Frühling 2014 – Orlando Florida
Emagen Barnes lag erschöpft auf dem Tresen ihres Tätowier-Studios. Gerade hatte sie in einem siebenstündigen Marathon einen mehrfarbigen Drachen tätowiert und ihr Rücken brachte sie um. Der Frühling hatte die Küste erreicht und die Hitze zeigte sich an diesem späten Abend auch mit voller Pracht. Ihr Smartphone mit der selbstgestalteten Hülle summte auf ihrem Bauch.
„Man, wenn das wieder ein Kunde mit so einem scheiß Wunsch von einem Drachen-Tattoo ist, erstech ich ihn mit meiner Nadelpistole“, murmelte sie vor sich hin, hob ihren wild tätowierten Arm und ging dran.
„Bist du an was dran?“, hörte sie die erschöpfte Stimme ihrer Mitbewohnerin Sherise.
„Wenn du damit meinst, dass ich grade mit meinem Tresen eine Symbiose eingehe und leider kein Mann auf mir draufliegt, ja, dann bin ich an was dran“, bemerkte sie erschöpft.
„Mein Wagen springt mal wieder nicht an“, erklärte Sherise und Emagen schnaufte.
„Hey, manche verdienen gut Geld mit Tattoos, andre strippen um zu überleben, holst du mich ab?“, hoffte die exotische Tänzerin.
„Natürlich hol ich dich ab, ich will dich ja nicht morgen als Leiche identifizieren müssen. Bleib im Club, gib mir 20 Minuten“, bat Emagen und schwang ihre Beine zu beiden Seiten herunter, um auf dem Tresen aufzusitzen. Jeder Muskel in ihrem Nacken schmerzte. Sie freute sich schon auf ihre Dusche.
In Jeans und T-Shirt gekleidet mit Flip-Flops an ihren Füßen erwartete Beauty, wie sie im Club genannt wurde, ihre Freundin vor dem neonbeleuchteten Establishment. Cool lehnte sich Emagen über den Beifahrersitz ihres Chevys und öffnete ihr die Beifahrertür.
„Na, hübsches Mädchen, was kostet die halbe Stunde?“, fragte Emagen keck.
„Auch beim zehnten Mal immer noch nicht witzig, Emagen“, grummelte Sherise und stieg ein.
„Für mich schon. Hunger?“
„Schon, aber wenn ich noch weiter mit dir essen gehe, tanze ich bald mitten in der Nacht mit den anderen fetten Tänzerinnen“, konterte Sherise.
„Alte, wir haben die gleiche Kleidergröße, werde bloß nicht frech. Der Sushi-Platz an der achtzehnten müsste noch offen haben, Sushi ist harmlos, wie klingt das?“, schlug Emagen vor.
„Ja, das klingt gut. Du siehst fertig aus“, musterte die junge Tänzerin ihre Freundin.
„Ich hab einen schmächtigen Kerl fast acht Stunden rangenommen, du weißt ja wie das ist“, frotzelte sie.
„Genau aus dem Grund denken meine Eltern immer, dass ich anschaffen gehe, lass das, ich bin in einer Bikini-Bar, bin ja nicht mal nackt bei meiner Arbeit“, raunzte sie.
„Du bist manchmal echt dünnhäutig für ne Stripperin, ich ärger dich doch nur. Ich brauch ne Mütze Schlaf, du anscheinend auch, bin froh, dass ich morgen wegen meinen Terminen den Laden dicht habe, wenn ich in nächster Zeit noch irgendein mystisches Wesen tätowieren muss, flipp ich aus“, entschuldigte sich Emagen und fuhr los.
Ihr Kater Jack döste auf der Veranda des Trailers, in dem die beiden Frauen lebten.
„Na, wartest du auf mich?“, kraulte Emagen ihr Haustier beim Vorbeigehen und der schnurrte zufrieden, aber ohne sich zu bewegen.
„Jack ist der einzige Kerl der dir noch nicht weggerannt ist“, bemerkte Sherise plötzlich und Emagen sah sie verärgert an.
„Siehst du, ist nicht witzig, wenn’s was ist, was dich belastet. Man, das Sushi riecht irgendwie komisch, ich bleib dann doch beim Toastbrot“, rümpfte Sherise ihre Nase.
„Das ist roher Fisch, das muss so riechen, aber du hast Recht, wenn wir das Essen werde ich morgen keine Termine einhalten können“, schmiss Emagen die Tüte mit Essen in die Mülltonne vor dem Trailer.
Nervös knetete Emagen ihre Hände, als sie auf dem klebrigen Plastikbezug in der freien Klinik in der Stadtmitte saß und sich Blut abnehmen ließ.
„Alles klar bei dir, Süße?“, fragte die Krankenschwester Marilyn, die etwa im Alter von Emagens Mutter war und tätschelte mit einer Hand Emagens Hände.
„Ja, ich muss ja diesen Test jedes Jahr machen lassen, trotzdem hab ich jedes Mal Angst AIDS zu haben“, entschied sie.
„Du bist ja ein braver Kondombenutzer und alles, das wird wie immer zu deinen Gunsten ausfallen, keine Sorge. So, Kleines, schon fertig“, packte sie die Ampulle voll Blut weg.
„Ist schon seltsam, dass du dich besser in meinem Sexleben auskennst als meine Mitbewohnerin. Wann kommst du mal zu mir für ein Tattoo?“, schmunzelte Emagen und stand auf.
„Tattoos sind was für junge Leute, Süße, aber danke für das Angebot. Ich schick wieder die Papiere zum Amt und du kriegst dann dein Gesundheitszeugnis, wenn es fertig ist, aber du kennst die Prozedur ja. Sag Brody nen Gruß“, bat Marilyn und Emagen nahm ihre Tasche.
„Kannst ihm den Gruß selbst ausrichten, wenn du ihn wegen irgendeiner Geschlechtskrankheit behandeln musst“, murmelte Emagen und setzte lässig ihre Sonnenbrille auf.
„Schon wieder einer? Süße, du musst dir deine Kerle echt besser aussuchen“, riet Marilyn ihrer jungen Patientin.
„Du hörst dich schon an wie meine Mutter. Das Herz will, was das Herz will, manchmal will es halt einen lügenden betrügenden Bastard. Mach dir keine Sorgen um mich, ich sollte mir vielleicht einen Termin bei Doc Marten machen, dieser Bastard hat mir sicher irgendeinen Tripper verpasst“, redete sie vor sich hin.
„Mit nem Kondom bist du immer ziemlich auf der sicheren Seite, aber ich kann dir nen Termin machen, wenn du willst“, schlug Marilyn ihr vor.
„Danke, mach das bitte, Freitagmorgen ist immer gut bei mir. Man, bin spät dran, muss in einer Stunde beim Frisör sein. Ich sollte aufhören alle meine Termine auf einen Tag zu legen“, entgegnete sie und ging Richtung Tür. Am Eingang rannte sie in einen Kerl hinein. Es war ihr Ex.
„Oh man, ich hoff mal es juckt nicht irgendwo, wo es nicht jucken soll“, begrüßte sie ihn cool.
„Noch nicht, aber ich wollte nur mal sicher gehen“, bemerkte Brody genauso cool.
„Wichser“, fluchte sie ihm entgegen.
„Was? Du bist nicht grade ein Kind von Traurigkeit“, entgegnete er und wütend rammte Emagen ihrem Ex die Handwurzel gegen die Nase.
„So, jetzt hast du nen Grund zum Doc zu gehen. Schönen Tag noch“, wischte sie sich das Blut am T-Shirt ab und ging zu ihrem Wagen.
„N’Abend, was machst du?“, fragte Sherise, als sie an diesem Abend ihre frischerblondete Freundin vorfand, wie sie in einem Waschbottich ihr T-Shirt wusch.
„Ich mach meine Steuern“, murrte Emagen trocken.
„Ja, ich seh schon, dass du was wäscht, aber wir gehen doch morgen in den Waschsalon, wie jeden Samstag“, bemerkte Sherise trocken.
„Weißt du, wie man Blut aus Klamotten kriegt?“
„Will ich das wissen?“
„Brody hat mich ne Schlampe genannt, ich hab ihm eine gegen die Nase verpasst“, erklärte Emagen.
„Gut gemacht, hast du die Nase gebrochen?“, fragte Sherise ihre Freundin stolz.
„Bei dem vielen Blut in meinem Hemd hoff ich es mal. Kommt jetzt keine Predigt darüber, dass ich meine Gefühle besser unter Kontrolle haben muss und dass nicht alles in Gewalt enden muss und bla bla bla?“, fragte Emagen und schrubbte ihr Hemd weiter.
„Schön, wie du mir immer zuhörst. Nein, er ist nen Arsch, hat es verdient. Du wolltest nicht, dass ich dich kritisiere, deshalb wäscht du das hier, oder?“, realisierte Sherise.
„Ja, schon irgendwie, du bist die einzige deren Meinung mir wirklich wichtig ist“, bemerkte Emagen erschöpft und setzte sich auf eine Treppenstufe.
„Schön zu hören, du musst dich aber nicht vor mir schämen. Du hast das T-Shirt jetzt genug eingeweicht, das kriegst du morgen beim Waschen schon raus. Sonst alles klar bei dir?“
„Ja, war nur ein langer Tag mit den ganzen Terminen. Ich muss dich zur Arbeit fahren, oder?“
„Ja, das wäre lieb, danke. Ich lass meinen Wagen morgen abschleppen, versprochen“, bedankte sich Sherise.
„Glaub ich dir. Ich werde was kochen, wie klingt Nudeln mit Tomatensoße für dich?“
„Klingt sehr gut, danke“, bemerkte Emagen nachdenklich und Sherise ging an ihr vorbei die Treppe hoch.
„Wirklich alles klar bei dir?“, wollte Sherise sichergehen.
„Ja, bin nur müde, alles klar“, konterte sie.
„Okay, du solltest nicht immer so viele Termine in einen Tag packen. Leg dich etwas hin, ich weck dich nachher“, schlug Sherise liebevoll vor und die Tätowiererin ließ sich das nicht zwei Mal sagen.
Nach etwas Schlaf hatte sich Emagens Laune etwas gebessert und so bastelte sie an diesem Abend an Sherises Wagen herum, den sie nach Hause abgeschleppt hatte, als sich jemand ihr näherte. Sie lag unter dem alten Buick und hörte Musik und sang schlecht mit.
„Hey, Kumpel, ist die Lady des Hauses zu Hause?“, fragte eine Männerstimme und trat leicht gegen einen ihrer Lederstiefel, die nur unter dem Wagen herausragten.
