“, murmelte Lilly.
„Was ist los? Sie ist doch deine Cousine!“
„Ich weiß nicht, was ich zu ihr sagen sollte“, gestand sie ihr.
„Du kannst nicht verstehen, dass sie ihr Kind verstößt, oder?“
„Ja, ich bin eine Mutter, ich weiß, dass es nicht anders geht, aber es ist so falsch. Ich will sie nicht beeinflussen, es wird hart genug für sie sein!“
„Sie wird ihre Meinung nicht ändern, ich hab jetzt wochenlang mit ihr darüber gesprochen. Sei einfach für sie da“, bat Shima.
„Na gut, ich geh zu ihr rein“, gab Lilly nach, nahm die Mahlzeit und ging zu der Präsidentin hin.
 
„Hey, wach auf“, weckte Lilly, Maya sanft.
„Murray?“, fragte Maya schläfrig.
„Nein, ich bin’s, Lilly, wer ist Murray?“, fragte Lilly verwundert und stellte ihr das Essen hin.
„Niemand, wie lang hab ich geschlafen?“
„Ein paar Stunden, hab dir dein Essen gebracht“, wollte Lilly schon wieder gehen, ihre Cousine hielt aber ihren Arm fest.
„Bitte, bleib bei mir“, wirkte Maya wie ein schüchternes kleines Mädchen.
„Sicher“, blieb Lilly am Bettrand sitzen.
„Ist er gesund?“, wollte sie plötzlich wissen und Lilly nickte nur.
„Habt ihr ihm schon einen Namen gegeben?“
„Nein, habt ihr darüber gesprochen, wer das macht?“
„Ich hab nicht darüber nachgedacht, aber ich würde ihn gern Murray nennen. Dies war Jaxons richtiger Name“, erklärte sie ihr.
„Dann machen wir das. Komm, ich helf dir auf, du musst was essen“, bat Lilly und half ihr sich aufzusetzen.
„Meine Brüste tun weh“, sagte sie plötzlich.
„Du musst stillen, oder abpumpen“, erklärte sie ihr.
„Ich hab schon etwas gepumpt, aber in ihrer Seitenlage war das schwierig. Warte, ich leg dir die Pumpe nochmal an“, kam Shima zu ihnen.
„Du hast was?“
„Dein Sohn hatte Hunger, die Erstmilch ist wichtig für ihn“, erläuterte Shima professionell.
„Dann pump es ab“, bat Maya und sah Lilly dabei an.
„Dann lass ich euch mal alleine“, ging Lilly nach draußen.
 
Zwei Tage später war Maya fit genug ihr Versteck zu verlassen.
„Ich möchte ihn doch noch mal sehen“, sagte Maya plötzlich, als Shima sie ein letztes Mal untersucht hatte.
„Oh, okay, du weißt ja wo das Kinderzimmer ist, lass dir alle Zeit die du brauchst“, packte Shima ihre Sachen weg und Maya stand auf.
„Wie lang wird es noch dauern, bis die Milch zurückgeht?“, wollte Maya plötzlich wissen.
„Ein, zwei Tage, wenn du das Medikament regelmäßig nimmst, ich geb dir aber noch Stillpads mit, dass du keine Unfälle hast. Geh es in den nächsten Tagen langsam an, das war die Hölle für deinen Körper“, bat sie freundlich.
„Ich versuch es, aber ich muss mich mit irgendwas ablenken“, erwiderte sie.
„Du kannst mich anrufen Tag und Nacht, okay? Du kannst ihn auch sehen, so oft du willst“, versicherte sie ihr.
„Das ist ganz lieb, aber ich werde ihn heute das letzte Mal sehen, alles andere würde mich umbringen“, sagte sie fast flüsternd.
„Ich versteh dich, ich werde deinen Sohn mit meinem Leben beschützen“, versprach Shima ihr.
„Ich werde dir ein Leben lang dankbar dafür sein, erzähl ihm von mir, ich will, dass er weiß woher er kommt. Ich schick in den nächsten Wochen den Künstler mit der Farbe vorbei, du musst aber sichergehen, dass seine Anwesenheit geheim bleibt, nur er hat die spezielle Farbe für das Tattoo“, bat Maya.
„Natürlich, ist ja selbstverständlich. Er wird niemals frei sein, wenn wir ihm diese Farbe verpassen, das ist dir hoffentlich klar!“
„Ja, das ist mir klar, aber ich will, dass er zu meiner Familie gehört, mit allem was dazugehört. Ich geh jetzt zu ihm“, bereitete Maya sich seelisch vor und ging zu dem Kinderzimmer. Sie blieb aber davor stehen.
„Hey, Cousinchen, willst du da rein?“, fragte Lilly, die plötzlich hinter der Präsidentin stand. Die nickte nur.
„Soll ich mitkommen?“, fragte Lilly und Maya griff nach ihrer Hand.
„Okay, dann gehen wir zusammen rein“, entgegnete sie etwas überrascht und ging Hand in Hand mit ihr ins Kinderzimmer. Der kleine Murray schlief friedlich in dem liebevoll eingerichteten Kinderzimmer.
„Das ist so schön gemacht“, begann sie zu weinen.
„Ja, Shima hat sich echt Mühe gemacht. Ich setz mich mal da hin“, entgegnete Lilly und setzte sich auf einen Schaukelstuhl, während Maya an das Bettchen heranging.
„Er ist so perfekt, er sieht aus wie sein Vater. Gut, dass er den Namen seines Vaters hat“, sagte Maya weinend und nahm ihren Sohn auf den Arm.
„Ich liebe dich so sehr, mein Sohn, dein Dad hätte dich auch so sehr geliebt. Bitte verzeih mir“, küsste sie ihn auf den Kopf, während sie vor lauter Weinen zitterte und legte ihn sanft zurück, bevor sie einfach so davonging.
 
