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Erstes Kapitel


Miami, Florida – 2050
 
Seine Haut brannte. Der Sommer kam mit voller Kraft wiedermal in Miami an.
„Verdammt, Mac, wo bleibt mein Eispad, ich verbrenne“, schimpfte Leito Lagman, Nachrichtensprecher von Kanal 5. Er stand unter den heißen Studiolampen, die sich wie direktes Sonnenlicht anfühlten.
„Sorry, Boss, die Gefriertruhe hier war kaputt, ich musste sie in die Box im Nachbarstudio legen, es hat ne Weile gedauert, es zu holen“, kam Mac selbst schwitzend zu seinem Boss hin.
„Verdammt, die eist schon ne Weile kaputt, wann repariert den mal einer“, war Leito genervt. Der junge Nachrichtensprecher hatte die CIPA-Krankheit seines Vaters geerbt, die ihm zwar eine hohe Schmerztoleranz verschaffte, seine Körpertemperatur konnte er aber sehr schlecht selbst regulieren. Er trug eine Kühlungsweste, in die er Eispads stecken konnte.
„Wenn du mal nett zu dem technischen Dienst wärst, würden sie es sicher für dich machen“, behauptete Mac trocken und Leito riss ihm die Pads aus der Hand.
„Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß, Cousin“, murrte Leito und seufzte erleichtert, als er das kalte Gefühl der Eispads auf seiner Brust spürte.
„Würde ich ja gerne, aber du behandelst mich ja wie einen Sklaven und nicht wie einen Regie-Assistenten“, grummelte Mac und ging zurück in den Aufnahmeraum.
„Ich weiß, dass sollte man nicht über einen Verwandten sagen, aber ich hasse den Kerl“, nahm Mac frustriert im Aufnahmeraum auf seinem Bürostuhl Platz.
„Willkommen im Team, ich hab ja schon Mitleid mit ihm wegen seiner Krankheit, das entschuldigt aber nicht seine Diva-Allüren“, bemerkte die junge Frau neben Mac.
„Hat er dich gestern wirklich „Alter“ genannt?“
„Ja, ich kann echt nicht glauben, dass ich auf der Highschool mal verknallt in ihn war. Das hast du nicht gehört“, konterte die Frau.
„Wir waren auf derselben Highschool, ich weiß, Rocket, das ist kein Geheiminis“, schmunzelte Mac.
„Verdammt, weiß er es?“
„Er ist ein Egomane, auch wenn er es wüsste, ihm wär’s egal, sorry, Rachel, der Zug ist abgefahren“, konterte Mac.
„Ist die Drama-Queen jetzt soweit, wir müssen in zwei Minuten auf Sendung“, kam der Produzent der Sendung in den Aufnahmeraum.
„Ja, Sir, er ist so weit, Lei, Jackett zu, wir sind gleich drauf“, sprach Rachel Jones durch die Sprechanlage.
„Alter, es hat siebzig Grad unter den Lampen“, hörte sie Leito.
„Schon klar, Lei, aber man sieht sonst die Pads durch dein Hemd durch. Das sind nur 15 Minuten, das hältst du durch“, konterte Rachel und die Sendung konnte beginnen.
 
Rachel zog ihre Sandalen aus und streckte ihre Beine in den eiskalten Pool des Studios, was sich auf dem Dach befand. Sie sah ihrem Kollegen zu, wie er Runden schwamm.
„Gefällt dir, was du siehst, Rocket?“, drehte er sich plötzlich auf den Rücken, als er nah an ihr vorbeischwamm.
„Bild dir nichts ein, Lei, ich hab nur geschwollene Füße und muss sie abkühlen. Geht’s dir besser?“, sprach sie ihn auf seine Überhitzung an.
„Nach einer kalten Dusche und ein paar Runden im Pool geht’s mir immer besser, danke der Nachfrage. Hat meine Mutter dich gebeten, nach mir zu sehen?“
„Auch wenn sie meine Patentante ist, ich red nicht jeden Tag mit Tante Lula. Stell dir vor, trotz deines arroganten Arschlochverhaltens bist du manchen Leuten wichtig“, bemerkte sie.
„Mir geht’s gut, danke der Nachfrage“, sagte er plötzlich.
„Siehst du, war doch nicht so schwer“, stieg sie wieder aus dem Wasser und ging verführerisch davon.
 
Seinen Kollegen hatte Leito immer den Eindruck vermittelt, dass er jede Frau haben konnte, die er wollte, doch trotz seines guten Aussehens und seines Waschbrettbauches ging Leito die meiste Zeit allein nach Hause. Seine Krankheit bereitete ihm große Schwierigkeiten in dem nassheißen Klima von Miami und das förderte so auch seine Komplexe.
Er stellte Popcorn in die Mikrowelle und machte die Glotze an. Er war gerade dabei, eine Serie im Dauerdurchlauf zu sehen. Es war eine Serie über eine Motorradgang, ironischerweise. Er wusste nichts von der Vergangenheit seines Vaters, seine Eltern hatten es ihm nie erzählt. Mitten in der dritten Folge, die er sah, klopfte ein Anruf auf seinem Bildschirm an und er pausierte die Serie.
„N’Abend Dad, du rufst spät an“, begrüßte Leito seinen Vater Pagan über Videoanruf.
„Ich hab dein Interview mit Senator Gregorius gesehen“, war Pagan nicht gut drauf.
„War nicht meine beste Arbeit, sorry!“
„Ja, stimmt, aber das ist es nicht. Hast du wirklich dem Senator deine Unterstützung in seinem Wahlkampf versprochen?“, raunzte Pagan.
„Ja, schon, ich werde ihn nicht wählen, wenn du das Wissen willst, das ist nur PR, ich will zu Channel 1 und das weißt du, der Kanal ist aber Republikaner-dominiert, irgendjemandem muss ich ja in den Arsch kriechen“, bemerkte Leito cool.
„Du musst einfach hart arbeiten, dann schaffst du alles. Du bist ein Journalist, Sohn, kein billiger Schleimer“, riet er ihm.
„Mit Ehrlichkeit und Talent kommt man in dieser Welt nicht mehr weit, Dad, ich würde gern anders in der Öffentlichkeit auftreten, aber keiner will das sehen“, erklärte Lieto.
„Das würde dir zumindest endlich eine Ehefrau verschaffen, dann müsstest du dich nicht wegen jeder kleinen Verletzung zum Arzt rennen“, konterte Pagan.
„Danke für die Erinnerung“, murrte Leito.
„Ich sag’s nur. Machst du wieder Binge-Watching?“
„Ja, diesmal ist “Sons of Anarchy“ dran!“
„Ach, die Comedy-Serie!“
„Das ist nen Drama!“
„Das glaub ich eher weniger“, schmunzelte Pagan.
„Du redest so, als hättest du da Erfahrung!“
„Äh, nein, natürlich nicht. Ruf deine Mutter an“, bat Pagan.
„Werde ich, ihr redet also immer noch nicht miteinander“, schlussfolgerte er.
„Ja, aber das muss dich nicht stören, das muss ich mit ihr allein klären“, entschied Pagan.
„Wie du meinst, verstehen muss ich es aber trotzdem nicht. Schlaf gut, Dad!“
„Du auch, Sohn!“
 
Rachel sah sich nachdenklich an. Sie hatte ihre lila Haarsträhnen mit ihrem sonst silbrigen Haar verflochten. Seit langem hatte sie wieder mal ein schickes Kleid an und ihr stand eine Premiere bevor. Sie stand hinter der Bühne bei der Rentenfeier ihrer Mutter. Sie war eine talentierte Sängerin und brachte regelmäßig 20-jährige in Clubs zum Tanzen, aber das war eine seriöse Feier mit Richtern und Staatsanwälten.
„Du packst das, große Schwester, du siehst toll aus und du rockst“, kam ihr 26-jähriger Bruder Fernando zu ihr hinter die Bühne.
„Danke, Nan, bin trotzdem nervös!“
„Du hast letzte Woche im EasyBreeze eine Flasche an den Kopf bekommen, dann stehst du das auch durch“, schmunzelte ihr Bruder.
„Oh, erinnere mich nicht daran, ich hab davon immer noch ein Klingeln im Ohr. Wünsch mir Glück, hab dich lieb“, bemerkte sie und mit einem Lächeln ging sie auf die Bühne.
 
Rachel war eher die Rockröhre, doch nun sang sie einen Liebessong aus der Zeit, in dem ihre Mutter jung gewesen war. Sie erntete großen Applaus und ihre Mutter kam gleich stolz zu ihr.
„Deine Gesangsstimme wird jedes Jahr besser, mein Schatz, doch der Song war irgendwie sehr traurig, alles klar bei dir?“, wollte ihre Mutter Catherine, kurz Cat genannt, wissen.
„Alles bestens, mir war nur danach, hat er dir nicht gefallen?“
„Doch, sehr, ich mach mir nur Sorgen!“
„Musst du nicht, heute ist deine Nacht, du musst feiern“, lächelte Rachel matt.
„Ich kann aber nicht feiern, wenn du unglücklich bist. Du willst mir nicht sagen, um welche Liebe du trauerst, und das ist okay so, aber es bricht mir das Herz dich so zu sehen“, bemerkte ihre Mutter besorgt.
„Keine Sorge, ich bin auch schon weg“, entschied Rachel.
„Oh nein, du bleibst, ich mag niemanden hier, ich brauch jemanden, mit dem ich lästern kann“, bat Cat.
„Ich lieb dich auch, Schatz“, stieß Rachels attraktiver Vater Ramon zu ihnen.
„Honey, du hast es noch geschafft, wie schön“, fiel Cat ihrem Ehemann glücklich um den Hals.
„Natürlich, um nichts in der Welt verpass ich deine offizielle Demütigung“, schmunzelte Ramon und küsste seine Frau sanft.
„Gut, dann kann ich ja gehen, habt einen schönen Abend, bye“, griff Rachel nach ihrer Stola und verließ den Saal, in dem sie aufgetreten war.

Zweites Kapitel

 
„Und, wie war dein Auftritt gestern?“, machte Mac Smalltalk, als er mit Rachel am nächsten Morgen im Aufnahmeraum saß.
„Gut“, nuschelte Rachel nur.
„Bitte, nicht so viele Informationen“, frotzelte Mac.
„Was? Es gibt nicht viel zu erzählen, ich hab gesungen und bin da wieder weg!“
„Du bist nicht zur Party geblieben? Da gab’s doch sicher geiles Essen und noch geileren Alkohol“, wunderte sich Mac.
„Hatte keine Lust auf Party und meine Mom hat’s verstanden. Lass uns weiterarbeiten!“
„Du hättest mich mitnehmen können, dann wäre das nicht so ein peinliches Single-Ding geworden“, bemerkte Mac.
„Ja, ich bring meinen schwulen besten Freund mit, das wirkt wirklich nicht verzweifelt. Ich will einfach nicht darüber reden, okay?“
„Du hast Liebeskummer, versteh schon, aber du hast die Chance zu einem kostenlosen Besäufnis verpasst, Du trinkst nicht, weil er nicht trinkt, oder?“
„Psst, halt die Klappe, nicht hier“, murrte sie.
„Was? Er schwebt in seinem eigenen Raumschiff, der kriegt das nicht mit“, behauptete Mac und sah zu dem Besagten. Es war Leito.
„Der kriegt mehr mit als du denkst, also lass es“, raunzte sie.
„Sicher, wenn du das willst. Du musst mit ihm darüber reden“, riet er ihr.
„Ich muss gar nichts, jetzt arbeite einfach“, bat sie und Mac schwieg.

 
An diesem Abend gingen Mac und Rachel etwas trinken um in Ruhe reden zu können. So saßen sie spät am Abend in einer Bar im 12. Stock eines Hotels in Miami.
„Er hört nicht auf mich Alter zu nennen, ich bin kurz davor ihm an den Hals zu springen“, gackste Rachel betrunken.
„Du bist betrunken, Rach‘!“
„Ich ruf ihn jetzt an“, entgegnete die junge Frau und griff zu ihrem Smartphone.
„Mach ruhig“, blieb Mac ganz cool.
„Was hast du gemacht?“, wurde sie skeptisch.
„Gar nichts“, behauptete Mac.
„Wir sind zusammen aufgewachsen, Mac, ich weiß, wenn du was planst!“
„Der Bourbon macht dich paranoid, liebste Freundin, es wird Zeit, dass du ihm mal die Wahrheit sagst“, entschied Mac.
„Ja, es wird Zeit“, wollte sie mit dem Telefon am Kopf telefonieren, als ihr Smartphone plötzlich ausging.
„Macintosh“, nörgelte sie.
„Akku wohl leer!“
„Du hast doch was mit meinem Handy gemacht, du Idiot!“
„Hey, was soll ich denn gemacht haben?“, schmunzelte er.
„Du bist betrunken, geh nach Hause“, tönte aus Rachels Handy.
„Könnte sein, dass ich eine App installiert habe, die einen Alkoholtest macht und das Handy bei einem bestimmten Pegel deaktiviert“, gestand er grinsend.
„Ich bin kein Kind“, lallte Rachel und torkelte auf Mac zu.
„Hör auf die App, Kleines, ab ins Bett“, stand Mac auf.
„Willst du mich abschleppen, Macilein“, warf sie sich ihm an den Hals.
„Das wäre meinem Ehemann nicht so recht, Liebste, aber ich nehm dich trotzdem mit nach Hause“, griff er ihr beherzt um die Hüfte und brachte sie zu sich nach Hause.
 
„Bitte, mach, dass es aufhört“, schimpfte Rachel im perfekten Spanisch.
„Na, haben wir nen Kater?“, hörte sie die Stimme ihres besten Freundes.
„Ich hasse dich“, grummelte sie, ohne die Augen zu öffnen.
„Nein, tust du nicht, du liebst mich. Kaffee?“, hörte sie, wie er ihr eine Tasse hinstellte.
„Wenn da kein Gift drin ist nein, danke“, hatte sie miese Laune.
„Das solltest du nicht in dem Haus eines Psychologen sagen, Süße, hier, das hilft gegen den Kater“, hörte sie eine weitere Stimme und jemand leerte etwas in ihren Kaffee.
„Morgen, Mos, sorry, dass ich so besoffen war gestern“, entschuldigte sie sich bei Macs Ehemann.
„Bitte, das nenn ich höchstens nen Schwips“, zog Mos sie in eine Sitzposition.
„Sorry, hab vergessen, dass ich mit nem Iren rede“, öffnete sie die Augen.
„Das ist wahr, ich muss dir mal das richtige Trinken beibringen. Trink deinen Kaffee, danach geht’s dir besser, versprochen“, drückte Mos ihr die Tasse in die Hand und sie trank einen großen Schluck.
„Da ist Tabasco drin“, verzog sie das Gesicht.
„Die Schärfe lässt deine Säfte wieder fließen“, versprach Mos.
„Hast du das im Medizinstudium gelernt, Doc?“
„Tijuana, trink es leer, dir wird es besser gehen, sonst mach ich dir noch Rühreier mit Speck. Willst du auch was Frühstücken, Liebling?“, drehte sich Mos zu seinem Mann.
„Ich wollte eigentlich grad rennen gehen, aber danke“, band Mac seine Turnschuhe.
„Du willst jetzt rennen gehen? Jetzt hass ich dich noch mehr!“
„Das hilft gegen den Kater, willst du mit?“
„Passe, danke, bis später!“
„Bis später, mach’s dir gemütlich, kannst Duschen gehen und dir Sachen von mir nehmen, wenn du willst“, erklärte Mac.
„Danke, das hilft mir sicher besser als Tabasco, sorry, Mos“, stand sie auf.
„Kein Problem, jedem hilft was anderes. Willst du trotzdem was frühstücken?“, fragte Mos freundlich.
„Ja, bitte, ich hab etwas Hunger. Geh, ich komm klar, du hast den besten Ehemann der Welt, der sich um mich kümmert“, bat Rachel ihren besten Freund zu verschwinden.
„Bin nur ne halbe Stunde weg, versprochen!“
„Lass dir deine Zeit!“
 
„Dein Mann hat schon nen Knall, ich hoffe, dass weißt du“, sah Rachel ihrem besten Freund nach, wie er vor der Wohnung losjoggte.
„Manchmal schon, aber seine schrägen Angewohnheiten sind das, was ich so sehr an ihm liebe“, entgegnete Mos.
„Warum hab ich nicht so einen tollen Ehemann wie dich“, bemerkte Rachel traurig.
„Weil du zu sehr in der Vergangenheit hängst. Er ist es nicht wert“, entschied Mos.
„Du weißt es?“
„Ich schlaf mit deinem besten Freund, ja, ich weiß es. Du solltest ihn endlich loslassen!“
„Ich hab mit ihm geschlafen letzte Woche!“
„Oh nein, Süße, das hast du nicht gemacht, wieso?“
„Ich bin verknallt in ihn, was meinst du mit “wieso“?“
„Er liebt aber nur sich, das musst du endlich einsehen!“
„Er war nicht immer so!“
„Ja, ich weiß, aber nun ist er halt so. Du bist eine wunderschöne Frau, wenn du diesen Bund endlich abschneidest, wirst du deinen Traumprinz kennenlernen, da bin ich ganz sicher!“
„Ja, vermutlich, ich muss jetzt duschen, ich fühl mich eklig“, ging sie Richtung Badezimmer.
 
„Besser?“, fragte Mos, als sie an diesem Samstagnachmittag immer noch beim Frühstück saßen.
„Ei und Speck macht immer alles gut. Tut mir leid, wegen gestern“, entschuldigte sie sich bei Mac.
„War halb so wild. So wegen deinem Smartphone…“, entschuldigte er sich auch.
„Ach ja das, wie krieg ich das Ding eigentlich wieder an?“, hatte sie ihr Smartphone vor sich liegen.
„Wie ein Alkoholtest, so lang pusten, bis es angeht“, entschied Mac und sie tat es.
„Danke, das hat mich gestern vermutlich vor ner Peinlichkeit gerettet“
„Deswegen hab ich es ja installiert, bin trotzdem zu weit gegangen, tut mir leid!“
„Ich ändere das Passwort, schon okay!“
„Okay, denk nur daran, dass er mein Cousin ist, ich kenn sein Geburtsdatum und auch das seiner Eltern“, riet er ihr.
„Klugscheißer“, änderte sie das Passwort erneut.
 
An diesem Nachmittag schlenderte sie nachdenklich von ihrem Wagen zu ihrer Wohnung. Sie hatte eine Wohnung mit Garten, wo sie in lauen Sommernächten mit ihrer Band probte und ihre Hündin toben konnte.
Als sie an ihrer Wohnung angekommen war, war Sunset, ihre Hündin, nicht in ihrer Hundehütte.
„Sun, Süße, wo bist du, Sun?“, ging sie um das einstöckige Wohnhaus herum. Sunset lag schlafend vor Leitos Füßen, der auf einer Holzbank saß.
„Verräterin“, murmelte sie und ging auf Leito zu.
„Was willst du?“, raunzte sie ihn an und er stand auf.
„Wo warst du?“, fragte er sanft.
„In “geht dich nen Scheiß an“. Also, was verschafft mir die Anwesenheit von eurer Majestät?“
„Sunset stand plötzlich heut Morgen vor meiner Tür. Sie hatte wohl Hunger, ich bin hiergeblieben um auf sie acht zu geben, bitte schön“, erklärte er tonlos.
„Mein Hund hat eine elektronische Hundeklappe und auch einen elektronischen Futterspender, sie kommt gut allein klar“, murmelte sie.
„Ist ja praktisch, wenn ihr Frauchen ihre One-Night-Stands frönt, ist sie versorgt“, kritisierte er sie.
„Uh, wie du mich neulich behandelt hast war abscheulich, du hast nicht das Recht mich zu kritisieren. Komm Sun, gehen wir rein, verschwinde einfach, Lei“, zog Rachel ihre Hündin hoch und die trottete ihr nach.
„Es tut mir leid, Rach‘, wir sind die besten Freunde, ich will, dass das so bleibt“, ging er ihr hinterher.
„Sorry, aber die Freundschaftszone haben wir sowas von übersprungen. Bitte lass mir Zeit über das alles klar zu werden“, blieb sie kurz stehen.
„Okay, wenn du das willst“, wollte er schon weggehen.
„Lei, eins noch!“
„Klar, alles“, blieb er nochmal stehen.
„Wenn du mich noch einmal “Alter“ nennst, schlag ich dich in aller Öffentlichkeit“, warnte sie ihn.
„Sorry, ich wusste nicht, wie ich dich nach all dem hier nennen sollte!“
„Rachel, so wie du es die letzten 30 Jahre getan hast?“
„Ah, okay, hab einen schönen Abend!“, ging er etwas betrübt davon.

Drittes Kapitel

 
„Morgen, kurze Nacht gehabt?“, begrüßte Mac seine beste Freundin, als sie gedankenversunken vor der Kaffeemaschine im Studio stand und an die Wand starrend ihren Cappuccino mit ihrem Stäbchen umrührte.
„Ja, wie immer. Wir sind aber gut gelaunt, zu gut gelaunt für meinen Geschmack“, drehte sie sich zu ihm hin.
„Hatte gestern einen schönen Tag mit meinem Ehemann. Und du hast dich wieder von deinen inneren Dämonen zerfleischen lassen, wie ich sehe“, bemerkte er, dass sie geweint hatte.
„Allergie“, log sie nur.
„Ist fast Herbst, Schätzchen, netter Versuch!“
„Du weißt es genau, also nerv mich nicht damit“, ging sie einfach weg.
„Er ist so weit entfernt von dem Kerl, den wir beide geliebt haben, er kann nicht mehr zurück, du musst ihn aufgeben“, ging Mac hinter ihr her.
„Wenn du heute nur Glückskeks-Sprüche loslässt, kriegst du meine Kaffeetasse an den Kopf, comprende?“, grummelte sie.
„Wow, deine Stimmung ist ja noch mieser als ich dachte. Gib mir die Tasse, dann wird niemand verletzt“, streckte er ihr vorsichtig seine Hände entgegen und stellte ihre Tasse auf ihrem Schreibtisch ab, nachdem sie sie übergeben hatte.
Sie starrte ihn nur mit leeren Augen an und er nahm sie einfach nur in den Arm.
„Hey, Mac, du wirst nicht fürs Rumstehen bezahlt, hopp, hopp“, kam Leito in all seiner geschwätzigen nervigen Manier zu ihnen. Mac hatte genug, ihn seit Wochen zu demütigen war schlimm genug, aber seine beste Freundin so leiden zu sehen war zu viel. Er schnappte sich einen Tacker und knallte ihn dem jungen Moderator an den Kopf. Der fiel um wie ein Stein.
„Man, das hat gutgetan“, sagte er nur.
„Gut für dich, aber dein Cousin ist k.o. gegangen“, bemerkte sie und kniete sich zu ihrem Freund herunter.
„Lebt er noch?“, fragte Mac nur.
„Er kommt schon wieder zu Bewusstsein!“
„Mein Dad hatte Recht, ich werf echt wie ein Mädchen. Helf ihm, ich muss meine Sachen vom Schreibtisch einpacken, bevor der Sicherheitsdienst mich rauswirft“, wühlte er an seinem Schreibtisch herum.
„Ich werde ihn zum Studioarzt bringen, am besten verschwindest du, bevor der Sicherheitsdienst kommt, das erspart dir die Peinlichkeit“, plante sie kühl und professionell.
„Ja, danke“, sagte er nur und sie schleppte Leito zum Notfallraum, während Mac still und heimlich verschwand.
 
„Sie bluten nicht, das ist gut, vermutlich haben sie nachher ne Beule, Ihre Freundin sollte darauf achten, ob Sie abdriften, oder sich übergeben, dann könnten Sie eine Gehirnerschütterung haben“, erklärte der Studioarzt, als er Leito untersucht hatte.
„Nein, danke, ich muss zurück zur Arbeit“, stand Rachel von dem Stuhl auf, wo sie regungslos gesessen hatte und ging einfach davon.
„Das erklärt, wo Ihre Kopfwunde herkommt. Was haben Sie getan, Ihren Jahrestag vergessen?“, schmunzelte der Arzt.
„Sie war es nicht, ich muss zurück, ich muss gleich auf Sendung“, stand er auf und stand ziemlich wacklig auf den Beinen.
„Sie wurden schon drei Mal auf dem Display aufgerufen, ich glaub die Sendung läuft schon“, entgegnete der Mediziner und zeigte auf dem Display, wo ein Hologramm von Leito zu sehen war.
„Und so schnell wurde ich ersetzt, nett. Ich muss mich übergeben“, eilte er zu den Toiletten.
 
Das Türglöckchen der altmodischen Bar am Rand von Miami klingelte und verriet so, dass ein Gast eintrat. Mit vernebeltem Blick sah Macintosh Foster in die Richtung der Tür.
„Kommt nen Lagman in ne Bar, das klingt wie der Anfang eines Witzes, da ihr ja alle nicht trinkt und so“, begrüßte Mac seinen Cousin und drehte sich wieder zum Barkeeper.
„Wir sind alle trockene Alkoholiker in der Familie, das ist kein Modetrend. Dachte mir schon, dass du hier bist“, setzte er sich neben ihn und bestellte für sich ein Ginger Ale.
„Willst du mich verklagen? Mach ruhig, dann verklag ich dich wegen Mobbing und Demütigung am Arbeitsplatz“, knallte Mac sein Glas auf den Tresen.
„Nein, ich hab mit dem Sendungsleiter gesprochen, du bleibst im Team, es tut mir leid“, entschuldigte sich Leito höflich.
„Man, ich muss echt schon ziemlich einen im Tee haben, ich hab dich grad eine Entschuldigung aussprechen hören, eindeutig ein rosa Elefant“, entschied Mac.
„Nein, du hast dich nicht geirrt, ich stand in den letzten Monaten verdammt unter Strom und hab es vielleicht ein bisschen an dir ausgelassen“, erklärte Leito ihm.
„Nen bisschen?“
„Ja, mehr als nen bisschen, du bist mein Cousin und einer meiner engsten Freunde, das hab ich in meinem Streben nach Perfektion ganz vergessen. Es tut mir ehrlich leid, wirklich“, entschuldigte er sich ehrlich.
„Ich hab dich wohl härter getroffen als gedacht, aber gut, danke für deine Entschuldigung, aber ich arbeite nicht mehr für dich, ich bin nur knapp zwei Jahre jünger als du, ich muss was anderes mit meinem Leben anstellen, die meisten meiner Freunde denken, dass ich mich von meinem Ehemann aushalten lasse, weil er der Großverdiener ist, das muss sich jetzt ändern“, murmelte Mac betrunken.
„Sicher, wie du willst, das Angebot bleibt bestehen, aber nicht ewig. Ne Ahnung wo Rach‘ steckt?“, wollte Leito noch wissen.
„Lass sie in Ruhe, was auch immer du mit ihr gemacht hast, du hast sie ganz eindeutig traumatisiert und das bricht mir das Herz“, bat Mac ernst.
„Ich hab mit ihr geschlafen und das war der größte Fehler meines Lebens“, erläuterte er.
„Du hast sie doch zu nichts gedrängt, oder?“
„Wow, du hast echt nen ziemlich schlechtes Bild von mir, nein, wir waren beide nüchtern, aber wir hatten so viel Spaß in dem Bowling-Center und da ist es einfach passiert“, erzählte Leito peinlich berührt weiter.
„Du hast sie in einem Bowling-Center vernascht? Wenn ich nicht dein Cousin währ und ihr bester Freund würdest du jetzt nen High-Five von mir bekommen“, lallte Mac.
„Wär jetzt nichts, was ich dem Penthouse-Forum senden würde, Quickie auf der Damentoilette und ich bin danach einfach abgehauen“, konterte Leito.
„Das erklärt, warum sie so angepisst ist, sie hat Besseres verdient“, entschied Mac.
„Da stimm ich dir voll und ganz zu. Ich muss das mit ihr klären, dass du nicht ihre Kämpfe für sie austragen musst. Der Tacker hätte eigentlich von ihr kommen sollen, du hast das nur für sie erledigt!“
„Du bist weit raus gefahren für ne Sauftour. Ich nehm mal an, du hast nicht überlegt, wie du heimkommst“, kam Rachel in die Bar.
„Nicht so wirklich, wie hast du mich gefunden?“
„Du bist nicht der Einzige, der weiß, wie man ein Smartphone manipuliert, deine Fitness-App zeigt mir auch an, wo du dich aufhältst. Komm mit zu mir“, zog Rachel ihren besten Freund vom Barhocker.
„Hey, er unterhält sich grad mit mir“, nörgelte Leito etwas überrumpelt.
„Er hatte genug, danke fürs Aufpassen“, bedankte sich Rachel und brachte Mac an die Luft. Dort übergab er sich sofort.
„Sorry, das war wohl keine gute Idee“, kramte sie feuchte Tücher aus ihrer Handtasche und wischte ihm den Mund ab, als er sich auf einen Bordstein gesetzt hatte.
„Schon gut, ich sauf mitten am Tag, ist ja meine Schuld. Du solltest nicht so hart zu ihm sein, ich glaube er bereut es auch sehr“, realisierte Mac.
„Ja, ich werde mich mit ihm aussprechen, aber nicht hier, nicht jetzt. Fertig mit Kotzen? Ich will meinen Wagen nicht reinigen lassen!!“
„Kannst du nen bisschen netter sein, ich hab heute wegen dir meinen Job hingeschmissen“, vergrub er seine braunen Locken in seinen Händen, als er seinen Kopf zu Boden beugte.
„Ja, sorry, aber keiner im Studio scheint das mitbekommen zu haben, in unserem Büro ist ja auch wegen der sensiblen Geräte keine Kamera, ich werde Leito überzeugen, dich nicht anzuzeigen, du kannst sicher bleiben“, machte sie ihm Mut.
„Er zeigt mich nicht an, wir haben das geklärt!“
„Das ist gut!“
„Ich komm trotzdem nicht zurück, ich muss was Neues machen, ich bin jetzt schon vier Jahre sein Assistent, dabei hab ich genauso Journalismus studiert wie ihr beiden auch, ich will mich weiter entwickeln!“
„Äh, okay, jetzt schlaf erstmal deinen Rausch aus, das besprechen wir dann, wenn du wieder nüchtern bist“, zog sie ihn wieder hoch. Sie wollten gerade zum Auto gehen, als der Barkeeper zu ihnen geeilt kam.
„Leute, ich will ja nicht stören, aber euer Freund ist grad ohnmächtig vom Barhocker gekippt, ich hab nen Krankenwagen gerufen, ich wollte euch nur informieren“, erklärte der Barkeeper.
„Scheiße, meine Tante bringt mich um, wenn ich ihn getötet habe“, murmelte Mac vor sich hin und beide gingen sie zurück in die Bar.

Viertes Kapitel

 
„Was? Er hat sich arschig verhalten“, verteidigte sich Mac vor seiner Tante. Da sie der Notfallkontakt von ihrem Sohn war, war sie auch gleich informiert worden und ins Krankenhaus geeilt. Jetzt warteten sie zusammen mit Rachel vor dem Untersuchungsraum.
„Arschig? Bist du acht, Macintosh?“, raunzte Lula. Der Schnüfflerin war die Sorge um ihren Sohn deutlich anzusehen.
„Er hat ihn die letzten sechs Monate so heftig gemobbt, dass das an Sklaverei grenzte, Tante Louise“, verteidigte Rachel ihren besten Freund.
„Verdammt, warum habt ihr mir nichts gesagt, ich weiß, was ihn geritten hat. Sein Vater und ich haben uns genau vor sechs Monaten getrennt“, erklärte sie.
„Ihr habt euch getrennt? Nein, ihr seid mein großes Paar-Vorbild, ich wollte immer eine Beziehung wie eure, was ist passiert?“, wollte Rachel wissen.
„Was Privates, deine Eltern sind Romeo & Julia, immer noch so was von glücklich, warum nimmst du sie nicht als Paar-Vorbild!“, schlug Lula vor.
„Die beiden sind meine Eltern, das passt einfach nicht. Mom hat mir nie was von eurer Trennung erzählt!“
„Sie wissen es nicht, da sie in den letzten Monaten schwerbeschäftigt waren, konnten wir das verschweigen. Bitte behaltet das auch für euch, okay? Wir werden es ihnen irgendwann sagen“, bat Lula.
„Ist es wegen eurem Familiengeheimnis, was er vor ihm verschweigt?“, mischte sich Mac ein.
„Du weißt es?“, war Lula entsetzt.
„Meine Mom dachte, ich müsste es wissen, sie hat es mir erzählt, als ich sein Assistent wurde. Es ging ja auch um meine Sicherheit“, sagte er nur.
„Er weiß es aber nicht, oder?“
„Nein, natürlich nicht, ich dachte, ihr habt einen guten Grund, ihm dass zu verschweigen“, erwiderte er.
„Deswegen hast du dir auch eine Waffe angeschafft, wir sind jetzt sicher, keine Sorge“, stellte sie klar.
„Weiht mich jemand ein?“, fragte Rachel kritisch.
„Äh nein“, druckste er herum.
„Nein? Ich dachte, wir haben keine Geheimnisse vor einander“, bemerkte er.
„Das ist ne Familiensache, ich verstehe. Ich dachte, ich gehöre bei euch dazu, aber okay“, bemerkte sie traurig.
„Rach, du bist Familie, das weißt du ganz genau, aber das ist so eine Sache, die einem im Vertrauen erzählt wurde. Ich will dich auch nicht in Gefahr bringen“, erläuterte Mac.
„Ich sagte okay, alles ist gut. Verdammt, warum brauchen sie solang da drin, was hast du mit ihm gemacht, Mac?“, fragte Rachel abgelenkt.
„Du warst dabei, du weißt, was ich gemacht habe!“
„Fragst du nach, Tante Lula ? “, bat Rachel nervös.
„Sicher, Schätzchen, besorg unserem Suffkopf solang mal nen Wasser, er sieht schlimm aus“, schlug Lula vor.
„Ja, ich geh sofort an den Automaten, du bleibst bitte einfach hier sitzen“, redete sie erst mit ihr und dann mit Mac und während Lula zu ihrem Sohn ging, ging Rachel zum Getränkeautomaten.
Als gerade die Plastikflasche mit Wasser in der Automatenausgabe landete, hörte sie Boots auf dem Flur und sah auf.
„Rach, hey, da bist du ja, danke für den Anruf“, begrüßte Pagan, Rachel.
„Bitte. Ihr seid also getrennt, was?“, wollte sie keck wissen.
„Ja, ist die Hölle, wie geht’s ihm?“
„Deine Frau fragt grade, ich weiß es nicht, er ist einfach umgekippt. Du siehst auch nicht grade gut aus“, musterte sie den besten Freund ihres Vaters.
„Ist viel zu heiß heute, meine Kühlweste hat auf dem halben Weg hierher den Geist aufgegeben“, öffnete er schwitzend sein Hemd.
„Warte, ich kann dir vielleicht helfen, ist vermutlich was Technisches. Ah ja, hier, ein Kabel ist lose, ich mach es wieder fest“, reparierte sie seine Weste und ein frischer Hauch kalte Luft kam ihr entgegen.
„So, jetzt kühlt die Weste wieder. Heute ist auch wieder ne Scheißhitze, ihr seid echt arm dran mit eurer Krankheit. Ich wollte gerade zurück zu den anderen, kommst du damit klar?“, wollte sie wissen, als er seine Kleidung wieder gerichtet hatte.
„Ja, kann mich ja nicht ewig vor ihr verstecken. Ich liebe sie übrigens immer noch sehr, so wie du meinen Sohn liebst, aber unsere Lebenssituationen hindern uns daran, mit den Leuten zusammen zu sein, die wir lieben“, philosophierte er.
„Ich bin nicht verknallt in deinen Sohn“, hustete sie.
„Bitte, du warst schon verknallt in ihn bevor du laufen konntest, aber wenn du das so handeln willst, okay“, redete er vor sich hin, während sie zurückgingen.
„Was machst du hier?“, raunzte Lula, als sie ihren Mann sah.
„Keine Sorge, ich sag ihm nichts, was ist mit ihm?“
„Er ist dehydriert und hat schon seit zwei Tagen hohes Fieber, hast du ihn in den letzten Tagen mal gesehen?“
„Nein, wir haben nur gechattet, er hat mir nichts erzählt. Hat er seinen Körper nicht gekühlt?“
„Anscheinend nicht. Seine Symptome sind wohl schlimmer geworden in letzter Zeit, es ist so seltsam wie sich das entwickelt, nach seiner Geburt haben sie immer behauptet, er hätte es nicht geerbt“, überlegte Lula nachdenklich.
„Bei mir ging es ja auch erst später los, dass ich die Hitze nicht mehr vertragen kann. Es ist schon so lange so heiß, das wird hoffentlich besser, wenn es kühler wird“, bemerkte Pagan und zupfte an seiner elektronischen Kühlungsweste herum, die irgendwie nicht richtig saß.
„Tut mir leid, ich hab vergessen, dass du genauso leidest grade. Ist was mit der Weste?“, wurde Lula plötzlich liebevoll und legte ihre Hände auf die Brust ihres Mannes.
„Sie hatte nen loses Kabel, aber Rachel hat es grade repariert, jetzt kühlt es grad wieder runter“, war er erfreut, dass sie endlich anständig mit ihm redete.
„Wir lassen euch beide Mal allein und gehen zu ihm rein“, zog Mac, Rachel weg, dass das Ehepaar ihre Ruhe hatte.
„Hey, da ist ja der Rächer mit dem Tacker und sein Sidekick The Silver Streaker“, begrüßte Leito seine Freunde matt, als sie in sein Zimmer kamen.
„Da du krank bist, lass ich diese Aussage mal so stehen. Warum bist du zur Arbeit gekommen, so krank wie du bist, sag mal?“
„Die wollen mich ersetzen“, sagte er nur traurig.
„Schwachsinn, wie kommst du darauf?“, kam Rachel mit liebevoller Stimme zu ihm hin und nahm seine Hand. Wortlos zeigte er mit seiner freien Hand auf dem Display, auf dem die Nachrichten gezeigt wurden. Schon wieder hatten sie ein Hologramm von ihm als Moderator eingesetzt.
„Süßer, die machen das nur, weil du krank bist, sobald du wieder gesund bist, sitzt du wieder da“, versicherte Rachel und Leito sah Mac an.
„Ich hab Gerüchte gehört“, murmelte Mac vor sich hin.
„Du bist keine große Hilfe, Mac“, murrte sie.
„Danke für die Bestätigung, scheint so, wir können dann bald zusammen zum Sozialamt gehen“, erwiderte Leito und starrte auf das Display.
„Hey, ihr beiden habt beide noch einen Job, ihr geht da verdammt nochmal wieder hin und reißt euch zusammen. Ich mach das da nicht alleine. Wenn ihr beide dann wirklich mal da weggeht, komm ich mit“, sagte Rachel mit starker Stimme und sah beide böse an.
„Einverstanden“, stimmte Mac zu.
„Das ist unser erster beste Freunde Moment seit Monaten, natürlich stimm ich da auch zu“, war es in dem Moment wieder wie in alten Zeiten.
„So, Leute, mein Sohn braucht jetzt Ruhe, bitte geht jetzt“, kam Lula wieder ins Krankenzimmer.
„Natürlich, Tante Lu, ruh dich aus, Kumpel, wir sehen uns wieder im Studio“, klopfte Mac seinem Cousin auf die Schulter und verließ als erstes den Raum.
„Mach dir keinen Kopf, zwischen uns ist alles wieder cool“, versprach Rachel, Leito und ging auch davon.
„Mom, bitte keine Predigt, ich hab Blödsinn gemacht“, bat Leito, als seine Mutter sich an sein Bett setzte.
„Du bist alt genug, ich halte keine Predigt mehr. Ich bin nur traurig, dass die Krankheit dich so im Griff hat“, legte sie den Kopf auf die Bettdecke.
„Ich lebe eigentlich sehr gut damit, ich hatte nur in den letzten Tagen andere Sachen im Kopf als meine Gesundheit“, erklärte er ihr und strich ihr sanft über die Haare.
„Rachel?“, fragte sie nur.
„Unter andrem. Ich hab mich wie der letzte Arsch ihr gegenüber verhalten und das nicht nur in den letzten Tagen, sondern in den letzten Monaten!“
„Und dein Vater und ich sind schuld daran, schon klar!“
„Nein, auf keinen Fall, wie kommst du denn da drauf?“
„Unserer Trennung, die hat dich doch geschockt, oder?“
„Ja, schon, aber damit komm ich schon klar, ich versteh zwar nicht, warum ihr mir verschweigt, warum ihr euch getrennt habt, aber ihr werdet schon eure Gründe haben“, entschied er.
„Ich würde es dir gern sagen, aber deine Mutter will es nicht, deswegen haben wir uns getrennt“, war auch Pagan zu ihnen gekommen.
„Ihr seid solche Kindsköpfe, ist es wegen Dads Zeit im Knast? Ist es wegen meiner großen Schwester, oder bin ich wegen der Hells Angels wieder in Gefahr? Ja, ich weiß das alles, ihr habt nicht 30 Riesen für nichts ausgegeben, ich bin ein guter Journalist, auch wenn ich meine Zeit grade mit Moderation verbringe“, erzählte er seinen Eltern und ihre Mutter sah ihn mit entsetzten Augen an.
„Du Idiot weißt davon und hast uns nichts gesagt? Wie lang weißt du es?“
„Studium, wir mussten ein Recherche-Objekt aussuchen, ich hab damals Dad gewählt und so einiges über ihn erfahren. Warum sagt ihr mir sowas nicht? Was denkt ihr, was ich getan hätte? Ja, er war ein Verbrecher, aber das ist eine Ewigkeit her und ich seh ihn keinen Moment anders als vorher. Ich bin schon lang kein Kind mehr“, entgegnete er ruhig.
„Das ist alles? Siehst du? Er ist cool damit“, bemerkte Pagan.
„Ja, das ist er, ich weiß aber nicht, ob ich damit klarkomme. Jetzt wo er es weiß, ist er in Gefahr“, redete sie vor sich hin und ging einfach davon.
„Ich weiß es jetzt zwölf Jahre, soweit ich weiß sind all deine ehemaligen Biker-Freunde im Knast, ich bin wohl kaum in Gefahr“, bemerkte er.
„Nein, bist du nicht, aber du weißt ja, wie deine Mutter ist. Du weißt also von deiner Schwester?“, wollte Pagan wissen.
„Jep, hab sie in einem medizinischen Chat getroffen vor ein paar Jahren, ich wusste ja nicht, dass ich ne Schwester habe, aber CIPA ist ja nicht grade Diabetes, wir haben nicht so viele Mitglieder in unserem Team, wir haben nach ner Weile Familiengeschichten verglichen und festgestellt, dass wir den gleichen Dad haben. Sollte ich von ihr jemals erfahren?“, wurde Leito wütend.
„Das ist dein Problem? Deswegen verhältst du dich in letzter Zeit so? Ich hab seit fast vierzig Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr, es ist wirklich schwierig für mich, ich wollte dich da nicht mit reinziehen“, erzählte Pagan ihr.
„Hast du keinen Kontakt zu ihr wegen deiner Vergangenheit?“, fragte Leito seinen Vater sanfter.
„Ja, offensichtlich, ihre Mutter wollte keinen Kontakt mehr zu mir und ich sollte keinen Kontakt zu ihr haben“, erläuterte Pagan weiter.
„Ihre Mutter ist gestorben, sie steht euch nicht mehr im Weg. Du warst verdammt jung, als du sie gezeugt hast, war ihre Mutter deine Erste?“
„Nicht die erste, aber eine der ersten. Ich habe meiner Tochter Unterhalt gezahlt, wenn du das Wissen willst, ich habe dafür sogar ne Menge Geld geklaut und dabei fast mit meinem Leben bezahlt. Aber ich will dich nicht mit Details verschrecken, ich zeig’s dir lieber“, öffnete er sein Hemd und seine Kühlweste und zeigte ihm seine Narben von seinen Schussverletzungen.
„Ich hab die Narben schon mal gesehen, Schusswunden?“
„Jep, ich lag drei Monate im Koma deswegen, danach im Knast und im Knast hab ich noch ein paar neue Freunde gemacht“, zeigte er seine Halsnarbe, die ihm von einem arischen Mitgefangenen beigebracht worden war.
„Ich hab mir ein Bild gemacht, danke, zieh die Weste wieder an, du scheinst auch nen miesen CIPA-Tag zu haben“, konterte Leito etwas verwirrt.
„Meine Weste war kaputt, deine Freundin hat sie grade repariert, sie hat nen Talent dafür. Wann sagst du ihr endlich, wie du fühlst? Ich hätte sie gerne als Schwiegertochter und nicht nur, weil sie die Tochter meines besten Freundes ist“, entschied Pagan.
„Wir arbeiten dran, momentan, ist es alles ziemlich kompliziert. Ich will kein Kind in diese Welt bringen, dass auch CIPA hat, es ist so viel zu beachten, wenn man diese Krankheit hat, ich will sie nicht damit belasten“, gestand er.
„Denkst du nicht, dass ihr erstmal ein Date haben solltet, bevor du dir über sowas Sorgen machen solltest?“, fragte Pagan trocken.
„Ich mach mir ständig Sorgen, vor allem um euch zwei. Bitte reißt euch wieder zusammen, ihr beiden seid nur zu zweit ein tolles Team“, bat Leito plötzlich.
„So wie du werden wir auch daran arbeiten, jetzt muss ich deine Mutter aber erst mal beruhigen. Du wirst jetzt erstmal gesund, ruf an, wenn wir dich aus dem Krankenhaus abholen sollen, oder wenn du was anderes brauchst“, bat Pagan und lächelte ihn matt an.
„Ich denke, meine Freunde werden mir helfen, aber vielen Dank fürs Kommen“, bedankte sich Leito und wurde wieder allein gelassen.
 