„Die Lady des Hauses legt sich die Locken und hört im Boudoir Charleston-Musik“, konterte sie trocken und rollte unter dem Auto hervor.
„Ich sollte nach einer tätowierten Frau mit einem großen Maul fragen, hab sie anscheinend gefunden“, blickte sie in die grünen Augen eines Polizisten.
„Ernsthaft? Er hat mich angezeigt? Ist die Nase wenigstens gebrochen, dass sich die Anzeige wenigstens lohnt?“, fragte sie cool und der Beamte zog sie an einem Arm hoch.
„Man, ich wünschte alle meine Verdächtigen wären so geständig, nein, ich bin wegen was anderem hier“, konterte der junge Polizist mit schelmischen Lächeln.
„Dann habe ich nichts gesagt. Also?“
„Haben Sie Arlo Montenegro im Jahr 2007 tätowiert?“, fragte er professionell.
Emagen sah sich um.
„Was ist?“
„Hab nur die Kameras gesucht, wir sind doch hier bei der Versteckten Kamera, oder? Ich habe 10-20 Kunden jede Woche seit ich den Laden 2003 übernommen habe, woher soll ich das noch wissen?“
„Ein Ganzkörper-Tattoo mit Narco Corrido-Thema ist was, was man nicht so leicht vergisst, denk ich mir“, erinnerte er sie.
„Ein Komplett-Tattoo, das grenzt es etwas ein. Wir müssten in mein Büro fahren, ich müsste das in den Akten haben“, entschied sie.
„Sie führen Akten?“
„Natürlich führe ich Akten, ich führe ein gutes Unternehmen. Ich fahre, ich war schon in Polizeiwagen, das geht nie gut für mich aus“, bemerkte sie trocken.
„Das hab ich gemerkt, wem haben Sie hoffentlich die Nase gebrochen?“, schmunzelte der Beamte und ging mit ihr zu ihrem Wagen.
„Meinem Ex, ich hab Ihren Namen nicht mitgekriegt“, lehnte sie sich cool an die Fahrertür.
„Detective Harding, dachte schon, Sie fragen gar nicht mehr“, zeigte er seinen Dienstausweis.
„Bin manchmal zu vertrauensselig, das hat mir in meinem früheren Leben viel Ärger eingebracht, jetzt bin ich eine anständige Geschäftsfrau. Jack, beweg deinen fetten Arsch vom Beifahrersitz, ich hab einen Beifahrer“, lehnte sie sich in den Wagen und zog ihren Kater auf den Arm.
„Versteckt sich wohl gern hier drin, was?“
„Ist bei uns ein Weiberhaushalt, manchmal wird es ihm ein bisschen zu viel im Trailer. So, Jacky-Boy, bin gleich zurück“, legte sie ihren Kater auf der Veranda ab und stieg in ihren Wagen.
„Woher weiß ich, dass Sie keine kaltblütige Mörderin sind und Sie mich nicht irgendwo im Sumpf als Leiche abladen wollen?“, zögerte er.
„Hören Sie, Detective, ich hatte einen echt langen Tag und das wäre mir viel zu anstrengend. Steigen Sie jetzt ein, Sie können mir auch hinterher fahren, wie Sie wollen“, murmelte sie erschöpft. Wortlos stieg er ein.
„Geht doch. Ich bring Sie wieder hierher zurück, keine Sorge. Einmal anschnallen bitte“, bat sie und machte den Vorwärtsgang rein, um mit Tempo die Schotterpiste von ihrem Trailer weg zu fahren.
„Ich kann mir vorstellen, weswegen Sie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind“, klammerte sich Detective Harding an den Türrahmen.
„Mein Strafregister ist geschlossen, ich war damals noch minderjährig, nur so viel, es hatte nichts mit Autofahren zu tun“, konterte sie lässig und bog am Ende der Straße ab.
„Man, die meisten Leute haben Respekt vor meiner Marke, Sie anscheinend nicht“, war der Beamte von ihrer Coolness fasziniert.
„Verzeihen Sie, war ein echt langer Tag für mich, wenn der Tag schon damit anfängt dass man einen AIDS-Test machen muss ist der Tag schon irgendwie gelaufen“, entschuldigte sie sich.
„Ich kann es nicht verstehen, dass die heutige Jugend keine Kondome mehr benutzt“, kommentierte er ihre Entschuldigung.
„Ohne Gummi geht bei mir nichts, ich mach den Test für mein Gesundheitszeugnis, sonst kann ich nicht tätowieren. Aber ich verstehe was Sie meinen, ist mir auch schon aufgefallen. Sie dachten, ich geh jetzt an die Decke, was?“, konterte sie keck, zog einen Kaugummi aus dem Fach neben sich und steckte ihn sich in den Mund.
„Er hat nicht übertrieben, Sie sind echt ein Original“, war er amüsiert.
„Von wem werde ich denn so unvorteilhaft beschrieben?“, fragte sie, es fiel ihr aber plötzlich ein.
„El Joven, ich erinnere mich jetzt an den Hurensohn, er hat mir meinen PC geklaut damals, ist er endlich mal im Knast gelandet?“, realisierte sie.
„Dazu darf ich nichts sagen. Sie waren also mit ihm zusammen?“
„Leider ja, ganze sechs Monate, trauriger Weise einer meiner längeren Beziehungen. Was hat er denn angestellt?“
„Darf ich auch nicht sagen, sorry. Haben Sie zufällig Fotos von ihm vor dem Ganzkörper-Tattoo?“, machte er eine Art Befragung mit ihr, während sie fuhren.
„Ich mach Fotos von meinem fertigen Tattoos, aber keine Vorher-Fotos. Wieso?“, wollte sie wissen und er sah sie nur an.
„Klar, können Sie nicht sagen. Ich schau mal, vielleicht hab ich ein paar private Fotos gemacht, kann aber nichts versprechen!“
Die Neonröhren gaben einen Klack-Ton von sich, als sie die Lichter in ihrem Studio anmachte. Es war schon langsam dunkel und das Studio roch nach der Bleiche, die ihre Putzfrau benutzte.
„Ihr Studio ist beeindruckend“, sah der Detective sich um.
„Danke“, murmelte sie nur und schloss ihr Büro auf.
„Ich meins ernst, ich dachte, sie hätten einen kleinen Stand in einem Kaufhaus, aber das ist ein richtiges Business“, ging er ihr hinterher ins Büro.
„Hatte ich am Anfang auch, aber ich bin gut“, lobte sie sich selbst.
„Ja, das seh ich, das sind wohl Ihre besten Errungenschaften“, sah er auf die Collage ihrer gezeichneten Werke über ihrem Schreibtisch.
„Ich hatte einen langen Tag, ich bin wirklich nicht in der Stimmung für Sex“, setzte sie sich müde an ihren Schreibtisch und zog ein schwarzgebundenes Lederbuch heraus.
„Sie haben noch nie ein Kompliment bekommen ohne, dass jemand was von Ihnen will, was?“, lehnte sich der Polizist gegen ihren massiven Schreibtisch.
„Nicht seit mir Brüste gewachsen sind, nein. Sie wollen also nicht mit mir schlafen?“, sah sie ihn an.
„Nicht heute Nacht, nein. Sie machen das noch alles per Hand?“
„Ich fotografiere meine Kunden an sehr intimen Stellen, ich will nicht, dass diese Fotos im Internet landen. Ich mach nur die Buchhaltung auf dem Tablet. Ein bisschen Privatsphäre für meine Kunden wäre jetzt angebracht“, bat Emagen und er ging ein paar Schritte zurück.
„Das könnte etwas dauern, setzen Sie sich ruhig“, entschied sie und er ließ sich in einen Lehnsessel in der Ecke fallen.
„Hab es“, stieß Emagen nach einer Weile der Suche hervor und weckte den erschöpften Beamten.
„Sie sollten sich überlegen eine sichere Cloud für Ihre Unterlagen anzulegen, das würde Ihnen echt Zeit sparen“, stand er schwerfällig auf.
„Ich bin nicht so ein Computer-Geek, ich hätte mit einem schlafen sollen, dass er mir das alles macht“, konterte sie und gab ihm das Buch.
„Sie scheinen mir eine kluge junge Frau zu sein, Sie müssen nicht immer Sex benutzen um das zu kriegen was Sie wollen“, riet er ihr.
„Danke, Detective Freud, hat bis jetzt immer gut funktioniert. Kann ich Ihnen mit meinen Unterlagen helfen?“, fragte sie und stand auf.
„Sind leider nur nachher Fotos, Sie haben über alte Tattoos drüber tätowiert, oder?“, legte er das Buch weg.
„Das nennt sich Cover-Up und ja, ich hab gecovert. Warum ist die Polizei so interessiert an alten schlechtgemachten Tattoos meines Exes?“
„Es wäre lieb, wenn Sie noch nach privaten Fotos suchen könnten“, war er kurz angebunden und ging Richtung Tür.
„Müsste ich zu Hause haben, wenn ich noch welche habe. Es kotzt mich an, dass ich hier im Dunklen gelassen werde!“, wurde sie laut.
„Ich würde es Ihnen sagen, wenn Sie es wissen dürften, tut mir echt leid“, entschuldigte er sich.
„Ja, bla, bla, bla, wie auch immer. Ich brauche wirklich eine ziemlich heftige Mütze Schlaf, also lassen Sie uns zurückfahren“, bat sie genervt und nahm ihre Lederjacke.
„Es tut mir wirklich leid!“
„Ich wünschte, Sie würden das ernst meinen. Ich brauch jetzt echt ein Bier“, redete sie vor sich hin und ging aus ihrem Büro.
„Ich hab seit zwanzig Minuten Feierabend, kann ich Sie auf ein Bier einladen?“, fragte er höflich.
„Jetzt wollen Sie also doch in mein Höschen“, bemerkte sie lässig.
„Dann eben nicht“, sagte er kopfschüttelnd und ging voran zum Auto.
Kurz nach ein Uhr morgens kam Sherise mit ihren Stripperschuhen in der Hand verschwitzt in den Trailer. Sie fand ihre Mitbewohnerin auf dem Bett sitzend vor, um sie herum eine Menge Fotos verteilt.
„Warum nimmst du dein Handy nicht ab?“, fragte Sherise und schmiss ihre Schuhe in eine Ecke. Sie schreckte ihre Freundin damit auf.
„Hey, ich hab vergessen dich abzuholen, tut mir leid“, sah Emagen sie müde an.
Eigentlich war die schöne Stripperin sauer auf ihre Freundin, aber sie sah, dass mit irgendwas nicht stimmte, also beruhigte sie sich schlagartig.
