Shade Kye stand mit verbundenen Augen in einer leeren Lagerhalle in Medicine Hat mitten in Kanada. Sie hörte auf ihren Atem und dann auf die Außengeräusche. Die 29-jährige Schwarzasiatin war in ihrer Ausbildung als Leibwächterin und ihr Trainer machte eine Übung mit ihr. Sie spürte wie ein Arm nach ihr Griff und professionell warf sie ihren Trainer mit einem Karatewurf auf den Boden.
„Okay, du hast gewonnen, das kannst du auch“, jammerte ihr Trainer Brick und sie zog rechthaberisch die Augenbinde ab.
„Ich hätte die zwanzig Mücken gern klein, ich brauch Kleingeld für den Waschsalon“, konterte sie selbstbewusst und zog ihn hoch.
„Kriegst du. Du bist so was von bereit für die Abschlussprüfungen in Toronto. Soll ich dich dahin begleiten?“, wollte Brick wissen.
„Hast du Angst dass ich dort ausgeraubt werde? Ich hab wohl ziemlich demonstrativ gezeigt, dass ich mich verteidigen kann“, entgegnete sie cool und warf ihr Handtuch, was sie um den Hals trug auf ihre Schulter, nachdem sie sich den Schweiß abgewischt hatte.
„Das war eigentlich nur eine höfliche Floskel. Gehst du jetzt zu deinen Eltern zum Essen?“
„Ja, es ist Samstag, das mach ich doch jede Woche. Danke für die Extra-Stunde, ich glaub, ich bin jetzt echt fit“, bemerkte sie und schlüpfte in ihre Schuhe.
„Dann wünsch ich dir viel Glück“, bemerkte er und sie schulterte ihre Tasche.
„Brauch ich nicht, ich bin gut genug“, sagte sie cool und verließ die Lagerhalle.
„Wenn du mal Samstags nicht zu deinen Eltern gehen würdest, könnte ich dich mal fragen, ob du mit mir ausgehst“, murmelte Brick und sah ihr hinterher.
„Mum, ich bin zu Hause“, rief Shade in ihrem Elternhaus durch das kleine Wohnzimmer. Tetsu Whitaker, die schon über 20 Jahren auf den Namen Miu Kye hörte, seit sie von ihrer Familie geflüchtet war, kam mit einer Schüssel in der Hand aus der Küche.
„Hey Süße, man du stinkst, geh erst Mal duschen“, umarmte Tetsu ihre muffelnde Tochter.
„Hab ich vor, ich bin auch froh dich zu sehen. Ich hab die Bambussprossen dabei, die du wolltest“, hielt sie ihr eine Tüte vom Markt vor die Nase.
„Ich hab noch welche auf dem Speicher gefunden, trotzdem danke. Schatz, Shade ist da“, rief Tetsu.
„Gut, dass ich dafür nicht extra in die Stadt gehetzt bin vor meinem Training. Krieg ich nen Bier?“, fragte sie frustriert.
„Könntest du fünf Minuten so tun als wärst du ne Frau?“, war Tetsu das burschikose Verhalten ihrer Tochter ein Dorn im Auge.
„In einem Glas, bitte“, fügte Shade hinzu und Tetsu ging kopfschüttelnd zurück in die Küche.
„Hey Schwesterchen, wie geht’s dir?“, kam TJ, Shades drei Jahre jüngerer Bruder die Treppen herunter. Der attraktive junge Mann war wesentlich hellhäutiger als seine Schwester und sah auch asiatischer aus.
„Hey TJ, solltest du nicht im College sein?“, umarmte sie ihren Bruder.
„Wir College-Leute haben Semesterferien, ich bin schon drei Wochen zu Hause, du verbringst deine Abende ja nur mit Muskelmännern in zwielichtigen Lagerhallen. Zumindest schön, dass du da bist. Mum macht Ente“, bemerkte er.
„Ich weiß, ich bin für sie extra auf den Markt. Willst du auch nen Bier?“
„Ne, hab gestern genug gefeiert, heute trink ich mal nichts. Wir können übrigens zusammen nach Toronto, ich fahr am gleichen Tag zur Uni zurück“, bemerkte TJ.
„Wie hab ich eigentlich nicht mitgekriegt, dass du schon seit 3 Wochen zu Hause bist?“, fragte sie ihn, während sie zusammen in die Küche gingen.
„Ich war nie samstags da und du nur Samstags, daran kann’s vielleicht liegen. Woran liegt es eigentlich dass diese Küche nie leer ist, wenn ich reinkomme?“, wollte TJ wissen, als er die Familienfreundin Hua in der Küche sah. Die Anfang Dreißigerin wohnte gegenüber und war als Single-Mutter mehr bei Tetsu als bei sich zu Hause. Ihre zweijährige Tochter Tully spielte in einer Ecke mit altem Spielzeug der Geschwister.
„Ich hab die Ente gestopft, TJ, wenn du allein sein willst, solltest du wieder ins Wohnheim zurück“, hatte Hua keine gute Laune.
„Du bist mich bald los, Prinzessin, Semesterferien sind bald rum. Was riecht hier so gut?“, wollte er wissen.
„Frischgebackenes Brot, ist gleich fertig. Seit lieb zueinander, Shade braucht absolute Entspannung, dass sie ihre Prüfung meistert“, bat Tetsu.
„Sie hat noch ein paar Tage bis dahin und wir unterhalten uns nur. Wir stressen dich doch nicht, oder?“, fragte er seine Schwester.
„Ich werde nachher noch Yoga machen und ich bin nicht so leicht zu stressen. Darf ich ja auch nicht bei meinem Job. Man, ich krieg bei den tollen Gerüchen echt Hunger“, entschied Shade und setzte sich an den Tisch.
„Das dauert aber noch etwas bis das Essen fertig ist. Dein Schönling powert dich ganz schön aus, was?“, fragte Hua und Shade sah sie an.
„Was meinst du?“
„Man, du bist echt blind, Brick ist echt heiß!“
„Natürlich ist er heiß, aber darüber nachzudenken bringt mich beruflich nicht weiter“, sagte sie nur.
„Man, ich hab echt einen Kerl aus dir gemacht mit dem Kampfsport. Er steht auf dich, das sieht doch jeder“, entschied Tetsu.
„Na super, noch ein Problem um das ich mich kümmern muss. Ich muss morgen nach der Arbeit noch ein Jackett kaufen, dass ich bei der Abschlussprüfung gut aussehe“, plante sie.
„Ein Kerl der dich mag ist ein Problem? Du hängst eindeutig zu lange mit deiner Tante Sara rum“, kommentierte Tetsu ihr Kommentar.
„Ich bin keine Lesbe, Mum!“
„Das hab ich nicht gesagt!“
„Aber gedacht!“
„Dein Männerverschleiß ist fast dramatisch, da kann man auf Gedanken kommen!“
„Das ich vielleicht ein gutes Sexualleben habe? Ich binde mich halt nicht gerne. Was denkt ihr, Bodyguard schwarz oder grau, dass ich etwas auffalle“, war Shade mit den Gedanken ganz wo anders.
„Grau steht dir besser, wenn du nicht meine kleine Prinzessin wärst würde ich dich für dein Verhalten mit dem bösen SCH-Wort benennen“, entschied Tetsu.
„Dad, Mum bezeichnet mich als Schlampe“, jammerte Shade, als ihr Vater in die Küche kam. Der alternde Detective trug noch seine Marke und seine Waffe. Quan hatte nach seiner Namensänderung nochmal die Detective-Prüfung ablegen müssen um auch in seiner neuen Heimat als Detective arbeiten zu können. Sara war immer noch seine Partnerin, aber seine Rente stand bald bevor.
„Wo sie Recht hat, hat sie Recht“, stimmte er seiner Frau zu.
„Natürlich stimmst du ihr zu, ihr seid wie Bonnie und Clyde. Ja, ich hatte den einen oder anderen Kerl in letzter Zeit, aber Sex steigert meine Leistungsfähigkeit und ich kann grade jede Kraft gebrauchen. Warum geht ihr so auf mich los? TJ ist auch nicht grad zölibatär!“
„Er ist auch nen Kerl, bei ihm ist es was anderes. Verhüte zumindest immer, dass du nicht mit nem Kind wie ich gesegnet wirst. Dann kannst du deine Karriere als Bodyguard so was von vergessen“, entschied Hua und sah zu Tully.
„Na, so blöd bin ich dann doch nicht!“
„Danke!“
„Bei dir ist das was anderes, du hattest ne ernste Beziehung und der Arsch ist abgehauen. Ich reiß mich in nächster Zeit etwas zusammen mit den Männern, versprochen“, versprach sie ihren Eltern.
„Schön zu hören. Ich geh morgen mit dir einkaufen, eine Mutter weiß am besten was ihrer Tochter steht“, bemerkte Tetsu.
„Klasse, mit meiner Mutter einkaufen, kann’s kaum erwarten“, murmelte Shade sarkastisch und trank ein Schluck aus ihrem Bier was ihre Mutter ihr in einem Glas hingestellt hatte.
Shade setzte sich erschöpft auf einen Stuhl in dem kleinen Laden, in dem sie tags drauf mit ihrer Mutter einkaufen war.
„Man Kind, du musst aufhören deine Arme so zu trainieren, sonst passt du in kein Jackett mehr“, hängte Tetsu das fünfte Jackett weg, dass ihre Tochter anprobiert hatte.
„Du bist selbst Kampfsportlerin, ich trainiere nur Karate und Krav Maga, mehr nicht. Dann muss ich halt eine Übergröße anziehen, Jackett muss schon sein. Du hast mir nie gesagt was du davon hältst, dass ich ein Bodyguard werde“, wollte sie plötzlich wissen.
„Meine einzige Tochter will für eine fremde Person in Lebensgefahr geraten und das jeden Tag, das ist so toll“, bemerkte Tetsu sarkastisch.
„Dad und Tante Sara machen das auch jeden Tag!“
„Und ich mach mir jeden Tag Sorgen um sie, willst du das wirklich machen?“, machte sich Tetsu Sorgen.
„Ja, das will ich, sonst würde ich nicht die Ausbildung machen. Mein Job wird nicht so gefährlich sein wie Dads Job, keine Sorge. Wir sind hier in Kanada, ich werde höchstens mal einen Geschäftsmann ins Ausland begleiten oder so“, versprach sie.
„Ich hoffe, du hast Recht. Ich will dich nicht verlieren. Hey, das könnte passen“, fand Tetsu ein passendes Jackett, was Shade dann auch kaufte.
Shade folgte in die Fußstapfen ihrer Mutter nicht nur in ihrem Körperbau und ihrem Talent für Kampfsport, sie arbeitete auch ein einem Waschsalon, wie es Tetsu in ihrer Jugend getan hatte. Dass sie das Leben ihrer Mutter widerholte wusste sie aber nicht, ihre Eltern hatten ihr nie von der Vergangenheit als Tetsu und Quan erzählt.
„Ich muss noch in den Waschsalon, ich hab versprochen die Einnahmen zur Bank zur bringen“, erkannte Shade, als sie mit Tetsu nach Hause fuhr.
„Musst du so eine gefährliche Sache immer machen?“, wollte ihre Mutter wissen.
„Gefährliche Sachen? Sag mal Mutter trinkst du?“, verstand sie nicht.
„Es geht schließlich um viel Geld, ich mein ja nur“, bemerkte sie.
„Du hast nie in nem Waschsalon gearbeitet, oder? Das sind ein paar tausend Dollar, mehr nicht. Manchmal bist du echt seltsam!“
„Wenn du meinst. Soll ich dich hier rauslassen?“
„Ja, bitte. Du solltest echt nicht trinken und Auto fahren“, entschied die junge Bodyguard-Anwärterin kopfschüttelnd und stieg aus dem Wagen, nachdem ihre Mutter angehalten hatte.
Tetsu sah ihrer Tochter kurz nach und fuhr dann weiter. Wenn Shade erfahren würde, dass ihre Großmutter durch einen Kopfschuss in einem Waschsalon ums Leben gekommen war, würde sie keinen Salon mehr betreten.
„Hey“, begrüßte Shade ihre Kollegin Kaikoura, als sie in den Waschsalon kaum. Die Neuseeländerin mit Maori-Wurzeln hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Shade, sie wurden auch manchmal für Schwestern gehalten.
„Hey, wolltest du nicht einkaufen gehen?“
„Bin schon zurück, war stressig genug mit meiner Mutter. Ich wollt doch noch zur Bank gehen“
„Hätte ich auch gemacht, ich bin aber froh, dass du es machst, ich fühl mich immer nicht wohl mit so viel Geld rumzurennen“, konterte Kaikoura.
„Jetzt fängst du auch schon damit an, meine Mutter hat mich schon gefragt, warum ich so gefährliche Sachen mache. Daran ist hier nichts Gefährliches!“
„Nur weil du ohne Angst geboren wurdest heißt das nicht, dass es keine Gefahren in dieser Welt gibt“, konterte Kaikoura cool.
„Ich hab halt weniger Angst als andere, das ist in meinem Job nur von Vorteil“, bemerkte sie und ging hinter den Tresen.
„Ach ja, du willst ja in die große weite Welt hinaus und willst mich hier allein lassen“, sagte sie wehmütig.
„Erst Mal muss ich die Prüfung bestehen, keine Sorge. Ich hau hier nicht so einfach ab, meine ganze Familie und meine Freunde sind hier“, versprach sie.
„Willst du etwa hier Schulkinder beschützen? Um in deinem Traumjob arbeiten zu können musst du deine Komfortzone verlassen, das ist dir schon klar, oder?“
„Nein, natürlich nicht, aber ich wollt nur sagen, dass ich nicht einfach so abhaue. Nach gestern bin ich aber ganz froh, dass ich mal aus der Stadt rauskomme“, bemerkte sie und lud das Geld in einen Geldbeutel.
„Kerl oder Anverwandte?“
„Meine Eltern haben mich mal wieder auf mein reges Sexleben angesprochen. Ich bin jung und genieß das Leben, mehr nicht!“
„Du bist auf der verzweifelten Suche nach Liebe das kannst du kaum „Das Leben genießen“ nennen. Ich darf aber nicht so große Töne spucken die Liebe hat mich hierher gebracht“, entgegnete Kaikoura und sah auf ihren Ehering.
„Ja, du hast das Glück gefunden, aber ich bin grad so weit von der Ehe entfernt wie es geht. So, ich bring das Geld weg und hau wieder ab, muss morgen früh noch früh genug arbeiten. Wünsch dir noch einen schönen Sonntag“, verabschiedete sie sich und ging Richtung Bank.
Als sie die Straße langging, die zur Bank führte, kamen ihr plötzlich komische Gedanken in den Kopf und Angst kam in ihr auf.
„Man, jetzt habt ihr mir was eingeredet“, murmelte sie vor sich hin und sie beschleunigte ihren Schritt. Sie ging schnell durch die Drehtür der Bank und stieß beim Raustreten in die Vorhalle der Bank mit einer Person zusammen, die sie brutal zu Boden warf.
„Äh, au!“, sagte die Person verdattert und sie rappelte sich auf.
„Das tut mir furchtbar leid, ich hab mehr Kraft als ich denke manchmal“, bemerkte sie etwas verwirrt und der Kerl, den sie umgerannt hatte stand auf.
„Ja, das hast du“, entschied der Kerl. Es war Brick.
„Brick, hey, ich muss echt flott unterwegs gewesen sein, wenn ich dich umgerannt bekomme. Ich muss das Geld von meiner Arbeitsstelle einzahlen, was machst du hier?“
„Ich hab Geld geholt, mehr nicht. Man, du musst meinem Chiropraktiker mal erklären, dass meine Rückenschmerzen alle von dir kommen, der glaubt mir das nämlich nicht“, entgegnete er und griff sich an seinen Rücken.
„Ich tu dir weh? Warum sagst du mir das nicht?“
„Und dir die Genugtuung geben?“
„Ihr Männer seid so Idioten, ihr seid nicht weniger Mann wenn ihr zugebt, dass es euch schlecht geht, Gefühle zu zeigen macht euch nur männlicher. Lass dich behandeln, ich zahl die Kosten. Du wirst dich auch erholen können, ich glaub, ich brauch keine Trainingsrunden mehr“, bemerkte sie lässig.
„Glaub ich auch, war aber ne schöne Zeit. Ich hab mich das erste Mal seit Jahren nicht als nutzloser Sack gefühlt sondern als der Bodyguard der ich eigentlich bin, danke. Viel Erfolg“, konnte man ihm den Schmerz ansehen, dem es ihm bereitete, sie gehen zu lassen.
„Danke, den werde ich haben, schönen Sonntag noch“, erkannte sie nicht, dass er Gefühle für sie hatte.
„Ja, dir auch“, bemerkte er traurig und ging durch die Drehtür nach draußen auf die Straße.
Der 34-jährige Brick Singh war auf den Fijis geboren und aufgewachsen, war aber drei Jahre zuvor nach Kanada geflohen, weil er auf den Fijis einen Klienten verloren hatte. Er hatte in Kanada darauf jeden Job angenommen den er kriegen konnte, bis er fast zwei Jahre zuvor von Quan darauf angesprochen wurde, dass seine Tochter einen Trainer brauchte. Brick hatte sich gleich auf Anhieb in sie verliebt, hatte aber nie den Mut gefunden, es ihr zu sagen.
„Hey Shade, wie laufen die Geschäfte?“, begrüßte die Bankangestellte Shade, als sie an den Schalter kam.
„Es ist ein Waschsalon, nicht das Ritz, immer alles beim Alten. Nur das Münzrumschleppen ist nerv tötend“, konterte sie nicht gut gelaunt.
„Wir haben ja geniale Laune heute, läuft wohl nicht so gut zwischen Brick und dir?“
„Brick und mir? Hab ich da was nicht mitgekriegt?“
„Ihr seid nicht zusammen? So wie er immer von dir redet hab ich gedacht ihr steht kurz vor der Hochzeit“, entgegnete die Frau am Schalter verwundert.
„Jetzt fängst du auch schon damit an, da läuft nichts zwischen uns, er hätte das wohl gerne aber ich trenne Job und Privatleben. Nimmst du jetzt mein Geld, oder nicht?“, fragte sie cool.
„Du wirst einsam und allein sterben, wenn du so weitermachst, ich hoffe, das weißt du“, entgegnete die Frau und hielt ihr ein Behältnis hin, wo sie ihre Münze einfüllen konnte.
„Was soll das sein? Die aufmunternden Worte des Tages? Können wir nicht einfach unseren Geschäften nachgehen ohne den ganzen Smalltalk?“, wollte sie nicht hören, was ihre Bekannte zu sagen hatte.
„Meinetwegen, wollt es nur sagen. Auf das übliche Konto?“
„Ja, alles wie immer. Schönen Sonntag noch“, zog sie wieder ab.
Viel zu schnell kam der Arbeit vor ihrer Prüfung. Obwohl sie eigentlich gut genug dafür war wollte sie nochmal mit Brick trainieren.
„Halte deine Hand grade und ruhig, die Waffe muss die Verlängerung deines Arms sein, du musst eins werden mit der Waffe“, erklärte Brick ihr und sie spürte seinen Atem in ihrem Genick als er hinter ihr stand und ihr die Handhabung der Waffe erklärte.
„Du bist manchmal etwas gespenstisch auf Waffen fixiert“, entgegnete sie und schoss auf die Dose im Wald, in der sie standen.
„Du kannst auch nicht abstreiten, dass dich das Abfeuern einer Waffe nicht heiß macht“, bemerkte er anzüglich und fuhr mit seiner Hand, die auf ihrer Hüfte lag, langsam nach unten bis zu ihrem Po.
„Hey, Flossen weg“, murrte sie und drückte seine Hand so sehr nach hinten, dass er aufschrie.
„Man, du lässt jeden Mann in der Stadt drüber, aber keinen dem du was bedeutest“, ließ er seinen Frust raus und das hatte zur Folge, dass sie ihm die Hand brach und wütend wegstürmte.
„Heute Abend bereust du, dass ich dein Kontakt in Notfällen bin, oder?“, fragte Quan, als er Brick vom Krankenhaus nach Hause fuhr. Sie waren Kumpels, keine besten Freunde, aber sie hatten in der Vergangenheit das ein oder andere Bier zusammen getrunken. Da Brick keine Verwandten und andere Freunde in Kanada hatte, hatte er Quan als Notfallkontakt angegeben.
„Ja, mich beunruhigt auch, dass du noch deine Dienstwaffe trägst“, sah er zu Quan, der immer noch seine Arbeitskleidung trug.
„Ich erschieß dich doch nicht, Brick, dann müsste ich einen Bericht schreiben und da hab ich echt keine Lust drauf“, schmunzelte er.
„Gut zu wissen, ich wollte deine Tochter nicht begrabschen“, entschuldigte er sich bei dem Detective.
„Du bist nicht der erste und leider auch nicht der letzte, aber der erste, der seine Hand gebrochen bekommt“, prustete Quan.
„Ich lass das nur durchgehen, weil du ihr Dad bist, du Arsch“, grummelte er und rieb seine geschiente Hand.
„Was hast du gesagt?“, fragte Quan und löste den Sicherheitsgurt seines Halfters.
„Gar nichts, Sir“, stotterte Brick.
„Braver Mann. So, wir sind bei dir zu Hause, den Rest schaffst du, oder?“
„Ja, ist ja nur die Hand, trotzdem danke fürs Fragen. Sag Shade, sie packt das morgen gut, sie ist bereit. Ich musste es versuchen, sie wird bald weg sein und sie sollte es wissen“, erklärte er sein Handeln.
„Tja, du hast deine Antwort bekommen. Schlaf gut“, ließ er ihn aussteigen und Brick ging betrübt in seine Wohnung.
Nach seinem Besuch im Krankenhaus fuhr Quan zu Huas Wohnung, weil er seine Tochter dort vermutete.
„Hey Onkel T, hab schon vermutet, dass du kommst“, begrüßte Hua ihn mit einer Umarmung.
„Ist sie hier?“
„Ja, im Schlafzimmer, ist die Hand gebrochen?“
„An zwei Stellen, er wird sie ne Weile nicht benutzen können. Er hätte wissen sollen, dass das eine blöde Idee war“, konterte er.
„Liebe macht blind und manchmal etwas dämlich, ich sprech da aus Erfahrung. Er hat sich einen echt schlechten Zeitpunkt für den Mist ausgesucht, ich hoffe, du hast im die Leviten gelesen“, bemerkte Hua und lud ihre Tochter, die sie auf der Hüfte trug, auf die andere Hüfte.
„Er ist grad im Vicodin-Himmel, er hätte eh nichts mitgekriegt. Ich werde mit ihr reden, kannst du uns nen Tee machen?“, bat er und sie nickte und ging in die Küche.
„Hey Süße, kann ich reinkommen?“, klopfte Quan an die Tür, hinter der seine Tochter war.
„Hey Dad, komm rein“, sagte sie leise und er trat ein. Shade saß in Sportkleidung auf dem Bett und meditierte.
„Stör ich dich grad?“
„Nein, ich versuch meinen Puls nur zu senken, schon gut. Wie geht’s ihm?“
„Er hat Schmerzen, wird’s aber überleben. Du musst deine Wut drosseln, wenn du ein guter Bodyguard sein willst“, riet er ihr.
„Ich weiß, ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Gib mir die Rechnung vom Krankenhaus, ich bezahl das“, versprach sie.
„Er hat selbst bezahlt, trotzdem danke. Er lässt ausrichten, du packst das morgen“, erklärte er.
„Danke, ohne seine Zustimmung wär ich ja so unsicher“, sagte sie sarkastisch.
„Du magst ihn mehr als du zugeben willst, Tochter, also tu nicht so“, bemerkte Quan.
„Dad, du störst mein Chi“, würgte sie ihn auch wieder ab.
„Es zu ignorieren bringt dich nicht weiter, meine Süße. Ich lass dich jetzt schlafen, ich wünsch dir viel Erfolg morgen, meine Bestätigung brauchst du hoffentlich noch“, küsste er ihren Kopf und ging wieder raus.
„Sorg dafür dass sie morgen was isst, wie ich sie kenne kriegt sie keinen Bissen runter morgen“, bat Quan, Hua, als er wieder ging.
„Klar, Onkel T, mach ich doch immer. Ich pack ihr was zusammen. Sag Tante Miu nen Gruß“, verabschiedete sie sich und er ging nach Hause.
Früh am nächsten Morgen stand TJ mit einem Seesack auf den Schultern vor Huas Tür.
„Morgen, hat sie geschlafen?“, wollte TJ wissen.
„Er ist ein Arschloch!“
„Das heißt also nein, wir haben ja ne lange Reise vor uns, sie wird hoffentlich im Zug schlafen können. Pass auf sie auf, sie ist heute etwas zerstreut“, bat Hua und er nickte.
„Komm Knochenbrecher, unser Bus wartet nicht“, rief er in die Wohnung und Shade kam auch mit einem Seesack auf den Schultern aus dem Zimmer geschlurft. Ihr Jackett ließ sie in einem Kleidersack hinter sich her schleifen.
„Hey Schwesterchen, lass mich das nehmen, wir besorgen dir noch nen guten Kaffee, komm“, sagte er hilfsbereit und nahm ihr das Jackett ab.
„Ja, ist vielleicht besser so. Danke Hua, dass ich hier schlafen konnte“, sagte Shade tonlos.
„Immer doch Süße, so hatte ich dich auch im Blick. Meldet euch, wenn ihr in Toronto seid“, bat Hua und ließ sie gehen.
Als sie nach einer längeren Busfahrt in den Zug einstiegen, saß Brick auf dem Sitz neben ihnen.
„Morgen, wie war die Busfahrt?“, begrüßte er sie keck.
„Du hast einen Todeswunsch, wie mir scheint“, raunzte Shade.
„Ich bin dein Trainer, ich will bei deinem Triumpf dabei sein“, sagte er nur.
„Ich will dich aber nicht dabei haben, ist das so schwer zu verstehen?“
„Shade, sei nett, er will dich nur unterstützen“
„Er will in mein Höschen, mehr nicht, das hat er ja deutlich gemacht. Ich sitz nicht neben ihm, setz dich zwischen uns“, bat sie schroff und schnaufend setzte sich TJ zwischen den Trainer und seine Schwester.
„Ich hätte dich nicht begrabschen sollen, tut mir Leid“, entschuldigte sich Brick und beugte sich dabei über TJ.
„Das macht ihr aber jetzt nicht die nächsten sechs Stunden, oder?“, fühlte sich TJ eingeengt.
„Keine Sorge, ich sag gar nichts zu ihm“, steckte sie die Kopfhörer ihres I-Pods ein und sah aus dem Fenster.
„Super, ich hab einen Teenager zu einem Killer ausgebildet“, murrte Brick und lehnte sich wieder in seinem Sitz zurück.
„Das hab ich gehört, Arschloch“, grummelte sie, ohne die Kopfhörer abzunehmen.
„Okay, ich such mir einen anderen Platz für die nächsten sechs Stunden, ich muss noch eine Arbeit fertig schreiben“, stand TJ auf und verließ den Bahnwagon.
„Willst du jetzt wirklich den ganzen Tag nicht mit mir reden?“, beugte sich Brick wieder zu ihr.
„Nein …“, sagte sie und er atmete auf.
„Ich werde mein ganzes Leben nicht mehr mit dir reden. Halt die Klappe“, entschied sie und er setzte sich wieder zurück.
Fast zwei Stunden ließ Brick sie in Ruhe, bis er sie wieder etwas fragte.
„Willst du was trinken?“, fragte er freundlich.
„Hast du was?“, wollte sie wissen und er gab ihr eine Flasche Wasser.
„Danke“, bedankte sie sich.
„Bitte. Was liest du?“, fragte er, weil sie in ein Buch vertieft war.
„Einen Krimi, war reduziert, bin sonst kein großer Leser, ich dachte nur, ich hätte hier etwas Ruhe und Zeit“, entgegnete sie.
„Klar, ich lass dich wieder lesen. Du hast keine Gefühle für mich, das ist schade, aber kann ich nicht ändern. Ich wollte nur, dass du das weißt, bevor du wegziehst“, entschied er.
„Noch bin ich nicht weg, eine nette Karte oder eine Rose wirkt bei uns Frauen auch mal ganz gut, auch wenn ich manchmal so wirke, an den Arsch grabschen kann ich gar nicht ab“, bemerkte sie cool.
„Ich hatte gestern etwas getrunken, ich wollte mir Mut antrinken, dass ich es dir endlich sagen kann. Das war das Dümmste, was ich tun konnte“, erklärte er entschuldigend.
„Ja, war es, Entschuldigung angenommen. Ich bin doch etwas froh, dass du da bist“, erwiderte sie und er lächelte.
„Ich werde dich da durchführen, wenn du das beste Ergebnis der Prüfung abgelegt hast, reden wir über alles“, konterte er.
„Klar, von was träumst du nachts, da werden eine Menge Arschtretende Leute sein, ich bin nur ein kleines Rad im Getriebe“, bemerkte sie.
„Du kannst Karate und Krav Maga und schießt wie Clint Eastwood, stell dein Licht unter den Scheffel. Ich würde mein Leben jederzeit in deine Hände legen“, versprach er.
„Wieder zu viel den Guten, aber danke“, bedankte sie sich und versank wieder in ihrem Buch.
„Du musst was Essen“, kam TJ zu ihnen und setzte sich.
„Ich bin die große Schwester, eigentlich müsste ich auf dich aufpassen“, bemerkte sie, ohne aufzusehen.
„Heute nicht, heute bin ich für dich zuständig. Hua hat uns Sandwichs gemacht, hier“, kramte er eine Brot-Box aus der Tasche und gab sie ihr.
„Da ist doch hoffentlich nichts drauf, was ranzig werden kann, dem Prüfer morgen vor die Füße zu kotzen hatte ich eigentlich nicht eingeplant“, konterte sie.
„Nur Käse und Schinken, ganz blöd sind wir nicht. Iss was, du wirst morgen vermutlich nicht viel kriegen im Hotel“, bat er und sie griff zu.
„Danke. Du kannst jetzt hier sitzen bleiben, wir haben uns vertragen“, entschied sie und er lächelte.
„Schön, ich hab immer gedacht, dass ihr ein gutes Pärchen abgeben würdet“, freute er sich.
„Wow, niemand hat was von einer Beziehung gesagt, ich brech ihm nur nichts mehr, mehr nicht“, schlussfolgerte sie.
„Gut zu wissen“, mischte sich Brick ein.
„Gern geschehen. Können wir unsere Schießübungen heut Abend noch irgendwo fortsetzen?“, hoffte sie.
„Wir sind heut Abend mitten in der Stadt, das könnte sich als schwierig erweisen“, bemerkte er.
„Ach ja, Großstädte, ätzend, dann eben nicht. Willst du auch was?“, fragte sie und reichte ihm die Hälfte von ihrem Sandwich.
„Danke“, freute er sich, dass sie so liebevoll mit ihm umging und nahm es.
„Wir wollen ja nicht, dass du verhungerst. Tut die Hand weh?“, fragte sie.
„Nein, geht schon“, entgegnete er cool.
„Sie ist an zwei Stellen gebrochen, du musst echt ziemlich unter Drogen stehen, wenn du das nicht fühlst“, mischte sich TJ ein.
„T, musst du nicht einen Bericht oder so schreiben?“, wollte sie ihren kleinen Bruder loswerden.
„Bin schon so gut wie fertig und man will ja nicht am Semesteranfang gleich als Streber da stehen. Aber ich lass euch beiden Turteltäubchen gern mal allein“, konterte er und stand wieder auf.
„Nett, dein Bruder“, sagte er nur.
„Er ist ein bisschen faul, er könnte längst mit seinem Studium fertig sein, wenn er sich auf den Hosenboden setzen würde“, bemerkte sie.
„Er wird seinen Weg machen, er ist kein Kampfsportler, oder?“
„Er hat die gleiche Ausbildung genossen wie ich, hat aber nie viel Interesse dran gezeigt“, konterte sie und sah ihrem Bruder nach.
„Ausbildung? Du meinst so richtig mit Prüfung und so?“
„Ne, ich hab meine Fähigkeiten in einem Überraschungs-Ei gefunden. Meine Mutter hat mich bis zum schwarzen Gürtel ausgebildet und Tante Sara mich bis zum braunen Gürtel im Krav Maga. Ich hab nicht so arg viele Frauensachen gemacht in meiner Jugend“, erklärte sie stolz.
„Man, ich kann froh sein, dass du mich nicht getötet hast, oder?“
„Ja, so in etwa. Ich bin nicht gut in diesen Gefühls-Dingen, ich kann niemandem außer mir selbst die Schuld daran geben, meine Eltern haben mir immer Liebe entgegen gebracht, ich habe mich verschlossen, ich seh die wunderschöne Tochter meiner besten Freundin an und fühle gar nichts. Ich sollte doch Muttergefühle oder so entwickeln, aber die hab ich nicht“, dachte sie laut nach.
„Jeder Mensch ist anders, wenn Kinder nichts für dich sind ist das auch gut, dann wirst du später im Job keine Probleme kriegen“, entgegnete er.
„Warum red ich auch mit einem Kerl über Gefühle“, las sie weiter.
„Da du ja anscheinend keine hast kann ich wie mit einem Kerl mit dir darüber reden“, konterte er cool.
„Pass auf meine Sachen auf, ich geh mal zu den Waschräumen“, bat sie und ging zu den Toiletten.
Shade tauchte ihre kurzen braunen Locken in das Waschbecken der Bahntoilette. In ihrem Gesicht spiegelte sich die ganze Vergangenheit ihrer Familie. Sie hatte die breite Nase ihres kenianischen Großvaters, die schönen Mandelaugen ihrer Mutter und den starren Blick ihres halb-texanischen Vaters. Sie goss sich Wasser ins Gesicht und wischte es sauber. Sie kannte ihn jetzt schon so lange, warum kamen gerade jetzt in der Zeit wo sie es am wenigsten gebrauchen konnte diese Gefühle in ihr auf. Sie hatte ihre Gefühle immer unterdrücken können, warum konnte sie das bei diesem Kerl nicht? Sie band ihre Haare zusammen und sah sich deutlich im Spiegel an. Wenn sie wenig schlief sah man ihr ihre fast 30 Jahre an. Sie atmete tief durch und ging wieder zu ihm.
„Hey, alles klar bei dir?“, fragte er sanft, als sie sich wieder setzte.
„Ja, hab nur schlecht geschlafen. Ich würde gern mein Buch weiter lesen“, bat sie.
„Sicher, mach das. Ich schlaf etwas“, entschied er und lehnte sich im Sitz zurück.
Spät in der Nacht kamen sie in Toronto an. TJ fuhr gleich ins Studentenwohnheim und Shade in ihr Hotelzimmer. Brick brachte sie bis zum Zimmer.
„Danke fürs Hinbringen, ich muss jetzt echt ins Bett. Ich ruf dich morgen an, wie’s gelaufen ist", verabschiedete sie sich.
„Mach das. Schlaf gut“, sagte er nur und ging zum Fahrstuhl.
„Brick!“, rief sie und er drehte sich herum.
„Ja?“, fragte er und sie streckte ihm ihre Hand entgegen.
„Bist du sicher?“, war er unsicher und sie nickte. Lächelnd kam er zurück.
Da beide gut trainierte Sportler waren hatten sie die halbe Nacht Sex. Die Sonne ging schon langsam auf, als sie in seinem Arm einschlief.
Sie war grad im Tiefschlaf, als ihr Smartphone-Wecker klingelte. Sie brauchte eine Minute um zu realisieren wo sie war. Ein Männerarm lag auf ihrem Bauch.
„Was hast du jetzt schon wieder gemacht, Shade?“, murmelte sie vor sich hin und rutschte vorsichtig unter seinem Arm hervor, dass er nicht aufwachte. Sie perfektionierte ihr Outfit im Spiegel am Ausgang. Ihre Gedanken kreisten um ihn, Brick in ihr Bett zu lassen war eine dumme Idee gewesen, sie fühlte sich müde und erschöpft, Sex puschte sie sonst auf, sie hatte es die Nacht zuvor nur übertrieben. Sie setzte ihr coole Ray Ban-Sonnenbrille auf und stieg in ein Taxi.
Die Prüfung zum Bodyguard verlief eigentlich ganz gut, bis zu dem Schießtest. Sie konnte auf Teufel komm raus ihre Hand nicht still halten und fiel durch die Prüfung.
Brick suchte lange nach ihr. Als er gerade wieder ohne sie zu finden ins Hotel zurückgekommen war, fand er sie an der Hotelbar.