Drei Tage später war Leitos Fieber endlich runtergegangen und er fuhr mit dem Taxi direkt aus dem Krankenhaus zur Arbeit. Es war ein regnerischer Tag und die Hitze hatte nachgelassen, was ihm zugutekam.
Er zog seinen Ersatzanzug gerade in seinem Büro an, als die Tür aufsprang.
„Oh, sorry, hab gehört, dass du wieder da bist, ich wollte dich nicht stören“, stotterte Rachel, als er sein Hemd zuknöpfte.
„Ist nix was du nicht schon gesehen hättest, schon gut, komm rein“, bat er und sie schloss die Tür hinter sich.
„Du bist wieder aus dem Krankenhaus raus, ist dein Fieber weg?“, kam sie zu ihm hin und fühlte seine Stirn.
„Ja, ging zwei Tage, an manchen Tagen hasse ich meine Krankheit so sehr. Wenn ich dich nicht so mies behandelt hätte in den letzten Tagen hättest du vielleicht früher bemerkt, wie krank ich bin. Wir haben noch ne Weile bis zur Sendung, können wir jetzt in Ruhe darüber reden?“, hoffte er.
„Gut, rede“, setzte sie sich auf sein Sofa und schlug ihre Beine übereinander.

Fünftes Kapitel

 
„Ich fang erstmal damit an, dass es mir leidtut, sehr leid, nicht das, was passiert ist, das war schön, aber so wie ich reagiert habe, ich bin plötzlich total panisch geworden, ich weiß nicht wieso, ich habe immer noch keine Erklärung dafür, vermutlich bist du die erste, die mir was bedeutet, alle andere Frauen waren nur Bimbos, Tussis, die mich nicht kannten, du kennst mich wie eine Schwester, das ist irgendwie seltsam“, versuchte er zu erklären.
„Ich höre “Freundschaftszone“ aus dieser Aussage heraus. Du fandst den Sex mit mir also gut, willst das aber nicht wiederholen“, bemerkte sie kühl.
„Das hab ich nicht gesagt. Ich wollte nur sagen, dass es seltsam ist, Sex mit dir zu haben, weil wir uns so nah stehen“, erklärte er weiter.
„Glaubst du, ich fand das nicht seltsam? Ich liebe dich seit ich denken kann, du fühlst anders als ich, das weiß ich schon, ich hab mich damit abgefunden, aber mit unserem Quickie weiß ich nicht mehr, was ich denken soll“, stand sie auf.
„Geh bitte heute Abend mit mir aus, wir haben das falsch angefangen, einfach essen gehen und reden“, bat er.
„Okay, aber das wär’s dann fürs erste!“
„Ja, dass mein ich damit, danke, dass du mir noch ne Chance gibst nach unserem Desaster von neulich“, bedankte er sich.
„Bitte, aber unsre Eltern weihen wir darin erstmal nicht ein, die machen sonst ne größere Sache daraus, als wir wollen“, bat sie.
„Da stimm ich dir schon voll und ganz zu, die haben unsere Ehe ja schon geplant bevor wir geboren wurden“, schmunzelte er.
„Ja, das hab ich auch schon festgestellt. Weißt du, warum meine Eltern sich getrennt haben?“, fragte er plötzlich.
„Hat er es dir endlich gesagt, na Gott sei Dank“, war sie erleichtert.
„Du hast es gewusst?“
„Dein Dad hat es mir erzählt, wir haben uns gut angefreundet, seitdem er von deiner Mutter getrennt war“, erklärte sie.
„Wenn du mir jetzt sagst, dass du mit meinem Vater schläfst tu ich mir was an“, war er entsetzt.
„Nein, heilige Scheiße wie kommst du auf den Mist? Er ist mein Patenonkel, er ist wie mein Vater, wir haben uns gegenseitig gebraucht. Wenn du noch einmal sowas sagst, tu ich dir eigenhändig was an“, sagte sie ernst und er grinste.
„Schon gut, hab verstanden, nach allem was der mir verschwiegen hat, weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Was er dir alles erzählt?“
„Nicht viel, nur dass er im Knast war für Verbrechen, die er während seiner Zeit bei den Hells Angels begangen hat, aber das liegt jetzt eine Ewigkeit hinter ihm. Das solltest du ihm nicht nachtragen“, riet sie ihm.
„Ich trag ihm das nicht nach, finde es schlimm, dass er mir all die Jahre verschwiegen hat, dass ich eine große Schwester habe, aber er hat mir erklärt, was damit war und versteh es“, konterte er.
„Du hast eine große Schwester? Das hab ich jetzt nicht gewusst. Sie ist ne Halbschwester, oder? Ich weiß, dass du das erste und einzige Kind deiner Mutter bist“, ve+rstand sie nicht.
„Sie ist 15 Jahre älter als ich, er war noch ein Teenager, als er sie gezeugt hatte. Mehr weiß ich nicht von ihr“, erklärte er.
„Willst du sie kennenlernen?“
„Ich kenn sie, wir haben uns in einem medizinischen Chatroom kennengelernt, zufällig, er hat es mir ja nicht gesagt. Ich hab sie aber noch nie persönlich gesehen, nur per Chat. Ich würde sie gern mal kennenlernen, aber ich weiß nicht, was er dazu sagen würde“, erwiderte er.
„Sprich mit ihm darüber, ich komm bei dem Treffen mit deiner Schwester mit, wenn du dann soweit bist“, sagte sie zu.
„Das ist lieb, danke, aber ich denke nicht, dass das in nächster Zeit passiert. Wie viel weiß er?“, sprach er sie auf Mac an.
„Mehr als er mir sagt, anscheinend hat deine Mutter sich ihm anvertraut. Deine Eltern sind schon ein komisches Pärchen, wenn ich das mal so sagen darf“, bemerkte Rachel.
„Momentan sind sie ja kein Pärchen, hast du ne Ahnung was mit ihnen los ist?“, wollte er wissen.
„Er hat keine Affäre, wenn du das wissen willst, vor allem nicht mit mir“, entschied sie.
„Ja, das hab ich kapiert, sorry nochmal dafür. Ich will nur verstehen, was da los ist, sie wirkten immer so glücklich und zufrieden“, dachte er laut nach.
„Sie sind jetzt fast 40 Jahre verheiratet, da kann die Liebe ein wenig abkühlen!“
„Deine Eltern sind auch solang verheiratet und sie sind glücklich wie beim ersten Tag“, erwiderte er.
„Die beiden sind auch nicht immer glücklich, glaub mir, sie können es nur besser verstecken. Ich bin ganz sicher, jetzt wo Mom auch den ganzen Tag zu Hause ist, wird es auch krachen. Aber jetzt kümmern wir uns erstmal um das was wir haben, oder haben können, unsere Eltern haben ihr eigenes Leben, die kriegen das schon hin, irgendwie“, schlussfolgerte Rachel, ging zu ihm hin, küsste ihn sanft auf die Wange und ließ ihn wieder allein.
„Bist du soweit?“, kam Mac seinem Cousin entgegen, als dieser ins Studio wollte.
„Muss ja, danke“, nahm er die Eis-Pads entgegen und steckte sie sich in die Weste.
„Die ersetzen dich nicht, du bist doch so viel besser als dieses Hologramm und das weißt du“, entgegnete Mac hilfsbereit.
„Danke, Cous, auch dafür, dass wir uns jetzt wieder besser verstehen, ich war wirklich ein Arsch in letzter Zeit, bitte verzeih mir!“
„Das hab ich, ich hab Rach‘ vorhin aus deinem Büro kommen sehen, auch alles klar zwischen euch?“
„Wir arbeiten dran, wir werden ausgehen, ich hoffe, das ist okay für dich!“
„Ja, klar, okay, benimm dich aber besser diesmal“, bat er ihn.
„Ja, versprochen, wenn du mir versprichst, dass du ihr nichts erzählst. Vor allem nicht meine Nächte mit Prostituierten“, hoffte Leito.
„Das ist zehn Jahre her und wir sind Bros, das bleibt unter uns, du hast mich ja genauso an den Eiern, wenn mein Ehemann erfährt, dass ich damals auch nicht grade der brave Schuljunge war!“
„Du warst damals noch nicht mit ihm zusammen!“
„Man sollte sowas niemals vom Ehemann erfahren, Geheimnisse können alles zerstören“, bemerkte Mac, klopfte auf Leitos Eispads, dass sie sich richtig in die Weste einfügten und ging in den Studioraum.
 
„Ich hatte mal was mit Nutten“, begann Leito an ihrem Date-Abend mit Rachel seine Konversation.
„Okay, du hattest schon ne Weile kein Date mehr, oder? Das ist nicht grad ein gutes Thema, um eine Konversation zu beginnen“, war Rachel etwas verwirrt.
„Ja, sorry, ich will nur, dass du das weißt, dass das nicht irgendwann zwischen uns steht“, erklärte er.
„Okay“, sagte sie lächelnd.
„Du bist nicht geschockt?“
„Nein, nicht wirklich, ich weiß das schon ne Weile“, schmunzelte sie.
„Du weißt das … Mac“, knurrte er vor sich hin.
„Nein, von dem hab ich es nicht, weißt du noch, als du damals im College alle Freiheiten hattest, weil du ein Stipendium hattest?“
„Ja, das hat mir sehr geholfen, mein Gott, du warst doch nicht einer dieser Prosituierten und ich weiß es nicht mehr? Wenn ja, tut es mir leid, ich war von 20-25 durchgehend dicht und hab dort einige Lücken“, entschuldigte er sich und sie sah ihn entgeistert an.
„Bis jetzt machst du dich nicht grade gut, Lei“, war sie nicht sauer, aber schon etwas irritiert.
„Okay, fangen wir nochmal von vorne an. Du siehst heute wunderschön aus, wie war dein Tag?“, schwenkte er vom Thema ab.
„Danke, mein Tag war gut, ich hab in der Sicherheitsfirma gearbeitet, die auch eure Studentenverbindungshäuser überwacht hat, ich war fast jede Nacht dort, ich hab einiges mitbekommen“, erläuterte sie, warum sie sein Geheimnis kannte.
„Das ist dann mal ne Tatsache, die ich nicht wusste, aber vermutlich hab ich sie durch meinen Alkoholmissbrauch auch vergessen. Hast du mich auch mal nackt gesehen, ich mein bevor neulich?“, wollte er wissen.
„17-mal, einmal hab ich dich kopfüber in einem Springbrunnen gefunden, für einen Moment hatte ich gedacht, du wärst tot“, erzählte sie.
„Wow, davon weiß ich nichts mehr, ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mit Wasser in der Lunge im Krankenhaus aufgewacht bin, aber du warst nicht da, nur Mac“, überlegte er laut.
„Ich hab mich damals die halbe Nacht übergeben, und die andere Hälfte der Nacht geheult, ich hab gedacht, ich hätte dich verloren und dir war’s scheißegal“, hielt sie ihm vor.
„Oh Mann, Süße, warum hast du mir das nie erzählt, nachdem ich dann nüchtern war? Das hätte mir die Zeit in der Reha so viel einfacher gemacht“, ergriff er ihre Hand.
„Was hätte das geändert, ich war doch sowieso Luft für dich. Ich war der Streber und du der Quarterback, in der Highschool und im College“, entschied sie.
„Ich hab kein Football gespielt“, verstand er nicht.
„Im übertragenen Sinne, du bist doch jetzt auch nur hier, weil du mir Unrecht getan hast und mich nicht verletzen willst!“
Leito sah sie nur an. Er hatte keine Ahnung, was er darauf antworten sollte, denn irgendwie hatte sie teilweise Recht.
„Okay, dein Schweigen war deutlich, fahr zur Hölle, Lei“, stürmte sie davon.
 
Mit ihrer Hündin neben sich liegend saß Rachel später an diesem Abend auf ihrer Gartenbank und nippte an einer Flasche Bourbon.
„Hey, Sweetie, wie war dein Date?“, kam Mac zu Besuch.
„Klasse, ganz klasse“, murmelte sie und nippte am Bourbon.
„Doch so gut. Was hat er gemacht?“, wollte Mac ruhig wissen und schob Sunset etwas zur Seite, damit er sich neben sie setzten konnte.
„Er hat nichts gemacht, ich war’s diesmal“, konterte sie und nahm noch einen Schluck.
„Okay, du hattest genug, ich steh nicht nochmal eine Intervention von einem Freund durch. Also erzähl, was lief schief?“
„Er hat von den Nutten angefangen und danach ging alles abwärts“, begann sie zu erzählen.
„Aber du wusstest von den Nutten, also bis jetzt keine schockierenden Neuigkeiten, auch wenn ich mich manchmal frage, wie mein Cousin jemals ne Frau ins Bett bekommen hat“, bemerkte Mac nur.
„Er wollte es nur gesagt haben, was ich ja allgemein nicht schlimm finde, ich hab ihm vorgeworfen, dass ich nicht gut genug für ihn bin, weil ich ne 2 bin und er ganz sicher ne 1!“
„Bitte, wo bist du ne 2, du bist ne 1 mit Sternchen, er ist ne 2. Na ja, ne 1- mit den Bauchmuskeln, aber wo war ich grad?“, dachte Mac laut nach.
„Ich glaub, ich muss mich übergeben“, stand sie auf, fiel aber auf die Knie. Sunset stellte sich beschützend neben ihr Frauchen.
„Ich werde hier einfach schlafen“, legte sie sich hin und döste davon.
„Oh nein, wir schlafen nicht auf dem Rasen, du bist immer noch ne Lady, meine Süße“, wollte Mac, Rachel hochhelfen, doch Sunset bellte wie verrückt und ließ ihn nicht an sie heran.
„Sun, hast du den Verstand verloren? Ich bin’s, Onkel Mac, du kennst mich, ich will deinem Frauchen nur helfen“, streckte Mac seinen Arm über Sunset um Rachel aufzuhelfen. Die biss kräftig zu.
„Au, verdammt, hast du nen Knall?“, schimpfte er mit der Hündin, während er sich den blutenden Arm hielt.
„Alter, ich brauch dich vor Rachels Wohnhaus“, rief Mac, Leito an.
„Wenn es darum geht, dass ich sie eine Nutte genannt habe, tut es mir leid, ich hab nicht drüber nachgedacht, was ich gesagt habe und bereue es vollkommen, aber ich habe heute Abend nicht den Nerv nochmal mit ihr zu sprechen, ich fürchte, ich mach es noch schlimmer, als es jetzt schon ist“, erklärte Leito schläfrig.
„Sorry, ich hab dich geweckt, aber ich hab nen Problem mit Sunset, sie lässt mich nicht an Rachel ran, die St. Paddys-Day auf dem Rasen abzieht“, erklärte Mac seinem Cousin.
„Sie ist im Suff-Schlaf auf dem Rasen, versteh ich das richtig? Warum verhält sich Sunset denn so?“
„Keine Ahnung, bitte komm hierher, sie hat mich ziemlich gebissen und ich will Rachel hier nicht so einfach liegenlassen“, bat Mac.
„Bin auf dem Weg, soll ich deine Mutter mitbringen?“
„Oh heilige Scheiße, nein, bring einfach einen erste Hilfe Koffer mit, bitte“, forderte Mac und legte wieder auf.
 
Als Leito zu Mac und Rachel kam, saß Mac auf in etwas Distanz zu Sunset und Rachel auf der Wiese.
„Hey, alles klar?“, kam Leito vorsichtig zu ihnen.
„Sieht das vielleicht so aus? Bring sie bitte weg“, bat Mac benommen.
„Ja, mach ich, du hast nen neues Rasierwasser, oder?“, fragte Leito, während er ohne Probleme die Hündin an ihrem Halsband wegführte und an ihrem Hundehaus an die Leine band, bevor er zurückkam.
„Ja, das hab ich das erste Mal aufgetragen, sie war früher ein Spürhund, hab sie wohl damit überfordert. Komm, trag sie rein, dann musst du mich verbinden“, bat Mac und Leito lud Rachel auf seine Arme und brachte sie ins Bett.
 
„Ist halb so wild, fahr trotzdem nachher noch ins Krankenhaus und lass dir ne Tetanus-Spritze geben. Sunset hat eigentlich nur ihr Frauchen beschützt, seltsam ist es trotzdem. Ich bleib heute Nacht hier und beobachte Sunset, vielleicht hat sie ja Tollwut, was ich nicht hoffe, aber ich will sie nicht mit Rachel allein lassen“, bemerkte Leito, während er den Arm von Mac verband.
„Ich fahr nachher dort noch vorbei, danke. Du willst nicht wegen dem Hund hierbleiben, oder?“
„Nicht wirklich, aber wenn sie fragt, bleib ich bei der Geschichte. Jetzt geh, ich komm hier klar“, versicherte er ihm und stand von dem Stuhl am Küchentisch auf, wo sie sich zum Verarzten hingesetzt hatten.
„Lass bloß die Finger von ihr, sonst gibt es Ärger“, drohte er ihm.
„Was zum Henker ist los mit euch in letzter Zeit? Natürlich lass ich sie in Frieden, jetzt geh!“
„Ja, sorry, war nen langer Tag und ich hab einiges an Blut verloren“, murmelte Mac.
„Besser, ich fahr dich ins Krankenhaus, wir müssen Sunset halt solange draußen im Haus lassen, ich fahr dann zurück“, plante Leito und brachte ihn ins Krankenhaus.
 
„Wie bin ich denn ins Bett gekommen?“, murmelte Rachel vor sich hin, als sie in voller Kleidung wieder aus ihrem Suff-Schlaf erwachte.
Sie zog sich bis zur Hotpants aus und wanderte Richtung Badezimmer. Währenddessen drehte sich Leito auf ihrem Sofa nochmal im Schlaf um.
Als sie nur in einem Shirt bekleidet ins Schlafzimmer zurückwanderte, war er wach.
„Morgen Schönheit“, hörte sie seine Stimme.
„Leit, Fuck, dieser Schlüssel war für Notfälle und Notfälle bestehen daraus, dass ich blutend am Boden liege, deine perversen Fantasien gehören ganz sicher nicht dazu“, hielt sie sich ein Kissen vor ihre entblößte private Gegend.
„Nichts, was ich nicht schon gesehen hatte, sorry, ich schließ meine Augen“, tat er, was er sagte.
„Was machst du überhaupt hier? Ich hab so einen Kater, ich bin sogar zu müde, um sauer auf dich zu sein“, entgegnete sie, zog eine saubere Unterhose aus einem Wäschekorb neben sich und schlüpfte hinein.
„Du kannst die Augen wieder aufmachen. Also?“
„Mac hat mich angerufen, Sunset hat ihn gebissen, als er dir helfen wollte, sie hat ihn ziemlich erwischt, war gestern noch die halbe Nacht in der Notaufnahme mit ihm“, erzählte er.
„Sunset ist sanft wie ein Lamm, red keinen Blödsinn!“
„Ruf ihn an, er sagt es dir“, bat Leito und sie nahm ihr Smartphone vom Tisch auf.
„Morgen, Schnapsdrossel, kann man wach sein?“, begrüßte Mac seine beste Freundin am Telefon fröhlich.
„Ja, ja, amüsant, weißt du was noch amüsant ist? Dein Cousin stalkt mich und hat mir eine verrückte Story aufgetischt“, erzählte sie.
„Fünf Stiche und die Tetanus-Spritze war auch ätzend“, bemerkte Mac nur.
„Ihr habt euch bei diesem Gag abgesprochen, oder? Ich bin wirklich viel zu verkatert für den Mist“, bemerkte sie müde.
„Sieh in deinen Mülleimer in der Küche“, bat Mac.
„Okay, ich spiel mit, aber nur, weil ich mich vermutlich eh übergeben muss und die Spüle ist nicht weit vom Mülleimer entfernt“, schlurfte sie in die Küche. Im Mülleimer lagen blutige Tücher und Pflaster, von Leitos Versuch, Mac zu verarzten.
„Entschuldige mich für einen Moment“, legte sie das Smartphone weg und übergab sich in der Spüle.
„Sorry, bin wieder da, das ist verdammt viel Blut, ne Warnung wäre nett gewesen“, wischte sie sich den Mund ab und setzte sich auf ihren Esstischstuhl.
„Tut mir leid, hätte ich machen sollen, besser?“
„Etwas, danke. Du bist wirklich von meiner Süßen gebissen worden? Wie kam das denn?“
„Ich wollte dir nur aufhelfen, als du auf dem Rasen schlafen wolltest, doch sie wollte mich nicht an dich dran lassen, Lei denkt, es lag an meinem neuen Aftershave, ich hab zu Hause gleich geduscht und das Aftershave wieder gegen das Alte ausgetauscht, hoffe, das war es“, erklärte er, was passiert war.
„Das tut mir so leid, ich lass sie gleich untersuchen, vielleicht hat sie ja was, was ich nicht bemerkt habe. Schick deine Rechnung vom Krankenhaus an mich, ich regle das!“
„Schon gut, sie hat mich vorher gewarnt, ich hab das nicht ernst genommen, bin selbst schuld!“
„Okay, aber eine kleine Frage. Warum ist dein Cousin noch hier? Ich meine nach meinem Date gestern gab es nur eins, was peinlicher war und dass war, dass er mich halbnackt in meiner eigenen Wohnung sieht“, bemerkte sie.
„Ich hab dir eigentlich als Warnung nen Text geschrieben, zu meiner Verteidigung. Er wollte unbedingt bei dir bleiben“, erwiderte er.
„Schon gut, das muss ich selbst regeln. Wie spät haben wir es überhaupt?“
„Kurz vor zehn, ich hab dich krankgemeldet, deinem Lover scheint es ziemlich egal zu sein, dass er hier vermisst wird, ich weiß nicht, was ich davon halten soll“, bemerkte Mac.
„Ich sprech mit ihm, danke, Süßer, ich leg jetzt auf“, bedankte sie sich und drückte ihn weg.
„Du hast die Aufzeichnung verpasst“, ging sie zurück zu Leito.
„Ich weiß, du auch. Hast du dich grad übergeben?“, wollte Leito wissen.
„Ich hatte gestern ne Menge Bourbon, der musste raus. Ich muss jetzt meine Hündin zum Tierarzt bringen, irgendwas stimmt nicht mit ihr. Du kannst dich ruhig von was auch immer du dich hier versteckst verstecken, Essen ist im Kühlschrank“, ging sie Richtung Schlafzimmer, um sich anzuziehen.
„Ich versteck mich nicht, ich bin wegen dir hier“, stand er auf und ging ihr hinterher.
„Wenn du Sex willst bist du wirklich auf dem Holzweg, Junge“, blieb sie stehen.
„Sex will ich immer, kennst mich ja, aber darum bin ich nicht hier. Ich will dir beistehen“, entschied er.
„Ich hab nen Kater, ich sterbe nicht, alles in Ordnung“, entgegnete sie.
„Ah, gut zu wissen, ich meinte eigentlich mit Sunset, ich seh doch, dass du dir Sorgen machst“, sagte er hilfsbereit.
„Mach mir nen Kaffee und Pancakes, dann kannst du mich zum Tierarzt begleiten“, verhandelte sie.
„Frühstück für Milady, kommt sofort“, drehte er sich auf dem Absatz und ging in die Küche, während sie sich anzog.
 
Schweigend saßen sie an diesem frühen Nachmittag in der Tierarztpraxis.
„Wie kommt das eigentlich, dass wir klasse Freunde sind, aber kein anständiges Date zusammenkriegen?“, fragte sie plötzlich.
„Keine Ahnung, vermutlich kennen wir uns zu gut, ich weiß gestern war die Katastrophe schlechthin“, entschuldigte er sich.
„Jep, das war es, aber ist unser beider Schuld. Wir wiederholen das irgendwann mal, aber ich hab heute echt zu große Kopfschmerzen, um das zu besprechen“, bat sie.
„Sicher, auch wenn du damit angefangen hast“, murmelte er.
„Miss Jones, der Arzt kann sich Sunset jetzt ansehen“, rief die Sprechstundenhilfe und sie konnte mit Sunset zum Arzt rein. Er trottete hinterher und sie rollte mit den Augen.
„Miss Jones, willkommen, das klang ernst am Telefon, was gibt’s?“, fragte der Tierarzt.
„Sunset hat meinen besten Freund gebissen“, begann sie.
„Das ist nicht grade ein medizinscher Notfall, der mich was angeht, Ihr Freund müsste schon selbst zum Arzt deswegen“, zeigte der Arzt auf Leito.
„Nein, ist nen anderer Freund und der war beim Arzt. Meine Sunset ist ein ausgezeichneter Agility-Champion, sie war noch nie aggressiv gegenüber irgendjemandem. Mein Freund hatte ein neues Rasierwasser aufgelegt, wir denken, es liegt daran“, erwiderte sie.
„Die Nase eines Hundes ist ziemlich sensibel, aber wenn er Ihr bester Freund ist, ist das schon seltsam. Lassen Sie uns mal Sunsets Nase ansehen, vielleicht irritiert sie ja was“, bemerkte der Arzt und hob Sunset auf den Untersuchungstisch.
„Oh, ich glaub, ich kenn das Problem schon“, sagte der Arzt plötzlich.
„Ja, ich weiß, sie hat etwas zugenommen in letzter Zeit, ich füttere sie wohl zu gut“, entgegnete Rachel beschämt.
„Gut, dass sie sie gut füttern, das kommt den Welpen zugute. Gratulation, Sie werden bald Omi“, erklärte der Arzt, als er Sunsets Bauch betastet hatte. Rachel sah Leito böse an.
„Was schaust du mich so an? Benton hab ich kastrieren lassen und das schon vor ner Weile“, nörgelte er.
„Meine Mutter wird sich freuen, wenn ich ihr schon keine Enkelkinder schenke, dann endlich den Hund, den sie sich wünscht. Ich hätte sie längst sterilisieren lassen, aber in letzter Zeit war viel in meinem Leben los. Sie hat mich also nur so stark beschützt, weil ihre Mutterinstinkte stark ausgeprägt waren, verstehe. Dann haben wir ja schon des Rätsels Lösung, was muss ich jetzt machen?“, war Rachel etwas überfordert mit der Situation.
„Ich geb Ihnen ne Broschüre mit, wo alles drinsteht und nachdem die Welpen gestillt worden sind, machen wir den Termin wegen der Sterilisation für Sunset aus, okay?“, bat der Arzt und Rachel nickte.
 
„Ich schwör dir, wenn du mich noch weiter so angrinst, fliegst du von der Terrasse hier“, murrte Rachel, als Mac sie an diesem Nachmittag auf dem Plattform-Cafè des 16. Stocks nicht aus den Augen ließ.
„Bei dem Kater, den sie hat, meint sie das vermutlich ernst“, warf Leito ein, der die Runde komplett machte.
„Sunset war ein böses, böses Mädchen“, prustete Mac.
„Nett, dass du das so amüsant findest, ich zermartere mir immer noch den Kopf, wie das alles passieren konnte“, konterte Rachel abwesend.
„Also wenn ein Hundemädchen und ein Hundejunge sich ganz doll lieb haben …!“, witzelte Mac.
„Hör auf, oder soll ich sie wieder auf dich hetzen?“, bat sie schroff.
„Schon gut, eine Bissverletzung reicht. Dir ist klar, dass ich der erste auf deiner Liste sein sollte, der einen Welpen bekommt, oder? Ich meine ihr beide habt schon reinrassige Golden-Brown-Retriever, das will ich auch“, erklärte Mac forsch.
„Dir ist schon klar, dass sie alles andere als reinrassig sein werden, ich hab nämlich keinen blassen Schimmer, wer der Vater der Welpen sein könnte. Mir fällt nur Python ein, der Frenchie meiner Nachbarin“, konterte sie.
„Eine französische Bulldogge, ist der nicht die Hälfte von deinem Hund?“
„Wo die Liebe hinfällt, keine Ahnung, vielleicht war es auch ein Streuner, sie bricht ja öfters aus, erst neulich ist sie ja zu Leito gelaufen. Wir werden es sehen, wenn die Welpen geboren werden, aber ich setz dich auf die Liste, versprochen!“
„Danke, ich freu mich schon, ich hoffe mein Hündchen ist dann nicht so frech, wie seine oder ihre Mommy!“
„Du hast Angst vor ihr, was?“
„Ein wenig, ist ja nicht unbegründet“, zeigte Mac seinen verbundenen Arm.
„Streichle sie, sie wird dich nicht mehr beißen“, bat Rachel, ihn.
„Meinetwegen, aber wenn meine Hand dran glauben muss, zahlst du mir die Prothese“, beugte er sich nach unten und strich Sunset sanft über ihr Fell, was in Sonnenuntergangs-Farben leuchtete.
„Jetzt ist sie wieder ganz lieb, ihr Weiber seid manchmal echt schräg“, murmelte er vor sich hin.
„Sie ist trächtig, sie hat halt ihre Launen, die werden in nächster Zeit nicht besser werden, sei halt vorsichtig in nächster Zeit. Apropos vorsichtig, sind wir uns einig, dass jetzt jeder weiß, was Pagans großes, düsteres Geheimnis ist?“, fragte Rachel plötzlich.
„Wow, netter Übergang, ja, jeder von uns hat es von irgendjemand erfahren, weiß zwar immer noch nicht was das Drama sollte, aber Gott sei Dank können wir jetzt darüber reden“, bemerkte Mac.
„Es ist wohl eine große Sache, wenn meine Eltern sich darüber so gestritten haben, dass sie sich getrennt haben“, erwiderte Leito, der sonst sehr schweigsam geblieben war.
„Ich glaub nicht, dass das das Einzige war, was sie auseinandergebracht hat. Was ich von deinem Vater erfahren habe war nicht schön, vielleicht hatte er eine Affäre, oder so, keine Ahnung“, warf Mac ein.
„Das nimmst du zurück“, zischte Leito verärgert.
„Lei, dein Vater ist auch nur ein Mann, kann doch sein“, redete Mac vor sich hin.
Macs Aussagen führten dazu, dass sich die Männer schnell auf der Dachterrasse prügelten.

Sechstes Kapitel

 
„Ich weiß echt nicht, was du an dem Kerl findest“, sagte Cat kopfschüttelnd, als sie mit ihrer Tochter neben sich auf dem Polizeirevier wartete, dass die Jungs entlassen wurden.
„Haben wir das Gespräch schon wieder? Ich dachte, dass hätten wir hinter uns gebracht vor zehn Jahren. Ich werde ihn einfach nicht los, ich weiß, nen bisschen selbstzerstörerisch, aber so bin ich halt!“
„Du trinkst zu viel!“
„Wir diskutieren also gleich die großen Themen, ja in der letzten Woche habe ich viel getrunken, aber davor die letzten Monate fast gar nichts. In den Nachwehen meines letzten Katers schwöre ich, dass ich wieder weniger trinke. Ich werde in nächster Zeit eh nicht lang ausgehen können, da meine Prinzessin mich zur Omi macht“, tätschelte Rachel liebevoll das Bäuchlein ihrer Hündin, die vor ihr auf dem Boden lag und döste.
„Dann wirst du Oma vor mir, na toll!“
„Ich muss hier nicht sein, ich bring meine Süße heim“, konterte Rachel nur und stand auf.
„Du willst sie einfach hierlassen?“
„Du bist ihre Anwältin, du kannst sie sicher auch heimfahren, bye“, verschwand sie einfach.
 
Ein paar Minuten später kamen die Jungs zu ihrer Anwältin.
„Wir können gehen, wir müssen den Schaden im Cafè bezahlen, wir teilen uns das. Danke trotzdem, dass du gekommen bist“, erklärte Leito müde.
„Seit froh, dass ich meine Lizenz noch hab, meine Tochter ist schon weg!“
„Sehen wir, wir haben sie auch ziemlich blamiert, aber wir sind jetzt wieder cool, wir haben uns in der Zelle ausgesprochen!“
„Schön für euch, hab von der Tacker-Geschichte gehört, ihr wart eine tickende Zeitbombe, musste ja mal passieren. Gebt mir eure Papiere, dann bring ich euch heim“, bat sie tonlos und sie übergaben ihnen die Papiere.
„Wir teilen uns ein Taxi, schon gut, geh zurück in dein SPA“, entgegnete Leito.
„Danke, das werde ich auch sofort wieder machen. Tut mir nur einen Gefallen“, hoffte sie.
„Sicher, Tante Cat, alles!“
„Lasst meine Tochter in den nächsten Tagen in Ruhe, sie braucht etwas Ruhe in nächster Zeit!“
„Wir arbeiten zusammen, aber okay, wir versuchen es“, bemerkte Mac.
„Vor allem du, Casanova, sie säuft sich noch in die Sucht, wenn du nicht aufhörst, mit was auch immer du da machst“, entschied Cat.
„Ja, ich versprech es. Danke nochmal!“
„Bitte, ich nehm mal an, dass sollte ich vor euren Eltern nicht erwähnen?“
„Wäre nicht schlecht, ja. Aber wenn es dir doch rausrutscht, sag meiner Mutter, dass ich nüchtern war!“
„Mach ich, obwohl das die Situation erklären würde, wenn du es nicht gewesen wärst. Einen schönen Tag noch, die Herren“, stöckelte sie davon.
 
Leito war gerade im Studio angekommen, als sein Smartphone klingelte.
„Man, sie hat keine Zeit verloren. Hi, Mom“, begrüßte er seine Mutter am Telefon.
„Trinkst du wieder?“, fragte Lula nur.
„Nein, Mom, der Entzug war hart genug, ich hatte nur eine kleine Auseinandersetzung mit Mac, nichts, was wir früher nicht auch getan haben!“
„Ja, als ihr 12 wart, jetzt bist du der Moderator der Abendnachrichten, Junge“, schimpfte Lula.
„Er hat gemeint, Dad hätte eine Affäre gehabt und deshalb seid ihr getrennt, ich musste seine Ehre verteidigen“, entgegnete er.
„Misch dich nicht in die Angelegenheiten ein, von denen du nicht weißt, Sohn“, bat Lula ernst.
„Mein Gott, er hatte eine Affäre, ich bring den Mistkerl um“, wurde Leito wütend.
„Interessant, wie du über deinen Vater denkst, aber er hatte keine Affäre, er wäre unter der Erde, wenn das so gewesen wäre, ich bin in der Lage mich selbst zu verteidigen, du musst meine Kämpfe nicht für mich kämpfen, Kleiner“, bat Lula etwas verärgert.
„Ja, ich weiß, Mom, mir bricht es nur das Herz, Dad und dich getrennt zu sehen, ihr seid meine Familie, mein Rückzugsort, wenn alles mal wieder schiefläuft“, erklärte er.
„Du hast ne scheiß Woche, was?“
„Ich bin mal wieder im Krankenhaus gelandet, weil mein Cousin mir einen Tacker an den Kopf geknallt hat, das kann man so sagen“, entschied er.
„Du wärst nicht so zu Boden gegangen, wenn du nicht stur wie du bist krank zu Arbeit gegangen wärst. Macintosh ist nicht dein Feind, Sohn“, konterte sie.
„Hab ich schon festgestellt, wir haben uns ausgesprochen, alles gut!“
„Dann prügel dich nicht mehr mit ihm wie nen Teenager, vor allem nicht in der Öffentlichkeit, du bist so was wie nen Prominenter, die feuern dich, wenn du dich danebenbenimmst“, ermahnte sie ihren Sohn.
„Die wollen mich hier eh bald gegen eine Ansammlung von Pixeln ersetzen, ist mir ziemlich egal. Ich muss jetzt los, meine Maskenbildnerin muss mich für die 8-Uhr-Nachrichten noch kamerabereit machen und dein Neffe hat mich ziemlich erwischt diesmal“, entschied er und legte wieder auf.
 
„Man, ich schlag echt nicht wie ein Mädchen, müsstest du mal meinem Dad erklären“, stand Mac hinter Leito, als er geschminkt wurde.
„Ich schick ihm nen Foto. Wir hatten zwar ausgemacht, dass ich nicht mehr so hart rüberkomme, aber ich wollte nen Kaffee und du stehst hier nur so rum“, bat Leito.
„Wupps, ja, den wolltest du, bring ich dir“, ging er davon.
„Hey, Lei, du willst vor die Kamera? Joanne ist keine Zauberin, dass weißt du schon, oder?“, fragte Rachel, die an der Garderobe vorbeikam. Die Stylistin Joanne sah sie nur an.
„Oder doch? Du machst nen tollen Job, Jo“, mied Rachel, Joannes starrenden Blick.
„Lässt du uns kurz allein, Jo?“, bat Leito und Joanne ging aus der Tür, aber nicht, ohne Rachel nicht aus den Augen zu lassen.
„Da geht meine Chance hin, mal professionell von ihr geschminkt zu werden. Sorry, dass ich vorhin einfach so abgehauen bin, ich wollte meinen Hund heimbringen“, murmelte Rachel und setzte sich auf einen Stuhl neben ihn.
„Schon gut, ich hätte da auch nicht bleiben wollen. Deine Mom hat uns da rausgeholt, sie hat aber sicher gesagt, dass ich nen schlechter Umgang bin und du von mir fernbleiben sollst“, bemerkte er.
„Ja, so in etwa, aber Gott sei Dank bin ich jetzt erwachsen und sie kann mir nichts vorschreiben“, sagte sie und lächelte ihn an. Er lächelte zurück.
„Ich kann jetzt nicht mit dir zusammen sein“, sagte er plötzlich in die Stille, die sich entwickelt hatte.
„Ich will dich als Freund nicht verlieren, ich will versuchen die Sachen beim Bowling zu vergessen und wieder zurück zu dem gehen, was wir hatten“, erwiderte sie darauf.
„Das wäre schön“, griff sie nach seiner Hand und er hielt sie fest.
„Ich will euren intimen Moment nicht stören, aber hier ist dein Kaffee, Boss“, platzte Mac in die seltsame Situation und Leito ließ ihre Hand los.
„Wurde auch Zeit“, murrte Leito und Rachel zog die Augenbrauen hoch.
„Danke, Mac“, bedankte er sich höflich.
„Bitte. Kommst du, Rach‘, wir müssen auch noch was arbeiten“, streckte Mac seiner besten Freundin die Hand hin und sie ließ sich hochziehen.
„Du siehst aber auch heftig aus, Mac, ihr beide seid echt Trottel, das muss ich echt mal sagen“, bemerkte Rachel kopfschüttelnd und ließ Leito wieder allein, dass er gestylt werden konnte.
 
„Jo hat echt Wunder bewirkt, ich muss mich echt bei ihr entschuldigen“, sah Rachel fasziniert zu, wie ihr Jugendfreund die Nachrichten moderierte und dabei aussah, als wäre nichts passiert.
„Was ist jetzt mit euch?“, wollte Mac wissen.
„Nichts, wir haben entschieden, wieder Freunde zu sein, nur Freunde“, bemerkte sie.
„Geldbeutel raus Leute, ich will Scheine sehen“, tönte Mac plötzlich in den Regieraum.
„Ihr wettet gegen mich?“, drehte sich Rachel zu seinen Kollegen.
„Äh, sorry, Süße, kann sehr langweilig werden hier, weißt du doch“, murmelte Mac.
„Gib es mir“, forderte sie, als er seinen Gewinn von ihren Kollegen eingesammelt hatte und steckte sich die Scheine in den Ausschnitt. Ein Raunen ging durch den Raum.
„Habt ihr euch selbst eingebrockt, lasst das in Zukunft sein. Danke Jungs, kann das Geld gut gebrauchen“, stolzierte sie davon.
 