„Schon gut, Süße, du brauchst Schlaf, ich räum das schnell für dich weg und du legst dich schön hier hin“, sammelte Sherise die Bilder ein und drückte sie sanft aufs Kissen.
„Kann ich dich was fragen?“, fragte Emagen schläfrig.
„Sicher, Süße!“
„Benutze ich Sex um zu bekommen was ich will?“
„Ja, das beneide ich ein bisschen an dir, wieso?“
„Ich will nicht so sein“, schlief sie langsam ein.
„Musst du auch nicht, du bist eine Frau mit vielen Talenten, Sex muss nicht das einzige sein“, strich Sherise ihr sanft über die Wange und deckte sie zu.
„Du solltest mit dem Strippen aufhören“, riet Emagen ihrer Freundin, während sie einschlief.
„Ja, sollte ich, ich könnte jeden Abend kotzen, aber ich kann dich ja nicht die ganze Miete zahlen lassen. Ich hab dich lieb, Süße“, küsste sie ihre Stirn und stand vom Bett auf.
Emagen wurde wach, als Sherise einen Plastikbecher mit einem ihrer Oberteile herunterwarf, das sie vom Tisch zog.
„Morgen, wollte dich nicht wecken, ich sortiere grade meine Wäsche. Ausgeschlafen?“
„Ja, fühl mich viel besser, danke. Wie lange hab ich geschlafen?“
„Nen bisschen über zehn Stunden. Du warst gestern ziemlich durch den Wind, geht’s dir jetzt besser?“
„Ich war gestern nur müde, alles bestens“, versicherte sie.
„Nein, da war noch was anderes. Du hast gestern einen ziemlich nostalgischen Eindruck gemacht, hast wohl in Erinnerungen geschwelgt, was?“
„Nein, hab nur ein Bild gesucht, ich hab’s normalerweise nicht so mit der Vergangenheit. Ich hab es wohl nicht gefunden, Detective Harding wird enttäuscht sein!“
„Detective Harding?“
„Ach ja, den kennst du ja nicht. Grünauge kam gestern hierher, wollte Sachen über einen Ex von mir wissen, er hat die ganze Bullen-Scheiße abgezogen, dass er mir nicht sagen könnte, um was es geht. Ich hab ihm versprochen, ich such ihm Bilder von meinem Ex raus, kann aber keine finden!“
„Ist dieser Ex aus deiner „Wilden Phase“, über die du nie sprichst?“
„Leider nicht, bis gestern dachte ich, der Kerl wäre anständig gewesen. Wie auch immer, ich kann Grünauge nicht helfen, also ist es jetzt sowieso egal!“
„Ist der Bulle heiß?“
„Wie meinen?“
„Du hast mich schon verstanden. Ist er heiß?“, wiederholte Sherise ihre Frage und kletterte zu ihr ins Bett.
„Was wird das hier?“
„Wir schlafen im Winter immer gemeinsam im Bett!“
„Ja, schon, aber wir haben es fast Sommer“, verstand sie nicht.
„Ich werde es aus dir rauskitzeln!“
„Oh, lass deine Finger bloß bei dir, du weißt genau, wie kitzelig ich bin. Ja, er ist heiß, ziemlich heiß, aber er hat was zu mir gesagt, was ich schon lang von keinem Mann gehört habe“, erklärte Emagen herumdrucksend.
„Nein?“, realisierte Sherise frotzelnd.
„Ja, entweder ist der Kerl schwul, oder er hat einen echt schrägen Geschmack. Ich hätte gestern eine Runde Sex gut gebrauchen können, aber er war ein echter Gentleman, voll nervig!“
„Du weißt schon, dass Frauen wie meine Wenigkeit für so’n Kerl töten würden!“
„Detective Everett Harding, 13. Revier, tu dir keinen Zwang an!“
„Ich kenn diesen Blick von dir viel zu gut um das zu tun, du hast in Gedanken schon deinen Namen auf seinen Arsch tätowiert, da lass ich schön die Finger davon“, schlussfolgerte Sherise.
„Gar nicht wahr!“
„Doch, sehr wohl wahr, du magst die Herausforderung. Ich hab dich bisher für keinen Kerl so ackern sehen. Wirst du ihn wiedersehen?“
„Da ich nichts für ihn habe vermutlich nicht!“
„Schande, du hättest einen Gentleman verdient in deinem Leben!“
„Du klingst schon fast wie meine Mutter“, schmunzelte Emagen und Sherise sah sie erstaunt an.
„Was?“
„Wir kennen uns jetzt schon sieben Jahre, das ist das erste Mal dass du deine Mutter erwähnst“, konterte Sherise.
„Quatsch, ich rede ständig von meiner Mom, oder nicht?“, war sich Emagen unsicher.
„Ich kenn nicht mal den Namen deiner Mom, Süße!“
„Clarice, wow, ich hab wirklich nicht viel erzählt von Pennsylvania, merk ich grad, ist nicht viel zu erzählen, meine Mom ist eine Lehrerin im Ruhestand, mein Dad ist immer noch Landschaftsgärtner und ich hab drei Brüder, bei denen ich keine Ahnung habe, was sie so beruflich tun“, erklärte sie ihrer Freundin.
„Drei Brüder, das erklärt ne Menge. Ich hab immer gedacht, du kommst aus einer ziemlich verkorksten Familie mit deinen Vorstrafen und allem“, dachte Sherise laut darüber nach.
„Nein, ich bin das schwarze Schaf der Familie, alle anderen sind treue Staatsbürger. Deswegen bin ich dort auch weg, ich bin ne Schande für meine Familie“, erzählte Emagen betrübt.
„Red keinen Mist, du hast ein sehr gutlaufendes Geschäft und bist schon fünfzehn Jahre weg von der Straße, das schwarze Schaf hast du schon vor langer Zeit abgelegt. Wann hast du das letzte Mal mit deinen Eltern gesprochen?“
„Ich glaub, das war kurz vor dem 11. September“, versuchte sich Emagen zu erinnern.
„Das ist bald dreizehn Jahre her, Süße!“
„Doch schon solang, möglicherweise ist mein Vater jetzt auch schon in Rente“, hielt sie diese Tatsache für nichts Besonderes.
„Du musst sie anrufen!“
„Ich muss so einiges, das aber nicht!“
„Ist was zwischen euch vorgefallen?“
„Jep!“
„Willst du darüber reden?“
„Nope“
„Haben sie dir was Schlimmes angetan?“
„Normalerweise wollen Leute nicht darüber reden, wenn sie sagen, dass sie nicht darüber reden wollen!“
„Klar, ist sicher zu schmerzhaft, bist du deswegen im Knast gewesen?“
„Was ist mit dir passiert? Du warst doch so eine brave Freundin, die niemals Fragen gestellt hat!“
„Du scheinst mir in letzter Zeit etwas aus dem Tritt geraten zu sein, will dir nur helfen“, erklärte Sherise.
„Mir geht’s bestens, versprochen!“
„Wie du meinst, du kannst mit mir aber über alles reden, wenn du das willst, ich hoffe, das weißt du“, entschied sie.
„Ja, danke, will ich aber nicht!“
„Wie du meinst. Ich hab nicht so viel Buntwäsche, sollen wir unsere Wäsche mal zusammenwerfen? Wir wissen langsam eh nicht mehr wem was gehört“, lenkte Sherise das Thema in eine andere Richtung.
„Können wir machen“, war sie erleichtert, dass Sherise aufhörte, sie über ihre Vergangenheit auszufragen.
Als Emagen vergraben in ein Tattoo-Magazin im Waschsalon saß, bemerkte sie jemanden neben sich.
„Wenn dir langweilig ist, Beauty kauf dir ein Magazin, ich lese“, bat sie.
„Da muss ich Sie leider enttäuschen“, hörte sie plötzlich Detective Hardings Stimme.
„Auch für Cops wird ständiges Verfolgen einer Person Stalking genannt, oder?“, sah sie von ihrem Heft auf und erblickte den gutaussehenden Beamten.
„Das stimmt, ich verfolge Sie aber nicht, Samstag ist auch mein Waschtag“, deutete er auf einen Seesack neben sich.
„Sie wohnen hier in der Nähe? Das glaub ich wohl kaum“, entgegnete sie ungläubig.
„Hey Ev, kann ich dir nen Kaffee machen?“, kam der Besitzer der Waschanlage, der nebenher ein Café im Gebäude daneben betrieb, zu ihnen.
„Danke, den könnte ich jetzt echt gebrauchen, Steve“, bedankte sich der Polizist und Steve ging mit einem Lächeln auf den Lippen ins Nebengebäude.
„Okay, Sie kommen öfters her, sorry. Seltsam, dass wir uns noch nie getroffen haben. Ich komm sonst immer etwas früher, aber hab die halbe Nacht dieses blöde Bild gesucht. Da muss ich Sie leider enttäuschen“, erklärte sie ihm.
„Mist, ich hatte gehofft, Sie hätten was von ihm. Egal, dann muss ich meinen Fall irgendwie anders aufbauen. Wie auch immer, ich bin privat hier, jetzt wo Sie nicht in den Fall involviert sind, gehen wir mal aus?“, machte er sie ganz dreist an. Die ultracoole Tätowiererin wusste für einen Augenblick nicht, was sie sagen sollte.
„Hey Süße, hier ist dein Kaffee“, eilte Sherise ihr zur Hilfe.
„Äh, danke“, nahm Emagen ihren Kaffee entgegen.
„Willst du mir nicht deinen Kleinen Freund vorstellen?“, musterte Sherise den Detective.
„Mein kleiner Freund hier macht mich grad an“, warf Emagen ein.
„Dann lass ich euch beide Mal allein“, erkannte Sherise, dass ihre Freundin ihn mochte und sie zusagen wollte.
„Kaffee morgen Nachmittag?“, schlug Emagen vor.
„Klingt gut, krieg ich deine Nummer? Ich könnte sie auch so rausfinden, aber da du mich schon als Stalker abgestempelt hast, dachte ich, ich frag lieber danach“, war er erfreut, eine Zusage zu bekommen. Nachdem sie Nummern ausgetauscht hatten, gingen sie wieder getrennter Wege und machten ihre Wäsche.
„Ich hab ein Date, das letzte Mal das ich ein richtiges Date hatte ist eine ganze Weile her“, gestand Emagen, als die beiden Frauen mit ihrer sauberen Wäsche nach Hause liefen.
„Du bist ja richtig nervös, wie süß!“
„Bin ich gar nicht“, murmelte sie.
„Und wie du das bist. Wir werden dir so was von die Nägel machen für morgen“, schlussfolgerte Sherise.