„Hey, feierst du ganz ohne mich?“, fragte er freundlich. Sie trank den letzten Schluck aus ihrem Glas und ging wortlos davon.
„Was ist?“, lief er ihr hinterher.
„Ich hab’s versaut und du bist schuld“, murmelte sie. Sie wankte ziemlich stark und schien sehr betrunken.
„Du hast es versaut? Nicht dein Ernst“, verstand er nicht.
„Ich will nicht mit dir reden, verpiss dich“, torkelte sie weiter.
„Warum bin ich schuld daran, erklär mir das?“
„Du hast mich gestern ausgelaugt und ich konnte meine Hand nicht ruhig halten. Ich hab dieses gottverdammte Kind erschossen“, lallte sie und stützte sich an die Wand.
„Du hast das kleine Mädchen mit den Zöpfchen aus Pappe erschossen?“, prustete er und erntete einen bösen Blick.
„Tut mir leid, das wär mir damals auch fast passiert. Du probierst es einfach wieder, du bist dafür gemacht“, entschuldigte er sich und sie kotzte ihm vor die Füße, weil sie den Alkohol nicht vertrug.
„Das hab ich verdient, komm, ich bring dich hoch“, lud er sie auf seine Arme und brachte sie ins Hotelzimmer.
Shade hatte einen erotischen Suff-Traum. Sie hatte Sex in einer Dunst behangenen Großraumdusche mit einem Mann, den sie nur in Umrissen sah. Plötzlich erkannte sie einen Adler auf dem Arm des Mannes, es war Brick. Diese Erkenntnis ließ sie aufschrecken und sie wachte auf. Ein Hauch von Übelkeit überkam sie und sie lehnte sich zur Seite. Jemand hatte ihr einen Mülleimer hingestellt, in den sie sich übergab. Als sie schwitzend aufsah, sah sie zu Brick, der auf einem Stuhl neben ihr schlief. Er lag so, dass sein Adler-Tattoo gut zu sehen war.
Sie wischte ihre Haare aus ihrem Gesicht und versuchte lautlos aufzustehen. Ihre Katzenhaftigkeit präsentierte sich dann aber eher als Elefant, als sie auf dem Boden landete. Sie fluchte.
„Ganz schöner Wortschatz, für ne Lady. Alles klar da drüben?“, fragte Brick, der davon aufgeweckt wurde. Er ging um das Bett herum und half ihr auf. Dabei starrte sie unabsichtlich länger auf seinen Arm.
„Alles klar?“, riss er sie aus ihren Gedanken.
„Man, ich weiß echt, warum ich sonst nicht trinke“, murmelte sie und er half ihr aufs Bett.
„Tja, jeder macht mal Fehler. Du hast gestern Nacht in die Lobby des Hotels gekotzt, ich hab dem Concierge nen 20er zugesteckt, dass er das weg macht“, erklärte er und rieb seine schmerzende Hand.
„Du hast mich hochgetragen oder?“, kamen ihr immer mehr Sachen vom Tag zuvor ins Gedächtnis.
„Ja, war ziemlich schmerzhaft mit der gebrochenen Hand. Du bist ein ganz schönes Muskelpaket. Ist dir noch schlecht?“, wollte er besorgt wissen.
„Du hältst mich für fett, da wird jedem übel“, murmelte sie.
„Ich hab nichts dergleichen gesagt, du bestehst zu 90 % aus Muskeln, die sind halt schwer“, sagte er nur.
„Halt einfach die Klappe und bring mich ins Badezimmer, bitte“, konnte sie seine Sprüche in dem Moment nicht ertragen und torkelte ins Badezimmer, wo sie sich unter die Dusche stellte. Dort kippte sie wieder zusammen.
„Du solltest dich erst Mal ausschlafen, bevor du solche Aktionen veranstaltest“, schaltete er ihr Wasser aus und wickelte die muskulöse junge Frau in ein Handtuch um ihre Scham zu bedecken.
„2 Jahre fürn Arsch. Zwei Jahre hab ich auf Kohlenhydrate verzichtet und bin jeden Tag zwei Stunden gerannt, zwei Jahre lang hab ich mich nur auf ein Ziel konzentriert und jetzt bin ich 30 und Single“, saß sie in der Dusche und weinte herzzerreißend.
Wortlos zog er sie hoch und nahm sie einfach in die Arme. Die sonst unterkühlte Sportlerin weinte einfach nur in den starken Armen ihres Trainers.
„Ich hab dich zwei Jahre einfach als Mann ignoriert, warum bist du so nett zu mir?“, fragte sie, als es ihr zwei Stunden später besser ging und sie im Schneidersitz in Sportklamotten auf dem Bett saß.
„Ich mag dich, Menschen die einander mögen, sehen über so was hinweg. Ich bin keinen Moment enttäuscht von dir, du bist als Leibwächterin ausgebildet, bei der nächsten Prüfung wirst du das packen, daran hab ich keinen Zweifel“, machte er ihr Mut.
„Es wird keine nächste Prüfung geben, das steh ich nicht nochmal durch. Ich hab schon das Bahnticket zurück gebucht, das wird meine letzte Reise hierher sein“, sagte sie traurig.
„Red keinen Mist, du bist Shade, du gibst niemals auf, du hast zwei Kampfsportausbildungen, so jemand gibt nicht auf“, beschrieb er sie richtig.
„Ich bin es satt immer die zu sein, die alles packt, ich will auch mal aufgeben und alles hinschmeißen“, entschied sie.
„Gut, dann tu das, dann bin ich aber enttäuscht von dir, denn die Shade, in die ich mich verliebt habe, gibt nicht auf. Ich bin auch beim ersten Mal durchgerasselt, ich aber durchs psychologische. Ich war damals nicht so stabil wie ich dachte. Ich hab mir Hilfe geholt und ein Jahr später hab ich es gepackt. Wir beide schießen einfach solang auf Dosen, bis du deine Hand unter Kontrolle hast“, half er ihr.
„Ich kann einer Zecke die Locken runterschießen wenn ich das will und das mit ganz ruhiger Hand. Ich hab mich nur sexuell verausgabt mit dir und hatte zittrige Hände“, entgegnete sie cool.
„Ich hab dich ausgepowert?“, fragte er keck.
„Ich hab mich selbst ausgepowert, du warst da nur mit dabei“
„Ich war also nur so was wie ne Trainingsmaschine?“, war er etwas enttäuscht.
„Ich kann keine Beziehung mit dir haben, tut mir leid“, entschuldigte sie sich.
„Ach nein, erzähl mir was Neues. Ich lass dich in Ruhe wenn wir wieder zu Hause sind, keine Sorge“, reagierte er komisch und stand auf.
„Danke“, wusste nicht genau, was sie dazu sagen sollte.
„Danke? Wir hatten letzte Nacht Sex und alles was du dazu sagen kannst ist danke?“, wurde er plötzlich wütend.
„Äh, vielen Dank“, sagte sie keck, was ihn nur noch mehr aufregte.
„Das kannst du vielleicht bei anderen Männern machen, aber nicht bei mir. Willst du jetzt eine Beziehung mit mir, oder nicht?“
„Nein, will ich nicht, verdammt bist du schwer von Begriff?“, wurde sie frech.
Stur sahen sich die beiden gegenseitig in die Augen und fielen dann übereinander her.
TJ schlenderte durch die Gänge des Hotels, in dem seine Schwester abgestiegen war. Am Empfang hatte er erfahren, dass sie noch eine Nacht länger gebucht hatte. Seine Eltern hatten ihn mit Anrufen terrorisiert, weil seine Schwester nicht an ihr Telefon ging. Er hatte wirklich besseres zu tun, als Babysitter für sie zu spielen, aber da seine Schwester als zuverlässig galt, hatte er sich überreden lassen. Er hörte komische Geräusche und ziemlich viel Krach. Skeptisch klopfte er an der Tür.
„Shade, ich bin’s, TJ, alles klar da drin?“, rief er hinein. Als er nichts hörte wollte er schon weggehen, als sie aufmachte. Seine Schwester war in einem jämmerlichen Zustand. Sie hatte Kratzer im Gesicht und ging gekrümmt.
„Was ist mit dir passiert?“, fragte er besorgt.
„Nichts, was machst du hier? Mir geht’s gut“, stotterte sie verwirrt.
„Das sieht nicht so aus, lass mich rein“, bat er ernst.
„Mir geht es bestens und ich lass dich nicht rein“, entschied sie.
„Ich kann auch mit den Bullen wiederkommen“, gefiel ihm ihr Verhalten gar nicht.
„Das würdest du nicht wagen!“
„Ich würd‘s nicht drauf ankommen lassen!“
Zögerlich öffnete sie die Tür. Brick lag halb bewusstlos auf dem Bett und war in ähnlicher Verfassung und das Hotelzimmer sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
„Will ich das wissen?“, fragte TJ.
„Nein, willst du nicht. Mum und Dad haben dich geschickt, oder?“, fragte sie etwas gefasster.
„Äh ja, aber behalten wir das lieber für uns. Lebt er noch?“, wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Shade ging zu Brick und misste seinen Puls.
„Ja, tut er!“
„Du musst nachschauen?“
„Ich ruf Mum und Dad schon an“, wollte sie ihn loswerden.
„Man, ich muss dieses Bild mit einigen Bieren runterschütten. Geht’s dir wirklich gut?“
„Ja, schon. Geh jetzt bitte“, bat sie.
„Wenn du meinst, melde dich aber wenn was ist. Ruf am besten deine Versicherung an, was auch immer das hier war, das wird teuer“, entgegnete er und verließ das Hotelzimmer wieder. Als sich Shade im Zimmer umsah, bemerkte sie erst, was sie und Brick angestellt hatten. Sie setzte sich geschockt auf einen Stuhl an der Tür. Sie hatte beim Kampfsport immer das Extremste gegeben, aber in einem Hardcore-Porno hatte sie nie mitspielen wollen.
„Shade?“, wurde Brick wieder wach. Seine Lippe blutete. Lautlos kniete sie sich aufs Bett und wischte ihm den Mund sauber.
„Was war das grade?“, wollte er wissen.
„Bitte sprich mich jetzt nicht an“, sagte sie ungewohnt schüchtern und er hielt ihre Hand fest.
„Hab ich dir wehgetan?“, fragte er liebevoll.
„Nicht mehr als ich dir, es tut mir leid“, sagte sie weinerlich.
„Das waren wir beide, Baby, das muss dir nicht leidtun. Ich hab das B-Wort benutzt, tut mir leid, ich muss bestraft werden“, bemerkte er und grinste breit.
„Gerade aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht und schon macht er wieder Witze auf meine Kosten. Ich muss meine Eltern anrufen, die haben schon die Kavallerie hierher geschickt“, stand sie aus ihrer Knieposition wieder auf.
„Dein Bruder war hier und hat uns so gesehen?“
„Jep, ich hoffe der plaudert nicht, sonst brauchst du ne schusssichere Weste wenn du nach Hat zurückwillst“, konterte sie. Der Schock wurde weniger, langsam kam ihr Selbstbewusstsein wieder.
„Wir sollten langsam zurück, dir gehört ein Waschsalon, ich muss wieder zurück zu meinem Job“, entschied er.
„Die haben sicher schon eine Feier für mich organisiert“, realisierte sie ihr Scheitern.
„Ich ruf sie an und sag ihnen, dass du nicht bestanden hast und ich dich versucht hab aufzubauen“, plante er.
„Und wie erklären wir unsere Wunden?“
„Wir sind überfallen worden!“
„Ah, du mit einem schwarzen und einem braunen Gürtel und ich mit einem schwarzen sind überfallen worden und wurden dabei verletzt. Auch wenn dein Vater kein Bulle wäre, würde er das nicht glauben“, entgegnete er.
„In welcher Sportart hast du den schwarzen Gürtel?“, wollte sie wissen.
„Taekwondo, hörst du mir eigentlich mal zu, wenn ich mit dir rede?“
„Nur wenn es um das Training geht, tut mir leid. Wir sollten ihnen die Wahrheit sagen, wir sind zwei Erwachsene und sie auch, meine Mutter ist selbst Kampfsportlerin, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie auch schon wilden Sex mit meinem Vater hatte“, konterte sie cool.
„Toll, als würde ich zu dem Bild wie du nackt auf mir sitzt und mich verprügelst noch ein schräges Bild in meinem Hirn gebrauchen“, bemerkte er.
„Ich hab so was echt noch nie getan, du?“
„Nein, ich hab noch nie vorher ne Frau geschlagen, ich hatte immer zu viel Angst der Frau wirklich weh zu tun. Man, was haben wir eigentlich aus dem Hotelzimmer gemacht? Das wird nen Spaß, dass der Versicherung zu erklären“, sagte er laut vor sich hin und setzte sich auf. Sein Kopf schmerzte.
„Man, der eine Schlag auf meinen Kopf war ein bisschen viel für meinen Dez“, murmelte er benommen.
„Das ist so verrückt, all meine gelernten Kampffähigkeiten verbieten mir den Kopf anzugreifen, irgendwas hat Besitz von mir ergriffen, ich weiß, das klingt irre, vielleicht bin ich das auch“, konnte sie sich nicht genug entschuldigen.
„Ich hab eine Frau geschlagen, mein Dad hat meine Mum verprügelt, ich wollte das nie einer Frau antun“, konterte er.
„Wie zum Teufel erklären wir das meinen Eltern?“
„Du musstest nach deiner verpatzten Prüfung Dampf ablassen und wir haben gekämpft, dabei ist es etwas hart zur Sache gegangen, mehr müssen sie nicht wissen“, plante er.
„Klingt nach nem Plan. Ich zieh mich an und geh runter zum Concierge und erklär die Lage, ich glaub nen bisschen Bestechungsgeld wird das heute nicht richten“, plante sie auch und zog sich an.
Nachdem sie eine Kopie ihres Ausweises dagelassen hatte und ihre Adresse fuhren sie zurück nach Medicine Hat.
Shade hielt die Hand ihres Trainers, als sie zur Haustür ihrer Eltern ging. Das erste Mal in ihrem Leben hatte sie Angst davor, nach Hause zu kommen. Ihr Auge färbte sich blau, ihre Mutter war selbst Kampfsportlerin, sie würde ihr nie glauben, dass sie die Wunden von einem Kampf davon getragen hatte. Vor der Tür blieb sie stehen.
„Das kauft die mir nie ab“, sagte sie unsicher.
„Ein Versuch ist es wert“, machte er ihr Mut.
„Tja, schlimmer kann diese Woche nicht werden“, bemerkte sie, ließ seine Hand los und klingelte.
„Da seid ihr ja, kommt rein“, öffnete Tetsu ihnen die Tür.
„Man, er hat gepetzt, oder?“, schlussfolgerte Shade.
„An dir ist echt ein Cop verloren gegangen, er musste sich irgendwo aussprechen, er war geschockt von dem was er gesehen hat“, erklärte Tetsu.
„Was will er denn gesehen haben?“, fragte Shade vorsichtig.
„Ihr hattet Harcore-Sex und habt ein Hotelzimmer zerlegt!“
„Man, der Zwerg kann echt froh sein, dass er so weit weg ist. Ja, da hat er richtig gesehen, er hat aber auch ne nette Auffassungsgabe. Es tut mir leid“, entgegnete Shade grummelnd und dann reumütig.
„Was soll dir da leidtun? Du hast endlich mal die Sau rausgelassen, dass ein Hotelzimmer dran glauben musste, ist zwar Mist, aber kann passieren. Ihr seht ja aus, wer hat gewonnen?“, reagierte Tetsu so ganz anders wie Shade es von ihrer Mutter erwartet hatte.
„Da er zwei Mal ohnmächtig war würde ich sagen, ich“, bemerkte Shade trocken.
„Das ist mein Mädchen. Du hast ihm gegen den Kopf gehauen, oder?“
„Ja Mum, das hab ich, das geht gegen alles was Tante Sara und du mir beigebracht habt. Irgendwas ist dort mit mir passiert, ich kann es nicht erklären“, entschuldigte sie sich.
„Ich kann es erklären. Dein Tiger ist aufgewacht!“
„Mein was?“
„Dein Tiger, ich versuche meinen schon mein ganzes Leben zu zähmen, ist nicht immer einfach. Ich hab befürchtet, dass das mal passiert. Der Tiger ist ganz schön willensstark, das muss man ihm lassen. Sei froh, dass Brick das abbekommen hat, einen anderen hätte das vielleicht umgebracht“, erklärte Tetsu.
„Verstehst du, was sie sagen will?“, verstand Shade nicht.
„Verstehen nein, erlebt ja!“
„Ich will nicht so sein“, entgegnete sie verwirrt.
„Seine Gene kann man sich nicht aussuchen. Ich kann dir beibringen den Tiger zu kontrollieren, keine Sorge. Junge, du siehst etwas als würdest du gleich umkippen, setz dich hin“, versprach sie und sah zu Brick, der ziemlich wackelig auf den Beinen zu sein schien.
„Ja, setz dich hin, Süßer, bevor du umkippst“, bat sie liebevoll und er nahm auf dem Sofa Platz.
„Seid ihr jetzt zusammen?“, fragte Tetsu plötzlich.
„Ja!“ sagte er.
„Nein!“, antwortete sie aber.
„Okay, da besteht noch Klärungsbedarf wie mir scheint. Ihr solltet beide nen Arzt aufsuchen, vor allem Brick, er scheint ne Gehirnerschütterung zu haben“, riet Tetsu ihnen.
„Mir geht’s gut, aber ich sollte ihn zu einem Arzt bringen. Danke, dass du die verpatzte Prüfung nicht angesprochen hast!“
„Schon gut, ist ja nicht so eine große Sache, wir hatten das fast vergessen“, tat Tetsu das ab, aber hinter ihr senkte sich ein „Gratuliere“-Banner gen Boden.
„Schatz, ich hab noch einen Banner entdeckt“, rief sie ihrem Mann entgegen.
„Sorry, ich dachte, ich hab alle abgehängt. Hey ihr beiden, ihr habt also den Tiger erlebt, ist nicht immer lustig, du solltest zu deinem Großonkel gehen, der weiß wie man die Bestie zähmt“, erklärte Quan, der auch das Elend sah, was durch seine Tür gekommen war.
„Onkel Koki, ich war ne Weile nicht mehr bei ihm, was hat er damit zu tun?“
„Du bist aus einer Familie von Tigern, er hat selbst lang gebraucht, seinen Tiger zu bändigen, so wie ich auch. Wir können kämpfen wie der Teufel, haben aber so unsere Probleme mit der Bändigung unserer Kräfte. Ich mach seit 30 Jahren Yoga, aber das hilft auch nicht immer. Ich hatte dir doch auch zum Yoga geraten!“
„Mach ich eigentlich auch, aber hilft mir wohl auch nicht so gut. Ich red mit Onkel Koki, aber erst bring ich meinen Freund hier zu einem Arzt“, entschied sie und legte den Arm um Bricks Hüfte.
„Sie hat Freund gesagt, ihr habt’s gehört“, murmelte er.
„Freund wie “Idiot, dem ich noch mal gegen den Kopf schlage, wenn er nicht aufhört damit““, konterte sie cool und ihr Mutter sah sie böse an.
„Ich muss echt mit Koki reden, sorry. Ich fahr nach dem Arzt gleich zur Arbeit, Kaikoura braucht heut Abend sicher meine Hilfe“, erklärte sie.
„Du solltest dich auch durchchecken lassen!“
„Mir geht’s bestens, keine Sorge. Ich ruf an, wenn ich im Waschsalon bin“, bemerkte sie und brachte ihn zu einem Arzt. Nach dem Ärzte eine Gehirnerschütterung bei Brick diagnostiziert hatten, fuhr sie ihn nach Hause.
„Ich weiß nicht, wie oft ich mich noch bei dir entschuldigen muss, dass du mir verzeihst“, bemerkte sie, als sie ihn ins Bett brachte. Seine Wohnung war mit Tiki-Möbeln und anderen pazifisch angehauchten Utensilien vollgestellt. Sie realisierte, dass sie noch nie in seinen vier Wänden gewesen war.
„Du musst dich nicht entschuldigen, hab ich dir doch gesagt, ich hab ziemliche Migräne und will nur noch schlafen“, murmelte er benommen.
„Tut mir leid, ich weiß dass du müde bist, aber ich soll dich ne Weile wach halten, nur um einen Hirnschaden ausschließen zu können. Ich bring dir was zu trinken“, bemerkte sie. Ihre Stimme war so sanft und liebevoll, was ihn ziemlich irritierte. Sie hatte ganz eindeutig Schuldgefühle und benahm sich deswegen so.
„Musst du nicht arbeiten gehen?“, wollt er wissen.
„Ich war jetzt zwei Tage weg, da macht ein Abend nichts mehr aus. Willst du nur Wasser oder was anderes?“
„Bitte lass das“, bat er.
„Was meinst du?“
„Ich kenn dich sehr gut, du musst dich echt zwingen so zu sein, du bist selbst verletzt, das muss anstrengend für dich sein“, erklärte er.
„Ich kann auch gehen“, murrte sie.
„Wenn du das willst“
„Ich möchte bei dir bleiben“, sagte sie kleinlaut.
„Dann bitte bleib, aber verstell dich nicht, ich kenn dich viel zu gut dafür“, entgegnete er und sie nickte.
„Zumindest dachte ich das, kann das sein, dass du auch was gegen den Kopf gekriegt hast?“
„Ich hol dir jetzt dein Wasser und du hältst einfach die Klappe“, entgegnete sie bestimmter.
„Vielleicht hast du auch eine Persönlichkeitsstörung, ich mag dich trotzdem“, erwiderte er schmunzelnd.
„Sei bloß still, du hast nicht mehr viele Körperteile, die ich dir brechen kann“, konterte sie trocken und ging in seine Küche. An seinem Kühlschrank hangen viele Bilder, was sie überraschte. Sie wusste nichts über seine Familie, aber auf einigen Bildern konnte sie eine Familienähnlichkeit mit ihm erkennen. Sein Vater sah ihm sehr ähnlich und sie konnte erkennen wie attraktiv Brick im Alter sein würde.
Er hatte ihr nie von seiner Vergangenheit erzählt, aber sie hatte ihm auch keine Möglichkeit dazu gelassen. Jetzt wo ihr Traum geplatzt war, relativierte sich alles in ihrem Leben irgendwie, sie konnte wieder über andere Dinge nachdenken.
„Ich komm jetzt rein“, hörte sie plötzlich Bricks Stimme hinter sich.
„Warum kündigst du dich in deiner eigenen Wohnung an?“, wunderte sie sich.
Wortlos zeigte er auf seine gebrochene Hand und auf seinen Kopf.
„Richtig, nur zur Sicherheit. Ist das deine Familie?“, deutete sie auf die Bilder.
„Sieht ganz so aus, meinem Vater geht es grade nicht so gut, ich wollte dich nicht alleine lassen, aber jetzt werde ich wohl mal nach Hause fliegen. Ich war seit der Sache nicht mehr zu Hause, ich hab mich immer geschämt. Ich hab auf der ganzen Linie versagt“, bemerkte er und sah betrübt auf das Bild seiner Eltern.
„Du bist wegen mir nicht zu deinem kranken Vater geflogen?“
„Ja, auch, aber eigentlich hat ich nur zu viel Schiss. Du hättest meinen Vater sehen sollen, als ich gegangen bin, er hat mich keines Blicks gewürdigt. Ich bin nicht so heiß darauf, ihn zu sehen, aber meine Mutter drängt mich irgendwie dazu. Würdest du mitkommen wenn ich zu ihnen fliegen würde?“, fragte er hoffend.
„Du bist um mir zu helfen zwei Tage durch das halbe Land gefahren, da kann ich ein Flugzeug auf die Fijis betreten“, schmunzelte sie.
„Wirklich? Ich hab echt nicht gedacht, dass du da zusagst. Ja, okay, dann buch ich uns Flüge. Vielen Dank“, bedankte er sich erfreut.
„Du hast eine Gehirnerschütterung du fliegst erst Mal gar nirgends hin, ich muss mir ja auch erst Mal freinehmen“
„Ja, sicher, ich bin etwas aufgedreht, ich kann meiner Mutter endlich ihren Wunsch erfüllen und ihr dich vorstellen. Sie kann kaum erwarten dich kennenzulernen“
„Was hast du ihr über uns erzählt?“
„Wir sind so irgendwie zusammen!“
„Was heißt so irgendwie zusammen!“
„Ich plane grade die Verlobung mit dir!“
„Gut, dass ich das auch mal erfahre, warum lügst du sie so an?“
„Warum lügt man seine Eltern an, ich will sie glücklich sehen. Sie freut sich auch so sehr darüber, dass ich nie die Sache aufgeklärt habe“, entschuldigte er sich.
„Sag mal spinnst du? Wir haben keine Beziehung und i ich könnte nicht weiter entfernt sein von einer Hochzeit. Denkst du auch mal nach bevor du was machst?“, wurde sie laut.
„Du musst nicht so gemein sein“, murmelte er kleinlaut.
„Du kapierst es ja sonst nicht. Wir hatten Sex, ja, ich bereue es auch nicht, aber wir sind kein Paar, verstanden?“, stellte sie klar.
„Du musst nicht so laut sprechen, ich hab’s kapiert“, hielt er sich den Kopf.
„Gut, jetzt ab ins Bett, ich bring dir was zu trinken“, erwiderte sie bestimmt.
„Man, wenn ich nicht so auf dich stehen würde, hätte ich dich schon längst rausgeschmissen“, murmelte er vor sich hin und ging zurück zum Bett. Shade atmete tief und lange ein. Wie konnte sie diesen furchtbaren Kerl nur so mögen?
„Hier Süßer, dein Wasser“, kam sie lächelnd zurück zu ihm.
„Shade, das hatten wir, du sollst dich nicht verstellen“, bemerkte er kritisch und bekam das Wasser aus dem Glas ins Gesicht, bevor sie aus der Wohnung stürmte.
Immer wenn Brick Singh einschlafen wollte, kickte Quan gegen das Bett.
„Ich will schlafen, T“, murmelte Brick in sein Kissen.
„Du darfst aber nicht schlafen, Junge. Ich vergeude nicht meinen freien Abend damit, dir beim Schlafen zuzusehen“, bemerkte Quan, der auf einem Stuhl neben ihm saß und ein Buch las.
„Du musst nicht hier sein!“
„Doch muss ich, Shade bringt dich um, wenn sie heute Abend bei dir ist, ihre Worte, nicht meine, ich bin nur ihre Vertretung. Brauchst du noch irgendwas?“
„Ja, ne Mütze Schlaf, mein Kopf brummt!“
„Dann kann ich auch gleich Doc Blackshoe anrufen und auf deinen Tod warten!“
„Doc Blackshoe?“
„Unser Pathologe auf dem Revier, netter Kerl, hat einen bizarren Humor. Schlaf ruhig, dann hast du es hinter dir!“
„Ich bin Taekwondo-Kämpfer ich hab genug Schläge gegen den Kopf bekommen und überlebt“, konterte Brick cool.
„Gut, dann schlaf, dann kann ich wenigstens nach Hause!“
„Du hast ganz schön schlechte Laune heute!“
„Du hast mein kleines Mädchen verprügelt, da darf ich pissig sein. Sei froh, dass sie kein Wort mehr mit mir reden würde, wenn ich dich abknalle, sonst wärst du längst tot“
„Ich hab nicht die Hand gegen sie erhoben, sie hat sich ihre Verletzungen nur durch im Weg stehende Möbel geholt. Ich würde deiner Tochter nie was tun“, versprach er ehrlich.
„Gut, wollte nur sicher gehen. Ich kenn dich lang genug, du liebst sie viel zu sehr, um sie auch nur zu tätscheln“, erwiderte Quan.
„Getätschelt hab ich sie, das kannst du mir glauben“, schmunzelte Brick zufrieden.
„Bäh, sie ist meine Tochter, das wollte ich gar nicht wissen!“
„Sorry, Kopfverletzung. Erzähl mir was aus deinem Leben, warum bist du aus den USA weg?“, führte er Smalltalk.
„Woher weißt du, dass ich aus den USA bin?“
„Du bist zu sehr ein Cop um aus Kanada zu sein. Ist sie auch Amerikanerin, oder ist sie hier geboren?“
„Sie ist meine Tochter, mehr musst du nicht wissen“, wurde Quan wortkarg.
„Okay, das war schräg, seid ihr auf der Flucht vor irgendwelchen Behörden oder so?“
„Ich arbeite für eine Behörde!“
„Klar, blöde Frage. Aber du bist irgendwie geflüchtet, das merk ich an deiner Reaktion. Wir reden aber nicht darüber, oder?“, stellte Brick fest, als er ihn böse ansah.
„Nein, tun wir nicht und erzähl meiner Tochter bloß nie, dass wir Amerikaner sind“, murrte er ernst.
„Sie ist also auch Amerikanerin!“
„Hörst du mal auf damit bitte!“
„Du willst nicht darüber reden gut, dann frag ich nicht mehr. Nur noch eins, bist du ein Spion?“, fragte Brick neugierig.
„Nein, aber ich würd es dir auch nicht sagen, wenn es so wäre. Jetzt mach irgendwas, ich will weiterlesen!“
Brick verstand, dass er nicht weiterfragen sollte, wenn er sich keine Kugel einfangen wollte, also schwieg er. Mitten in der Nacht wurde der übermüdete Cop von seiner Frau abgelöst. Brick war gerührt, dass Shades Eltern sich so rührend um ihn kümmerten, sie fühlten sich vermutlich auch schuldig für Shades Verhalten, obwohl sie wunderbare Eltern gewesen waren und immer noch waren.
Kopfschüttelnd kam Koki Yoshikawa in den Dojo, den er in der Stadt mit seiner Nichte betrieb. Seine Großnichte drosch keuchend auf eine Kampfsportpuppe ein, die lautstark durch Drucksensoren Töne von sich gab.
„Morgen, irgendwelche Probleme, Süße“, fragte der alternde Kampfsportler, der an ihr vorbeiging.
„Nein, alles bestens, nur morgendliches Training“, erwiderte sie, während sie Highkicks gegen die Puppe ausübte.
„Ich hab das mit deiner Prüfung gehört, tut mir leid!“, sagte er fürsorglich, aber sie antwortete nicht.
„Das machst du nächstes Jahr einfach wieder, du bist wie deine Mutter, sie gibt nicht auf. Sie hat so hart für ihren roten DAN gekämpft, du hättest sie in deinem Alter erleben sollen, sie war auch so aggressiv, wollte niemanden an sich heran lassen, fast hätte sie deinen Vater von sich weggestoßen und dann wärst du nicht geboren worden, aber sie hat ihr Herz geöffnet und ist dadurch nur noch viel stärker geworden. Du hast endlich eine seriöse Beziehung hab ich gehört!“
„Nein, hab ich nicht“, murrte sie und boxte den Dummy gegen den Kopf.
„Was hat bei dem jetzt wieder nicht gestimmt?“, fragte er traurig.
„Er ist nur so argh, ich kann es nicht beschreiben, ich will ihm immer nur eine reinhauen“, konterte sie aggressiv.
„Ja, hast du ja auch gemacht, hab ich von deiner Mutter gehört. Du musst ihn echt mögen, wenn du ihn nicht umgebracht hast. Aber den armen Jimmy quälst du ganz schön, der Dummy ist ganz schön teuer und ich muss den aus den Staaten bestellen, also sei nicht so brutal, bitte“, bat Koki und setzte sich an einen Tisch.
„Ja, sorry, ich wollte mich nur etwas abreagieren vor der Arbeit. Morgen, Mum“, begrüßte sie ihre Mutter, die hinter ihrem Onkel ins Studio kam.
„Man, du bist unheimlich, dass du sofort merkst, dass ich komme“, konterte Tetsu, die mit einem großen Kaffeebecher in der Hand zu ihr kam.
„Dein Turnschuh quietscht, ich bin von Brick trainiert worden, auf alles zu achten. Man, schon neun Uhr, ich muss in ner halben Stunde bei der Arbeit sein, darf ich deine Dusche benutzen, Koki?“, fragte Shade, die ihre Mutter fast nicht beachtete.
„Machst du doch immer. Stimmt was nicht zwischen euch?“, fragte Koki verwundert.
„Nein, bin nur spät dran, Handtücher sind im Schrank, oder?“, hatte sie es plötzlich eilig.
„Ja, hat sich auch nicht geändert, okay, wenn du meinst“, sah Koki seiner Großnichte nach, wie sie zu den Duschen ging.
„Keine Sorge, sie will nur nichts von Brick hören, ich war die ganze Nacht bei ihm“, sagte Tetsu trocken und überprüfte dabei den Dummy, den Shade ziemlich hart rangenommen hatte.
„Okay, ich dachte die Zeiten hättest du hinter dir“, war Koki verwirrt.
„Ich hab ihm überwacht, unsere Prinzessin hat ihm ne Gehirnerschütterung verpasst. Was hast du denn gedacht?“, fragte Tetsu irritiert.
„Ich dachte schon. Gehirnerschütterung, ich muss mit ihr trainieren, oder?“, fragte er und sie nickte.
„Ja, sie muss ihr Temperament zügeln, ich glaube, das ist auch nen Grund warum sie das mit der Bodyguard-Prüfung versaut hat, sie muss ruhiger werden“, entschied Tetsu.
„Ich werde ihr helfen, verlass dich auf mich. Und, wie geht’s Lord Brummschädel?“
„Er hat die Nacht überlebt, er hat aber verdammt viele Fragen gestellt. Wer von euch Idioten hat ihm erzählt, dass wir Amis sind?“
„Ich sicher nicht, ich bin doch nicht lebensmüde. Er ist nen schlaues Bürschchen, vermutlich ist er einfach selbst darauf gekommen. Er ist zumindest keiner aus deiner Familie, wir sind sicher, keine Sorge“, versprach Koki beruhigend.
„Woher weißt du das?“, war sie unruhig.
„Weil sie sonst ein Loch im Herzen hätte, anstatt nur Herzschmerzen. Das ist dreißig Jahre her, wir sind in Sicherheit“, nahm Koki seine Nichte in den Arm.
„Ich hoffe es. Man, ich hätte ihr mehr rosa anziehen sollen, dann wäre sie nicht zu Lara Croft geworden!“
„Sie hat deine Gene, da hätte rosa ja nicht geholfen. Lee hat ja versucht sie umzupolen aber vergebens. Wir sollten mal wieder alle zusammen zum Essen einladen“, schlug er vor.
„Du glaubst, wir sind in Gefahr!“
„Nein, ich dachte nur, dass das mal schön wäre. Lees Tochter verbringt die Abende immer nur bei dir, anstatt bei ihrer Mutter, ihr solltet mal darüber reden“, bemerkte er.
„Lee spricht sie ständig auf den Vater ihres Kindes an und ich nicht, sie fühlt sich bei mir einfach wohler. Das sollte ich aber mit ihr besprechen, nicht mit dir. So, schauen wir mal, ob meine Tochter Jimmy nicht kaputt gemacht hat, ich brauch ihn auch noch zum abreagieren, der Kerl ist so unbeschreiblich arrogant“, entgegnete sie frustriert und zog ihre Kapuzenjacke aus. Sie war immer noch gut trainiert und sah für ihre 50+ wirklich heiß aus.
„Witzig, deine Tochter hat das auch grad gesagt, muss dann wohl stimmen. Lassen wir Jimmy in Ruhe, du kannst mich als Dummy benutzen“, entgegnete er.
„Wie in alten Zeiten, muss ich auf irgendeinen Körperteil aufpassen, alter Mann?“, schäkerte sie und bekam von ihm einen Schlag auf den Hinterkopf.
„Bei mir nicht, Süße, nur auf deinen alten Körper. Los geht’s“, konterte er und sie begannen zu kämpfen. Sie waren nicht mehr so flott wie dreißig Jahre zuvor, aber hatten nichts von ihrer Kampfkunst verloren. Als sie ihr Training unterbrachen, stand Shade neben der Matte und starrte sie an.
„Ist was? Musst du nicht los?“, fragte Tetsu und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Man, ich hab euch nie kämpfen sehen, das ist so irre. Vor allem in eurem Alter“, erwiderte sie.
„Werd nicht frech, junge Dame, wir sind noch fitter als TJ. Du solltest los, Kaikoura denkt sonst, dass du gar nicht mehr zur Arbeit kommst“, konterte ihr Großonkel.
„Sicher, macht schön weiter, ich muss wirklich wieder zur Arbeit. Bis heut Abend“, ging sie ohne den Blick von ihnen zu wenden aus der Tür des Dojos.
„Morgen, hast aber lange gebraucht, aus der Stadt zurückzukommen, wollten sie dich gleich da behalten?“, fragte Kaikoura, als ihre Kollegin zurück zur Arbeit kam.