 
„… und in weiteren Nachrichten, nach einer mehrmonatigen Pause ist Präsidentin Shore zurück im Weißen Haus. Was auch immer ihr Absenz bewirkt hatte, scheint jetzt geklärt zu sein. Sie strahlt in ihrem roten Kostüm und sieht danach aus, als könnte sie die Welt verändern. Diese Stärke kann sie gleich beim Weltumweltgipfel in Paris beweisen …“, lauschte Lilly während ihrer Hausarbeit ein paar Wochen später den Nachrichten. Sie trocknete ihre Hände an einem Küchentuch und ging ins Wohnzimmer.
„Oh man, was haben sie denn der Armen gegeben, dass sie so blöde grinst“, redete sie mit sich selbst.
„Tante Maya sieht schön aus“, hörte sie Precious, die die Nachrichten auf dem Sofa sah, während sie Hausaufgaben machte.
„Ja, Süße, dass tut sie. Brauchst du Hilfe bei deinen Hausaufgaben?“, setzte sie sich neben ihre Tochter.
„Nein, alles ist gut, Mom!“
„Das ist schön, meine Süße. Jetzt wasch dir die Hände, wir essen gleich“, bat sie und Precious ging in den Waschraum.
 
New Denver 2120
 
„Bürgermeister Hawks, verzeihen Sie die Störung, uns haben gerade schlechte Nachrichten erreicht“, ließ das Auftauchen seines Assistenten auf dem Display vor ihm den frischgewählten Bürgermeister Jonathan aufschrecken.
„Manny, bin grad etwas beschäftigt“, war Jonathan in Gedanken.
„Es ist wichtig, Sir!“
„Dann spucken Sie es aus!“
„Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass der frühere Bürgermeister Dominic Hackerott heute Morgen tot in seinem Haus aufgefunden wurde“, erzählte sein Assistent ihm.
„Was?“, stotterte er entsetzt.
„Es tut mir leid, Sir!“, wusste Manny nicht genau, was er sagen sollte.
„Danke für die Info, Manny, sagen Sie meinen 12 Uhr Termin ab, ich muss wohin“, bat er seinen Assistenten und das Display ging aus.
 