„Oh ja, lange Nägel stören mich ja auch so gar nicht bei meiner Arbeit. Ich muss in zwei Stunden wieder tätowieren, hab eh keine Zeit dafür. So wie ich ihn einschätze, ist er auch kein Kerl, der lange Krallen mag“, dachte Emagen laut nach und stellte ihren Wäschekorb ab um ihre Haare wieder zusammenzubinden.
„Wie du meinst, war nur ein Vorschlag. Er ist echt heiß, der heißeste den du bis jetzt angeschleppt hast. Bin nur froh, dass du endlich mal einen anständigen Kerl anschleppst, die letzten waren ja echt der Hammer!“
„Wenn du damit meinst, dass sie Hammer im Bett waren, da hast du Recht“, schmunzelte Emagen und nahm ihren Korb wieder auf.
„Du bist unmöglich. Das erklärt, warum du es mit den Idioten ausgehalten hast. Was tätowierst du heute?“
„Tribal, auch wenn sich jede Phase meines Körpers dagegen sträubt, ich konnte es ihr nicht ausreden. Man, ich hab deinen Wagen gar nicht repariert, wie kommst du dann heut in den Club?“
„Hab schon mit ner Kollegin telefoniert, sie holt mich ab. Du weißt schon, dass ich den Wagen nicht fahre, bevor ich ihn von einem Experten reparieren lassen habe, oder?“, konterte Sherise.
„Wenn du dir das leisten kannst, mach ruhig, ich dachte nur, ich kann Geld sparen!“
„Du sagst mir ja nicht viel aus deinem Leben, aber ich glaub nicht, dass du KFZ-Mechanikerin gelernt hast“, konterte Sherise cool und lud ihren Wäschekorb auf dem Rücksitz von Emagens Wagen, an dem sie angekommen waren.
„Du weißt so einiges nicht über mich, Süße!“
„Okay, wir machen einen Deal, ich geb dir eine Woche in der du meinen Wagen reparieren kannst, wenn dann ein Profi sagt, dass ich damit fahren kann, belasse ich es dabei“, handelte Sherise mit ihrer Freundin.
„Gut, machen wir es so. Ich krieg ihn hin, ganz sicher!“
„Das sehen wir dann. Ich darf dir aber zumindest eine Haar-Kur ausleihen, die haben deine Haare ziemlich beschädigt beim Färben!“
„Ich dusche, wenn ich heut Nacht heimkomme, leg mir es in die Dusche, bitte“, bat sie und Sherise nickte.
An diesem Nachmittag hatte Emagen ihre Kundin von ihrem Tribal-Arschgeweih abgebracht und tätowierte ihr einen Phoenix, als es an ihrer Eingangstür klingelte. Sie hatte selten Laufkundschaft und Samstagsabends kamen eigentlich nie welche davon ins Studio. Sie drehte sich zur Tür. Langsam legte sie ihre Gerätschaft weg und stand von ihrem Drehstuhl auf.
„Warum hören Sie auf?“, fragte ihre Kundin.
„Ich mach gleich weiter, entschuldigen Sie mich kurz“, ging sie auf den Mann zu, der ins Studio gekommen war und zog ihn vor die Tür.
„Verdammt, was ist bei dir los? Die Bullen waren bei mir“, zischte sie dem Kerl auf Spanisch entgegen.
„Was hast du ihnen gesagt?“, fragte Arlo in der gleichen Sprache.
„Gar nichts, ich weiß nicht mal was ich erzählen sollte. Steckst du in Schwierigkeiten?“
„Hat dich nicht zu interessieren, du hältst die Klappe“, drohte Arlo ihr.
„Wird mir nicht schwer fallen, ich weiß ja nichts“, bekam sie etwas Angst vor ihm.
„Red bloß nie wieder mit den Bullen“, raunzte er und ging einfach wieder davon.
Etwas verstört ging sie wieder rein.
„Alles klar bei Ihnen?“, fragte ihre Kundin, als sie sich wieder hinsetzte.
„Ja, Ex-Freund Trouble, nichts Besonderes. Machen wir weiter“, stach sie weiter.
Es war weit nach Mitternacht, als Emagens Chevy auf dem Kussfelsen außerhalb der Stadt bremste. Everetts alter Volvo stand schon auf dem Parkplatz. Sie zog ihr Kapuzenshirt über ihren Kopf und ging zu seinem Wagen. Er schreckte auf, als sie an der Fensterscheibe klopfte. Sie ging einen Schritt zurück und er stieg aus.
„Wusste gar nicht, dass ich so begehrenswert bin“, begrüßte er sie flirtend.
„Sorry, Süßer, den Sex-Talk heben wir uns für morgen auf, ich hab dich wegen was beruflichem angerufen“, bemerkte Emagen erschöpft.
„Okay, was gibt es?“, schraubte er seinen Charme zurück.
„Arlo war heut Abend bei mir und hat mich bedroht. Er hat mir verboten, mit der Polizei zu reden, ich wollte eigentlich auch vor lauter Angst nicht sagen, aber ich konnte nicht schlafen und da ich denke, dass er in Schwierigkeiten steckt, mach ich mir Sorgen um mein Wohlbefinden“, erklärte sie stockend.
„Warum hast du nicht gleich angerufen?“, fragte er mit Besorgnis in der Stimme.
„Wie ich sagte, ich wollte erst machen was er sagt, aber mein schlechtes Gewissen hat mich gequält. Ich hab dich sicher nicht um drei Uhr morgens irgendwo in der Pampa getroffen um zu knutschen“, entschied sie und rieb sich müde die Augen.
„Da ich meinen vierjährigen in der Obhut meiner Nachbarin gelassen habe und das mitten in der Nacht hab ich es irgendwie gehofft“, murmelte er müde.
„Du hast ein Kind? Bist du verheiratet?“
„Ich bin geschieden, das ist mein Wochenende. Wie auch immer, er wacht sicher in zwei Stunden auf“, bemerkte er.
„Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe“, entschuldigte sie sich.
„Du hast Angst, schon gut. Hast du Beweise für die Drohung?“, wollte er wissen, sie schüttelte aber den Kopf.
„Mist, der Kerl ist einfach unantastbar. Glaubst du, er tut dir was an?“
„Bis heute dachte ich er wäre nur ein mieser Kerl, der mir die Glotze geklaut hat, aber heute Nacht schon irgendwie“, erklärte sie.
„Leider kann ich von meiner Position nicht viel machen, ich bin aus der Internet-Division“, gestand.
„Du bist ein Internet-Cop? Das bedeutet entweder Pornos oder Datenklau. Bitte sag mir, dass es letzteres bei ihm ist“, ließ sie nicht locker. In seinem Gesicht konnte sie ablesen, dass sie nicht das bekam, was sie sich wünschte.
„Bitte sag mir dass es gute alte erwachsene Pornographie ist“, hoffte sie, aber er vergrub sein Gesicht in einer Hand.
„Er ist auf einem der Bilder drauf und ihr versucht ihn durch seine Tattoos zu identifizieren, oder?“, realisierte sie.
„Ich hab schon zu viel gesagt!“
„Wenn man es genau nimmt hast du gar nichts gesagt!“
„Dann belassen wir es auch dabei. Ich muss jetzt wirklich zurück zu meinem Sohn, bevor das meine Ex mitkriegt. Du hast meine Nummer, wenn er dir zu nahe kommt, ruf mich sofort an“, bat er und setzte sich wieder in den Wagen.
„Das ist alles? Pass auf, dass der perverse Kinderschänder dich nicht killt und jetzt schlaf gut?“
„Ich bin sofort bei dir, wenn was ist“, versprach er.
„Na super!“
„Wegen morgen, treffen wir uns noch?“
„Ich glaub eher weniger“, murmelte sie, stieg in ihren Wagen und düste davon.
Am Nachmittag des nächsten Tages hatte Detective Harding gerade eine furchtbare Serie von kinderpornographischen Bildern angesehen und wollte die furchtbaren Bilder gedanklich abschütteln, als eine hübsche junge Frau mit einem Besucherausweis an der Brust plötzlich neben ihm stand.
„Ich hoffe das war beruflich“, bemerkte die junge Frau etwas angeekelt.
„Natürlich war es das. Wer hat Sie hier reingelassen?“
„Sie glauben nicht, wie weit hübsche Frauen wie ich kommen, wenn sie es wollen. Ich hab nach Ihnen gefragt und sie haben mir einen Ausweis gegeben und mich hierher geschickt“, konterte die junge Frau, die niemand geringeres als Sherise war.
„Ich hab auch viele so hübsche Frauen wie Sie im Internet gesehen, obwohl sie das nicht wollten. Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Meine Freundin hat Sie erwähnt, ist Sie zu Ihrem Date aufgetaucht?“, wollte Sherise wissen.
„Dann wäre ich kaum an einem Sonntagnachmittag bei der Arbeit. Was heißt sie ist verschwunden?“
„Dass sie nicht zu Hause und bei der Arbeit ist. Oh, diesen schuldbewussten Blick kenn ich von jedem meiner Kunden, was wissen Sie?“, fragte Sherise, als er ihr nicht Mal in die Augen sehen konnte.
„Wir haben uns letzte Nacht getroffen, sie wurde von einem Ex bedroht und wollte meine Hilfe, ich hab ihr gesagt, sie soll mich anrufen, wenn er wieder zu ihr kommen würde und sie ist wütend abgerauscht“, erklärte er beschämt.
„Und Sie haben sie einfach so gehen lassen? Was für eine Art von Cop sind Sie eigentlich?“, wurde sie laut.
„Wie konnte ich das ahnen, bitte schön? Ich bin auch kein Polizist der auf Streife geht, ich bin eigentlich nur online auf Streife, wenn man das so nennen kann“, verteidigte er sich selbst.
„Klasse, während Sie sich Kinderpornos ansehen und heimlich scharf davon werden kann meine beste Freundin sonst wo sein!“
„Hey, erst einmal, ich hab einen vierjährigen zu Hause, wenn ich jemals solche Gefühle nur im Ansatz hätte, wäre ich in einer Klinik um mich zu behandeln, zweitens, die Internetkriminalität boomt gerade und ich hab ziemlich wichtige Aufgaben zu tun. Ich war auf dem MIT und auf der Polizeischule, ich weiß, was ich tue. Zumindest dachte ich das bis jetzt“, motzte er.
„Dann seihen Sie jetzt mal ein netter Cop und helfen mir sie suchen, aber außerhalb dieses Büros wenn’s geht“, forderte sie und er stand auf.
„Ich komm schon. Irgendwo her kenn ich Sie“, musterte er sie.