„Nicht wirklich, ich will nicht darüber reden, lass uns arbeiten“, zog sie ihre Arbeitsweste über.
„Kann passieren, nächstes Jahr packst du es“, entschied sie.
„Ich werde es nicht nochmal machen, ich werde wohl hier bleiben“, konterte sie und füllte Münzen in den Münzautomaten.
„Was ist passiert?“, stellte Kaikoura fest, dass ihrer Freundin irgendwas passiert war.
„Nichts, ich hab’s versucht, bin gescheitert und jetzt werde ich wieder Wäsche waschen und Münzen für Waschmaschinen ausgeben, mehr nicht“, sagte sie tonlos und begann, die Theke abzuwischen.
„Die Theke ist sauber, Süße. Du hast jemanden kennengelernt, oder?“, schlussfolgerte sie.
„Nein, hab ich nicht!“
„Doch, hast du!“
„Nein, hab ich nicht!“
„Doch, hast du!“
„Ich kannte den Kerl schon“, gestand sie.
„Da du mit jedem ledigen Kerl in dieser Stadt geschlafen hast und du die Regel hast nicht mit verheirateten oder mit einem Mann zwei Mal zu schlafen kann es nur Brick sein. Keine schlechte Wahl, der steht ja auf dich“, konterte Kaikoura cool.
„Man, wir verbringen echt zu viel Zeit miteinander. Ja, es ist Brick, wir hatten echt heftigen Sex und mit heftig mein ich echt brutal“, zeigte sie ihr einen Bluterguss auf ihrem Bauch.
„Mein Gott, hat er dich geschlagen?“, war Kaikoura geschockt.
„Nein, das war die Bettkante, ich sag ja, brutal. Ich mag ihn, aber gleichzeitig könnte ich ihm jedes Mal wenn ich ihn sehe eine runterhauen, was ich auch getan habe und er hat jetzt eine gebrochene Hand und eine Gehirnerschütterung!“
„So genau wollt ich das gar nicht wissen, zumindest hast du ihn am Leben gelassen. Kannst du damit überhaupt arbeiten?“, fragte Kaikoura besorgt.
„Ich bin Kampfsportlerin, das ist nicht mein erster Bluterguss. Als ich das Korsett für das Brautjungfernkleid bei deiner Hochzeit geschnürt bekam, hatte ich noch einen brutaleren Bluterguss am Bauch“, konterte sie.
„Das erklärt deinen gequälten Gesichtsausdruck auf jedem Bild, ich dachte, es wäre wegen dem rosa Kleid gewesen“, schmunzelte sie.
„Ja, deswegen auch. Lass uns arbeiten“, bat sie und ihr Arbeitsalltag begann.
Bis zum Nachmittag kamen sie durch, ohne über ihn zu reden, bis Kaikoura zu ihr an die Kasse kam.
„Er ist da!“
„Mehr Informationen wären schon hilfreich, Süße!“
„Brick, er ist hier!“
„Was macht er hier!“
„Wäsche waschen, würd ich sagen, du hast übrigens mit nem Kerl geschlafen, der Schlüpfer trägt, der Sadomaso-Sex war also der geringste deiner Fehler mit ihm“, frotzelte sie.
„Warum kommt er hierher? In seiner Nähe gibt es auch einen Waschsalon“, wurde sie unruhig.
„Wir sind billiger als die, nehm ich an, oder er will mit dir reden“, konterte sie, die sich über das Verhalten ihrer Freundin amüsierte.
„Soll ich zu ihm gehen?“, fragte sie unsicher.
„Wenn er extra wegen dir gekommen ist, wäre es unhöflich, nicht hinzugehen“, schlussfolgerte sie.
„Mein Dad hat diesen Mist sicher verzapft, der wird heut Abend dafür bluten, das kannst du glauben. Wünsch mir Glück“, bemerkte sie und ging zu ihm hin.
„Du weißt, dass Schlüpfer unfruchtbar machen können, oder?“, fragte sie und setzte sich auf eine Waschmaschine neben ihm.
„Du hast lang gebraucht, mich hier zu entdecken, ich bin schon fast ne halbe Stunde hier“, konterte er und schloss den Deckel der Maschine mit seiner zweiten Wäscheladung.
„Bist du wegen mir hier?“
„Mein Waschsalon bei mir um die Ecke hat heut dicht, deshalb bin ich hier“, sagte er tonlos.
„Ah, okay, steig auf Boxershorts um, wenn du Kinder willst, nur so als Tipp“, sagte sie enttäuscht.
„Ich zieh’s in Erwägung, danke. Hast du mir noch ne Münze?“, fragte er und sie kramte eine Münze aus ihrem Kittel hervor.
„Danke, geht’s dir gut?“
„Ja, dir?“
„Ich hab mich heut Morgen ne Weile übergeben, jetzt geht’s wieder. Deine Mum hat mir echt geholfen, sag ihr nochmal danke dafür. Deine Eltern sind ziemlich verschlossen, wie mir scheint“, erklärte er.
„Ja, anscheinend. Wenn du noch was brauchst, ich bin an der Theke“, konterte sie betrübt und ging zurück.
„Und?“, fragte Kaikoura, als sie den Thekendeckel hochklappte und zurück zu ihr kam.
„Sein Waschsalon hatte dicht“, erwiderte sie und steckte eine Hose in eine Folie.
„Ah, und jetzt?“
„Er wird vielleicht auf Boxershorts umsteigen“
„Du hast mit ihm über seine Unterhosenwahl geredet? Wie schaffst du es eigentlich so viele Kerle ins Bett zu kriegen mit diesen fehlenden Sozialkompetenzen?“, fragte Kaikoura cool.
„Hallo? Hast du mich mal angeguckt?“
„Auch wahr, du redest wohl nicht viel mit denen. Du musst Klartext mit ihm reden“, schlug sie vor.
„Ich muss gar nichts, lass mich in Ruhe“, murrte sie.
„Wie du meinst, ich geh zu ihm hin“, konterte Kaikoura und ging hinter dem Tresen hervor.
„Kai, warte, Kai“, murrte sie, aber Kaikoura war schon weg.
„Hey Süßer, brauchst du irgendwas?“, fragte Kaikoura, als sie sich zu Brick setzte.
„Nein, immer noch nicht. Hat sie dich geschickt?“, fragte Brick, der von seiner Zeitschrift aufsah, die er auf einer Bank sitzend las.
„Nein, sie traut sich irgendwie nicht, mit dir zu reden!“
„Wir reden von der gleichen Frau, oder?“
„Sie spielt die harte Frau, das ist sie aber gar nicht“, bemerkte sie.
„Ich weiß!“
„Was ist dann euer Problem?“
„Geht dich kaum was an“
„Nein tut’s nicht, aber ihr passt gut zusammen, das wollte ich nur sagen“
„Sag ihr das, ich möchte ja, aber sie blockt mich ab. Der Artikel ist interessant, ich würd den gern weiterlesen“, bat er.
„Werde ich. Du liest übrigens ne Frauenzeitschrift“, schmunzelte sie und er sah aufs Cover.
„Ah, richtig, deshalb die ganzen Tussi-Themen. Habt ihr was anderes da?“
„Ich such dir nen Playboy oder so, bin gleich wieder da“, stand sie auf und ging zurück.
„Und?“, fragte Shade, als ihre Kollegin zurückkam.
„Er liest ne Cosmo um nicht mit dir reden zu müssen“
„Männer sind Idioten. Was hast du zu ihm gesagt?“
„Gar nichts. Bring ihm das Automagazin“, zog sie eine Zeitschrift hinter dem Tresen hervor.
„Warum?“
„Weil er sonst noch kapiert, was wir Frauen wirklich wollen, jetzt geh schon!“
„Ich bin eine Idiotin“, entschuldigte sich Shade, als sie sich neben ihn setzte.
Er reagierte nicht darauf.
„Redest du jetzt nicht mehr mit mir?“, fragte sie gereizt.
„Schon, ich wusste nur nicht, dass du auf deine Aussage ne Erwiderung brauchst“, bemerkte er, ohne sie anzusehen.
„Das hab ich verdient. Wie geht’s dem Kopf?“
„Geht, deine Mutter war echt lieb und hat mir geholfen. Ich würde ihr gern was Kleines schenken, mag sie Pralinen oder so?“
„Ich glaub, sie hat seit dreißig Jahren keine Schokolade angefasst, sie mag Lilien, die könntest du ihr schenken“, schlug sie vor.
„Danke, werde es versuchen. Ich will mit dir zusammen sein, Shade, ich will nicht sagen, dass wir unser ganzes Leben zusammen sein werden, aber im Moment möchte ich dich in meinem Leben haben“, sagte er plötzlich.
„Glaub mir, das willst du nicht. Ich bin so eine beschädigte Ware, dass du dich nicht mal traust mich umzutauschen“, philosophierte sie.
„Ich will dich nicht umtauschen“, bemerkte er.
„Nach ner Weile willst du das sicher, glaub mir“
„Hattest du schon jemals ne Beziehung, die länger als ein Quickie auf einer Tankstellentoilette gedauert hat?“
„Super, jetzt hältst du mich auch für ne Schlampe“, murrte sie.
„Das würde ich niemals, du genießt dein Leben, das tu ich auch, aber wir werden beide älter, wir sollten uns erwachsenen Beziehungen zuwenden. Bitte Shade, wenn du da raus willst, lass ich dich gehen“, sah er ihr in die Augen und ergriff ihre Hand.
„Ich hab dir echt hart auf den Kopf gehauen“, schmunzelte sie versöhnlich.
„Also, was sagst du?“, fragte er und sie küsste ihn sanft.
„Ich kann nicht versprechen, dass ich dir nichts breche, wenn es auseinander geht“, bemerkte sie und er grinste.
„Werd’s überleben wenn’s soweit ist. Danke, du weißt gar nicht, wie lang ich darauf gewartet habe“, sagte er zufrieden und küsste sie länger und leidenschaftlich.
„Hey, ich will euch echt nicht unterbrechen, aber ich brauch dich am Tresen“, unterbrach Kaikoura das knutschende Pärchen nach einer Weile.
„Tut mir leid, die Arbeit ruft. Ich esse heut Abend mit meinen Eltern, ja, mal so ganz mitten in der Woche. Kommst du mit?“, fragte Shade, als sie aufstand.
„Bist du sicher?“
„Sonst würd ich dich nicht fragen, oder?“
„Klar, wie viel Uhr?“
„Ich hol dich ab, so halb acht?“
„Klingt gut, bis dann!“
„Und?“, fragte Kaikoura neugierig, als sie ihr hinter den Tresen folgte.
„Sieht so aus, als hätte ich ne Beziehung“, bemerkte Shade trocken und Kaikoura gikste.
„Was zum Henker war das denn?“, wollte Shade irritiert wissen.
„Ich freu mich nur so für dich, dann können wir zu viert ausgehen“, bemerkte Kaikoura aufgeregt und Shade sah sie böse an.
„Nicht gleich heut Abend, irgendwann am Wochenende!“
„Oder niemals!“
„Wir reden noch darüber, ich freu mich zumindest ganz doll für dich“, erwiderte sie und packte ihrer Freundin an die Hüfte.
„Au, au, Bluterguss“, jammerte sie.
„Sorry, wohl doch nicht so schmerzbefreit, was? Also, was ziehst du heute Abend an?“, fragte Kaikoura.
„Zum Essen mit meinen Eltern? Dafür zieh ich mich doch nicht mehr um“
„Du kommst jetzt mit deinem Freund zu deinen Eltern, ein Kleid wär da schon angebracht“, schlussfolgerte sie.
„Sonst geht’s dir gut oder? Das Trauma mit dem Brautjungfernkleid bei deiner Hochzeit hab ich noch nicht überwunden“, bemerkte Shade cool.
„Wenn du meinst, würde dir trotzdem stehen. Du hast wirklich eine Beziehung angefangen, es geschehen noch Zeichen und Wunder“, schmunzelte Kaikoura.
„Nett, danke!“
„Du weißt, wie ich das meine. Lass uns weiterarbeiten, bevor du mir auch noch eine verpasst“, entgegnete sie und sie arbeiteten weiter.
„Das du mich davon überzeugt hast, dass ich ein Kleid anziehe, verzeih ich dir nie“, murrte Shade, als sie in einem schlichten schwarzen Kleid und mit Stiefeln an vor dem Spiegel in ihrer Wohnung stand.
„Du siehst echt gut aus, diese Push-Ärmel kaschieren deine Muskeln echt gut. Du solltest langsam los, dein Süßer wartet sicher schon auf dich“, entschied Kaikoura, die im Schneidersitz auf ihrem Bett saß.
„Du genießt das echt, oder? Ja, ich muss los, danke, dass du mir eine Handtasche von dir leihst, ich sollte mir echt auch mal eine anschaffen“, entgegnete sie und steckte ihr Handy in die kleine Handtasche.
„Kannst du behalten, ich hab eh zu viele. Mein Göttergatte muss auch gleich aus dem Laden heimkommen, dein Freund hat mich etwas scharf gemacht, ich werde ihn wohl heute ranlassen, meinen Mann mein ich, nicht deinen Freund, obwohl…“, schmunzelte sie und erntete den bösen Blick.
„Ein Witz, du hättest mir den Hals umgedreht bevor ich nur meinen Reißverschluss öffnen könnte. Jetzt husch husch, du willst doch nicht zu einer dieser Frauen werden, die Männer warten lassen“, drängte Kaikoura sie zu gehen.
„Bin ja schon weg“, ging sie los.
Als Brick seine neue Freundin in einem Kleid vor seiner Tür stehend sah, konnte er kein Wort herausbringen.
„Man, ich hätte es nicht kaufen sollen“, war sie plötzlich unsicher und zupfte an ihrem Kleid herum.
„Du siehst so wunderschön aus“, brachte er nach einer Minute des Schweigens heraus.
„Danke, ich fühl mich grad eher wie ein Travestie-Star“, murmelte sie verlegen.
„Ich würde nie einen Travestie-Star flachlegen, aber dich würd ich gleich hier vernaschen wollen“, schmunzelte er und küsste sie zur Begrüßung.
„Netter Vorschlag, aber meine Eltern warten, vielleicht danach. Du siehst auch heiß aus in deinem schwarzen Hemd, steht dir sehr gut. So, bereit?“
„Da ich die letzte Nacht schon mit deinen Eltern verbracht habe, steh ich das wohl jetzt auch durch“, entschied er cool und nahm ihre Hand.
„Schön, ich bin nämlich verdammt nervös, weiß auch nicht warum!“
„Du trägst nen Kleid, da würd ich auch nervös sein. Du siehst echt gut aus, glaub mir. Willst du was trinken? Dann fahr ich“, schlug er vor.
„Nein, ich hab immer noch nen Kater vom letzten Mal, ich fahr schon. Man, riechst du gut“, kuschelte sie sich an seine Brust.
„Dein Tiger ist ja heut Abend ein richtiger Schmusekater, du fängst nicht gleich an zu schnurren, oder?“, fragte er zufrieden und sie schnurrte.
„Sexy, komm du Stubentiger, ab ins Auto“, hielt er ihr die Tür zu ihrem Wagen auf, nachdem sie das Schloss geöffnet hatte.
Wie ein verliebter Teenager knutschten Brick und Shade vor ihrem Elternhaus im Auto. Sie konnten die Finger nicht voneinander lassen, bis es ans Fenster klopfte.
„Ich will ja eure Teenager-Filme-Szene nicht unterbrechen, aber das Essen wird kalt“, störte sie Julio Casarez, Shades zweiter Patenonkel und Tetsus schwuler Ex ihr Trockenvögeln.
„Onkel Julio, was machst du hier?“
„Abendessen, aber uns fehlt noch jemand. Wir haben dich lang nicht mehr gesehen Prinzessin und wir können nicht so lang bleiben, kommst du noch irgendwann rein?“, fragte Julio.
„Sind gleich da“, erwiderte sie und Julio ging wieder von dannen.
„Wenn Julio und Denzel da sind, dann sind alle da. Was wollen die hier?“, wurde sie misstrauisch.
„Zusammen Abendessen, nehm ich mal an. Warum so misstrauisch?“, fragte er und sie zupfte ihr Kleid zurecht.
„Mums Freunde essen nicht einfach so zusammen zu Abend, da ist irgendwas los“, stieg sie aus dem Wagen aus.
„Du bist echt die Tochter eines Cops, alte Leute machen so was manchmal“, entschied er und richtete seine Haare.
„Die Leute da drin sind alle Kampfsportler, den Begriff „Alte Leute“ würde ich auf keinen Fall benutzen, wenn du da drin bist. Steck dein Hemd wieder in die Hose“, bat sie und ging mit ihm mit ihrem Schlüssel ins Haus ihrer Eltern.
„Wir sind da“, rief sie ins Esszimmer und lugte hinein. Tetsus Freunde Sara, Julio, Denzel, Lee, Rhys und ihr Großonkel Koki saßen um den Tisch herum, Hua war mit ihrer Tochter und ihrer Mutter noch in der Küche.
„Hey Tochter, ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr rein. Will einer von euch Wein?“, fragte Quan, der mit einer Flasche Wein in der Hand auch ins Esszimmer kam.
„Nein, erst Mal nicht, danke. Gibt es was zu feiern?“, fragte Shade, die nervös mit Brick an der Hand zum Esstisch ging.
„Du hast nen Freund, das ist schon mal nen Grund zum Feiern. Ich bin Julio, das ist mein Lebenspartner, Denzel, das hier sind Rhys und Lee, Huas Eltern, Sara ist TJs Partnerin, so, das sind alle hier. Und Sie sind?“, stellte Julio die Runde vor.
„Brick Singh, ich bin ihr Bodyguard-Trainer, nein, ich war es, jetzt ist sie meine Freundin“, stellte er sich nervös vor.
„Ihr Trainer, so haben wir uns auch kennengelernt, nicht wahr Schatz?“, fragte Julio, Denzel.
„Ja, so sieht’s aus. Wie lange seit ihr denn zusammen?“, fragte Denzel neugierig.
„Stellt dem armen Kerl nicht so viele Fragen, setzt euch Kinder, ich hab euer Essen warmgehalten“, kam Tetsu mit einem dampfenden Topf in der Hand zu ihnen und das Paar setzte sich hin.
„Was ist hier eigentlich los?“, konnte Shade ihr Misstrauen nicht ablegen.
„Abendessen? Ihr habt nach eurer Rumknutscherei im Auto sicher Hunger“, bemerkte Tetsu und tat ihnen auf.
„Ich bin schon ziemlich hungrig, danke“, bedankte sich Brick höflich.
„Geht’s dir besser, Junge?“, fragte Tetsu und legte ihm die Hand auf die Schulter, während sie ihm auftat.
„Ja, danke. Das riecht echt toll“
„Danke, hab auch lang genug dafür in der Küche gestanden. Esst“, entschied sie und setzte sich auch hin.
„Was ist hier los?“, wollte sie es endlich wissen.
„Du hast echt zu viele Cops um dich gehabt, während du aufgewachsen bist, gar nichts ist los. Jetzt iss“, entschied ihre Mutter.
„Du lügst noch schlechter als ich, Mum. Warum seit ihr heute wirklich zusammen gekommen?“, wurde sie lauter.
„Man, wir hätten dich damals echt auf die Polizeiakademie gehen lassen sollen. Wir haben alle ein kleines Geheimnis, was wir miteinander besprechen wollten“, gestand Tetsu.
„Danke, endlich mal ne ehrliche Antwort. Also, was ist los?“
„Geheimnisse heißen so, weil man sie geheim hält“, wollte Quan auch nicht reden.
„Ihr wolltet darüber reden, dann redet darüber“
„Wir haben Gäste!“
„Er ist in Ordnung, ihr könnt ruhig offen vor ihm reden“, konterte sie.
„Das weißt du nicht, er könnte einer von denen sein“, entschied Rhys und Quan sah ihn böse an.
„Einer von denen?“
„Gut gemacht, Schwachkopf, erzähl ihr ruhig alles“, raunzte Quan seinem Kumpel entgegen.
„Einer von denen?“, ließ sie nicht locker.
Tetsu beschimpfte Brick mit dem Suaheli, was sie dreißig Jahre zuvor bei ihrer Entführung aufgeschnappt hatte, um seine Reaktion zu testen, doch der starrte sie nur verwirrt an.
„Okay, er ist sauber. Wir sind Amerikaner, wir alle, na ja, außer dein kleiner Bruder, der ist hier geboren“, lüftete sie das Geheimnis, was sie dreißig Jahre vor ihrer Tochter verschwiegen hatte.
„Wir sind Amerikaner, das ist alles? Sind wir so rechtsradikale Rednecks, oder warum macht ihr darum so ein Geheimnis?“, verstand sie nicht.
Quan sah in die Runde, die unter anderem aus einer jüdischen Polizistin, einem Schwarzen, fünf Asiaten und einem Latein-Amerikaner bestand.
„Ja, wir sind Rednecks die sich gern als Gruppe von Minderheiten verkleidet. Wer sagt es ihr?“, fragte Rhys, der, wenn er cool wirken wollte, seinen walisischen Dialekt benutzte.
„Ja, blöde Frage, blöde Antwort. Also, was ist es sonst?“
„Wir sind vor der Familie meines Vaters geflohen, da warst du noch ganz klein und dein Bruder noch nicht geboren. Bis ich so alt war wie du wusste ich nichts über meinen Vater, bis zu dem Zeitpunkt als mich mein Halbbruder fast umgebracht hat“, erklärte Tetsu und zeigte ihre lange Narbe an ihrem Bauch.
„Du hast mir immer erzählt, dass du einen Unfall gehabt hast und daher die Narbe stammt“, wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
„Ich hatte auch einen Unfall, mit einem Messer, ich hätte das fast nicht überlebt“, erzählte sie stockend.
„Und dann seid abgehauen?“
„Nein, wir dachten, wir wären sicher, ich hab mich mit deinem Vater sogar nach Kenia getraut um meine Wurzeln kennen zu lernen. Ich war schon schwanger mit dir, sie haben mich entführt und wochenlang festgehalten. Dank dieser Leute die hier sitzen, haben wir beide das überlebt. Sie sind alle nach Afrika gekommen um mich ... um uns zu befreien. Deshalb sind sie alle meine Familie“, erzählte Tetsu weiter.
„Wie konnten die dich entführen? Du bist Karate Kid“, verstand sie nicht.
„Sie haben mich betäubt und ich war schwanger, sie haben die großen Geschütze aufgefahren um an mich ran zu kommen. Als wir zurück in den Staaten waren, haben wir uns wieder sicher gefühlt, bis kurz vor deinem dritten Geburtstag, da haben sie meinen Kumpel und Ex-Freund exekutiert, ja, so kann ich es ausdrücken. Es hätte so einfach mich treffen können, aber sie wollten mich nicht töten, je länger ich darüber nachdenke, wird mir das klar. Auch wenn ich eine Schande für ihre Familie bin, ich gehör zu ihrer Familie. Ich bin weggegangen um euch alle zu beschützen, dass keiner mehr sterben musste. Wir waren länger getrennt voneinander, doch dann sind sie alle nach Kanada gekommen. Die anderen haben ihre Namen nicht geändert, also ist es ganz besonders wichtig, dass ihr niemandem davon erzählt“, bemerkte Tetsu.
„Ich heiße also nicht Shade?“, stotterte die junge Frau.
„Doch, du heißt so, du warst so jung, nur dein Vater und ich haben andere Namen angenommen. Unsere alten Egos sind in den Staaten geblieben, deshalb sind diese Namen nicht mehr wichtig“
„Ich glaub, jetzt nehm ich doch ein Glas Wein“, brachte sie nach einer Minute des Schweigens heraus.
„Klar, kriegst du, Schätzchen. Willst du auch was, Brick?“, fragte Tetsu freundlich.
„Ein Whiskey wär nicht schlecht“, murmelte Brick, der der Geschichte fasziniert gelauscht hatte.
„Kriegst du, ich muss diesen selbstgebrannten Irischen noch haben, den Rhys uns mal mitgebracht hat“, entgegnete sie und ging zu einem Schrank.
„Das war eigentlich nicht so ernst gemeint“, verbesserte er seine Aussage.
„Für mich klingt der Whiskey aber gut, her damit“, mischte sich Shade ein.
„Bist du sicher? Ich entferne sonst damit Flecken auf dem Tisch!“
„Das klingt perfekt“, entschied sie.
„Gut, aber nur ein Glas“, schenkte sie ihr ein Schnapsglas ein.
„Man, das Zeug knallt echt rein“, murmelte Shade schon ziemlich betrunken, als sie mit Brick später auf ihrem alten Jugendbett saß.
„Dann reicht es für dich heute. Nett, dein Zimmer“, bemerkte er und nahm ihr die Flasche aus der Hand.
„Ich bin öfters hier, wenn es mir dreckig geht brauch ich das einfach. Im Moment würde ich aber gern ganz wo anders sein. Ich bin Amerikanerin, ich verabscheue die, ich hab mir nie Gedanken über meine kenianischen Wurzeln gemacht und wollte das auch nie. Meine Verwandten sind Verbrecher, Mörder oder sonst was. Das wollte ich nie wissen“, murmelte sie betrunken.
„Das war ne heftige Woche für dich, komm einfach in meinen Arm“, zog er sie an sich.
„Früher saß ich hier stundenlang und hab mir diese Szene gewünscht, dass ein heißer Kerl wie du mich einfach festhält. Damals dachte ich auch noch, ich wüsste, wer ich bin“, lallte sie und döste auf seinem Schoß ein.
„Du weißt genau, wer du bist und das ist genau das Problem“, entgegnete er und strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
Mit wilder Frisur kam Shade an diesem Morgen die Treppen ihres Elternhauses herunter. Ihr Freund saß auf dem Sofa und las ein Buch.
„Hey“, begrüßte er sie mit leiser Stimme.
„Ich hab nen kleinen Filmriss, könntest du mir einige Fragen beantworten?“, murmelte sie benommen.
„Kommt darauf an, was du noch weißt!“
„Ich bin Amerikanerin, meine Eltern sind verdammte Lügner und in Kenia gibt es Verwandte, die mich irgendwie killen wollen“, fasste sie zusammen, was sie am Tag zuvor erfahren hatte.
„Dann ist dein Filmriss nicht sehr ausgeprägt, das ist so ziemlich alles, was du erfahren hast. Den Rest des Abends hast du den Selbstgebrannten vernichtet. Ich hab dich dann in dein Zimmer gebracht, dass du nicht irgendwas sagst, was du später bereust. Hast du auch nicht, keine Sorge. Kopfschmerzen?“
„Geht, mir ist eher übel. Wo sind meine Eltern?“
„Deine Mutter trainiert, dein Vater ist auf dem Revier. Ich muss auch in einer halben Stunde auf einer Baustelle sein, momentan hab ich nicht so viele Aufträge, da muss ich da sein“, erklärte er.
„Sicher, wenn ich mich übergeben habe, muss ich wohl auch arbeiten gehen“, entschied sie.
„Deine Mutter hat dir was zum Anziehen hingelegt, sie ist echt mütterlich für so ne Powerfrau. Geh dich duschen, ich geh los“, küsste er sie sanft und ging aus der Tür.
„Morgen, nettes Shirt, bisschen eng dein Camp-T-Shirt, oder?“, musterte Kaikoura die verkaterte Shade, als sie in den Waschsalon schlurfte.
„Das war das einzige Shirt, was meine Mum noch bei sich hatte, sei still, ich fühl mich eh schon wie der Hulk. Ist viel los?“, brummelte sie und ging hinter den Tresen.
„Nein, nicht wirklich, schlecht gelaufen gestern?“, fragte sie nach.
„Ne, alles bestens, wir brauchen wieder Münzen, glaub ich“, wollte sie nicht darüber reden.
„Nein, ich war vorhin noch bei der Bank. Es war gestern nicht alles bestens, sonst würdest du jetzt nicht so rumgrummeln“, entgegnete Kaikoura.
„Ich hab nen Kater, mehr nicht, ich könnte nen Kaffee gebrauchen“, entschied sie und ging zu der Pad-Maschine, die sie eigentlich für die Kunden aufgestellt hatten.
„Du trinkst keinen Kaffee!“
„Ich trink auch keinen Alkohol und trotzdem hab ich heute einen Kater“, bemerkte sie und schob einen Pad in die Maschine.
„Gibst du dich jetzt plötzlich auf?“, wollte Kaikoura besorgt wissen.
„Ja, heute Kaffee-Pads, morgen Chrystal Meth“, konterte sie sarkastisch.
„Sagst du nicht immer, Koffein ist der langsame Tod?“
„Einen Tod muss man sterben. Willst du auch einen?“
„Ja, danke, hast du dich von ihm getrennt?“
„Nein, alles bestens zwischen ihm und mir, hör auf Fragen zu stellen, ich hab zu starke Kopfschmerzen für eine Gameshow“, bat sie müde.
„Sicher, wie du meinst. Ich hab noch Kekse da, ich weiß, Schokolade ist Gift, aber willst du auch einen?“
„Sind das die selbstgemachten?“
„Sicher, haben keine bösen Zusatzstoffe“, versprach sie.
„Dann gern, ich muss ja erst wieder in einem Jahr fit sein“, griff sie bei den Keksen zu.
„Du willst also nochmal die Prüfung machen?“, freute sich Kaikoura.
„Ich überleg’s mir, mal schauen. Die sind echt gut, es stimmt echt, wenn man lang auf was verzichtet schmeckt es umso besser“, genoss sie die Kekse.
„Ja, so sieht es aus. Du willst also nicht darüber reden was gestern war, ich respektier das!“
„Ah, nein, tust du nicht“, erwiderte sie.
„Nein, tu ich nicht, aber ich bin deine Freundin, ich sorg mich um dich!“
„Dann sorg dich um mich still und leise. Ich fühl den Waschmittelspender auf“, murrte sie und ging an den Waschmaschinen entlang zu dem Spender, den sie für die Kunden aufgestellt hatten. Sie hatten eigentlich einen Waschsalon, aber sie hatten vom Vorbesitzer das Equipment übernommen und reinigten auch schwierig waschbare Kleidung.
„Hast du den Anzug gesehen, der gestern reinkam? Grüner Tweet, ich war kurz davor den Anzug abzufackeln und dem Kerl zu sagen, dass er verschwunden ist“, führte Kaikoura Smalltalk, als sie zu ihr hinkam.
„Grüner Tweet, wir unterhalten uns jetzt ernsthaft über Grünen Tweet?“
„Fällt dir nen anderes Gesprächsthema ein?“
„Schon, aber ich kann mit dir nicht darüber reden“, erklärte sie stockend.
„Ja, das merk ich. Seit wann erzählen wir uns nicht mehr alles?“
„Seit es um deine Sicherheit geht“, wurde sie wortkarg.
„Wenn du nur so kryptische Sachen von dir geben kannst, lass es einfach ganz sein“, bat Kaikoura und setzte sich auf eine Waschmaschine.
„Ich hab eh schon zu viel gesagt, der Weichspüler ist alle, ich muss im Lager neuen holen“, murmelte sie und ging zügig an ihr vorbei Richtung Lager.
„Ich hab’s gewusst, deine Eltern sind Spione“, entschied sie und ging hinter Shade her.
„Ah“, entgegnete Shade, während sie einen neuen Weichspüler aus einem Schrank holte.
„Es stimmt also“
„Für was spionieren sie denn?“, fragte sie sarkastisch.
„China, keine Ahnung!“
„Wir haben Japanische und koreanische Wurzeln, wir würden wohl kaum für China spionieren“, murrte sie und ging zurück zum Spender.
„Sorry, das war diskriminierend, was ist es dann?“
„Ich kann es dir nicht sagen, weil dein Mann schwarz ist“, konterte Shade herumdrucksend.
„Wow, ich nehm das mit der Entschuldigung zurück, das war ganz rassistisch für ne Frau die zu einem Viertel schwarz ist“, war Kaikoura entsetzt diese Worte von ihr zu hören.
„Du verstehst nicht, meine Vorfahren waren Mörder und Verbrecher“, erzählte sie ihr, was sie in der Nacht zuvor erfahren hatte.
„Wenn du nicht gleich aufhörst, knall ich dir eine und mir egal ob du mich dann umbringst“, wurde Kaikoura wirklich wütend.
„Ich hab nicht von der Familie deines Mannes gesprochen, ich spreche von meiner Familie, besser gesagt die Familie meines Großvaters. Sie haben meine Großmutter umgebracht, meine Mutter entführt als sie mit mir schwanger war und haben sie gezwungen aus den Staaten zu fliehen“, gestand Shade.
„Du musst mir keine Lügen auftischen, ich weiß jetzt, was du von ihm hältst“, bemerkte sie murrend.
„Ich sag die Wahrheit!“
„Wenn du meinst!“
„Sie sagt die Wahrheit“, hörten sie plötzlich Tetsus Stimme. Ihre Mutter war nach dem Training zu ihr gekommen.
„Tut mir leid Mum, sie ist meine beste Freundin, ich musste es jemandem sagen“, entschuldigte sich Shade, die sich ziemlich erschreckt hatte, dass Tetsu plötzlich aufgetaucht war.
„Du musst vorsichtig sein, ihr Mann hat eine schwarze Hautfarbe“, riet sie ihr.
„Hey, ich lass es ja noch durchgehen bei ihr, sie ist eine bunte Mischung vieler Rassen, aber du bist Halb-Afrikanerin“, raunzte Kaikoura jetzt auch Tetsu an.
„Sie glaubt uns nicht Mum, sie fühlt sich angegriffen von uns, obwohl sie genau weiß, dass Jamal und auch sie zu unserer Familie gehören“, bemerkte Shade traurig.
„Das stimmt also wirklich? Jamal wurde in Toronto geboren, so wie seine Mutter und sein Großvater zuvor, wir sind auf keinen Fall verwandt, glaub mir“, entgegnete sie ernst.
„Man kann nie sicher genug sein“, entschied Tetsu und zeigte ihrer Bekannten ihre lange Narbe am Bauch.
„Mein Gott, war das ein Messer?“, fragte Kaikoura und fasste fast Tetsus Bauch an.
„Kannst ruhig dranlangen, ich halt das aus, ich musste mehrere Wochen in nen Katheter pinkeln, nicht die beste Zeit in meinem Leben“, bemerkte sie und Kaikoura fasste ihren Bauch an.
„Und das wirklich einer deiner Verwandten?“
„Einer meiner Halbbrüder, ja, Sara hat ihn mit der bloßen Hand getötet, mach sie niemals sauer das rate ich dir“, erzählte Tetsu und senkte ihr T-Shirt wieder.
„Versuch’s mir zu merken. Die Narbe auf Taylors Arm ist auch von dem Angriff, oder?“, wollte Kaikoura wissen.
„Ja, er hat mich versucht zu beschützen, wir waren damals grad frisch verliebt und er war jeden Tag im Krankenhaus bei mir. Wir müssen wirklich vorsichtig sein, wir sind von einem Platz zum anderen geflogen um unsere Spuren zu verwischen. Zwei Jahre war ich hier allein bis die anderen nachkommen konnten. Ich bin zu alt um wieder zu flüchten“, bemerkte sie und setzte sich auf eine Bank.
„Wir werden das für uns behalten, ich werde Jamal auch nichts davon sagen, wenn euch das beruhigt!“
„Wir sind nicht rassistisch, ich will meine Familie nur beschützen“, erklärte Shade.
„Wenn du es mir so erklärt hättest, wär ich nicht so ausgeflippt“, sagte sie ruhiger.
„Es ist alles so neu für mich, ich wusste selbst nicht, was ich sagen wollte. Man, der Kaffee bringt nichts, mein Schädel brummt, ich geh schnell in den Laden um die Ecke und hol mir ne Cola“, murmelte Shade und verließ den Waschsalon.
„Sie trinkt Kaffee und Cola?“, fragte Tetsu verwundert, aber Kaikoura zuckte nur mit den Schultern.
Shade hatte schon in züchtigen Kleidungsstücken einen tollen Körper, aber als sie sich nur in den Shorts ihrer Mutter, und ihrem hautengen T-Shirt in die Kühltruhe in dem kleinen Supermarkt beugte, um die Cola von unten raus zu fischen, glotzte sie jeder Mann an.
„Hey Schnuckie, nette Auslade“, fühlte sie plötzlich zwei kräftige Hände auf ihrem Hintern. Mit einem Kick zurück hatte sie dem Kerl in die Eier getreten, der schmerzverzerrt zu Boden ging.
„Oh man, Süße, langsam glaub ich, da steckt Methode dahinter“, jammerte Brick. Er hatte sie wieder überrascht und krümmte sich jetzt vor Schmerzen.