„Hey, gehen wir heute Abend ins Kino?“, hoffte Leito, als Rachel, Leito nach der Sendung wiedersah.
„Nur als Freunde?“
„Ja, nur als Freunde, hatten wir ja gesagt. Ich lad dich ein, die Kollegen wetten gegen uns, ich denke, das Geld als Freundschafts-Kino-Trip auszugeben, wäre angebracht“, entschied sie.
„Ja, das klingt gut. Die wetten gegen uns? Man, muss denen langweilig sein. Was hat Mac gewettet?“, wollte er wissen.
„Keine Ahnung, ist das wichtig? Doom Zombies 3 soll gut sein“, schlug sie vor.
„Nein, ist nicht wichtig und ja zu dem Film. Das kriegen wir hin, die Freundschaftssache, oder?“, überlegte er laut.
„Ein Tag nach dem anderen, okay? Aber momentan sind wir auf nem guten Weg“, schmunzelte sie und ging mit ihm zu ihrem Wagen.
 
Im Bademantel schlurfte Rachel zur Tür. Sie war noch total übermüdet.
„Wow, du hast ja noch nie viel von High-Fashion gehalten, aber so nehm ich dich ganz sicher nicht zur Arbeit mit“, begrüßte Mac seine beste Freundin, mit der er Car-Pooling machen wollte.
„Ich bin noch nicht angezogen und wir haben darüber gesprochen, dass du dich nicht mehr über meine Garderobe beschwerst, ich hab meinen eigenen Stil“, trottete sie müde wieder Richtung Schlafzimmer.
„Hast du wieder zu viel getrunken?“, wollte er wissen.
„Nein, ich war mit Lei im Kino, ist spät geworden“, sagte sie nur und zog ihren Bademantel aus.
„Mit meinem Geld, nehm ich mal an. Ist wohl schwer das mit dem Freundschafts-Ding“, konterte Mac.
„Wir waren nur als Freunde im Kino, scheiß Film, sonst alles wie früher. Lässt du mich bitte allein? Ich würde mich gern umziehen, sonst kommen wir nicht pünktlich“, erwiderte sie und drückte ihn aus der Tür.
„Gut, aber beeil dich“, bat er und sie schlug die Tür vor ihm zu.
 
„Ernsthaft?“, musterte Mac, Rachel, als sie angezogen in den Flur zurückkam.
„Schnell, oder schick, beides geht nicht. Hast du mir nen Kaffee mitgebracht?“
„Ist schon im Auto, ich kenn dich doch. Hier, nimm noch den Schal, das sieht dann gleich besser aus“, hängte Mac ihr einen hübschen Seidenschal um.
„Den hab ich von meiner Mutter, der ist altbacken!“
„Süße, du hast keinen Geschmack, der ist hübsch, jetzt komm, wir haben nur noch eine halbe Stunde“, zog er sie am Arm zu seinem Wagen.
 
„Der Abend war also nett, gar nicht seltsam?“, wollte Mac wissen, als sie auf dem Weg zur Arbeit waren.
„Äh, ja, schon“, nuschelte sie gegen das Plastik ihres Kaffeebechers, den sie grade trank.
„Du musst echt besser lügen lernen, wenn du es im Showbusiness weit bringen willst. Hat er was versucht?“, löcherte er sie weiter, obwohl er genau sah, dass es ihr unangenehm war.
„Nein, er war ein Gentleman, aber ich hab die ganze Zeit in meinem Kopf Listen gemacht, was gegen, oder für eine Freundschaft mit ihm spricht“, erklärte sie ihm.
„Du willst nicht mehr mit ihm befreundet sein?“, war Mack überrascht.
„Nein, ich will ihn solang vögeln, bis er überhitzt“, gestand sie etwas beschämt.
„Wow, Süße, endlich lern ich mal die Seite von dir kennen. Die Gefühle hatte ich auch mal“, frotzelte Mac.
„Ehrlich, du auch? Was hast du dann gemacht?“
„Ich hab den scharfen Iren geheiratet, der ne Granate im Bett ist“, witzelte er.
„Nein, ernsthaft, ich hab ihm versprochen, dass ich seine Freundin bin und nur das“, war sie wirklich hin und hergerissen.
„Selbstbefriedigung hilft da wahre Wunder!“
„Danke, schon versucht, hilft nicht ewig. Liegt vermutlich daran, dass mein Hirn da mehr involviert ist, als mein Körper. Was auch immer, wenn er die brave platonische Freundin will, soll er die auch bekommen. Kennst du jemanden, den ich vögeln könnte, um mein Hirn zum Schweigen zu bringen?“
„Rick Hill aus dem Technik-Team ist ganz schnuckelig!“
„Und kriegt keinen hoch, hat ich schon, noch ne Idee?“
„Du hattest Rick schon, wirklich?“
„Vor zwei Jahren nach der Weihnachtsfeier, das ist nichts, mit dem man prahlen könnte. Also?“
„Also da bist du damals abgeblieben, wir haben und das schon lang gefragt. Jackson Pride?“
„Verheiratet, mit nem Kerl!“
„Wirklich, ich hätte damals eine Chance bei ihm gehabt? Verdammt“, schlussfolgerte er.
„Du hast ne 11 abbekommen, buhu“, murmelte sie.
„Wir haben ja ne Spitzenlaune heute, ich hab das nicht so ernst gemeint“, konterte er.
„Sorry, Süßer, ich hab viel zu wenig geschlafen. Hey, das ist ja ein Hèrmes-Schal“, spielte sie gedankenversunken mit dem Tuch um ihren Hals herum.
„Du hast nen 500-Dollar-Schal und trägst den nicht? Bei dir läuft doch was schief, Süße!“
„Das Stück Stoff kostet 500 Dollar? Man, ich hätte wohl dankbarer sein sollen, als sie mir den geschenkt hat. Genau aus dem Grund trag ich keine Designer-Mode, 500 Dollar für nen Schal, die spinnen doch, die Designer“, bemerkte sie.
„Oh Süße, du wärst pleite, wenn du Designerklamotten tragen würdest, aber das spricht nichts dagegen, mal ein- oder zwei hübsche Kleider zu kaufen“, versicherte er.
„Mac, du bist ein Bär, keine Fee, lass den Mode-Designer-Mist“, sagte sie kopfschüttelnd.
„Wir haben wohl wieder im Internet nach Slang-Wörtern gesucht, hab ich dir das nicht verboten?“
„Ich bin mit nem schwulem bestem Freund aufgewachsen, ich kenn den Unterschied zwischen beiden seit der Grundschule“, entgegnete sie und lächelte matt.
„Hallo, ich bin glattrasiert, kein Bär hier“, zog er sein T-Shirt hoch und zeigte seine Brust.
„Ich red auch weniger von den Haaren, mehr von dem Bäuchlein“, tätschelte sie sanft sein Bäuchlein.
„Hey, mein Mann mag mein Wohlstands-Bäuchlein. Bin wohl ne Mischung von beiden Stereotypen“, schmunzelte er.
„Ja, womöglich, ich lieb dich, egal was du bist“, erwiderte sie und küsste ihn auf die Wange.
„Gut gerettet, ich hab dich auch lieb, Süße“, lächelte er sie an.
„Wie soll ich dir helfen? Wie schaffst du es, mit Leito nur befreundet zu sein?“
„Nen anderer Kerl wäre nen Anfang“, konterte sie.
„Du stehst auf ne 10, das müsste dann schon ne 11 sein, ich kenn nur eine männliche 11 und dem hab ich schon den Ring angesteckt“, bemerkte er cool.
„Bitte, dein Mann ist sogar ne 12, mindestens, wenn du mir so einen findest, bleib ich zu Hause und gebäre 12 Kinder“, entschied sie.
„Herausforderung akzeptiert“, sagte er nur.
„Das war eigentlich nicht als Herausforderung gemeint gewesen!“
„Du kennst mich, alles ist ne Herausforderung für mich“, entschied er.

Siebtes Kapitel

 
Ein paar Wochen später saßen die beiden Cousins gegenüber auf zwei Sofas und Mac sah seinen Cousin ständig an.
 
„Cousin, müssen wir schon wieder das Gespräch führen? Ich bin hetero und dein Cousin“, murmelte Leito, ohne aufzusehen. Mac hatte ein Tablet auf dem Schoß.
„Ja, das ist mir klar, ich vergleich nur“, konterte Mac abgelenkt.
„Will ich wissen, was du vergleichst?“
„Ich such nen Mann für Rach‘“, erklärte er ihm.
„Alter, nicht cool“, starrte Leito ihn plötzlich an.
„Du hast sie auf den Freundschaftsthron gesetzt, beschwer dich jetzt nicht“, sah Mac wieder auf sein Tablet.
„Du weißt genau, warum ich das getan habe“, konterte Leito kleinlaut.
„Immer noch die Kinder-Geschichte? Seit zehn Jahren versuch ich dir diesen Mist auszureden, es gibt inzwischen so viele Möglichkeiten Kinder zu bekommen mit der richtigen Frau die nicht deine DNA erfordert“, schnaufte Mac genervt.
„Wenn ich Kinder wollen würde, dann nur mit meiner eigenen DNA, da bin ich altmodisch“, erwiderte er.
„Du willst sie nicht damit belasten, oder? Du hast gesehen, was deine Mutter mit deinem Vater und dir aushalten musste und willst nicht, dass sie das auch durchmacht“, realisierte Mac.
„10 Jahre und du hast es endlich verstanden“, schlussfolgerte Leito.
„Ich musste wohl auch erst in ein Alter kommen, wo ich über Kinder nachdenke“, dachte Mac laut nach.
„Ihr wollt endlich eine Familie gründen?“, fragte Leito gerührt.
„Wir sind schon ein paar Jahre verheiratet, wir denken drüber nach, ja, aber noch haben wir keine richtige Leihmutter. Da du ja keinen Braten in Rachel platzieren willst, wäre ihre Gebärmutter für uns ja noch frei“, entschied Mac.
„Oh nein, das macht ihr nicht“, nörgelte Leito.
„Junge, du musst dich mal entscheiden, sie ist schon über 30, unsere Zeit ist begrenzt“, murrte Mac.
„Sie ist deine beste Freundin, willst du das wirklich tun?“, fragte Leito forsch.
„Du weißt, wie wunderschön sie ist und zusammen mit der DNA meines Mannes wird unser Kind die Welt erobern“, philosophierte er.
„Wenn wir gerade von Unzulänglichkeiten sprechen, warum würdest du nicht deine DNA in deinem Kind haben wollen?“, fragte Leito keck.
„Wir haben die gleichen Vorfahren, ich will das Risiko nicht eingehen, dass meine Kinder es haben werden und Hallo, ich bin höchstens ne acht, das wäre optisch ne Schande“, konterte Mac.
„Ne acht, höchstens in deinem blauen Anzug, mein Süßer. Ne, der auf keinen Fall, der wird schon kahl“, ging Rachel hinter Macs Sofa her, küsste seinen Kopf und wischte auf der Datingplattform auf seinem Tablet weiter.
„Hey, Rach‘, du bist ja auch noch hier“, stotterte Mac ertappt.
„Ja, ich bin noch hier, in meinem eigenen Haus“, entgegnete sie cool. Sie waren in Rachels Wohnung, sie machte sich gerade bereit, Sunset auszuführen.
„Man, ich war so vertieft, hab ganz vergessen, wo ich bin. Was hast du gehört?“
„Nicht viel, ich bin grad erst reingekommen, bin auch gleich wieder weg. Bleibt ruhig, wenn ihr wollt“, nahm sie Sunsets Leine.
„Können wir an den Kühlschrank?“
„Solang ihr aufschreibt, was ihr aufbraucht, sicher. Bin in etwa ner Stunde wieder da“, erläuterte sie und machte Sunsets LEDs am Hundehalsband an.
 
„Sun‘, zieh nicht so, du hast Babys im Bauch, geh es langsam an“, bat Rachel ihre Hündin, als sie ne Weile gegangen waren und Sunset ziemlich an der Leine zog.
Plötzlich rannte sie los wie von der Tarantel gestochen und sie stürzte.
„Sun, bleib stehen, du Idiotin, was ist in letzter Zeit mit dir los?“, schimpfte sie auf der Straße liegend. Sie wollte sich gerade aufrappeln, als ein junger Mann in ihrem Alter mit Sunset an der Leine zu ihr kam.
„Haben Sie was verloren?“, fragte der attraktive junge Mann schmunzelnd und streckte ihr die Hand hin, an der sie sich hochzog.
„Danke, meine Hündin ist trächtig und in letzter Zeit benimmt sie sich total verrückt“, erklärte sie dem Kerl.
„Die Hormone halt, mein Hund ist auch ziemlich wild, er ist nicht kastriert, wie ich sehe, haben Sie die gleiche Meinung, dass das Tierquälerei ist“, erwiderte der Mann.
„Ehrlich gesagt hab ich das nur vergessen, das hol ich aber so schnell wie möglich nach. Man, jetzt weiß ich auch, wer der Daddy von den Kindern meines Hundes ist“, realisierte Rachel, als sie sah, dass sich Sunset sehr vertraut mit dem Hund des Mannes verstand.
„Fuck, sorry, ich bin grade erst hierhergezogen, so einen miesen ersten Eindruck wollte ich eigentlich nicht hinterlassen“, entschuldigte sich der Kerl.
„Bin ja selbst schuld, nicht schlimm. Man, Sie haben nen Puli, das werden vielleicht süße Welpen werden“, erkannte sie.
„Machen wir es so, wir teilen uns die Arztrechnungen und zwei Welpen gehören mir?“, handelte der Kerl.
„Ich würde gern erstmal Ihren Namen erfahren“, bat sie.
„Ach ja, dass, Banks, Dr. Banks Lewingworth“, stellte Banks sich höflich vor.
„Rachel Jones, ich wohne zwei Straßen weiter. Ich glaub, ich hab mich verletzt, können Sie mich verarzten?“, wollte sie wissen.
„Das war ein ziemlich plumper Anmachspruch, Süße“, schmunzelte Banks, aber Rachel zeigte ihm sein aufgeschürftes Knie, das ziemlich blutete.
„Okay, kein Anmachspruch, gehen wir zu mir nach Hause, da verarzte ich Sie und auf den Schreck ein Glas Wein?“
„Der Anmachspruch war aber auch nicht gut, aber gerne“, flirtete sie und folgte dem Arzt.
 
Verträumt kam Rachel tags drauf in ihre Wohnung zurück. Als sie ihre Turnschuhe fallen ließ, weckte sie ihre beiden Freunde. Sie fluchte leise, als sie sah, dass die beiden noch da waren.
„Wo waren wir?“, fragte Mac vorwurfsvoll.
„Gegenfrage, hat dich dein Mann rausgeschmissen? Warum bist du noch hier?“
„Mein Mann ist auf Geschäftsreise, aber danke für dein Mitgefühl. Ich wollte eigentlich für dich da sein“, bemerkte Mac.
„Brauchst du nicht. Ich geh duschen, geht bitte“, ging sie an ihnen vorbei.
„Oh nein, du haust jetzt nicht einfach so ab, wo warst du?“, folgte Mac ihr.
„Musst du nicht wissen, geh einfach!“
„Ich auch?“, kam auch Leito hinter seinem Cousin her.
„Du hast ein Strandapartment, manchmal versteh ich dich nicht“, bemerkte sie trocken.
„Du wolltest nur ne halbe Stunde weg, du warst die ganze Nacht weg, ne Erklärung wäre schon nett“, bat Leito.
„Ich hab jemanden kennengelernt, bin nicht stolz drauf, aber ich hab die Nacht mit ihm verbracht. Das ist mir peinlich, also lasst mich damit in Ruhe, ja?“, gestand sie.
„Okay, lass uns gehen, Cousin, du fährst heute also allein ins Büro?“, wollte Mac von seiner Freundin wissen.
„Jep, sieht so aus, bye“, ging sie ins Badezimmer.
 
„Alles klar?“, wollte Mac wissen, als er mit Leito zu ihm fuhr.
„Weiß nicht, mach mir Sorgen um Rachel, sie verhält sich grade ziemlich seltsam!“
„Okay, ich meinte eigentlich, die Tatsache, dass sie andere Männer datet, aber reden wir über sie. Ja, sie verhält sich komisch, aber nur, weil du dich verhältst, wie du dich verhältst. Also ich seh in ihr kein zerstörerisches Verhalten, nur ganz simplen Liebeskummer. Wenn du sie wirklich so liebst, wie ich denke, dass du sie liebst, musst du sie einfach gehen lassen“, entgegnete Mac.
„Ja, muss ich wohl, fällt mir aber nicht leicht!“
„Ich weiß, aber sie möchte Kinder und ihr das zu verwehren wäre grausam von dir“, schlussfolgerte Mac.
„Hat sie gesagt, dass sie Kinder möchte?“
„Nicht mit diesen Worten, aber welche Frau will keine Kinder“, entschied Mac.
„Ich möchte auch Kinder, aber das Risiko ist einfach zu hoch. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass meine große Schwester schon Teenager-Kinder hat?“, machte Leito Smalltalk, um sich abzulenken.
„Du hast ne Schwester?“, war Mac überrascht.
„Richtig, hab ich dir nie erzählt, ihr Name ist Katie, sie ist 15 Jahre älter als ich, ich hab sie zufällig gefunden durch unsere Krankheit, mein Vater hat es mir vor kurzem gestanden, wenn ich es nicht schon einige Zeit gewusst hätte, wäre ich echt sauer gewesen, aber ich kann ihn verstehen. Sie ist nicht in unserem Leben, zumindest nicht in seinem Leben, ich habe Kontakt mit ihr. Ich hab sie aber noch nie persönlich getroffen, Irgendwann muss ich das mal machen“, entschied er.
„Wie lang weißt du das schon mit deiner Schwester?“, wollte Mac etwas verärgert wissen.
„Ne Weile. Ich hätte es dir erzählen sollen!“
„Sie ist meine Cousine, ich hätte das schon gerne gewusst. Wissen es meine Eltern?“
„Keine Ahnung, vielleicht, ja, ich hätte es dir sagen sollen. Ich möchte jetzt nicht streiten, bitte“, bat Leito müde.
„Ich will auch nicht streiten, würde Katie aber gern mal kennenlernen“, bat Mac.
„Ich chatte mit ihr am Freitag, kannst gern dabei sein“, sagte Leito nur.
„Gern, Mos ist dann wieder da, kann ich ihn mitbringen?“
„Sicher, er gehört ja auch zur Familie. Machen wir gleich ein Abendessen draus und laden auch Rachel ein“, schlug Leito vor.
„Hältst du das für eine gute Idee?“
„Sie kann auch mitbringen, wen auch immer sie dann vögelt, mir egal!“
„Du weißt schon, dass sie nur so getan hätte, als wäre es ihr peinlich. Sie hatte ne schöne Nacht, wollte Mac klarstellen.
„Schon klar, ich verdräng es grade“, murmelte Leito.
„Was denkst du, wer es war?“
„Oh, geh da gedanklich nicht hin, das bereitet dir nur Herzschmerz!“
„Denkst du, es ist einer unserer Kollegen? Dir vertraut sie doch alles an!“
„Sie hat ihn glaub ich gestern erst kennengelernt, das machst du ja sonst immer. Anderes Thema, fuck, mir fällt grad nichts anderes ein, über was wir reden können“, murmelte Mac.
„Dann schweigen wir einfach nen bisschen“, bat Leito und Mac nickte.
 
„Lass das“, zischte Rachel, als Mac neben ihr am Schreibtisch saß.
„Ich mach doch nichts!“
„Ich spür deine Blicke, ich will nicht darüber reden“, konterte sie.
„Hab nichts gesagt!“
„Du wolltest aber was sagen!“
„Willst du vielleicht reden, Süße?“
„Ja bitte, ich platze, ich muss es jemanden erzählen. Aber nicht hier!“
„Red, wir gehen mal kurz 10 Minuten aufs Dach“, erklärte Mac, seinem Kollegen und verschwand mit ihr aufs Dach.
 
„Man, du hast dir ne 12 geangelt und das ganz allein“, war Mac irgendwie stolz auf seine beste Freundin, als er ein Bild von Rachels Lover sah.
„Er ist mein neuer Nachbar und die Nacht war echt wunderschön, aber so etwas wollte ich so gar nicht mehr“, war sie hin und hergerissen.
„Willst du ihn wiedersehen?“
„Unsere Hunde werden Eltern, ich werde ihn wiedersehen müssen“, konterte sie.
„Sein Hund ist also der Übeltäter? Woher wisst ihr das? Ich will ja nichts sagen, aber Tiere sind nicht grad monogam“, erwiderte er.
„Sein Hund ist einer dieser Wischmopp-Hunde, wir werden es spätestens nach der Geburt rausfinden!“
„Eure Welpen werden so süß aussehen, wenn das wirklich stimmt. Aber zurück zu dem heißen Chirurgen, wie ist er so?“
„Er ist ein echtes Arschloch, deswegen bin ich mit ihm auch mitgegangen“, bemerkte sie sarkastisch.
„Ja, schon klar, dass er nett ist, aber wie ist er sonst so?“
„Ich hatte nen One-Night-Stand, Mac, ich weiß gar nichts von ihm. Aber möglicherweise möchte ich das noch“, entschied sie.
„Das klingt gut, ich werde Lei nichts erzählen“, versicherte Mac.
„Doch, wirst du, schon okay, ich hab keine Geheimnisse vor ihm!“
„Ah, okay, willst du ihn eifersüchtig machen?“
„Ja, nein, vielleicht, ist das fies?“
„Schon etwas, du weißt nicht, warum er gemacht hat, was er gemacht hat“, murmelte er.
„Was weißt du?“, wollte sie es genau wissen.
„Oh glaub mir, Süße, die Fee in mir will alles ausplaudern, aber der Bär in mir schlägt mir ins Genick und zischt, dass ich die Klappe halten soll. Seltsamerweise klingt der Bär sehr wie mein Vater“, redete er vor sich hin.
„Ernsthaft? Du willst es mir nicht sagen? Du weißt genau, dass das dich früher oder später auffrisst“, entgegnete sie neckend.
„Tschuldige Rach‘, Bruder vor Lu … hey, ist das spät, wir müssen zurück“, stammelte er und eilte zu den Fahrstühlen.
„Hey, Mac, glaub nicht, ich würde dich nicht wie früher solange kitzeln, bis du mir die Wahrheit sagst“, drückte sie ihn im Fahrstuhl gegen die Wand und kitzelte ihn unbarmherzig. Als sie in ihrem Stockwerk angekommen waren und die Tür aufsprang, hatten die beiden die Hände des anderen am Körper.
„Kann man euch irgendwie helfen?“, stand Leito vor dem Fahrstuhl, um heraufzufahren.
„Äh, hey Boss, wir haben nur … ehrlich gesagt keine Ahnung … willst du nen Kaffee?“, stotterte Mac und ließ seine beste Freundin los.
„Nein, ich fahr grad hoch zum Zähne aufhellen, wie jeden Mittwoch. Wir hatten zwar ausgemacht, dass ich jetzt netter zu dir bin, aber du lässt das alles hier nen bisschen schleifen, ich musste mir meinen Termin selbst organisieren“, ermahnte Leito seinen Cousin.
„Sorry, Boss, kommt nicht mehr vor. Wenn du zurückkommst, ist wieder alles zu deiner Zufriedenheit“, versicherte Mac und sie tauschten mit Leito die Plätze im Fahrstuhl.
„Das hat ja nicht lang gedauert mit dem Waffenstillstand. Du weißt schon, dass du an dem Grummel-Leito schuld bist, oder?“, fragte Mac, als sie wieder zu ihrem Büro liefen.
„Ja, schon klar, aber ich kann auch nicht zölibatär rumlaufen bis er sich mal entscheiden kann. Ich würde gern nen Kaffee haben, kannst du mir einen holen?“, hoffte sie und stöckelte voran zu den Büros.
„Ich bin nicht dein Assistent, das ist dir schon klar“, murrte er und ging in die Studioküche, um für beide Kaffee zu holen.

Achtes Kapitel

 
„Seit wann ist der Kino-Donnerstag eigentlich so ätzend geworden?“, murrte Mac, als er am Abend vor der Rückkehr seines Ehemannes mit seinen Freunden ins Kino gegangen war. Sie mussten noch etwas auf den Film warten und Leito telefonierte schon eine ganze Weile, während Rachel mit Banks Liebestexte austauschte. Sie ignorierten ihn.
„Okay, ich bin zwar zu Hause alleine, aber das ist mir grade lieber, als das. Bye“, verabschiedete er sich und ging einfach davon.
Zwei Stunden später, er hatte es sich grade bequem gemacht, klingelte es an Macs Tür.
„Cousin, ich bin’s, mach auf“, hörte er die Stimme von Leito.
„Moment, ich komm gleich“, entgegnete Mac beschäftigt.
„Holst du dir grad einen runter?“, rief Leito cool.
„Nein, verdammt, brüll hier nicht so im Flur rum, ich war nur eingedöst. So, komm rein“, riss Mac die Tür auf und zog seinen Cousin in die Wohnung.
„Wo bist du hin?“
„Bin überrascht, dass du gemerkt hast, dass ich weg bin. Willst du was trinken?“
„Bier, wenn du hast“, konterte Leito trocken.
„Was?“
„Ginger Ale, bitte“, bat Leito.
„Alles klar bei dir?“, fragte Mac plötzlich freundlicher.
„Ich hab Lust auf Alkohol, also nicht wirklich, nein!“
„Lei, wie kommt das plötzlich?“
„Ich hab grad zwei Stunden mit meiner Mutter telefoniert und sie davon überzeugt meinen Vater wieder zurückzunehmen, die restliche Zeit hab ich die Liebe meines Lebens lächeln sehen, als sie Texte von einem heißen Arzt gelesen hat“, entschied Leito.
„Ich hab Schokolade da“, schlug Mac vor.
„Bitte, ich hatte kein Kohlenhydrat zu viel seit dem College, das Six-Pack hier ist hart antrainiert“, zog Leito sein Hemd aus der Hose und präsentierte sein guttrainiertes Six-Pack. Mac starrte für einen Moment auf den heißen Körper seines Cousins.
„Lei, was hab ich dir über Entblößung in meiner Wohnung gesagt?“, drehte Mac sich weg.
„Sorry, vergess immer, dass dich mein Körper scharf macht. Kann ich heute Nacht bei dir bleiben? Ich vertrau mir heute nicht“, hoffte Leito und steckte sein Hemd wieder in die Hose.
„Klar, aber du schläfst nicht in meinem Ehebett, denn nach einer Woche als Strohwitwer vertrau ich mir auch nicht“, schmunzelte Mac und Leito zog seine Augenbrauen skeptisch hoch.
„Ein Witz, Cousin, ich hol dir dein Ginger Ale“, ging Mac in die Küche.
 
„Ich hab’s verkackt, oder?“, fragte Leito, als er spät mit seinem Cousin auf dem Sofa saß und eine Serie ansah.
„Ja, hast du!“
„Du willst nicht mal versuchen, mich aufzumuntern?“
„Meine Mutter hat mich dazu erzogen, nicht zu lügen“, schmunzelte Mac.
„Glaubst du, sie wird den Kerl heiraten?“
„Wow, wir sind heute aber echt deprimiert, keine Ahnung, vielleicht, sie hat ihn grade erst kennengelernt. Du wolltest sie doch gehen lassen, oder?“
„Ja, sorry, ich kann es einfach nur nicht vergessen“, entschuldigte er sich.
„Du liebst sie, natürlich kannst du es nicht vergessen. Wenn das mit dem Doc schiefgeht, musst du mal ganz ausführlich mit ihr darüber reden“, riet er ihm.
„Du glaubst, dass das nicht gut geht mit dem Doc? Damit hättest du anfangen können um mich aufzumuntern“, entschied Leito.
„Ihre Beziehungen sind immer in die Brüche gegangen, so wie deine auch, nur ihr zwei gehört zusammen“, murmelte Mac, während er eindöste.
„Meinst du das ernst?“, fragte Leito gerührt, aber Mac war schon eingedöst.
 
Es klingelte. Leito schreckte auf und trat Mac dabei, was ihn auch weckte.
„Au, Cous, was soll das?“
„War nen Reflex, sorry. Wie spät haben wir?“
„Halb acht, wer ist das?“
„Fuck, das ist Rach‘, wir haben verschlafen“, bemerkte Mac.
„Euer Fahrdienst, klar. Kann ich mir was zum Anziehen von dir borgen? Ich möchte nicht zwei Mal mit den gleichen Klamotten auftauchen“, rappelte Leito sich auf.
„Sagst du nicht immer meine Klamotten sind eine Schande für jeden, der sie sehen muss?“
„Ich bin manchmal ein Arschloch, tut mir leid. Also?“
„Bedien dich, kannst auch duschen, aber dann kommst du etwas spät“, entgegnete Mac, während er zur Tür ging.
„Morgen, heute Morgen hab ich etwas verschlafen, komm rein“, ließ Mac seine beste Freundin in seine Wohnung.
„Passiert, warte, da ist doch noch jemand hier, ist Mos schon früher heimgekommen?“, hörte sie Leito im Badezimmer.
„Äh nein, nicht so ganz“, bemerkte Mac.
„Du hast nen anderen Kerl? Mac, wirklich, ich hab echt mehr von dir erwartet. Wer ist er?“, wurde sie wütend, ging Richtung Badezimmer und riss die Tür auf.
„Hey, nen bisschen Privatsphäre wäre nett“, schimpfte Leito und knallte die Tür wieder zu.
„Das ist nur Leito, hehe, peinlich“, stotterte sie und Mac sah sie nur böse an.
„Wurde wieder später gestern, sorry, ich bin eine Idiotin!“
„Ja, bist du, ich geh mich umziehen, bedien dich beim Kaffee“, sagte er tonlos und verschwand ins Schlafzimmer.
 
„Morgen, was war das grad?“, kam Leito in die Küche, wo Rachels gerade im Stehen einen Kaffee trank.
„Ich hab gedacht, du wärst Macs Affäre, hab nicht viel geschlafen, sorry!“
„Spinnst du? Mac ist der treuste Mensch, den ich kenne“, sagte er vorwurfsvoll.
„Ich weiß, ich weiß, ich weiß nicht, wie ich darauf komme“, schlürfte sie ihren Kaffee leer.
„Passiert, wie war dein Date?“
„Gut, war nicht wirklich ein Date, eher ein …“, murmelte sie.
„Wham, bam, danke Ma’am?“, ergänzte er.
„Mir ist es peinlich mit dir darüber zu reden, aber ja, sozusagen“, druckste sie herum.
„Hey, wir sind beide erwachsen, wenn du Spaß dran hast“, entgegnete er und Mac kam in die Küche.
„Hey, los, wir müssen los, fährst du mit, Cousin? Wir können deinen Wagen ja heute Abend zusammen holen, wir wollen ja eh was zusammen machen“, drängte Mac die beiden, zu gehen.
 
„Steht dir gut der Sex, siehst gut aus“, neckte Leito, Rachel, als die beiden Freunde auf dem Rücksitz von Macs Wagen saßen und zur Arbeit fuhren.
„Mac, dein Cousin ärgert mich“, nörgelte Rachel.
„Seid brav da hinten, sonst gibt es nachher kein Eis“, schmunzelte Mac.
„Lei hat seit dem College keinen Zucker zu sich genommen, das würde ihn nicht stören“, frotzelte Rachel.
„Man, ich brauch echt keine Kinder, ich hab zwei gleich hier“, konterte Mac nur.
„Du willst keine Kinder?“, wunderte sich Rachel.
„Natürlich wollen wir Kinder, aber wir sind zwei schwule Männer, biologisch ist das schwierig“, bemerkte er.
„Warum habt ihr mich nie gefragt?“, fragte Rachel plötzlich.
„Würdest du das für uns tun?“
„Nicht mehr nein, ich hab nur noch ein paar gute Jahre vor mir, die will ich dazu nutzen, selbst Kinder zu bekommen, tut mir leid!“
„Versteh ich, schon gut, ich werde auch keine Samen spenden für unsere Kinder, das muss Mos machen. Ich will nicht, dass meine Kinder CIPA bekommen“, erklärte Mac.
„Blödsinn, nur weil Leito und Pagan es haben, heißt es nicht, dass deine Kinder es auch haben. Und wenn es so wäre, würdet ihr damit umgehen können, da bin ich ganz sicher“, versicherte sie.
„Du kämst also damit klar, dass dein Kind es hätte?“
„Ja, natürlich, es wäre schwierig, aber nicht lebensbedrohlich“, konterte sie und Mac lächelte sie an.
„Das ist schön zu hören, vielleicht überleg ich mir es ja, bei einer so toleranten Patentante!“
„Wenn ich die Patentante deines Kindes sein soll, kann ich kaum die Mutter werden“, schmunzelte sie.
„Auch wahr, kennst du ne Frau, die uns dabei helfen könnte?“
„Ich kann nicht so mit Frauen, die einzige, mit der ich mehr als 2 Worte rede, ist Jo, die Stylistin“, entgegnete sie.
„Was ist denn mit Jo?“
„Mit Jo wäre es schwierig“, konterte Rachel cool.
„Wieso? Ist sie steril?“
„Sozusagen, Joanne wurde als Joseph geboren“, bemerkte Rachel.
„Sie ist ein Transgender, warum weiß ich davon nichts?“, wunderte sich Mac.
„Hängt sie nicht so an die große Glocke, an der Gesichtsfarbe deines Cousins zu schließen, wusste er auch nichts davon“, sah Rachel, Leito amüsiert an.
„Er… sie ist echt gut in ihrem Job“, stammelte Leito nur.
„Das wird ihm nachher so peinlich sein“, frotzelte Rachel.
„Äh nein, ich bin tolerant, alles cool“, konterte er unruhig.
„Wenn du meinst. Das will ich sehen“, konterte Rachel und lächelte ihn an. Er lächelte zurück.
 
„Findest du den Gag nicht ein wenig zu übertrieben?“, wollte Mac wissen, als er seiner besten Freundin zusah, wie sie Leito zusah. Er fühlte sich sichtlich unwohl, als er von Jo geschminkt wurde.
„Du weißt es also?“
„Du glaubst nicht, wie offenherzig Frauen gegenüber einem Mann sind, der schwul ist, ich weiß, dass Jo eine Frau ist, voll und ganz, seit ihrer Geburt“, bemerkte Mac.
„Du hast mich auch schon nackt gesehen, wusste nicht, was dich das stört, sorry!“
„Tut’s nicht, wollte damit nur klarstellen, dass ich es weiß. Wie lang willst du ihn im Ungewissen lassen?“
„Nur noch ein bisschen!“
„Ihr beide müsst euch echt lieben, wenn ihr euch solche Mühe gebt, den anderen zu ärgern. Muss jetzt zurück an die Arbeit, kommst du mit?“
„Nur noch nen bisschen“, sagte sie nur und er ging kopfschüttelnd wieder zurück zum Schreibtisch.
 
„Rach‘, wo ist Mac?“, kam Leito völlig aufgelöst am späteren Nachmittag ins Büro zu seinen Freunden.
„Auf der Toilette, was ist los?“, sprang sie auf und hielt seine Hände.
„Mein Dad hatte einen Herzinfarkt“, erklärte er ihr stockend.
„Oh mein Gott, geht’s ihm gut?“
„Keine Ahnung, ich muss ins Krankenhaus … ich erreich meine Mutter nicht“, war er total durch den Wind.
„Setz dich hin, ich ruf sie nochmal an“, drückte sie ihn sanft auf ihren Schreibtischstuhl und griff zum Telefon.

Neuntes Kapitel

 
Müde lag Leito in dieser Nacht mit dem Kopf auf dem Schoß von Rachel. Sie warteten schon eine ganze Weile darauf, dass Pagan aus dem OP kam.
„Ich versuch mich grad zu erinnern, wann ich ihn das letzte Mal gesprochen habe. Ist ne Weile her. Was ist, wenn er von der OP nicht mehr wach wird?“, philosophierte Leito, während sie ihm sanft über die Haare strich, um ihn zu beruhigen.
„Er wird aufwachen, er hat Schussverletzungen, Stichwunden und ein Koma überlebt, da überlebt er doch so’n blöden dreifachen Bypass“, entschied sie.
„Du weißt verdammt viel von der Krankengeschichte meines Dads“, realisierte er.
„Hat er mir mal erzählt. Der übersteht das, ganz sicher!“
„Das hoffe ich, ich hab ihm noch so viel zu sagen“, wurde er traurig.
„Du wirst ihm noch alles sagen können. Tut mir leid“, kam auch endlich Lula zu ihrer Familie.
„Mom, verdammt, wo warst du? Endlich bist du da“, sprang Leito auf und ging auf seine Mutter zu.
„In meinem SPA waren technische Geräte verboten, ich bin sofort, als ich es gehört habe hierhergefahren. Mach mich nicht so an, ist für mich auch schlimm“, entgegnete Lula aufgekratzt.
„Sorry, Mom“, umarmte er sie fest.
„Schon gut. Wie geht es ihm?“
„Sie operieren noch, ich weiß nicht, wie es aussieht“, erklärte er ruhig.
„Er übersteht das, er hat schon so viel überstanden“, versicherte sie ihm.
„Ja, anscheinend wussten alle um mich herum schon lange mehr über meine Familie als ich“, kritisierte er.
„Nicht jetzt, nicht hier, Süßer. Hey, Tante Louise, es war ein langer Tag, entschuldige ihn“, begrüßte Rachel ihre Patentante.
„Ah, ihr seid also jetzt ein Paar, interessant!“
„Nein, sind wir nicht, wie kommst du darauf?“, stotterte sie.
„Also immer noch nicht, schade. Ich werde die Docs mal fragen, wie es aussieht, bleibt hier“, ging Lula zu den Ärzten.
„Deine Mutter ist eine unglaubliche Frau“, sah Rachel, Lula nach.
„Mit einem noch unglaublicheren Dickkopf. Geht nach Hause, ich komm jetzt klar“, versicherte Leito.
„Wir sind Familie, wir bleiben“, entschied sie.
„Mac, du warst jetzt eine Woche von deinem Mann getrennt, geh zu ihm, wir kommen hier allein klar“, entgegnete Rachel plötzlich.
„Seid ihr sicher?“, sah Mac, Leito an.
„Ja, wir kommen klar, geh“, bemerkte er.
„Danke, haltet mich auf dem Laufenden“, verabschiedete er sich mit einer Umarmung.
„Machen wir, meine Mutter braucht grad ihre Privatsphäre, lass deine Eltern erstmal da raus, ja?“
„Sicher, ich ruf sie nicht an. Alles Gute“, ging Mac davon.
 
Leito wurde geweckt, als eine kräftige Hand über seinen Kopf strich. Er lag mit dem Kopf auf dem Krankenbett seines Vaters.
„Dad?“, murmelte er und sah auf. Pagan lächelte seinen Sohn sanft an.
„Du hast es überlebt, Gott sei Dank“, war Leito erleichtert.
„Hey, das war doch gar nichts“, sagte Pagan leise.
„Hey, du musst hier nicht den dicken Macker markieren, wir wissen, wer du wirklich bist, Süßer“, hörten die beiden die Stimme von Lula. Sie kam aus dem Badezimmer des Krankenhauszimmers.
„Du bist noch da?“, war Pagan überrascht.
„In guten und in schlechten Zeiten, vergessen? Diese Sache dauert schon viel zu lange, komm zurück zu mir, ich vermisse dich furchtbar“, erwiderte Lula sanft.
„So, das ist mein Stichwort, redet miteinander, ich muss heim und duschen. Lauf nicht weg, Dad“, stand Leito erschöpft auf.
„Witzbold, ich bleib ne Weile hier drin. Bring deine Freundin heim, wir kommen hier klar“, bat Pagan.
„Mach ich, haltet mich auf dem Laufenden“, ging Leito zurück zu Rachel, die auf einer Sitzbank döste.
„Hey, wach auf“, weckte er sie sanft.
„Hey, was ist los?“
„Alles gut, er wird es überleben. Lass uns fahren“, zog er sie auf die Beine.
„Das ist gut, Gott sei Dank. Wir sollen einfach gehen?“
„Meine Mutter ist da, ihm geht’s gut, wir können gehen. Es scheint fast so, als würdest du nicht heimwollen“, schmunzelte er.
„Natürlich will ich heim, gehen wir“, bestritt sie und teilte mit ihm ein Taxi nach Hause.
 
Als sie an Leitos Apartmenthaus vorbeikamen, saß eine sehr hübsche mittelalte Frau auf seinen Stufen saß.
„Wer ist das?“, wollte Rachel wissen.
„Wow, sie ist hergekommen“, murmelte er.
„Das beantwortet nicht meine Frage!“
„Ich erklär’s dir später im Büro, bis dann“, stieg er aus und das Taxi fuhr weiter.
 
„Kate, hey, das ist irgendwie schräg, uns unter diesen Umständen zu treffen“, kam Leito auf seine Halbschwester zu und diese stand von den Treppen auf.
„Find ich auch, hey, kleiner Bruder“, umarmte Kate ihren kleinen Bruder kurz.
„Du wartest hoffentlich noch nicht lange hier“, hoffte er.
„Nur ein paar Minuten, hab mir schon gedacht, dass du irgendwann hier auftauchen würdest. Wie geht es unserem Vater?“, wollte sie wissen.
„Gut soweit, er ist hartnäckig. Du hast gedacht, er stirbt, oder? Deswegen bist du hier?“
„Ja, du klangst gestern schlimm am Telefon. Ich würde ihn gern sehen!“
„Meine Mom und er müssen so einiges diskutieren, wir sollten sie in Ruhe lassen erstmal, aber komm rein, wir unterhalten uns gemütlicher in meiner Wohnung“, entgegnete er und führte sie rein.
 
„Man, du hast ne heiße Wohnung, wird wohl gut bezahlt der Moderator-Job“, sah Kate sich in seiner Wohnung um.
„Ich kann davon leben. Was trinkst du? Kaffee, Tee?“
„Nen Wasser reicht erstmal, danke. Musst du nicht arbeiten?“
„Bald, hab noch etwas Zeit. Es ist surreal, dass du jetzt hier bist. Ich freu mich wirklich, auch wenn es jetzt nicht so rüberkommt, war eine lange Nacht“, erklärte er ihr.
„Versteh ich, ich bin auch in den nächsten Flieger gesprungen, hab meine Kinder sich selbst überlassen, so bin ich sonst nicht. Sie freuen sich sicher, dass ihre nervige Mutter weg ist, aber ich mach mir Sorgen. Mein Telefon hat im Flugzeug den Geist aufgegeben, kann ich deins benutzen?“, hoffte sie.
„Sicher, hier. Ich hol dir dein Wasser, mach’s dir bequem“, gab er ihr sein Smartphone und ging in die Küche.
 