„Ich hoffe mal aus dem Kittycat Club, nicht aus dem Internet, denn unsere Türsteher brechen jedem Perversen die Hand, wenn sie heimlich filmen“, entschied sie.
„Sie sind eine …!“
„Stripperin, ganz recht und stolz drauf, na ja, an manchen Tagen. Ich bin Emagens Mitbewohnerin. Wir müssen sie finden, ich hab ein echt mieses Gefühl“, bat sie.
„Sie wissen nicht zufällig das Passwort Ihres Smartphones, oder?“, spielte er auf seinem Smartphone herum.
„Ich weiß nicht mal wo sie aufgewachsen ist sie ist nicht der so arg kommunikative Typ. Was machen Sie?“
„Ich versuch Emagens Handy zu orten, aber ohne Passwort wird’s schwierig“, erläuterte er.
„Brauchen Sie nicht eine gerichtliche Verfügung um das machen zu können?“
„Schon, aber bin ein genialer Hacker, sonst hätten sie mich nicht hier eingestellt. Hab’s geknackt, sie sollte wirklich ein besseres Passwort einrichten als vier Mal die eins“, entschied er als er mit seinem Smartphone ihr Smartphone finden konnte.
„Falls sie noch lebt, sag icg ihr das mal“, konterte Sherise etwas zynisch und sie eilten zu seinem Wagen.
Keine Meile entfernt von dem Treffpunkt, den Emagen die Nacht zuvor für das Treffen mit Everett aufgesucht hatte, fanden sie ihren Wagen. Blut klebte an der Fahrerseite und Einschusslöcher zierten die Seite. Panisch umkreiste Sherise den Wagen. Emagen saß eingesunken leblos auf der Fahrerseite.
„Verdammt, die Tür ist verriegelt, machen Sie doch was“, rüttelte Sherise nervös an der Fahrertür, die von innen verschlossen war. Everett benutzte eine andere App und öffnete die Tür. Sofort sah er die klaffende Bauchwunde an Emagens Seite. Mit zittrigen Händen legte er zwei Finger auf ihren Hals.
„Ich messe noch einen Puls, rufen Sie sofort den Notruf“, handelte er schnell und Sherise tat wie ihr geheißen.
„Okay, Detective, erzählen Sie mir was los ist“, bemerkte der Notarzt, als die stark blutende Emagen auf einer Liege durch die Halle des Krankenhauses geschoben wurde.
„Wir wissen es nicht genau, wir haben sie in einem beschossenen Wagen gefunden mit einer Kugel im Bein. Ich hab sie zuletzt letzte Nacht gegen vier Uhr gesehen, ich weiß nicht, wie lang sie schon dort gesessen hat“, erklärte der Polizist dem Arzt.
„Das ist toll, das sollten Sie Ihren Kollegen erzählen, ich meine persönliche Daten“, bat der Arzt.
„Ihr Name ist Emagen, sie ist 31 Jahre alt, Blutgruppe ist A+, Allergie gegen Penicillin“, kam Sherise mit zittrigen Händen und Blut auf ihrem weißen Kleid hinter ihnen her geeilt.
„Danke, das hilft uns sehr. Wir kümmern uns um Ihre Freundin, keine Sorge“, versprach der Arzt und die Schwestern rollten sie in den OP.
Am ganzen Körper zitternd setzte sich Sherise völlig verstört auf eine Bank vor dem OP.
Everett wollte ihr fürsorglich auf die Schulter klopfen, stoppte aber kurz davor.
„Wenn Sie mich anfassen, wird noch mehr Blut fließen“, hisste sie mit geschlossenem Mund und er zog seine Hand weg.
„Ich wollte das nicht“, entschuldigte er sich.
„Gehen Sie einfach“, sagte sie nur und er ließ sie einfach so da sitzen.
Zehn Minuten später kam Ursula, eine von Emagens Angestellten zu Sherise ins Krankenhaus.
„Sherry, wie geht’s ihr?“, fragte Ursula hektisch.
„Sie ist erst zehn Minuten im OP, ich weiß es nicht. Woher weißt du, dass wir hier sind?“
„Mich hat so ein Kerl angerufen und mich in einem seltsamen Unterton gefragt, ob ich weiß wo meine Chefin ist. Weil ich es nicht wusste, hab ich euch angerufen und niemanden erreicht. Als ich in Krankenhäusern rumgefragt hab, hab ich euch hier gefunden“, erklärte Ursula.
„Ist dir jemand gefolgt?“, sah Sherise sich nervös um.
„Glaub nicht, was ist hier los?“, zog Ursula die Augenbrauen hoch.
„Erzähl ich dir gleich, entschuldige mich kurz“, bat Sherise tonlos und eilte Richtung OP.
Everett saß mit seiner Waffe auf dem Schoß vor dem OP.
„Sie sind ja noch da“, keuchte sie.
„Ich konnte sie letzte Nacht nicht beschützen, jetzt werde ich den Fehler nicht noch einmal machen. Warum schnaufen Sie so?“, wollte er wissen und sie erzählte ihm, was sie erfahren hatte.
„Verdammt, der Kerl macht echt ernst“, kommentierte er das Gehörte.
„Können wir jetzt endlich die richtigen Cops einschalten?“
„Hey, ich bin ein richtiger Cop, ach, wem mach ich was vor, ich bin ein Nerd mit einer Waffe. Meine Kollegen werden vermutlich schon gerufen worden sein, das werden wir immer bei Schussverletzungen. Sie haben ein Recht wütend auf mich zu sein“, entschuldigte er sich. Der junge Cop mied Augenkontakt und war auch sonst ziemlich durch den Wind. Sherise vermutete, dass er schon viel Schlimmes in seiner Karriere gesehen hatte, aber Größtenteils auf dem Bildschirm, nicht im wahren Leben.
„Schon gut, Sie können nichts dafür, ich hab nur einen Schuldigen gesucht. Geht’s Ihnen gut?“, war sie plötzlich liebevoll zu ihm und nahm ihm die Waffe ab, um sie auf den Boden zu legen.
„Nein, ganz und gar nicht. Da war so viel Blut, viel zu viel Blut“, war er total durch den Wind.
„Ich glaub, das nehm ich erst Mal, ich hol Ihnen Hilfe“, nahm sie die Waffe vorsichtig vom Boden auf und gab sie beim Sicherheitsdienst ab, bevor sie jemanden vom Sozialdienst für ihn holte. Ihr ging es nicht besser als ihm, aber während sie etwas zu tun hatte, kam sie nicht zum Nachdenken.
Eine Stunde nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus, kam Emagen aus dem OP. Sie hatte alles gut überstanden und nachdem sie zwei Blutkonserven bekommen hatte, war sie kurz aufgewacht. Nun schlief sie wieder.
Vorsichtig kam Everett nach seiner Sitzung beim Psychologen ins Krankenzimmer der Tätowiererin. Sherise saß an ihrem Bett, jemand hatte ihr saubere Kleidung gebracht.
„Hey, wie geht’s ihr?“, fragte er vorsichtig.
„Sie hat die OP gut überstanden, der Blutverlust war da schon etwas dramatischer. Ich danke Ihnen für die Ping-Sache, ich weiß, Sie kriegen sicher dafür großen Ärger. Ohne das wäre sie vermutlich jetzt tot“, bedankte sie sich.
„Tut mir leid, dass ich sonst so nutzlos war heute!“
„Sie sind nicht der Outdoor-Typ, kann passieren. Ist es jetzt wieder gut?“
„Ja, hatte nur einen leichten Schock. Was ist mit Ihnen?“
„Mir geht’s gut, jetzt wo es ihr wieder gut geht. Ich hab immer gedacht, dass sie bei mir mal in so eine Situation kommt und nicht umgekehrt. Ich hab heute aber eine Entscheidung für mein Leben getroffen, die ich schon vor langer Zeit hätte treffen sollen“, erklärte sie nachdenklich.
„Gut, gut, Ich werde meine Waffe jetzt auslösen, es ist Sicherheitspersonal vor der Tür, die passen auf Sie auf. Ich muss zurück zu meinem Sohn“, entgegnete er.
„Danke, dass sie solang hier waren. Was haben Ihre Kollegen gesagt?“
„Sie gehen dem nach, aber sie können im Moment nicht genau sagen, dass es Arlo war, ich hoffe das können sie eines Tages, das hilft mir sicher auch bei meinem Fall. Ich würde gerne bleiben, bis sie wach wird, aber meine Kollegen müssen einen weiteren Tatort untersuchen, wenn ich meinen Sohn nicht pünktlich zurück zu meiner Ex bringe. Ich ruf sie an, sagen Sie ihr das“, entschied er und verließ die beiden Frauen wieder.
Es war dunkel um sie herum, als sie erwachte. Die Ereignisse, die sie erlebt hatte, kamen ihr wie ein Messerstich wieder in den Kopf. Sie schreckte zusammen.
„Spätzchen, du bist in Sicherheit, ganz ruhig, ich bin bei dir“, war Sherise auch aufgewacht und kuschelte sich an sie, um sie zu beruhigen.
„Du erdrückst mich“, murmelte Emagen erschöpft.
„Sorry. Wie fühlst du dich?“, flüsterte sie ihr entgegen.
„Mein Bein bringt mich um. Die haben auf mich geschossen“, realisierte sie.
„Wer hat auf dich geschossen, Süße?“
„Weiß nicht, sahen aus wie Bandenmitglieder. Ich bin so müde“, murmelte sie.
„Dann schlaf weiter, ich weiche nicht von deiner Seite“, versprach sie ihr.
„Das ist ganz lieb, aber es hat mindestens 700 Grad hier drin, nen bisschen Raum wär nicht schlecht“, bat Emagen.
„Sicher, ich komm dann morgen wieder versprochen“, stand sie auf. Emagen ergriff aber ihre Hand.
„Wag es ja nicht, ganz zu verschwinden“, war die toughe Tätowiererin in dieser Nacht sehr verletzlich.
„Sicher, ich bleib hier, trau mich eh nicht allein nach Hause“, setzte sie sich wieder auf den Stuhl neben ihr und hielt Emagens Hand bis sie eingeschlafen war.
Wie das Bild American Gothic stand ein älteres Ehepaar in Amish-Kleidung vor Emagens Krankenbett und erschreckten Sherise furchtbar, als sie erwachte.
„Oh man, ich dachte die Wahnvorstellungen hätten nach dem Ende meiner Cannabis-Zeit aufgehört“, sagte sie irritiert.
„Gott liebt dich, Kind“, sagte die Frau plötzlich.
„Man, die Wahnvorstellung redet“, versuchte sie wach zu werden.