„Schätzchen, ich hab dir gesagt, schleich dich nicht an mich ran, vor allem nicht nach gestern“, bemerkte sie, zog einen Beutel mit Eiswürfeln aus der Kühltruhe und gab sie ihm.
„Wenn du ein Kind von mir willst, musst du lernen, deinen Tiger zu kontrollieren“, erwiderte er und hielt sich den Eisbeutel ans Gemächt.
„Willst du da liegen bleiben?“, fragte sie und kniete sich zu ihm runter.
„Im Moment schon, ich kann nämlich nicht aufstehen, du hast gut zugelangt. Ich wollte meine Mittagspause eigentlich knutschend mit meiner Freundin verbringen, nicht auf dem süffig klebrigen Boden des Supermarkts“, murmelte er unter Schmerzen.
„Was hab ich verpasst?“, fragte Tetsu, als sie ihrer Tochter gefolgt war, den Kassier des kleinen Supermarktes.
„Nen Kerl hat deine Tochter versucht zu begrabschen, für die Dorfmatratze ist sie ziemlich zickig manchmal“, entgegnete der Verkäufer.
„Ich kann dich töten ohne dich auch nur anzufassen, Jeff“, raunzte Tetsu.
„Hey, das mit der Dorfmatratze kam von dir!“
„Das heißt aber nicht, dass du das auch sagen darfst“, murmelte sie und ging zu ihrer Tochter.
„Du, zu Koki, sofort“, befahl sie ihrer Tochter.
„Aber… ich muss arbeiten“, stotterte Shade, die von ihr eingeschüchtert war.
„Ich werde solang für dich einspringen, husch“, sagte sie streng und wortlos trottete Shade davon.
„Ist sie weg?“, fragte Brick.
„Ja, sie ist aus der Tür. Komm, ich helf dir hoch“, zog Tetsu ihn hoch.
„Danke, sie sollte mich nicht so schwach sehen. Sie hat voll getroffen, ich muss also wieder mal ins Krankenhaus, es tut mir leid, aber ich halt es langsam nicht mehr aus mit ihr“, murmelte er und humpelte davon.
„Und wieder einer weg“, bemerkte Jeff, als Tetsu an ihm vorbeiging.
„Nur mit zwei Fingern, Jeff. Ein gekonnter Griff und puff, du warst einmal“, sagte sie nur und ging zurück zum Waschsalon.
Shade saß im Schneidersitz auf der Matte im Trainingsstudio und atmete mit geschlossenen Augen in sich hinein.
„Das ist so blödsinnig, wie soll mich das ruhiger machen?“, fragte sie ihren Großonkel, ohne die Augen zu öffnen.
„Du machst das erst fünf Minuten, sei still“, bat er streng.
„Ich würde lieber gegen die kämpfen!“
„Das geht nicht, wenn ich dich umgebracht habe, kannst du nicht mehr ruhiger werden, dann bist du totenstill“, konterte er trocken.
„Das glaubst du doch selbst nicht, dass du mich töten könntest!“, sagte sie und öffnete ihre Augen.
„Konzentrier dich auf deine Atmung und Augen zu“, forderte er und sie schloss schnaufend wieder die Augen.
„Ich bin genauso stark wie du“, behauptete sie.
„Halt einfach die Klappe, sonst klappt das hier nicht, Shade“, murrte er.
„Ich bin wie ich bin, ich will mich nicht ändern“, wurde sie bockig.
„Du wirst ihn verlieren, wenn du deine Emotionen nicht unter Kontrolle kriegst“, hörte sie plötzlich die Stimme ihrer Mutter.
„Willst du mich jetzt den ganzen Tag verfolgen wie eine Stalkerin?“, fragte sie, ohne die Augen zu öffnen.
„Ich meins ernst, als er grad weggetrottet ist, hat er so was gemurmelt wie, „Ich kann das nicht mehr““, bemerkte Tetsu und Shade riss die Augen auf.
„Verdammt“, fluchte sie und stand auf.
„Shade, zum letzten Mal, Augen zu“, wurde Koki laut.
„Ich muss zu ihm, tut mir leid, Koki, wir müssen das mit dem Yoga verschieben. Er ist ins Krankenhaus, oder?“, wollte sie wissen.
„Ja, schon wieder, das wird langsam teuer für ihn. Was hast du eigentlich gegen ihn?“, fragte sie keck ihre Tochter.
„Ich unterschätze meine Kräfte, ich sollte aufhören so viel zu trainieren. Ich mag ihn wirklich, ich werde für ihn kämpfen“, bemerkte sie.
„Dann geh zu ihm und zeig ihm deine Gefühle, bevor der dir wieder auch abhandenkommt“, bat Tetsu.
„Und schon geht meine Entspannung flöten, danke, Mum. Bis dann“, eilte sie davon.
„Sie wird die arme Seele irgendwann töten“, murmelte Koki.
„Hoffen wir, dass sie bis dahin einen Ring am Finger trägt“, schmunzelte sie und sah ihrer Tochter zu, wie sie sich auf ihren Roller setzte und Richtung Krankenhaus fuhr.
Shade konnte komischerweise in dem vollbesetzten Warteraum des Krankenhauses meditieren und ihre innere Ruhe finden. Brick musste beim Verlassen des Krankenhauses an ihr vorbei und sie wollte auf ihn warten.
Sie meditierte fast eine Stunde und war schon fast in einem tiefen Schlaf, als ihr jemand auf die Schulter tippte.
„Hast du auf mich gewartet?“, hörte sie Bricks sanfte Stimme.
„Brick?“, fragte sie benommen.
„Kommt jetzt zu Körperverletzung noch Drogenkonsum dazu?“, fragte er kritisch und sie öffnete ihre Augen.
„Nein, ich hab meditiert, bitte zeig mich nicht an“, bat sie nervös.
„Ich zeig dich nicht an, ich hab nur nicht mehr genug Knochen im Körper, die du mir noch brechen kannst“, sagte er trocken. Sie konnte aus seiner Mimik nicht lesen, was er in diesem Moment fühlte.
„Es tut mir leid, du hältst es nicht mehr mit mir aus, schon verstanden. Ich wollt mich nur persönlich entschuldigen, bin schon weg“, stand sie auf.
„Es tut mir auch leid, ich hab’s versucht, aber ich hab langsam Angst vor dir und das muss bei mir was heißen“, entgegnete er und sie musste schlucken.
„Ja, okay“, bemerkte sie ihre Tränen unterdrückend und ließ ihn gehen.
„So, jetzt hab ich nen Grund, schlecht gelaunt zu sein, er hat Schluss gemacht“, murrte Shade, als sie zurück zur Arbeit kam.
„Oh Süße“, umarmte Tetsu ihre Tochter. Sie hatte schon eine Ahnung gehabt, deshalb hatte sie auf Shade gewartet. Shade begann in den Armen ihrer Mutter zu weinen. Tetsu war etwas überfordert es war eine Weile her gewesen, dass ihre Tochter solche Gefühle gezeigt hatte.
„Wir machen heut mal den Laden dicht, werden schon keine Wasch-Notfälle auftreten“, drehte Kaikoura das Schild an der Tür, was anzeigte, dass sie geöffnet hatten herum, dass das „Geschlossen“-Schild zu sehen war.
„Gute Idee, ist eh nichts los hier. Ich könnte jetzt auch einen von diesen Keksen vertragen“, entgegnete Tetsu und sie veranstalteten eine nette Frauenrunde, um Shade auf andere Gedanken zu bringen.
Shade wusste nicht genau, wie sie mit dem Liebeskummer umgehen sollte, der sie die Tage drauf übermannte. Sie schlief fast doppelt so lange wie sie es normalerweise tat und wenn sie nicht arbeitete, trainierte sie härter denn je zuvor.
„Hey, lass Jimmy leben, teuer, schon vergessen? Du solltest aufhören, deinen Körper so zu stählen, das hilft niemandem“, bat Koki, als er kopfschüttelnd zusah, wie seine Großnichte in voller Rage auf den Dummy einschlug.
„Ich bin ein Monster und ich werde niemals jemanden finden, der mich liebt“, jammerte sie und fiel erschöpft auf die Knie vor dem Dummy.
„Wir sind heut ein bisschen mit dem melodramatischen Bein aufgestanden, oder? Sieh dich an, du bist eine Göttin und du wirst einen Mann finden, der dich lieben wird. Also wenn ich nicht schwul und mit dir verwandt wäre…“, versuchte er sie aufzubauen.
„Das ist auf so viele Art und Weisen widerlich“, legte sie sich in Fötus-Haltung auf die Matte.
„An deinem Sozialverhalten müssen wir aber auch noch arbeiten, damit du deinen Traummann findest, das hat echt wehgetan“, legte sich Koki neben sie.
„Tut mir leid, ja, daran muss ich auch arbeiten. Er war so nah daran der richtige zu sein, ich hätte sogar ja gesagt, wenn er mich gefragt hätte“, murmelte sie auf dem Boden liegend.
„Okay, Ich hab lang gedacht, dass du zu stark und zu stur dafür bist, aber ich glaube, jetzt bist du bereit“, erwischte Tetsu ihre Tochter auf dem Boden liegend.
„Wie lang bist du schon hier?“, fragte Shade ertappt.
„Wir sind zusammen hierhergekommen, Süße, du hast echt den Kopf woanders. Komm hoch“, zog Tetsu ihre Tochter mit einem Ruck hoch.
„Oh man, was hast du mit mir vor?“, fragte sie verwirrt und sie drückte ihre Tochter durch die Tür.
Nach einer halben Stunde des Zupfens und des Glättens stand Shade in typischer japanischer Tracht vor ihrer Mutter.
„Du willst mich noch in den Selbstmord treiben, oder?“, fragte Shade und zupfte unsicher an ihrem Kimono herum.
„Das ist der Teil deiner Familie, den du ehren solltest. Das ist eine uralte Zeremonie, die alten Frauen wollen nur sehen, ob du bereit bist, einen Mann zu haben“, konterte Tetsu.
„Und danach spring ich von ner Brücke?“, fragte sie sarkastisch.
„Wenn du es wie eine Lady machst, meinetwegen“, antwortete Tetsu ihr genauso sarkastisch.
„Dass deine Mutter dich dazu gezwungen hat, heißt nicht, dass ich das auch machen muss“, murrte sie.
„Meine Mutter war damals schon tot, deine Tante Lee hat mich dazu gezwungen. Aber es hat mich meiner Weiblichkeit näher gebracht und meinen Wurzeln und das willst du doch auch, oder?“, fragte sie ihre Tochter und steckte Shade noch eine Nadel in den Dutt, den sie ihrer Tochter mühsam gemacht hatte.
„Ja, schon, ich hab es ja wollen, also ziehen wir das durch“, entgegnete sie und schlüpfte in ihre Schuhe.
„Braves Mädchen, das wird dir nur gut tun“, konterte Tetsu und sie gingen zu einer traditionellen Teezeremonie. Diese waren nicht so üblich in der Kleinstadt, in der sie wohnten, aber Tetsu hatte eine Gruppe Asiatinnen gefunden, die es abhielten.
„Mir schlafen die Füße ein“, flüsterte Shade ihrer Mutter entgegen, als sie fast eine Stunde beinahe regungslos auf dem Boden gekniet hatten.
„Ich bin fast sechzig und mach das mit, also klappe“, fühlte sich Tetsu auch nicht besser.
„Ich weiß nicht, wie mich diese demütigenden Sachen zu einer guten Ehefrau machen“, war sie unsicher.
„Genau deswegen machen wir das, du musst lernen, dass man in einer Beziehung auch mal nicht nur an sich denken muss“, erklärte Tetsu.
„Du hast keinen blassen Schimmer wieso wir das machen, oder?“, schlussfolgerte Shade.
„Ich bin nicht gut darin mich zu verstellen, aber deine Tante Lee hat mir geraten, dich hier her zu bringen. Mach einfach mit, mir hat es damals auch geholfen, dass ich sanfter werde und es hat mich zu deinem Vater gebracht“, bat ihre Mutter.
„Ach egal, schaden kann es nicht“, gab sie sich geschlagen und zog die Zeremonie wortlos durch.
Die Wochen vergingen und Shade versuchte weiblicher zu werden. Sie versuchte Farben in ihren Kleidungsstil zu integrieren und ihre sonst kahle Wohnung füllte sich mit Kissen und Kerzen.
„Das ist das erste Mal, dass ich mich wirklich wohl in deiner Wohnung fühle“, lobte Hua sie, als sie mit Tully eines Abends bei ihrer Freundin zu Besuch war und ihr weiblichere Wohnung begutachtete.
„Danke, ich war das erste Mal in meinem Leben in einem Einrichtungshaus. Die Spagetti sind gleich fertig“, erwiderte sie und setzte sie zu ihnen auf Sofa.
„Kochen tust du auch? Sachen gibt’s!“
„Ja, ich dachte, ich sollte mal damit anfangen. Tully, Süße, ich hab leider nichts zum Spielen für dich“, bemerkte sie und fuhr der Kleinen mit der Hand über den Kopf.
„Hat man dir jetzt Pillen verschrieben?“, war Hua verwirrt von der sanften Stimmung ihrer Jugendfreundin.
„Ich will nur sanfter sein, nein, ich nehme keine Pillen. Ich trainiere nicht mehr, ich will eine weiblichere Figur kriegen“, erklärte sie.
„Das ist gut, steht dir sicher gut. Hast du ihn mal getroffen?“, wollte sie wissen.
„Wenn du Brick meinst, nein, das hab ich versucht zu vermeiden. Ich geh auch immer sehr früh einkaufen, weil ich weiß, dass er ein Langschläfer ist. Im Waschsalon war er auch noch nicht, zumindest nicht, wenn ich da war. Ich vermiss ihn so sehr, wie konnte ich mich nur so verlieben?“
„Ich weiß was du meinst, das Resultat meiner Verliebtheit sitzt da vor dir“, verstand sie ihre Freundin und zeigte auf Tully.
„Wie machst du das? Wie schaffst du es jeden Tag, ihn nicht anzurufen?“, wollte sie einen Rat von ihr haben.
„Da ich momentan nicht weiß, wo er ist, ist das ziemlich einfach“, bemerkte Hua betrübt.
„Ernsthaft? Muss er keine Alimente zahlen?“
„Müssen ja, tun, eher weniger. Meine Liebe für ihn ist grad nicht wirklich groß, ich musste sogar Mum und Dad anpumpen, ist schon schlimm genug, dass sie ständig auf Tully aufpassen müssen. Könnte ich aushilfsweise bei euch arbeiten?“, hoffte sie.
„Mal schauen, ich red mit Kaikoura, soll ich meinen Dad bitten, Mike zu suchen?“, bat sie ihr an.
„Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben, schon gut. Bitte red mit Kaikoura, ich bin echt fast pleite, der Erzieherinnen-Job bringt echt zu wenig ein, um ein Kind zu versorgen“
„Ich wusste nicht, wie schwer du es grad hast, wir sind zwar nicht mehr so gut befreundet wie früher, aber du musst mir das doch sagen“, war Shade besorgt um ihre Freundin.
„Du schwimmst auch nicht grad im Geld, wie könntest du mir helfen?“
„Ich könnte es zumindest versuchen. Ich könnte Tully mal nehmen oder so“
„Du wolltest noch nie Babysitten“, war sie überrascht.
„Ich will sanfter werden, mit einem Kind umzugehen hilft mir dabei“
„Wenn du meinst, morgen Abend bräuchte ich Hilfe“
„Okay, bring sie zu mir, ich komm um sieben heim, komm halb acht zu mir!“
„Ja, mach ich, du musst sie vermutlich nur ins Bett bringen, ich geb dir nen Buch oder so mit, falls sie wach wird“, erklärte sie.
„Sicher, das wird schon gehen. Ich schau mal, wie weit das Essen ist, ruh dich ruhig aus“, konterte sie und ging in die Küche.
Am Abend drauf kam Shade nach der Arbeit nach Hause. Hua wartete vor dem Wohnhaus schon auf sie.
„Bist du sicher, dass du das machen willst?“, fragte Hua und hängte ihr eine Tasche auf die Schulter.
„Sonst hätte ich es ja nicht gesagt, oder? Ich leg sie ja nur schlafen, hoffe ich. Komm Süße, heute bleibst du bei Tante Shade“, bemerkte Shade und nahm Tully auf ihre Hüfte.
„Krieg ich nen Eis?“, fragte Tully und Shade sah Hua an, die den Kopf schüttelte.
„Darüber reden wir noch, Süße, ich komm klar, Hua, keine Sorge“, versprach Shade und Hua hielt ihr die Tür auf.
„Ich hoff’s, du hast ja meine Nummer. Leg dich einfach zu ihr, sie schläft auch, wenn der Fernseher läuft, musst ihn nur leise drehen“, erklärte sie.
„Ja, mal schauen. Kommst du heut Abend wieder, oder bleibt sie die ganze Nacht bei mir?“
„Kann sie über Nacht bleiben? Ich bin ziemlich spät zurück!“
„Sicher, ich bring sie morgen dann vor der Arbeit bei dir vorbei, oder?“
„Ja, danke, klingt gut. Vielen Dank nochmal!“
„Ist doch selbstverständlich. Jetzt geh, ich komm klar, versprochen“, versprach sie und ging mit Tully rein.
Shade sah gerade neben der schlafenden Tully einen Spielfilm an, als es klingelte. Sie deckte Tully zu und ging zur Tür. Brick stand in dieser und er roch verdächtig nach Alkohol.
„Brick? Hey“, brachte sie nur hervor.
„Tut mir leid, dass ich herkomme, ich wusste nicht, wo ich sonst hinsollte“, entgegnete er, während er sich an den Türrahmen stützte.
„Bist du betrunken?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon riechen konnte.
„Kann ich reinkommen?“, hoffte er.
„Ich hab ein Kind hier, ich bin nicht so sicher“, war sie verwirrt.
„Ja, versteh schon, tut mir leid, dass ich hergekommen bin“, murmelte er betrunken.
„Was willst du?“, fragte sie trocken.
„Mein Dad ist heute gestorben“, erwiderte er weinerlich.
„Komm rein“, sagte sie einfach und ließ ihn rein.
„Ich will dich nicht damit belästigen“, bemerkte er.
„Wenn du das nicht wollen würdest, wärst du nicht hierhergekommen. Setz dich erst Mal hin“, bat sie und zeigte aufs Sofa.
„Ja, sieht so aus. Ich wollte mich eigentlich besaufen und betrunken einpennen, aber du bist mir heute nicht aus dem Kopf gegangen“, erklärte er.
„Wenn du nicht so besoffen wärst, wär das fast nen Kompliment. Ich schaue kurz nach meinem kleinen Gast, dann komm ich gleich zu dir“, erwiderte sie und ging ins Schlafzimmer. Tully schlief immer noch friedlich. Sie machte den Fernseher aus und ging zurück zu ihm.
„Ich Babysitte heute Huas Tochter. Das mit deinem Dad ist zwar furchtbar, aber du hast dich von mir getrennt, soweit ich weiß“, sprühte sie nicht gerade vor Mitgefühl für ihren Ex.
„Du hast mir mal versprochen, mich auf die Fijis zu begleiten, ich muss übermorgen weg“, sagte er nur.
„Ernsthaft? Du lässt mich fallen wie eine heiße Kartoffel und jetzt willst du, dass ich alles stehen und liegen lasse und dir irgendwo hin folge?“, fragte sie kritisch.
„Tut mir leid, dass ich dich gestört habe, ich dachte schon, dass du sauer bist“, stand er torkelnd auf.
„Ich seh nur keinen Sinn darin, dir zu helfen. Ich wurde von dir schwer verletzt, ich seh zwar nicht so aus, aber ich hab Gefühle, verstehst du?“, erklärte sie und er nickte.
„Ich hab dich verletzt, das ist unverzeihlich. Das wollte ich dir noch sagen, bevor ich das morgen nicht mehr weiß“, torkelte er wieder aus der Tür.
„Mistkerl“, murrte sie vor sich hin. Sie wurde durch diesen Auftritt ganz durcheinander gebracht. Als Tully sich meldete, war sie heilfroh, weil sie abgelenkt wurde.
„Hey, alles geklappt heut Nacht?“, fragte Tua gut gelaunt, als ihre Freundin am nächsten Morgen zu ihr kam.
„Ja, sie wurde kurz wach, hat aber dann durchgeschlafen. Sie ist eine wirklich Süße. Ich hatte gestern Abend noch Besuch von Brick“, erzählte sie.
„Wirklich? Ihr habt doch nicht während sie da war?“, fragte sie angeekelt.
„Er war viel zu hacke um irgendwas zu tun, wenn ich das hätte tun wollen, was ich nicht tue, weil ich über ihn hinweg bin“, behauptete sie.
„Das würde ich dir nicht mal glauben, wenn du mir nicht erzählt hättest, wie sehr du in vermisst. Was wollte er?“
„Sein Dad ist gestorben und er muss nach Hause. Er will dass ich mitkomme“, erklärte sie.
„Ah, sonst geht’s ihm gut. Du hast hoffentlich nicht zugesagt“, konterte sie.
„Nein, ich hab ihn gebeten wieder zu gehen. Er hat mir schon leidgetan, aber er hat mich zu sehr verletzt. Ich fühl mich trotzdem schlecht“, entschied sie.
„Klar, du bist ja nicht gefühllos. Du denkst darüber nach, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, oder?“, stellte sie fest.
„Ich bin ein vollkommener Idiot, oder?“, schlussfolgerte Shade.
„Nein, du bist eine vollkommene Idiotin, wenn schon, denn schon, aber ich versteh dich. Wenn er dir so viel bedeutet wie ich denke, dass er es tut, solltest du es tun“, bemerkte Hua und nahm ihr ihre Tochter ab.
„Denkst du wirklich? Ich mag ihn wirklich gern!“
„Dann mach das, ich vertrete dich solang im Salon“, versprach sie.
„Ich red mit Kaikoura, auch wegen dem längerfristigem. Du kannst mir deine Süße ruhig öfters bringen, ist echt angenehm“, entgegnete sie und ging wieder zu ihrem Auto um zur Arbeit zu fahren.
„Morgen, dir ist schon klar, dass du Pink trägst, oder?“, fragte Kaikoura ihre Geschäftspartnerin, als die in einem schwarzen Shirt und pinken Hosen zur Arbeit kam.
„Ja, was dagegen?“
„Ne, steht dir gut. Kannst du mir verraten, was Brick gestern hier wollte? Er war so hacke, dass ich ihn kaum verstanden habe“, wollte sie wissen.
„Er war auch hier? Oh Mann. Es war kein Kunde mehr da, oder?“, fragte sie und rieb ihre Augen.
„Nein, nur ich bei der Buchhaltung. Du bist übrigens heute dafür zuständig, ich hab da keine Lust zu. Also was war gestern los?“
„Er ist ein Idiot!“
„Ja, das hatte ich gestern schon kapiert und weiter?“
„Sein Dad ist gestorben, er will, dass ich ihn auf die Fijis begleite“, erklärte sie.
„Und du hast zugesagt ihn zu begleiten, weil du plötzlich eine gefühlsdusselige pink tragende Tussi bist“, behauptete sie.
„Bitte, ich hab ihn weggeschickt, es ist vorbei mit uns. Also, wir sollten hier mal wieder sauber machen, ich mein so richtig, ich find, das haben wir lang nicht mehr gemacht“, erwiderte sie und zog den Mob hinter dem Tresen hervor.
„Wirklich? Du willst jetzt putzen, anstatt darüber zu reden?“
„Im Moment schon, hilfst du mir, oder was?“
„Das schaffst du ganz alleine, ich mach hier weiter die Buchhaltung“, entschied sie kopfschüttelnd über die Reaktion ihrer Freundin.
Als Shade gerade mit Spülmittel die Deckel der Waschtrommeln abschrubbte, legte jemand neben ihr eine Rose ab.
„Hast in deinem Suff noch nen Blumenladen überfallen, was?“, fragte sie und wischte weiter.
„Nein, die ist aus einem Garten geklaut, egal was ich gestern zu dir gesagt hab, ich mein es nicht so“, entschuldigte sich Brick.
„Dann willst du nicht, dass ich dich auf die Fijis begleite?“, fragte sie mit sarkastischem Unterton.
„Das hab ich dich gefragt? Das ist vom Tisch, das ist mir schon klar, tut mir leid. Nimm das als Entschuldigung an, ich bin schon wieder aus deinem Leben verschwunden“, entschuldigte er sich wieder.
„Schon gut, du warst ja noch höflich für deinen Alkoholpegel. Ist noch was?“, wollte sie ihn loswerden, bevor er bemerkte, dass sie es genoss, in seiner Nähe zu sein.
„Nein, das wollte ich dir nur sagen. Ich lass dich jetzt wieder alleine“, ging er betrübt weg.
„Du bist echt kaltherzig, meine Süße“, bemerkte Kaikoura die die Szene beobachtet hatte und sich auf die Waschmaschine neben ihr setzte.
„Buchhaltung schon fertig gemacht?“, fragte sie murrend.
„Nein, aber den Rest machst du. Er wollte wieder mit dir zusammenkommen, Herzchen“, erkannte Kaikoura.
„Ah, runter da, da muss ich noch putzen!“
„Ernsthaft? Du bist so stur, dass du deinem Glück selbst im Weg stehst?“
„Ernsthaft wird langsam dein neues Lieblingswort, das ist echt nervig, ich mein alles ernst was ich sage“, entgegnete Shade und zog sie am Arm etwas grob auf den Boden zurück.
„Hey, ich dachte du wolltest sanfter werden, das war gar nicht sanft. Du magst ihn gern, er mag dich, wenn du nicht so ein Sturkopf wärst, wäre das alles klar“, murrte Kaikoura und rieb ihren schmerzenden Arm.
Er hat mich verlassen, ich geh nicht mehr zu einem Mann zurück, der mich nicht mehr will“, entgegnete sie.
„Sag ich doch, Sturkopf. Man, das muss ich jetzt kühlen, ich geh kurz zum Supermarkt und hol mir Eis, brauchst du was?“, fragte Kaikoura aber Shade schüttelte den Kopf.
„Dann putz schön weiter“, entgegnete sie und verließ den Salon.
Kaikoura war keine zwei Minuten weg, als Shade jemand hinter sich bemerkte. Erst wollte sie wie antrainiert reagieren, doch dann blieb sie wie erstarrt stehen.
Sie roch sein After Shave und seinen angenehmen Eigengeruch. Sein starker Arm drehte sie um und wortlos küsste er sie leidenschaftlich. Ruckartig ließ er sie los und ging einen Schritt zurück. Sie war so angetörnt von dieser Aktion, dass sie ihn machen ließ. Als sie wilden Sex in der Abstellkammer hatten, kam Kaikoura zurück.
„Shade, was zum Henker machst du da drin?“, machte Kaikoura die Tür der Abstellkammer auf und erwischte sie mitten drin.
„Shade, was hab ich dir über Sex während der Arbeit gesagt?“, fragte Kaikoura, die das nicht zum ersten Mal bei ihrer Freundin erlebte.
„Kai, wenn ich bitten darf“, wollte sie sie loswerden.
„Wir arbeiten hier, dass keiner kommt heißt nicht, dass du machen kannst, was du willst“, war Kaikoura empört.
„Kaikoura, ihr beide seid das anscheinend gewöhnt, ich komm mir hier irgendwie blöd vor“, murrte Brick, der Shade immer noch hoch hob.
„Sorry Süßer, bin schon weg, macht fertig ihr beiden“, erkannte Kaikoura und schloss die Tür wieder.
„Hey, das ist ne Weile in euch aufgestaut gewesen, was?“, fragte Kaikoura, als sie im Schneidersitz auf einer Waschmaschine sitzend auf sie wartete, als sie aus der Kammer kamen.
„Du genießt das ein bisschen zu sehr, find ich. Ich komm später wieder“, war das Brick furchtbar peinlich und eilte fast aus dem Waschsalon.
„So hab ich das eigentlich nicht gemeint“, kritisierte Kaikoura ihre Freundin, die ihre Bluse wieder richtig zusammenknüpfte.
„Frag mich erst mal, dieses animalische Sex-Zeug wollte ich eigentlich lassen“, entgegnete Shade durcheinander.
„Bist halt auch nur ein Mensch. Geredet habt ihr aber nicht wirklich, oder?“, fragte Kaikoura und ihre Freundin schüttelte den Kopf.
„Dann solltet ihr das heut Abend tun. Die Abstellkammer sieht furchtbar aus, räum sie bitte auf“, bat Kaikoura.
„Hatte ich auch vor. Man, ich komm von dem Kerl einfach nicht los“, murmelte sie und ging in die Abstellkammer zurück.
Mit einem richtigen Strauß Rosen kam Brick in einem schicken Hemd und in Stoffhosen zurück um Shade an diesem Abend zum Essen auszuführen.
„Die sind nicht geklaut diesmal. Gehen wir was essen? So ein richtiges Date und so?“, fragte er vorsichtig.
„Ich bin gar nicht dafür angezogen“, war sie unsicher.
„Ich hab grad ein hübsches Kleid getrocknet, das müsste dir passen“, schlug Kaikoura vor.
„Das gehört mir aber nicht!“
„Wir reinigen es halt einfach noch Mal, probier es einfach aus!“
„Warum nicht“, gab sie nach und probierte das Kleid aus.
„Du bist so wunderschön“, bemerkte Brick, als er seine Freundin in dem geborgten schulterfreien Kleid sah, dass ihr bis zum Knöchel ging.
„Das ist wirklich schön, ich hoff nur, dass ich der Besitzerin damit nicht über den Weg laufe“
„Sie ist im Urlaub, sie hat mir gesagt, dass sie es erst später abholen kann. Ich wünsch euch viel Spaß ihr beiden“, schmunzelte Kaikoura und ließ sie gehen.
„Darf ich deine Hand halten?“, fragte er vorsichtig, als sie nebeneinander die Straße langgingen. Wortlos ließ sie ihre Hand in seine gleiten.
„Wo gehen wir hin?“, fragte sie mit sanfter Stimme.
„Lass dich überraschen“, sagte er nur und er brachte sie in ein nettes vegetarisches Restaurant.
„Das Essen ist wirklich gut, ist echt ne Weile her, dass ich mit einem Mann ein richtiges Date hatte. Wir müssen über uns reden“, begann sie das Gespräch, was sie immer vermieden hatte.
„Ich hab falsch reagiert, ich hatte ehrlich gesagt nur etwas Angst vor dir“, begann er zu erklären.
„Du hast immer noch Angst vor mir!“
„Gar nicht wahr!“
„Als du mich geküsst hast, bist du zurückgesprungen wie ein ängstliches Hündchen!“
„Du hast mir in den letzten Wochen die Hand gebrochen, mir eine Gehirnerschütterung verschafft und meine Eier geprellt, ich kann das nicht einfach so abstellen“, konterte er schroff.
„Man, ich würde auch Angst vor mir kriegen, hab ich mich schon mal bei dir entschuldigt?“
„Ja, hast du, es ist peinlich genug, dass ich Angst vor ner Frau habe!“
„Was heißt das denn schon wieder?“
„Ich wurde von nem Macho erzogen, tut mir leid. Das ist auch was, was ich nicht abstellen kann“
„Ich bin nicht auf dich eingegangen, als du von dem Tod deines Vaters erzählt hast. Wie geht es dir?“
„Kann ich nicht genau sagen, ich steh noch unter Schock, er hatte schon länger Lungenkrebs, keiner aus meiner Familie hat mir davon erzählt, ich wusste dass er krank ist, aber nicht so krank“, wurde er weinerlich.
„Ich werde dich begleiten“, sagte sie plötzlich.
„Ich weiß“, sagte er nur.
„Du hast mir schon ein Ticket besorgt, oder?“
„Ehrlich gesagt schon, ich kenn dich besser als dir lieb ist, Süße“, entschied er.
„Ich hab nicht mal einen gültigen Reisepass“, bemerkte sie.
„Doch, hast du, dein Vater hat immer einen gültigen für dich parat, falls ihr mal fliehen müsst. Ich hab ihm versprochen, dich außer Landes zu bringen, falls was ist“, gestand er.
„Toll dass ich mit meinen fast 30 Jahren so ein selbstbestimmtes Leben führen kann“, war sie darüber nicht begeistert.
„Es geht nur um deine Sicherheit und dieser Reisepass ist doch jetzt ziemlich nützlich, oder?“
„Ja, schon, es ist doch schlimmes grad im Gange, oder?“, fragte sie verwundert.
„Außer dass mein Dad im Leichenschauhaus liegt nichts, nein“
„Tut mir leid, mein Sozialverhalten ist mangelhaft, aber ich arbeite daran. Kai wird ausflippen, wenn ich ihr sage, dass ich einfach so Urlaub mache“, entgegnete sie.
„Wir sind nur ein paar Tage weg und sie wird es verstehen“, versprach er.
„Wir fliegen wirklich auf die Fijis, wenn das nicht so ein furchtbarer Anlass wäre, wäre das mein erster richtiger Urlaub“, bemerkte sie.
„Wir müssen erst Mal drei Stunden nach Calgary fahren, dann 13 Stunden fliegen, Urlaub wird das nicht“, konterte er.
„Du fliegst jetzt noch weniger gerne dahin als vorher, oder?“
„Würdest du gern zu der Beerdigung deines Dads fliegen?“
„Auch wahr. Ich bin bei dir und ich hau dich nicht, wenn du das nicht willst, versprochen“, sagte sie liebevoll und nahm seine Hand. Die Nacht verbrachten die beiden gemeinsam, ganz jugendfrei aneinander gekuschelt.
„Auf die Fijis, ernsthaft? Du tauchst in den letzten Tagen nur auf wenn es dir passt und jetzt machst du noch Urlaub?“, war Kaikoura wie angekündigt nicht grade begeistert über die Neuigkeit, die ihre Geschäftspartnerin ihr am nächsten Tag präsentierte.
„Ich muss Brick nach Hause begleiten, das wird ne lange Reise, von den fünf Tagen werde ich zwei nur auf dem Weg dahin sein. Hua wird halbtags hier arbeiten, wenn es eng wird, hilft meine Mutter aus. Wir haben den Laden jetzt sechs Jahre, ich war niemals außerhalb von Hat, na ja außer meinen kleinen Trip nach Toronto“, verteidigte sich Shade.
„Komm nur gesund wieder zurück, ja?“
„Immer doch, Süße, weißt du doch. Ich mach’s wieder gut. Ich muss jetzt auch los, wir müssen drei Stunden zum Flughafen fahren“, umarmte sie ihre Freundin.
„Klar, wenn du zurückkommst, muss ich mit dir über was reden“, erkannte Kaikoura zum Abschied.
„Okay, ist es was Gutes oder was Schlechtes?“
„Das sag ich dir dann, gute Reise!“
„Ja, danke. Hab dich lieb, Kleines“, bemerkte Shade und ging zu Brick, der im Auto vor dem Haus auf sie wartete.
„Alles klar bei dir?“, fragte Brick sie, weil sie verwirrt aussah.
„Ja, Kai hat nur komisch reagiert, ich muss echt mal nen längeres Gespräch mit ihr führen, wenn wir zurück sind. Wir können“, erklärte sie und sie fuhren los.
Da Shade es gewohnt war, viel zu schlafen, schlief sie auch den ganzen Flug über mit dem Kopf auf seinem Schoß, während er sie überwachte.
„Hey Schnarchi, wir landen gleich“, weckte er sie sanft, als sie in den Landeanflug gingen.
„Wir sind schon da?“, fragte sie verwirrt.
„Ja, du schnarchst, Süße!“
„Ich hab Polypen, die wurden schon zwei Mal operiert, ich schnarch trotzdem noch“, gab sie zu.
„Edel, dass du das zugibst. Bevor wir jetzt auf meine Mutter und meine Geschwister treffen, sind wir jetzt offiziell Freund und Freundin?“
„Du weißt jetzt, dass ich schnarche, ja, das ist offiziell. Wie viele Geschwister hast du eigentlich?“
„Drei Brüder, eine Schwester, nur einer ist mein leiblicher Bruder, die anderen sind adoptiert, und noch was, was ich dir bis jetzt verschwiegen habe, weil ich deine Meinung dazu kenne, ich bin in Honolulu aufgewachsen und bin Amerikaner, ich war fast 18, als wir hierher gezogen sind“, gestand er plötzlich.
„Das erklärt dein gutes Englisch, du bist kein Howly, mit Hawaiianern hab ich kein Problem“, bemerkte sie trocken.