„Ja, Süße, ich weiß, dass nervt dich, aber ich mach mir um dich Sorgen. Du hast dein Eis-Pack beim Sport dabei?“, telefonierte Kate mit ihrer Tochter, als Pagan zurückkam.
„Ja, ich weiß, dass du da drauf achtest, ich lass dich damit auch in Ruhe. Ich weiß nicht, wann ich zurück bin, ich sag’s dir aber, sobald ich es weiß. Wir chatten heute Abend nochmal, okay? Ja, hab dich auch lieb“, verabschiedete sie sich von ihrer Tochter und legte auf.
„Hey, ich wollte dich nicht belauschen, hier ist dein Wasser“, setzte sich Leito neben seine Schwester.
„Hast du nicht. Rochelle hat es auch, sie ist schon 17, ich mach mir trotzdem jeden Tag Sorgen“, bemerkte sie.
„Ja, meine Mutter macht sich auch immer noch Sorgen. Die Hitze macht dir ziemlich zu schaffen, willst du eine kalte Dusche nehmen?“
„Ja, bitte. Geh du ruhig deinem normalen Tagesgeschäft nach, tu so, als wäre ich nicht hier“, bat sie.
„Meinem normalen Tagesgeschäft bin ich schon ne Weile nicht mehr nachgegangen, keine Sorge, du störst nicht“, versicherte er.
„Ist es immer noch wegen ihr?“, wollte sie wissen.
„Unter anderem, ich erzähl dir wohl mehr als ich dachte. Ist kompliziert mit ihr, wie immer, anscheinend hat sie sich jetzt einen gutaussehenden Doktor geangelt, bin wohl zu spät dran“, sagte er traurig.
„Blödsinn, so wie ich das sehe, liebt sie dich sehr, sie versucht sich nur abzulenken. Hast du immer noch die blödsinnige Idee, dass du keine Kinder bekommen solltest?“, wollte sie wissen.
„Das ist meine Sache, Kate, ich will sie und auch keine andere Frau damit belasten!“
„Glaubst du, das Leben von meinem Mann und mir war ein Zuckerschlecken? Es ist ein Kampf, jeden Tag, aber ich würde meine Kinder um nichts missen wollen“, bemerkte sie.
„Ich glaub nicht, dass ich so stark bin wie du, ich könnte es nicht ertragen meine Kinder so leiden zu sehen, wie ich leide“, entschied er.
„Du hast Angst, ganz einfach. Du nimmst das als blöde Ausrede, um sie auf Abstand zu halten, was ist, wenn ihr das egal ist? Was machst du dann?“, neckte Kate ihren kleinen Bruder.
„Sie hat verlauten lassen, dass sie das aushalten würde“, erwiderte er.
„Siehst du? Was ist dann dein Problem, du Trottel? Was ich von ihr weiß, wäre es mir eine Ehre, sie als Schwägerin zu haben“, entschied Kate. In dem Moment klingelte es bei Leito.
„Verdammt, hartnäckiges Biest“, murrte er und ging zur Tür.
„Ist sie das?“, fragte Kate neckend.
„Äh, ja, du sagst nichts, ja?“, hoffte er.
„Ich schweige, wer soll ich sagen bin ich?“
„Meine Schwester, sie weiß von dir, deswegen ist sie vermutlich auch hier, aber ich verleugne dich nicht“, entgegnete er und drückte die Tür auf, dass Rachel hochkommen konnte.
„Du bist ganz schön neugierig, meine Liebe, konntest nicht abwarten, bis ich ins Büro komme. Komm rein, musst nur warten, bis ich geduscht habe“, ließ er Rachel rein.
„Wollte dich eigentlich mitnehmen und du kannst die Zeit nutzen, mir alles zu erklären“, bemerkte sie, als sie reinkam.
„Hey, ich bin Kate“, kam seine Schwester zu ihnen hin.
„Rachel, also wer ist sie?“, beäugte sie sie kritisch.
„Sei lieb, sie ist meine große Schwester“, bat er.
„Pagans verschollene Tochter. Sie ist hier?“, sagte sie verwundert.
„Ja, Pagan Foster ist mein Vater, kannst ihn fragen, wenn du willst“, erklärte Kate ihr.
„Was? Weiß Tante Lula dass sie hier ist?“
„Noch nicht, lass mich bitte einfach mal fünf Minuten mit meiner Schwester verbringen ohne viele Fragen“, bat er und sie nickte.
„Du bist die Tochter des besten Freundes meines Vaters, oder? Ich hoffe, wir können Freundinnen werden“, entgegnete Kate und umarmte sie.
„Äh ja, meinetwegen, du bist wegen deinem Dad hier, oder?“
„Ja, sieht so aus. Ich will euch nicht aufhalten, ich kann mich doch in der Küche bedienen, oder?“
„Sicher, aber ich bin eher der Auswärts-Esser, ist nicht viel da“, konterte er.
„Ich werde schon was finden, lasst euch nicht stören“, entschied sie und ging in die Küche.
„Das ist also deine Schwester“ stellte Rachel fest.
„Ja, ich muss mich jetzt für die Arbeit fertigmachen, dann vielleicht noch fünf Minuten mit Kate sprechen. Erstmal muss ich aber duschen“, plante er.
„Kann ich mitkommen?“, wollte sie verführerisch wissen.
„Äh, was?“
„Soll ich’s dir aufzeichnen?“, säuselte sie und zog ihn in die Dusche.
 
„Was? Ja, ich weiß, ich bin nicht gestylt, ich muss ja nicht vor die Kamera“, nörgelte Rachel, als Mac sie ständig ansah, während sie arbeiteten.
„Du trägst Leis Lieblingsshirt“, realisierte er.
„Er hat er mir gegeben, hast du nichts Besseres zu tun?“
„Du riechst nach seinem Kokosnuss-Shampoo!“
„So, hab bei ihm geduscht, ich hab echt nicht viel geschlafen, kannst du mich bitte arbeiten lassen?“, bat sie genervt.
„Du hast mit ihm geduscht, oder?“
„Kein Kommentar“, murmelte sie.
„Ich dachte, du wärst mit dem heißen Arzt zusammen?“
„Ich hatte Sex mit dem heißen Arzt, mehr nicht. Das Leben ist kurz und ich werde jeden Moment genießen“, entschied sie.
„Mit dem heißen Arzt kannst du vielleicht ungezwungen rumvögeln, aber Leito ist einer deiner ältesten Freunde, das kannst du mit ihm nicht machen“, erwiderte er.
„Hab ich gesagt, dass ich das machen werde? Wir gehen am Wochenende nochmal miteinander aus, ganz offiziell“, bemerkte sie nur.
„Gut, das ist gut!“
„Und bei dir? Habt ihr seine Rückkehr gebührend gefeiert?“, wollte sie etwas über das Liebesleben ihres besten Freundes wissen, um von ihrem eigenen abzulenken.
„Wir haben uns sehr lange unterhalten“, begann er.
„Tut mir leid“, sagte sie nur.
„Was tut dir leid?“
„Das eure Ehe anscheinend irgendwie feststeckt, wenn ihr euch nur unterhaltet“, entschied sie besorgt.
„Bitte, unsere Ehe steckt so gar nicht fest, ich hatte schon am Flughafen Sex mit ihm, danach hatten wir viel Zeit zum Reden. Wir wollen das jetzt ernsthaft mit der Leihmutter angehen“, konterte er rechthaberisch.
„Das ist schön, aber meine Antwort ist immer noch nein!“
„Wissen wir, wir werden eine Agentur engagieren, um die perfekte Baby-Mutter zu finden. Du wirst doch immer noch Patentante, oder?“
„Sicher, wäre mir eine Ehre. Kann ich auch ein Sagen haben, was die Baby-Mama angeht?“
„Du kannst uns beraten, entscheiden tun wir aber dann schon. Wir wollen heute Abend mal im Internet suchen, willst du mitmachen?“
„Eigentlich gern, aber mein Kendo-Tournier ist bald und ich sollte mal wieder trainieren“, entschied sie.
„Es ist doch immer noch viel zu heiß für diesen schweren Anzug“, war er besorgt.
„Ich kann meine Körpertemperatur regulieren, ich vergess immer das nicht für selbstverständlich zu sehen, ich komm klar. Ich hab die restliche Woche nur noch Auftritte, ich kann nur heute trainieren“, erklärte sie.
„Dann hast du ne anstrengende Woche vor dir, teil deine Kräfte auf. Das heißt, keine heißen Stelldicheins in der Dusche mehr“, konterte er nur.
„Du willst nicht, dass wir zusammensind, oder?“, realisierte sie.
„Wow, ganz langsam, das hab ich nicht gesagt, wir sind wohl etwas unschlüssig, was?“
„Sieht so aus, ich muss das aber mit ihm allein klären, okay?“
„Sicher, aber ich bin für dich da, wenn du mich brauchst!“
„Weiß ich doch, jetzt lass uns weiterarbeiten, ich muss heute rechtzeitig aus dem Studio“, bat sie und sie arbeiteten weiter.

Zehntes Kapitel

 
Sie schwitzte gewaltig. Ihr männlicher Trainingspartner nahm sie richtig hart ran.
„Bruce, warte, gib mir ne Minute“, stoppte sie ihn.
„Glaubst du, deine Gegnerin wird dir beim Wettbewerb eine Minute geben? Du musst auf alles vorbereitet sein“, konterte Bruce cool und Rachel stürzte ihn zu Boden.
„Das hast du nicht erwartet, was? Ich koche unter den Klamotten“, murrte sie und zog ihren pechschwarzen Mantel aus.
„Das ist mein Mädchen, du hast sie gehört, Bruce, gib ihr zehn Minuten“, stand Leito grinsend breitbeinig in ihrer Sporthalle.
„Zehn Minuten, aber nicht länger“, bat Bruce und sie ging mit Leito mit.
„Hey, was machst du hier?“, schmunzelte sie, als sie den Gang der alten Turnhalle nebeneinander hergingen. Wortlos presste er sie sanft gegen die Wand und küsste sie leidenschaftlich.
„Wow, du bist heiß“, murmelte sie.
„Ja, ich weiß, knabberte er an ihrem Hals herum.
„Nein, ich meine, deine Körpertemperatur ist zu hoch, komm mit“, zog sie ihn zu den Duschräumen.
„Na, willst da weitermachen, wo wir heute Morgen aufhören mussten? Tut mir leid, ich konnte nicht, während meine Schwester da war“, säuselte er, während sie sein T-Shirt auszog.
„Ja, so in etwa. Tut mir leid, ich kann nicht nass werden“, schupste sie ihn in eine Duschkabine, drückte den Knopf für das kalte Wasser und sperrte ihn ein.
„Du Hexe“, schimpfte er frierend.
„Wer nicht hören will, muss fühlen. Schon kalt genug?“, lehnte sie sich lässig gegen die Dusch-Tür.
„Ich würd mich nicht so an die Tür lehnen“, sagte er plötzlich.
„So kannst du nicht raus“, entschied sie. Just in dem Moment sprang die Tür auf und sie plumpste auch in die eiskalte Dusche.
„Die Türen haben einen Notfallhebel, falls die Tür klemmt, ich hab mein halbes Leben in Duschen verbracht, da lernt man so einiges. Du kannst auch ne Abkühlung gebrauchen“, konterte er und half der total durchnässten Rachel hoch.
„Jetzt bin ich ganz nass“, maulte sie und er grinste sie an.
„Ich bin heiß, du bist feucht, das ist der Beginn von etwas Großem“, flirtete er und küsste ihn ihren Nacken.
„Bruce wird echt sauer werden“, murmelte sie und ließ sich von ihm verführen.
 
Sorgfältig steckte Rachel ihre grün-lila Strähne fest und starrte in den Spiegel der Umkleide. Sie bereitete sich mal wieder für einen Auftritt vor.
„Bist du nicht langsam nen bisschen zu alt für Neon-Farben?“, tauchte plötzlich Mac hinter ihr auf.
„Verdammt, du hast mich erschreckt, was machst du hier?“, schreckte sie auf.
„Wir wollten dich mal singen hören, ist ne Weile her, dass wir hier waren“, war er bei ihr angekommen und half ihr bei dem Haarteil.
„Wir?“
„Mein Mann und ich, mein ich damit, Lei ist nicht dabei, er ist mit seiner Schwester bei ihrem Dad. Ist doch Wahnsinn, dass er ne Schwester hatte, von der wir nichts wussten“, lenkte er vom Thema ab.
„Ja, Wahnsinn!“
„Ich weiß nicht ganz genau, ob du jetzt traurig, oder erleichtert bist, dass er nicht hier ist heute Abend“, versuchte er zu verstehen.
„Erleichtert, hab noch nie vor ihm gesungen und werde das auch nicht zur Regel machen“, griff sie nach einem Döschen mit Tabletten.
„Was soll das denn? Hast du jetzt die Droge gewechselt?“, riss er ihr das Döschen aus der Hand.
„Das sind pflanzliche Tabletten, um mich zu beruhigen, das ist mein erstes Mal, dass ich nüchtern auftrete, meine Mom hat die mir besorgt, gibst du sie mir bitte wieder?“
„Sorry, klar, du hast das wirklich noch nie nüchtern gemacht?“, wunderte er sich.
„Sex, Drug’s and Rock’n Roll, das kennt man doch. Wenn du schon so schön dastehst, kannst du mir die Haare flechten?“, hoffte sie.
„Ich bin ein Bär, ich mache keine Haare, darauf steht nur mein Göttergatte, wie du weißt!“
„Ja, richtig, sorry, hab nicht viel geschlafen, letzter Nacht, mein Training ging gestern länger als ich dachte!“
„Du wolltest es doch nicht übertreiben!“
„Keine Sorge, ich hab kalt geduscht“, versprach sie mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen.
„Mit ihm, oder?“, stellte er fest.
„War nicht geplant, aber ja, mit ihm. Das kann so nicht klappen, wir haben nur Sex, das wollte ich so nicht“, richtete sie ihre Haare selbst, nachdem sie ihr Medikament genommen hatte.
„Dann sag ihm das, er hat sich in den letzten Monaten zwar sehr verändert, aber ich glaub nicht, dass er das auch will. Jetzt sieh dich an, du bist so wunderschön, weißt du das eigentlich?“, sah er seine beste Freundin an.
„Ich weiß, aber es ist immer schön zu hören. Jetzt geh zurück zu deinem Hübschen, ich komm hier klar, versprochen“, versicherte sie und er ging lächelnd davon.
 
Spät an diesem Abend, Rachel war gerade erschöpft in ihr Bett gefallen, klingelt es an ihrer Tür. Sie sah auf das Display und erkannte ihren Freund vor der Tür stehen.
„Eins muss man dir lassen, für dein Alter hast du echt eine ausgeprägte Libido“, öffnete sie ihm die Tür.
„Erstmal, autsch, ich bin im besten Alter. Ich hab nur zwei Frauen in meiner Wohnung und musste da raus. Ich will einfach nur mit dir in einem Bett schlafen, ohne Hintergedanken“, bat er.
„Dann komm rein, aber wenn du was versuchst, gibt’s Arger und glaub mir, ich kann das Training gebrauchen“, ließ sie ihn rein.
„Ich kenn dich in dem Zustand, du bist viel zu müde um aufrecht zu stehen. Ich will dich auch nicht lang aufhalten, ich dusch kurz und komm dann zu dir ins Bett, wenn das so okay ist!“
„Ja, klar, hab auch noch dein Shirt da, kannst ja das anziehen. Bis gleich“, ging sie in ihr Schlafzimmer.
„So, wie war dein Auftritt?“, wollte er wissen, als sie später in seinem Arm lag.
„Wie immer, wir müssen nicht reden, ich bin ehrlichgesagt sehr müde“, sagte sie mit geschlossenen Augen.
„Sicher, kann ich dir aber von meinem Tag erzählen, ich muss das irgendwie loswerden!“
„Ich werde vermutlich dabei eindösen, ist das okay?“
„Klar, Süße, schlaf einfach“, küsste er ihren Kopf und sie schlief ein.
 
„Also, was willst du wegen deinem Frauen-Problem machen?“, fragte Rachel, als sich die beiden am nächsten Morgen an einem Stand auf der Straße Kaffee holten.
„Du hast mich also noch gehört?“, war er überrascht.
„Wir Frauen können so einige Dinge gleichzeitig, ich hab nicht mehr alles gehört, nur das nötigste. Deine Mom sagt doch, sie kommt mit Kate klar!“
„Ja, sagt sie, aber ihr Weiber …. Sorry, Frauen, sagt so einiges, wenn der Tag lang ist. Ich will nicht, dass die beiden im Streit auseinander gehen, ich möchte eine Beziehung zu meiner anderen Familie aufbauen, ohne meine Familie zu verletzen. Dad hat sich gefreut, dass sie da war“, erklärte er.
„Die beiden kriegen sich schon ein, wenn du deine Schwester und ihre Familie öfter sehen willst, musst du das einfach machen, ich steh hinter dir!“
„Danke, Süße“, bedankte er sich und küsste sie sanft. Sie schreckte auf.
„Was ist? Tut mir leid, war das unangebracht?“
„Nein, das war schön“, küsste sie ihn zurück.
„Morgen, meine Süßen, alles klar bei euch?“, stand Mac plötzlich neben ihnen.
„Morgen, ja, alles bestens, wir sind heute mal alle pünktlich, was?“, erwiderte Mac und drängte sich zwischen die beiden.
„Sieht so aus. Alles in Ordnung zu Hause?“
„Ja, bin nur früh wachgeworden und ich dachte, ich könnte den Tag nutzen. Ihr wart wohl auch fleißig, was?“, fragte er neckend.
„Wenn du damit fragen willst, ob Rach und ich jetzt offiziell ein Paar sind, kann ich nur sagen, keine Ahnung, wir genießen es zusammen zu sein, alles andere werden wir sehen“, erklärte Leito cool. Rachel löste sich von Macs Griff und ging allein die Studiotreppen hoch zu ihrem Arbeitsplatz.
„Das sieht sie wohl anders, mein Freund“, klopfte Mac seinem Cousin noch mal auf die Schulter und ging hinter Rachel her.
 
Der Dampf eines heißen Kaffees, der ihr hiergestellt wurde, ließ ihren Bildschirm beschlagen. Wortlos stellte sie die Tasse zur Seite.
„Du bist sauer, verstehe“, hörte sie die sanfte Stimme von Leito.
„Nein, bin ich nicht, ich arbeite, was willst du?“
„Ich bin gern mit dir zusammen, aber denk daran, wenn wir das offiziell machen, hängt da so viel dran. Deine Eltern, meine Eltern und mein Onkel und meine Tante haben sicher da auch noch was dazu zu sagen. Deine Mutter sieht in mir immer noch den versoffenen Taugenichts und sie wird ihre Meinung nicht ändern, vor allem nicht, wenn ich so nen Mist baue wie neulich“, versuchte er zu erklären.
„Ich hab nicht gesagt, dass du mir gleich einen Ring an den Finger stecken sollst, aber Mac ist einer von uns, wir drei sind doch die drei Musketiere, er kann es doch ruhig wissen“, bemerkte sie ruhig, aber mit gereiztem Unterton.
„Ich weiß, aber in letzter Zeit waren wir ja nicht grad sehr eng. Ich weiß nicht, ob ich ihm voll und ganz vertrauen kann!“
„Wir sind wie Brüder, dachte ich eigentlich mal, Musst du dich nicht für die Sendung fertig machen?“, stand Mac plötzlich hinter seinem Cousin.
„Ja, sollte ich, seh dich später“, küsste Leito den Kopf seiner Freundin, sah Marco kritisch an und ging davon.
„Er vertraut mir also nicht, dass ich ein Geheimnis für mich behalten kann, ich habe seine Alkoholsucht beinahe drei Jahre für mich behalten, das kränkt mich echt“, konterte Mac und setzte sich an seinen Tisch.
„Du hast drei Jahre von seiner Alkoholsucht gewusst und nichts gesagt?“, wollte sie plötzlich wissen und sah ihn an.
„Äh, wir sollten wieder arbeiten“, druckste Mac herum.
„Herrgott, du hast genau gewusst, wie ich unter seiner Alkoholsucht gelitten habe, wir hätten ihm beide schon viel früher helfen können“, wurde sie jetzt auch ärgerlich auf ihren besten Freund.
„Ich hatte ihm geschworen, es für mich zu behalten und genau aus dem Grund, dass du so emotional auf das Thema reagiert hast, hab ich dich da außen vor gelassen“, versuchte er sich zu verteidigen.
„Ich hab ihn geliebt, verdammt, noch mal“, wurde sie laut.
„Ganz ruhig, das hab ich auch, deswegen hab ich alles gemacht, was er mir gesagt hat. Das ist zehn Jahre her, er ist jetzt trocken und stabil, alles ist gut“, bemerkte er.
„Er macht ne harte Zeit durch, ich fürchte, er wird einen Rückfall haben“, gestand sie.
„Das lassen wir nicht zu, keine Sorge, Ja, er macht eine schwere Zeit durch, aber wir sind alle da um ihn zu unterstützen. Du bist grad selbst im Kampf gegen den Alkohol, wir sollten eher auf dich sehen“, bemerkte Mac und nahm ihre Hand.
„Ich komm klar, ich bin jetzt schon eine Weile ohne und vermisse es nicht, ich glaub, ich krieg noch rechtzeitig die Kurve“, bemerkte sie.
„Gut, aber ich glaub nicht, dass das so einfach ist, du musst trotzdem vorsichtig sein und wir unterstützen dich dabei. Ich werde nicht mehr in eurer Gegenwart trinken“, versprach Mac.
„Das wäre nett, denn das ist echt nervig. Ich brauch dich vorne, bitte komm mit“, kam Leito zurück und Mac folgte seinem Cousin.
 
„So, mit was soll ich dir helfen?“, fragte Mac freundlich, als sie draußen waren.
„Was hast du ihr gesagt?“, drückte Leito ihn mit der Hand an Macs Brust gegen die Wand.
„Au, nichts, was ist mit dir los?“, jammerte Mack und Leito ließ ihn los.
„Sorry, Cous, ich hab Angst, dass du ihr ausredest, mit mir zusammen zu sein“, entschuldigte sich Leito plötzlich.
„Wenn ich das wollte, und ich will es nicht, du kennst sie, sie würde nicht auf mich hören“, beruhigte er ihn.
„Ich will sie nicht verlieren“, sagte Leito plötzlich fast lautlos.
„Du wirst mich nicht verlieren, wenn das mit uns nicht klappt, werde ich immer deine Freundin sein, solang ich lebe“, kam Rachel zu den beiden. Wortlos und mit einem leichten Lächeln umarmte Leito seine Freundin.
 
Wild knutschend kamen die beiden am Abend in Rachels Wohnung an. Als sie gerade ein Vorspiel an der Wand ihres Flures vollführten, räusperte sich plötzlich jemand.
„Heilige Scheiße, Dad, ich hab dir den Code für Notfälle gegeben“, realisierte Rachel panisch, dass ihr Vater ihr zugesehen hatte und schob Leito von sich weg, um ihre Kleidung zu richten.
„Wir müssen reden“, begann Ramon.
„Wenn du uns jetzt sagst, dass wir Bruder und Schwester sind, fang ich sofort wieder an zu trinken“, bemerkte Leito ohne sich umzudrehen.
„Dein Vater hätte mich sicher gekillt, wenn ich deine Mutter geschwängert hätte. Nein, ihr seid keine Geschwister. Kommt rein“, bat Ramon ernst.
„Ich brauch noch nen Moment“, hatte Leito mit einer Erektion zu kämpfen.
„Gut, dann komm nach“, grummelte Ramon und seine Tochter ging mit ihm in ihr Wohnzimmer. Dort saßen schon Lula und Catherine.
„Geht es Pagan gut?“, war Rachel besorgt.
„Ja, er ist fleißig am Meckern, aber ihm geht’s gut. Es ist was anderes“, begann Lula.
„Wenn ihr jetzt unsere Hochzeit planen wollt, brech ich aber auch meine Abstinenz, das könnt ihr aber glauben“, sagte Rachel in die Runde.
„Wie ernst ist es dir mit Dr. Banks Lewingworth?“, fragte Lula ihr Patenkind.
„Was? Woher weißt du von Banks?“, war Rachel total verdattert.
„Privatdetektivin, schon vergessen. Was ist deine Beziehung zu Banks?“
„Wir heiraten nächsten Monat, deshalb war ich grade beim Vorspiel mit Lei. Ist dir irgendwie langweilig?“, verstand Rachel nicht.
„Wie bist du mit ihm verblieben?“, fragte Lula weiter.
„Ich hab ihn ehrlich gesagt nicht mehr gesprochen seit unserem One-Night-Stand, um was geht es denn genau?“
„Setz dich“, bat Cat ihre Tochter und die setzte sich zögerlich.
Plötzlich hörten sie, wie die Haustür geschlossen wurde.
„Na toll, jetzt habt ihr ihn verscheucht“, murrte sie und fluchte dabei innerlich, dass er sie mit dem allen allein gelassen hatte.
 
„Man, ich war echt Ewigkeiten nicht mehr hier, ist komisch, wieder hier zu sein“, bemerkte Mac, als er mit seinem Mann durch die engen Gänge ihrer früheren Lieblingsbar ging.
„Ja, wir gehen echt zu wenig aus, aber diese Bar brauchen wir jetzt nicht mehr, da wir doch anscheinend glücklich verheiratet sind“, entgegnete Mos und sah sich in der Schwulenbar um.
„Ja, sicher, Schatz, aber du weißt, dass ich heute nach einem bestimmten Mann suche“, sah Mac sich auch um und steuerte dann zielgerichtet auf den Tresen zu.
„Ich glaub immer noch nicht, dass er hier ist, das mit Rachel muss ja echt schief gegangen sein“, erwiderte Mos und ging ihm hinterher.
„Hey, sagst du mir, was du hier machst?“, war Mac am Tresen angekommen.
„Ich hab nicht die Seiten gewechselt, wenn du das Wissen willst, obwohl das vielleicht einfacher wäre“, nuschelte Leito in seinen Drink.
„Du trinkst wieder? Nach all dem, was du mir versprochen hast? Was ist dein Gift des Abends, Wodka?“, fragte Mac wütend, schnappte sich den Drink seines Cousins und trank daraus.
„Wäh, was ist das denn für ein Mist?“, fragte Mac angeekelt.
„Anita, machst du mir noch mal ein Ginger-Ale mit Zitronensaft?“, bestellte Leito bei dem Travestie-Künstler-Barkeeper.
„Klar, Süßer, kommt sofort“, ging Anita weg, um nochmal Zitronen auszupressen.
„Das ist ne Alk-Free-Bar inzwischen, ihr wart echt zu lang weg vom Markt. Ich möchte allein sein, könnt ihr euch verpissen?“, war Leito in ganz mieser Stimmung.
„Keine Chance, dass du jetzt nichts trinkst heißt nicht, dass du nicht in ne andere Bar gehst und das machst. Was ist passiert?“
„Meine Familie und ihre wollen nicht, dass wir zusammensind, ihre Mutter drängt sie dazu, mit Dr. Schönling zusammenzukommen, er ist auch die richtige Wahl für ihn“, murmelte Leito traurig.
„So viel Bullshit hab ich noch nicht gehört, echt nicht. Ich krieg nen zehner von dir, Mac, du hast nicht geglaubt, dass ich ihn mit der APP finde, das hab ich aber. Ich parke übrigens verdammt weit weg, ist ja die Hölle los hier. Hi, Schatz, muss ich dir jetzt auch zu deinem Coming-Out gratulieren?“, war Rachel auch bei ihnen angekommen.
„Sie ist auch hier?“, war Leito überrascht, aber auch erfreut, sie zu sehen.
„Ja, sie kann dich hören. Können wir reden?“, hoffte sie.
„Sicher, gehen wir raus“, bat er und ging mit ihr vor die Tür.
 
„Warum bist du abgehauen? Unsere Familien drehen durch, wegen uns“, begann sie, als sie sich auf eine Treppe gesetzt hatten.
„Ich bin ein schlechter Freund, in einer Beziehung und als bester Freund“, entgegnete er.
„Ja, und ja, also weiter?“
„Sie wollen nicht, dass wir zusammen sind, ich versteh das, schon gut, du musst nichts mehr sagen“, bemerkte er trocken.
„Ja, das wollen sie, aber nicht, aus dem Grund, den du dir ausmalst“, erklärte sie.
„Oh, ich kann mir schon so viel ausmalen“, entschied er und stand auf.
„Kannst du mich mal fünf Minuten ausreden lassen?“, wurde sie wütend und hielt seinen Arm fest.
„Ich hab schon verstanden, mach es nicht schlimmer, als es ist“, forderte er.
„Klappe“, zog sie ihn wieder auf die Treppe und küsste ihn leidenschaftlich.
„Weib, was ist dein Endspiel?“, raunzte er und sie hielt seinen Mund zu.
„So, jetzt rede ich. Dein Vater ist anscheinend mit einem sehr gefährlichen Mann aufgewachsen, Banks ist anscheinend sein Sohn und unsere Eltern wissen nicht, wie Banks reagiert, wenn ich ihn abserviere. Ich werde ihn aber abservieren, versprochen, ich muss noch überlegen wie, ohne unser Leben zu gefährden, aber ich liebe dich und will mit dir zusammen sein“, erklärte sie ihm.
Wortlos zog er ihre Hand von seinem Mund und ging einfach davon.

Elftes Kapitel

 
„Hey, hier bist du“, fand Mac seine beste Freundin zwei Tage später versunken auf der Couch im Aufenthaltsraum des Studios vor.
„Was machst du hier? Du musst nicht hier sein“, sagte Rachel tonlos.
„Nur weil er Urlaub genommen hat, muss ich nicht zu Hause rumsitzen, ich find schon was zu tun, im Moment kümmere ich mich um dich, da du schon längst wieder bei der Arbeit sein solltest!“, entschied er und streckte ihr seine Hand entgegen.
„Ich hasse diesen Job hier, das fällt mir jetzt erst auf, wo er weg ist!“
„Er ist nur im Urlaub, er kommt zurück, versprochen!“
„Du hast mit ihm geredet, oder?“
„Gestern Abend, ihm geht’s gut, er muss sich nur über ein paar Sachen klarwerden“, versprach er.
„Ja, versteh schon, das ist viel, was er verarbeiten muss“, entschied sie.
„Ehrlich gesagt, er glaubt dir nicht, er sieht das nur als Ausrede“, erklärte er ihr.
„Was? Seine Mutter hat mir das erzählt, ich hab mir das nicht ausgedacht“, wurde sie wütend.
„Gut, sei wütend, du bist nicht schuld“, erwiderte er.
„Ich muss mit ihm reden, deckst du mich für ne Weile?“
„Das mach ich schon den ganzen Vormittag, okay“, bemerkte Mac und sah seiner besten Freundin zu, wie sie das Studio verließ.
 
Pagan zeigte auf die Tür des Krankenhauszimmers. Sein Sohn sah auf.
„Sorry, ich hoffe, ich störe euch nicht“, kam Rachel vorsichtig in den Raum.
„Nein, Süße, ich freu mich doch, wenn du mich besuchst“, freute sich Pagan und Rachel kam zu Pagan hin und küsste ihn sanft auf die Stirn.
„Wie geht’s dir?“, fragte sie ihn.
„Gut, ich kann bald raus, sagen die Ärzte. Willst du ihn ignorieren?“, sah Pagan zu seinem Sohn.
„Das hat er in den letzten zwei Tagen auch getan, momentan schon, ja“, sah sie Leito nicht an.
„Wie hast du gewusst, dass ich hier bin?“, sprach Leito sie an.
„Hab ich nicht, ich wollte nur deinen Dad besuchen. Kann ich dir irgendwas besorgen, Onkel Pagan?“, ignorierte sie ihn weiter.
„Ich hab alles, danke Süße. Ihr solltet reden, mir zu liebe“, bat Pagan.
„Gut, Lei, vor die Tür“, bat sie und ging mit Leito raus.
Wortlos stumpfte sie ihm mit drei Fingern gegen die Brust.
„Au, das hat wehgetan!“, mault er.
„Nein, hat es nicht, Doofkopf“, murrte sie.
„Du hast mich seit der 3. Klasse nicht mehr so genannt. Er hat es dir gesagt, oder?“, realisierte er.
„Ja, glaubst du, ich würde so was erfinden? Ich liebe dich und will nichts zwischen uns haben“, murrte sie.
„Ich liebe dich auch, aber wir wissen nicht wie Banks reagiert, du musst das erst mit ihm klären“, bat er.
„Du glaubst mir jetzt also?“
„Ja, das hätte ich sofort tun sollen, verzeih mir. Mein Dad hat mir endlich die ganze Geschichte erzählt, wenn er nur ansatzweise wie sein Vater ist, sind wir ziemlich in Gefahr“, entschied er.
„Wenn du gestern meine Anrufe entgegengenommen hättest, wüsstest du, dass ich mit ihm gesprochen habe. Seine Mutter und er haben vor ewigen Zeiten mit seinem Vater gebrochen und er hat keinen Kontakt mehr zu ihm. Es ist alles in Ordnung“, erzählte sie ihm.
„Das ist gut, sehr gut, sorry, das waren heftige Wochen für mich, ich hätte nicht weggehen sollen“, entschuldigte er sich und umarmte sie fest.
„Können wir jetzt mit dem Hin- und Her aufhören und endlich das Liebespaar sein, was wir immer wollten?“, hoffte sie und er küsste sie sanft.
 
„Du hast ihn wieder zum Lächeln gebracht, gratuliere“, freute sich Mac, als Rachel und sie zusahen, wie Leito professionell die Abendnachrichten moderierte.
„Das hat sich eigentlich ganz von allein geklärt, Gott sei Dank. Wir sind aber noch weit entfernt von einer Zukunft miteinander, wenn so eine Kleinigkeit uns schon trennt. Ich muss jetzt los zu meinem Kampf, sag ihm, ich komm danach zu ihm“, nahm sie ihre Tasche.
„Viel Erfolg, pass auf dich auf!“
„Mein Gegner muss auf sich aufpassen. Schlaf gut, Süßer“, verabschiedete sie sich und ging in den Feierabend.
 
Rachel behielt eine ganze Weile die Oberhand bei ihrem Wettkampf und es sah aus, als würde sie gewinnen, doch plötzlich wendete sich das Blatt und sie landete auf den Matten.
„Rocket, steh auf, du hattest sie fast. Rach‘, hörst du mich?“, kam Bruce zu seiner Schülerin, die sich nicht bewegte und zog ihr den Schutzhelm ab. Sie war bewusstlos.
„Fuck, holt nen Krankenwagen, sie hat es ziemlich erwischt“, rief Bruce und Sanitäter eilten zu der Kämpferin.
 
Im Krankenwagen kam sie wieder zu Bewusstsein. Sie hörte Bruce etwas entfernt von ihr reden.
„Hey, keine Sorge, dir wird es gleich besser gehen“, vernahm sie plötzlich Banks Stimme.
„Banks, bist du das?“, wunderte sie sich.
„Es tut mir leid, so leid“, entschuldigte sich Banks und sie spürte einen medizinischen Pen in ihrem Arm. Während sie wegdämmerte, hörte sie das Heulen der Sirene, während sie wegfuhren.

Zwölftes Kapitel

 
„Was heißt, sie ist nicht im Krankenhaus angekommen? Wie kann ein Krankenwagen einfach verschwinden?“, schimpfte Leito im Krankenhausflur. Er war von Bruce verständigt worden, aber er kam noch vor seiner Freundin im Krankenhaus an.
„Tut mir leid, Sir, wir versuchen das gerade fieberhaft herauszufinden. Wenn es Sie beruhigt, ihre Freundin hatte nur eine leichte Gehirnerschütterung, es besteht keine Lebensgefahr“, versicherte die Rezeptionistin.
„Das beruhigt mich verdammt noch mal kein Stück“, raunzte er und erschreckt schloss die Sprechstundenhilfe ihre Box.
„Sie anzubrüllen bringt nichts, glaub mir“, klopfte Bruce ihm verständnisvoll auf die Schulter.
In dem Augenblick kamen Mac und Mos geeilt.
„Wir haben es gerade erfahren, wie geht es ihr?“
„Keine Ahnung!“
„Die wollen dir nichts sagen, verstehe, ich bin der Notfall-Kontakt, mir werden sie was sagen“, plante Mac.
„Sie ist hier nicht angekommen“, hielt Leito, Mac davon ab, wieder zur Rezeption zu gehen.
„Was? Wie kann sie hier nicht angekommen sein? Das sind nur vier Meilen vom Dojo bis hierher“, verstand Mac nicht.
„Ich weiß es nicht, deswegen bin ich vorhin auch laut geworden. Wir müssen sie suchen fahren, hier können wir nichts ausrichten“, plante Leito.
„Okay, Lei, Bruce und du fahren die Strecke ab, wir bleiben hier, falls sie doch noch auftaucht“, plante Mac und so machten sie es.
 
„Geh von ihr weg, du Vollpfosten“, hörte Rachel eine tiefe, ansprechende Stimme. Sie spürte, wie man sie untersuchte.
„Ich bin Arzt, sie hat ne Gehirnerschütterung, irgendwas muss ich doch machen“, hörte sie Banks‘ Stimme.
„Beweg deinen Arsch weg, ihr geht’s gut“, bat die andere Stimme wieder und Banks wurde zur Seite gestoßen.
„Lass mich frei, seelenloses Schwein“, fluchte sie im perfekten Spanisch.
„Oh, eine bilinguale Schönheit, was kannst du sonst noch so mit deiner Zunge anstellen, Sweetheart?“, kam der Mann, der sie festhielt näher an sie heran. Das hätte er nicht tun sollen, sie kickte ihm gezielt in die Eier.
„Du hast sie von einem Kendo-Tournier entführt, das hättest du vorrausehen müssen, Idiot“, sagte Banks mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
„Ich schlag dir das Grinsen aus der Fresse, wenn du dich nicht gleich wieder hinsetzt, ich hab immer noch deine Mutter, vergiss das nicht“, entgegnete der Mann und sein Lächeln erstarb, während er sich auf einen Stuhl setzte. Er schien müde, als hätte er tagelang nicht geschlafen.
„Ich wollte dich eigentlich wie eine Lady behandeln, aber du bist fernab von einer Lady“, drückte der Mann ihr brutal die Beine zusammen und fixierte diese mit Kabelband.
„Sie hat nichts damit zu tun, lass sie einfach gehen“, bat Banks erschöpft.
„Ich will mein Geld und endlich nach all den Jahren bekomme ich die Gelegenheit, es wieder zu bekommen, mit Zinsen natürlich“, erklärte der Kerl und grinste süffisant.
„Ich hab keine Ahnung, von was Sie reden. Lass mich raten, dass ist dein Dad, Banks?“, drehte Rachel ihren Kopf zu Banks, was ihrer Gehirnerschütterung nicht guttat.
„Mein Erzeuger, ja, tut mir leid, das wollte ich dir nicht antun, aber meine Mutter musste ihn ja unbedingt anrufen, nachdem ich ihr von der Sache erzählt habe. Sie haben sie entführt, ich wollte dir das niemals antun“, entschuldigte er sich beschämt.
„Schon gut, man kann nichts für seine Eltern, krieg ich wenigstens ne Aspirin, mein Kopf bringt mich um“, bat sie und Banks sah seinen Vater an.
„Meinetwegen, gib sie ihr“, entschied der Rocker und der Doktor verarztete seine Ex.
 
„Ja, sie sind einfach weggefahren, ich hab mir nichts dabei gedacht“, erläuterte Bruce mitten in der Nacht dem Polizisten im Krankenhaus.
„Du hast es nicht gewusst, mach dir keine Schuldgefühle. Der Krankenwagen wurde eindeutig gestohlen, können Sie ihn nicht orten, Officer?“, bat Leito den Polizisten erschöpft.
„Wir konnten ihn orten, sie war aber nicht mehr in dem Krankenwagen. Wir tun alles um sie zu finden, versprochen“, versicherte der Polizist.
„Danke, Officer, haben Sie meine Kontaktdaten?“, wollte Leito wissen.
„Ja, habe ich, wir melden uns sofort, wenn wir was Neues Wissen“, verabschiedete sich der Polizist und ließ sie allein.
„Sollen wir ihre Eltern anrufen?“
„Ja, sollten wir. Wer soll es machen?“, wollte Mac wissen.
„Machst du das bitte? Ich habe gerade ein zwiespältiges Verhältnis zu ihren Eltern“, bat er.
„Sicher, mach ich. Wir sollten gehen, wir können hier nichts mehr erreichen“, schlug Mac vor und sie verlie0en den Besucherraum, mit dem sie mit dem Polizisten gegangen waren.
 
„Glaubst du, es hat was mit deinem Vater zu tun?“, wollte Mac wissen, als sie zum Ausgang gingen.
„Leito“, hörten sie Pagan rufen und sie drehten sich um.
„Dad? Was machst du auf den Beinen?“, ging Leito zu seinem Vater.
„Ich hab einen Text bekommen“, sagte Pagan tonlos.
„Okay, danke für die Info“, verstand Leito nicht.
„Ich brauch 30 Riesen“, zeigte er seinem Sohn ein Bild auf seinem Smartphone. Dort war Rachel zu sehen, die gefesselt ein Schild hochhielt. Dort war die Summe aufgezeichnet.
„Rach‘, was ist hier los?“
„In der Kurzfassung, ich habe vor einer ganzen Weile jemanden bestohlen, den ich nicht hätte bestehen sollen. Deine Mutter wurde aus diesem Grund auch schon entführt, wir haben das nie erzählt, da dies ein dunkles Kapitel in unserer gemeinsamen Geschichte war. Kannst du das Geld bereitstellen?“, hoffte er.
„Ja, kann ich, aber das tu ich nur für sie, nicht für dich“, raunzte er.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sich Pagan trocken.
„Ja, sollte es auch. Wann brauchst du es?“
„Bis morgen Abend!“
„Ich werde morgen zur Bank gehen und es abheben“, sagte Leito nur und ging durch die Tür.
„Tut mir so leid“, entschuldigte sich Pagan auch bei Mac.
„Lass stecken, hol sie uns nur heil zurück“, bemerkte Mac genauso ungerührt und folgte seinem Cousin.
Nervös ging Leito auf und ab. In seiner alten Sporttasche brannte das Geld, was sie den Entführern geben wollten.
Ein Lieferwagen bremste vor ihm. Ein Kerl in Leder sprang aus dem Wagen.
„Wie rührend, er schickt den Junior. Hast du das Geld?“, fragte der Kerl und nervös hob Leito die Sporttasche hoch.
„Gib her!“
„Erst will ich sie sehen“, sagte er stotternd.
„Ein Dickkopf, wie dein Vater. Hier ist deine Alte“, zog der Kerl die Tür vom Van weiter auf und Leito atmete auf, als er seine Freundin unbeschadet wiedersah.
„Geld“, raunzte der Kerl.
„Erst sie“, verhandelte er.
„Man, wirklich wie dein Vater. Komm, raus“, zog der Kerl, Rachel brutal aus dem Wagen.
„Sie ist verletzt, mach langsam, hier ist dein Geld“, konterte Leito trocken und der Austausch wurde durchgeführt. So schnell wie sie aufgetaucht waren, war der Van auch wieder verschwunden und Rachel lag zitternd in seinen Armen.
„Geht’s dir gut?“, fragte er seine Freundin durcheinander.
„Ich muss mich übergeben“, sagte sie trocken, wankte zu einem Mülleimer und übergab sich dort.
„Komm, ich bring dich ins Krankenhaus“, führte er sie zu seinem Wagen.
 