„Sie sieht so anders aus“, redete der Mann mit der Frau. Sie war wach, die Amish-Leute waren real.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie die Besucher.
„Ich weiß nicht genau, ob ich hier richtig bin, Kind, ist das hier Emily Barnes?“, fragte der Mann sie.
„Emagen Barnes, ja“, versuchte Sherise zu kapieren, was dort passierte.
„Ich hab meinen Namen vor fünfzehn Jahren ändern lassen, ich war mal Emily“, wurde Emagen wach.
„Süße, kennst du die Leute hier?“, wollte Sherise wissen.
„Muss ich wohl oder übel, das sind meine Eltern“, entschied sie, als sie sich auf ihre Arme gelehnt hatte.
Sherise starrte sie an und dann ihre Eltern, dann wieder sie und so weiter.
„Du bist Amish?“, versuchte sie zu verstehen.
„Ja, war ich mal in meinem alten Leben, ich hab mich beim Rumspringer gegen die Amish entschieden. Deswegen hab ich keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Warum zum Teufel seid ihr hier?“, sah sie wieder ihre Eltern an, die verstört auf ihre derbe Ausdrucksweise reagierten.
„Tut mir leid, ich wollte nicht fluchen“, entschuldigte sich Emagen höflich und faltete ihre Hände. Dadurch wurde ihr Kreuz-Tattoo sichtbar, was nur bei gefalteten Händen sichtbar wurde.
„Du bist immer noch eine treue Christin?“, sah Clarice das Kreuz.
„Gott hat mir viele Stöcke in den Weg gelegt, ich führe trotzdem seinen Weg weiter. Was macht ihr hier?“, wollte sie erneut wissen.
„Samuel hat uns angerufen, er wohnt auch hier in Florida, er ist den ganzen Weg gegangen wie du damals. Ja, wir haben ein Telefon, ein Handy bessergesagt, dein Neffe Nathan ist herzkrank, wir haben die Genehmigung der Gemeinde. Wir haben Benjamin unseren Segen gegeben die Gemeinde zu verlassen, damit Nathan in Sicherheit ist, aber er will nicht gehen. Du bist gestern fast dem Herrn begegnet, Tochter, was für ein Leben führst du eigentlich?“, fragte Clarice.
„Ich führe ein erfolgreiches berufliches Leben, nur privat bin ich eine einzige Katastrophe. Das hat mich jetzt in diese Lage gebracht“, bemerkte sie gedankenversunken.
„Da kannst du nichts dafür, na ja nicht alleine. Ich hätte dich davon abhalten sollen, mit ihm was anzufangen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du Amish bist, ich hatte mir tausende von Szenarien gedanklich ausgedacht, warum du nicht über deine Vergangenheit redest, in einer Millionen Jahren wäre mir nicht in den Sinn gekommen, dass es das hier ist“, deutete sie auf das Amish-Ehepaar.
„Glaub ich dir aufs Wort. Ich kann nicht mehr zu uns nach Hause, Sherise“, stellte Emagen fest.
„Ich weiß, du musst aber mit ihnen mitgehen, Süße, dort bist du sicher. Wo ist dort überhaupt?“
„Pittsburgh, Pennsylvania“, sagte Emagen trocken.
„Die heimliche Amish-Hauptstadt und trotzdem hatte ich keinen Schimmer!“
„Wenn ich wirklich zurückkehren soll, wie soll das funktionieren? Ich wurde aus der Gemeinde verstoßen“, überlegte sie laut.
„Wir haben das Handy genehmigt bekommen, da bekommen wir dich auch wieder in die Gemeinde, Tochter!“
„Sie ist tätowiert wie ein Seemann, auf etwas Schwierigkeiten werden wir schon stoßen“, warf Clarice ein.
„Ich werde nicht für immer bleiben, nur bis ich außer Gefahr bin. Ich könnte ja eine entfernte Cousine in Schwierigkeiten sein“, plante Emagen.
„Das könnte funktionieren. Ich will da aber nicht allein hin, bitte begleite mich, Sherise, ich will dich auch sicher wissen“, bat Emagen.
„Dann werde ich eine Cousine in ganz großen Schwierigkeiten spielen müssen, hab gestern erfahren, dass ich schwanger bin“, gestand Sherise plötzlich.
„Ja, das nenn ich mal große Schwierigkeiten, man, ich dachte, ich wäre die mit dem verkorksten Sexleben. Wer ist der Vater?“, war Emagen überrascht.
„Das würde ich jetzt ungern in Anwesenheit deiner Eltern besprechen“, entschied Sherise.
„Sicher, ein anderes Mal. Ich glaub es immer noch nicht, dass ich tatsächlich darüber nachdenke, zu den Amish zurückzukehren, bis gestern dachte ich noch, das wäre für mich die Hölle auf Erden, aber ich erleb die Hölle grade eher hier“, murmelte Emagen, die starke Schmerzen hatte.
„Soll ich eine Schwester holen?“, strich Sherise ihr liebevoll über die Haare.
„Ja, bitte, das tut scheißweh“, war Emagen ziemlich angeschlagen.
„Bin gleich wieder da, hör auf zu fluchen während Maria und Josef hier bei dir sind“, ging Sherise zu den Krankenschwestern.
„Ich fluche mehr als mir lieb ist manchmal, verzeiht mir. Ihr seid alt geworden“, wollte Emagen sich aufsetzen und ihre Mutter half ihr dabei.
„Kann ich auch von dir sagen, du bist jetzt so alt wie ich war, als ich all meine Kinder geboren hatte. Du hast keine Kinder geboren, oder?“
„Ich hatte mit 22 Jahren eine Fehlgeburt, danach bin ich nicht mehr schwanger geworden, aber auch ziemlich absichtlich. Ich bin eh schon das schwarze Schaf der Familie, also was soll’s“, erwiderte Emagen und legte sich ein Kissen unter das Bein, was ihr Schmerzerleichterung brachte.
„Du bist nicht unser schwarzes Schaf, wir waren immer stolz auf dich, Tochter“, versicherte ihr Vater Benedikt.
„Wirklich? Auch wenn ich so ganz anders lebe, wie ich erzogen wurde?“
„Gerade deswegen, du hast einen starken Willen, das respektieren wir!“
„Okay, mich hat der Flachwichser umgebracht, ich bin eindeutig im Himmel“, verstand sie ihre Eltern nicht.
„14 Jahre sind eine lange Zeit, Tochter, du hast dich genauso verändert wie wir. Na ja, geistig zumindest, körperlich siehst du aus, als hättest du einiges erlebst. Mein Beileid zu deiner Fehlgeburt“, erwiderte ihre Mutter.
„Ist zehn Jahre her, schon gut. Ich brauche jetzt etwas Ruhe, Ma, Pa, es ist wunderbar, dass ihr hier seid, hinterlasst eine Nummer, oder die Adresse, wo ihr hier wohnt, ich werde euch kontaktieren“, hatte Emagen etwas genug von ihren Eltern in diesem Moment und Benedikt schrieb seiner Tochter die Nummer seines Handys auf.
Ihre Eltern waren schon weg, als Sherise endlich zurückkam.
„Verzeih mir, der Typ von der Sicherheit hat mich erst Mal genau durchchecken müssen, körperlich und digital, das hat er so richtig genossen. Hey, du bist ja wieder allein, wo sind deine Eltern?“, setzte sich Sherise zu ihr hin.
„Ich hab sie gebeten zu gehen, war mir momentan etwas zu viel. So, jetzt kennst du mein dunkles Geheimnis“, sah Emagen aus dem Fenster.
„Das ist doch kein dunkles Geheimnis, schwanger von deinem Sicherheitsmann zu sein, ist ein dunkles Geheimnis“, entschied Sherise.
„Du hast mit Louie geschlafen? Ist der nicht verheiratet?“
„Deshalb dunkles Geheimnis, keiner darf das erfahren, nicht einmal er“, bat sie ernst.
„Sicher, wie du willst. Du willst das Kind also bekommen?“
„Ich weiß es nicht, wenn wir wirklich nach Jesus-Country reisen, hab ich da wohl keine andere Wahl“, überlegte Sherise laut.
„Wir sind in einem Krankenhaus, wenn die mir einen Rollstuhl geben, kann ich sogar dabei bleiben, wenn du es machen lässt“, bat sie ihr an.
„Du entscheidest das jetzt für mich?“
„Nein, ist nur ein Vorschlag. Man, wo bleibt denn die verdammte Schwester mit den scheiß Schmerzmitteln“, fluchte Emagen mit Schmerzen im Gesicht. Vollkommen ruhig drehte Sherise das Rädchen an ihrer Infusion hoch, dass sie Schmerzmittel bekam.
„Du hast gewusst wie ich Schmerzmittel bekomme und sagst nichts, das ist so … oh Morphium, egal“, merkte Emagen plötzlich das wohlig warme Gefühl einer höheren Morphium-Dosis.
„Ich glaub, das Ding brauchen wir auch zu Hause, das macht dich zu einer glücklichen Frau“, schmunzelte Sherise und strich der benommenen jungen Frau wieder über den Kopf.
„Ich liebe dich, teure Freundin, ich hoffe du weißt das, das hier würde ich ohne dich nicht durchstehen“, konterte Emagen benommen.
„Wir brauchen eindeutig so ein Ding, Süße. Ich hab dich auch lieb. Bist du noch zurechnungsfähig grad?“, fragte Sherise, aber ihre Freundin tätschelte nur benommen Sherises Wange.
„Anscheinend nicht. Schlaf gut, Drogi, ich bleib hier an deiner Seite“, sagte Sherise nur und setzte sich etwas unsicher zu ihr hin. Als ihre Freundin durch das Morphium friedlich schlief, nutzte sie die Chance und ging etwas essen.
Emagen fühlte eine Hand auf ihrem Bein. Sie war plötzlich hellwach. Sie packte die Person am Hemd und zog sie an sich.
„Süße, ich bin’s nur, Everett, bitte loslassen“, bat er keuchend und sie lockerte ihren Griff.
„Man, ich wurde niedergeschossen, schleich dich nicht so an“, murrte sie und öffnete ihre Augen.
„Sorry, wollte ich nicht. Wie geht’s dir?“
„Ich hatte stundenlang eine Kugel im Bein und bin fast abgekratzt, was denkst du wie’s mir geht?“, fragte sie schroff.
„Ja, blöde Frage, gut dass du es nicht bist. Tut mir leid, dass ich wegmusste, ich musste meinen Sohn zu meiner Ex bringen. Wo ist deine Freundin?“
„Keine Ahnung, bis grade eben hab ich noch geschlafen. Mein Gott, bitte sag mir nicht, dass sie zu uns nach Hause gegangen ist, dort ist sie nicht sicher“, sah sie sich besorgt um.