„Dann ist ja gut, das lag mir jetzt einfach auf der Seele“
„Ich bin ja selbst Amerikanerin, dann wird das wenigstens nicht kompliziert, wenn wir mal heiraten wollen“, bemerkte sie.
„Wenn wir mal heiraten wollen?“
„Ich sag nur, wenn wir mal heiraten wollen würden. Weiß deine Familie eigentlich, dass ich mitkomme?“
„Ich hab gesagt, ich komm in Begleitung, hast du etwa Schiss?“, frotzelte er.
„Ich treff zu ersten Mal die Familie, ein bisschen schon“, gestand sie.
„Die mächtige Tigerin hat Angst vor meiner Familie, wie süß“
„Angst ist das falsche Wort, Respekt würde ich sagen“, entschied sie.
„Ich ärger dich doch nur, keine Sorge, meine Familie wird nur auf mich losgehen, dich werden sie vermutlich ganz ignorieren“, versprach er.
„Super, da fühl ich mich gleich viel besser“
„Ich bin auch ziemlich nervös, ist ne Weile her, dass sie mich gesehen haben. Sie sind zwar nicht so enttäuscht von mir wie es mein Dad war, aber dass ich nicht da war, als er starb werden sie nicht grad toll finden“, dachte er laut nach.
„Jetzt bist du ja da und das ist alles was zählt“, sagte sie liebevoll und kuschelte sich an ihn.
Die Hitze auf den Fijis war unglaublich, Brick schien das gar nichts auszumachen, aber sie wurde von der schwülen Luft fast umgeworfen.
„Man, ist das heiß hier, sollte es hier nicht Winter sein?“, fragte sie erschlagen.
„Das ist Winter, du willst hier gar nicht sein, wenn Sommer ist. Da hinten sie“, zog er sie an der Hand zu seiner wartenden Familie am Gate.
Als sie die wunderschöne Frau sah, die Brick wirklich sehr ähnlich sah und seinen nicht minder attraktiven Bruder, wusste sie, das seine Schönheit genetisch war. Für einen Moment stellte sie sich vor, wie ein Kind aussah, das sie von ihm austragen würde.
„Shade, das ist meine Mutter Selina und mein Bruder Jone“, stellte er ihr die engsten Familienmitglieder vor, die sie abholten.
„Das du uns noch so nennst, Lupo zeugt von Courage“, begrüßte sein Bruder ihn.
„Ihr wisst genau, dass ich meinen Namen offiziell ändern lassen habe“
„Brick, wie auch immer. Du hast ganz schön Muskeln gekriegt, großer Bruder“, war Jone nicht wirklich begeistert ihn zu sehen.
„Lupo, du bist der Wolf?“, war Shade überrascht.
„Mein Vater war Halb-Cherokee, er war der Wolf, deshalb war ich es auch. Als ich 18 war, hab ich den Namen geändert, ich dachte ihr hättet das inzwischen akzeptiert“, erklärte er.
„Ich bin die Tigerin, du der Wolf, das erklärt unseren ausgeprägten Sexualtrieb“, bemerkte Shade und Jone grinste seinen Bruder an.
„Das sind solche Sachen, die man nicht vor der Familie ausspricht, Süße“, war ihm das peinlich.
„Sorry, ich muss echt an meinem Sozialverhalten arbeiten, ich bin übrigens Shade und das ist mein richtiger Name“, stellte Shade sich vor.
„Du hast anscheinend eine Frau für dich gefunden, die noch sportverrückter ist, als du und das mit dem Sport sag ich nur, um sie nicht zu beleidigen“, bemerkte Jone cool.
„Dein kleiner Bruder weiß wohl nicht dass ich zwei Kampfsport-Gürtel hab und gern freche kleine Jungs verhaue“, entgegnete sie und stellte sich eng vor Jone, der ihr nur bis zur Brust ging.
„Und ein Riese ist sie auch noch, euer Sex muss echt gut sein“, konterte Jone, der die Coolness seines Bruders hatte.
„Oder du bist ein Zwerg, Schnuckelchen“, ließ sie sich nicht beirren.
„Die Kleine hat echt Eier in der Hose, du gefällst mir. Mum, er hat eine ebenbürtige Gegnerin gefunden“, drehte sich Jone zu seiner Mutter.
„Auf so viele Weisen, willkommen Shade“, umarmte Selina sie herzlich, was sie irritierte.
„Oh, okay, danke“
„Sie scheinen mich zu mögen“, sagte sie zu Brick.
„Dafür ignorieren sie mich, wenn sie mich nicht beleidigen. Ich bin weggegangen, weil Dad das so wollte“, versuchte er sich zu erklären.
„Du hast aber auch nicht grad dafür gekämpft bleiben zu können“, entschied Selina.
„Wegen mir ist ein Mann gestorben, ich hab mich zu sehr geschämt um bei euch zu bleiben“, gestand er.
„Dein Dad hat falsch reagiert, das war dein Job und das kann passieren, ich hätte mehr sagen sollen. Er hat dich geliebt, egal was er beim letzten Mal gesagt hat, als ihr euch gesehen habt“, versprach Selina.
„Ich wünschte, das wäre wahr“, entgegnete er, schulterte seine Reisetasche und ging Richtung Ausgang.
„Er kommt nicht so gut damit klar“, erklärte sie, Selina.
„Er war mein Mann, was soll ich sagen?“, fragte Selina.
„Ja, tut mir leid. Wie geht es Ihnen?“
„Ich bin Selina für dich, hier auf Fiji sind wir nicht so förmlich. Ich werde ihn in meinem nächsten Leben wiedersehen, ich hab nur gehofft, dass ich in diesem Leben mehr Zeit mit ihm habe“, sagte Selina gefasst.
„Ihr seid Hindi?“
„Ich schon, meine Kinder glauben an nichts Besonderes, so wie ihr Vater. Wir werden seine Asche aber im Meer verstreuen, das hat er so gewollt und das find ich auch schön. Welcher Religion gehörst du an? Ich seh in deinem Gesicht mindestens drei ethnische Abstammungen“, schlussfolgerte Selina.
„Ich bin Katholikin, so wie meine Eltern, ja, ich bin ziemlich Multi-Kulti, in meiner Vergangenheit hatten sich einige ethnische Minderheitszugehörige sehr lieb“, entgegnete sie.
„Du bist zumindest die schönste Frau die mein Sohn je mitgebracht hat“, machte Selina ihr ein Kompliment.
„Danke, denke ich. Ich bin vermutlich auch die mit den meisten Muskeln, ich versuch das grad zu ändern, ich hab es mit dem Training ziemlich übertrieben, ich wollte unbedingt die Prüfung zum Bodyguard schaffen. Ich hab es zu hart versucht und bin gescheitert. Dein Sohn war für mich da und hat mich aufgefangen“, entschied sie und sah zu ihrem Freund.
„Mein Sohn hat dir geholfen? Ich hab nicht gedacht, dass er so einfühlsam sein kann“, war sie überrascht.
„Er ist toll, er ist einfühlsamer als ich manchmal. Lässt er hier den Macho raushängen?“
„Schon etwas, diese störrische Art ist mir nicht neu. Ich bin aber froh, dass er da ist, meine Adoptivkinder studieren in Europa, sie können leider nicht zur Trauerfeier kommen“, bemerkte Selina nachdenklich.
„Dann ist ja gut, dass wir hier sind. Brick, kannst du mal nicht so rennen, wir kommen dir nicht hinterher“, rief sie Brick entgegen, der es eilig zu haben schien.
Am Abend saß Shade an Brick gekuschelt auf einer Plattform am Meer, an dem seine Familie wohnte. Der Sonnenuntergang in dieser romantischen Gegend war unglaublich.
„Dir muss echt keine andere Wahl geblieben sein, hier weg zu gehen, es ist so unglaublich schön hier“, schwärmte sie.
„Nach zwei Jahren die ich hier weg war kann ich das auch wieder sehen. Hier ist alles so friedlich, ich kann gut verstehen, dass mein Vater diesen Platz zu leben für uns ausgesucht hat. Als wir Hawaii verlassen haben war ich ein Teenager, damals hab ich es nicht verstanden, jetzt bin ich ihm dankbar dafür. Ich war ein schwieriges Kind und ein noch schwieriger Teenager. Hier hab ich meinen Seelenfrieden gefunden und konnte Bodyguard werden. Wenn du das willst kann ich dir helfen dass das nächstes Jahr mit den Prüfungen klappt“, bat er an.
„Ja, danke, das werden wir dann sehen. Momentan möchte ich für einen Moment so tun als wären wir im Urlaub hier, okay?“, bat sie.
„Sicher, du hast es dir verdient. Ich danke dir, dass du mitgekommen bist, war ja ne lange Reise“, bedankte er sich bei ihr.
„Dieser Anblick hier entschädigt mich für alles und du natürlich“, bemerkte sie liebevoll und küsste ihn über ihre Schulter hinweg lang und leidenschaftlich
In einem weißen Kleid stand Shade an diesem Sommertag knietief im Meer und hielt die Hand ihrs Freundes. Die Atmosphäre war so ruhig und angenehm, man konnte kaum denken, dass dies eine Beerdigung war. Sanft half sie ihm die Asche seines Vaters auszukippen. Auf die Asche legten sie die Blumenketten, die sie trugen.
Fast zeremoniell gingen sie zusammen aus dem Wasser und legten ihre Kleider ab. Sie trugen alle Badesachen darunter. Jone glotzte auf Shades tollen Körper. Sie hatte den voluminösen Hintern und die gute Brustgröße einer Afroamerikanerin.
„Jone“, raunzte Brick in die Stille.
„Lass ihn ruhig glotzen, solang er mich nicht anfasst“, entgegnete sie beruhigend.
„Tut mir leid, ich bin nur begeistert von dem Körper deiner Freundin“
„Danke, ich trainiere auch hart dafür. Jetzt still, wir sind auf einer Trauerfeier“, bat Shade und Jone sah wieder nach vorne.
Shade fühlte sich geschmeichelt, dass Jone sich auch etwas in sie verknallt hatte, aber sie versuchte ihm keine Anzeichen zu machen, dass sie auch interessiert war, denn das war nicht so und Brick war ein eifersüchtiger Kerl, sie wollte ihn nicht aufregen.
Die heiße Dusche nach der Trauerfeier tat gut. Sie musste in einer offenen Dusche vor der Hütte duschen, in der die Familie wohnte. Sie ließ ihren Bikini an, die Leute dort waren viel freier als bei ihr zu Hause, aber so offen konnte sie nicht mit ihrem Körper umgehen. Plötzlich spürte sie jemanden hinter ihr atmen. Sie hatte ihren sexuell anregenden Traum noch im Kopf, in dem Brick sie unter der Dusche verführte. Ohne irgendwas zu sagen zog sie die Person hinter ihr an sich und ließ sich zärtlich den Nacken küssen.
„Ich wusste, dass da was zwischen uns ist“, hörte sie plötzlich Jones Stimme und erschreckte sich furchtbar.
„Du… du… du bist gar nicht, ich meine, ich dachte du wärst Brick“, stotterte sie und sprang hektisch zur Seite.
„Das musst du jetzt sagen“, behauptete er.
„Du bist ganz schön von dir überzeugt, Kleiner“, fasste sie sich langsam wieder.
„Du stehst auf mich, das weiß ich“
„Ich bin die Freundin deines großen Bruders und ich will nichts von dir, verschwinde“, murrte sie.
„Das sagst du jetzt, du wirst aber noch zu mir kommen, wenn du es brauchst“, bemerkte er.
„Verschwinde sofort, bevor ich mich vergesse“, zischte sie durch die Zähne und grinsend ging Jone davon.
Davon durfte Brick nichts erfahren, er würde sie verlassen und mit seinem Bruder vermutlich nie wieder sprechen oder schlimmeres. Zitternd stellte sie die Dusche ab und wickelte sich eng um ihr Handtuch. Anstatt in die Hütte zu gehen, wanderte sie am Strand entlang. Sie fühlte sich dreckig, missbraucht, einfach schlecht. Sie kam immer weiter weg vom Haus an eine wenig besuchte Stelle des Strandes. Es war so friedlich dort, sie konnte dort ihre Sorgen für einen Moment vergessen. Sie ging zurück zum Haus und zog sich etwas über. Brick war nicht da, er war vermutlich mit seiner Familie Beerdigungssachen regeln. Ihre Sorgen führten sie zu einer Strandbar, wo sie sich einen Mojito bestellte. Der Rest verschwamm in ihrem Gedächtnis.
„Tut mir leid, Bruder, deine Kleine weiß halt was gut ist“, entgegnete Jone großspurig, als Brick seine Freundin im Bett seines Bruders erwischte. Shade lag vollkommen weggetreten in einem Bett was von vier weißen Tüchern umrandet war. Brick war so entsetzt, dass er sie einfach dort liegen ließ und davonging.
„Verzeih mir, Kleines, es geht nicht anders“, entgegnete Jone mysteriös zu der schlafenden Shade und gab einem schwarzen Lieferwagen ein Zeichen, dass er herfahren konnte.
„Brick, warte, Brick, wo willst du hin?“, fragte Selina, als sie zusah, wie ihr Sohn Sachen in seinen Seesack stopfte und danach über den Strand stapfte.
„Das weiß ich nicht, Mum, weg, einfach weg“, murmelte er und stieg in den alten Wagen seines Vaters.
„Was ist passiert?“, wollte Selina wissen.
„Frag deinen missratenen Sohn“, sagte er weinerlich und fuhr eilig davon.
Brick, der viel zu schnell und mit Tränen in den Augen fuhr, verlor 2 Meilen nachdem er losgefahren war die Kontrolle über den alten Wagen und stürzte eine Klippe herunter.
Während Brick in seinem Wagen um sein Leben kämpfte, luden zwei Männer mit schwarzer Hautfarbe die mit Ko-Tropfen vollgepumpte Shade in den Lieferwagen, während Jone mit Tränen in den Augen, einen Geldkoffer an seine Brust gedrückt, zusah. Er hatte wegen Geld seinen Bruder ins Unglück gestürzt und Shade in Lebensgefahr gebracht. Er drehte sich weg, er konnte es nicht mit ansehen.
Mit dem größten Kater ihres Lebens erwachte Shade im Kofferraum eines Lieferwagens. Panisch musste sie feststellen, dass sie gefesselt war. Mit all ihrer Kraft versuchte sie sich zu befreien, doch ihre Mühen waren umsonst. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben hilflos gefühlt, diese Emotion verängstigte sie umso mehr.
Brick schmeckte Blut in seinem Mund. Verschwommen sah er, dass seine Lampen noch leuchteten. Er hing kopfüber in dem Fahrzeug seines Vaters. Mühsam versuchte er mit verschwommenem Blick seinen Gurt zu lösen. Er bekam den Verschluss zu fassen und drückte mit aller Kraft darauf. Brutal fiel er auf das Innendach des Wagens.
„Au“, murmelte er vor sich hin, bevor er wieder bewusstlos wurde.
Shade verlor in diesem dunklen Lieferwagen das Gefühl für die Zeit. Sie hatte ihre ganze Kraft aufgebracht, aber sie konnte ihre Fesseln nicht lösen. Wer auch immer sie in ihrer Gewalt hatte kannte ihre Kraft. Plötzlich hielt der Lieferwagen und sie knallte mit dem Kopf gegen die Türen. Dies ließ sie wieder etwas benommen werden.
„Hallo Prinzessin, du machst ganz schön viel Lärm“, bemerkte einer ihrer Entführer. Er hatte einen afrikanischen Dialekt und sprach gebrochenes Englisch. In diesem Moment wusste sie genau, warum der Mann mit dunkler Hautfarbe sie entführt hatte.
„Was wollen Sie von mir?“, fragte sie weinerlich.
„Du weißt genau was ich von dir will, Cousine“, erklärte der Kerl.
„Ich bin ganz sicher mit Ihnen verwandt, sehen Sie mich doch an“, versuchte sie sich aus der prekären Situation herauszureden.
„Lügnerin“, brüllte der Kerl und zog sie brutal an ihren Haaren auf die Füße.
„Wir haben dich beobachtet, wir wissen, dass du Tetsu Yoshikawas Tochter bist“, brüllte der Kerl weiter.
Das war also der richtige Name ihrer Mutter, sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass sie verstand, was er von ihr wollte. Er grinste wie ein Bösewicht aus einem schlechten Horrorfilm.
„Deine Emotionen verstecken kannst du wohl nicht so gut was. Mein Vater hat mir von deiner Mutter erzählt, sie ist geflohen, aber dich lassen wir nicht mehr gehen“, erklärte er und fuhr ihr mit dem Handrücken über die Wange. Shade nahm allen Mut zusammen und knockte ihn mit ihrem Kopf um. Dabei verlor sie aber so gefesselt wie sie war das Gleichgewicht und kippte hinten über.
„Okay, ganz schön rabiat, meine Süße, ich wollte das eigentlich nicht tun, aber jetzt muss ich dich wieder betäuben“, rappelte sich der Kerl wieder auf, wischte sich das Blut von der Lippe und jagte ihr eine Spritze in den Arm. Shade wurde fast zum gleichen Zeitpunkt bewusstlos, als einige Meilen entfernt ihr Liebhaber wieder zu Bewusstsein kam.
Das laute Geräusch einer Metallsäge weckte Brick aus seinem Dämmerzustand. Es war stockdunkel und das Geräusch bohrte sich in seinen Kopf.
„Halt durch, Junge, wir holen dich da raus“, hörte er eine Stimme auf Fidschi sagen. Er sprach die Sprache seiner Wahlheimat nicht fließend, aber das verstand er.
„Shade“, murmelte er vor sich hin. Er hatte eine schwere Kopfverletzung und driftete immer wieder weg.
„Hey Junge, bleib bei mir, hör auf meine Stimme, wir holen dich da raus“, hörte er wie aus weiter Ferne die Stimme seines Retters. Während der Sekunden die er wach war kam ihm das liebliche Gesicht von Shade in den Sinn. Er konnte nicht glauben, dass sie ihn betrogen hatte. Ja, sie war kein Kind von Traurigkeit, aber dass sie mit seinem Bruder geschlafen hatte, war unverzeihlich. Er wunderte sich, dass seine Gedanken plötzlich so klar waren. Er wimmerte leise vor sich hin. Als ein Arm ihn aus dem Wrack zog, verlor er wieder das Bewusstsein.
Zwei Tage später bekamen Tetsu und Quan mitten in der Nacht einen Anruf.
„Man, ich dachte die Zeiten, in denen du mitten in der Nacht Anrufe bekommst, sind vorbei“, murmelte Tetsu schläfrig.
„Tut mir leid, Süße, ich geh raus“, entschuldigte sich Quan, zog sein Handy vom Nachttisch und ging in den Flur.
„Sind Sie Shades Vater?“, fragte eine Frauenstimme.
„Wer will das wissen?“, fragte er kritisch.
„Ich bin Selina, die Mutter des Freundes Ihrer Tochter“, rief ihn Selina an.
„Ist was mit den Kindern?“
„Setzen Sie sich bitte“, bat Selina und er setzte sich hin.
„Okay, ich sitze, spucken Sie’s schon aus!“
„Vor zwei Tagen hatte mein Sohn einen Autounfall und liegt jetzt im Koma, Ihre Tochter hat ihre ganzen Sachen zurückgelassen und ist verschwunden“, erklärte Selina stockend.
„Was? Hat die Polizei schon Hinweise? Ich bin auch Polizist“, entgegnete er geschockt.
„Leider überhaupt keine, ich hab Ihre Nummer in ihrem Handy gefunden und wollte Sie informieren“
„Sagen Sie mir genau, wo Sie wohnen, ich komme zu Ihnen“, entschied er und sie nannte ihr alle Daten.
„Wer war das?“, wollte Tetsu wissen, als er wieder ins Schlafzimmer kam.
„Niemand, schlaf weiter“, wollte Quan allein gehen und verschwieg es so seiner Frau.
„Ah, okay“, erwiderte sie und drehte sich im Bett um.
Als Tetsu wieder schlief, packte er leise das Nötigste zusammen und fuhr mit seinem Wagen zu Rhys Haus. Er hatte für Notfälle einen Ersatzschlüssel und so schlich er sich ins Schlafzimmer seines Kumpels. Sanft weckte er Rhys.
„Heilige Maria Mutter Gottes, willst du dass ich einen Herzinfarkt kriege, Quan?“, erschreckte sich Rhys furchtbar und fluchte im tiefsten Walisisch.
„Ich brauche deine Hilfe“, erklärte sich Quan.
„Du brauchst nen Psychiater, Kumpel, ich hätte dich erschießen können“, konterte er.
„Sie haben Shade“, sagte er nur.
„Wer hat Shade? Schlafwandelst du wieder?“
„Die afghanische Mafia, wer wird sie wohl haben“, bemerkte Quan. Durch seine schläfrigen Augen sah Rhys in das alt gewordene Gesicht seines Kollegen.
„Ist sie nicht auf Fidschi?“, versuchte er zu kapieren.
„Lass uns rausgehen, wir sollten Lee nicht wecken“, bat er und Rhys ging mit ihm raus.
„Sie hat übrigens einen tiefen Schlaf“, stellte Quan fest.
„Sie hat ein Schlafmittel genommen. Also Tetsus Familie hat sie gefunden? Wie zum Henker konnte das passieren?“, fragte Rhys und zog sich eine Jeans an.
„Offiziell hab ich keine Bestätigung, aber wer soll es sonst sein? Sie ist schon zwei Tage verschwunden und Brick liegt anscheinend im Koma. Seine Mutter hat mich grad angerufen“, erklärte er die Situation.
„Woher weißt du es dann? Es kann auch was anderes sein“, verstand er nicht und knöpfte ein Hemd zu.
„Es ist nur so ein Gefühl, ich weiß es einfach“, murmelte er.
„Ich flieg keine 13 Stunden auf Fidschi nur wegen nem Gefühl“, entschied Rhys.
„Du sollst auch nicht mitgehen, du sollst nur auf Tetsu aufpassen, ich geh allein“, erklärte er.
„Von wegen, du gehst nicht allein, ich komm mit“, bemerkte Ryhs und schlüpfte in seine Schuhe.
„Aber du hast grad gesagt…“
„Wenn du denkst, dass es so ist, dann unterstütze ich dich, was sagen wir nur unsren Frauen?“
„Gar nichts, wir rufen sie an, wenn wir im Flieger sitzen“
„Du willst anscheinend nie wieder in deinem Leben Sex haben, was?“
„Wir sind fast sechzig, da wird sich dann nicht viel ändern“, entschied Quan trocken.
„Schließ nicht von dir auf andere!“
„Wirklich?“
„Ein Gentleman genießt und schweigt. Also, was brauch ich?“
„Outdoor-Klamotten, gute Schuhe, ein Erste-Hilfe-Set oder sowas, den Rest können wir da kaufen“, erwiderte er.
„Gut, ich warte im Wagen“, erklärte Quan und ging wieder aus dem Haus.
So fuhren also die beiden alternden Polizisten Quan und Rhys los um Shade zu retten, obwohl sie nicht einmal wussten, was passiert war.
Total übermüdet kamen die zwei Beamten nach einer endlosen Reise in Suva auf den Fidschis an. Sie hatten ein Vermögen für Tickets ausgegeben und vermutlich ihre Pension riskiert, aber Rhys kannte seinen Kumpel, Quans Gefühl trübte ihn kaum.
„Man, du schnarchst wie ein Ochse“, brummelte Quan, als er mit Rhys durch die gleiche Ausgangstür ging, die seine Tochter drei Tage zuvor benutzt hatte.
„Zumindest hab ich geschlafen, wie willst du sie finden wenn du einen Rekord im Wachbleiben aufstellst“, murrte Rhys.
„Ich kann nicht schlafen, bis ich meine Kleine wieder in die Arme schließe“, entschied Quan erschöpft.
„Sie ist nicht mehr deine Kleine“, bemerkte Rhys.
„Sie wird immer meine Kleine sein, egal wie alt sie wird. Also, wir wissen nicht wer zuhört, also ruf mich also niemals mit meinem richtigen Namen und versuch auch ihren Namen nicht auszusprechen. Man, meine Frau hat mich mindestens 14 Mal angerufen, ich sollte sie zurückrufen“, sah Quan auf sein Handy.
„Und was sagst du ihr?“
„Gutes Argument“, entschied er und steckte sein Smartphone wieder ein.
Mit dem Taxi fuhren sie ins Krankenhaus, wo Brick lag. In seinem Zimmer saß Jone, der aufsprang, als die zwei älteren Herren eintraten.
„Verdammt“, konnte Quan nur von sich geben, als er Brick sah. Der muskulöse Bodyguard sah so schwach und hilflos aus und er war an jede Menge Geräte angeschlossen.
„Wer sind sie?“, fragte Jone verwirrt.
„Ich bin Taylor, das ist Rhys, ich bin Shades Vater“, stellten sie sich vor.
„Ich muss weg, verzeihen Sie“, eilte Jone davon.
„Okay, das war seltsam. Wo ist sie? Sie wollte uns hier treffen“, konterte Rhys und sah sich um.
„Meine Herren, ich kann es kaum glauben, dass Sie hier sind“, hörten sie hinter sich plötzlich Selinas Stimme und sie drehten sich um.
Selina sah nicht weniger besorgt aus als die Männer. Sie schien noch weniger geschlafen zu haben als sie und ihre sonst sorgsam gepflegten langen Haare waren zerzaust.
„Es geht um Shade, natürlich kommen wir. Wer war der junge Mann, der da grad rausgestürmt ist?“, wollte Rhys wissen, dessen Polizistensinn ansprang.
„Mein Jüngster, Jone, er ist seit zwei Tagen so, ich kann mich grad nicht um ihn kümmern, ich hab andere Sorgen, wie Sie vielleicht sehen. Es ist nicht so dramatisch wie es aussieht, die Ärzte haben ihn in ein künstliches Koma versetzt, weil er einen Schädelbasisbruch hat und sein Hirn angeschwollen ist. Aber er wird aufwachen, ganz sicher“, entgegnete sie und schluchzte in ihre Hand. Obwohl Quan die Frau gar nicht kannte schloss er sie sanft in die Arme, weil er fühlte, dass sie eine Umarmung brauchte. Selina hatte in den Tagen zuvor sehr viel erlebt und konnte sich das erste Mal richtig ausheulen.
„Seien Sie unbesorgt, wir finden sie. Sie hat sich vermutlich nur verlaufen“, versprach Quan, aber sie merkte, dass er log.
„Sie ist keine fünf Jahre alt, sie hat sich nicht verlaufen“, schniefte sie.
„Danke für die Aufmunterung. Wir wissen vermutlich, dass sie verschleppt worden ist und von wem, aber wir wissen nicht wohin und wir können Ihnen auch nicht sagen wer diese Personen sind, weil das nicht sicher ist“, erklärte er.
„Wie sicher ist mein Sohn hier?“, wollte Selina wissen.
„Was ist ihm passiert?“, wollte Quan wissen.
„Er ist mit dem Wagen seines Vaters eine Klippe runtergestürzt, Gott sei Dank war es einer der alten Straßenkreuzer die stark gebaut sind. War das kein Unfall?“, war Selina besorgt.
„Ich weiß es nicht“, sagte Quan nur und sah besorgt zu Brick.
Es roch modrig und blutig als Shade wie so oft in den vergangenen zwei Tagen wieder erwachte. Die zwei Männer und eine Frau, die sich ihre Verwandten schimpften, wussten nicht, wie sie mit ihrer Kraft umgehen sollten, also betäubten sie sie andauernd, obwohl sie gefesselt war. Ihre Füße und ihre Hände kribbelten.
„Du wirst langsam resistent gegen den Stoff, du bist immer schneller wieder bei Bewusstsein. Wenn du dich nicht wehren würdest, könnten wir das lassen“, hörte sie die Stimme einer ihrer Cousins.
„Ich bin brav“, sagte Shade schwach. Sie hatte in den vergangenen Tag nur Brei vom Boden aufgeleckt und Wasser getrunken, was sie ihr in den Mund geschüttet hatten.
„Wenn ich dir doch nur glauben könnte. Iss“, kickte er ihr wieder eine Schale mit Brei hin.
„Bitte“, flehte sie.
„Netter Versuch, Mund auf“, bemerkte er trocken und träufelte ihr Wasser in den Mund. Die Hälfte landete immer auf ihrem T-Shirt was durch die Luftfeuchtigkeit immer feucht blieb.
„Ich kann nichts dafür was damals mit meiner Großmutter und meinem Großvater passiert ist“, schluchzte sie, doch ihr Cousin ging herzlos wieder aus dem Zelt, in der sie sie gefangen hielten. Sie waren in den Tagen zuvor meilenweit gefahren, sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, aber sie kannte sich sowieso dort nicht aus.
„Brick, wo bist du? Warum rettest du mich nicht?“, begann sie zu verzweifeln.
„So, wo fangen wir an?“, beriet sich Rhys mit Quan, als sie einige Stunden nach ihrer Ankunft etwas ausgeruht am Outdoor-Esstisch von Selinas Hütte saßen.
„Keine Ahnung, man, ich muss ständig darüber nachdenken, dass Lee mich kastriert, wenn ich nach Hause komme“, entgegnete Rhys müde.
„Hey, ich hab ne Frau zu Hause hocken, die mich auf mehrere Art und Weisen im Schlaf töten könnte, konzentrier dich“, bat er ernst.
„Süß, wie er nach 35 Jahren Ehe immer noch Schiss vor mir hat“, hörte Rhys plötzlich die Stimme seiner Frau und er zuckte zusammen.
„Lee, Baby, schön, dass du da bist“, drehte er sich zu seiner Frau. Lee stand in Jeans und einem verschwitzten T-Shirt breitbeinig in der Terrassentür der Hütte.
„Lügner, schon vor dreißig Jahren habt ihr mich nicht eingeweiht, ich dachte, unsere Beziehung wäre in dieser Zeit gereift“, war Lee stinksauer.
„Die haben Tetsu fast getötet, zwei Mal, du weißt genau, wie gefährlich die Sache ist“, bemerkte Rhys verteidigend.
„Es geht also wieder los, ich dachte das hätten wir längst begraben“, blieb Lee komischerweise in der Situation gelassen.
„Du bist nicht allein hierhergekommen, oder?“, schlussfolgerte Quan.
„Glaubst du, ich lass sie allein fliegen? Habt ihr jetzt komplett den Verstand verloren?“, wütete auch Tetsu, die von einer anderen Seite zu ihnen kam. Sie trug ein Kopftuch, was ihre Haare verdeckte und eine Sonnenbrille.
„Verdammt Schatz, ich wollte nicht, dass du mitkommst, du bist hier nicht sicher“, erkannte Quan, stand auf und drückte seine Frau an sich.
„Ich bin den Arschlöchern zwei Mal entkommen, ich hab keine Angst mehr vor denen. Die haben sich mit mir angelegt und meine Tochter entführt, das bedeutet Krieg“, war sie kämpferisch.
„Wir sind nicht mehr dreißig, wir sind zwar noch einigermaßen in Form, aber wir haben keinen blassen Schimmer, wo wir anfangen sollen“, bemerkte Rhys.
„Ich weiß genau, was sie mir damals angetan haben, ich war schwanger, sie haben mich damals verschont, keine Ahnung was sie mit ihr machen“, malte sich Tetsu schlimme Sachen aus.
„Darüber denken wir jetzt nicht nach, also wir brauchen einen Guide, der hier alles kennt und Waffen, ich möchte deinen Brüdern oder Neffen oder wer sonst noch meine Tochter in seiner Gewalt hat ne Kugel in den Kopf jagen“, plante Quan.
„Du weißt, dass wir hier in einem Gefängnis landen, wenn wir das machen, oder?“, wollte Tetsu sichergehen.
„Ich sagte ich möchte, nicht dass ich es tue. Aber nen bisschen Angst können wir ihnen schon einjagen. Also keine Namen, Schatz, du wirst Brick im Krankenhaus überwachen, wir anderen ziehen los“, entschied Quan.
„Oh von wegen, ich komm mit“, war sie dagegen.
„Irgendjemand muss ihn beschützen, vermutlich wollten sie ihn umbringen, irgendjemand muss sich auch um unsere Kinder und Enkel kümmern, wenn wir das nicht überleben“
„Ich bin die Stärkste von uns allen und das weißt du!“
„Mir kommen grade wieder alle Sachen in den Kopf als du damals schwanger verschwunden warst, du bleibst da, basta“, sagte Quan plötzlich todernst.
„Jetzt bin ich aber nicht mehr schwanger und ich hab ne Mordswut in meinem Bauch“, entgegnete sie.
„Mach das einfach für mich, bitte“, bat er ruhiger.
„Meinetwegen, aber wenn irgendwas ist bin ich wieder dabei!“
„Sicher, ich würde niemanden anders neben mir haben wollen um meine Tochter zu retten“, versprach er.
„Woher habt ihr eigentlich gewusst, was los ist?“
„Ihr seid mitten in der Nacht abgehauen, da ihr zu faul seid, euch Geliebte zu nehmen konnte es nur das sein“, erwiderte Lee furztrocken.
„Wie lang seid ihr schon da?“
„Eine Stunde, ihr hattet ja etwas Vorsprung, ich hatte Mühe Lee wach zu kriegen, was für Mörderpillen nimmst du da eigentlich?“, wollte sie von ihrer Freundin wissen.
„Darüber reden wir mal ein anderes Mal, momentan ist es wichtiger Shade zu retten. Was habt ihr eigentlich TJ über die Sache erzählt?“, wollte Lee wissen.
„Verfluchte Scheiße, ich hatte den ganzen Flug über das Gefühl, dass ich was vergessen hab“, schlussfolgerte Quan.
„Du hast unseren Sohn vergessen? Wie konntest du so was tun?“, boxte Tetsu ihren Mann auf die Brust und er hustete stark.
„Lass deinen Mann am Leben, wir haben auch nicht daran gedacht. Wir werden Sara losschicken, um ihn zu bewachen“, plante Lee.
„Nein, Sara muss bei den Mädchen bleiben, ich hab ihr das eingebläut, wir müssen die Polizei in Toronto einweihen“, suchte Lee nach ner Lösung.
„Ich würde ja Koki hinschicken, aber das ist ne lange Reise für ihn!“
„Man, das wäre jetzt echt nen Job für Brick, ich ruf die Polizei in Toronto an, ist zwar mitten in der Nacht bei denen, aber sie müssen mir einfach zuhören“, erklärte Quan und ging in die Hütte um zu telefonieren.
„Ich hab meinen Sohn vergessen“, setzte sich Tetsu betrübt hin.
„Mach dir keine Vorwürfe, vielleicht wissen sie nichts von ihm, wenn sie uns jetzt aber beobachten, tun sie es jetzt, verdammt, wir sollten uns irgendwo besprechen, wo wir nicht draußen sind“, entschied Lee und Tetsu sah sie an. Sie fing an zu weinen.
„Hey Süße, Shade ist ne Kämpferin wie du, die gibt nicht so schnell auf!“
„Sie hat sicher Liebeskummer wegen dem Streit mit Brick, ich frag mich, um was es in dem Streit ging, es ist doch so romantisch hier“, entgegnete Tetsu.
„Sie weiß nicht, dass er denkt, dass sie ihn betrogen hat“, kam Jone plötzlich zu ihnen und noch mit Tränen in den Augen drückte Tetsu den jungen Mann mit der Hand an der Kehle gegen einen Baum.
„Was weißt du?“, machte sie ihn blöd an.
„Au“, erwiderte er tonlos und mit starrem Blick. Er hatte eine Alkoholfahne.
„Sprich, Suffkopf!“
„Ich kann nicht reden, wenn ich keine Luft krieg“, hustete Jone.
„Lass ihn los, er wird schon ganz blau“, bat Lee und Tetsu setzte ihn ab.
„Ich hab sie verkauft“, sagte Jone nur.
„Ich töte dich, du Hanswurst“, wütete sie und wollte auf ihn losgehen, aber Lee hielt sie davon ab.
„Nicht, sonst werden wir nichts erfahren“, bat Lee und Tetsu blieb starr stehen.
„Ich kann sie nicht lange davon abhalten, dich umzubringen, Jungchen, also sprich!“
„Ich war absolut pleite, meine Bar geht den Bach runter, ich brauchte das Geld“
„Ist mir scheißegal, wo ist sie?“
„Ich weiß es nicht, sie haben sie mitgenommen, es tut mir furchtbar leid“, wimmerte er und fiel dramatisch auf die Knie.
„Ich wusste, dass du was im Schilde führst, Idiot“, kam Rhys zurück, der auch seine Tochter angerufen hatte.
„Du kennst den Kerl?“, fragte Lee ihren Mann.