„So, Miss Jones, Sie haben nur eine Gehirnerschütterung, Sie werden noch eine Weile Kopfschmerzen haben, ich werde Ihnen aber was verschreiben, was Ihrem Baby nicht schadet“, erklärte die Ärztin Rachel, als sie im Krankenhaus untersucht worden war.
„Baby?“, stotterte Rachel.
„Okay, das haben Sie noch nicht gewusst, Glückwunsch?“, fragte die Ärztin zögerlich.
„Wie weit bin ich?“, wollte sie wissen.
„Die Zeugung war vor ca. vier Wochen. Ihr Freund ist nicht der Vater, oder?“
„Möglicherweise, ich weiß es nicht. Er will keine Kinder“, konterte sie.
„Wir können einen Termin machen, wenn Sie wollen!“
„Nein, auf keinen Fall, ich rede mit ihm darüber. Kann ich gehen?“, hoffte sie.
„Wenn Ihr Freund die nächsten 24 Stunden auf Sie achtet, können Sie gehen!“
„Wenn er wegen der Nachricht abhaut, ruf ich meine Mutter an, versprochen!“
„Gut, dann können Sie gehen“, entschied die Ärztin.
„Danke, ich will wirklich nur heim!“
„Glaub ich. Hier ist Ihr Rezept“, gab die Ärztin ihr das Rezept und entließ sie.
 
„Hey, alles klar bei dir?“, wollte Leito wissen, als sie von dem Untersuchungsraum zurückkam.
„Du musst mich ne Weile beobachten, ich hab nur ne Gehirnerschütterung. Was machen wir wegen der Sache jetzt? Wir müssen die Polizei informieren, oder?“, wollte sie wissen.
„Ich weiß es nicht, ich hab sie wegen dem Lösegeld nicht informiert, das war ja sowas wie ne Familiensache, mein Dad war im Knast, er soll da nicht noch wegen Diebstahl einsitzen“, bemerkte Leito überlegend.
„Wenn du meinen Eltern erklärst, was los war, lassen wir die Cops da raus!“
„Das mach ich, ich hab zwar keine Ahnung wie, aber ich lass mir was einfallen. Jetzt bring ich dich erstmal zu mir nach Hause“, versicherte er und brachte sie zu ihm.
 
Den Morgen drauf wurden sie von der Klingel geweckt.
„Bleib liegen, ich geh hin“, zog er seinen Arm sanft unter ihrem Kopf weg und ging zur Tür. Es war Pagan.
„Dad, hey, die haben dich entlassen?“, stotterte Leito, weil er nicht wusste, was er sagen sollte.
„Ja, gestern Abend, danke für deinen Text!“
„Bitte, ihr geht’s gut!“
„Gut, was hast du den Cops gesagt?“
„Nichts, ich weiß nicht, was ich ihnen sagen soll. Komm erstmal rein“, bat Leito und ließ ihn rein.
„Sie wissen nichts von dem Lösegeld, wir sollten die Ratte ausliefern, die unser Mädchen entführt hat“, bemerkte Leito trocken.
„Das könnten wir machen, aber das alles ist komplizierter geworden. Er könnte möglicherweise der Vater meines Kindes sein“, kam Rachel aus dem Schlafzimmer, als sie sie gehört hatte.
„Du bist schwanger von ihm?“, wollte Leito geschockt wissen.
„Ich hatte in der gleichen Woche Sex mit dir und ihm, möglicherweise“, druckste sie herum.
„Er hat dich entführt“, versuchte Leito die Information zu verarbeiten.
„Er wurde von seinem Vater dazu gezwungen, wir können ihn nicht ausliefern“, bat sie.
„Das hat er zumindest gesagt, entweder geht mein Dad in den Knast, oder er“, entschied Leito trocken.
„Wir müssen uns was ausdenken, was wir denen erzählen“, plante Rachel.
„Bist du sicher?“
„Du wirst der Vater dieses Kindes sein, wenn ich dem zustimme, egal was kommt!“
„Du musst mich damit nicht erpressen, das wäre ich sowieso“, konterte er grummelnd.
„Ich hab dich dort nicht mit reingezogen, tut mir so leid, Kleines, es ist schlimm genug, dass mein Sohn meine alten Schulden zahlen musste. Wir gehen jetzt zur Polizei“, entschied Pagan.
„Nein, Dad, die stecken dich in den Knast!“
„Nein, werden sie nicht, das ist erstens längst verjährt und zweitens gab es nie eine Anzeige wegen des Geldes. Sag deiner Mom, dass ich sie liebe und dass alles gut wird“, entgegnete Pagan, drückte seinen Sohn fest an sich und verließ sie wieder.
„Wir sollten auch dort hingehen und ihm helfen, das aufzuklären, ich zieh mich an“, konterte Rachel ohne viel Emotionen und ging zurück ins Schlafzimmer.
 
Als sie auf der Polizeistation ankamen, die Pagan ihnen geschrieben hatte, war auch Cat dort.
„Verdammt, wer hat meine Mutter angerufen?“, fragte Rachel, die wegen der Kopfverletzung noch ziemlich erschöpft war.
„Sorry, das war ich, dachte, ich könnte meine Anwältin hier gebrauchen. Sie weiß jetzt alles, außer der Tatsache, dass sie Oma wird, das musst du ihr schon selbst sagen“, stand Pagan plötzlich neben den beiden.
„Hey, Dad, was haben sie gesagt?“, wollte er besorgt wissen.
„Ich hab meine Aussage gemacht, sie meinen, solang keine Anzeige vorliegt, ist alles in Ordnung. Hab Cat wohl umsonst herkommen lassen“, erklärte Leito.
„Das ist gut, ich sag es ihr. Bring deinen Dad nach Hause, er braucht seine Ruhe“, bat sie.
„Und du bleibst?“
„Ich muss mir grade über einiges klarwerden, ich meld mich bei dir“, küsste sie ihn sanft auf die Wange und er brachte seinen Vater nach Hause, während sie langsam auf ihre Mutter zuging.
„Rach‘, Gott sei Dank, dir geht’s gut, dir geht’s doch gut, oder?“, bemerkte Cat ihre Tochter und drückte sie fest.
„Ja, Mom, mir geht’s gut, die Jungs haben das gut gemacht“, lobte sie Leito und Pagan.
„Gut gemacht ist nicht das, was ich dazu sagen würde, aber zumindest bist zu zurück. Wie sehen denn deine Handgelenke aus?“, nahm Cat die Hände ihrer Tochter sanft in ihre.
„Kabelbinder, halb so wild. Lei hat seinen Vater wieder mitgenommen, er braucht deine Hilfe nicht“, erklärte sie ihr.
„Toll, gut, dass ich mich nicht mitten in der Nacht für ihn in mein bestes Kostüm geworfen habe. Warst du im Krankenhaus?“, wollte Cat wissen.
„Ja, nur ne Gehirnerschütterung, alles klar!“
„Dann ist ja gut, du solltest nach Hause gehen, du siehst nicht gut aus“, schlug Cat vor.
„Hatte ich vor. Hast du Dad und Fernando angerufen?“
„Ja, sie sind auch ziemlich besorgt gewesen, dein Dad war so kurz davor, Pagan zu killen, er kann froh sein, dass er momentan krank ist und nicht aufgeregt werden sollte“, erklärte Cat.
„Das wird wohl ne Weile seltsam zwischen uns sein, ich hoffe, das wird nicht alles verändern, wir sind doch Familie“, konterte Rachel.
„Mein Gott, du bist schwanger“, realisierte Cat.
„Äh, ja und bevor du losschimpfst, ich weiß es auch erst seit gestern Abend“, bemerkte Rachel vorsichtig.
„Ist Leito der Vater?“
„Äh … bin nicht so ganz sicher!“
„Was heißt, du bist nicht sicher? Wer sollte es sonst sein?“
In dem Moment wurde Banks in Handschellen ins Polizeirevier geführt.
„Ich glaub, ich muss mich wieder übergeben“, war es Rachel zu viel und sie eilte zu den Toiletten.
„Hey, Süße, alles klar bei dir da drin?“, kam ihre Mutter ihr nach.
„Ich kann das nicht“, keuchte Rachel in der Kabine und ihre Mutter öffnete langsam die Türe.
„Bitte sag mir nicht, dass das Kind von Pagan ist“, wollte Cat wissen.
„Das hast du nicht grad wirklich gefragt, oder?“, wurde Rachel wütend.
„Sorry, du bist so oft mit ihm zusammen gewesen in letzter Zeit, das ist verdächtig“, entschied Cat.
„Er hat sich von Tante Lula getrennt, ich wollte ihm beistehen“, rappelte sie sich auf.
„Die beiden haben sich getrennt?“, fragte Cat.
„Fuck, das war ja nen Geheimnis. Sag ihnen bitte nichts, ich will nach Hause“, war die sonst selbstbewusste Rachel nicht wiederzuerkennen.
„Ich bring dich heim, komm“, stützte ihre Mutter sie nach draußen. Auf dem Flur sah sie Banks, wie er in Handschellen zusammengesackt auf einer Bank saß und weinte.
„Fuck, armer Kerl“, fluchte sie leise in sich hinein.
„Hast du nen Kaugummi für mich?“, fragte sie ihre Mutter.
„Nen Eis-Drop geht auch?“
„Ja, danke“, steckte sie das Bonbon in den Mund und ging zu Banks hin.
„Sie haben dich also gefasst“, stellte sie sich breitbeinig vor ihren Ex.
„Rachel, hey, dir geht’s gut, Gott sei Dank“, freute er sich sie zu sehen und sprang auf.
„Ich würde dich jetzt gern schlagen, aber das war eine viel zu kurze Nacht dafür. Geht es deiner Mutter gut?“
„Weiß nicht, mein Erzeuger hat mich gehen lassen, ich hab dann die Polizei gerufen“, erklärte er ohne eine Mimik im Gesicht.
„Du hast dich selbst gemeldet?“
„Ich bin ein Arzt, kein Verbrecher, das waren für mich auch drei furchtbare Tage“, erläuterte er.
„Hast du schon nen Anwalt?“, wollte sie wissen.
„Nein, noch nicht!“
„Mom, kommst du mal bitte?“, rief sie ihre Mutter her.
„Hast du schon wieder ne streunende Katze gefunden?“, kam Cat skeptisch zu ihrer Tochter.
„So in etwa, das ist Banks, er braucht deine rechtliche Hilfe“, bat sie ihre Mutter.
„Meinetwegen, wenn ich schon da bin. Was hast du denn verbrochen, Junge?“
„Du willst, dass deine Mutter mich verteidigt?“, wendete er sich an Rachel.
„Banks ist mein Entführer gewesen, aber er wurde gezwungen“, erklärte Rachel ihrer Mutter.
„Was? Den verteidige ich doch nicht“, war Cat verärgert auf ihn.
„Er ist mein Ex, bitte, Mom!“
„Das ist ein Interessenskonflikt, aber ich besorg ihm einen guten Kollegen“, sagte Cat zähneknirschend.
„Danke Ma’am“, bedankte sich Banks höflich.
„Bitte, können wir jetzt fahren?“
„Sicher, fahren wir“, sah Rachel, Banks nur an und ging mit ihrer Mutter davon.
 
Drei Tage später ging es Rachel so weit besser, dass sie zurück ins Studio gehen konnte. Sie war bei ihrer Frauenärztin gewesen, die hatte ihr Blut nochmal untersucht und ihre Schwangerschaft bestätigt. Ihre Frauenärztin konnte auch die Blutgruppe ihres Babys bestimmen, es war jetzt eindeutig, dass es Leitos Kind war.
Als sie durch den Gang überall des Parkhauses des Studios ging, hörte sie jemanden Klavier spielen. Im Keller war ein altes Tonstudio, was eigentlich nicht mehr im Betrieb war. Neugierig ging sie in Richtung der Musik. Sie fand Leito, der auf einem alten Hemingway-Klavier spielte. Für einen Moment hörte sie dem tollen Spielen zu, dann bemerkte er sie.
„Tut mir leid, spiel weiter, ich wollte dich nicht stören“, entschuldigte sie sich.
„Hey, da bist du ja wieder. Ich komm hier manchmal runter, um meine Hände zu beschäftigen, meine Gelüste nach Alkohol sind in letzter Zeit gestiegen, Wie geht’s dem Kopf?“
„ja, ist besser, danke. Ich war gestern beim Frauenarzt, das mit dem Baby ist wirklich ne reale Sache“, erklärte sie ihm.
„Hast du den Test gemacht?“
„Den Bluttest? Jep, das Baby wird AB+ haben“, erklärte sie nur.
„Das ist meine Blutgruppe“, war er gerührt.
„Es tut mir leid, ich weiß, du wolltest keine Kinder, ich hab das nicht geplant“, bemerkte sie nur.
„Ich hatte drei Tage Zeit darüber nachzudenken“, begann er.
„Es ist okay, ich hab das verbockt, das krieg ich schon allein hin, meine Mom hilft mir auch“, plapperte sie.
„Kann ich auch mal für fünf Minuten was sagen?“, wollte er wissen.
„Ja, sicher, tut mir leid, sprich!“
„Ich liebe dich und auch wenn das mit CIPA und allem ein ziemliches Abenteuer wird, werden dir das gemeinsam hinkriegen, als Paar und als Eltern“, entschied er.
„Du bist also mit im Team?“
„Natürlich, immer, weißt du doch!“
„Dann ist es gut, denn ich will den Mist nicht allein mit meiner Mutter machen“, war sie erleichtert und legte den Kopf auf seine Schulter, während er weiter auf dem Klavier spielte.
„Morgen, keinen Kaffee, heute?“, begrüßte Mac seine beste Freundin gut gelaunt, als diese in der Küche des Studios stand und einen Tee machte.
„Ich werde in nächster Zeit auf Kaffee verzichten“, sagte sie nur.
„Wegen der Kopfverletzung, oder wegen dem Baby?“, fragte er keck.
„Er hat es dir erzählt!“
„Ja, hat er, er war so stolz darauf, das hätte ich nie gedacht, dass ich das bei ihm sehen würde, freuen wir uns darüber, oder sind wir geschockt?“, wollte er wissen.
„Von beides etwas. Ich werde das Kind bekommen“, erklärte sie ihm.
„Dachte ich mir schon, ich bin für dich da, das weißt du hoffentlich!“
„Du wirst Patenonkel, das hoff ich mal“, sagte sie matt lächelnd. Sie trug eine Bluse mit Ärmel und er bemerkte ihre blauen Flecken, als beim Greifen ihrer Tasse ihr Ärmel hochrutschte.
„Man, ich könnte den Kerl umbringen“, raunzte er und umarmte seine Freundin.
„Mein Ex war das nicht, das hat sein Vater verbrochen. Ich hab’s verbockt, ich hätte Banks nicht auf seinen Vater ansprechen sollen, dann wäre das alles nicht passiert“, entschied sie.
„Blödsinn, wenn jemand Schuld ist, dann sind es deine Eltern und Tante Lula, dass die das zur Sprache gebracht haben. Was Wichtiges ist, dass du wieder da bist. Bist du sicher, dass du schon wieder arbeiten kannst?“
„Keine Ahnung, ich versuch’s, die Frauenärztin hat mir ihr okay gegeben. Guck mich nicht so an, es ist nichts Schlimmeres passiert!“
„Ich bin ziemlich stinkig auf meinen Onkel grade, der hat das verbockt“, murrte er.
„Ja, aber das ist solange her und ich bin heil aus der Sache rausgekommen. Ich bin ja auch schuld, ich hätte nicht mit dem nächstbesten mitgehen sollen“, entschied sie.
„Du hast keine Schuld daran, du warst frustriert wegen Leito, da macht man halt mal Mist. Man, ich hätte nie gedacht, dass diese 12 ein Verbrecher sein könnte, was ist jetzt mit ihm? Musst du gegen ihn aussagen, oder wie?“, dachte Mac laut nach.
„Äh, nicht direkt, ich hab ihm nen Anwalt besorgt!“
„Was? Wieso?“
„Er wurde gezwungen, er hat viel zu verlieren in seinem Leben, ich will ihm nur helfen!“
„Du willst jedem helfen, er hat dich betäubt und entführt, Süße, er gehört in den Knast. Wenn er mir in die Arme gelaufen wäre, wäre das nicht so glimpflich für ihn ausgegangen“, entschied Mac entsetzt.
„Ist mir egal, ich glaub an das Gute im Menschen, ich helf ihm“, ärgerte sie sich und rauschte davon.
 
„Deine Freundin hat den Verstand verloren“, tobte Mac, als er seinem Boss später den Kaffee brachte, während dieser an seinem Moderationstisch von Joanne geschminkt wurde.
„Jo, gib mir 5“, bat Leito und Joanne ließ sie allein.
„Das ist der erste Tag zurück für sie, was zum Himmel kann sie jetzt schon falsch gemacht haben?“, fragte Leito und rieb seine Schläfen.
„Sie hat ihrem Entführer einen Anwalt besorgt“, erklärte er ihm.
„Sie will halt helfen!“
„Ich weiß, du hast Schuldgefühle, weil du sie geschwängert hast, aber hast du grade wirklich ihrem hirnrissigen Plan zugestimmt?“
„Ich hab keine Schuldgefühle, ich liebe sie und wenn sie das für richtig hält“, bemerkte er. Wortlos sah Mac auf den Tisch.
„Was machst du jetzt schon wieder?“, wunderte sich Leito.
„Wollte nur sehen, ob das Mikro schon blinkt, dass du von ihr gehört wirst. Ihr beiden passt echt zusammen, ihr habt beide eine Meise. Hier, noch deine Ice-Pads, ich bin an meinem Tisch“, sagte Mac kopfschüttelnd, packte die Ice-Pads in Leitos Hemd und ging wütend davon.

Dreizehntes Kapitel

 
An diesem Abend hatte das junge Pärchen das schlimmste noch vor sich. Lula hatte zum Abendessen geladen und Leito und sein Vater, Ramon, Catherine und Rachel saßen um einen Tisch herum.
„Der Salat ist gut, Lu“, bemerkte Cat in die Stille.
„Danke, hat kleingeschnittene Zwiebeln in der Sauce“, entgegnete Lula.
„Ihr wollt doch jetzt nicht wirklich über Zwiebeln in Saucen reden, oder?“, mischte sich Ramon ein.
„Wie dir vielleicht auffällt, versuchen wir den Elefanten im Raum zum umschiffen“, bemerkte Pagan.
„Wir älteren waren damals alle dabei, wir wissen, was los war. Dass uns das nach so langer Zeit nochmal in den Arsch beißt, konnte niemand ahnen“, entschied Lula.
„Dein Göttergatte ist schuld daran“, raunzte Ramon in die Runde.
„Er hat Recht“, stimmte Pagan seinem besten Freund zu.
„Bullshit, niemand hat Schuld“, entschied Lula.
„Wer hat damals das Geld geklaut?“, warf Cat ein.
„Hab doch schon gesagt, dass ich Schuld habe, können wir dann weiteressen, ohne das weiter zu diskutieren? Ist schlimm genug, dass mein eigener Sohn mich finanziell unterstützen musste“, murrte Pagan.
„Du hast das Lösegeld gezahlt?“, wendete sich Ramon an Leito.
„Sie ist meine Freundin, ich hab keine Minute gezögert“, erklärte Leito.
„Das war sicher hart erspartes Geld, was ihr gut für eure gemeinsame Zukunft hättet brauchen können, jetzt wo das Baby unterwegs ist“, warf Cat ein und Ramon hustete, weil er sich am Essen verschluckt hatte.
„Du hast es ihm nicht gesagt?“, drehte sich Cat zu ihrer Tochter hin.
„Lei, du und ich waren bis jetzt die einzigen, die es wussten, hab den richtigen Zeitpunkt abgewartet, es zu erzählen“, erklärte sie ihrer Mutter.
„Wir werden Großeltern?“, war Lula erfreut.
„Ich wusste nicht, wie weit ich das schon weitererzählen sollte, ja, ihr werdet Großeltern“, schien Leito über seine Rolle als zukünftiger Vater erfreut.
„Freuen wir uns darüber?“, wolle Lula vorsichtig wissen.
„Wir tun es, was ihr denkt ist uns momentan ziemlich egal“, warf Rachel ein.
„Wir freuen uns, sicher freuen wir uns, endlich werden wir zu der Familie, die wir uns ausgemalt haben, als ihr noch Kinder wart. Cat, dein Mann ist doch nicht bewaffnet hierhergekommen, oder? Ich mag nicht, wie er meinen Sohn ansieht“, umarmte Lula ihren Sohn, sah dabei aber Ramon, der ihren Sohn nicht aus den Augen ließ.
„Rae, atme tief ein und aus, wie wir es in der Meditation gelernt haben. Ein neues Leben wird geboren, wir freuen uns darüber, okay?“, versuchte Cat ihren Mann zu beruhigen.
„Ich will ja nichts sagen, aber was ist mit der CIPA-Sache?“, fragte Ramon plötzlich.
Seine Tochter und ihr Freund sahen ihn an.
„Gratuliere, da ist grad wieder ein Elefant in den Raum gekommen und du hast ihn mitten auf den Tisch platziert, Dad“, entgegnete Rachel nur.
„Ich wollte erst keine Kinder, genau aus dem Grund, deine Tochter konnte mich davon überzeugen, dass wir das hinkriegen“, erklärte Leito und nahm Rachels Hand.
„Wurde auch mal Zeit, ich hab befürchtet, dass du diese Angst nie verlieren würdest. Auch wenn euer Kind CIPA hat, wir haben damit Erfahrung, wir kriegen das hin“, versicherte auch Lula.
„Meine Schwester hat mir auch geholfen, sie hat zwei wundervolle Töchter, eine davon hat CIPA und sie hat ein tolles Leben“, erläuterte Leito weiter.
„Bist du auch der Meinung, Rach‘?“, wendete sich Ramon an seine Tochter.
„Für mich war da nie ein Problem, er hat nur vorher noch nie mit mir darüber gesprochen. War, dass das einzige, weswegen du nie mit mir zusammen sein wolltest?“, wollte Rachel von Leito wissen.
„Ich dachte, ich bin dir nicht würdig“, gestand Leito plötzlich.
„Du bist mir nicht würdig? Hast du dich mal angesehen und dann mich? Wenn einer dem anderen nicht würdig ist, dann ich dir“, sagte sie liebevoll und küsste ihn sanft.
„Du hast Latino Ken und Barbie als Eltern, wie könntest du etwas anderes als wunderschön sein?“, fragte er genauso zärtlich.
„Okay, Leute, geben wir ihnen ein bisschen Privatsphäre“, bat Pagan in die Runde.
„Aber wir essen gerade!“
„Der Braten ist noch im Ofen, ich stell ihn auf Warmhalten, geben wir Ihnen die Zeit“, stimmte Lula ihrem Mann zu und die Eltern verließen den Raum.
„Endlich, dachte schon, die gehen gar nicht mehr. Essen bei Demaggio?“, fragte Leito seine Freundin.
„Klingt gut, ich nehm aber noch Knoblauchbrot mit und keine Beschwerden, dein Kind hat da Lust drauf“, erwiderte sie gut gelaunt und nahm ihre Tasche.
„Wenn du mir was abgibst, hab ich damit kein Problem. Dein Dad wird mich töten, oder?“
„Ich bin im Kampfsport und an der Waffe ausgebildet, er soll es versuchen“, versprach sie ihm.
„Ich liebe es, wenn du den Ninja raushängen lässt. Bist du wirklich sicher, dass wir unsere Eltern einfach so verlassen sollen?“, fragte er nochmal nach.
„Willst du die Frage beantworten wollen, wann wir heiraten?“
„Nicht wirklich, lass uns gehen“, schlichen sie durch den Hinterausgang weg.
 
Die Wochen vergingen und die größte Hitze verließ Florida wieder. Rachels Schwangerschaft verlief sehr gut und langsam konnte man ein Bäuchlein erkennen.
Banks musste trotz der Hilfe von einem Anwalt ein halbes Jahr ins Gefängnis und so nahm Rachel den Puli-Hund von Banks zu sich, bis der entlassen wurde.
„Wir müssen Hanover kastrieren lassen, Benton wird ganz wuschig, wenn er in der Nähe ist“, schlussfolgerte Leito, als die beiden auf dem Sofa in ihrer Wohnung kuschelten und Hanover und Sunset zusahen, wie sie nebeneinander lagen, während Benton unruhig auf und ab ging.
„Banks will das nicht!“
„Er hat meine Freundin entführt, da lass ich seinem Köter die Eier abschneiden, ist nur gerecht“, schmunzelte er und grinste süffisant.
„Ich red mit ihm darüber. Ist doch irgendwie süß, dass meine Kleine noch ihren Partner fürs Leben gefunden hat“, sah sie ihre Hündin an, wie sie zufrieden und kugelrund auf dem Boden ihres Wohnzimmers lag.
„Es wird bald sowas sein, scheint mir. Willst du wirklich zwei Welpen Banks geben?“
„Er hat auch was dazu beigesteuert, schon ja, ich schau aber immer nach, ob es den Welpen gut geht. Danke, dass du das so cool mit dem allen hier handhabst, ist sicher nicht einfach für dich. Glaub mir aber, wenn ich dir sage, dass ich keinerlei Gefühle für ihn gehabt habe, oder habe, ich mach das mit dem Babysitten nur, dass Hanover und meine Süße nicht getrennt werden“, erklärte sie.
„Ja, ich weiß, schon gut, aber mein Hund ist mir auch wichtig und er ist gar nicht zufrieden grade“, stellte er fest.
„Ich merk’s, deine faule Dogge ist ganz aufgekratzt. Ist ungewohnt. Ich glaub, du solltest ne Runde mit ihm rausgehen“, schlug sie vor.
„Ja, sollte ich, kommst du hier allein klar?“
„Ob ich in meiner eigenen Wohnung allein klarkomme?“, fragte sie nur.
„Ich bin immer noch nicht beruhigt dich allein zu lassen“, gestand er.
„Ich komm klar, die sollen ruhig kommen“, versicherte sie, zog ein Butterfly-Messer in der Ablage unter ihrem Sofatisch hervor und öffnete es geschickt.
„Okay, das war gleichzeitig beängstigend und echt scharf. Dann geh ich mal los, soll ich was zu essen mitbringen auf dem Rückweg?“
„Klingt perfekt. Ich liebe dich, pass auf dich auf“, bat sie, als er aufgestanden war.
„Mach ich. Ich liebe dich auch, dies hier, ich du, die Hunde und unser Baby, das ist perfekt“, bemerkte er glücklich und ging aus der Haustür.
 
Er war keine zwei Schritte mit seinem Hund gegangen, als Ramon seinen Weg kreuzte. Er stand einfach so da. Benton merkte, wie sein Herrchen nervös wurde und bellte Ramon heftig an. Ramon machte ein Handzeichen und Benton setzte sich devot und mucksmäuschenstill neben sein Herrchen hin.
„Was zum … du hast ihn abgerichtet, bevor du ihn mir damals geschenkt hast? Warum weiß ich das nicht?“
„Ich hab aus ihm einen Wachhund gemacht, der dich im Notfall beschützen soll, gern geschehen. Du lebst also jetzt mit meiner Tochter zusammen?“, fragte er unheimlich ruhig und ernst.
„Ramon, wenn du mich so anstarrst krieg ich Angst, mach was, schlag mich einfach, wenn du das willst“, sagte er nervös.
„Wirst du sie heiraten?“, wollte Ramon wissen.
„Vermutlich, war das ne Frage, oder ne Forderung?“, fragte er cool gegen.
„Willkommen in der Familie, Sohn“, umarmte Ramon ihn plötzlich.
„Du bist also einverstanden mit allem?“, war Leito erfreut.
„Du bist wie ein Sohn für mich, natürlich, aber wenn du ihr wehtust, dann zeig ich dir, was ich in der Army gelernt habe“, murmelte er hinter Leitos Rücken und er ließ ihn los.
„Verstanden, ich werde mich eher umbringen, bevor ich ihr irgendwelches Leid antue“, entgegnete er ernst.
„Schön zu hören, auch wenn’s nen wenig übertrieben ist. Du willst grad mit Benton spazieren gehen, wie mir scheint, ich will dich nicht länger stören, ich wollte nur kurz meine Tochter besuchen“, ging Ramon an die Tür.
„Mach das. Danke, dass du so cool damit umgehst!“
„Kann ja kaum was dagegen machen, will ich aber auch nicht. Schönen Tag noch“, bemerkte Ramon in seiner kühlen, doch freundlichen Art und klingelte an der Tür, während Leito etwas verwirrt zu seinem Spaziergang aufbrach.
 
Er lief gerade an der Hauptstraße entlang, als er den Motor einer Harley Davidson hörte.
Nach allem, was sie erlebt hatten, war dies kein gutes Geräusch. Er wurde schneller, rannte dann fast. Das Motorrad schnitt ihm in einer Seitenstraße ab. Er stellte sich in Abwehrhaltung. Benton, der zuvor ausgeflippt war, war jetzt ganz ruhig.
„Jetzt bist du gehörig? Was bist du eigentlich für ein Wachhund?“, schimpfte er mit seinem Hund.
„Hi, Sohn“, stellte der Rocker sich als sein Vater heraus.
„Dad, scheiße, was soll das? Ich hab beinahe einen Herzinfarkt bekommen. Seit wann fährst du ne Harley?“, atmete er auf.
„Bald 50 Jahre, mit Unterbrechungen. Ich hab dich nur gesehen und wollte mit dir reden. Wir sollten mal ne Tour zusammen machen“, schlug Pagan vor.
„Ich hab kein Bike und keinen Führerschein. Solltest du das schon machen?“, fragte er trocken.
„Ich fahr nur nen bisschen durch die Stadt, ich mach keine große Tour. Alles klar bei dir? Mit dem Baby alles klar?“
„Ja, beiden geht’s gut. Was ist mit Mom und dir?“
„Wir arbeiten dran, mich fast zu verlieren hat bei ihr einiges geändert. Junge, du bist ja ganz bleich, ich hätte mich nicht so anschleichen sollen, sorry!“
„Nein, hättest du nicht. Kann ich jetzt wieder weiter Spazierengehen?“
„Sicher, sorry. Pass auf dich auf, Junge“, drückte Pagan wieder die Blende seines Helms herunter und fuhr die Gasse weiter.
„Witzbold, du hast mich fast umgefahren. So, du untreuer Kerl, du wusstest, dass von ihm keine Gefahr ausgeht, warum bellst du dann bei meinem Schwiegervater in spe? Du bist nen komischer Kerl“, redete er erst mit sich selbst und dann mit seinem Hund. Der sah ihn einfach nur an.
„Du hast keine Ahnung von was ich rede, oder? So, wir müssen beide noch etwas von unserer aufgestauten Energie loswerden, entgegnete er und joggte weiter.
 
„Das können die nicht machen“, schimpfte Rachel, als die drei Freunde ein paar Wochen später auf dem Dach des Studios standen. Sie hatten gerade erfahren, dass Leitos Stelle gestrichen worden war, weil sie ihn gegen ein Hologramm ersetzt hatten.
„Sie können, wie du siehst. Wie auch immer, ich wollte das schon lang machen, das ist gut so“, behauptete Leito cool.
„Lei, wir sind’s, vor uns brauchst du dich nicht verstellen“, hatte Rachel sanft die Hände auf die Schultern ihres Freundes gelegt, als sie vor ihm stand.
„Ich sollte meine Sachen zusammensuchen, ich seh dich zu Hause“, sagte Leito nur und ging Richtung Fahrstuhl.
„Das sollte ich dann wohl auch machen, da ich keinen Vorgesetzten mehr habe, kann ich auch packen gehen“, war auch Mac durcheinander.
„Oh Süßer, das hab ich gar nicht bedacht, jetzt hab ich die ganze Zeit ihn bemitleidet und dich ganz vergessen, wie geht’s dir?“, wendete sie sich an ihn.
„Momentan weiß ich nicht, wie es mir geht, ich hab Gott sei Dank einen guten Verdiener zu Hause. Aber was macht ihr? Er wird sich seine Wohnung nicht mehr leisten können“, schlussfolgerte er.
„Oh Mac, du denkst auch in Zeichen der Not nur an andere, ich werde ihn bei mir aufnehmen, wir sind ja schon fast so was wie ne Familie“, bemerkte sie.
„Du willst ihn zu dir ziehen lassen? Ist das nicht etwas früh?“, wunderte sich Mac.
„Ich kenn ihn mein ganzes Leben und in ein paar Monaten sind wir Eltern, ich glaub die Zeit ist reif, er ist eh jede Nacht bei mir“, entschied sie.
„Du wirst nicht kündigen, oder? Ihr braucht das Geld!“
„Nein, ich werde nicht kündigen, wenn ich nicht schwanger wäre, würde ich keinen Moment zweifeln, aber jetzt brauch ich das Geld. Es tut mir nur in der Seele weh euch gehen zu sehen, ich hab jeden Tag nur durchgestanden, weil ihr da wart“, sagte sie nachdenklich.
„Wir werden immer noch unzertrennlich sein, keine Sorge“, umarmte er sie fest. Leito konnte seine Gefühle gut unterdrücken, Mac begann aber zu weinen.
„Schon gut, lass es raus“, beruhigte sie ihren besten Freund sanft.
 
„Licht an“, machte Rachel Licht an.
„Licht aus“, hörte sie von seinem Sofa aus und das Licht löschte sich wieder.
„Willst du, dass deine schwangere Freundin stürzt?“, fragte Rachel und überschrieb den Lichtschalter, dass das Licht an blieb.
„Ich will allein sein, Schatz, bitte“, bat Leito.
„Ich will aber nicht allein sein. Meine Mom hat grad angerufen, die Welpen sind da. Ist gut, dass ich sie zur Geburt zu meinen Eltern gebracht habe. Es sind wirklich Hanovers Welpen, das sind die süßesten Welpen die ich je gesehen habe. Es sind 6 Welpen, zwei kriegt Banks, wie versprochen, einer ist für Mac, die restlichen verkaufe ich, ich werde Mac etwas von dem Geld abgeben, wenn das okay für dich ist“, kuschelte sie sich in seinen Arm.
„Kannst machen. Geht’s Sunset gut?“
„Ja, sie schläft jetzt, aber alles gut verlaufen. Du würdest gern trinken, oder?“
„Nein, alles bestens“, log er.
„Lei, komm, bitte verschließ dich nicht vor mir, ich bin’s, ich hab dich schon heulen sehen, bevor wir überhaupt wussten, was heulen bedeutet und mein Gott, ich habe stundenlange Aufnahmen von deinen Saufgelagen, vor mir musst du dich nicht verstellen“, versicherte sie liebevoll.
„Ich geh ins Bett, bleib ruhig, wenn du willst“, sagte er kalt, löste sich von ihrem Griff und ging ins Schlafzimmer.
„Oh Eva, dein Dad ist traurig, das wird schon wieder“, strich Rachel sanft über ihren leichten Babybauch und machte das Display an. Sie wählte die Nummer ihres besten Freundes. Aber anstatt die Live-Aufnahme ihres besten Freundes zu sehen, sah sie jemand anderen, den sie in hundert Jahren nicht erwartet hätte.
„Hey, Zuckerschnecke, keine Sorge, ihm geht’s gut, er hat was getankt, aber ich pass auf, dass er keinen Mist anstellt“, erschien Madden, Macs fünf Jahre älterer Halbbruder auf dem Display.
„Mad, dich hab ich jetzt gar nicht erwartet, warst du nicht in Brasilien? Bist du mit Gisele zurück?“, war sie überrascht, ihn zu sehen.
„Nur ich, das mit Gisele hat nicht funktioniert. Jetzt, wo wir beide Single sind, können wir uns doch mal wieder treffen“, schlug er schelmisch vor.
„Sorry, kein Single mehr, ich hab nen Braten in der Röhre von Lei. Dein Bruder und du habt nicht viel geredet, was?“, fragte sie amüsiert.
„Er kam schon voll wie 10 Mann hier an, ich arbeite als Barkeeper im Ladyshake, darin hat sich zufällig mein Bruder verirrt, bin nicht mal ganz sicher, ob er mich überhaupt erkannt hat. Bin froh, dass er seinen Smartphone-Code noch nicht geändert hat“, erwiderte Madden.
„Bleib da, ich hol ihn ab. Lass ihn nicht gehen“, stand sie auf.
„Das sollte kein Problem sein“, konterte Madden und zeigte auf die Schnapsleiche neben sich.
„Bin in ner halben Stunde da, muss noch nen Babysitter für Lei finden, die beiden sind heute gefeuert worden und ich trau ihm nicht so ganz alleine“, erklärte sie ihm.
„Ist er nicht schon zehn Jahre trocken?“
„Ist eine harte Zeit, ich weiß es nicht. Bis gleich“, schaltete sie das Display aus.

Vierzehntes Kapitel

 
Nachdem Rachel, Lula als Babysitter für ihren Freund geholt hatte, fuhr sie in die Bar. Sie war heilfroh, dass sie schwanger war, so konnte sie ihre eigenen Gelüste, was Alkohol anging, gut unterdrücken.
„Hey, Mad, hier bin ich“, wo steckt er?“, stand Rachel eine dreiviertel Stunde später an der Bar des Ladyshake.
„Rachelina, begrüßt du so deinen Ex-Freund? Er ist im Zimmer hinter der Bar auf der Couch. Komm rum und lass dich ansehen, man, bist du alt geworden“, begrüßte Madden, Rachel in seiner freundlichen, aufgeschlossenen Art und öffnete ihr die Sperre zur Bar.
„Psst, die anderen wissen nicht, dass du mein erster warst und das soll auch so bleiben. Komm her und lass dich umarmen, du musst grad reden, die brasilianische Sonne hat dir nicht grade gutgetan“, reckte sie sich zu dem hochgewachsenen Mann hoch und der zog sie hoch.
„Vorsicht mit dem Baby, Romeo“, bat sie und er ließ sie runter.
„Du bist ja tatsächlich schwanger, hab das eigentlich für einen Witz gehalten, du bist als ich damals weg bin immer um Lei herumgeschwänzelt, hätte nicht gedacht, dass er dein Flehen wirklich erhört. Hab von meinem dusseligen Bruder gar nicht erfahren, dass ihr geheiratet habt“, legte Madden seine große Hand auf ihren Babybauch.
„Wir haben nicht geheiratet, wir sind ehrlich gesagt auch erst nen paar Monate zusammen, wir haben das mit der Familienplanung nicht wirklich geplant, aber wir freuen uns auf das Baby. Na ja, bis heute, jetzt schmollt mein Lover zu Hause, ich hab seine Mutter geholt, dass jemand aufpasst. Ist wirklich schön dich wiederzusehen, aber ich muss morgen als einzige wieder früh raus und sollte deinen kleinen Bruder in ein Bett schaffen“, drängte sie.
„Du hättest ihn auch hierlassen können, das Zimmer hinter der Bar ist seit Tagen auch mein zu Hause“, schlussfolgerte er.
„Dann wäre es sinnlos gewesen hierher zu kommen, musst mir vielleicht helfen, ihn in meinen Wagen zu schleppen. Übrigens sorry wegen Gisele und dir“, ging sie mit ihm ins Hinterzimmer.
„Geht schon, Brasilien hat mich verändert und Gisele hat ihre Heimat und die heimischen Männer mir vorgezogen, das ist halt so“, stieß er eine alte Metalltür auf.
„Die Schlampe weiß nicht, was sie getan hat, als sie dich gehen ließ, ich hoffe, das weißt du. Da ist ja Schnarchwittchen, hat er sich schon übergeben, oder muss ich meinen Wagen darauf vorbereiten?“, wollte sie wissen, als sie bei der Schnapsleiche ihres besten Freundes angekommen war.
„Keine Ahnung, war die letzte halbe Stunde vorne an der Bar. Ich geb dir nen Putzeimer mit, nur um sicher zu gehen. Ich sollte ihn allein tragen, du solltest nicht so schwer heben“, plante Madden und lud seinen auch körperlichen kleineren Bruder auf seine Schultern und sie ging voran zum Hinterausgang heraus.
 
Es war schon weit nach Mitternacht, als Rachel bei Macs Wohnung ankam. Niemand sonst war dort, Mos war anscheinend wieder geschäftlich weg. Sie war zu müde, um jetzt auch wieder zu Leito zu fahren, also schrieb sie Lula, dass sie bei Mac übernachtete und schlief in seinem Bett, während sie Mac auf dem Sofa abgeladen hatte.
 
Sehr früh am nächsten Morgen wurde Rachel von Lulas Anruf geweckt.
„Hey, Tante Louise, ist noch ziemlich früh, weißt du?“, murmelte sie schlaftrunken.
„Er ist weg, Rach‘, tut mir leid, ich bin eingeschlafen, er muss mitten in der Nacht gegangen sein“, entschuldigte sich Lula peinlich berührt.
„Argh, verdammt, ich komm zu dir, muss nur noch schnell sehen, ob Mac noch lebt“, rappelte sie sich auf.
Etwas brutal trat sie gegen Macs Couch. Ihr verkarteter bester Freund grummelte etwas nicht Verständliches.
„Gut, du weilst noch unter den Lebenden, ich muss los, alles klar bei dir, oder muss ich nen Krankenwagen holen?“, stand sie breitbeinig vor ihm.
„Ich hatte einen ganz komischen Traum. Ich hab geträumt, mein Bruder hätte mich auf den Schultern getragen“, murmelte er schlaftrunken.
„War kein Traum, Mad ist zurück, ruf ihn mal an. Kotzeimer steht neben dir, ich muss jetzt los, mein Lover ist aus seinem Hausarrest ausgebückst und könnte sonst wo sein. Kann leider nicht bleiben, geh unter die Dusche, Stinktier“, küsste sie ihm sanft den Wuschelkopf und fuhr zu Leitos Wohnung.
 