Wilde Gedanken schwirrten durch seinen Kopf. Sollte er Shima anrufen? Sollte er sie lieber allein lassen? Er stand auf und fuhr zu seiner Familie. Als seine Frau die Tür öffnete, umarmte er sie nur.
„Hey, das war ja mal wieder überfällig, aber das hätten wir auch noch heute Abend machen können“, war Lilly verwundert.
„Dom ist tot“, konnte Jonathan nur sagen.
„Was?“
„Ich habe es gerade offiziell bestätigt bekommen, er hatte einen tödlichen Herzinfarkt“, erzählte er ihr.
„Oh mein Gott, er war doch noch so jung. Hast du Shima angerufen?“
„Noch nicht, ich weiß nicht, was ich sagen soll!“
„Sie ist sicher in der Station bei Murray, wie so oft in letzter Zeit. Wir sollten zu ihr fahren“, schlug Lilly vor.
„Ich muss in einer halben Stunde in meiner nächsten Besprechung sein“, murmelte er.
„Dann fahr ich allein, kommst du wirklich klar?“
„Nicht wirklich, aber ich muss, das sind meine Pflichten. Ich liebe dich“, küsste er sie kurz und ging wieder davon.
 
Lilly fand Shima auf dem Bett ihres Adoptivsohns sitzend vor. Sie strich ihm teilnahmslos über den Kopf, während er ihr etwas vorlas.
„Hey, hier bist du, es tut mir so sehr leid“, sprach sie ihre Freundin an. Wortlos stand Shima auf und verließ das Zimmer. Lilly ging ihr hinterher.
„Red mit mir, Süße!“
„Bin beschäftigt“, war Shima wie in Trance, während sie in die Küche ging.
„Shi‘, dein Mann ist tot“, sagte Lilly nur.
„Glaubst du das weiß ich nicht? Ich hab mich gegen ihn und für meinen Sohn entschieden und jetzt ist er tot“, brach Shima in Tränen aus.
„Er hat dir ein Ultimatum gestellt, obwohl er genau wusste, dass du dich für Murray entscheiden würdest. Es ist nicht deine Schuld, hörst du!“, erwiderte Lilly ernst.
„Das letzte Mal als ich mit ihm gesprochen habe, haben wir gestritten, so kann es doch nicht enden“, weinte sie.
„Er hat dich geliebt, das weiß ich genau!“
„Wenn er mich geliebt hätte, hätte er mir dieses Ultimatum niemals gestellt“
„Er hat dich geliebt, sehr sogar, er hat das Ultimatum bereut, das hat er meinem Mann gestanden“, erklärte sie ihr.
„Wirklich?“
„Ja, wirklich, komm mit mir, du kannst erstmal in unsrem Haus bleiben“, schlug sie ihr vor.
„Du weißt doch, dass ich hier nicht wegkann“, versuchte sich Shima zu fassen.
„Unsere Kinder sind in der Privatschule und auf dem College, bei uns ist genug Platz!“
„Du weißt genau, was ich meine!“
„Wir können sein GIS verstecken, er muss mal aus diesem Keller hier raus, er hat außer seinem Bruder sonst keine Kinder kennengelernt“, bemerkte Lilly.
„Du weißt genau wieso!“
„Du hast Angst um ihn, aber du kannst ihn doch nicht sein ganzes Leben verstecken!“
„Ihr habt immer noch Bodyguards um euch, hier ist er sicherer“, sagte Shima nur und begann abzuspülen.
„Okay, wie du meinst, du weißt ja, wo du uns findest“, ließ sie sie allein.
 
„Dies ist ein tragischer Tag für diese Stadt. Wir alle wissen dass Bürgermeister Hackerott diese Stadt zu der gemacht hat, die sie heute ist. Es ist mir schwer gefallen in die großen Fußstapfen eines großen Mannes zu treten, doch mit seinem Tod sind diese Fußstapfen zu Sprüngen geworden. Ich hoffe, ich kann mit der Hilfe der Bürger dieser Stadt seinem Erbe gerecht werden. Leider kann seine Familie jetzt nicht hier sein, aber ich hoffe, wir können mit einer Schweigeminute auch sie erreichen und ihnen so unser Mitgefühl ausdrücken“, sprach Jonathan an diesem Nachmittag vor dem Bürgermeisteramt, abgeschirmt von gleich drei Bodyguards mit der gekommenen Presse. Er versuchte matt zu lächeln, aber er hatte an diesem Tag seinen besten Freund verloren. Er hoffte, dass seine Kinder, und all die Kinder, die darauf folgten, nicht wie er in Angst leben mussten, nur weil sie eine Person liebten, die sie nicht lieben sollten.

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Tag der Veröffentlichung: 28.06.2022

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