„Das ist der kleine Bruder von Brick, wie konntest du das deiner Familie antun? Sie haben grad Vater und Ehemann verloren“, ging jetzt Rhys verbal auf ihn los.
„Ich bin ein Nichts, bitte verzeiht mir“, kroch er zur Kreuze.
„Bringst du ihn zu unserem Kollegen auf die Wache oder soll ich?“, fragte Quan, der auch wieder da war.
„Wenn er bei denen landet, hilft er uns nichts. Wir sollten ihn solang quälen, bis ihm einfällt, wo Shade ist“, murrte Tetsu, die versuchte sich selbst zu beruhigen.
„Er weiß es nicht, hat er doch gesagt. Wir bringen ihn zu seiner Mutter, das ist Strafe genug“, erklärte Lee, die in der Situation die Ruhe bewahrte.
„Das sagt er jetzt, aber wenn ich ihm die Eier an den Stuhl getackert habe, sagt er sicher was Anderes“, entschied Tetsu.
„Man, Sie sind echt so wie Ihre Tochter“, murmelte Jone und das reichte Tetsu. Sie trat mit dem Knie gegen sein Kinn und Jone ging bewusstlos zu Boden.
„Geht’s dir jetzt besser?“, fragte Lee, Tetsu trocken.
„Ja, für den Moment schon. Bringt ihn rein“, konterte sie und die Männer zogen ihn an den Armen ins Haus.
„Hast du die Polizei in Toronto erreicht?“, fragte Tetsu, als sie an ihren Mann gekuschelt vor dem Bett saß, in dem der noch bewusstlose Jone lag.
„Ja, sie werden einen Streifenwagen hinschicken, aber ich glaub, er ist dort sicher!“
„Das haben wir auch hier gedacht und jetzt fällt uns ausgerechnet Bricks Bruder in den Rücken. Wie haben Sie das so schnell wissen können? Sie hat doch innerhalb von zwei Tagen entschieden, dass sie mitfliegt“, sagte sie weinerlich.
„Ich weiß es nicht, Schatz, ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß nur eins, wenn ihr irgendwas passiert, dann töte ich den Jungen, egal ob ich dabei im Knast lande“, entschied er trocken.
„Wenn das wirklich passiert, bleib ich hier bei dir und besuch dich jeden Tag“, versprach sie und goss Jone Wasser ins Gesicht.
„Morgen, genug geschlafen“, weckte sie ihn unsanft.
„Nur noch fünf Minuten, Mummy“, murmelte er benommen.
„Du hast ihm ganz schön zugesetzt, lass ihn liegen, wir müssen weiter, soll sich seine Mutter um ihn kümmern“, bat Quan und sie ging ihm hinterher.
„Okay, ich hab jemanden gefunden, der uns Waffen besorgen kann und ein Guide wartet in der Stadt auf uns“, erklärte Rhys, als die anderen zu ihnen kamen, während sie ihre Sachen zusammenpackten.
„Ich will gar nicht wissen, wo du die her hast, aber gut, danke. Er wird wach, aber ich glaub nicht, dass wir aus ihm was raus kriegen, meine Süße hat ein bisschen zu sehr zugetreten. Was ist mit Hua und Tully?“
„Sara kümmert sich um sie, ihnen geht’s gut, TJ?“, erkundigte sich Rhys nach seinem Patensohn.
„Mein Kumpel vom Toronto PD wird sich melden, wenn sie bei ihm sind. Wir sollten los, es wird langsam dunkel“, entschied Quan und so zogen sie los.
2 Wochen später
„Nein, er ist noch nicht wach, aber die Schwellung geht zurück. TJ ist wieder zu Hause, er versteht nicht so ganz, warum er jetzt nur Webinare zu Hause nehmen darf, obwohl wir ihm eigentlich vorher davon abgeraten haben, die Uni nicht zu besuchen und alles online zu machen. Ich vermisse dich“, telefonierte Tetsu mit ihrem Mann, der immer noch auf der Suche nach seiner Tochter war und schon einige Inseln Fidschis abgeklappert hatte, während sie immer noch den im Koma liegenden Brick überwachte.
„Wir haben nicht mal Ansätze, wo wir suchen sollten, diesmal haben sie uns in der Tasche, Tetsu, wir finden sie nicht“, entgegnete er weinerlich.
„Oh bitte nein, sag das nicht, du gibst doch nicht auf, du hast mich Monate gesucht, sie ist irgendwo“, begann sie auch zu weinen.
„Damals war ich Ende zwanzig, jetzt geh ich auf die sechzig zu, wir wandern jeden Tag 10 Stunden, wir können nicht mehr!“
„Dann komm zurück, ich übernehm für dich!“
„Und dann verschwindest du auch, von wegen. Ich mach weiter, wir brauchen nur ein paar Tage Ruhe. Pass du weiter auf den Jungen auf“, schniefte er und sie legte wieder auf.
In dem Moment kam Selina ins Krankenzimmer mit einem Blumenstrauß in der Hand.
„Alles klar bei dir?“, fragte Selina, Tetsu. Die beiden Frauen hatten sich angefreundet, weil Selina auch nur in diesem Krankenzimmer blieb. Tetsu schüttelte den Kopf und weinte dabei. Selina kniete sich zu ihr hin und umarmte sie.
„Was ist los?“
„Sie finden sie nicht, sie sind kurz davor aufzugeben“, schniefte sie.
„Dann suchen wir sie weiter, ich hab es satt nichts tun zu können“, war auch Selina frustriert.
„Geht mir genauso, aber ich wurde zwei Mal fast von ihnen getötet, ich hab Angst. Sie haben meine Mutter umgebracht und meinen Ex-Lover, Brick bringt mich um, wenn dir auch noch was passiert“, gestand sie.
„Dafür muss er erst Mal aufwachen, er ist schon viel zu lang im Koma“, erwiderte sie, stellte die Blumen in die Vase und setzte sich wieder zu ihrem Sohn wie jeden Tag.
Als Tetsu grad aus dem Raum gehen wollte, erhöhte sich plötzlich Bricks Herzschlag und er stöhnte, weil er einen Schlauch im Hals hatte.
„Brick, bist du wach?“, fragte Selina und beugte sich über ihren Sohn.
„Du hast einen Schlauch im Hals, Schatz, atme langsam weiter, ich hol einen Arzt, beruhig ihn, ich komm gleich wieder“, fuhr sie ihrem Sohn, der wach wurde über die Wange und eilte nach draußen um einen Arzt zu holen.
„Brick, ich bin’s, ganz ruhig, du wirst gleich davon befreit“, redete Tetsu beruhigend auf den jungen Bodyguard ein, der sie nur apathisch anstarrte.
Als er den Schlauch aus dem Mund bekommen hatte, stieß er gleich ein etwas keuchendes „Shade“ aus.
„Weißt du wo sie ist?“, wollte Tetsu gleich wissen.
„Nein“, sagte er nur mit schwacher Stimme.
„Nicht jetzt, er darf sein Hirn nicht gleich so anstrengen“, beschützte Selina ihren Sohn.
„Du hast leicht reden, dein Sohn ist auch hier und wird nicht von Verrückten festgehalten“, wurde Tetsu laut.
„Mein anderer Sohn ist auch verschwunden, wie du weißt“, raunzte auch Selina.
„Meine Damen, könnten Sie Ihr Streitgespräch bitte nach draußen verlagern, mein Patient braucht jetzt absolute Ruhe“, bat der Arzt streng, der zwischen ihnen Bricks Vitalfunktionen checkte.
„Wir sind schon ruhig, ich wollte nur dazu noch sagen, dass dein Sohn abgehauen ist, weil er meine Tochter an den Meistbietenden verkauft hat, so jetzt bin ich still“, wollte Tetsu noch loswerden und setzte sich wieder auf ihren Stuhl.
„Lone hat Shade verkauft?“, versuchte Brick zu verstehen, was ihm sichtlich schwer fiel.
„Darüber reden wir später, jetzt werde erst mal gesund, mein Schatz“, bat seine Mutter und strich ihm dabei liebevoll über das Gesicht.
„Ich muss sie suchen gehen“, versuchte er aufzustehen.
„Ja klar, du bleibst schön liegen, du hast einen Bruch im Kopf, der muss noch ne ganze Weile heilen. Hast du keine Schmerzen?“, wunderte sich Selina.
„Jetzt schon, was ist passiert?“
„Du hast einen Sprung mit dem alten Buick deines Vaters von einer Klippe gemacht, wir müssen den Göttern danken, dass du noch am Leben bist“, erklärte ihre Mutter ihm.
„Wie lang war ich weg?“
„Zwei lange Wochen, wir sind nicht von deiner Seite gewichen. Bist du von der Klippe gestoßen worden?“, wollte sie wissen.
„Nicht das ich wüsste, aber es ist alles verschwommen. Mich wollte jemand umbringen?“
„Wir wissen es nicht, aber meine Familie hat Shade, das wissen wir inzwischen, wir haben nur keine Ahnung wo sie ist“, sagte Tetsu traurig.
„Und Jone?“
„Der ist verschwunden nachdem ich ihn angegriffen habe. Ich wollte nicht so grob zu ihm sein, aber ich wollte es wissen“, entschuldigte sich Tetsu.
„Hast du ihm richtig wehgetan?“
„Nicht wirklich, aber er hat seine Lektion gelernt. Was ist zwischen euch passiert?“
„Der Arsch hat sich meine Freundin geschnappt, ich hab sie beide erwischt“, murmelte er und hielt sich seinen schmerzenden Kopf.
„Red keinen Blödsinn, meine Tochter würde so etwas nie tun … ja, sie ist ein bisschen promiskuitiv, aber nein, das hat sie nicht“, wollte Tetsu es nicht glauben.
„Dann ist deine Schlampen-Tochter Schuld daran, dass mein Sohn fast getötet wurde?“, raunzte Selina.
„Dein Sohn ist genauso Schuld daran“
„Meine Damen, raus, jetzt“, forderte der Arzt und die Frauen gingen aus dem Zimmer.
„Hat er uns grad rausgeschmissen?“, fragte Tetsu, als sie mit Selina vor der Tür stand.
„Scheint so. Tut mir leid dass ich so reagiert habe, ich bin nur grad ganz alleine, ich hab grad meinen Mann beerdigt, einer meiner Söhne liegt im Krankenhaus, der andere hat sich dem Menschenhandel schuldig gemacht und ist jetzt sonst wo und meine missratenden Adoptivkinder sind nicht mal zur Beerdigung ihres Vaters aufgetaucht“, war Selina fertig mit ihren Kräften.
„Mir tut es auch leid, es kommt nur alles hoch was mir vor 30 Jahren passiert ist. Was ist wenn wir sie nicht finden weil sie längst tot ist?“, begann Tetsu auch aufzugeben.
„Wie brutal das auch klingt, wenn sie sie hätten töten wollen, hätten wir ihre Leiche bereits gefunden“, beruhigte Selina ihre Bekannte.
„Nicht, wenn sie sich irgendwo abgeladen haben, wo sie niemand findet, sie sind Nomaden, wir sind damals auch wochenlang herum gezogen. Meine arme kleine Tochter, irgendwo verscharrt, dieser Gedanke ist unerträglich“, begann Tetsu zu weinen.
„Nein, hör auf, mein Sohn wird das niemals überwinden wenn das so ist, er liebt sie unendlich. Wenn ich ihn auch noch verliere, will ich auch nicht mehr leben“, konnte Selina die Tränen auch nicht mehr zurückhalten.
„Seht sie euch an, uns halten sie immer vor, dass wir weich sind und dann geben sie einfach so auf“, hörten sie plötzlich TJs Stimme. Er stand in Armee-Klamotten umringt von Hua, Kaikoura und Jamal hinten ihnen.
„TJ? Wann lernst du endlich mal auf mich zu hören?“, war Tetsu total verwirrt, ihren Jüngsten zu sehen.
„Niemals Mum, wann wolltest du mir eigentlich sagen, dass ich eine mörderische Familie habe?“, fragte er und sah sie vorwurfsvoll an.
„Kai, musste das sein?“, sah Tetsu, die beste Freundin ihrer Tochter an.
„Wir sind keine Kinder mehr, wir werden das jetzt selbst in die Hand nehmen“, bemerkte Kaikoura mit einer ernsten Stimme, die sie noch nie von ihr gehört hatte.
„Aber in deinem Zustand gefährdest du gleich zwei Personen“, war Tetsu besorgt.
„Du bist schwanger?“, drehte sich Jamal zu seiner Frau.
„Ich wollte es dir sagen wenn wir wieder zu Hause sind, sonst hättest du mich nicht fliegen lassen!“
„Ja, ganz richtig, das hätte ich nicht. Du bleibst im Überwachungswagen mit TJ, verstanden?“, raunzte Jamal.
„Vergiss es, ich werde sie auch suchen“
„Ja, vom Wagen aus. Wie geht’s Brick?“, wollte Jamal wissen.
„Er ist grade aufgewacht, der Doktor ist bei ihm, er weiß aber nichts“, erklärte Tetsu.
„Das werden wir ändern, Mum, wir haben sie bald wieder, versprochen“, umarmte TJ seine verstörte Mutter.
„Du bleibst aber im Wagen, versprich mir das. Die dürfen dich nicht kriegen“, bat sie inständig.
„Ja Mum, ich bin auch viel zu gut in dem was ich tue um da draußen rum zu rennen“, versprach er.
„Was genau machst du?“
„Da du meine Mum bist sag ich das lieber nicht, vertrau mir einfach“, bat er.
„Muss ich wohl oder übel. Wartet, wo ist Hua?“
„Bei Sara, sie wird sie mit ihrem Leben beschützen. Koki wird auch auf sie achten, aber sie kann glaub ich selbst für sich und die Kleine sorgen. Gib mir die Nummer von Dad, wir müssen das noch besprechen“, entschied TJ. Er klang so erwachsen und selbstsicher, dass es Tetsu fast gruselte.
„Du nutzt es echt aus, dass ich verzweifelt bin, dass ich da zusage“, gab sie ihm das Handy und er rief seinen Vater an.
„TJ, hör auf Chips in dich rein zu stopfen, ich hör das durch meinen Ohrstecker“, nörgelte Quan, als er TJ hörte, wie er im Überwachungswagen Chips knabberte, während Quan Leute auf der Straße befragte.
„Ich habe seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen, sorry ich leg es weg. Also der Kerl in der Kapuze da hinten“, half er ihm weiter.
„Okay, jetzt Funkstille, ich meld mich wieder“, bat Quan und TJ drehte den Ton runter, dass er sein Webinar weiter verfolgen konnte.
„Du solltest dich mehr auf diese Sache konzentrieren, studieren kannst du später wieder“, mischte sich Kaikoura ein, die neben ihm in dem Wagen mit technischem Equipment saß.
„Ich werde das College nicht schmeißen nur weil meine Schwester einen schlechten Geschmack hat, was Männer angeht“, sagte er schmatzend und bekam von Kaikoura einen Schlag gegen den Kopf.
„Au, was sollte das?“
„Sag so was nie wieder, du weißt genau dass sie nichts dafür kann auf keine Art und Weise“, sagte sie ernst.
„Wenn sie nicht nach Toronto gefahren wäre, weil er sie dazu bestärkt hätte, die Prüfung zu machen, wären sie nicht auf sie aufmerksam geworden. Das denkst du doch auch, oder?“
„Wie kommst du denn auf den Mist? Das kannst du nicht wissen!“
„Wenn sie sie schon in Hat auf sie aufmerksam geworden wären, hätten sie dort zugegriffen“, bemerkte er trocken.
„Sie war von Polizisten umgeben, sie haben sich einfach nicht getraut, aber als sie allein war, haben sie die Chance genutzt“, entschied er.
„Daran ist aber keinen Moment Brick Schuld“, bemerkte sie.
„Danke, Kleine“, hörte sie plötzlich Bricks Stimme.
„Sie haben die Webcam installiert bekommen, wie geht’s dir, Süßer“, begrüßte Kaikoura ihn, der auf ihrem Computerbildschirm auftauchte.
„Mir geht es erst wieder gut wenn sie wieder da ist, danke, dass ihr mich daran teilnehmen lasst“
„Du gehörst dazu, aber du sagst Bescheid wenn es dir zu viel wird, okay?“, bat sie.
„Klar, ich bin auch vollgepumpt mit Medikamenten, also komm ich klar. TJ, gib der Lady die Chips, die du da futterst, sie ist schwanger, du Idiot“, schimpfte Brick.
„Hast du vielleicht Hunger?“, fragte er Kaikoura.
„Nein, danke, ich bin nur geil, aber da könnt ihr beiden mir nicht weiterhelfen“, sagte sie furztrocken.
„Ich bin ein echt guter Lover, muss dein Mann ja nicht erfahren“, flirtete er.
„Du hast mir einen Knopf ins Ohr gesetzt, Romeo, ich hör dich die ganze Zeit“, hörte er Jamals Stimme auf dem Bildschirm.
„Ach ja, da war ja was. Wie sieht’s bei dir aus, Partner?“, murmelte er verlegen.
„Nichts neues, Finger weg von meiner Frau, ich hab zwar nicht so viel Kraft wie deine Familie, aber ich kenne Leute die Leute kennen, die dich verschwinden lassen können“, drohte er ihm spielerisch.
„Keine Sorge, Schatz, so geil kann ich gar nicht werden, um ihn an mich ran zu lassen. Pass auf dich auf“, bat sie.
„Werde ich, ich beobachte nur, keine Sorge. TJ gib meiner Frau die Chips, die du da frisst, dieses Knabbern macht mich wahnsinnig“, forderte Jamal.
„Du bist überstimmt, Kleiner, gib her“, zog Kaikoura ihm die Chips aus der Hand.
„Ich dachte, du hast keinen Hunger!“
„Für Chips braucht man keinen Hunger, du nervst mich auch damit, hör auf mich so anzuglotzen, lausch wieder deinem Webinar“, entgegnete sie und aß die Chips weiter.
„Das war ne nette Idee mit der Kameraüberwachung, aber wir haben jetzt drei Tage lang alles überwacht, das hilft uns auch nicht weiter“, entschied Tetsu, als sie einen Tag später mit der ganzen Such-Crew in der Hütte der Singhs zusammensaß.
„Wir machen das erst drei Tage, Mum, wir kriegen das schon hin“, hatte TJ noch Hoffnung.
„Deine Mutter hat Recht, wir sind nicht die CIA, wir haben keine Erfahrung in diesen Dingen, die sind einfach zu gut“, entschied Kaikoura.
„Was wollt ihr jetzt machen, aufgeben? Sie würde uns auch niemals aufgeben“, wurde TJ wütend.
„Er hat Recht, sie erwartet, dass wir sie finden und das tun wir auch“, bemerkte Jamal.
„Wir haben alle Jobs, wir helfen ihr nicht, wenn wir alle arbeitslos werden“, entschied Lee.
„Okay, wir stimmen ab, wer gehen möchte hebt jetzt die Hand“, übernahm Quan als ältester in der Runde die Führung. Er sah sie um, niemand traute sich, die Hand zu heben.
„So Sohn, hier hast du deine Antwort. Wir haben bei Tetsu nicht aufgegeben und werden es bei Shade noch weniger tun“, entschied Quan und Tetsu legte liebevoll ihre Hand auf seine Hand die auf dem Tisch lag.
„Scheiß drauf, ich find nen neuen Job als Näherin“, stimmte auch Lee zu, weiter zu machen.
Drei Monate später
Shade saß neben ihrer Cousine an einem Esstisch. Sie trug nur noch eine elektronische Fußfessel, sie war schon so zermürbt, dass sie gar nicht mehr flüchten wollte.
„Wie schmeckt dir dein Couscous?“, fragte ihre Cousine sie, die neben ihr saß.
Wortlos nahm Shade eine Gabel von ihrem Essen.
„Du weißt, dass sie nicht mehr spricht, lass sie“, bat ihr Ehemann am Ende des Tisches.
„Das ist langweilig, wenn sie sich nicht mehr wehrt“, bemerkte sie enttäuscht.
„Sie ist nicht schuld daran, dass dein Onkel deine Mutter getötet hat, sie wollte ihrer Mutter nur helfen damals“, entgegnete ihr Mann.
„Sie war schwach, ich werde nicht so schwach sein“, entschied sie tonlos.
„Sie ist jetzt gezwungen unsere Hausangestellte zu sein, du hast deine Macht demonstriert, lass es gut sein“, bemerkte er.
„Deine Mutter war vermutlich die einzige in der Familie, die ein Gewissen hatte“, redete Shade das erste Mal mit ihnen seit sie drei Wochen zuvor zu ihnen gebracht worden war.
„Sie redet also doch noch, nur gibt sie nur Mist von sich“, sagte sie und sah ihre Cousine an.
„Der Couscous ist lecker, danke“, beantwortete sie ihre Frage und aß weiter.
„Schon besser. Nach dem Essen beziehst du unser Bett neu“, befahl sie ihr und Shade nickte nur stumm.
Kaikoura starrte auf die Wand ihres Waschsalons. Sie war einen Monat zuvor nach Hause zurückgekehrt zusammen mit ihrem Mann und den anderen. Ihre Schwangerschaft verlief gut, aber das konnte sie nicht genießen, da ein wichtiger Teil in ihrem Leben fehlte – ihre beste Freundin. Wochenlang hatten sie sie gesucht, doch sie nie gefunden. Brick war dort geblieben, einerseits um seine Mutter zu unterstützen, andererseits, weil er in ihrer Nähe bleiben wollte, wo auch immer sie war.
„Süße, hast du schon was gegessen?“, riss Tetsu sie aus ihren Träumen.
„Keinen Hunger“, bemerkte Kaikoura ohne den Blick auf sie zu richten.
„Aber dein Kind hat Hunger, iss“, bat Tetsu mütterlich und stellte ihr einen belegten Bagel hin.
„Okay, vielleicht einen Bissen“, gab sie nach. Sie spürte, dass Tetsu jemanden brauchte, den sie bemuttern konnte.
„Du hast sie dazu gebracht etwas zu Essen, gut. Du solltest aber auch was essen“, erwiderte Jamal, der in den Salon gekommen war um nach seiner Frau zu sehen. In der Vergangenheit hatte er das nie getan, aber seit Shade weg war, war sie zu keinem Lächeln mehr zu bewegen.
„Keinen Hunger“, sagte auch Tetsu.
„Doch, hast du, das soll ich dir von Taylor bringen“, erkannte Jamal und gab ihr eine Lunchtüte.
„Süß, als wär ich wieder ein Schulkind“, nahm sie es brummelnd entgegen.
„Er sorgt sich so um dich wie ich mich um meine Frau sorge“, erklärte er und sie biss in den Apfel, den sie aus der Tüte geholt hatte.
„Brav. Wir müssen langsam anfangen weiter zu leben, sie hätte es so gewollt“, bat Jamal.
„Hör auf, tu nicht so als wäre sie tot, dass ist sie nicht“, wurde Kaikoura laut.
„Kai, beruhig dich, das ist nicht gut für das Baby. Auch wenn sie nicht tot ist, sie ist nicht hier, das müssen wir akzeptieren“, entschied er.
„Shade ist die Tigerin, sie ist die Stärkste von uns, ich werde gar nichts akzeptieren“, sagte sie wütend.
„Okay, sag mir was ich tun soll und ich tu’s“, war Jamal mit seinem Latein am Ende.
„Mach das sie wieder da ist, dass sie Witze darüber reißen kann, dass ich immer fetter werde“, schluchzte sie und Jamal zog sie liebevoll an sich.
„Du wirst immer fetter“, schmunzelte er und sie boxte ihm sanft auf die Brust, während er sie fest in seinen Armen hielt.
Währenddessen war es spät in der Nacht in Suva. Brick ging es wieder gut, wenn man das so nennen konnte. Er vergriff sich nach dem Weggang seines Bruders ausgiebig an dem Vorräten von Jones Bar wie auch in dieser Nacht.
„Wir stricken also wieder heute Nacht“, bemerkte Selina sarkastisch, die auch schlaflos barfuß zum Strand kam.
„Was nützt meine ganze Bodyguard-Ausbildung wenn ich nicht mal die beschützen kann, die ich liebe“, gackste er und schmiss eine leere Flasche frustriert gegen den Spiegel der Bar, der zerbarstete.
„Geht es dir besser, wenn du die Bar deines Bruders dem Erdboden gleichmachst?“
„Ein wenig, ich hoffe, er schmort in der Hölle“, sagte er tonlos.
„Damit kann ich nicht dienen, obwohl die Hölle auch nicht heißer ist, als das Wetter hier. Hey, großer Bruder“, hörte er plötzlich die Stimme von Jone. Eh er sich versah, hielt Brick ihm eine Waffe an die Schläfe.
„Oh Alkohol und eine Waffe sind keine gute Kombination. Leg die Waffe weg, bitte“, sagte er erschreckt.
„Ich könnte dich töten und niemand würde es mir verübeln“, hatte Brick eine ganz seltsame Stimmung.
„Ich würde es dir verübeln, Brick, nimm die Waffe runter, bitte“, flehte Selina und Brick senkte die Waffe.
„Er ist keine Kugel wert“, murmelte er, legte die Waffe auf den Tresen und torkelte davon.
„Vier Monate, Jo, vier Monate warst du weg. Wo zum Henker warst du?“, hielt Selina ihrem Sohn vor.
„Erst bin ich abgehauen vor lauter Scham, doch ich denke, ich weiß jetzt wo sie ist“, erklärte er und sah zu Brick, der im Sand stolperte und betrunken liegen blieb.
Der Geschmack von Sand in seinem Mund weckte Brick Singh an diesem Wintermorgen, der in seiner Wahlheimat eigentlich Hochsommer war. Mit geschlossenen Augen tastete er auf dem Bauch liegend nach der Wasserflasche, die er immer auf dem Nachttisch hatte und schmiss damit den teuren Wecker seiner Mutter herunter.
„Ach Lupo, muss das sein, ich hab ihn grad erst reparieren lassen“, hörte er die für ihn schrille Stimme seiner Mutter.
„Ich lieg in deinem Bett, oder?“, murmelte er ins Kissen.
„Ja, ich hab dich Muskelprotz nicht ganz ins Gästezimmer schleppen können, wenn dein Bruder mir nicht geholfen hätte, hättest du auf dem Boden pennen müssen“, erklärte sie.
„Mein Bruder? Bitte sag mir, dass Israel oder Hudson nach Hause gekommen sind“, grummelte er.
„Nein, die sind noch auf dem Festland, hey großer Bruder“, kam Jone mit einem Glas Wasser in der Hand zu ihm und stellte es ihm hin.
Ganz plötzlich war er wach und stürzte sich auf seinen Bruder. Die beiden kämpften so brutal, dass Selina ihren Nachbarn holen musste, dass sie sie auseinanderbrachte.
„Jungs, was soll der Scheiß, ihr seid Brüder, verdammt“, keuchte Selina, als sie die beiden auf unterschiedlichen Seiten des Raums platziert hatte.
„Er hat meine Freundin verkauft und das an Leute die sie vermutlich schon umgebracht haben, ich hab ihm nichts zu sagen“, war auch Brick außer Atem.
„Du hast vergessen, dass ich sie vorher noch geknallt habe“, provozierte Jone ihn und Brick wollte wieder auf ihn losgehen, doch der Navy-Seal der neben den Singhs lebte, drückte ihn auf den Stuhl zurück.
„Warum lügst du ihn an?“, fragte der Navy Seal Broderick und sah Jone vorwurfsvoll an.
„Du hast mich gesehen“, schlussfolgerte Jone ertappt.
„Ja, ich war im Garten, ich wusste nicht, was du da machst, aber als ich gesehen hab, dass du die Kleine nur abgeladen hast, hab ich es dabei belassen. Ich wusste nicht, dass es deine Freundin ist, Brick, es war dunkel“, entschuldigte sich Broderick.
„Warum tust du mir so was an? Nicht nur, dass das der Tag der Trauerfeier meines Vaters war, du weißt genau was sie mir bedeutet“, machte Brick, Jone Vorwürfe.
„Aus dem Grund musste ich dir das antun, ihr wart unzertrennlich und ich musste sie alleine kriegen. Ich kann dir nicht genug sagen, wie leid mir das tut“, entschuldigte sich Jone ehrlich.
„Das bringt sie mir auch nicht zurück. Ich kann dir jetzt nicht in die Augen sehen, einer von uns muss hier weg“, sagte Brick tonlos.
„Er kann bei mir bleiben, ich kann auch nicht jeden Tag hierher kommen und euch Streithähne auseinander bringen. Komm, Jone“, entschied Broderick und Jone stand auf.
„Ich wollte nur sagen, dass ich vermutlich weiß wo sie ist und wie man sie daraus holt“, ging Jone mit Broderick aus der Hütte seiner Familie.
„Was hat er grad gesagt?“, fragte Brick seine Mutter.
„Er hat sie gefunden“, wiederholte Selina die Worte ihres Sohnes.
„Er hat sie … bist du sicher?“, sprang er auf.
„Hat er zumindest gesagt, wenn du nicht deine Zeit verschwendet hättest, ihn windelweich zu prügeln, hätte er es dir sicher gesagt“, bemerkte sie trocken.
„Tut mir leid, ich bin keine große Hilfe für dich in letzter Zeit“, sagte er reumütig.
„Du vermisst sie, so wie ich deinen Vater vermisse, das versteh ich schon. Doch sie braucht dich jetzt, schluck deinen Stolz herunter und lass dir helfen“, bat seine Mutter ihn.
„Das werde ich, aber erst mal muss ich mich übergeben, ich bin eindeutig zu schnell aufgestanden“, rannte er ins Bad.
Zwanzig Minuten später ging er an die Strandbar, an der Jone gerade die Scherben von dem zerbrochenen Spiegel auffegte.
„Was ist denn hier passiert?“, fragte er unwissend.
„Du bist passiert!“
„Tut mir leid!“
„Schon gut, bin ja schon froh, dass du mich nicht abgeknallt hast gestern Nacht!“
„Auch das tut mir leid, ich sollte nicht bewaffnet rumrennen, wenn ich mich besaufe. Du hast Informationen für mich?“, fragte er in einem Ton wie er sonst mit einem Fremden reden würde.
„Ich könnte dich zu ihr bringen, aber das wird ziemlich gefährlich werden“, begann Jone.
„Egal, ich bin ausgebildeter Bodyguard und wir nehmen den Hulk von gegenüber mit, das packen wir“, konterte er.
„Wenn du meinst, hilfst du mir aufräumen?“, bat er und sein großer Bruder half ihm.
„Wir haben ein kleines Problem“, schlussfolgerte Jone, als sie ihre Ausrüstung zusammensuchten.
„Wir haben mehr als ein Problem“, entschied Brick, während er einen Schlafsack einpackte.
„Auch wahr, aber unser größtes ist dass wir kein Fahrzeug haben, zumindest kein unauffälliges. Dads Wagen wär ideal gewesen, aber damit hast du ja den Crash gehabt“, bemerkte Jone.
„Was ist mit Brodericks Wagen?“
„Du willst mit einem Hummer heimlich ein Haus beobachten? Da könnten wir ja genauso gut mit nem Blaulicht auf dem Dach rumfahren“
„Mit Eseln können wir kaum reisen!“
„Ich besorg nen Wagen“, erklärte Jone und ging aus der Hütte.
„Warum bin ich nicht überrascht, dass er uns nen Wagen besorgen kann?“, fragte Brick, Broderick.
„Dein Bruder ist ein guter Kerl, der einen Fehler gemacht hat, du solltest ihm verzeihen“, riet Broderick ihm.
„Wenn sie noch lebt, überleg ich es mir, wenn sie tot ist, werde ich ihn umbringen“, sagte er ernst.
„Nein, wirst du nicht!“
„Vor ein paar Monaten hätte ich das nur aus Spaß gesagt, aber was er getan hat, ist unverzeihlich“, erwiderte er mit einem Ton in der Stimme, der Broderick gar nicht gefiel.
„Du bringst deinen Bruder nicht um, oder? Oder?“, wollte er sicher gehen.
„Nicht solang er mir Informationen geben kann“, konterte er und ging aus der Hütte um nach zu sehen, wo sein Bruder hin ging.
„Brick, ich hoffe du hast dir auf dem Festland Sarkasmus angeeignet, denn darüber macht man keine Witze“, kritisierte Broderick ihn.
„Sarkasmus ist nur was für New Yorker“, bemerkte Brick, während er das Magazin in seine Waffe drückte.
„Die Waffe her, bitte“, bat Broderick mit starker Stimme.
„Die muss man mir schon aus meinen toten Fingern ziehen. Ich geh noch Wasservorräte kaufen“, steckte er seine Waffe ins Halfter und ging zu dem Supermarkt in der Nähe.
„Jetzt geht er bewaffnet einkaufen, sehr unauffällig, wirklich“, bemerkte Broderick kopfschüttelnd.
Zwei Stunden später kam Jone zurück.
„Da bist du ja wieder, ich dachte schon du wärst abgehauen“, begrüßte Brick ihn etwas ruppig.
„Ich musste meine Bekannten abklappern, ich wollte keinen Wagen klauen, das wäre vielleicht schneller gegangen“, entgegnete er.
„Würd ja passen. Der Wagen ist unauffällig und geländegängig, gut gemacht. Wir müssen los“, lobte Brick ihn und lud sein Zeug auf den Pick-up.
„Das klang wie ein Kompliment, war’s aber nicht. So, los geht’s“, entschied Jone und die Männer zogen los.
Am nächsten Morgen erreichten sie den Norden von Fidschi und die Stadt Tavua.
„Sie konnten die Insel anscheinend nicht mit ihr verlassen, das ist unser Glück. Sie ist also wirklich in diesem Haus?“, wollte Brick wissen, als er auf dem Beifahrersitz des Pick-ups wach wurde.
„Meine Quelle sagt das zumindest, du glaubst mir nicht, oder?“, kritisierte Jone ihn.
„Ich such jetzt drei Monate nach ihr, ich bin nur skeptisch. Also, wie gehen wir vor?“
„Ich bin Barkeeper, kein Cop, ich hab keine Ahnung“
„Also bei den Seals sind wir immer reingestürmt und haben die Geiseln befreit, aber wir wissen nichts, vielleicht sind Kinder da drin, die verletzt werden könnten. Ich geh an die Tür und frag, ob ich mal telefonieren kann, weil mein Auto liegen geblieben ist“, schlug Broderick vor.
„Im Zeitalter des Smartphones der neusten Generation glaubt dir das keiner, alter Mann“, kritisierte Jone den Seal.
„Der Kleine könnte hingehen“, schlug Broderick vor.
„Spinnst du? Die kennen mich, die knallen mich ab bevor die Tür aufgeht“, war Jone erbost.
„Klasse, dann spar ich mir eine Kugel“, bemerkte Brick trocken.
„Meint er das Ernst?“, erschreckte sich Jone über die Kälte seines Bruders.
„Ich enthalte mich der Aussage!“, entschied Broderick.
„Bitte knall ihn ab, wenn ich ne Kugel im Kopf hab, ja?“, bat Jone Broderick.
„Wird gemacht!“
„Hey, nicht verbrüdern, ihr beiden. Okay, ich gehe“, stieg Brick aus.
„Brick, verdammt, was macht er schon wieder“, war Jone überrascht, dass sein Bruder ausstieg und ging ihm hinterher.
„Brick“, zischte Jone seinem Bruder entgegen, als der zur Tür des kleinen Hauses ging.
„Was ist? Einer von uns muss es machen“, zischte er zurück und ging die Stufen des Hauses hoch bis zu Tür.
„Die töten dich“, hatte Jone Sorge um seinen Bruder.
„Wenn ich sie damit retten kann, ist mir das egal“, erwiderte er und wollte klingeln, doch Jone hielt seine Hand fest.
„Ich will nicht, dass du draufgehst“, sagte Jone mit einer sehr besorgten Stimme. Brick drehte sich zu ihm um.
„Du sorgst dich ganz ehrlich um mich. Du hast noch nie deine Gefühle gezeigt vorher“, war er verwirrt.
„Und so einfach kann man dich von was abbringen. Komm“, schmunzelte er.
„Ich kann sie nicht hier lassen“, bemerkte er.
„Wir holen sie da raus, wir müssen nur anders vorgehen“, versprach er und ganz plötzlich starrte Brick auf die Straße.
„Bruder?“, wunderte sich Jone.
„Da ist sie“, stotterte er und sah seine Freundin, die mit einer Einkaufstüte zurück zum Haus kam.
Langsam ging Brick auf sie zu. Sie sah mager aus, aber in Ordnung. Sie ging mit glasigen Augen einfach an ihm vorbei, was ihn noch mehr irritierte. Für einen Moment dachte er, er hätte sie verwechselt, doch dann sah sie plötzlich zu ihm hin.