„Sorry, du hättest nicht unbedingt herkommen müssen, ich hab ihn gefunden“, erklärte Lula, als Rachel vor Leitos Tür stand.
„Hattest du ihn kurz verlegt, oder was war?“, war sie beruhigt, dass ihr Freund in Sicherheit war.
„Nicht direkt, hab das auf dem Tisch entdeckt“, zeigte sie ihr Leitos Pad mit einer Nachricht darauf.
„Hey, mein Schatz, ich vermute, du siehst diese Aufnahme gerade und deine Stirnfalte ist ganz verrunzelt, weil du dir Sorgen machst, mir geht es gut, ich bin nüchtern und werde das auch bleiben. Ich werde mit meinem Dad eine Weile eine Biketour machen, ich muss herausfinden, was ich jetzt tun soll. Ich komme wieder, das ist so sicher wie unsere Liebe, aber ich muss das tun. Mom, tut mir leid, dass ich mich weggeschlichen habe, aber du hättest mir das sicher ausgeredet, Dad lässt ausrichten, es ist nicht so wie beim letzten Mal, was auch immer das bedeutet, er sagt, du wüsstest es. Ich liebe euch beide sehr und kann es kaum erwarten, euer Lächeln wieder zu sehen. Meine Miete ist für die nächsten zwei Monate bezahlt, bitte kümmert euch um Benton, er bedeutet mir auch alles. Jetzt suchst du sicher schon nach meinem Reisepass, der ist gut verstaut in einem Bankschließfach zusammen mit ein paar anderen wichtigen Sachen, Mac weiß, wie man da drankommt. Bitte lasst mich das machen, dieser Job war jetzt solange mein Leben, ich muss jetzt erstmal damit klarkommen, wer ich danach bin. Das ist kein Auf nimmer wiedersehen, nur ein Bis Bald“, sahen sie eine Aufnahme von Leito und der Bildschirm wurde schwarz.
„Biketour? Er hat weder Motorrad noch Führerschein, ich bring seinen Vater um, wenn er mir in die Finger kommt“, murrte Lula kopfschüttelnd.
„Schon gut, wenn er das braucht, kriegt er die Zeit, könntest du Benton solang nehmen? Ich hab ja Sunset und Hanover und die Welpen“, hoffte sie.
„Lass Sunset und die Welpen doch erstmal bei deiner Mutter, dann hast du erstmal nur einen Hund zu hause. Ich nehm Benton gerne“, versicherte sie und so war es abgemacht.
 
„Was heißt weg? Er hat dich einfach so allein gelassen?“, wollte es Mos genau wissen, als sie zwei Tage später bei dem Ehepaar zu Abend aß. Madden war auch geladen.
„Keine Ahnung, die Entlassung aus dem Studio hat ihn anscheinend gradewegs in eine Midlife-Crisis katapultiert. Er ist mit seinem Dad zusammen und wenn es ihm guttut, wer bin ich, wenn ich ihm das vermiese. Netter Hackbraten übrigens, Mos“, schien sie gelassen.
„Das ist Pâté aus Paris, Süße, aber nennen wir es Hackbraten. Wird er vor der Geburt zurückkommen, oder erst danach?“
„Es sind nur fünf Monate bis dahin, ich hoffe, er ist bis dahin wieder da, aber ich weiß es nicht. Also, wie war Paris?“, lenkte sie ab.
„Französisch, zurück zum Thema. Mein Mann ist jetzt auch arbeitslos, aber siehst du ihn abhauen? Nein, er ist hiergeblieben, wo er hingehört“, konnte Mos es nicht verstehen.
„Wo ich hingehöre? Bin ich ne Hausfrau in den 1950ern, Schätzchen?“, fragte Mac irritiert.
„Sorry, Honey, das wollte ich nicht so ausdrücken, ich wollte nur klarstellen, wie stark du bist!“
„Ich bin nach zwei Tagen immer noch verkatert, stark nenne ich das nicht grade“, bemerkte Mac.
„Du hast schon nen Vorstellungsgespräch mit Kanal 95 ausgemacht, das ist, was man tun sollte, nicht Easy Rider spielen“, lobte Mos seinen Mann.
„Kanal 95 das ist …“, begann Rachel.
„…lächerlich, ich weiß, über den Sender haben wir uns ja schon im College lustig gemacht, aber es wäre ein Recherche-Job und vielleicht ganz interessant“, erläuterte Mac nicht begeistert.
„Das ist gar nicht lächerlich, das klingt sogar sehr gut, wir haben uns damals doch nur über den Moderator dort amüsiert, nicht über den ganzen Sender. Wenn du dann da drin bist, kannst du deinem Bruder auch einen Job dort besorgen, ein Elektrotechnikingenieur in einer Bar ist wie der Anfang eines schlechten Witzes“, sagte sie, während sie Madden ansah.
„Ich bin da ehrlichgesagt gerne, Rach“, warf Madden ein.
„Okay, aber kannst du davon eine Familie ernähren?“, wollte sie wissen.
„Ich bin Single, ich komm gerade damit klar“, bemerkte er nur.
„Ihr klingt fast wie ein altes Ehepaar, man könnte denken, ihr wart mal nen Paar“, warf Mos amüsiert ein und Madden und Rachel sahen sich nervös an.
„Heilige Scheiße, ihr wart mal ein Paar, das hat mir Mac gar nicht erzählt“, entschuldigte sich Mos.
„Mac hat es nicht gewusst. Ich wusste diese Björn Anderson-Geschichte war Bullshit, er war dein erster, nicht so ein erfundener schwedischer Austauschstudent“, realisierte Mac erst jetzt.
„Ich war 17 und er schon älter und so cool, wir waren nur ein paar Wochen ein Paar, das ist schon ein halbes Leben her“, murmelte sie beschämt.
„Du hast mit ihr geschlafen, als sie noch minderjährig war?“, war Mac entsetzt und sah seinen Bruder sauer an.
„Wir haben das erste Mal nach dem Abschlussball miteinander geschlafen, da war ich 18, genau aus dem Grund hab ich es dir damals nicht erzählt, du reagierst genauso wie ich dachte. Jetzt entschuldigt mich, mir ist der Appetit vergangen, ich will ins Bett“, stand sie ruckartig auf und stürmte aus der Tür. Die beiden Männer sahen Mac an.
„Na gut, ich geh ihr nach. Holt das Soufflée aus dem Ofen, das ist glaub ich fertig“, ging Mac ihr hinterher.
Als Rachel grade in ihrem Auto herumkramte, stieg Mac auf dem Beifahrersitz ein. Schnell hatte er ihr Messer am Hals.
„Scheiße, Rach‘, hast du den Verstand verloren?“, schimpfte er.
„Ach, du“, schloss sie das Messer lässig und steckte es wieder ins Handschuhfach.
„Ja, natürlich ich, du stehst vor meinem Haus. Bist du immer so bewaffnet?“, war er verdattert.
„Seit ich entführt wurde schon, ich muss auch auf mein Kind aufpassen. Was ist?“
„Ich wollte mich entschuldigen, ich liebe dich wie eine Schwester und Mad ist Mad, ich war nen wenig schockiert, dass du auf sein Niveau gesunken bist. Ich liebe meinen Bruder, aber er ist ein Chauvinist wie er im Buche steht“, versuchte er sich zu erklären.
„Ich war 18, er hatte nen Auto, du hast die Sorge, dass ich wieder was mit ihm anfange, oder? Ich liebe Leito sehr und auch wenn er momentan nicht da ist, werde ich auf ihn warten“, versicherte sie.
„Das hab ich nicht gedacht, aber du vermutlich, wenn du das Thema anschneidest!“
„Nein, natürlich nicht“, sagte sie verärgert.
„Dann muss ich mich schon wieder entschuldigen, er ist nur ziemlich attraktiv aus Brasilien zurückgekommen“, entgegnete er.
„Er sieht alt aus, Leito ist viel heißer“, bemerkte sie.
„Gut, schön zu hören. Kommst du jetzt wieder mit rein? Du darfst dich auch wieder ne halbe Stunde über mein eingefallenes Soufflée lustig machen“, lockte er sie.
„Das klingt gut, ja, ich komm mit, aber nur, weil ich nicht allein sein will“, gestand sie traurig.
„Dann bleib heute Nacht bei uns, Mos hat sicher nichts dagegen“, schlug er vor.
„Das wäre lieb, danke“, bedankte sie sich und folgte ihm wieder rein.

Fünfzehntes Kapitel

 
Das Klingeln der Glocke an der Tür des Tankstellenladens ließ Leito aufschrecken.
„Man, du wärst echt ein miserabler Angel, wenn dich das schon erschreckt“, murmelte Pagan. Sie saßen an einem klapprigen Tisch in dem Tankstellenladen in einem Aufenthaltsbereich über einer alten Landkarte.
„Danke, ist immer nett, wenn der eigene Vater einen für eine Pussy hält“, murmelte Leito müde.
„Das meinte ich nicht so, wir sollten für heute Schluss machen, ich such uns nen Hotel, bleibst du solang hier?“, wollte Pagan wissen.
„Ja, ich trink noch ne Kaffee, ich warte auf dich“, sagte Leito abgelenkt und Pagan stand auf und verließ den Laden.
„Hey, Süßer, kann ich dir irgendwie weiterhelfen auf deiner Reise?“, kam die Tankstellenangestellte zu Leito hin, nachdem sie ihn eine Weile beobachtet hatte.
„Nein, danke, wir überlegen nur wo wir als nächste hinfahren sollen, wir haben kein wirkliches Ziel. Wir belegen hier schon ne Weile den Tisch, sorry“, entschuldigte er sich höflich.
„Kein Problem. Jetzt wo dein Partner weg ist, hast du Lust auf ein bisschen Spaß?“, setzte sich die junge Frau plötzlich breitbeinig auf seinen Schoß. Leito sah sie nur verwirrt an.
„Oh sorry, du stehst wohl eher auf alte Herren, Schande, ich hätte es gerade echt nötig gehabt“, stieg sie wieder von seinem Schoß und ging zurück zur Kasse.
„Was zum Henker war das den grade? Ich kapier das langsam mit dem Bad-Boy-Image“, packte er seine Sachen zusammen und ging aus dem Gebäude.
 
Das einsame Sitzen auf der Treppe vor der Tankstelle war schlecht für Leitos Gemüt. Er kam zum Nachdenken und das hatte er in den vergangen drei Tagen vermieden. Mitten in seine Gedanken dröhnte der Motor der Harley seines Vaters.
„Hey, Junior, warum sitzt du hier draußen?“, machte er sein Bike aus.
„Die Kassiererin wollte mit mir schlafen“, sagte er nur trocken.
„Wirklich? Hat’s Spaß gemacht, warst ja schnell fertig“, schmunzelte sein Vater.
„Ich hab nicht mit ihr geschlafen, ich hab ne Freundin“, murrte Leito und stieg hinter seinem Vater auf.
„Was für ne Pussy hab ich da großgezogen? Das hätte sie doch nie erfahren“, sagte er kopfschüttelnd.
„Betrügst du Mom etwa? Ich hab Mac die Fresse eingehauen, weil er das behauptet hat“, konterte Leito und setzte seinen Helm auf.
„Du hast deinem Cousin eine reingehauen? Du bist wohl doch nicht so ne Pussy, wie ich dachte. Nein, ich betrüg deine Mutter nicht, ich liebe sie und will sie zurück, ich bin eh zu alt für einen Quickie auf einer Tankstellentoilette, aber in deinem Alter hab ich das gemacht, hatte auch grad keine andere Wahl, hatte ja nicht wirklich ein zu Hause“, dachte Pagan an seine Vergangenheit.
„Wow, das wollte ich gar nicht wissen, fahr einfach, ich will schlafen“, bat er und Pagan ließ den Motor aufheulen und fuhr los.
 
Spät in der Nacht saß Leito auf der Treppe des Motels. Er konnte nicht schlafen, er konnte nicht aufhören an Rachel zu denken. Er rief sie an.
„Hey, ich hab an dich gedacht“, begann er.
„Wo auch immer du bist, bei uns ist es drei Uhr morgens“, war sie von ihm geweckt worden.
„Ich kann nicht schlafen, sorry!“
„Und aus dem Grund soll ich auch nicht schlafen?“, murrte sie.
„Du bist sauer!“
„Natürlich bin ich sauer, du bist einfach abgehauen. Wir hätten das beide gemeinsam durchgestanden und das weißt du“, war sie nun wach.
„Ich weiß, aber ich muss das machen, ich werde aber wiederkommen und dann heiraten wir, versprochen“, versicherte er.
„Machst du mir grad einen Heiratsantrag übers Telefon?“
„Nein, ja, irgendwie, ich liebe dich und will den Rest meines Lebens mit dir verbringen“, sagte er liebevoll.
„Dann beweg deinen Arsch zurück zu mir und sag mir das ins Gesicht. Ich werde jetzt weiterschlafen, geh ins Bett“, legte sie wieder auf.
„Alles klar bei dir?“, hatte der Anruf Mac geweckt, der im Türrahmen des Wohnzimmers stand.
„Ja, sorry, ich stell das Telefon aus, schlaf weiter“, murmelte Rachel.
„Wer ruft dich mitten in der Nacht an?“
„Nicht wichtig, schlaf einfach weiter, Mac“, bat sie.
„Okay, wir können ja morgen reden“, ging er zurück in sein Ehebett.
 
„Bitte hör auf, mich so anzusehen“, bat Rachels tags drauf beim Frühstück.
„Muss ich es dir aus der Nase ziehen?“, wollte Mac wissen, der sie nicht aus den Augen ließ.
„Das ist kein Gesprächsthema für den Frühstückstisch, vor allem, wenn ich keinen Kaffee trinken kann“, bemerkte sie.
„Hattest du einen Booty-Call von jemandem?“, fragte Mac nur.
„Okay, wir reden also darüber. Lei hat mich angerufen und mir irgendwie nen Antrag gemacht“, gestand sie.
„Wirklich? Was hast du gesagt? War er betrunken?“
„Ich weiß es nicht, glaub nicht, ich hab ihm zumindest gesagt, dass er mir das ins Gesicht sagen soll und hab einfach aufgelegt“, erklärte sie ihnen.
„Kleine Hexe, gefällt mir, dachte, du würdest nie Eier entwickeln. Und nun?“, lobte Mos seine Freundin.
„Wenn ich damit meine Beziehung nicht in den Sand gesetzt habe, kommt er hoffentlich wieder“, entgegnete sie nachdenklich.
„Er liebt dich, er kommt wieder. Wenn aber nicht, dann sind wir immer für dich da, ich hoffe, das weißt du“, tätschelte Mos ihre Hand.
„Ihr seid die Paten, das hoff ich mal“, schmunzelte sie matt.
„Musst du nicht bald los?“, fragte Mac plötzlich.
„Ja, Mist, ich muss los, danke für das Frühstück und das ich hier bleiben durfte letzte Nacht!“
„Immer doch, jetzt zeig’s den da draußen, wir kümmern uns um alles andere“, bat Mac aufmunternd und sie ging zur Arbeit.
 
„Du willst was? Wir sind doch grade erst fortgefahren“, wunderte sich Pagan, als sein Sohn ihm erklärte, dass er zurück zu seiner Freundin wollte.
„Du hast sie nicht gehört, sie wird mich verlassen, wenn ich das nicht persönlich klarstelle“, entschied er.
„Du liebst sie wirklich, verstehe. Zu Hause werden deine Probleme aber nicht verschwunden sein, das ist dir klar, oder?“
„Ich hatte jetzt Zeit nachzudenken, so schlimm ist mein Problem gar nicht“, erwiderte Leito.
„Entschuldige, ich nenn dich immer Pussy, aber das ist ein mutiger Schritt. Ich will nur noch eins mit dir machen, bevor wir zurückfahren“, bat Pagan.
„Will ich das wissen?“
„Vertraust du mir?“, fragte er nur schelmisch.
„Äh, ja, irgendwie, aber dann auch nicht!“
„Das wird klasse“, behauptete Pagan.
„Okay, fahren wir“, stieg Leito auf und sie fuhren zu einem mysteriösen Ort.
 
„Nen Tattoo, Dad? Du weißt schon, dass ich im Fernsehen bin“, war Leito unsicher, als sie vor einem Tattoo-Studio standen.
„Ich hatte in deinem Alter 56 Tattoos, sei nicht so nen Schisshase. Nur ein kleines auf der Innenseite des Oberarms, das kann man gut verdecken, versprochen!“
„Okay, Mom hat ja auch eins, meinetwegen, aber ich such mir das Motiv aus“, bat er.
„Sicher, ist ja auf deinem Körper. Ich kann aber nicht mehr als hundert Kröten springen lassen, also halte es klein!“
„Ja, das will ich auch nicht groß. Gehen wir’s an“, ging Leito voran.
 
Rachel saß gerade in ihrem Büro über Recherche, als das Licht ausging. Es war schon dunkel und dann gingen auch noch alle Rollladen herunter.
Sie stand auf und griff nach ihrem Leuchtarmband, was sie für den Notfall bei Hurrikan-Warnung in ihrem Schreibtisch verstaut hatte.
Blind wanderte sie durch die Gänge des Studios.
„Hallo, ist hier jemand?“, hörte sie Joannes Stimme.
„Ich bin hier, siehst du mein Armband? Lauf in die Richtung?“, rief sie ihr entgegen und Joanne kam zu ihr hin.
„Was ist hier los? Das ist doch der Hurrikan-Notfall-Verschluss, aber wir haben Ende Oktober, vor November dürfte keine Hurrikans geben“, nahm Rachel, Joannes Hand.
„Ich war auf der Suche nach Joey, unser Meteorologe müsste ja was wissen“, bemerkte Joanne.
„Gut, dann suchen wir ihn, bleib bei mir“, zog sie sie am Arm an sich dran und sie stolperten durch die Dunkelheit weiter.
„Joey, wo steckst du, Joe?“, rief Rachel in die Dunkelheit.
„Joe ist schon im Feierabend“, hörte sie eine andere Stimme.
„Na toll, du bist es Rich, oder? Ne Ahnung, wo wir zum Ausgang kommen?“
„Ich seh kein bisschen, keinen blassen Schimmer. Bist du alleine, Rach?“
„Joanne ist noch bei mir, warum sind die gottverdammten Notausgänge nicht beleuchtet? Haben wir nicht Notstromaggregate?“, war Rachel verwundert.
„Eigentlich schon, aber ist alles dunkel, als hätte jemand allem den Strom entzogen, irgendwie gruselig. Ich hab versucht einen Techniker zu erreichen, aber auch das Telefonnetz ist ausgefallen. Es ist alles abgesperrt, wir könnten vielleicht auf dem Dach nachsehen, was hier los ist“, schlug Rich vor.
„Wir müssten die Treppen nehmen, das sind 20 Stockwerke und ich bin im fünften Monat“, schlussfolgerte Rachel.
„Dann bleibst du hier und wir gehen“, plante Rich.
„Von wegen, ihr lasst mich nicht hier allein, ihr müsst mir halt helfen und wir machen Pausen“, erwiderte sie.
„Okay, so machen wir es“, entschied auch Joanne. Sie brauchten eine halbe Stunde nach oben, doch dann waren sie an der frischen Luft. Es war Gott sei Dank Vollmond, so hatten sie Licht. Die Stadt war komplett verdüstert, man konnte sogar den Sternenhimmel in voller Pracht sehen.
„Das ist ein kompletter Blackout, über die ganze Stadt, das hab ich noch nie erlebt“, bemerkte Rich.
„Das von dem ältesten Mitarbeiter hier zu hören ist nicht gerade beruhigend. Was machen wir jetzt?“, fragte Rachel, der vom Hochsteigen übel war.
„Ich weiß es nicht, Mädels, ich brauch jetzt auch ne Pause. Meine Frau erwartet mich sicher schon zu Hause, das ist alles so surreal, ich glaub, ich war noch ein kleiner Junge, als ich das letzte Mal den Sternenhimmel so deutlich sehen konnte, genießen wir das für einen Moment“, nahm Rich auf einer Abdeckung Platz.
„Eine Leuchtfackel müsste doch in dieser pechschwarzen Nacht auffallen, oder?“, fiel Joanne plötzlich ein.
„Ja, das sollten sie, aber wir sind hier in keinem Flugzeug, sowas haben wir hier nicht“, murmelte Rachel.
„Doch haben wir, es zahlt sich manchmal aus mit dem Helikopterpiloten des Senders zu schlafen. Ich hol sie, bin gleich zurück“, ging sie wieder ins Haus zurück.
„Ich hab gedacht, dass es länger dauert, bis einer von uns durchdreht“, setzte sich Rachel neben Rich.
„Geht’s dir gut? Alles klar mit dem Baby?“
„Ja, sie ist nicht begeistert von der Anstrengung, aber solang sie sich bewegt ist alles gut. Denk ich“, sagte Rachel erschöpft.
„Hab sie gefunden“, kam Joanne tatsächlich mit drei Magnesiumfackeln in der Hand zurück.
„Warum zum Henker haben wir Magnesiumfackeln im Studio?“
„Das sind Notfallfackeln für eine Landung von Notfallhubschraubern für genau diesen Fall. Wir werden aufleuchten wie ein Weihnachtsbaum, irgendjemand muss uns doch dann sehen“, entschied Joanne.
„Ja, so werden wir gesehen, gute Idee. Jeder nimmt einer und geht an einen Platz vom Dach, dass wir einen größtmöglichen Radius abdecken“, plante Rachel und sie stellten sich an jede Dach-Ecke und zündeten die knallroten Fackeln. Es vergingen ein paar Minuten, da landete ein Hubschrauber mit lautem Getöse auf dem Dach. Es war der Senderhelikopter.
„Und ich dachte, du hättest mir bei meiner Geschichte nicht zugehört. Hey, Babe“, begrüßte der Pilot Joanne.
„Hey, wusste doch, dass du da irgendwo bist“, stieg Joanne auf den Sitz neben ihm im Helikopter.
„Ich hab grad die Sensoren-Messung auf dem Highway gemacht, als alles schwarz wurde. Hab mir Sorgen um dich gemacht, wusste ja, dass du auf mich wartest. Warum seid ihr auf dem Dach?“, fragte der Pilot Artie.
„Es ist stockduster im Haus, die Rollladen sind alle runtergegangen und keinerlei Notfallbeleuchtung funktioniert. Bringst du uns weg?“
„Sicher, wir müssen aber auf dem Krankenhaus landen, ich bin im Notfall als Pilot für die Klinik eingesetzt, es hat mich zwar keiner bis jetzt angefordert, aber da ich weder über Funk noch über Telefon jemanden erreiche, will ich da sicherheitshalber hin. Steigt ein, ich hab’s eilig“, bat er die anderen und sobald sie drin waren flog er schon los.

Sechzehntes Kapitel

 
„Geht’s Ihnen besser, Süße?“, fragte die Krankenschwester liebevoll. Rachel hatte sich im Helikopter übergeben, was ihr furchtbar peinlich war. Nun saß sie in geliehenen Klamotten auf der gleichen Bank wo Monate zuvor ihr Freund auf Nachrichten von ihr gewartet hatte.
„Das Ginger Ale hat geholfen, danke. Meine Mutter besorgt grade einen Wagen, der mit Benzin fährt, dass sie mich abholen kann. Es tut mir leid, dass ich Ihnen Umstände mache, in dieser Nacht“, bemerkte Rachel.
„Sie sind schwanger, das ist schon okay, bleiben Sie einfach hier sitzen, ich guck nochmal nach Ihnen“, sagte die Krankenschwester liebevoll und verließ sie wieder.
„Hey, wie geht’s? Kann ich vielleicht nachher mit deiner Mutter mitfahren? Artie wird noch ne Weile beschäftigt sein und ich will irgendwo in Ruhe schlafen“, setzte sich Joanne neben Rachel.
„Klar, mir geht’s besser, danke, sorry, dass du was abbekommen hast!“
„Konnte es rauswaschen, schon gut. Ich will ja nicht zu persönlich werden, aber du bist doch mit Leito zusammen, wo steckt er denn?“, wollte Joanne wissen.
„Er ist weg, abgehauen, vor einigen Tagen!“
„Bullshit, jetzt veralberst du mich, ich kenn ihn seit Jahren, er lässt zwar oft den Macho raushängen, er ist aber sensibel und freut sich sehr auf sein Kind, das würde er nicht tun!“
„Hat er aber, oder siehst du ihn hier irgendwo?“, murmelte sie müde.
„Die Kündigung hat ihm ziemlich zugesetzt was? Tut mir leid, ich hab ihn falsch eingeschätzt, oder auch nicht“, entschied Joanne und zeigte zu der Eingangstür. Dort stand ein übermüdeter Leito in alter Leder-Kluft.
„Er ist zurückgekommen“, war Rachel gerührt und ging langsam auf ihn zu.
„Gott sei Dank, du bist hier, man sagte mir, du wärst im Krankenhaus, ist was mit dem Baby?“, umarmte er sie liebevoll, aber sie wich aus.
„Ja, alles bestens, wir saßen nur im Studio fest und Artie musste hier aushelfen, also hat er uns hier abgeladen. Meine Mom kommt gleich und holt mich ab“, sagte sie kühl.
„Süße, bitte, sei nicht so, ich bin grad fast 20 Stunden hinten auf dem Bike meines Dads gesessen um zu dir zurückzukommen. Ich hab einen Fehler gemacht, es tut mir ganz aufrichtig Leid“, entschuldigte er sich erschöpft. Sie war sauer, aber die Ereignisse der vergangenen Stunden hatten Spuren bei ihr hinterlassen. Wortlos schlang sie ihre Arme um seinen Hals. Dabei bemerkte sie seinen verbundenen Oberarm.
„Hast du dich verletzt?“
„Nein, hab mir nen Tattoo stechen lassen, frag nicht, war die Idee meines Dads, gefällt mir aber, lange Geschichte. Er hat mich hier abgesetzt und ist auf dem Weg zu meiner Mutter, kann ich mit dir mitfahren?“, hoffte er.
„Klar kannst du mitfahren, Jo fährt auch mit, sie ist mit mir hierhergekommen. Ich hoffe, sie kommt bald, mir geht’s nicht besonders, hab mich im Helikopter übergeben, war nen heftiger Flug hierher, Artie musste ein bisschen Umwege fliegen, weil er die Orientierung ohne irgendeine Beleuchtung verloren hatte“, entgegnete sie.
„Ja, ist wie ein Weltuntergang da draußen, total gruselig, wir konnten uns glücklicherweise durch die Autokorsos mit dem Bike durchschlängeln. Ich denk nicht, dass deine Mom so schnell kommt“, erwiderte Leito. In dem Moment stand Cat hinter ihm.
„Ach, wer traut sich da wieder heim, wie freundlich von dir. Bist du soweit?“, fragte Cat ihre Tochter.
„Er fährt mit uns mit, sei nett, Mom“, bat sie ihre Mutter.
„Den Teufel wird er!“
„Bitte Mom, ich will einfach nur hier weg“, bat Rachel übermüdet.
„Meinetwegen, aber er muss sich klar machen, dass ich ihn jetzt direkt zu meinem schwerbewaffneten Ehemann bringe“, murmelte Cat und nahm sie mit.
 
Die Sonne ging über Miami wieder auf, doch trotzdem blieb die Elektronik aus. Es legte sich eine ungewohnte, aber angenehme Stille über die Stadt.
Leito schlief mit Rachel im Arm auf dem Sofa seiner Schwiegereltern in spe, Joanne schlief auf dem Sessel neben ihnen. Die Harmonie wurde jäh gestört, als sein muskulöser Schwiegervater in spe Leito am Kragen packte, auf die Füße zog und gegen die Wand presste.
„Ray, Kumpel, lass mich erklären“, stotterte Leito.
„Ich bin nicht dein Kumpel, Lei, ich bin der Vater deiner schwangeren Freundin. Was zum Henker hast du dir dabei gedacht?“, schimpfte Ramon.
„Gar nichts, Sir, es tut mir leid, schrecklich leid, bitte lass mich los, du tust mir weh“, jammerte Leito unter Schmerzen.
„Seit wann bist du so empfindlich, ich fass dich doch kaum an“, murrte Ramon.
„Neues Tattoo“, sagte er keuchend.
„Oh, okay, hat dich dein Vater also auch gebrandmarkt“, ließ Ramon ihn los.
„Nein, das Motiv hab ich selbst ausgesucht, warte, was?“
„Deine Mutter hat ihr Tattoo nicht aus optischen Gründen, es soll zeigen, dass sie unberührbar ist, was die Angels angeht. Dein Dad hat dir immer noch nicht alles erzählt, was?“
„Nein, nicht so wirklich, aber mein Tattoo ist es zumindest nicht, ich hab es selbst ausgewählt“, bemerkte er gespielt cool.
„Darf ich es sehen?“, fragte Ramon. Bevor Leito antworten konnte, hatte Ramon schon den Kleber auf Leitos Tattoo entfernt.
„Aua, ich bin zwar unempfindlich, aber nicht vollkommen schmerzfrei, Ray“, verzog Leito das Gesicht.
„Gut, du hast es schon ab, ich wollte es grade wechseln. Wie sieht es aus, ist es entzündet?“, kam Cat ins Wohnzimmer mit einem Erste-Hilfe-Koffer in der Hand.
„Sieht gut aus, nettes Motiv. Zieh das T-Shirt aus, ich verarzte dich“, zog Ramon ihm beinahe selbst das Shirt aus.
„Rach‘, deine Eltern machen mir Angst“, jammerte er gespielt.
„Ich schlafe“, murmelte Rachel in ihr Kissen, ohne die Augen zu öffnen.
„Okay, das hab ich verdient, das Tattoo war ne Idee von meinem Dad, wenn es euch interessiert“, bemerkte er verwirrt, während Cat sein Star-Wars-Androiden-Tattoo eincremte und wieder verband.
„Das Nerd-Motiv sicher nicht, aber besser als manche Tattoos von deinem Dad. Du bleibst also jetzt hier?“, fragte Cat schroff.
„Ja, ich bleibe hier, ich hatte nen Aussetzer, ich liebe eure Tochter und möchte sie heiraten, ich geht nicht mehr weg“, versprach er.
„Fragst du uns grad nach unserem Segen?“, wollte Ramon wissen.
„Äh ja, schon irgendwie. Wenn ihr nach allem damit nicht einverstanden seid, kann ich das verstehen“, konterte er nur.
„Wir sind nur so verärgert, weil du uns wichtig bist wie unser eigener Sohn. Natürlich habt ihr unseren Segen“, erwiderte Ramon und gab Leito sein T-Shirt wieder.
„Mich hat er noch nicht gefragt“, setzte sich Rachel auf.
„Du wolltest, dass ich das persönlich mache, ich wollte es nicht hier und jetzt machen, aber wenn du willst…“, schmunzelte er und kniete sich vor ihr nieder.
„Steh sofort auf, wenn du das machst dann richtig, nicht hier, nicht heute“, bat sie nur.
„Verstehe, du bist noch sauer, wäre auch zu einfach gewesen“, war er enttäuscht und stand wieder auf.
„Gib mir Zeit, das waren heftige Tage für mich. Ich muss duschen, ich will aus den Klamotten raus und deine Tochter sollte was Essen“, stand sie mit verwirrtem Blick auf und ging in die Küche ihrer Eltern.
„Man, das ist wie im dunkelsten Mittelalter hier, wie soll ich so bitte Frühstück machen?“, stand Rachel etwas orientierungslos vor den ganzen stromlosen Geräten.
„Ich hab Sandwiches mit den Resten aus dem Kühlschrank gemacht, die müssen alle weg, der Kühlschrank ist ja auch aus. Ich deck am besten für alle den Tisch, vorausgesetzt du erträgst es, mit ihm in einem Raum zu sein“, plante Cat.
„Ich liebe ihn, natürlich tu ich das, ich brauch nur noch etwas um über das nachzudenken, ich bin erst fünf Monate mit ihm zusammen, ist vielleicht etwas früh, trotz unserer Vergangenheit!“
„Du bist schwanger von ihm, Süße!“
„Ja, ist mir schon aufgefallen, aber das ist das 21. Jahrhundert, ich muss ihn nicht gleich heiraten, weil er mich geschwängert hat“, bemerkte Rachel nur.
„Ja, natürlich nicht, was auch immer ist, wir sind alle Familie, wir kriegen das hin. Nein, Sweetie, du kriegst die Erdnussbutter-Brote, wir wissen nicht, wie gut die Sachen noch sind, ne Lebensmittelvergiftung ist ganz übel für deine Tochter“, nahm Cat ihrer Tochter ein Sandwich aus der Hand und gab ihr ein anderes.
„Oh ja, danke, ist manchmal gut seine Mutter um sich herum zu haben, vor allem in Zeiten wie diesen. Schon irgendwas in den Nachrichten, wann der Strom wieder da ist?“
„Süß, ihr verwöhnten New Millennials, ohne Strom gibt es keine Nachrichten, nicht im Fernsehen, nicht im Radio, das läuft ja auch nur über digitale Satelliten“, erklärte Cat.
„Dann muss ich wenigstens heute nicht zur Arbeit, mir ist immer noch übel. Sobald werde ich in keinem Hubschrauber mehr steigen“, entschied sie.
„War ja auch eher ne Notfall-Rettung. Du solltest zu deiner Frauenärztin gehen, du hast gestern viel erlebt und anstrengende Sachen gemacht. Nur um sicher zu gehen!“
„Wir sollten kein Benzin für so etwas verschwenden!“
„Dein Dad hat mit Kanistern letzte Nacht alle Tankstellen in der Umgebung leer gemacht, die auf manuelle Pumpen eingestellt waren, wir haben genug Benzin für ne Weile, ist manchmal wirklich von Vorteil einen ausgebildeten Sicherheitsagenten geheiratet zu haben. Deine Gesundheit ist wichtig, wir machen einen Plan, wie wir durch die Stadt fahren um effektiv zu sein. Auf jeden Fall müssen wir einen Supermarkt finden und uns mit Zeug eindecken, was nicht gekühlt werden muss. Ich hab auch einige Tricks drauf, kommt wohl von zu vielen Stürmen und Hurrikans, sei froh, dass die in den letzten Jahren nachgelassen haben“, entschied sie.
„Ja, die guten alten Zeiten. Ich deck mal den Tisch“, half Rachel ihrer Mutter.
 
„Wo ist Lei?“, fragte Rachel, als sie gemeinsam am Frühstückstisch saßen.
„Keine Ahnung, soll ich ihn suchen?“
„Nein, mach schon, denk mir schon, wo er ist“, stand Rachel auf und ging in einen Hinter-Raum. Leito lag auf dem Boden des Raumes und ließ die Welpen auf sich herumkrabbeln.
Er sah aber nicht glücklich dabei aus.
„Hey, wir frühstücken. Du kannst auch einen von den Kleinen haben, wenn du willst, Benton will sicher einen Spielkameraden haben“, sagte sie nur.
„Man, das hilft nicht, ich hab gehofft, das hilft“, murmelte er nur und zog einen Welpen von seinem Gesicht herunter.
„Ich liebe dich sehr, das weißt du doch, oder?“, setzte sie sich zu ihm hin.
„Und ich liebe dich. Ich will für immer mit dir zusammen sein, aber wie kann ich das, ich kann mir momentan nicht mal nen Ring für dich leisten“, erwiderte er traurig.
„Dann warte ab, bis du wieder einen Job hast und das kannst. Ich lauf dir nicht weg, versprochen“, versicherte sie liebevoll und nahm seine Hand in ihre.
„Ich will dich nicht verlieren!“
„Du wirst mich nicht verlieren, niemals, wir sind durch dieses Kind hier auch für unser ganzes Leben verbunden. Das heißt aber nicht, dass wir nur zusammenbleiben wegen des Kindes. Du bist die Liebe meines Lebens, bist du schon seit dem Tag als ich realisiert habe, was Liebe ist. Bitte lass mich nicht mehr allein“, erklärte sie und er setzte sich auch auf.
„Ich werde nicht mehr weggehen, ich dachte, es wäre das Beste für dich, aber ich hab vergessen was das Beste für mich ist und das bist du, das warst du immer schon“, zog er sie an sich und küsste sie lange.
„Entschuldigt, ich will nicht stören, aber die Sandwiches werden nicht besser“, störte sie Ramon plötzlich.
„Wir kommen, Dad. Hey, was wird das“, wunderte sich Rachel, als Ramon einen Pen aufzog.
„Tetanus-Spritze, weiß der Teufel in welcher Kaschemme Loverboy sich das Tattoo stechen lassen hat, ich will das Risiko nicht eingehen“, bemerkte Ramon trocken und rammte Leito den Pen in den Arm.
„Aua, hörst du mal auf damit? Wie oft muss ich mich noch entschuldigen?“
„Oh, ich hab nicht mal angefangen. Jetzt komm, ich muss zur Arbeit, wenn der Strom ausfällt drehen die Leute gern mal durch, ich wurde ins Rathaus bestellt“, erwiderte Ramon und zog Leito hoch.
„Dad, bitte las das, er hat auch heftige Tage hinter sich“, nahm Rachel, Leito in Schutz.
„Sorry, Junge, ich hör auf. Jetzt kommt, wir müssen uns auch noch überlegen wie wir die nächsten Tage ohne Strom rumkriegen“, wurde Ramon sanfter und brachte sie zurück an den Tisch.
„Also, meine Kontakte haben bestätigt, dass zwei Stromwerke vom Ausfall betroffen sind, das macht die halbe Stadt aus. Sie arbeiten mit Hochdruck daran, aber sie gehen von 4-5 Tagen aus, bis das behoben ist. Ich hab schon mal ne Liste der Sachen erstellt, die wir brauchen, um das durchzustehen. Lei, deine Eltern können sich durch das Motorrad selbst versorgen, Mac hat den alten Roller seines Dads reaktiviert, so ist er auch mobil, wir bringen ihm einen Kanister vorbei. Auf dem Weg zu ihm setz ich Sie bei Ihnen zu Hause ab, Jo, dann setzt mich jemand am Rathaus ab und die anderen holen die Sachen. Denkt auch daran, einen großen pack Hundefutter zu holen am besten werdet ihr diese Woche bei uns bleiben, Kinder, ihr müsst Hanover noch bei Rachel holen, der arme Kerl dreht sicher schon durch. Ich hab ne Liste gemacht. Das werden wir schon überstehen, ich hab schon schlimmeres durchgestanden“, plante Ramon professionell am Frühstückstisch und die anderen nickten wortlos.
 
Als die Gruppe gerade aus dem Haus ging, bremste ein Motorrad in der Auffahrt. Eine Frau stieg ab und lief auf sie zu.
„Mom, hey“, ging Leito auf seine Mutter zu.
Wortlos scheuerte Pagan ihrem Sohn eine.
„Aua, das hab ich wohl verdient!“
„Als hätt dir das wehgetan, hast du den Verstand verloren?“
„Für einen Moment schon, aber jetzt bin ich wieder da. Du siehst müde aus“, bemerkte er liebevoll.
„War ne kurze Nacht und ich fahr auch nicht gern auf dem Bike deines Vaters. Wir haben nur das Bike hier, wir brauchen aber Platz zum Einkaufen, kann ich mich euch anschließen?“
„Das würde nen bisschen eng werden, dann bleib ich hier, Benton ist bei dir, oder?“
„Jetzt grade bei unserer Nachbarin, aber ihm geht’s gut. Danke, dass du mir den Platz gibst, du kannst ja mit deinem Dad dahinfahren, wohin du willst, haut nur nicht wieder ab“, bat sie und drückte ihm den Helm in die Hand.
„Ich wollte die anderen eigentlich nur begleiten, aber ich kann Zeug packen für die nächsten Tage, ich werde hierbleiben“, erklärte er ihr.
„Gut, das solltest du machen. Hat sie dir verziehen?“, sah Lula zu Rachel herüber.
„Wir arbeiten daran, momentan können wir die Woche in einem Haus verbringen ohne uns gegenseitig umzubringen. Was ist mit Dad und dir?“
„Wir arbeiten auch daran, wir bleiben auch in einem Haus um Benzin zu sparen. Ist schön euch beide wieder zusammen zu sehen“, sah er zu seinem Vater.
„Ich kann nichts versprechen, aber es freut mich, dass es dich freut. Dein Dad sagte mir, du gehörst jetzt auch zum Tattoo-Club, er hat dir sicher nichts Schlimmes verpassen lassen, oder?“, hoffte sie.
„Ich hab das Motiv ausgesucht, Onkel Ramon hat mir erzählt, was dein Tattoo bedeutet. Warum hast du das nie entfernen lassen?“, nahm er die Hand seiner Mutter und sah ihr Tattoo an.
„Es hat mir einmal das Leben gerettet, aber das ist ne Geschichte für nen anderen Tag. Jetzt geh, die anderen warten sicher auch auf mich“, bat Lula, Leito löste den Griff und ging zu seinem Vater.
„Hey, nicht, dass ich mich nicht freue dich zu sehen, Sohn, aber ich hatte gehofft mit deiner Mutter an den Strand fahren zu können um ihr zu zeigen, wie gut mein 3-facher Bypass ist“, wunderte Pagan sich, seinen Sohn zu sehen.
„Erstmal, niemand will das Wissen, zweitens Mom will mit den anderen Einkaufen fahren. Kannst du mich zu meiner Wohnung bringen?“, wollte er wissen.
„Sicher, wir müssen aber trotzdem vorher zum Strand, dass ich mein Handy aufladen kann. Die haben Solar-Panels dort, dauert zwar nen bisschen, aber wir können ja auf dem Rückweg von dir dahin zurückkommen“, erklärte er ihm.
„Das wusste ich gar nicht, warte ne Sekunde“, ging er zu den anderen hin.
„Leute, gebt mir eure Handys“, bemerkte Leito, als er an der Beifahrertür von Ramons Wagen geklopft hatte.
„Willst du jetzt den gleichen Berufsweg einschlagen wie dein Vater?“, frotzelte Ramon.
„Wir fahren an den Strand, dort kann man mit Solarkraft Handys aufladen. Wenn du nicht willst, Onkel Ramon, dann nicht“, erklärte er cool.
„Richtig, die haben sie installiert, als deine Eltern und ich noch jung waren, die hatte ich völlig vergessen. Bitte bring mir es heil zurück, ist ein altes Satelliten-Telefon“, bat Ramon und sie gaben ihm alle ihr Handy.
„Mach ich, seh euch später, ich fahr zu mir nach Hause und pack ein paar Sachen“, erklärte er ihnen und steckte die Handys in einen Rucksack.
„Du hast dich echt verändert, Junge, hast wohl endlich wieder gelernt, dass du nur weiterkommst, wenn du ein Teamplayer bist“, konterte Pagan, als Leito aufs Motorrad aufstieg.
„Ja, ich werde jetzt Vater, ich muss ein Vorbild sein. Jetzt lass uns fahren“, entschied er und sie fuhren los.