„Ich weiß, bin nur kurz pinkeln gewesen. Glaubst du, ich kann hier duschen? Ich krieg den Geruch von Blut einfach nicht aus meiner Nase“, kam Sherise aus dem Badezimmer des Krankenzimmers.
„Sicher, mach das ruhig. Solang du hier bleibst, bin ich beruhigt“, war Emagen erleichtert.
„Ich geh nicht weg, obwohl ich nicht mehr weiß, wann ich das letzte Mal geschlafen habe“, erwiderte Sherise müde.
„Ich bin dabei, was Sicheres für Sie zu suchen, keine Sorge. Wir sind hier alle sehr angespannt, wie ich sehe. Ich hab länger mit dem Sicherheitspersonal vor der Tür gesprochen, deine Eltern waren da?“
„Ja, sieht so aus, ich werde ne Weile bei ihnen unterkommen“, sagte sie nur.
„Das ist gut, ich find dir aber auch was!“
„Bei ihnen bin ich ganz sicher, glaub mir. Ich hatte über ein Jahrzehnt keinen Kontakt zu ihnen, das wird interessant“, dachte sie laut nach.
„Ich beeil mich mit der Ermittlung, versprochen!“
„Schon gut, du machst schon mehr als du musst. Tut mir leid wegen unseres Dates“, entschuldigte sie sich.
„Wir könnten das nachholen, keine Sorge“, sagte er lächelnd.
„Ich geh dann mal duschen“, ließ Sherise sie allein.
„Ich hab irgendwie Hunger, kommt sicher vom Blutverlust, oder von den ganzen Drogen die sie in mich reinpumpen. Kannst du uns was zu essen besorgen?“
„Sicher, ich frag deinen Arzt was du essen darfst, dann besorg ich uns was. Willst du noch irgendwelche Klamotten aus deinem Trailer, oder so?“
„Das ist ein ziemlicher Datekiller, wenn du vor unserem ersten Date in meiner Unterwäsche rumwühlst, einer meiner Kollegen bringt mir mein Zeug, trotzdem danke“, bedankte sie sich.
„Gut, ich wollte auch nicht in deine Privatsphäre eindringen“, entschied er.
„Du weißt inzwischen welche Farbe meine Höschen haben, über das Limit sind wir schon drüber gesprungen“, zog sie ein Laken über ihr nicht bedecktes Bein.
„Hab nicht geguckt, ehrlich!“
„Man, du bist echt ein mieser Lügner, aber ich hab es ja auch dem Serviertablett präsentiert. Du könntest mir einen Gefallen tun und mir aus dem Supermarkt ein Pack frische Höschen in Größe 38 besorgen, meine sind nicht so öffentlichkeitstauglich und da ich hier vermutlich noch etwas bleiben muss…“, bat sie.
„Pantys, Boxer, Slips oder Tangas?“, fragte er keck.
„Richtig, du warst verheiratet, Boxer am besten, die verdecken am meisten“, entschied sie.
„Mit den ganzen Tattoos bist du auch nackt angezogen“, witzelte er und sie grinste.
„Endlich machst du mich an, ich hab mir schon Sorgen gemacht, aber du hast Recht, meine Eltern haben mich angesehen wie ein Monster. Aber sie waren stolz auf mich, was mich sehr gerührt hat, ich hab immer gedacht, dass ich ein Nichts in ihren Augen bin“, erzählte sie von ihrem Zusammentreffen mit ihren Eltern.
„Du bist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, sie dürfen ruhig stolz auf dich sein. Apropos Geschäft, würde er wieder dorthin kommen? Soll ich deine Mitarbeiter auch unter Polizeischutz stellen?“
„Ein Streifenwagen der ab und zu Streife fährt wäre nett, diese Leute sind meine Familie. Die Scheiben sind Gott sei Dank kugelsicheres Glas, das war vorher ein Pfandgeschäft mit schlechtem Ruf. Danke, dass du das für mich machst“, bedankte sie sich höflich.
„Immer wieder gern. Brauchst du sonst noch was?“
„Im momentan hab ich nur Hunger, danke. Bring am besten für Sherise auch ne Packung Unterhosen mit, ich mach ihre Wäsche“, witzelte sie und er verschwand mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.
Da Emagen immer noch benommen von den Medikamenten war, döste sie kurz danach wieder ein.
Sie wurde wach, als sie laute Geräusche aus dem Badezimmer hörte.
„Beaut‘, alles klar bei dir?“, rief sie benommen. Sherise antwortete nicht.
„Süße!“
Als sie einen großen Rumps hörte, stand sie unter starken Schmerzen auf und ging ins Badezimmer. Sherise lag mit schmerzverzerrtem Gesicht in ein Handtuch gewickelt auf dem Boden. Mit der letzten Kraft die sie aufbringen konnte, drückte sie den Notfall-Button im Badezimmer.
Die Neonleuchte des OPs brannte in ihren Augen. Sie lag auf dem OP-Tisch und spürte ihre Beine nicht. Sie geriet in Panik.
„Kleines, ganz ruhig, wir nähen Ihre Wunde, sie ist wieder aufgegangen bei Ihrem kleinen Stunt. Wir haben Ihre unteren Extremitäten betäubt, das fühlt sich komisch an, aber das geht wieder weg. Sie waren ohnmächtig, deshalb haben wir Sie nicht betäubt. Wir sind gleich fertig, reden Sie solang mit mir“, stand eine Krankenschwester neben ihr und versuchte sie zu beruhigen.
„Was ist mit meiner Freundin?“
„Ihr geht’s gut, sie hatte eine Fehlgeburt, wir haben uns um sie gekümmert“, beruhigte sie sie weiter.
„Ich muss zu ihr“, entschied sie.
„Wir sind gleich fertig, wir kümmern uns gut um Ihre Freundin“, strich die Krankenschwester ihr sanft über den Kopf, während sie genäht wurde.
Später an diesem Nachmittag lag sie wieder in ihrem Krankenbett. Everett hielt ihre Hand, das sie sich gut fühlte.
„Warum ist sie nicht hier?“, fragte sie immer wieder. Sie hatten sie unter ne hohe Dosis Morphium gesetzt und sie war ziemlich weinerlich.
„Ich guck nochmal, ob sie schon aus der Notaufnahme raus ist, schlaf etwas, Süße“, sagte er mit seiner sanften Stimme und stand wieder auf.
„Nein, bleib hier“, bat sie und klammerte sich an seine Hand.
„Sicher, ich weiß, eine Schusswunde kann ganz schön beängstigend sein“, konterte er und setzte sich wieder zu ihr hin.
„Jetzt ist das ganze schöne Essen kalt geworden“, sah sie benommen zu der Tüte mit dem Essen, was er mitgebracht hatte.
„Nicht schlimm, ich besorg was anderes, wenn du willst!“
„Momentan ist mir nur übel, schon gut. Sherise muss grade die Hölle durchleben und ich bin nicht bei ihr“, begann sie zu weinen.
„Ich werde zu ihr gehen, sie sollte wirklich nicht allein sein, ich komm gleich wieder, versprochen“, löste er sich von ihr und ging in die Notaufnahme.
Er fand sie auf einem Bett im Flur der Notaufnahme, die Knie an die Brust gepresst.
„Hey, hier sind Sie. Was sitzen Sie hier im Flur rum?“
„Keine Versicherung, keinen Luxusservice, sie haben mir ne Aspirin in die Hand gedrückt und das war alles“, bemerkte sie nachdenklich und sah ihn an. Sie sah fertig aus.
„Du könntest Schlaf gebrauchen, ich bring dich jetzt zu mir nach Hause und du schläfst erst Mal“, schlug er vor.
„Wir sind also jetzt beim du?“
„Das waren heftige Tage für uns beide, ich biete es an, du brauchst jetzt deine Ruhe!“
„Okay, vielen Dank!“
Am nächsten Morgen ließ Everett, Sherise in der Obhut seiner Mutter und fuhr zurück ins Krankenhaus. Sie hatten Emagen in einen Rollstuhl gesetzt und sie saß auf ihn wartend im Flur.
„Verdammt, manchmal hasse ich unser Sozialsystem echt. Hey, schmeißen die dich etwa raus?“
„Ich sehe deinen Atem in rosa Farbe“, halluzinierte die unter starke Schmerzmittel gesetzte Emagen.
„Zumindest haben sie dich vorher mit dem guten Zeug versorgt. Keine Sorge, ich hab Sherise schon in meine Obhut genommen, du kommst auch mit mir mit. Gut, deine Sachen hast du auch, deine Papiere haben sie sich auch schon unterschreiben lassen, ob das in deinem Zustand so legal ist, ist zu bezweifeln, aber ich kann die Sicherheitsleute eh nicht mehr bei dir abstellen, also haben wir eh keine andere Wahl“, redete er mit der benebelten Emagen und brachte sie auch zu sich heim. Er wohnte in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung in der Nähe des Disney Parks.
Sherise saß in der Küche, als der gutaussehende Polizist wie ein Feuerwehrmann seinen verletzten Flirt an der offenen Küchentür vorbeitrug. Ohne was zu sagen folgte sie ihm ins Schlafzimmer.
„Was machst du mit ihr?“, fragte sie plötzlich und er ließ Emagen vor Schreck fast fallen.
„Man, ich dachte, du wärst mit meiner Mutter weg. Lass mich sie kurz ins Bett bringen, bin gleich bei dir“, konnte er Emagen grade noch so packen und trug sie ritterlich in sein Bett.
„Warum hast du sie mitgebracht?“, kam Sherise hinter ihm her.
„Die haben sie entlassen!“
„Sie ist erst gestern operiert worden!“
„Dass ich für den Staat arbeite, muss nicht heißen, dass ich all seine Methoden gutheiße“, legte er sie hin und legte ihr Bein hoch.
„Du bist mein Prinz in schimmernder Rüstung“, murmelte Emagen immer noch total stoned und tätschelte sein Gesicht, als er sie richtig platzierte.
„Schön, Süße, jetzt schlaf etwas, wenn die Schmerzmittel nachlassen, wirst du nicht viel zum Schlafen kommen, glaub mir“, schmunzelte er und deckte sie zu.
„Ihr geben sie das gute Zeug und mich speisen sie mit Aspirin ab?“, fragte Sherise unüberlegt.
„Soll ich dir auch ins Bein schießen? Dann sprechen wir nochmal über angebrachte Medikation“, raunzte er und ging aus seinem Schlafzimmer. Sie ging ihm hinterher.