Eilig rannte sie zum Haus, schloss auf und verschwand darin.
„Was war das denn bitte?“, kam Brick wieder zu den anderen, die im Auto saßen.
„Ich hab keinen blassen Schimmer. Ich sag’s nicht gern, Bruder, aber es sieht aus, als würde sie nicht wirklich gefangen sein“, schlussfolgerte Jone und Brick stieg ein.
„Ich muss nochmal zu ihr“, entschied Brick, nachdem er ein paar Sekunden ins Nichts gestarrt hatte, und stieg wieder aus.
„Man, der Junge hat echt ne Todessehnsucht“, ging Jone ihm wieder hinterher.
„Brick, vielleicht ist sie ja entkommen und versteckt sich hier“, wollte Jone ihn abhalten.
„Dann kann ich ja in aller Ruhe mit ihr reden, geh zurück ins Auto“, raunzte er und ging wieder zur Tür.
„Wenn du meinst, wenn aber die große Schießerei losgeht sind wir weg“, sagte er kopfschüttelnd und ging zurück, während Brick langsam die Treppenstufen zum Haus hochging. Er klingelte, aber sie öffnete ihm nicht.
„Shade, Schatz, mach bitte die Tür auf“, bat er durch die Tür.
„Bitte geh weg“, hörte er leise ihre Stimme.
„Nein, nicht bevor du mir sagst, was los ist“, wollte er nicht gehen.
„Ich will dich nicht verlieren“, bemerkte sie mysteriös.
„Hält man dich gegen deinen Willen gefangen?“
„Hör auf, hör bitte auf“, sagte sie weinerlich.
„Klopf einmal gegen die Tür, wenn man dich festhält“, bat er besorgt und sie schlug ein Mal.
„Ich komme wieder, halte durch, ich liebe dich“, sagte er schniefend und ging wieder zum Auto.
„Fahr“, schniefte Brick, als er wieder einstieg.
„Sag mal, heulst du?“
„Weniger quatschen, mehr fahren“, murrte er gespielt cool und Jone fuhr los.
„Ein Klopfgeräusch beweist gar nichts. Sie rennt frei herum, so schlecht kann es ihr nicht gehen“, bemerkte Jone, als sie am Stadtrand auf der Ladefläche des Pick-ups saßen und sich berieten.
„Sie hat geweint!“
„Weiber heulen ständig wegen vielen Sachen“
„Irgendwas stimmt da nicht“, entschied Brick.
„Ja, das ist schon klar, wie holen wir sie da raus?“
„Wir schnappen sie und zerren sie weg!“
„Das ist Entführung, Romeo!“
„Nicht, wenn wir sie vor Entführern wegholen!“
„Sieh es ein, sie ist frei und will dich nicht mehr“, mischte sich Broderick in das Streitgespräch der Brüder ein.
„Glaubst du das?“, wurde Brick unsicher.
„Die meisten Geiseln, die ich während meiner Zeit beim FBI gerettet habe, sind nicht einfach so rumgelaufen, außer sie hatten das Stockholm-Syndrom“, entgegnete Broderick trocken.
„Das Stockholm-Syndrom?“, fragte Jone unwissend.
„Opfer verliebt sich in Entführer, was weißt du eigentlich?“, raunzte Brick seinen Bruder an.
„Deine Kleine hat sich in einer ihrer Cousins verliebt, das passt dir gar nicht, was?“, provozierte Jone ihn und das endete wieder in einem Gerangel der Brüder.
„Könnt ihr euch nicht einen Moment benehmen, ihr zwei, das war nur so ne Idee, wir beobachten sie jetzt einfach ein paar Tage, dabei überlegen wir uns was. Jetzt schlaft, am besten geht einer in den Führerraum, ich will mich auch ausruhen“, erwiderte Broderick und Jone verzog sich in den Fahrerraum des Wagens.
Brick legte sich auf den Rücken und starrte in die Sterne. Er konnte nicht schlafen, sie war so nah bei ihm, aber doch so fern. Als er dachte, dass beide Männer schliefen, sprang er vom Laderaum des Pick-ups und machte sich zu Fuß zurück zum Haus. Es war schon spät in der Nacht, als er dort ankam. Das Gebäude schien schlecht gesichert zu sein. Er schlich ums Haus und fand ihr Zimmer. Seine Freundin lag unter einem Fliegennetz und schlief friedlich. Sie sah aus wie eine Prinzessin. Leise stemmte er das Fenster hoch und ging zu ihr hin. Liebevoll strich er ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie wurde wach und erschreckte sich furchtbar.
„Hi Schatz“, flüsterte er.
„Bist du wahnsinnig geworden? Die werden dich hören“, fragte sie panisch.
„Wer sind die? Deine Verwandten?“
„Bitte geh weg“, sagte sie weinerlich.
„Nicht ohne dich!“
„Das geht nicht!“
„Liebst du ihn?“
„Was?“
„Du leidest doch am Stockholm-Syndrom!“
„Ich werde festgehalten und das ist mein Cousin, hast du dir deine Hirnzellen weggesoffen?“
„Komm, ich erklär es dir zu Hause, wir müssen hier weg“, bat er.
„Ich kann hier nicht weg, Dummbatz“, entgegnete sie und deckte ihr Bein ab um ihm ihre Fußfessel zu zeigen.
„Nein, diese Schweine, deshalb kannst du dich so frei bewegen. Wie weit ist der Radius dieses Geräts?“, wollte er wissen.
„Nachts nur in diesem Zimmer, ich kann hier nicht weg, die töten mich“, hatte sie sichtlich Angst.
„Ich bin bewaffnet, ich schieß uns frei“, versprach er.
„Dann werden wir beide getötet, geh einfach, leb dein Leben weiter, vergiss mich einfach“, sagte sie weinend.
„Nicht ohne dich“, bemerkte er mit starker Stimme.
„Wenn ich dich verliere, will ich auch nicht mehr leben, wollte sie ihn loswerden, deswegen machte sie ihm Angst.
„Ich weiß, was du machst, das funktioniert bei mir nicht. Steh auf“, versuchte er sie zum Gehen zu bewegen.
„Bitte Lupo, bitte“, sprach sie ihn mit seinem verhassten Geburtsnamen an um ihn zu verscheuchen.
„Das funktioniert nicht mal bei meiner Mutter“, schwang er sie galant auf die Arme.
„Wie willst du schießen, wenn du die Hände nicht frei hast“
„Auch wahr. Ich hab leider nur eine Waffe, stell dich hinter mich“, bat er.
„Du willst vorne raus?“
„So kann ich dich besser beschützen“
„Ich bin keiner deiner Klienten, ich bin deine Freundin“
„Lass mich bitte heute deinen Bodyguard spielen, nur für heute, bitte“, hoffte er und setzte sie ab.
„Okay“, sagte sie kleinlaut und stellte sich brav hinter ihn.
„Ich liebe dich, für immer, ich hoffe, das weißt du“, gestand er plötzlich und sie umarmte ihn von hinten.
„Hör auf, dich zu verabschieden“
„Ich wollte nur, dass du das weißt. Los geht’s“, küsste er sie kurz und ging sie eng an sich gepresst die Tür hinaus. Sofort ertönte ein Alarm.
„Mist, ich dachte, wir hätten mehr Zeit“, murmelte er.
„Ich liebe dich auch“, gestand sie plötzlich auch und er zog seine Waffe.
„Gut, dann kann ich auch sterben heute“, entschied er trocken und in dem Moment kam Shades Cousine aus der Schlafzimmertür.
„Was ist hier los?“, war die junge Frau überrascht. Ganz plötzlich drückte er seiner Freundin einen Kuss auf den Kopf und hielt ihr dann die Waffe an den Kopf.
„Ich geh jetzt mit ihr raus und du gehst zurück ins Bett, Püppi“, entgegnete er auf Fidschi und drückte Shade noch fester die Waffe an den Kopf. Total perplex ging sie einfach ins Schlafzimmer zurück.
„Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben, renn“, flüsterte er ihr ins Ohr und nahm die Waffe von ihrer Schläfe.
„Ich geh nicht ohne dich, vergiss es“, bemerkte sie zitternd.
„Scheiße, kannst du nicht einmal auf mich hören, bitte“, entschied er wütend. Brutal zog sie ihm die Waffe aus der Hand, ging ins Schlafzimmer und er hörte nur zwei Schüsse fallen.
„Jetzt haben wir Zeit“, bemerkte sie eiskalt, steckte die Waffe in die Rückseite ihrer Hose und ging durch die Tür.
„Was zum … spinnst du?“, war er total verwirrt, als er hinter ihr aus der Tür lief.
„Ich hab ihnen ins Bein geschossen, hältst du mich für einen eiskalten Killer? So, wo ist dein Wagen?“, war sie durch das Adrenalin, was durch ihre Venen floss total aufgekratzt.
„Der Wagen parkt ca. 5 Meilen entfernt, ich bin hierher gelaufen. Sollten wir nicht einen Krankenwagen rufen, oder so?“, versuchte er Worte zu finden.
„Die haben mich jetzt drei Monate als Sklavin gehalten, das glaub ich doch eher weniger“, entschied sie und lief die Straße entlang, während im Haus immer noch der Alarm tönte.
„Du bist echt total wahnsinnig“, wütete Jone, als das Paar bei den andren angekommen war.
„Hat aber geklappt, nur sie ist grad so mit Adrenalin vollgepumpt, dass sie mir meine Waffe nicht mehr wieder gibt“, entschied Brick und sah zu seiner Freundin, die etwas von ihnen weg auf und ab ging und die Waffe immer noch bei sich trug.
„Ich kümmere mich darum. Sie hat viel erlebt in den letzten Monaten, eine Waffe sollte sie wirklich nicht tragen im Moment“, entschied Broderick und ging zu ihr hin.
„Hey, du kennst mich nicht, ich bin Broderick, der Nachbar der Singhs, ich hab den Jungs geholfen, dich raus zu holen. Gibst du mir bitte die Waffe?“, ging er vorsichtig zu ihr. Plötzlich fiel ein Schuss und Broderick ging getroffen zu Boden.
Schweißgebadet und mit wild klopfendem Herzen erwachte der Bodyguard Brick früh an diesem Morgen. Broderick schnarchte friedlich neben ihm.
„Man, ich sollte echt aufhören zu trinken“, bemerkte er und setzte sich auf. Er hatte alles geträumt, es war auch alles viel zu einfach gegangen, sie würde auch nie auf diese Weise reagieren.
„Ist was?“, fragte Jone, der hinter ihm im Fahrerhaus saß und in die Nacht starrte.
„Nur schlecht geschlafen und du schläfst gar nicht?“
„Nicht mehr wirklich, seit ich diese Sache getan habe, sehe ich sie vor meinen inneren Augen mit ihr wegfahren, jede verdammte Nacht“, erklärte er.
„Gut zu wissen, dass du ein Gewissen hast. Du kannst es nicht mehr ändern, ich bin nur so sauer auf dich, weil du mein Bruder bist, weil ich immer dachte, du würdest zu mir aufsehen, Respekt vor mir haben und dann tust du mir so was an“, sprach er sich mit ihm aus.
„Die Bar ist mein Leben, ich hab nicht das Glück so zu lieben wie du, Mum wollte mir erst finanziell aushelfen, aber dann ist das mit Dad passiert. Ich hätte schließen müssen“, erklärte er.
„Dann hättest du schließen müssen, viele Bars haben Pleite gemacht seit wir hier wohnen. Ich hätte dir ja vielleicht auch noch aushelfen können“, entschied er.
„Du lebst doch selbst von einem Tag auf den anderen, du hättest mir nicht helfen können. Ich mach’s aber wieder gut, versprochen“
„Wenn du sie daraus holst ohne dass eine von uns drauf geht, das wär mal nen guter Anfang. Die einzige Idee die ich hatte endete mit zwei Verletzten und einem toten Broderick“, entschied Brick.
„Häh?“
„Mein mieser Traum, im Traum hab ich sie gerettet, na ja, eigentlich hat sie eher sich selbst gerettet mit meiner Hilfe“, dachte er laut nach.
„Ja, das klingt nach ihr. Schön zu wissen, dass Broderick draufgeht und nicht ich“, schmunzelte er.
„Warum muss ich draufgehen? Der Kleine ist doch ein viel besseres Opfer“, hörten sie plötzlich Brodericks Stimme.
„Hey, haben wir dich geweckt?“
„Ja, ihr Quatschbasen, was gibt’s?“
„Nichts, wir sprechen uns nur aus, schlaf weiter“
„Ihr bringt mich grad gedanklich um, da ist mir nicht nach schlafen. Also, was habt ihr geplant?“, setzte sich Broderick auch auf.
„Wir unterhalten uns eigentlich grad nur, hast du nen Plan?“
„Bis vor fünf Minuten habe ich noch geschlafen, also eher weniger. Aber wenn ich einen Plan hätte, dann würde er nicht den Tod von einem von euch beinhalten“, murmelte er schlaftrunken.
„Hey, das war nur ein Traum. Sie trägt ja auch keine Fußfessel so wie in meinem Traum“, überlegte er laut.
„Doch, hatte sie“, sagte Broderick plötzlich.
„Sie trug ne Fußfessel? Das ist mir gar nicht aufgefallen“
„Du hattest halt nur Augen für sie, aber unterbewusst ist es dir vermutlich schon aufgefallen. Die Schweine halten sie als Sklavin, dass ist auf so viele Art und Weisen makaber. Ich kann die Fußfessel entfernen, falls wir in die Situation kommen“, erklärte Jone.
„Okay, manche Sachen will ich gar nicht von dir wissen, kleiner Bruder, oder?“
„Ist vielleicht besser so. So, wenn wir alle wach sind, können wir uns ja nen Plan ausdenken“, bat Jone und sie überlegten sich etwas.
„Und wenn wir einfach die Bullen rufen?“, schlug Brick vor, als sie eine Straße entfernt vom Haus parkten.
„Hast du etwa Schiss?“
„Um sie ja, um mich nicht“
„Du hast ne komische Laune grad!“
„Das ist ein verdammt gefährlicher Plan, den wir uns da ausgedacht haben, da kann man eine komische Laune haben, oder?“
„Ja, du hast Recht, wir sollten es machen, bevor wir alle noch Schiss bekommen. Alle ausgerüstet?“, fragte Broderick professionell.
„Ja, du gehst voran“, bat Brick.
„Schisshase, sag ich doch. Aber ich bin der Profi, das ist ja unser Plan. Aber wenn ich draufgehe, fliegt einer persönlich zu meiner Tochter nach Jersey und erklärt ihr, warum ich meinen Enkelsohn nicht im Arm halten kann, wenn er geboren worden ist“, bemerkte er und stieg aus.
„Verdammt, warum erzählt er uns so was jetzt? Versprich mir, dass du dich um Mum kümmerst, wenn mir was passiert, bitte“, stieg auch Brick aus.
„Ja, du auch und verkauf die Bar wenn ich jetzt draufgehe, sie hat schon viel zu viel angerichtet“, bat Jone und sie stürmten das Haus.
„Shade, wo bist du, Shade?“, rief Brick durch die Gänge des einfachen Hauses. Es war genauso wie er es in seinem Traum gesehen hatte, was ihn ziemlich irritierte. Er fand sie in ihrem Zimmer, friedlich im Bett liegend. Sie waren brutal in das Haus eingebrochen, sie hätte davon wach werden müssen.
„Schatz?“, ging er vorsichtig zu ihr hin.
„Bitte sei nicht tot, sei nicht tot“, bat er flehend und fühlte ihren Puls. Er war sehr schwach, aber sie lebte noch.
„Jone“, brüllte er durchs Haus.
„Verdammt Bruder, du wächst ja Tote auf. Oh nein, nein, nein, nein, ist sie…?“, sah Jone sie so leblos dort liegen.
„Dann wärst du schon tot, sie haben sie vermutlich wieder betäubt, wie sieht es draußen aus?“
„Du hast mich hier rein beordert, keine Ahnung. Wie wecken wir sie auf?“, fragte Jone.
„Gar nicht, wir müssen sie tragen, du musst sie tragen, los“, plante Brick.
„Wieso ich?“
„Mach’s einfach“, befahl er donnernd und Jone lud sie auf seine Arme.
„Okay, bleib hinter mir“, forderte er und ging voran.
„Man, sie ist verdammt schwer“, hatte Jone Schwierigkeiten, sie zu tragen.
„Ich hab sie auch schon getragen, mach nicht so ein Theater. Ich muss die Hände frei haben zum Schießen. Okay, bereit?“
„Ja, los“
Sein Herz pochte bis zum Hals. Er musste jetzt zwei Menschen beschützen, die er sehr liebte, ganz plötzlich kam ihm die Situation wieder in den Sinn, die ihm damals seinen Job gekostet hatte.
„Was ist, los“, drängte Jone ihn voran und riss ihn aus den Gedanken.
„Ja, los“, murmelte er nachdenklich und ging weiter.
„Okay, ich decke euch die Flanke“, tauchte Broderick plötzlich hinter ihnen auf und erschreckte Brick furchtbar.
„Brick, was zum Henker ist mit dir los? Wir brauchen dich jetzt“, entgegnete Broderick bestimmend und brachte Brick wieder dazu, sich zu fokussieren.
„Ja, ich bin da, vorne ist frei, Jone, los“, hetzte er und führte die Gruppe an. Als sie einige Meter gerannt waren, steckte er seine Waffe weg und half Jone, sie zu tragen.
„Träum ich, oder haben wir es wirklich geschafft?“, keuchte Brick, als er mit dem Kopf seiner Freundin auf dem Schoß auf dem Auflader des Pick-ups saß, währen Jone wie eine gesenkte Sau zum Krankenhaus fuhr. Plötzlich fiel ein Schuss.
„Scheiße, wer schießt da auf uns?“, fragte Jone und drehte sich zu ihnen.
„Guck nach vorne“, brüllte Brick und begann auch zu schießen.
Plötzlich traf Brick ein Schuss auf die Brust.
„Brick?“, fragte Jone panisch und kam von der Fahrbahn etwas ab.
„Guck nach vorne, sonst bauen wir noch einen Unfall“, forderte Broderick und drückte dem blutenden Brick ein Tuch auf die Wunde, während er weiter schoss. Endlich traf er einen Reifen und die Verfolger hielten.
„Endlich, ich hab echt das Schießen verlernt. So, Süße, ich muss kurz an deinen Süßen ran, Brick, bleib wach, wir brauchen noch etwas bis zum Krankenhaus“, schob Broderick, Shade etwas unsanft von Bricks Schoß und riss ihm das Hemd vom Körper.
„Das ist nur ne Fleischwunde, Junge, die schießen auch nicht gut. Ich bind das jetzt mit deinem Hemd ab, das wird höllisch wehtun, aber ich muss die Blutung stoppen. Was sagt das Navi, Jone?“, erklärte Broderick, was er machte.
„15 Kilometer, kannst du die Blutung stoppen?“
„Ich hab das Medizin-Studium geschmissen, aber ich denke, ich kann die Blutung bis zum Krankenhaus unter Kontrolle zu bringen“
„Du denkst?“
„Denk nicht zu viel darüber nach, fahr einfach“, forderte Broderick und er legte noch einmal einen Zahn zu.
Mit einem Arm in einer Schlinge saß Brick am Bett seiner Freundin. Er war todmüde und seine Brustschmerzte furchtbar, aber er war glücklich, die Hand seiner Freundin halten zu können.
„Hey, was sagen die Ärzte?“, fragte Jone, der zu ihm kam.
„Sie hat ein starkes Betäubungsmittel gespritzt bekommen, das muss ihren Körper wieder verlassen, sonst geht es ihr gut. Du bist super gefahren heute, tut mir leid, dass der Wagen was abbekommen hat“, erklärte er.
„Gut, schön zu hören. Ich hab die Fußfessel weit genug weggebracht, die finden uns hoffentlich so nicht. Du hast gesagt, du wirst dich um Mum und die Bar kümmern, oder?“, begann er.
„Nur falls du drauf gehst, aber wir haben das alle überlebt. Warum verabschiedest du dich?“, verstand er nicht.
„Ich hab mich selbst angezeigt, ein Beamter steht draußen und wartet auf mich“, sagte er und eine Träne kullerte über seine Wange.
„Nein, verdammt, warum machst du so was?“, kämpfte Brick auch mit den Tränen.
„Ich muss bestraft werden für das, was ich getan habe. Ich bin geständig, ich kann mit einer milden Strafe rechnen. Bitte komm zu meiner Verhandlung, ich weiß, du denkst, ich hab es verdient, aber es wäre mir wirklich wichtig“, bat er.
„Ich werde mal sehen, du hast mir heute sehr geholfen, dafür bin ich dir dankbar. Versuch Mum anzurufen, wenn du kannst“, bat er weinerlich.
„Ja, werd’s versuchen. Pass auf sie auf“, bemerkte er und sah zu der bewusstlosen Shade.
„Mit meinem Leben. Komm her“, stand er auf und umarmte seinen Bruder. Weinend sah Brick zu, wie sein Bruder abgeführt wurde. Er hätte nie gedacht, dass Jone den Schneid gehabt hatte, sich selbst anzuzeigen.
„Hey Dracula, die wollen dir noch ne Bluttransfusion verpassen“, kam Broderick in den Raum.
„Man, du sollst doch die Tür bewachen, nicht rumrennen“, versuchte Brick abzulenken, das er weinte.
„Die Bullen standen bis eben noch vor der Tür, ich hab mir nur schnell was zu trinken geholt, ich bin am Verdursten gewesen. Du siehst echt schlimm aus, geh zu dem Arzt, ich pass auf deine Kleine auf“, entgegnete er erschöpft.
„Aber bleib da, ja“, bat er ernst.
„Ich bleib genau hier sitzen. Du siehst echt verdammt blass aus, du hast ne lange Reise vor dir, du brauchst die Transfusion, geh“, entschied Broderick und zögerlich ging Brick zu seinem Arzt.
Er war keine fünf Minuten weg, als sich Shade langsam bewegte.
„Hey Schlafmütze, wer wird denn da wach?“, begrüßte Broderick sie freundlich.
Da sie Broderick nicht kannte, rutschte sie nervös im Bett herum.
„Keine Sorge, Kleines, ich bin oder werde niemals mit dir verwandt sein, ich bin Bricks Nachbar, ich hab geholfen, dich zu retten“, versuchte Broderick zu erklären.
„Wo ist Brick?“, fragte sie nervös.
„Beim Arzt, er wurde angeschossen auf der Flucht, aber er ist okay, er hat nur ziemlich viel Blut verloren und bekommt grad ne Infusion. Guck mich nicht an, als wär ich der böse hier, ich hab meinen bald Großvater-werdenden Arsch riskiert um dich zu retten“, kam Broderick mit der Situation nicht so ganz klar.
„Geh weg“, sagte sie panisch und riss sich ihre Infusion raus, um dann hektisch nur im Kittel im Zimmer herum zu gehen.
„Süße, ich kann deinen Hintern in dem Kittel gehen, kein schlechter Anblick wenn ich das sagen darf, aber dir könnte es peinlich sein“, versuchte er sie zu beruhigen.
„Raus!“, brüllte sie und er ging vor die Tür.
„Was ist da drin los?“, fragte eine Schwester, die zu ihm kam.
„Sie kennt mich nicht und reagiert panisch“, erklärte er.
„Ich geh zu ihr rein, setzen Sie sich einfach hier hin“, entschied die Schwester und ging zu ihr rein.
„Verdammt, du sollst doch bei ihr bleiben“, kam Brick nach einer Weile zurück.
„Dornröschen ist wach geworden und hat Panik gekriegt, deshalb bin ich raus gegangen, als die Schwester kam“, erklärter er.
„Ist die Schwester weiß?“
„Eine Einheimische, wird das jetzt euer ganzes Leben so gehen?“
„Ich hoffe nicht. Ich geh zu ihr rein, schieb Wache“, bat er und ging zu ihr rein.
„Mach ich doch die ganze Zeit, langsam nervt’s!“
„Brick, hey, du bist hier“, war sie erleichtert ihn zu sehen und drückte sich an ihn.
„Natürlich bin ich das, das werde ich immer sein, mein Schatz. Tut mir leid, dass ich dich mit Broderick allein gelassen habe“, bemerkte er und versuchte sie zu küssen, sie wies ihn aber zurück.
„Ich hab’s wirklich versucht, aber ich konnte dich nicht finden“, versuchte er sich zu entschuldigen.
„Nein, du hast nichts falsch gemacht, die haben nur Sachen mit mir gemacht die ich erst mal verkraften muss“, bat sie durcheinander und er ließ sie los.
„Gut, dass ich das nicht vorher gewusst habe, sonst hätt ich sie alle abgeknallt“, zischte er durch seine geschlossenen Zähne.
„Anscheinend warst du schon in einer Schießerei, wie ist das passiert?“, wollte sie wissen und fuhr über seine Armschleife. Er erzählte ihr alles, was er in den letzten Monaten erlebt hatte.
„Wirklich, sie waren alle da?“, fragte sie gerührt.
„Das ist deine Familie, blutsverwandt oder nicht, du solltest ihnen erst im Flieger sagen, dass du heimkommst, sonst setzt sich Kai noch in einen Flieger in ihrem Zustand“, bemerkte er schmunzelnd.
„Wenn ich im Flieger sitze? Was ist mit dir?“
„Meine Mum hat niemanden mehr, ich muss hier bleiben, tut mir leid“, gestand er.
„Du lässt mich jetzt allein? Sag mal hakt’s dir?“, donnerte sie plötzlich.
„Ich liebe dich, wirklich, aber sie ist meine Familie“, entgegnete er trocken.
„Geh einfach“, bat sie weinerlich.
„Ich bring dich noch zum Flieger“, bat er an.
„Nein, danke!“
„Ich bitte Broderick, dich heim zu begleiten, er freut sich sicher, seine Tochter wieder zu sehen“, erklärte er.
„Ich brauch keinen Bodyguard“
„Ja, ganz eindeutig. Ich geh dann“, sagte er traurig und verließ das Zimmer wieder.
„Was ist los?“, wollte Broderick wissen, als Brick an ihm vorbei schlurfte.
„Begleite sie bitte nach Hause, ja?“, entgegnete er und eine Träne kullerte über seine Wange.
„Sicher, und du?“
„Ich trampe heim, bitte frag nicht. Der Wagen müsste repariert sein, wenn sie entlassen wird, bitte bring ihn zu Jones Kumpel zurück, ich zahl die Rechnung für die Einschusslöcher, ich komm vermutlich später zu Hause an als ihr, hinterlass die Rechnung bei meiner Mutter. Sag ihr, dass ich sie liebe, das aber tun muss“, sagte er nur und verließ das kleine Krankenhaus.
„Wollen Sie noch ein paar Erdnüsse?“, fragte die Flugbegleiterin, als Shade neben ihrem Bodyguard im Flieger nach Hause saß.
„Nein, danke“, murmelte sie gedankenversunken.
„Sie nimmt sie, ich bring sie schon zum Essen, danke“, bemerkte Broderick und nahm die Erdnusstüte entgegen. Bevor die Flugbegleiterin den Wagen weiterschob, schnappte sich Shade klirrend zwei Schnapsfläschchen aus dem hinteren Teil des Wagens.
„Du willst also heute wieder nur Flüssignahrung zu dir nehmen“, sagte er nur.
„Wir fliegen noch fast 10 Stunden, lass mich“, murrte sie und trank ein Fläschchen auf Ex aus.
„Deine Freundin würde sich das mit der Patenschaft sicher nochmal überlegen, wenn du hacke dicht zu Hause ankommst“, konterte er.
„Ich schlafe jetzt, halt den Mund“, zog sie sich eine Schlafbrille auf und lehnte sich zurück.
Mit Zwischenstopp in New York City landeten sie einen Tag später in Calgary. Auch wenn er es versucht hatte, Broderick hatte sie nicht dazu gebracht, was zu Essen oder etwas anderes zu trinken als Alkohol. Dem entsprechend torkelte sie ziemlich, als sie aus dem Gate gingen. Als sie fast am Ende des Gates waren, brach sie zusammen. Heldenhaft trug er sie bis zur Krankenstation.
„Hey Soldat, da haben Sie aber einen schweren Fall von Absturz an der Flughafenbar“, roch die Krankenschwester schon von weitem die Fahne ihrer Patientin, die von Broderick immer noch auf den Armen getragen wurde.
„Wir haben eine fast 30-stündige Reise hinter uns und sie hat sich nur flüssig alkoholisch ernährt, ich konnte sie nicht zum Essen überreden. Ich bin ihr Leibwächter, ich kenn sie erst ein paar Tage, ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich mit ihr anstellen soll“, war Broderick gezeichnet von den Tagen, die er hinter sich gebracht hatte.
„Ist sie ein Promi oder so?“, wollte die Frau wissen.
„Nein, nur jemand, der Schutz braucht. Hängen Sie sie an den Tropf, Schwester, bitte, ich hab noch eine längere Fahrt mit ihr vor und ich will sie ihrer Familie nicht in dem Zustand zurück bringen“, bat er müde.
„Kann ich machen, erzählen Sie mir Ihre Geschichte?“, wollte die Krankenschwester wissen.
„Nein, heute nicht. Ich könnte ein paar Stunden Schlaf gebrauchen, aber ich kann sie nicht allein lassen“, entgegnete er erschöpft.
„Dann legen Sie sich hier etwas hin, ich pass auf die Kleine auf, versprochen, sie ist hier sicher“, zeigte sie auf eine Liege.
„Nein, ich kann nicht“, murmelte er, obwohl ihn diese Liege in diesem Moment mehr anmachte als ein weiches Himmelbett.
„Nur eine halbe Stunde, Sie können so nicht Auto fahren“, bat sie.
„Sie passen wirklich auf?“
„Ja, ich pass wirklich auf!“
„Okay, nur fünf Minuten“, murmelte er und legte sich auf die Liege.
Es dauerte keine Minute, dann war er tief und fest eingeschlafen.
Es war schon dunkel, als ein Finger auf seinem Gesicht herumstupste und ihn weckte.
„Wir kommen niemals zu Hause an, wenn du noch länger pennst“, hörte er die sanfte Stimme seines Schützlings.
„Heilige Scheiße, wo bin ich hier?“, erschreckte er sich furchtbar.
„Oh nicht so laut, ich hab nen ziemlichen Kater. Warum bin ich auf ner Krankenstation aufgewacht?“
„Du hast weder gegessen noch getrunken und gesoffen wie ein Loch, was denkst du wohl, wie das deinem Körper bekommen ist?“, fragte er cool.
„Danke“, sagte sie nur.
„Ich hab ihm versprochen dich gesund und munter heimzubringen und das tu ich. Wie spät ist es?“
„Fast Mitternacht, wir sind vor 10 Stunden gelandet, du hast ganz schön lang gepennt. Der Leihwagen wartet draußen auf uns, bist du fit genug zu fahren?“, hoffte sie.
„Ich hab den Wagen nicht abgeholt, tut mir leid“
„Ich aber, hier ist deine Kreditkarte zurück“, bemerkte sie und legte die Karte auf seinen Bauch.
„Du bist in deinem Zustand hoffentlich nicht gefahren, oder?“
„Ich hab dich beklaut und mich als deine Verlobte ausgegeben und du hast Angst, ich fahr den Wagen zu Schrott?“
„Ja, schon irgendwie, du bist meine Verlobte?“, schmunzelte er.
„Wir heiraten im Frühjahr, ich wollte immer schon eine Frühlingshochzeit“, bemerkte sie trocken.
„Ich könnte dein Vater sein, Süße!“
„Du bist ehrlich gesagt älter als mein Vater“
„Danke, das hat mir noch gefehlt zu meinem Glück. Bist du nüchtern genug, dass du mir nicht den Leihwagen vollkotzt?“
„Ja, ich hab sogar schon was gegessen“, deutete sie auf den Mülleimer, in die eine Fast-Food-Ketten-Tüte gestopft war.
„Braves Mädchen, wurde auch mal Zeit. Geht’s dir besser?“
„Gut genug, wir können los, die brauchen sicher auch die Liege irgendwann wieder. Kann ich einen Pullover oder so von dir haben? Ich bin viel zu dünn angezogen für einen Kanada-Herbst“, bat sie.
„In meinem Koffer, die müssen auch noch irgendwo rumstehen!“
„Ja, hinter der Tür, ich hatte viel Zeit gehabt hier, darf ich?“, fragte sie und ging an seinen Seesack.
„Sicher, bedien dich. Du kannst mir auch einen geben, mir ist auch ziemlich frisch. Die Dinger haben lang in meinem Schrank gelegen, die hab ich ne Weile nicht mehr gebraucht“, entgegnete er und sie zog einen Pullover über und gab ihm danach auch einen.
„Ja, so riechen die auch. Aber ich hab viel Schlimmeres erlebt in letzter Zeit, das halt ich aus. So, können wir?“, schien es ihr besser zu gehen. Der Abstand zu Brick schien ihr gut zu tun, vielleicht war es auch die Wiedersehensfreude ihre Familie endlich wieder zu sehen.
Fast zwei Tage nachdem sie von den Fidschis abgereist war, kamen sie endlich wieder in Medicine Hat an. Es war dort etwas wärmer, aber kein Vergleich zu der Hitze auf der Insel.
„Soll ich mit reinkommen?“, fragte Broderick, als sie im Auto vor dem Haus ihrer Eltern standen.
„Nein, deine Tochter wartet sicher schon sehnsüchtig auf dich, ich komm von hier aus klar, danke für alles“, bedankte sie sich und stieg aus.
„Pass auf dich auf, Kleines, du bist hier sicher, versprochen“, versprach er.
„Ja, denk ich auch. Schick mal ein Bild von deinem Enkelkind“, bat sie.
„Ja, mach ich. Er wird zurück zu dir kommen, keine Sorge“, sprach er das erste Mal in zwei Tagen über Brick.
„Nein, wird er nicht, aber danke, dass du das sagst. Komm gut an, bye“, verabschiedete sie sich und nachdem er sich auch verabschiedet hatte, fuhr er davon.
„Verdammt, ich hätte sie vorher anrufen sollen“, murmelte sie vor sich hin. Es war mitten in der Nacht, sie musste sie wecken.
Sie atmete tief ein und aus und klingelte. Es dauerte etwas, bis ihre Mutter an die Tür kam.
„Geh weg, Geist meiner Tochter, du bist nicht wirklich hier“, murmelte Tetsu panisch, als sie ihre Tochter sah. Shade umarmte sie einfach und Tetsu schrie panisch auf.
„Schatz, was ist los?“, kam Quan zu ihr. Shade umarmte mit ihrer Mutter im Arm auch noch ihren Vater.
„Bitte lass mich nicht träumen“, murmelte Quan und drückte seine Familie an sich.
„Tut mir leid, dass ich euch wecke“, war Shade überwältig von ihren Gefühlen und wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Wie kommst du hierher?“, versuchte Tetsu zu verstehen, dass sie wirklich da war.
„Brick hat mich mich gefunden, er hat ne Kugel abbekommen, aber ihm geht es gut leider, der Arsch hat mich abserviert“, erklärte sie.
„Egal, Hauptsache du bist wieder da. Komm rein“, versuchte Quan auch zu realisieren, dass die verschollene Tochter plötzlich wieder da war. Sie wollten alles wissen, aber sie vertröstete sie auf den nächsten Tag.
„Miu, bist du fertig, ich bin jetzt da“, hörte sie Kaikouras Stimme durch das Haus rufen und weckte sie.
„Tut mir leid, Kai, ich hab verschlafen, ich komm gleich“, hörte sie Tetsus Stimme. Das war alles so surreal, sie war wieder im Alltag angekommen. Ihre Mutter hat ihre Rückkehr wohl nur als bösen Traum abgetan und schon wieder vergessen, dass sie mitten in der Nacht zurückgekommen war. Sie hievte ihren müden Körper aus dem gemütlichen Bett und ging die Treppe herunter. Kaikoura ließ einen spitzen Schrei, sowie Tetsu die Nacht zuvor.
„Shade?“, fragte sie weinerlich.
„Reg dich nicht auf, Süße, nicht in deinem Zustand, ich hab dir gestern Abend noch nen Text geschrieben“, versuchte sie sie zu beruhigen und Kaikoura drückte sie fest an sich.
„Mir geht’s gut, jetzt endlich wieder, jetzt wo du wieder da bist. Aber wie, wann?“, stotterte sie.
„Gestern Nacht, Brick hat mich hierher gebracht“, sagte sie kurz und prägnant.