Siebzehntes Kapitel

 
„Wir müssen was tun“, bemerkte Leito, als sie tags drauf am Strand lagen, weil sie nicht wussten, was sie tun sollten.
„Ich hab keine Lust auf Sex am Strand, sorry, mit dem Baby und allem muss ich aufpassen“, murmelte Rachel unter ihrem Strohhut hervor.
„Okay, gut zu wissen, ich mein mit der Informationslücke. Wir sollten unsere eigenen Nachrichten machen“, überlegte er laut.
„Süßer, ich weiß, du vermisst deinen Job, aber wie dir schon aufgefallen sein sollte, haben wir keinen Strom und ohne Strom können wir nichts aufnehmen, ich langweile mich auch, aber da kann man nichts machen!“
„Das könnte funktionieren“, mischte sich plötzlich auch Mac ein, der neben ihr im Sand lag.
„Ist das jetzt eine spirituelle Verbindung zwischen Cousins, die ich nicht kapiere?“, wunderte sich Rachel.
„So in etwa, wir bräuchten aber deine Hilfe, die von Jo und Artie auch, Richie wäre auch wichtig, außer ihr kennt jemanden, der sich mit der Fernsehkamera auskennt“, bemerkte Leito.
„Ich will ja nichts sagen, aber ihr arbeitet nicht mehr im Studio“, erinnerte Rachel sie.
„Ich rede aber auch nicht vom Studio. Wir haben hier am Strand Strom, genug Licht, eine gute Satellitenverbindung, wir könnten alles hier aufbauen und aufnehmen. So können die Leute alles erfahren“, schlug er vor.
„Die Leute haben keinen Strom, nette Idee, aber sinnlos!“
„Fuck, ja, da hast du Recht, ich sollte aus der Sonne“, entgegnete er.
„Komm mal zu mir. Oh ja, du bist heiß, du musst aus der Sonne. Geh kalt duschen“, bat sie.
„Ja, Ma’am“, sagte er nur und ging zu den Outdoor-Duschen am Strand.
„Er vermisst seinen Job, ich hätte nie gedacht, dass er den so gern gemacht hat. Wenn du dieses Vorstellungsgespräch hast, kannst du ihn da auch irgendwie empfehlen?“
„Ich kann’s versuchen, nervt er dich schon?“, schmunzelte Mac.
„Ein wenig, aber er ist auch der Vater meines Kindes und er braucht einen Job“, entschied sie.
„Klar, verstanden, ich schau mal, was ich tun kann. Er sieht nicht gut aus, wir sollten zu ihm hingehen“, hatte er während des Gesprächs seinen Cousin beobachtet und der setzte sich in der Dusche hin.
„Ich geh zu ihm, pack unsere Sachen bitte zusammen“, bat sie und ging zu Leito hin.
„Hey, Süßer, alles klar?“, kniete sie sich zu ihrem Freund herunter.
„Mir ist schwindelig, wird gleich wieder gehen“, murmelte er mit gesenktem Kopf. Liebevoll nahm sie ihr Handtuch, feuchtete es an und tupfte ihm über die Stirn.
„Ich hasse meine Krankheit, ich merk das immer viel zu spät“, war er betrübt.
„Deswegen bin ich da, ich werde für dich da sein, so wie deine Mom für deinen Dad da war und ist. Mit unserer Tochter werde ich dasselbe machen, wenn sie es hat“, erklärte sie.
„Ich wollte niemals, dass du diese Bürde auf dich legst“, sagte er traurig.
„Ich habe das selbst entschieden, also werde ich diese Bürde dann auch tragen, wenn es so weit kommt. Komm, wir stellen dich mal unter die kalte Dusche, bevor dein Kreislauf ganz den Geist aufgibt“, entschied sie, zog ihn hoch und stellte sich zusammen mit ihm unter die Dusche. Als Mac zu ihnen kam, knutschten die beiden wild.
„Ich will ja nichts sagen, aber so kriegst du deinen Freund nicht dazu, sich abzukühlen“, schmunzelte Mac.
„Ist sie schon da?“, legte Rachel ihren Kopf auf die Schulter ihres Freundes.
„Noch nicht, okay, dann lass ich euch beide mal allein“, sagte er amüsiert und setzte sich auf einen Stein etwas weiter weg um die anderen nicht zu stören, während er auf seine Tante wartete.
 
20 Minuten später kam Lula sie abholen.
„Hey, wo sind die anderen?“, fragte Lula, als sie sich neben ihren Neffen setzte, der immer noch allein auf dem Stein saß.
„Die spielen Blaue Lagune“, erklärte Mac nur und zeigte auf das Pärchen, was wild am Strand in den Wellen knutschte.
„Na toll, ich bring sie nicht auseinander, hol sie, wir müssen los“, murmelte sie kopfschüttelnd.
„Hey, Romeo, Julia, bewegt euren Arsch aus dem Wasser, Tante Lula ist da“, kam Mac zu ihnen. Sie hörten nicht auf ihn.
„Gut, dann fahren wir alleine, viel Glück dabei nach Hause zu kommen“, bemerkte er und bewegte sich von ihnen weg.
„Du bist so ein Spielverderber, das warst du schon immer“, murrte Leito, zog seine Freundin hoch und das Pärchen folgte ihm.
 
Tag 21 ohne Strom in Miami, die Lage spitzt sich langsam zu, Luz Industries ist weiter dabei, dem Problem Herr zu werden, doch sie können sich momentan nur verhalten optimistisch zeigen. Solang mir die Batterien nicht ausgehen kann ich euch weiterhin mit Nachrichten versorgen, aber mein Optimismus in diesem Fall ist auch nicht ideal. Danke fürs Zuhören, ich wünsche euch eine gute Nacht und ich melde mich wie immer morgen um 18 Uhr wieder für aktuelle Neuigkeiten“, tönte es durch den Lautsprecher des Eiswagens. Leito hatte sich mit einigen Kollegen des Fernsehstudios zusammengetan und einen Eiswagen zu einem Piratenradiosender umgewandelt. Nun verbreitete er regelmäßig die neusten Nachrichten, die er durch das Funktelefon seines Schwiegervaters aus Tampa von Macs Eltern erfuhr. Er konnte nur ein paar Meilen Radius durchfahren, weil das Benzin inzwischen fast aufgebraucht war, aber er hoffte, dass die Leute die Nachrichten auf altmodische Methode durch Hörensagen weitererzählten.
„Wir müssen damit aufhören, das bringt doch nichts“, erwiderte Rachel neben ihm auf dem Beifahrersitz erschöpft. Ihre Stimmungen hatten sich die Wochen zuvor getauscht, sie war die Pessimistin, Leito hatte das Lächeln auf den Lippen.
„Ich glaub, hier braucht wieder jemand eine Handvoll Welpen“, griff er nach hinten und setzte ihr drei Welpen auf den Schoß.
„Du kannst doch nicht immer … oh ihr Süßen, lasst euch knuddeln“, murrte sie, wurde dann aber butterweich, als sie die drei Welpen mit ihrem orange-gelben-Fell in den Händen hielt.
„Das hat mir in den letzten Wochen immer geholfen, schön, da ist ja dein Lächeln wieder. Ich weiß, es ist fast sinnlos, aber ich werde wahnsinnig zu Hause, ich muss irgendwas tun und die Leute zu informieren hilft mir dabei, nicht wahnsinnig zu werden“, erläuterte er ihr.
„Ja, ich weiß, Schatz, aber jetzt fahren wir erstmal heim“, bemerkte sie. Sie wohnten jetzt wieder bei ihr, zusammen mit drei Hunden und sechs Welpen. Der Eiswagen fuhr auch mit Benzin, deswegen waren sie auch flexibel.
„Ja, wir müssen noch was einkaufen. Ich hoff Lakshmi hat noch Milch, die hatte ich seit fast zwei Wochen nicht mehr und sollte sie für das Baby trinken“, überlegte sie laut.
„Vielleicht hat sie auch Schokolade, da hätte ich Lust drauf. Es ist so surreal, in nur einem Monat haben wir alle Annehmlichkeiten verloren, die wir für selbstverständlich gehalten haben. Wie lang wird das noch dauern? Ich vermisse die Klima-Anlagen“, sagte er erschöpft.
„Okay, wird Zeit wieder für deine Abkühlung, halt an“, bat Rachel, setzte die Welpen wieder in ihren Korb hinter sich und legte Leito sein feuchtes Handtuch über den Hals. Sie konnten ihm keine Kühl-Pads mehr einfrieren, also steckten sie nasse Handtücher in einen Kühlcontainer, womit Leito sich zwischendrin kühlen konnte.
„Du sorgst dich so gut um mich“, murmelte er, während sie ihn kühlte.
„Du hast schon wieder Fieber, verdammt, warum musste es nochmal so heiß werden? Wir müssen dich nachher in ein kaltes Bad legen“, erwiderte sie besorgt und legte das Tuch wie ein Turban über den Kopf ihres Freundes.
„Heirate mich“, sagte er plötzlich benommen.
„Ja, ich heirate dich, mein Süßer“, sagte sie sanft und küsste ihn leicht. Er döste ein.
 
Sie wurden geweckt, als jemand gegen die Fahrertür klopfte. Leito schreckte auf und zog sich das nasse Handtuch vom Kopf, was inzwischen warm war.
Verschlafen kurbelte er sein Fenster herunter.
„Hey, Sie sind doch der Kerl mit dem Eiswagen, oder?“, fragte ein Mann, der geklopft hatte.
„Ich verkaufe kein Eis, sorry“, murmelte er schläfrig.
„Schon klar. Ich hab einen Elektronikladen und habe einen solarbetriebenen mobilen Generator. Ich will Ihnen den leihen, dass Sie das hier weiterführen können“, bemerkte der Kerl nur.
„Äh, was?“
„Ich hab Ihre Sendung gehört und will nur helfen“, erläuterte der Mann.
„Oh okay, vielen Dank, geben Sie mir am besten Ihre Adresse, dann bring ich das Gerät zurück, wenn ich es nicht mehr brauche“, bedankte sich Leito, als er verstand, was der Mann wollte. Der Mann hatte die Adresse schon aufgeschrieben und gab ihm einen Zettel.
„Sie helfen uns echt weiter, vielen, vielen Dank“, bedankte er sich höflich.
„Sie geben mir jeden Abend eine Stimme, die mich nicht durchdrehen lässt, danke dafür. Ich bin übrigens Bill“, sagte der Mann nur, stellte den Generator ab und ging einfach davon.
„Das war echt seltsam“, redete er vor sich hin. Erst jetzt realisierte er, dass er immer noch in seinem Van saß und seine Freundin neben ihm auf dem Beifahrersitz schlief.
Sanft strich er ihr mit der Handfläche über die Wange, von dem sie wach wurde.
„Hey, wir sind eingeschlafen, wie geht’s dir?“, fragte sie.
„Ja, mir ging’s schlechter, als sich dachte, du hast das sofort erkannt, ich bin wirklich glücklich dich zu haben“, erwiderte er.
„Ich weiß, deswegen hast du mich gestern auch gefragt, ob ich dich heiraten will“, bemerkte sie und lächelte ihn an.
„Oh man, tut mir leid“, entschuldigte er sich.
„Ich hab ja gesagt, ich will dich auch heiraten“, bemerkte sie und er lächelte breit.
„Wirklich?“
„Du hast mich geschwängert, natürlich sag ich da ja“, witzelte sie und küsste ihn.

Achtzehntes Kapitel

 
„Du magst ihn nicht, oder? Ja, es ist nur Bleikristall, aber du kriegst nen Diamanten, sobald ich das Geld habe“, versprach Leito.
„Nein, er ist wunderschön, du weißt, dass ich keine anspruchsvolle Tussi bin, ich liebe dich und das ist momentan alles was zählt. Ich hab nur gehofft, dass ich eine Verlobungsparty geben könnte, aber wir können keinen bei Kerzenschein einladen“, bemerkte sie und sah ihren Ring etwas betrübt an.
„Wir werden wieder Strom bekommen, irgendwann, wir müssen ja nichts überstürzen. Soll ich den Generator reinholen?“, bat er an.
„Nein, den brauchst du doch morgen. Wir gehen ja eh gleich ins Bett, schon gut. Ich find den Kerzenschein auch irgendwie romantisch. Kann ich mit dir über was reden?“, hoffte sie.
„Du kannst mit mir über alles, meine Süße, weißt du doch. Was ist denn?“, fragte er, während er sanft ihren Babybauch rieb.
„Ich will Banks im Knast besuchen“, gestand sie kleinlaut.
„Okay, ihr müsst sicher einiges klären mit den Hunden und so“, bemerkte er.
„Es ist wirklich nur aus dem Grund, ich habe jegliches Interesse an ihm verloren als er mich entführt hatte“, erläuterte sie.
„Ich weiß, ich werde trotzdem mitgehen. Ich will dich nicht mit ihm allein lassen, aber nur weil ich ihm nicht traue“, entschied er.
„Gut, dann komm mit, dann können wir vielleicht zusammen ein paar Sachen besorgen, ich sollte ja nicht so schwer heben“, entschied sie.
„Gut, dann machen wir es so“, bemerkte er und so war es abgemacht.
 
Ein paar Tage später ging das verlobte Pärchen den Gang entlang zu Banks‘ Zelle. Da der Strom immer noch weg war, blieben die Zellen verschlossen. Die Insassen waren entsprechend gereizt und machten Theater, als sie vorbeigingen. Rachel kuschelte sich etwas erschreckt an den Arm ihres Verlobten.
„Hier sind wir, Finger weg vom Gefangenen, da können Sie sich hinsetzen“, bemerkte die Wache, die vor ihnen ging und ließ sie allein. Leito setzte sich auf einen der Stühle und Rachel ging Richtung Zelle.
„Banks, ich bin’s“, begrüße Rachel ihren Ex, der auf einem Bett lag.
„Rachel?“, hörte man Banks und ein zerzauster, bärtiger Mann erschien am Gitter.
„Man, da braucht einer ne Rasur“, begann Rachel.
„Ich darf hier nicht raus, duschen kann ich nur ein Mal pro Woche“, murmelte Banks.
„Unser Wasser ist auch kalt, wenn es dich beruhigt“, konterte sie.
„Du bist schwanger“, entgegnete er plötzlich.
„Ja, sieht so aus. Ich hab mich verlobt“, zeigte sie ihren Ring.
„Mit Mr. Grumpy-Gesicht da drüben, nehm ich mal an. Er ist der Vater?“
„Denke schon!“
„Was heißt denke schon, könnte ich es sein?“, war er verwundert.
„Er hat ne seltene Blutgruppe, ich bin ziemlich sicher, dass er es ist!“
„AB -? Die hab ich auch“, konterte Banks cool.
„AB+, das heißt, du bist auch noch im Spiel, fuck, wie sag ich ihm das?“, fluchte sie.
„Leb dein Leben, er wird dein Mann werden, alles andere ist egal“, flüsterte er ihr entgegen.
„Nein, du könntest der Vater sein, das kann ich nicht machen“, wurde sie lauter. Das alarmierte Leito und er kam zu ihnen hin.
„Alles in Ordnung?“, fragte er und legte den Arm um ihre Hüfte.
„Du hasst mich jetzt sicher“, begann sie zu weinen.
„Er ist der Vater, oder?“, realisierte er sofort und löste seinen Griff, um einen Schritt zurück zu gehen.
„Möglicherweise, ich weiß nicht, ich hab grad erst erfahren, dass er auch AB hat, aber das werden wir klären sobald sie geboren ist, versprochen, das ändert überhaupt nichts an meinen Gefühlen für dich, wenn es wirklich so ist. Ich möchte, dass du der Vater bist, aber ich verstehe, wenn du jetzt wegwillst“, entschied sie weinend.
„So schnell wirst du mich nicht los, du Idiotin, weißt du doch, sie ist meine Tochter, egal was ist“, versicherte er und umarmte sie fest.
„Ich hab dich nicht verdient“, schluchzte sie.
„Doch, das hast du und bald wirst du mich für immer haben, meine ganze Grumpy-Persönlichkeit“, schmunzelte er und küsste sie sanft.
„Ich will ja nichts sagen, aber seit ihr nicht wegen mir hier?“, mischte sich Banks ein.
„Ja, sorry, also, ich brauch deine Unterschrift für die ersten Impfungen der Welpen und ich werde Hanover kastrieren lassen, wenn er noch länger mit meiner Hündin nicht kastriert zusammen ist, werde ich bald wieder Hunde-Oma, ich muss bei ihr noch etwas warten, bis wir sie kastrieren können“, zog sie ein paar Unterlagen aus einer Stofftasche.
„Ja, okay, toll find ich das ja nicht, aber du hast Recht. Geht’s allen Welpen gut?“, wollte er wissen.
„Alle topfit, danke der Nachfrage. Du kriegst zwei, wie abgemacht, einen bekommt mein Kumpel Mac, einen behalten wir, die anderen zwei muss ich noch vermitteln. Hanover geht’s sonst gut, er hatte die erste Zeit Probleme mit der ständigen Dunkelheit, aber das ging vorbei“, erzählte sie ihm.
„Ja, er ist manchmal ein Schisshase. Ich vermisse ihn sehr, vor allem jetzt, wo ich so isoliert bin von allem“, sagte Banks traurig.
„Sind ja nur noch zwei Monate, ich hätte dir Fotos mitgebracht, aber ohne Drucker keine Fotos. Das wird schon“, versprach sie.
„Wenn ich draußen bin, werde ich ganz von vorne anfangen können“, erwiderte er traurig.
„Ich helf dir sicher nicht, ist schon gnädig genug von mir deinen Hund zu nehmen, dass er nicht im Tierheim landet. Du sitzt hier ein, weil du mich gekidnappt hast“, wurde sie wütend.
„Ich weiß, das wollte ich auch nicht damit andeuten, verdammt, ich sitze hier fast eine Woche alleine, ich wollte halt nur mal meine Gefühle loswerden. Ist sonst noch was?“, raunzte er sie an.
„Nein, sonst hab ich dir nicht viel zu erzählen, kenn dich ja gar nicht. Ich werde jetzt gehen“, sagte sie gefühlskalt und ging wieder zu Leito hin. Plötzlich hörten sie ein Summen. Durch das wochenlange Power-Aus war das ungewohnt, aber plötzlich flackerten auch die Lichter.
„Wir... wir haben wieder Strom“, war Rachel fast überfordert mit den neuen Begebenheiten. Sie musste aber schnell reagieren, denn der plötzliche Stromanstieg führte dazu, dass die elektronischen Zellentüren aufsprangen und Vergewaltigern, Mördern und auch ihrem Ex die Tür öffneten. Leito reagierte sehr schnell, nahm sie auf seine Arme und trug sie heraus.
„Was zum Henker machst du da?“, fragte sie und er setzte seine Freundin wieder ab.
„Ich rette dich, gern geschehen“, keuchte er, weil er gerannt war.
„Von wem?“, drehte sie sich zu den Zellen. Keiner der Häftlinge hatte die Zellen verlassen.
„Was haben die denen denn gegeben, dass die so brav bleiben?“, verstand Leito nicht.
„Sobald der Strom wieder angeht, schließt sich ein Stromkreislauf und sie werden gegrillt, wenn sie die Zellen verlassen, das ist nen Gefängnis, Süßer, aber danke für deine Rettung, mein Held“, schmunzelte sie.
„Woher weißt du denn das?“, wunderte er sich.
„Mein Mentor bei der Sicherheitsfirma, bei der ich gearbeitet habe am College war ein früherer Schließer, er hat es mir mal erzählt. Wir haben wieder Strom, Süßer, hast du das überhaupt schon realisiert?“, war sie aufgekratzt.
„Ich tu es grade, das ist irgendwie surreal, nach all der Zeit“, entgegnete er.
„Alles in Ordnung bei Ihnen?“, kam ein Wärter zu ihnen.
„Ja, wir wurden nur vom Strom überrascht, ist der Strom überall wieder da, oder war das nen Generator?“, wollte Leito wissen.
„Wir sind gerade erst dabei das rauszufinden, sieht aber gut aus mit dem Strom“, bemerkte der Wärter.
„Was machen wir jetzt?“, wussten sie nicht wirklich, was sie tun sollten.
„Sie sollten gehen, Sie sind doch fertig mit Ihrem Besuch, oder?“, fragte der Wärter.
„Ja, sind wir, komm Schatz, gehen wir“, bemerkte Leito und ging mit seiner Freundin zu seinem Wagen. Für einen Moment sah das Pärchen dem regen Treiben auf der Straße zu. Es war wie ein Frühlingserwachen mitten im Winter, die Leute kamen aus den Häusern, sahen herum, manche fielen sich um den Hals und rege Gespräche begannen.
„Ich muss morgen wohl wieder zur Arbeit“, realisierte Rachel plötzlich.
„Das ist so seltsam, ich werde es vermissen, den ganzen Tag mit dir zu verbringen“, nahm er sie in den Arm.
„Wir werden das ganze Leben miteinander verbringen, was sind da ein paar Stunden am Tag“, säuselte er liebevoll und küsste sie sanft.
„Du wirst bald wieder im Fernsehen sein“, entschied sie.
„Du bist süß. Ich hatte in den letzten Wochen viel Zeit zum Nachdenken, ich hab auf der Uni gern Artikel geschrieben, ich will wieder zurück dahin“, gestand er ihr.
„Du willst also nicht mehr ins Fernsehen?“
„Ich weiß, ich würde weniger verdienen“, fügte er hinzu.
„Das ist nicht schlimm, wenn du das machen willst, ich will, dass du glücklich bist. Wir müssen auch mal darüber reden, wie unsere Wohnsituation in Zukunft aussieht. Ziehst du zu mir? Ich meine, deine Wohnung ist sehr kostspielig“, bemerkte sie.
„Wenn du mich bei dir haben willst, zieh ich gern zu dir, ich war ja schon seit Wochen nicht in meiner Wohnung. Ich kann aber ein paar Sachen mitbringen, oder? Ich meine mein Bett ist bequemer als deins“, bemerkte er.
„Ja, sicher, ich bin erleichtert, ich dachte, du wirst sauer!“
„Ich mag deine Wohnung gern, das hab ich schon lange, vor allem weil du immer in ihr warst. Ich werde das in den nächsten Wochen klären, jetzt sollten wir erstmal genießen, dass wir wieder Strom haben, ich hatte schon Angst, der kommt gar nicht wieder und wir müssten irgendwo anders hinziehen“, erklärte er.
„Ja, ich hab schon überlegt, wo ich mein Kind zur Welt bringen soll!“
„Ich werde dir die bestmögliche Versorgung besorgen, versprochen“, versicherte er.
„Du bist lieb, aber du hast grade nicht mal ne Versicherung, mein Süßer!“
„Denkst du, dein Doktorfreund kann dir da eher helfen?“, wurde er plötzlich schroff.
„Ha, ich wusste doch, dass du da nicht so cool bist. Ich hätte es dir nicht sagen sollen, verdammt sei meine Ehrlichkeit“, murrte sie.
„Du wolltest es mir also verschweigen?“, entgegnete er. Er war wirklich verärgert.
„Nein, natürlich nicht, wir wollen heiraten, ich will immer ehrlich zu dir sein!“
„Manchmal ist zu viel Ehrlichkeit nicht gut. Ich nehm mir ein Taxi, hier, fahr dahin wohin du willst“, ließ er sie einfach stehen und stapfte davon.

Neunzehntes Kapitel

 
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du verlobt bist?“, fragte Mac ein paar Tage später, als die beiden shoppen waren.
„Ich bin nicht verlobt“, sagte sie tonlos, während sie mit ihrem Ring an einer Kette herumspielte.
„Der Ring erzählt aber eine andere Geschichte!“
„Ich hab ja gesagt, schon richtig, aber das hat sich erledigt, er meldet sich nicht mal mehr“, erwiderte Rachel.
„Dachte ich schon, was hat er gemacht?“
„Diesmal hat er nichts gemacht, sondern ich. Kann sein, dass das Kind nicht seins ist“, gestand sie ihrem besten Freund.
„Sorry Süße, das ist nicht grad schockierend“, erwiderte Mac und nahm einen Schal auf.
„Nennst du mich grade eine Schlampe, Mac?“, raunzte sie.
„Ich bin dein bester Freund, natürlich nicht, du hast nur mit beiden gepennt, ist nur die Realität. Er hat sich wegen dem Mist von dir getrennt? Das ist so gar nicht seine Art!“
„Eigentlich ist es total seine Art, die vom alten Leito zumindest. Hab nicht gedacht, dass er sich so zurückentwickelt“, bemerkte Mac enttäuscht.
„Was auch immer, wenn er nicht will, kann er mich gernhaben, dann zieh ich das Kind halt allein auf, du hilfst mir doch nen bisschen dabei, oder?“
„Natürlich, aber so einfach kommt er da nicht raus, ich red mit ihm!“
„Nein, tust du nicht, das ist eine Sache zwischen Leito und mir“, bat sie.
„Okay, aber ihn zu ignorieren ist nicht die Sache klären!“
„Ich hab ihn öfter angerufen als ich je einen Mann anrufen wollte, jetzt hab ich es satt. Er will nicht mit mir reden und ich versteh ihn“, entgegnete sie.
„Also ist es mit euch vorbei? Einfach so?“
„Scheint so, bitte lass uns aufhören darüber zu reden, mir ist wegen der Schwangerschaft eh schon den ganzen Tag zum Heulen zumute. Jetzt brauch ich auch noch Schwangerschaftsklamotten, weil mir meine Sachen langsam nicht mehr passen“, plapperte sie traurig vor sich hin.
„Du bist echt die einzige Frau die ich kenne, die nicht gerne shoppen geht“, sagte er kopfschüttelnd.
„Ich hab deiner Aussage nach keinen Geschmack, suchst du was für mich aus?“, hoffte sie.
„Ich hab immer hofft, dass du das mal sagst, wie bunt darf ich gehen?“
„Kein Pink, keine Kanarienfarben und kein Grasgrün, sonst hast du freie Wahl!“
„Blümchenmuster?“
„Übertreib’s nicht!“
„Okay, dann keine Blumen, du kannst dich auch hinsetzen und ich such was aus, ich kenn ja deine Größen“, schlug er vor.
„Das wäre lieb, danke, ich bin ziemlich erschöpft, die Arbeit war anstrengend. Tut mir leid, das wollte ich nicht sagen“, entschuldigte sie sich.
„Hey, du kannst schon von der Arbeit reden, ich hoffe, ich krieg auch bald was. Ich bräuchte etwas Geld von dir, ich bin ziemlich pleite“, bemerkte er.
„Komm her“, übertrug sie ihm Geld über ihr Bezahl-Armband.
„Das müsste reichen, ruh dich aus, ich komm dann zu dir zurück“, erklärte er und sie setzte sich müde hin.
 
„Eins muss man dir lassen, die Sportklamotten sind echt nett“, sah sich Rachel an, als sie sich für ihre Schwangerschaftsgymnastik fertig machte.
„Nett ist der kleine Bruder von Scheiße“, murmelte Mac.
„Wir haben wohl keine Weile mehr Spaß im Bett gehabt, was? Das war nen Kompliment, Mac“, nahm sie ihre Tasche.
„Ich will ja nichts sagen, aber du bist jetzt schon sechs Wochen von ihm getrennt, du bist auch nicht grade sexuell aktiv“, konterte er.
„Sind es schon sechs Wochen, die Zeit vergeht. Willst du wirklich mitgehen?“
„Ich will dich nicht allein dahin gehen lassen und ich bin seit Wochen nur allein, ich freu mich über jede Gesellschaft“, versicherte er.
„Mos ist viel zu oft weg!“
„Wem sagst du das, ich liebe ihn mehr als mein Leben, aber ich weiß nicht, wie lang ich diese einsamen Nächte noch durchhalte“, entschied er und sie sah traurig auf den Boden.
„Sorry, geht dir ja nicht anders. Sollen wir dort ein Paar spielen, oder wie läuft das?“
„Du bist mein bester Freund, du begleitest mich, mehr nicht. Wenn sie fragen, werde ich sagen, dass der Vater weg ist. Wer auch immer der Vater dieses Babys ist, weg sind sie beide auf die eine oder andere Weise. Du hast nicht mit ihm gesprochen, oder?“
„Nein, tut mir leid, ich glaub, er ist wieder auf Tour, seine Wohnung sieht von außen auch verlassen aus. Soll ich Onkel Pagan nach ihm fragen?“, wollte er wissen.
„Nein, ich werde selbst zu ihnen fahren, wenn ich Zeit dazu finde. Wir müssen jetzt los, bist du soweit?“
„Ja, ist ne gute Übung für mich, wenn wir wirklich ernst machen wollen mit dem Kind“, entschloss er.
„Ihr müsst euch das gut überlegen, wenn Mos ständig weg ist wirst du die Fußball-Mom sein, die zu Hause mit dem Kind ist“, stellte sie fest, während sie zu ihrem Wagen liefen.
„Ehrlich gesagt hört sich das gar nicht schlecht an“, bemerkte er und lächelte matt.
„Dann freu ich mich für dich, wenn es dann soweit ist. Ich hingegen schau mich schon nach Nannys um, ich will auf jeden Fall wieder arbeiten“, erzählte sie ihm und stieg in ihren Wagen ein.
„Dachte ich schon, obwohl ich dich auch gut als Hausfrau sehen könnte“, erwiderte er.
„Oh Gott, nein, das wäre der Horror. Jetzt will ich aber erst mal das Kind bekommen und dann seh ich weiter. Ist wirklich nett von dir, dass du heute mitkommst!“
„Wie ich sagte, hab nichts Besseres zu tun und ich mach es gern. Diese lächerliche Parade mit Atemübungen will ich mir auch nicht entgehen lassen“, witzelte er.
„Dachte ich mir schon, aber keine dummen Kommentare während dem Training, okay?“
„Mach ich nicht, versprochen. Nen bisschen schmunzeln darf ich aber, oder?“
„Sonst wäre das ja nicht erträglich, das mach ich auch. Ich bin echt mal gespannt“, schmunzelte sie und fuhr los.
 
Eine Woche später fuhr Rachel zu Pagan und Lula, um mit ihnen über alles zu reden. Sie war schon eine Weile nicht mehr in Tampa gewesen, sie hatte sich dort aber immer wohl gefühlt.
Sie atmete dreimal tief durch und klingelte dann.
„Dad, hast du schon wieder den Schlüssel vergessen, ich sag euch schon seit Jahren, ihr sollt ein Code-Schloss … du bist nicht mein Vater“, öffnete ein verblüffter Leito ihr die Tür. Sein Hemd war über und über mit Holzspänen übersäht und er hatte einen Bart und zerwühltes Haar.
„Okay, ich hätte anrufen sollen, das ist jetzt blöd …“, stotterte sie und ging rückwärts die Treppen des Hauses wieder herunter. Dabei stolperte sie fast.
„Hey, pass auf, du darfst nicht fallen“, hielt er sie plötzlich fest.
„Danke, du willst nichts mit mir zu tun haben und ich versteh das, bin schon weg“, wollte sie gehen.
„Du bist meine beste Freundin, meine Vertraute, hoffentlich bald meine Frau, ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich hab mich hier verkrochen, es tut mir furchtbar leid, aber ich brauchte die Zeit für mich“, bettelte er sie an, nicht zu gehen.
„Wenn du mich so liebst hast du eine seltsame Art es zu zeigen. Ich habe nächtelang wegen dir geheult, du weißt genau, wie ich es hasse zu heulen“, murmelte sie und presste dabei ihren Kopf gegen seine Brust.
„Ich weiß, meine Süße, mir bricht es auch das Herz mir das nur auszumalen“, entschuldigte er sich und begann sie zu küssen.
„Hey, Bonnie & Clyde, ich könnte hier ne helfende Hand gebrauchen“, hörten sie plötzlich Pagans Stimme. Er hatte zwei Holzscheite auf seiner Schulter und hatte Mühe sie zu halten.
„Ich nehm dir einen ab, Dad. Sieh mal, sie ist da“, nahm Leito einen Scheid und zeigte mit der freien Hand zu Rachel.
„Das seh ich, hi Süße!“
„Hey, Onkel Pagan“, bemerkte Rachel verlegen und rieb ihre Lippen.
„Du bist bald meine Schwiegertochter, das mit dem Onkel Pagan solltest du langsam lassen“, schlug Pagan vor und Leito sah seinen Vater kritisch an.
„Sorry, das mit der Verlobung ist kompliziert, hatte ich vergessen. Nenn mich einfach wie du willst, Süße“, entschuldigte sich Pagan.
„Ich sollte gehen, macht weiter mit dem was ihr hier macht, ich kann das grad nicht“, erwiderte Rachel verwirrt, ging zurück zu ihrem Auto und fuhr davon.

Zwanzigstes Kapitel

 
„Ist nicht so gelaufen wie du geplant hast, was?“, fragte Mac liebevoll, als er ihre Füße massierte, während sie gemeinsam auf ihrem Sofa lungerten und sich am Abend unterhielten.
„Nicht mal ansatzweise, ich bin da einfach abgehauen, das ist so peinlich“, sagte sie beschämt.
„Du musstest tun was du tun musstest, mach dir keinen Kopf. Er hat sich also bei seinen Eltern verkrochen, na ja, zumindest liegt er nicht besoffen in der Gosse, das hatte ich ja befürchtet. Was willst du jetzt machen?“
„Glaubst du, ich würde hier mit dir liegen, wenn ich es wüsste?“, fragte sie nur.
„Auch wahr, soll ich nicht doch mit ihm reden?“, bat er nochmal an.
„Das wäre lieb, danke. Du hättest ihn sehen sollen, er sieht aus wie ein Obdachloser, er hat wohl vollkommen aufgegeben, wieder einen Job zu bekommen“, überlegte sie laut.
„Ich hab auch noch nichts Neues!“
„Schon, aber du stehst wenigstens früh auf und tust dein Bestes. Ich will gar nicht wissen, was er da mit seinem Dad baut, die beiden waren nie sehr handwerklich begabt, vermutlich töten sie sich gegenseitig“, bemerkte sie.
„Das find ich für dich auch raus. Wir sollten langsam überlegen, wo deine Tochter schlafen soll“, wechselte er das Thema.
„Wir?“
„Du mein ich, sorry, ich hab in letzter Zeit zu viel Freizeit. Aber ich helf dir gern, wenn du das willst!“
„Ich könnte schon langsam ein Bett und einen Wickeltisch für sie brauchen, alles andere wollte meine Mutter besorgen“, stimmte sie zu.
„Gut, dann besorgen wir am Wochenende das Zeug. Was hält eigentlich deine Mutter von der ganzen Situation?“, wollte er besorgt wissen.
„Sie findet es toll“, konterte sie sarkastisch.
„Klar und dein Dad?“
„Ich hab lang gebraucht ihn davon zu überzeugen, dass ich das verbockt habe und er ihn nicht zu erschießen braucht“, schmunzelte sie.
„Ja, das glaub ich. Meine Eltern haben mich neulich nach euch beiden gefragt“, begann er.
„Was hast du ihnen erzählt?“, fragte sie und rieb müde ihre Augen.
„Nichts, nur dass ihr beide schon was erzählen werdet, wenn ihr bereit dazu seid!“
„Danke, aber seine und deine Mutter sind beste Freundinnen, sie wissen sicher schon alles. Ich könnte nen Tee vertragen, willst du auch?“, stand sie auf.
„Nein, Dankeschön. Ich glaub, da kommt jemand“, hörte Mac einen Wagen vor der Tür bremsen.
„Ich erwarte keinen“, ging Rachel zur Tür.
„Hey, Kleines, wir haben dich hier nicht erwartet, wir wollten nur was abladen, lässt du uns rein?“, fragte Pagan, der ein Holzkinderbett auf dem Rücken trug und Rachel ließ ihn verwirrt rein.
„Mac, wenn du schon nicht schaffst sie weg zu lotsen hilf mir wenigstens damit“, hörte sie plötzlich Leitos Stimme und Mac eilte zu seinem Cousin. Zusammen trugen sie einen Wickeltisch mit eingebautem Schrank in Rachels Wohnung.
„Was ist hier los?“, war Rachel total verwirrt.
„Ins Schlafzimmer, hinten ins Eck“, wies Mac die Männer an und kurze Zeit später hatten sie ihre ein kleines Kinderzimmer eingerichtet.
„Sie wollten dich überraschen, ich sollte dich eigentlich ins Kino locken, aber du wolltest ja nicht“, erklärte Mac ihr. Rachel hatte nur Augen für Leito.
„Onkel Pagan, was hältst du von ner Runde in ner Kneipe?“, sah Mac dies und wollte dem Pärchen Privatsphäre geben.
„Ich bin ein trockener Alkoholiker, Neffe!“
„Ich red auch nicht von Alkohol!“
„Dann ja, gerne“, ließen sie die beiden allein.
„Du hast dich handwerklich betätigt, obwohl du das eigentlich hasst. Und alles für mich“, war sie gerührt und kam näher an ihn heran.
„Mein Dad hatte nie die Chance damals mein Kinderbett aufzustellen, da er im Knast war, er hielt es für eine gute Idee wenn wir beide das bei seinem Enkel ändern würden“, begann er zu erklären.
„Lei“, begann sie.
„Nein, ich möchte dich heiraten und mir ist egal, ob das Baby von mir, von ihm oder vom Milchmann ist, ich werde es lieben, denn sie ist sicher so wunderschön und clever wie ihre Mutter“, konterte er und fasste auf ihren Babybauch.
„Bitte sag das nicht so leichtfüßig, ich kann das nicht nochmal durchmachen“, bat sie ernst. Demütig ging er vor ihr auf die Knie.
„Süßer, das hatten wir schon“, bemerkte sie etwas amüsiert.
„Aber nicht wirklich, beim ersten Mal warst du nicht bereit, beim zweiten Mal war ich im Fieberwahn, aber jetzt ist es Zeit. Rachel Marie Jones, Liebe meines Lebens, willst du meine Frau werden?“, machte er ihr endlich einen richtigen Antrag.
„Äh, ich glaub nicht“, sagte sie nur.
„Was?“
„Natürlich, du Idiot, ich hab doch schon vor Wochen ja gesagt“, witzelte sie gerührt und er stand auf und küsste sie frenetisch.
 
„Bist du sicher?“, fragte er liebevoll, als er sanft ihre Bluse auszog.
„Ich bin schwanger, nicht aus Glas, ja, ich bin sicher, ist ne Weile her bei mir!“
„Bei mir ja auch. Du musst mich stoppen, wenn es dir zu heftig wird“, bat er sie.
„Das mach ich doch immer, ich muss dich nur öfter schlagen, dass du merkst, wann du zu weit gehst“, säuselte sie und grinste breit.
„Ich werde es lieben dich zu schlagen“, flirtete sie und drückte ihn aufs Kissen.
 
„Hey, aufwachen, es ist Zeit“, weckte Mac sie. Sie schreckte auf.
„Sorry, wollte dich nicht erschrecken, dein Termin ist in 30 Minuten“, entschuldigte sich Mac.
„Du nimmst das mit der Unterstützungs-Sache nenn bisschen zu ernst, Macky. Mein Termin ist erst um zehn, es ist genug Zeit“, murmelte sie.
„Mein Cousin hat dich echt durchgenudelt, beweg deinen süßen Arsch aus dem Bett, Rach‘“, bemerkte Mac cool.
„Das war also kein Traum“, sah sie auf die andere Seite des Betts. Leito war nicht mehr da.
„Er ist gegangen, als ich gekommen bin, er hat gesagt, er ruft an, im Wartezimmer kannst du mir alles darüber erzählen, aber jetzt steh erstmal auf“, erklärte er ihr.
„Ich glaub, ich bin verlobt, jetzt ganz offiziell“, erzählte sie ihm.
„Okay, oder du erzählst es mir jetzt, aber anziehen dabei“, drängte er sie.
„Du bist nen bisschen nervig“, zog sie Unterwäsche an.
„Dein Babybauch ist so hübsch“, entgegnete er plötzlich.
„Hab mir den Bauch nie so richtig angesehen, ja, ist ganz hübsch, hoffe der Kleinen geht’s gut, hab seit dem Stromausfall keinen Ultraschall mehr von ihr gesehen. So aktiv wie sie ist, scheint aber alles gut zu sein. Warum ist er einfach so weg? Ich dachte, wir hätten das gestern alles aus dem Weg geschafft“, dachte sie laut nach, während sie sich anzog.
„Keine Ahnung, er hat nichts gesagt, aber er wird sich schon melden. Du willst wirklich Sportklamotten anziehen zum Arzttermin?“, musterte er sie.
„Ich hab zu wenig geschlafen und darf keinen Kaffee trinken, nerv mich nicht, Mac“, ging sie aus der Schlafzimmertür.
 
Auf dem Weg zum Arzt machten sie eine Pause bei einem Kaffeeladen und Mac holte ihnen das Frühstück.
„So, Süße, dein Muffin und deine heiße Schokolade“, setzte sich Mac gut gelaunt auf den Beifahrersitz und gab seiner besten Freundin ihr Frühstück.
„Yeah“, murmelte sie abgelenkt.
„Du bist ganz schön schlecht gelaunt für jemanden, der flachgelegt wurde“, schlussfolgerte er.
„Schon möglich, können wir fahren?“
„Sicher, wir müssen auch los, ich halt deine Sachen. War es nicht gut?“, wollte er wissen.
„Er ist dein Cousin, ich red mit dir nicht darüber!“
„Doch so schlecht, lag’s am Baby, oder wie?“
„Was hast du an „Ich will nicht darüber reden“ nicht verstanden?“
„Gut, dann frag ich ihn, wir Bros erzählen uns alles“, entschied er.
„Tu das. Hast du mir nen Blaubeer-Muffin besorgt? Du weißt doch, ich hasse Blaubeeren“, entgegnete sie gereizt.
„Wow, du liebst Blaubeeren, was ist mit dir los?“
„Ich … ich, keine Ahnung, wow, bin wohl hormongesteuert, bin ja sonst nicht so, das wird hoffentlich nicht schlimmer“, war sie verwirrt.
„Sorry, dass sagen zu müssen, aber ich denke, das wird noch schlimmer. Ich steh dir bei, keine Sorge“, sagte er hilfsbereit.
„Bist du sicher, dass unsere Freundschaft das aushält?“
„Bitte, du hast mich auf der Highschool mit einem Hockeyschläger vermöbelt, da komm ich doch mit ein paar Hormonschwankungen klar“, schmunzelte er.
„Ach ja, das Spiel in der achten, ich mach mir deswegen immer noch Schuldgefühle“, erwiderte sie.
„Musst du nicht, das war nen heftiges Spiel und die gebrochene Nase ist ja verheilt“, schmunzelte er.
„Ja, man sieht’s immer noch nen bisschen an deiner Nase. Ich hab mal ne essentielle Frage an dich“, begann sie.
„Ja, ich hab die Nase richten lassen, verklag mich, ich bin eitel“, gestand er.
„Sweetie, jeder weiß das, ich mein was anderes. Wenn ich heirate, wirst du dann Trauzeuge von mir, oder von deinem Cousin?“
„Man, das ist ne essentielle Frage, das weiß ich noch nicht, ich überleg’s mir, bis es soweit ist“, druckste er herum.
„Alter, soll ich deine Nase nochmal korrigieren?“, raunzte sie.
„Wow, das mit den Hormonen wird heftig, lass bloß die Finger von meiner Nase, wir klären das zu dritt, okay?“, hielt er sich die Hand vor die Nase.
„Okay, das klingt nach nem Plan, gibst du mir nen Stück von meinem Blaubeer-Muffin, ich verhungere hier irgendwie“, bat sie und er steckte ihr ein Stück des Muffins in den Mund.
„Yummy“, mampfte sie.
„Das wird noch ne lange Schwangerschaft mit dir, oder?“
„Tut mir leid!“
„Entschuldige dich nicht, das werden wir schon überstehen“, bemerkte er und lächelte sie an, er lächelte zurück.

Einundzwanzigstes Kapitel

 
Als sie beim Arzt ankamen, stand Leito im Eingang. Er war brav gekämmt, rasiert und hatte eine Rose in der Hand.
„Was ist das hier?“, wunderte sie sich und sah zu Mac.
„Keine Ahnung, das war jetzt nicht mit mir abgesprochen“, war er genauso verwundert.
„Das ist echt romantisch, er ist eigentlich nicht der Typ dazu“, wunderte sie sich.
„Ich weiß, das macht es ja zu etwas besonderem. Ich glaub, er will dich zu deinem Termin begleiten“, realisierte er.
„Das glaub ich auch, ich würde das gern mit ihm allein machen, tut mir leid!“
„Schon gut, ich komm schon irgendwie heim. Ich will euch glücklich sehen“, entschied er.
„Das ist lieb von dir, danke. Hab ich was zwischen den Zähnen?“, fragte sie und zeigte ihre Zähne, als sie angehalten hatte.
„Nein, alles bestens, hol ihn dir, Süße“, schmunzelte er und sie stieg aus.
 
„Hey, was machst du hier?“, ging sie auf ihn zu.
„Auf dich warten“, begrüßte er sie sanft.
„Das seh ich, gut siehst du aus“, freute sie sich ihn zu sehen.
„Hab mich rasiert, wollte nicht, dass die Frauenärztin mich für einen Penner hält“, erklärte er.
„Gute Idee, hab mir schon Sorgen gemacht, dass du jetzt immer so rumrennen willst“, schmunzelte sie und wuschelte durch seine Haare.
„Die Haare schneid ich auch noch, hab nur jetzt nicht die Zeit dafür gehabt“, erklärte er.
„Dachte ich mir, aber die langen Haare stehen dir auch irgendwie“, küsste sie ihn sanft.
„Danke, aber wenn ich wieder ins Fernsehen will sind die zu lang. Darf ich dich heute begleiten?“
„Sicher, du willst zurück ins Fernsehen?“
„Ich hab die letzten Wochen versucht wieder zu schreiben, aber ich will vor die Kamera zurück, das ist einfach meine Passion“, erklärte er.
„Dann unterstütze ich dich dabei, zusammen schaffen wir das. Lass uns gehen“, ließ sie ihre Hand in seine gleiten und ging mit ihr in die Arztpraxis.
 
„Miss Jones, Sie haben heute jemand neues dabei, das ist ja schön“, begrüßte ihre Frauenärztin das Pärchen.
„Ja, mein Verlobter hat es endlich geschafft auch mal mitzukommen, der Stromausfall hat unser Leben ziemlich durcheinandergewirbelt“, erklärte sie ihr.
„Ja, da sind sie nicht die einzigen, ich schieb hier grad Doppelschichten um meine Termine vom letzten Monat nachzuholen. Ziehen Sie sich um, Ihr Verlobter kann hier Platz nehmen. Das ist das erste Mal, dass Sie ihr Kind sehen, was?“, fragte die Ärztin und er lächelte sie an.
„Ja, das ist es, ich kann es kaum erwarten“, schien er glücklich.
„Das glaub ich, es ist immer ein Highlight sein Kind das erste Mal zu sehen“, erläuterte die Ärztin und Rachel legte sich in einem silbernen Krankenhauskleid auf den Untersuchungstisch.
„So, jetzt geht es gleich los, bereit?“, wollte die Ärztin wissen.
„War nie bereiter“, hielt er Rachels Hand. Ein Laser umfasste Rachels Körper und eine 3D-Projektion ihrer Tochter erschien auf einem Display.
„Sie ist perfekt“, begann er zu schluchzen. Rachel hatte ihn noch nie wirklich vor Rührung weinen sehen und war etwas irritiert.
„Ja, das ist sie, man kann schon erkennen, dass sie die Nase ihres Vaters bekommt und die Lippen ihrer Mutter“, begann die Ärztin zu beschreiben.
„Sie hat meine Nase“, schluchzte er.
„Ja, ganz eindeutig, ist ganz ohne Zweifel Ihre Tochter. Wollen Sie nen Abzug?“
„Ja, bitte, meine Eltern würden sich darüber freuen“, versuchte er sich zusammenzureißen.
„Dann mach ich Ihnen gleich zwei Ausdrucke. Das ist ein gesundes Mädchen, wie ich das hier sehe, ich nehm noch eine Blutprobe von Ihnen, aber sieht alles toll aus“, ging die Ärztin zum Drucker.
 
„Ist es okay für dich, wenn du heute zu meinen Eltern mitkommst? Ich bin zum Essen eingeladen“, plante Rachel, als sie mit ihm heimfuhr.
„Kommt darauf an“, schmunzelte er.
„Kommt auf was an?“
„Was hast du deiner Familie von der ganzen Sache erzählt?“
„Nur, dass das allein meine Schuld war!“
„Das ist nicht wahr, Süße!“
„Hättest du lieber, dass ich die Schuld auf dich geschoben hätte?“
„Auch wahr. Nan ist auch da?“
„Denk schon, er ist mein Bruder, er ist halt ein bisschen beschützend!“
„Ich komm mit, ich hoffe, er benimmt sich“, entschied er.
„Ich sorge dafür. Wohnst du eigentlich noch in deiner Wohnung?“
„Ich wohl ehrlich gesagt grad bei meinen Eltern, meine Möbel hab ich eingelagert, ich konnte mir die Miete nicht mehr leisten!“
„Du ziehst du mir, das hatten wir ja geplant“, schlug sie vor.
„Bist du sicher?“
„Wir sind verlobt und du lebst bei deinen Eltern, ja, ich bin sicher, vielleicht müssen wir uns bald auch was anderes suchen, wenn du einen Job hast, natürlich!“
„Ich hab nen Vorstellungsgespräch nächste Woche, ich wollte eigentlich nichts sagen, bis ich mehr weiß, aber das klingt vielversprechend“, erzählte er plötzlich.
„Das ist toll, wir müssen nicht darüber reden, bis es soweit ist, aber ich freu mich für dich, für uns“, erwiderte sie und griff nach seiner Hand.
„Uns, das klingt gut. Wissen deine Eltern das mit der Verlobung eigentlich schon?“
„Die inoffizielle oder die offizielle?
„Die offizielle. Ich muss es ihnen sagen, oder?“
„Wir sagen es ihnen, lass dir nichts von ihnen einreden, vor allem nicht über den Ring, der ist wunderschön“, bat sie.
„Den Ring, den du nicht trägst?“, frotzelte er.
„Verdammt, ich hab vergessen ihn heute Morgen anzulegen, das hat aber nichts zu heißen, versprochen!“
„Ich weiß, Mac hat dich vermutlich aus dem Bett gescheucht, wie er es immer tut. Solang du ihn heute Abend trägst!“
„Ich zieh ihn gleich auf, wenn ich heimkomme, versprochen!“
„Ich hab grad was festgestellt!“
„Was, Süßer?“
„Mein Auto steht noch vor der Arztpraxis“, gestand er kleinlaut.
„Oh man, wir sind fast bei mir“, war sie amüsiert.
„Tut mir echt leid!“
„Kennt dein Cousin deinen Türcode vom Auto?“
„Ja, tut er. Du willst ihn hinschicken?“, fragte er schelmisch.
„Er hat eine schwangere Frau heute Morgen aus dem Bett gescheucht, dafür muss er büßen“, sagte sie breit grinsend.
„Ich ruf ihn gleich an“, schmunzelte er und griff zum Telefon.
 
„Ihr müsst nicht mehr darüber diskutieren, wessen Trauzeuge ich werde, ich passe bei euch beiden“, begrüßte Mac die beiden, als er Leitos Auto zu Rachel gebracht hatte und nun vor der Tür stand.
„Danke Cous, wir sind wohl etwas abgelenkt gewesen“, bedankte sich Leito, der an Rachel gekuschelt zusammen mit ihr an die Tür kam.
„Wenn ihr heute den ganzen Tag so aneinanderhängt brauch ich erstmal nen Drink“, sah er die beiden kritisch an.
„Richtig, ihr habt keinen Fusel, Tee ist auch gut“, realisierte er.
„Kriegst du. Ich hab noch Kekse da. Schatz, machst du ihm Tee und Kekse?“, fragte sie Leito und der nickte und ging in die Küche.
„Okay, ihr seid echt eklig zufrieden, ich geh mal ins Schlafzimmer und spiel etwas mit den Welpen, bin gleich zurück“, verschwand er im Schlafzimmer.
„Seine Ehe läuft nicht so gut, oder?“, fragte Leito besorgt, als er mit Tee und Keksen ins Wohnzimmer kam und sich neben seine Verlobte setzte.
„Mos ist halt ständig weg, aber die kriegen das schon hin. Also, Mac hat mich gefragt, wessen Trauzeuge er sein soll, wir sollten das klären!“
„Er ist dein bester Freund, er sollte deiner sein. Ich frag einfach meine Schwester, oder deinen Bruder“, schlug er vor.
„Du willst wirklich, dass mein Bruder den Junggesellen-Abschied organsiert?“
„Auch wahr, ich nehm meine Schwester!“
„Das ist vielleicht besser. Süßer, bitte sei mir nicht böse, aber wir müssen bis heute Abend noch was mit deinen Haaren machen, ich ruf Jo an, vielleicht kann sie was machen“, plante sie.
„Glaubst du wirklich, dass Joanne an ihrem freien Tag Haare schneiden möchte?“
„Wenn ich sie dafür bezahle, sicher“, entschied sie.
„Kannst es versuchen, sie hat die letzten Jahre immer meine Haare geschnitten und das sehr gut“, entgegnete er und sie rief sie an.
 
„Langsam wird das hier zur Party“, schlussfolgerte Mac, als sie eine Stunde später zu viert in Rachels Wohnung saßen und Jo Leito die Haare schnitt, während die anderen ein Brettspiel spielten.
„Du bist schon zu lang verheiratet, wenn du das für ne Party hältst, Mac“, bemerkte Jo cool.
„Ach, halt die Klappe, Jo“, murrte er.
„Ärger im Paradies, Schätzchen?“, stocherte Jo weiter in der Wunde.
„Lass es, Jo“, bat Rachel.
„Ich hab nen wunden Punkt getroffen, sorry Mac, ich lass es!“
„Danke, würde ich nett finden, ja, ich hab Ärger im Paradies, nur weiß mein Mann nichts davon!“
„Das ist ätzend, wenn es dich beruhigt, das mit Artie und mir ist auch Geschichte, hab ihm alle Haare an seinem Körper rasiert, dem Dreckskerl“, entgegnete Jo und wedelte mit dem Rasierer an Leitos Kopf herum.
„Pass auf meinen Kopf auf, Jo, ich will aussehen, wie der perfekte Schwiegersohn, nicht wie ein Skinhead“, bat Leito etwas nervös.
„Sorry, der Kerl macht mich immer noch so wütend. Ihr seid also jetzt ganz offiziell? Wenn ich mir die Frage erlauben darf, ist das Kind jetzt von Leito, oder dem anderen Kerl?“, wollte Jo wissen.
„Wir sind heute wohl auf Krawall gebürstet, was?“, wollte Rachel wissen.
„Nein, sorry, geht mich nichts an!“
„Es ist Leitos Kind, kannst du ruhig dem Flurfunk durchgeben“, sagte Rachel etwas genervt.
„Ich bin keine Quatschbase, ich hör halt nur einiges in der Maske, ich beteilige mich dabei nicht, versprochen!“
„Kannst du ruhig, zerreißt sich doch eh jeder das Maul, vielleicht geben sie endlich Ruhe, wenn ich den Ring trage. Der Ring, den müsste ich endlich mal anziehen, bin gleich zurück“, eilte Rachel ins Schlafzimmer. Die Tür blieb ein Stück offen und ein Welpe büxte aus.
„Hey, was ist das denn für ein süßer Kerl. Versteckst du Hundewelpen in deinem Schlafzimmer?“, folgte Jo ihrer Kollegin ins Schlafzimmer.
„Entschuldige mal, das ist mein Schlafzimmer“, nahm Rachel ihr den Welpen ab, als Jo dort angekommen war.
„Wow, das ist ja eine ganze Tierfamilie hier, seit wann hast du einen dieser Mop-Hunde?“, sah Jo herum.
„Hab ich nicht, ist nur der Vater der Welpen, ich babysitte für einen Freund!“
„Ist dieser Freund der andere Kerl?“, fragte Jo keck.
„Wir sind aber echt informiert, ja, ist er, aber er ist jetzt von der Bildfläche verschwunden“, setzte Rachel den Welpen wieder in die Kiste mit den anderen.
„Er ist im Knast, oder?“, ließ Jo nicht locker.
„Du weißt echt alles, was?“
„Nur geraten, das grüne Armband hab ich auch bei mir, mein Dad sitzt wegen schwerem Drogenhandels im gleichen Knast“, zeigte Jo auf Rachels Kommode, auf der sie noch das Armband von ihrem Besuch bei Banks liegen hatte.
„Ich war nur ein Mal bei ihm um alles zu besprechen wegen seinem Hund und den Welpen, Leito war dabei, er weiß davon“, zog sie das Armband von der Kommode und verstaute es in einer Schublade.
„Wegen was sitzt er?“
„Kidnapping!“
„Man, du hattest schon mal nen besseren Männergeschmack, Süße!“
„Er ist eigentlich Chirurg, er hatte nen schlechten Tag!“
„Einen schlechten Tag? Oh Süße, du brauchst echt mal eine weibliche Freundin, die dir Ratschläge gibt“, schlug Jo vor.
„Bietest du dich an?“, erwiderte Rachel etwas sarkastisch.
„Ja, schon, du warst zu viel unter Kerlen, du brauchst nen weiblichen Touch, vor allem, wenn du ein Mädchen kriegst!“
„Wir können ja mal ausgehen und das austesten“, schlug Rachel vor.
„Das klingt gut“, lächelte Jo sie an und Rachel lächelte auch.
„Hey, Mädels, ich will nicht stören, aber ich will Rowdie grade ein Halsgeschirr bestellen, muss ihn nochmal auf den Arm nehmen“, kam Mac plötzlich zu ihnen ans Schlafzimmer.
„Mac, du kannst Rowdie auch schon mit nach Hause nehmen, wenn du willst“, sagte Rachel lächelnd.
„Danke, das wäre echt lieb, ich hab schon alles besorgt, na ja, fast alles, ich hab nur ein Halsband gekauft, was glaub ich zu groß ist im Moment, das meiste von ihm ist ja Fell“, blühte Mac richtig auf, als er von seinem Hund sprach.
„Ja, versteh ich, nimm ihn dir“, entschied Rachel und Mac ging glücklich mit seinem Welpen nach draußen.
„Die sind echt so süß, hast du noch Welpen zu vergeben?“, ging Jo zu der Kiste hin, in denen die Welpen waren.
„Zwei hab ich noch, willst du einen?“
„Wie viel willst du dafür?“
„Ein Jahr Haarschnitte für Leito und mich?“, handelte sie.
„Das ist nen Deal, darf ich?“, fragte sie und als Rachel genickt hatte, nahm Jo einen Welpen heraus.
„Den nicht, das ist Luke, Leitos Kleiner, die zwei nicht so hübschen sind für meinen Bekannten, der hier ist noch frei“, nahm sie ihr einen Welpen ab und gab ihm einen anderen.
„Ist Benton gestorben?“
„Nein, aber sein Hund ist ja nicht mehr der Jüngste, er sorgt halt vor. Ich hab dem Welpen den Namen gegeben, wegen Star Wars und so. Ich hab erst überlebt auch einen zu behalten, aber wir haben dann drei Hunde und ein Kind, das ist genug. Verdammt, es ist schon halb vier, mach meinem Verlobten die Haare fertig, wir müssen in einer Stunde los zu meinen Eltern“, sah Rachel auf die Uhr.
„Sicher, mach mich gleich dran, hast du Halsbänder für die Welpen? Dann kann ich Rainbow markieren“, plante Jo.
„Rainbow?“
„Die Mama heißt Sunset, passt doch und der Name passt auf Männchen und Weibchen!“
„Stimmt, ich hab schwarze, ich markier ihn dir, geh du zurück ins Wohnzimmer“, bat sie und Jo ging zurück zu Leito.
 
„Gut siehst du aus“, fuhr Rachel ihrem Verlobten sanft durch die Haare, als sie vor dem Haus ihrer Eltern standen.
„Danke, Jo ist echt gut. Der Deal mit dem Haare schneiden war ne gute Idee, übrigens!“
„Ja, oder? Den letzten Welpen schenk ich meiner Mutter noch zur Rente, hab ich vorhin entschieden, sie hat sich so gut um die Welpen gekümmert“, erzählte sie.
„Das ist nett von dir, sie wird sich freuen“, erwiderte er und plötzlich hörte er das Entsichern einer Pumpgun hinter seinem Kopf.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

 
„Nan, hast du den Verstand verloren?“, schimpfte Rachel.
„Was macht er hier?“, fragte ihr Bruder.
„Wenn du meinen Verlobten aufhörst mit einer Waffe zu bedrohen sag ich es dir“, raunzte Rachel und Fernando senkte die Waffe.
„Scheiße, Nan, ich bin schwanger, was rennst du hier mit ner geladenen Waffe rum?“, sagte Rachel kopfschüttelnd.
„Ihr seid verlobt?“, fragte Fernando.
„Ja, sind wir und es wäre supi dupi, wenn du deinem zukünftigen Schwager nicht mehr wehtun könntest!“
„Ich wollte ihn nur etwas erschrecken!“
„Das ist dir gelungen, Nan“, hatte Leito auch wieder Worte gefunden.
„War ehrlich gesagt Dads Idee“, schmunzelte Fernando und senkte die Waffe.
„Dachte ich mir schon. Sind wir hier erwünscht, oder nicht? Wenn wir es nicht sind, gibt es keinen Grund, warum wir noch hier sein sollten“, sagte Rachel mürrisch.
„Rach‘, du bist meine große Schwester, natürlich bist du hier erwünscht“, versicherte er.
„Ich hab uns gesagt!“
„Du weißt doch zwischen unseren Familien ist es grade schwierig!“
„Verdammt, meine Entführung war ganz allein meine Schuld, könnt ihr das nicht endlich mal vergessen?“, schimpfte sie.
„Es war Pagans schuld, wortwörtlich, ohne seine Schulden wäre das nicht passiert!“
„Ich hab die Schuld bezahlt, Nan, alles ist gut“, warf Leito ein.
„Ich bin sauer, dass du damit nicht zu mir gekommen bist“, murrte er.
„Sie meinten keine Cops und ich liebe dich wie einen Bruder, du solltest nicht damit reingezogen werden. Meine Eltern sind damals fast draufgegangen, ich war einige Zeit sauer auf sie, dass sie mir das verschwiegen haben, aber als Rachel entführt worden war, hab ich sie verstanden. Es ist alles gut ausgegangen, wir können uns glücklich schätzen“, bat Leito.
„Aber dein zweiter Entführer ist immer noch flüchtig“, warf Fernando ein.
„Bitte lass es sein, diese Leute sind sehr gefährlich, mit denen sollte man sich nicht anlegen. Wir haben bezahlt, alles ist gut!“
„Gut, aber ich bin ein Polizist, deren Schwester entführt wurde, das kann man nicht so einfach abstellen“, entschuldigte er sich.
„Ich weiß, aber es ist besser so, es sind zwei Monate vergangen und nichts Weiteres ist passiert. Mein Entführer ist im Knast und sobald er seinen Hund zurückbekommt werde ich keinerlei Kontakt mehr zu ihm haben“, entschied sie.
„Ich find es immer noch verrückt, dass du dem Kerl hilfst!“
„Er wurde von seinem Vater gezwungen und seine Mutter war in Gefahr, du hättest in seiner Lage auch so gehandelt, na ja, nicht genau so, aber ähnlich!“
„Vielleicht, aber du kannst ihm ausrichten, wenn er nochmal so einen Scheiß abzieht, kriegt er eine Kugel zwischen die Augen, ich werde dann schon einen Grund finden, seine Tötung vor meinem Vorgesetzten zu rechtfertigen“, drohte Fernando.
„Okay, richte ich ihm aus. Kannst du das Ding jetzt endlich mal weglegen, dass ich dich zur Begrüßung umarmen kann?“, hoffte sie und er legte die Pumpgun weg, so dass sie ihn umarmen konnte.
„Man, du kriegst einen richtigen Bauch, langsam, geht’s der Kleinen gut?“, fasste er ihr an den Babybauch.
„Wir waren heute bei der Ärztin, alles ist genauso wie es sein soll, ich hab nen Foto dabei, zeig ich nachher, wenn Mom und Dad auch dabei sind. Können wir jetzt endlich reingehen?“, hoffte Rachel und Fernando führte sie in ihr Elternhaus.
 
„Da seid ihr ja, willkommen, ich hoffe, ihr habt Hunger“, begrüßte Cat ihre Tochter und ihren Verlobten. Sie trug ein Sommerkleid im Stil der 1950er Jahre und darüber eine Schürze.
„Wow, gehst du auf ne Kostümparty?“, wusste Rachel nicht so ganz, was sie sagen sollte.
„Das war ein Kleid meiner Grandma, ich hab es endlich geschafft um schneidern zu lassen. Gefällt es dir?“
„Ja, schon, ich hab dich nur nie so gesehen, ist irgendwie seltsam“, murmelte sie.
„Ich trag sowas ja auch normalerweise nicht. Guck mich nicht so an, als wäre ich vom Mars, so’n Kleid würde dir auch stehen, ich leih es dir mal, wenn du willst!“
„Mom, bei aller Liebe, ich muss schon halbtot sein, um da reinzupassen, vor allem nach der Schwangerschaft“, entgegnete sie.
„Wollte es nicht so sagen, aber schon“, grinste Cat schelmisch.
„Okay und dahin geht mein Appetit“, murmelte sie.
„Das war ein Scherz, du bist wie immer die Schönste hier, ich seh doch wie du Hunger hast. Du sicher auch, Lei, gut siehst du aus, wie geht’s dir?“, begrüßte sie auch ihren zukünftigen Schwiegersohn.
„Außer, dass ich ne neue Unterhose brauche geht’s mir gut“, entschied Leito und sah Fernando verärgert an.
„Poncho, ich hab dir gesagt, du sollst das lassen“, zischte Cat.
„Mom, du weißt genau, wie ich diesen Spitznamen hasse!“
„Selber schuld, wenn du dich wie ein Kind benimmst, behandle ich dich auch wie eins samt Spitznamen“, konterte Cat schroff und Leito grinste süffisant.
„Nan, verstau bitte dieses scheußliche Ding, das wir essen können“, forderte Ramon, der auch nach Hause gekommen war und seinen Sohn sah, der eine Pumpgun mit sich rum schleppte.
„Zu Befehl, Sir“, murmelte Nan nicht so ganz ernsthaft und ging in einen Nebenraum.
„Lass das Theater, Onkel … Ramon, wir wissen, dass das deine Idee war mit der Pumpgun. Wusste nicht, wie sehr du mich hasst, ist mir aber egal, ich werde deine Tochter trotzdem heiraten“, entgegnete Leito trocken.
„War das jetzt ne Neuigkeit? Das war doch schon klar, oder?“
„Wie ich sehe sind wir hier nur Störfaktoren, komm, wir gehen“, zog Rachel ihren Verlobten an der Hand weg.
 
Wortlos saß das Pärchen auf einer Sanddüne und sah zu, wie die Sonne unterging.
„Du musst wissen, dass mich das nicht abgeschreckt hat, ich werde dich heiraten, egal was deine Eltern dazu sagen“, sagte er in die Stille.
„Das hoff ich mal schwer, sonst gibt’s echt Ärger mit mir“, erwiderte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Lass uns heiraten“, schlug er vor.
„Ich hab schon ja gesagt, schon mehrmals, Süßer!“
„Ja, ich weiß, ich mein gleich morgen früh, bevor noch irgendjemand unsere Meinungen ändern kann“, erklärte er.
„Nein!“, sagte sie nur.
„Nein?“
„Nicht so, ich will sie dabei haben und auch unsere Freunde und deine Familie, sie werden ihre Meinung irgendwann ändern und solange warten wir“, bat sie.
„Sicher, alles was du willst, mein Schatz“, nahm er eine Hand von ihr in seine.
„Tut mir leid!“
„Ich werde meine Meinung nicht ändern, ich werde dich heiraten, morgen, oder in zehn Jahren, wann auch immer du bereit bist“, erwiderte er.
„Und ich liebe dich dafür, dass du mich niemals zu etwas drängen würdest. Wir sind halt grad in einen Streit unserer Eltern geraten, irgendwann wird das auch wieder gut sein und so lange warten wir“, schlussfolgerte sie.
„Genau, uns drängt nichts. Das war einfach nen langer Tag, lass uns heimfahren, die Hunde haben sicher schon Hunger“, entgegnete er und zog sie hoch.
 
Am Sonntagnachmittag nach dem Desaster bei ihren Eltern saß das Pärchen gemütlich in Rachels Garten auf einer Picknickdecke, als Fernando zu ihnen stieß.
„Hey, große Schwester“, begrüßte Fernando sie freundlich.
„Was willst du noch? Willst du uns noch mit was anderem bedrohen? Ner Machete oder so?“, fragte Leito schroff.
„Ich bin gekommen um mich zu entschuldigen, ich bin unbewaffnet, versprochen. Wir haben gestern mies reagiert, ich bin auch in Vertretung für meine Eltern da“, entschuldigte er sich höflich.
„Danke“, bemerkte Rachel gefühlskalt.
„Bitte sei nicht so, Kleines, ich hab die halbe Nacht wachgelegen, weil ich mich schlecht gefühlt habe, ich wollte euch sagen, ich bin auf eurer Seite, ich hab schon immer gedacht, dass ihr zusammengehört, da steh ich euch nicht im Weg“, ergänzte Fernando.
„Danke, Nan, das bedeutet uns wirklich viel“, sagte Leito freundlich.
„Immer, ich muss jetzt zur Arbeit, ruf Mom an, ihr tut’s wirklich leid“, ließ Fernando sie wieder allein.
„Das war jetzt echt schräg, er hat sich noch nie so wirklich entschuldigt“, wunderte sich Rachel.
„Die Entschuldigung kam von deiner Mutter, ganz eindeutig“, schlussfolgerte Leito.
„Wie auch immer, ich ruf sie an, wenn das von deiner Seite aus okay ist!“
„Natürlich, auch wenn sie nicht mit uns einverstanden ist, sie ist deine Mutter und sie ist auch so sehr eine Mutter für mich, wie für dich, auch wenn das nen bisschen gruselig klingt und ich halte jetzt die Klappe“, plapperte er.
„Nein, das ist schön, dass meine Mutter dir so viel bedeutet!“
„Sie ist eine starke, selbstbewusste Frau und hat eine starke selbstbewusste Frau erzogen, das macht mich sehr stolz, sie zu kennen. Was machst du da?“, wundert er, als sie ihr Smartphone auf ihn richtete.
„Ich nehm das auf, solche süßen Sachen muss man für die Ewigkeit aufheben und als Unterstützung für meine Argumentation mit meiner Mutter ist es sicher auch hilfreich“, entgegnete sie.
„Ich liebe dich“, sagte er plötzlich sanft und küsste sie kurz.
„Und ich liebe dich, für was war das?“
„Einfach so, ich bin jeden Tag fasziniert davon, wie positiv du die Welt siehst“, sagte er lächelnd.
„Du bist echt verknallt, ich bin nicht so optimistisch wie du vielleicht denkst, ich erinnere mich nur gern an Sachen“, schmunzelte sie.
„Und das ist wundervoll. Bist du fertig mit dem Essen? Die Ameisen gehen langsam dran, ich bring es in den Kühlschrank“, riss er sie sie ihren Gedanken.
„Oh ja, stimmt, danke, Süßer, ich ruf meine Mutter grad mal an“, bemerkte sie und er ging mit den Essenssachen nach drinnen, während sie telefonierte.
Als er gerade am Kühlschrank war, hörte er ein Ping-Ton und eine Stimme die einen abgeschlossenen Upload ankündete. Er nahm eine Limo aus dem Kühlschrank und ging in die Richtung des Geräuschs. Rachel hatte das Video von ihm automatisch auf ihren Fernseher hochgeladen. Ein Ordner war geöffnet worden der seinen Namen trug.
Interessiert setzte er sich hin und öffnete den Ordner mit einer Handbewegung.
 
„So, sorry, hat länger gedauert, sie hat nicht aufgehört zu reden“, kam Rachel nach ner Weile zurück in die Wohnung. Leito starrte auf ein Standbild auf dem Display.
„Hey, was machst du?“, setzte sie sich zu ihm.
„Ich erinnere mich nicht daran“, sagte er nur sie sah auch auf das Display.
Es war das Video, was sie aufgehoben hatte um ihm bei einem möglichen Rückfall zu zeigen, wie schlimm es um ihn stand, während er getrunken hatte.
„Man, das hab ich fast vergessen, das ist schon so lange her gewesen“, zog sie seine Hand auf ihren Schoß.
„Hab ich dich damals darum gebeten mich so zu filmen?“
„Ja, hast du, das weißt du nicht mehr? Sorry, vermutlich nicht, ich wusste nicht, dass ich das noch habe, ich hab so viel gefilmt. Ich lösche es sofort“, versicherte sie und machte zwei Handbewegungen und ein Lösch-Symbol erschien.
„Ich hab immer gedacht, dass es meine Eltern waren, die mich trocken bekommen haben, aber du warst das, du warst immer für mich da“, realisierte er.
„Ich hab dich immer geliebt, aber dann wurdest du trocken und dann war da Lisa und Patty und so ging es dann weiter. Ich hatte nie die Chance dazwischen zu kommen“, erzählte sie.
„Ich hab versucht eine Leere in meinem Leben auszufüllen und hab nie realisiert, dass diese Leere durch meine beste Freundin gestillt werden kann. Das hab ich fast zu spät realisiert und das tut mir Leid“, entschuldigte er sich.
„Schon gut, jetzt hab ich dich ja, vergangen ist vergangen. Diesen Kerl da will ich aber nicht mehr sehen, verstanden?“, zeigte sie auf das Display mit dem Standbild und löschte das Video.
„Diesen Kerl will ich auch nicht mehr im Spiegel sehen“, entschied er.
„Aber wenn er wiederkommt, bin ich wieder für dich da“, stellte sie klar.
„Danke, aber ich hatte nen paar heftige Wochen und der Drang war sehr schwach. Ich hab auch eine Zukunft, auf die ich mich freue“, erklärte er und legte sanft die Hand auf den Babybauch seiner Verlobten.
„Das ist schön, aber wenn es schlimmer wird kommst du damit sofort zu mir, okay?“
„Mach ich. Was hat deine Mutter gesagt?“
„Sie hat sich entschuldigt, die Jungs in meiner Familie benehmen sich wie kleine Kinder, das kann etwas dauern, aber sie ist auf unserer Seite, wir müssen ihnen vielleicht einfach Zeit geben, sie versucht zu schlichten“, entgegnete sie.
„Gut, wir haben alle Zeit der Welt, vielleicht schlichtet das Baby alles, wenn sie dann Großväter sind“, überlegte sie.
„Das hoffe ich, bis dahin können wir nur abwarten. Wir sollten heute noch zu deinen Eltern fahren und dein Zeug holen“, schlug sie vor.
 
Ein Jahr später
 
„So, unsere Zeit in der Morning-Show ist fast zu Ende. Ich werde die nächsten Wochen nicht auf Sendung sein, aber mein Kollege Andy wird mich sehr gut vertreten. Wünscht mir Glück, denn in ein paar Stunden heirate ich meine wunderschöne Kollegin Rachel, eure Quelle für den besten Klatsch und Tratsch auf WBX“, redete Leito in sein Mikro bei dem Radiosender, bei dem er arbeitete. Es war sein Hochzeitstag und seine Braut war sicher schon längst im Brautzimmer mit ihrer Mutter, um sich für den großen Augenblick fein zu machen.
„Gute Sendung, Kumpel, ich bin hier um dich abzuholen, dass du es rechtzeitig schaffst“, stand Mac, der im Smoking seinen Cousin im Sendestudio abfing, als dieser das Studio verließ.
„Rach‘ vertraut mir wohl nicht, ich wollte grade gehen“, entgegnete Leito.
„Eigentlich bin ich der, der dir nicht vertraut, deine Verlobte ist die Ruhe selbst!“
„Sie ist die Ruhe selbst?“
„Ja, Eva hat sie echt verändert. Deine Tochter sieht echt so süß aus in ihrem weißen Kleidchen“, erzählte Mac und plapperte weiter. Leito lächelte, während sie zusammen zum Auto gingen. Er hätte am liebsten einen Spruch losgelassen, dass das echt kitschig war, aber sein Cousin hatte sich erst einen Monat zuvor von seinem Mann getrennt und damit war sein Traum selbst ein Kind zu haben in weite Ferne gerückt. Durch sein Patenkind konnte er seine Träume etwas erfüllen und das zukünftige Ehepaar ließ ihm Freiraum ihre Tochter in eine Prinzessin zu verwandeln.
 
„So, wenn du hier fährst kannst du die Temperatur einstellen, wie du es brauchst und wenn du es ausstellen willst, drückst du hier“, erklärte Pagan seinem Sohn die digitale Kühlweste, die er ihm als Geschenk überreicht hatte. Die teure Weste war eigentlich als Hochzeitsgeschenk für ihn gedacht, aber da es mal wieder ein heißer Tag in Florida war, hatte er ihm die Weste jetzt schon geschenkt.
„Danke nochmal für das Geschenk, Dad“, bedankte sich Leito und umarmte Pagan.
„Bitte, ich dachte, die kannst du gut gebrauchen. Bist du nervös?“, wollte Pagan von seinem Sohn wissen.
„Warst du nervös an deinem Hochzeitstag?“
„Richtig, natürlich bist du das. Eure Beziehung war vorbestimmt, sie wird dich genauso glücklich machen wie deine Mom mich glücklich macht“, konterte Pagan väterlich.
„Ja, das hoffe ich. Wie sieht sie aus?“
„Oh Mann, du bist ein glücklicher Mann, glaub mir. Lass das Jackett aus, wenn es nicht anders geht, wir alle verstehen es“, lenkte Pagan das Thema um, um nicht wie ein geiler alter Sack zu wirken.
„Nach der Trauung auf jeden Fall, aber auf den Bildern lass ich es an um die Weste zu verdecken. So, lass mir ein paar Minuten Ruhe, sag allen, ich komm gleich“, konterte Leito.
„Sicher, mein Bike steht draußen, wenn du hier rauswillst, gib mir nur ein Zeichen!“
„Danke, aber das brauch ich nicht“, schmunzelte Leito und sein Vater ließ ihn allein.
Leito hatte keine zwei Atemzüge Zeit, bis sein Cousin zu ihm kam.
„Hey, du bist fertig, gut, gut, bis spät genug dran“, tänzelte Mac um ihn herum.
„Wow, Cous, du bist ja nervöser als ich, komm runter“, erwiderte er etwas überrumpelt.
„Okay, sorry, ich komm runter, ich hab das jetzt nur fast ein Jahr geplant und heute ist der Tag endlich da“, bemerkte Mac.
„Und du hast das toll gemacht. Wo ist meine Ansteckblume?“, wollte Leito wissen.
„Im Kühlschrank, warte ich hol sie. Brauchst du sonst noch was?“, wollte Mac hektisch wissen.
„Nen Single-Malt wäre nicht schlecht“, konterte Leito trocken und Mac starrte ihn an.
„Gut, du hast aufgehört hier so wild rumzulaufen, das war nen Scherz, ich brauch nur meine Blume, dann bin ich fertig“, frotzelte Leito und mit bösem Blick ging Mac zu dem kleinen Kühlschrank in der Umkleide und steckte seinem Cousin die Blume an den Jackett-Kragen.
„Du bist eiskalt“, konterte er.
„Sorry, wollte deine Gefühle nicht verletzen“, entschuldigte er sich.
„Du bist ein Arsch, weiß ich doch, ich mein du bis physisch kalt“, konterte er.
„Ich hab eine Liquid-Cooling-Weste an, war nen Hochzeitsgeschenk von meinem Dad“, konterte er.
„Nett, die sind echt teuer, das wird dir heute echt helfen. Du solltest nur etwas runterschrauben, deine Gattin erfriert, wenn sie dich heute anlangt“, konterte Mac und Leito drehte die Temperatur seiner Weste etwas hoch.
„Besser, bist du bereit?“
„Ja, ich kann es kaum erwarten. Wie geht’s dir, stehst du das heute durch?“
„Klar, heute ist euer Tag, solang ich was zu Trinken bekomme bin ich happy“, versicherte er.
„Dann hab ich eine schlechte Nachricht für dich, Braut und Bräutigam haben Alkoholprobleme, es gibt hier heute keinen Alkohol. Geh auf deinen Platz, Mac, ich übernehm von hier aus“, kam Ramon in die Umkleide zu seinem zukünftigen Schwiegersohn.
„Wenn du mich entführen willst muss ich dich informieren, dass sicher alle wissen, dass du es warst“, konnte Leito nur von sich geben.
„Kleiner, wenn ich dich loswerden wollte, wärst du schon längst verschwunden. Du bist der Vater meiner Enkeltochter und meine Tochter liebt dich über alles. Wir werden nicht die besten Freunde aber ich respektiere dich. Das war eine schöne Hommage ans Leben in deiner Sendung gestern“, erklärte Ramon.
„Danke Rae, das bedeutet mir viel, wenn es von dir kommt. So, wir müssen jetzt echt los, sonst denkt deine Tochter noch, ich komm nicht mehr“, konterte er gerührt von dem Kompliment seines Schwiegervaters in spe und ging voran aus der Tür.
 
Er konnte den Blick nicht von seiner Braut lassen, als er in der Hochzeitshalle des Standesamts zu ihr ging. Sie sah so wunderschön aus in ihrem silberblauen Brautkleid. Kurz hielt er bei seiner Mutter, küsste seine wunderhübsche Tochter, die an Lulas Brust geschnallt war auf den Kopf, seine Mutter auf die Wange und schon war er bei seiner Braut angekommen.
„Du hast dir Zeit gelassen, Idiot, hab mir schon Sorgen gemacht“, begrüßte Rachel ihren Verlobten, als der sie angrinste.
„Ich lieb dich auch, Süße“, nahm er ihre Hand.
Die Trauung war einfach und wenig religiös, so wie es sich das Brautpaar gewünscht hatte.
 
„Schöne Trauung“, begrüßte Jo ihre Freundin nach der Trauung.
„Hey, Süße, danke, fand ich auch. Rainbow sind echt so süß aus“, entgegnete Rachel und beugte sich herunter um den in allen Regenbogen gefärbten Hund zu streicheln.
„Ich wollte sie festlich färben, keine Sorge ist Lebensmittelfarbe“, erwiderte Jo und sah zu ihrer Hündin, die auch noch bunte Schleifen in ihren langen Zotteln trug.
„Sie soll mir nur nicht zu nah kommen, das Kleid will ich noch ne Weile behalten. So, was ist also die Überraschung, die ihr geplant habt?“, war Rachel gespannt.
„Kommt raus, dann zeig ich es euch“, schmunzelte Jo und das Brautpaar ging hinter Jo zum Ausgang. Eine Kutsche an die ein Pferd und ihre Hunde samt Nachwuchs gespannt waren stand an der Straße.
„Das ist so kitschig, das kann nur Macs Idee gewesen sein“, war sie erfreut.
„Ehrlich gesagt war es meine Idee, gefällt’s dir nicht?“
„Doch, ist ne süße Idee, vielen Dank. Wo bringen die uns hin?“
„Überraschung, kommt nur wieder, ich finde mit einem Baby und allem habt ihr an eurer Hochzeit etwas Zeit nur zu zweit verdient“, erwiderte Jo.
„Danke, das ist genau was wir grade brauchen, wir kommen sicher wieder, versprochen. Kommt Rainbow auch mit?“
„Ja, sie ist deine Begleitung, sie spielt sicher später gern mit ihren Geschwistern. Hier, bring sie mir heil wieder zurück“, übergab sie die Leine ihres Hundes an die Braut.
„Ihr seid verrückt, da bin ich mal gespannt, hebt uns was zum Essen auf“, schmunzelte Rachel und ging mit ihrem frischgebackenen Mann an einer Hand und der Hündin an der anderen Hand zur Kutsche.
 
Das Brautpaar wurde zum Strand gebracht, wo sie ein schönes Picknick machten, während die Hunde im Sand tobten. Ihre Freunde kannten sie wirklich gut, sie hatten sich nichts anderes für ihren besonderen Tag gewünscht.
„Hey, Sweetie, ich will ja nicht stören, aber Eva will ihre Mommy, ich glaub, sie hat Hunger“, rief Lula in die Sanddünen, als das Brautpaar dort fast auf einer Picknickdecke döste.
„Fast zwei Stunden, schön war’s, aber zurück zur Realität“, setzte sich Rachel auf.
„Ja, sie will sicher gestillt werden. Ich hol die Hunde, geh zu ihr“, riss sich Leito auch wieder aus seinem Tagtraum und ging die Hunde einsammeln.
Während er mit den ganzen Hunden zum Wagen ging sah er zu seiner Frau, die ohne Scham ihre Tochter stillte. Während sie an den Kofferraum des Wagens ihrer Schwiegermutter gelehnt stand, konnte er nur lächeln. Seine Tochter war kerngesund geboren worden und sie hatte seine Krankheit nicht geerbt, was ihn sehr glücklich machte. Das Leben meinte es endlich gut mit ihm und so konnte es bitte für den Rest seines Lebens bleiben.

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Tag der Veröffentlichung: 15.09.2021

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