„Ist Brick noch im Bett? Ich will mich bedanken!“
„Er ist sicher noch im Bett, aber nicht in meinem, er hat mich verlassen, nachdem er mich gerettet hat!“
„Ja, der war gut!“
„Das Mamasöhnchen will sich um seine Mutter kümmern, jetzt wo sein Bruder im Knast ist“, entschied sie.
„Sie haben Jone festgenommen? Es gibt also noch Gerechtigkeit auf der Welt. Na ja, außer das mit dir und Brick, tut mir leid!“
„Ja, kann man nicht ändern. Wie kommst du eigentlich hier rein?“
„Ich hab nen Schlüssel, ich hol deine Mutter für die Arbeit ab. Dünn bist du geworden und deine Muskeln sind fast weg. Aber du bist wieder da, nichts anderes zählt“, entgegnete sie.
„Ich bin immer noch verkatert und hundemüde, ich geh zurück ins Bett, ich werd morgen wieder zur Arbeit kommen, versprochen“, murmelte sie müde.
„Nein, wirst du nicht, du warst jetzt drei Monate eine Geisel, du wirst erst Mal in eine Klinik gehen und dich behandeln lassen, anscheinend auch wegen Alkoholmissbrauch, du riechst wie eine Whiskeyfabrik“, sagte sie zu ihr unverblümt.
„Ich wurde grad Monate mit einer Fußfessel an wie eine Sklavin gehalten und der Mann der mich liebt hat mich wegen seiner Mutti verlassen, ich musste die zwei Tage Heimreise irgendwie hinter mich bringen, ohne viel nachdenken zu müssen“, entgegnete sie frustriert.
„Ja, tut mir leid, warte, du hast eine Fußfessel getragen?“, war sie geschockt.
„Ja, fast zwei Monate, sie haben mich einkaufen und andere Dienstbotenjobs machen lassen, irgendwann bin ich dann immer zurückgekehrt, weil ich aufgegeben habe. Sie haben mich vor vier Tagen mit irgendwas betäubt und da liegen lassen, ich bin im Krankenhaus aufgewacht, sie haben mich gerettet, ich weiß nicht wie, ich hab sie nicht gefragt aber ich werde ihnen für immer dankbar dafür sein“, erzählte sie.
„Und warum hat er dich jetzt verlassen?“
„Er ist halt zu gut für diese Welt, ich kann es ihm ja fast nicht vorhalten. Ich hab echt kein Alkoholproblem, ich glaub, ich werde nie wieder Alkohol trinken in meinem Leben, wenn dich das beruhigt. Ich brauche dringend eine Dusche, eine sehr lange Dusche“, wurde sie langsam wach.
„Dann mach das, ich komm gleich nach der Arbeit wieder hierher, versprochen. Schlaf etwas, erhol dich, endlich kann mein Leben weiter gehen, endlich bist du wieder da“, war sie überglücklich und umarmte sie nochmal lange.
„So, danke fürs warten, ich schlaf schlecht in letzter Zeit. Gestern Nacht hab ich wieder von ihr geträumt, sie stand diesmal vor der Tür, das war so …“, kam Tetsu die Treppe herunter und starrte ihre Tochter an.
„Diesmal hast du nicht geträumt, Mum, ich bin jetzt wieder da“, begrüßte Shade ihre Mutter erneut. Tetsu ließ wieder einen spitzen Schrei.
„Mum, ich hab einen Kater, könntest du das mit dem Schreien lassen?“, hielt sie sich den Kopf.
„Das ist letzte Nacht wirklich passiert, du standst wirklich wieder vor der Tür“, begann Tetsu wieder zu Weinen.
„Ja, das hab ich. Tut mir leid, ich sollte jetzt echt duschen, ich riech wirklich schlimm. Die Handtücher sind da wo sie immer sind, oder?“, fragte sie.
„Ja, ist alles beim Alten. Du willst jetzt einfach duschen gehen?“, war ihre Mutter verwirrt.
„Ich seh aus und riech wie jemand, der eigentlich unter einer Brücke schlafen sollte, ja, ich will jetzt einfach so duschen gehen“, bat sie.
„Sicher, mach das. Willst du was Frühstücken? Ich kann dir was machen“, konterte ihre Mutter.
„Du musst zur Arbeit, ein gutes hatte meine Geiselnahme, ich hab kochen gelernt, ich mach Dad und mir was wenn ich geduscht habe. Ich komm hier klar, versprochen“, versprach sie.
„Was hältst du davon, dass wir den Salon heut zu lassen, Kai?“
„Unter den Umständen ist das eine tolle Idee. Ich koch was, geh du duschen und zieh dieses scheußliche Teil aus. Ist der Pulli von Brick?“
„Nein, von Broderick, meinem Bodyguard, er ist Bricks Nachbar, na ja eigentlich der seiner Eltern, ich kenn ihn eigentlich nicht, er hat mich heimgebracht, ist nen netter Kerl mit einem furchtbaren Geschmack was Kleidung angeht. Er zieht sich auch noch zwanzig Jahre nach seinem Militärdienst an wie ein Soldat. Er fährt zu seiner schwangeren Tochter, das ist ganz lieb von ihm, dass er mich heimgebracht hat. Er fährt sicher noch Tage bis zu seiner Tochter, obwohl er schon in New York City war und jetzt nach Jersey muss. Ich erzähl später mehr, ich muss jetzt echt aus den Sachen raus, ich komm gleich wieder“, entschied sie und ging ins Badezimmer.
„Bitte lass sie nicht mit diesem Broderick geschlafen haben“, murmelte Tetsu vor sin hin.
„Hör endlich mal auf, deine Tochter ist keine Schlampe, ich glaub dieser liebeswerte Arsch ist die Liebe ihres Lebens und sie ist ihm treu“, bat Kaikoura ernst.
„Was bringt ihr das wenn sie durch die halbe Welt voneinander getrennt sind? Wir sollten sie mit diesem hübschen Kerl verkuppeln, der immer bei uns die Anzüge reinigen lässt. Er kann kein schlechter Mensch sein, wenn er Anzüge trägt“, schlug sie vor.
„Ich glaub, sie jetzt schon auf dich los zu lassen ist nicht so eine gute Idee“, entgegnete Kaikoura kritisch.
„Ja, sie war eine Geisel, du hast Recht, ich bin nur so aufgekratzt, dass sie wieder da ist“, bemerkte sie aufgedreht.
„Ja, ich auch, aber was ist mit ihr passiert? Hat sie mit dir darüber geredet?“
„Sie kam um drei Uhr nachts hier an, ich hab ja bis eben gedacht, ich hätte das nur geträumt. Lassen wir ihr ihre Zeit, willst du auch noch was essen?“
„Ich bin schwanger, immer doch. Du musst TJ anrufen!“
„Es ist noch früh, er schläft sicher noch, das hat noch Zeit. Mein Mann ist schon weg, das weiß sie eigentlich, sie ist eben noch durcheinander. Ich hab keine Ahnung, was ich zu ihr sagen soll, es ist alles meine Schuld“, realisierte Tetsu.
„Warum sollte das deine schuld sein? Du bist in diese Familie geboren genauso wie sie. Aber es leben alle noch, sie haben es nicht geschafft uns unterzukriegen“, machte Kaikoura ihr Mut.
„Aber wenn sie hierherkommen? Du wirst ein Kind bekommen und Tully ist hier, mein Gott, ich hab Lee versprochen, dass es niemals ihre Familie trifft“, wurde sie panisch.
„Es trifft niemanden, wenn sie wüssten, dass wir hier wären, wäre längst etwas passiert. Komm, wir kochen jetzt was“, entschied sie und zog ihre Kollegin in ihre Küche.
Shade sah in den Spiegel. Sie war alt geworden in den letzten Monaten und ihre Haare standen wild von ihrem Kopf ab. Etwas brutal kämmte sie ihre Haare durch, was nichts brachte. Sie sah zur Seite. Auf einer Ablage lag der elektrische Rasierer ihres Vaters. Eh sie sich versah hatte sie sich den Schädel rasiert.
Zufrieden fuhr sie sich über ihre Haarstoppel.
„Ja, viel besser“, redete sie vor sich hin und spülte ihre Haare die Toilette herunter. Sie zog eins ihrer Lieblingsshirts und eine Jeans an. Sie war dünn geworden, sie war nie sehr beleibt gewesen, aber jetzt war sie richtig mager. Sie legte einen Lippenstift auf, der von ihrer Mutter am Spiegel lag und kam wieder raus.
„Scheiße, ich hab das doch richtig gehört, ich hab nur gehofft, du entfernst nur deine Körperbehaarung. Was ziehst du hier für eine Britney Spears ab?“, war ihre Mutter geschockt, als ihre Tochter in die Küche kam.
„Wer?“
„Man, ich werde alt, sie war ein Popstar als ich so alt war wie du, die hat so was auch gemacht vor ihrem Nervenzusammenbruch“, erklärte sie.
„Ich hab keinen Nervenzusammenbruch, meine Haare waren nicht mehr durchkämmbar, ironischerweise haben meine afroamerikanischen Verwandten mich davon abgehalten meine afroamerikanischen Wurzeln zu vertuschen. Meine Haare waren total verfilzt. Schau mich nicht so an, das wächst ja wieder“, erklärte sie.
„Ich hab die gleichen Probleme, aber ich nehm ein spezielles Shampoo und rasier mir nicht den Schädel. Du hast aber Gott sei Dank den Kopf dafür. Ja, da ist meine Tochter wieder und du riechst wieder gut. Ich mach Pancakes, die hast du als Kind doch so geliebt und kannst sie echt vertragen. Mein Gott, was haben die mit dir getan?“, entdeckte Tetsu die blauen Flecke, die sich über ihre nun nackten Arme zogen.
„Nichts, ich hab mich gestoßen!“
„Ah, du willst eine Frau anlügen, die das auch erlebt hat, das weißt du hoffentlich,
oder? Haben sie … ich meine, sind sie dir zu nah gekommen?“, fragte sie vorsichtig.
„Das willst du nicht wissen, glaub mir. Ich kann noch nicht darüber reden. Als sie gemerkt haben, dass sie mit mir nicht von der Insel kommen, haben sie mich bei Verwandten abgeladen, die dort wohnen. Ich kann euch echt nicht sagen, wie sie es geschafft haben, mich zu finden, aber sie haben es. Wir sind verdammt viele Umwege gefahren und geflogen um sie abzuschütteln, ich hoffe so, dass sie uns hier nicht finden“, erklärte sie.
„Nein, ich will niemanden mehr verlieren den ich liebe, nein, ich verbessere mich, ich werde niemanden mehr verlieren, den ich liebe. Die Sache hört mit eurer Generation auf, das versprech ich dir“, zog sie ihre Tochter an sich und küsste ihre Köpfe.
„Ja, wenn sie sich hierher trauen, werden wir sie verscheuchen, mit allen Mitteln die uns zur Verfügung stehen“, sagte Shade ernst.
„Hey ihr, über was redet ihr?“, kam Kaikoura zu den Frauen.
„Nur darüber, dass jetzt alles besser wird. Das alles endet hier“, entgegnete Shade und legte ihre Hand auf Kaikouras Hand auf ihrem Bauch.
„Ich muss Jamal anrufen, das du wieder da bist, er wird sich auch so freuen. Wir sollten gleich alle benachrichtigen“, entschied Kaikoura.
„Lass sie erst mal ankommen, wir werden noch alle informieren“, bat Tetsu.
„Ja, bitte, ich war tagelang allein, ich hab jetzt schon Probleme mit so vielen Leuten um mich“, entschied Shade unsicher.
„Die haben dich tagelang allein gelassen und du bist geblieben?“, fragte Kaikoura kritisch.
„Lass sie bitte, du warst nie in so einer Situation, du verstehst das nicht“, verteidigte Tetsu ihre Tochter.
„Nein, ich versteh‘s nicht, muss ich auch nicht. Das liegt jetzt in der Vergangenheit, was jetzt zählt ist die Zukunft. Man, siehst du seltsam aus ohne Haare, du musst ihn echt geliebt haben“, stellte Kaikoura fest und sah Tetsu genau an.
„Ich rede nicht mehr über ihn, er hat mich fallengelassen wie eine heiße Kartoffel, das werde ich jetzt auch tun. Das riecht gut, ich merk grad erst, wie sehr ich dein Essen vermisst hab, Mum“, erklärte Shade und setzte sich an den Esstisch.
„Okay, dann reden wir halt nicht darüber“, war Kaikoura zwar nicht zufrieden mit dieser Antwort, ließ ihre traumatisierte beste Freundin damit aber in Ruhe.
Einen Monat später
Shade war wieder in ihrem Alltag angekommen, aber wirklich leben tat sie nicht. Wenn sie nicht im Waschsalon alles auf Vordermann brachte, hing sie zu Hause vor der Glotze ab. Sie hatte nur noch ein paar Monate bis sie ihre Bodyguard-Prüfung wiederholen konnte, aber sie machte keine Anstalten dafür zu trainieren. Sie legte wieder an Gewicht zu, was ihre Eltern aber nur freute. Aber sie kannten ihre Tochter, sie musste trainieren um glücklich zu sein.
„Kann man euch irgendwie helfen, oder wollt ihr einen Anstarr-Wettbewerb gewinnen? Ich spiel nicht mit, wisst ihr?“, fragte Shade irritiert, als sie beim Samstagabendessen ihre Eltern sie nur ansahen.
„Willst du so weiterleben?“, fragte Tetsu nur.
„Das Steak ist ein bisschen trocken“, entgegnete sie nur.
„Wir haben dir einen Monat gegeben, aber jetzt reicht es. Du musst mit uns über alles reden“, bat Quan ernst.
„Ich muss gar nichts, danke fürs Essen, aber ich muss los“, stand sie ruckartig auf.
„Oh nein, du rennst immer weg, heute nicht“, stellte sich Quan vor sie.
„Dad, ich kann dir wehtun, lass mich durch“, wollte sie nicht darüber reden.
„Du tust mir schon seelisch weh, indem du so bist wie du grad bist“, wurde Quan philosophisch.
„Ich red genauso viel mit euch wie TJ mit euch redet, wenn nicht noch mehr. Ich will nur heute nicht reden“, entschied sie.
„Du hast ihn geliebt und er hat dir das Herz gebrochen, du musst mit irgendjemand darüber reden“, begann ihr Vater.
„Ich kann mit euch nicht darüber reden!“
„Dann rede mit einem Therapeuten darüber, wir haben einen auf dem Revier, der ist echt gut, hab ich gehört“, entgegnete er.
„Mit einem Seelenklempner darüber reden. Das hat Mum damals auch nicht gemacht und das werde ich auch nicht tun“, weigerte sie sich.
„Sie hatte auch mich und sie konnte sich auf deine Geburt freuen, wir reden also über die Entführung, nicht über deinen Liebeskummer?“, stellte er fest.
„Ich habe Angst, jeden verdammten Tag, dass sie kommen und mich wieder holen. Wolltet ihr das wissen? Ich würde mich sicher fühlen, wenn er bei mir wäre, aber er ist nicht bei mir, das wird er nie wieder sein“, weinte sie zum ersten Mal seit sie zurück war.
„Lass es raus, Schätzchen, weinen tut gut, weinen reinigt die Seele“, nahm er seine Tochter fest in die Arme.
„Ich will nicht schwach sein, diese Schwäche ist mir so unangenehm“, gestand sie.
„Diese Schwäche macht dich zu einem Menschen, ich war auch so hart und unterkühlt in deinem Alter, aber dann bin ich deinem Vater begegnet und hab gemerkt, dass er mich stärker macht als jeder einzelne Muskel in meinem Körper“, erklärte Tetsu und kam zu ihnen hin.
„Das hast du schön gesagt, Schatz“, schmunzelte Quan.
„Warum denkt ihr, dass ich dieses Rumgeschnulze grade vertragen könnte?“, murrte sie.
Bevor ihre Eltern darauf antworten konnten, hörten sie laute Geräusche von draußen.
„Ihr bleibt drin“, forderte Quan ernst und ging mit einer Hand an seiner Waffe nach draußen.
Er sah zu wie seine Partnerin einen Muskelmann auf den Boden drückte und der sich bei Kräften wehrte.
„Er ist hier ums Haus rumgeschlichen, check ihn mal“, bemerkte sie keuchend und der Mann hörte auf sich zu wehren.
„Ich bin Broderick, Ihre Tochter weiß wer ich bin“, stellte Broderick sich vor.
„Er sagt die Wahrheit. Du hättest anrufen sollen, Brod‘, kam Shade aus der Tür.
„Shade, du sollst doch drin bleiben“, murrte Quan.
„Er hat mich gerettet, er ist in Ordnung, lass ihn los, Tante Sara“, bat Shade trocken und Sara ließ ihn aufstehen.
„Wir sind alle etwas angespannt hier, tut mir leid, komm rein“, begrüßte Shade ihren Retter und der kam zu ihr hin.
„Sind welche von denen hier aufgetaucht?“, fragte Broderick und begrüßte sie mit einem coolen Handschlag.
„Nein, Gott sei Dank nicht, aber wir können nicht vorsichtig genug sein. Na, bist du deine Tochter schon satt?“
„Mein Enkelsohn ist gesund und munter zur Welt gekommen und es ist Zeit für mich zurückzukehren“
„Ich gratuliere dir, aber du hättest von New York immer einen Flug auf die Fidschi-Inseln bekommen, warum kommst du zu mir?“
„Ich wollte mich noch verabschieden, ich werde in nächster Zeit nicht mehr nach Kanada kommen“, murmelte er.
„Er hat dich geschickt, oder?“, fragte sie kritisch.
„Nein, er weiß gar nicht dass ich hier bin“, log er ziemlich schlecht.
„Man, du lügst echt miserabel, ich denke sogar am miserabelsten von den Kerlen mit denen ich eine Nacht verbracht habe“, entschied sie und Quan sah Broderick verärgert an.
„Ich hab nicht mit ihr geschlafen, Sir, Shade, warum erzählst du so’n Scheiß?“, wendete sich Broderick zu seiner Bekannten.
„Das hab ich nicht so gemeint, wir haben nicht miteinander geschlafen Dad, keine Sorge“, stotterte sie.
„Dann wären Sie der erste. Das ist ein Liebesbeweis, Tochter, er liebt dich, nicht Sie, Sir, Brick“, mischte sich Tetsu ins Gespräch ein.
„Warum hören die Frauen in meiner Familie eigentlich nie auf mich? Aber deine Mutter hat Recht, du solltest ihn als eine Art „Kuss-Telegramm“ sehen. Er will dir damit sagen, dass du ihm fehlst und er sich Sorgen um dich macht“, erklärte Tetsu.
„Du interpretierst da viel zu viel rein, Mum, danke Brod‘ für deine Kontrolle, wie du siehst geht’s mir gut und ich komm gut ohne ihn klar. Gute Heimreise“, wollte Shade nicht reden und ging zurück ins Haus.
„Ihr geht’s überhaupt nicht gut, oder?“, fragte Broderick, Tetsu trocken.
„Jep!“
„Was ist mit ihren Haaren passiert?“
„Das war ihre Idee, wir konnten sie nicht rechtzeitig aufhalten. Kommen Sie mit rein, Sie haben mitgeholfen unsere Tochter zu retten, da können wir ihnen wenigstens ne Kaffee anbieten“, bat Tetsu ihn rein.
„Hältst du das für eine gute Idee?“, fragte Sara kritisch.
„So nah wie du ihm warst weißt du, dass er nicht bewaffnet ist und wenn unsere Tochter ihm vertraut, tun wir es auch. Entschuldigen Sie meine Partnerin, sie ist allen Männern gegenüber so eingestellt, sie ist schon zu lang nur mit Frauen zusammen“, entschuldigte sich Quan.
„Das nennt sich Homosexualität, Partner, du stellst mich als Männerfresserin dar. Unsere Kleine ist entführt worden, da kann ich doch etwas überbesorgt sein, oder?“
„Ja, aber er ist ein alternder Weißer, sicher nicht aus meiner Familie“, konterte Tetsu.
„Jetzt weiß ich, wo die Kleine ihre Direktheit her hat. Ich komme gern auf einen Kaffee mit rein“, bemerkte er und ging mit ihnen rein.
„Sie kommt nicht mehr runter, oder?“, fragte Broderick, als er eine Weile mit Tetsu im Wohnzimmer gesessen hatte. Quan war mit Sara zur Arbeit gegangen.
„Wie ich sie kenne ist sie wie früher aus dem Fenster geklettert und ist geflüchtet. Tut mir leid, sie ist in letzter Zeit zu keinem Gespräch bereit, wir wissen nicht ob es an ihrer Gefangennahme oder an ihrem Liebeskummer liegt. Es ist zu viel verlangt, dass Sie mit ihr reden, oder?“, wollte sie besorgt wissen.
„Ich kann’s versuchen, ich hab meine Frau vor vielen Jahren verloren, ich hab meine Tochter allein groß gezogen, ich kenne den Schmerz im Herzen sehr gut. Beim letzten Mal hab ich sie nur zu einem Alkohol-Exzess getrieben, ich hoffe, das läuft diesmal anders ab“, versprach er.
„Vielen Dank, ich bin langsam mit meinem Latein am Ende. Ich hab das dreißig Jahre vorher auch erlebt, aber anscheinend bin ich entweder emotional stärker als sie ist, oder sie haben ihr mehr zugesetzt als mir, was aber kaum möglich ist, weil sie mich schwanger tausende von Meilen durch die Wüste mitgeschleppt haben und ich auf der Flucht fast Rebellen in die Hände gefallen bin. Vermutlich liegt der Unterschied einfach in meinem Ehemann, der mich wirklich liebt und bei allem unterstützt hat. Da Sie mit Brick befreundet sind sag ich jetzt lieber nicht, was ich im Moment von ihm halte“, entschied sie trocken.
„Seine Mutter hat grad ihren Mann verloren und einer ihrer Söhne ist im Knast, da würden Sie auch helfen wollen, oder?“, fragte er verteidigend.
„Nicht, wenn meine Freundin sexuell und seelisch missbraucht meine Hilfe mehr braucht“, wurde sie laut.
„Sie wurde also …“, versuchte er zu fragen.
„Sie redet nicht darüber, aber wie sie auf körperliche Nähe reagiert, denken wir das. Ich wollte nicht laut werden, ich will nur meine Tochter zurück“, wurde sie wieder ruhiger.
„Eine Therapie lehnt sie ab, oder?“
„Ja, dieser störrische Bock, sie ist leider mir viel zu ähnlich, wenn sie nur ein bisschen wie ihr Vater wäre, hätte sie das längst gemacht. Darüber könnten Sie vielleicht auch mit ihr reden!“
„Ja, mach ich. Ich sollte dann mal los, ich hab noch ne lange Reise vor mir und ich werde ne Weile mit ihr reden müssen“, konterte er und stand wieder auf.
„Vielen Dank nochmal für alles, ich werde Ihnen das nie vergessen. Bitte bringen Sie sie dazu, dass sie sich helfen lässt“, bat sie nochmal und er nickte.
„Ich sollte nach Hause gehen, dass er mich dort auch überreden kann, was?“, hörte sie plötzlich Shades Stimme, als sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Ihre Tochter saß auf der Treppe und hatte das Gespräch belauscht, so wie sie es früher als Kind immer getan hatte.
„Du bist also noch da“, kam Tetsu zu ihr und setzte sich unter sie auf die Treppe.
„Du bist stärker als ich, das warst du schon immer, auch wenn ich das nie zugeben und immer abstreiten würde“, erklärte Shade.
„Ich will dich wieder glücklich sehen, Schätzchen, ich weiß, dass das nur mit ihm funktioniert, aber vielleicht wird es mit der Therapie etwas einfacher, ohne ihn zu leben“, entschied Tetsu und griff nach hinten. Shade nahm die Hand ihrer Mutter in ihre.
„Ich will aber nicht ohne ihn leben“, gestand sie plötzlich und brach in Tränen aus. Tetsu rutschte noch eine Stufe hoch und ihre Tochter umarmte sie weinend.
Nach Brodericks Besuch änderte sich endlich Shades Einstellung. Sie machte endlich eine Therapie und begann wieder zu trainieren. Ein paar Monate später kam Shades Patentochter zur Welt. Sie war ein wunderschönes gemischtrassiges Mädchen mit schwarzen Löckchen und sie verliebte sich beim ersten Blick in sie.
„Sie ist so perfekt, ich könnt sie fressen“, hielt Shade die kleine Prinzessin in ihren starken Armen.
„Du hast schon ne Weile nichts mehr gegessen, was?“, schmunzelte Kaikoura, die ihr zufrieden in einem Krankenbett zusah.
„Ja, war nen langer Tag, ich werde mir was aus dem Automaten holen, so Prinzessin, legen wir dich wieder hier rein, willst du auch was, Süße?“, fragte sie ihre Freundin, während sie ihr Patenkind wieder ins Bettchen legte.
„Geh nach Hause, Shade, ich sollte auch schlafen, Jamal kommt sicher gleich wieder“, entschied sie.
„Zu Hause bin ich nur alleine, ich will hierbleiben, bitte schick mich nicht weg“, bat sie.
„Nein, du musst nicht gehen, ich dachte nur, du siehst erschöpft aus. Du hast nen schlechten Tag, oder?“
„Irgendwie schon, obwohl das auch einer der schönsten Tage meines Lebens ist. Als ich die Kleine im Arm hielt wusste ich, dass das Leben zu kostbar ist, um Trübsal zu blasen. Ich werde auch einen Jamal finden und ein wunderschönes Kind zur Welt bringen, davon bin ich überzeugt“, konterte sie nachdenklich und fuhr mit ihrer Hand über den Rahmen des Kinderbettchens.
„Natürlich wirst du das, ich will später nicht die einzige sein, die sich über ihre Teenagerkinder beschweren kann. Aber du machst die Prüfung nochmal, oder?“
„Ja, ich trainier nicht vier Stunden jeden Tag für nichts. Mit einem richtigen Trainer wäre es einfacher, aber Dad gibt mir Schießunterricht und Mum trainiert meine Kondition. Ich vermisse ihn immer noch so sehr, ich will ihn hassen, aber ich kann nicht“, sprach sie das erste Mal in Monaten wieder mit ihr über Brick.
„Dann müsstest du mal mit ihm reden, flieg zu ihm sag es ihm“, schlug sie vor.
„Ich kann da nicht mehr hin zurück, zu gefährlich. Ich bin auch keine Person die bettelt und das wirkt so, wenn ich bei ihm zu Kreuze krieche. Er will mich nicht mehr, das muss ich akzeptieren“, entschied Shade nachdenklich.
„Tut mir leid, ich hätte nicht damit anfangen sollen“, entschuldigte sich Kaikoura.
„Nein, ich hab ja damit angefangen. Aber heute werde ich mich ganz um dich kümmern. Wir müssen noch nen Namen aussuchen, die brauchen nen Namen, wir können sie nicht ihr ganzes Leben Prinzessin nennen“, wechselte sie das Thema.
„Pirinihehe, das heißt Prinzessin auf Maori“
„Nennen wir das Plan B“, schmunzelte Shade.
„Honi?“
„Besser, was bedeutet der?“
„Ist schwer zu übersetzen, „Die gut Riechende“ so in der Art!“
„Das klingt gut, ich red mit Jamal darüber. Wenn man vom Teufel spricht, da ist mein Schöner auch schon wieder“, sah sie zu Jamal, der wieder ins Zimmer kam.
„Hab ich was verpasst?“, fragte Jamal und reichte seiner Frau einen Becher mit Eis zum Lutschen.
„Wir haben nen Namen ausgesucht!“
„Ach, habt ihr, hab ich da auch noch was mitzureden?“
„Nein“, sagten die beiden im Chor und grinsten ihn an.
Nachdenklich, aber mit Freude im Herzen, ging Shade spät in dieser Nacht vom Krankenhaus zu ihrem Wagen, den sie etwas weiter weg geparkt hatte. Plötzlich spürte sie, dass jemand hinter ihr war. Panik kam in ihr auf. Sie atmete tief, um ihre Angst zu besiegen. Als die Person ganz nah bei ihr war, warf sie die Person über die Schulter und kniete sich auf den Hals der Person.
„Man und ich dachte mein Rücken wäre endlich in Ordnung, aber gegen deinen Schulterwurf kommt er wohl nicht an“, keuchte Brick, der unter ihr auf dem Boden lag.
„Brick, du bist hier?“, war sie total überrascht.
„Wenn du noch fester zudrückst bin ich bald nicht mehr da“, hustete er und sie ging von ihm runter.
„Warum jetzt, warum hier?“, wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
„Jetzt, weil Jamal gesagt hat, dass du grad auf dem Heimweg bist und hier, weil ich einfach den Weg von deinem Wagen bis zum Krankenhaus abgelaufen bin. Das wolltest du aber nicht wissen, oder?“, erklärte er und sie ging unberührt einfach weiter.
„Du bist immer noch sauer, ich versteh das“, ging er ihr hinterher.
„Ich bin nicht sauer, du bist mir nur egal inzwischen“, konterte sie kühl, ohne ihn anzusehen.
„Ich stehe in Kontakt mit Jamal, du lügst wie gedruckt“
„Ein Verräter in meinen eigenen Reihen, wie nett. Ja, ich vermisse dich, aber ich weiß nicht mehr was ich für dich empfinden soll“, druckste sie herum und er ging einen Schritt auf sie zu, drehte sie um und küsste sie leidenschaftlich.
„Du bist ganz schön von dir eingenommen“, erwiderte sie verwirrt und fuhr sich nachdenklich über den Mund.
„Nur ein bisschen. Du schlägst nicht mehr gleich zu, das ist schön“, sagte er sanft.
„Ich mach Pilates, das hilft mir, mich zu kontrollieren. Ich bin grad wieder im Leben angekommen, warum musstest du hier wieder auftauchen?“, fragte sie. Sie war mit der Situation total überfordert.
„Ich wollte zurück zu der Frau, die ich über alles liebe, das bist du, Shade“, machte er ihr eine Liebeserklärung.
„Du kommst ein halbes Jahr zu spät damit, ich hätte dich gebraucht und du warst nicht da“, begann sie plötzlich zu weinen.
„Es tut mir so leid, ich konnte nicht früher kommen“, entschuldigte er sich ehrlich.
„Tut mir leid, jetzt will ich dich nicht mehr“, schluchzte sie und ging davon. Er blieb dort stehen und sah ihr nach.
„Er ist wieder da“, stand Shade mitten in der Nacht verwirrt vor der Tür ihrer Eltern.
„Es ist mitten in der Nacht, mehr Infos bitte“, murmelte Tetsu schlaftrunken.
„Brick hat mich heute abgefangen, übrigens ich bin seit einer Stunde Patentante“, erklärte sie.
„Das Baby ist da? Das ist toll, geht es ihnen gut?“
„Ja, beide sind in Ordnung, was mach ich jetzt?“
„Es ist 4 Uhr morgens, ins Bett gehen würd ich sagen!“
„Kann ich hier pennen? Ich fürchte, er wird bei mir auftauchen“, bat sie.
„Ja, komm rein, der hat sich ganz schön viel Zeit gelassen“, ließ sie sie rein.
„Ja, zu lang!“
„Hast du nen Neuen?“
„Nein, aber ich hab auch meinen Stolz“, entgegnete sie.
„Du liebst ihn, Schätzchen, das hast du die ganze Zeit gemacht und dass er die ganze Reise auf sich genommen hat um hierher zu kommen zeigt mir, dass er dich auch noch liebt“, erklärte ihre Mutter und setzte Wasser auf, um Tee zu kochen.
„Ja, das hat er mir auch gesagt und dann hat er mich geküsst“, erzählte sie ihrer Mutter.
„In welcher Notaufnahme ist er diesmal?“, fragte ihr Vater, der im Morgenmantel zu seinen Mädels stieß.
„Tut mir leid, Dad, ich wollte dich nicht wecken. Ihm geht’s bestens, ich hab mich jetzt unter Kontrolle. Was mach ich jetzt?“, holte sie sich einen Rat bei ihren Eltern.
„Ist diese Antwort nicht offensichtlich? Schnapp ihn dir, meine süße Tigerin“, ermutigte ihre Mutter sie.
„Jetzt? Es ist vier Uhr und ich hab keine Ahnung wo er ist“, bemerkte sie aufgekratzt.
„Wie ich ihn kenne ist er sicher schon hier, weil er dir hinterhergefahren ist. Geh zu ihm“, riet sie ihr und Shade ging zur Tür. Brick stand breitbeinig auf dem Rasen ihrer Eltern.
„Geh zu ihm, er wird nicht ewig auf dich warten“, drängte Tetsu sie und sie ging aus der Tür.
„Und was machen wir jetzt, wo wir beide wach sind?“, wollte Tetsu von ihrem Mann wissen.
„Das was die jungen Leute heute Nacht noch machen?“, fragte er hoffend.
„Wenn wir das machen was die beiden machen, musst du später in die Notaufnahme“, schmunzelte sie.
„Das werden wir ja sehen, komm her“, zog Quan sie an sich und küsste sie.
„Deine Stalker-Tendenzen musst du echt ablegen, wenn das mit uns was werden soll“, kam Shade langsam auf ihn zu.
„Tschuldige, ich lass dich nicht mehr gehen“, schmunzelte er und lächelte sie an, als sie auch lächelte.
„Ich liebe dich auch, du Vollhonk, das hab ich immer schon“, entgegnete sie und küsste ihn lang und mit all der Liebe, die sie für ihn fühlte.
Sie stöhnte leicht auf, als er sie voller Leidenschaft gegen die Raufasertapete ihres Flurs drückte. Sie hatten es nicht einmal bis zum Bett geschafft, ohne übereinander her zu fallen. Er war sanft und stark gleichzeitig und fragte liebevoll nach, ob sie dies oder das aushalten konnte.
„Halt mal die Klappe, Mr. Bodyguard, ich sag schon, wenn es irgendwo zwickt“, kicherte sie und er nahm sie im Stehen an ihre weiße Tapete gelehnt. Bei jeder Berührung spürte sie, wie sehr sie es nötig gehabt hatte und dass sie es nur noch mit ihm tun wollte. Sie küsste seine Schusswunde und schob ihn sanft in Richtung des Betts. So wie sich diese Nummer entwickelte, würde sie vermutlich ein Einrichtungshaus aufsuchen müssen, um einige Möbel zu ersetzen. Die Sonne ging schon langsam in Medicine Hat auf, als sie glücklich in seinem Arm einschlief.
Shade schloss die Augen. Das war der Zeitpunkt, auf den sie jetzt so lang hin gearbeitet hatte. Sie öffnete die Augen wieder und schoss. Dieser Schuss saß perfekt und sie jubelte innerlich auf.
„Gut, weiter“, drängte sie der Prüfer weiter zu machen und sie durchquerte den Parcours weiter. Diesmal waren ihre Hände ruhig und still. Sie hatte schon einige Tage keinen Sex mehr mit Brick gehabt, nur um sicher zu gehen und sie freute sich schon, ihre bestandene Prüfung mit ihm im Hotelzimmer zu feiern. Die Figur des kleinen Mädchens kam vor ihre Augen. Sie atmete tief in sich hinein und ging ruhig weiter.
Sie schloss ihre Prüfung diesmal fehlerfrei ab und nahm stolz ihre Auszeichnung entgegen.
„Ich bin so stolz auf dich, als Trainer und Lover. Was willst du jetzt machen? Den Präsidenten beschützen oder irgendein Popsternchen?“, gratulierte Brick ihr glücklich, als sie zu ihm kam und ihm das Schriftstück präsentierte.
„Ich will jetzt heimfahren, meine Familie sehen und Honi im Arm halten. Nichts wird sich ändern, ich wollte mir nur beweisen, dass ich es kann und man hab ich es denen gezeigt“, erwiderte sie und küsste ihn.
„Oh ja, das hast du, du kleiner Spinner. Das hier bekommt einen Ehrenplatz in unserem Schlafzimmer, direkt neben meinem“, entschied er und zog sie an der Hüfte nach draußen.
Shade hatte ihre Prüfung in Las Vegas abgelegt, nur um sicher zu gehen, dass keiner ihrer brutalen Familienmitglieder ihnen folgte. Sie hatte zwar die Stärke der Tigerin geerbt, aber die Stärke, ihren Lebenstraum zu erfüllen hatte sie ihrem Mann zu verdanken, den sie einen Tag zuvor in einer kleinen Hochzeitskapelle auf dem Strip geheiratet hatte. Dies musste sie ihrer Familie zu Hause erst Mal erklären und sie hoffte, ihr Mann hatte seine schusssichere Weste eingesteckt.
Tag der Veröffentlichung: 01.04.2017
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