„Sorry, ich bin nur so sauer auf alles, mich, die Ärzte, das ganze gottverdammte System“, wurde Sherise laut.
„Was denkst du, wie ich mich fühle? Ich arbeite für die. Sie hätte sich versichern können, sie hat ein erfolgreiches Unternehmen. Aber wie ich sie einschätze, hält sie sich für unsterblich“, setzte er sich müde auf die Fußbank in seinem Flur.
„Ja, schon irgendwie, selbst ich hab mich bei Obama Care versichert, das Geld hab ich mit ein paar Extra-Runden aufbringen können, ironischerweise greift die Versicherung aber erst in ein paar Wochen. Aber jetzt werde ich vermutlich meine Versicherung wieder verlieren, denn ohne Job werde ich mir nicht mal das leisten können“, starrte sie gegen die Wand.
„Ich werde deine Versicherung übernehmen, bis du was anderes findest, ich bin stolz auf dich, dass du endlich mit dem Strippen aufhörst, ich seh jeden Tag wo harmloses Strippen eines Tages hinführt. Apropos, ich weiß, es ist ziemlich herzlos, aber ich muss zurück zur Arbeit, mein Chef hat mich schon auf dem Kieker, weil ich bei dem Fall nicht weiterkomme“, erklärte er und sie sah ihn an.
„Du tust schon so viel für uns, geh zur Arbeit, schon gut, deine Mom ist ja auch noch hier, sie ist nur einkaufen gefahren. Ich kenn ne Krankenschwester, die mich versorgen kann, wenn es ganz schlimm wird“, konterte sie und er runzelte die Stirn.
„Bei ihr, nicht bei mir, obwohl dein Mitgefühl war schon mal größer“, konterte sie lässig.
„Entschuldige, ich glaub, ich hab seit über dreißig Stunden nicht mehr geschlafen, mein Sofa ist verdammt unbequem“, wurde seine Stimme sanfter.
„Dann sag doch was, ich hätte auch auf dem Sofa schlafen können!“
„Du hattest gestern eine Fehlgeburt, was für ein furchtbarer Freund wär ich dann gewesen!“
„Glaub mir, du wärst nicht der erste gewesen“, dachte sie laut nach.
„Wie auch immer, das wird sich jetzt für euch ändern“, entschied er und nahm seine Tasche.
„Du musst uns nicht retten, weißt du?“
„Ich will euch helfen, nicht retten, ihr braucht beide keine Rettung, ganz sicher“, entgegnete er, sah nochmal nach Emagen und ging zurück zur Arbeit.
Sie weinte leise. Sherise drückte fest ihre Hand.
„Ja, ich weiß, du machst das gut, Süße, Marilyn ist schon auf dem Weg hierher“, beteuerte Sherise und kuschelte sich nah an sie.
„Sieh mich an, ich flenn wie ne Tussi“, war Emagen ihre Lage unangenehm.
„Ich weiß nicht, ob dir das schon jemand gesagt hat, aber du bist ne Tussi, Süße“, erwiderte Sherise sanft und stand auf, als es klingelte.
Die Krankenschwester stand mit einer Tasche voller Sachen vor der Stripperin.
„Danke, dass du kommst“, begrüßte sie sie.
„Sie ist wie eine Tochter für mich, natürlich komm ich. Wie geht’s ihr?“
„Sie weint!“
„Doch so schlimm. Ich hab alles mitgebracht, ihr wird es gleich besser gehen. Wo ist sie?“, fragte Marilyn professionell und sie zeigte zum Schlafzimmer.
„Okay, ich kümmere mich um sie. Du siehst fertig aus, du solltest etwas schlafen“, riet sie ihr.
„Ja, ich leg mich etwas hin. Wenn gleich jemand kommt, das ist nur Everetts Mutter, sie hilft uns, während er arbeiten muss“, erklärte Sherise und ging ins Wohnzimmer.
Ruhig ging Marilyn ins Schlafzimmer. Wortlos ging sie vor ihr auf die Knie.
„Hey, Kleines, ich bin’s Marilyn, ich helf dir dabei, dass es dir besser geht“, strich sie ihr über die Haare.
„Ich kann nicht mehr“, jammerte Emagen vollkommen fertig.
„Ich weiß, Engel, ich weiß. Ich spritz dir was. Gleich geht’s dir besser“, versprach die Krankenschwester, stach ihr einen Pen mit Schmerzmitteln in den Arm und strich ihr über die Haare, bis Emagen eingeschlafen war.
Marilyn war bereits gegangen und Everetts Mutter werkelte in der Küche, als Everett von der Arbeit kam. Er fand einen seiner Hausgäste vor, wie sie seine Wäsche machte.
„Hey, ist dir irgendwie langweilig?“, lehnte er sich lässig an den Türrahmen und Sherise drehte sich zu ihm hin.
„Ich dachte, ich mach mich nützlich, deine Mom will mich nicht in der Küche und meine beste Freundin döst nur komatös vor sich hin, seit sie neu vollgedröhnt wurde, also dachte ich, ich falte deine Spongebob-Unterhosen zusammen“, zog sie eine seiner Shorts aus dem Wäschekorb und wedelte neckend damit herum.
„Hey, die sind witzig, ich hab damals eigentlich Unterwäsche für meinen Sohn gesucht und gemerkt, dass es die auch in meiner Größe gibt. Verklag mich, ich bin ein Nerd“, war ihm das ein bisschen peinlich und er riss ihr die Shorts aus der Hand.
„Süß, du bist genau der richtige Typ für sie gerade. Apropos, wir können das nicht ewig machen, sie weint nur vor Schmerzen und unsere Bekannte kann nicht immer starke Schmerzmittel aus der freien Klinik mitgehen lassen, sonst verliert sie noch ihren Job“, plante sie mit ihm.
„Sie weint?“, fragte er mitfühlend.
„Sie hat höllische Schmerzen, ich hab sie vorher noch nie wirklich weinen sehen, hat was beängstigendes“, erklärte Sherise betrübt.
„Warte, wer ist diese Bekannte, von der du redest?“
„Ne Krankenschwester, sie weiß, was sie tut und ich seh jede fünfzehn Minuten nach Emagen, sie schläft tief und fest“, versichertes Sherise. In diesem Moment klingelte es.
„Erwartest du jemanden?“
„Nein, aber meine Ex kommt manchmal spontan vorbei, wenn ihr einfällt, dass sie wo sein muss und keinen Babysitter mehr findet. Ich hätte ihr niemals einen Zugang zu meinem Dienstplan geben dürfen“, erklärte er, während er zu Tür ging und aufmachte. An der Tür standen Emagens Eltern. Everett musterte sie und sah die Bibel in Clarices Hand.
„Hören Sie zu, ich finde Religionsfreiheit schön und gut und ich finde es auch toll, dass sie Gott zu Ihrem mächtigen Erlöser erkoren haben vor tausenden von Jahren, aber ich bin atheistisch erzogen worden und sehr froh darüber“, wollte er sie loswerden.
„Mr. und Mrs. Barnes, verzeihen Sie, wir hatten Sie ja vollkommen vergessen, kommen Sie rein“, kam Sherise an die Tür und drückte Everett zur Seite, dass sie die Gäste hereinbitten konnte.
„Im Krankenhaus sagte man uns, ein gewisser Mr. Harding hätte unsere Tochter mitgenommen und hierher gebracht. Das ist dann wohl dieser unflätige Bengel“, sah Clarice, Everett kritisch an.
„Das ist richtig, verzeihen Sie ihm, er hat seit der Attacke auf Ihre Tochter kein Auge zugetan und ist etwas schwer von Begriff. Ihrer Tochter geht es nicht sehr gut, sie schläft, aber die Schmerzen sind sehr stark. Wir lassen ihr medizinische Hilfe zukommen, aber das ist nicht auf Dauer“, führte Sherise sie ins Wohnzimmer.
„Der Herr bestraft sie für ihr sündiges Leben“, erkannte Emagens Vater plötzlich.
„Das hat er grad nicht wirklich gesagt“, zischte Everett, aber Sherise drückte ihn dominant aufs Sofa.
„Mr. und Mrs. Barnes, ich weiß, Sie wollen Ihre Tochter zu sich nehmen und das ist sehr löblich, aber solang sie solche Schmerzen leidet, würden wir sie gern hier in der Stadt pflegen, ich trage aber persönlich Sorge, dass sie zu Ihnen kommt, sobald sie wieder auf den Beinen ist“, erklärte Everett höflich.
„Wer sind Sie genau?“, fragte Clarice, ihn und er musste stocken.
„Ein Freund, er ist ein Polizist mit Waffen und so, er wird sie gut beschützen können“, ergänzte Sherise.
„Wo waren Sie, als sie angeschossen wurde?“, wollte Clarice kritisch wissen.
„Entschuldigen Sie mich kurz“, zischte er durch die geschlossenen Zähne, die er während dem Gespräch zusammengedrückt hatte und ging in den Flur.
„Bin gleich wieder da“, ging Sherise ihm hinterher.
„Süßer, leg dich zu ihr schlafen, ich komm mit Maria und Josef allein klar“, bat sie und er ging wortlos Richtung Schlafzimmer.
„So, er ist komplett übermüdet, ich hab ihn ins Bett geschickt. Aber ich bin seiner Meinung, sie braucht momentan sehr viele Schmerzmittel, wir denken, dass Sie wunderbare Eltern sind, aber Sie sie nicht so versorgen können, wie es im Moment angebracht wäre“, erklärte Sherise ihnen.
„Wir wollen nur das Beste für sie, Sie haben Sie in den letzten Jahren in Ihrem Leben gehabt, Sie wissen, was das Beste für sie ist“, entschied Clarice trocken.
„Danke für Ihr Verständnis. Wir werden sie sobald wie möglich zu Ihnen bringen“, bedankte sie sich und das Ehepaar stand wieder auf.
„Unsere Nummer haben Sie ja. Kann ich mich noch verabschieden?“, hoffte Clarice.
„Sicher, aber wecken Sie Everett nicht, der erschießt Sie noch“, riet sie ihr und die Amish-Frau sah sie verwirrt an.
„Nur ein Scherz, lassen Sie ihn trotzdem schlafen“, erklärte sie und Clarice ging leise ins Schlafzimmer.
Nachdem ihre Gäste gegangen waren, ging Sherise auch ins Schlafzimmer. Everett strich ganz sanft über Emagens Kopf, die endlich ruhig schlief.
„Du kannst froh sein, dass sie schläft, wenn sie jetzt bei Kräften wäre, würde sie dich hauen“, flüsterte sie ihm entgegen.
„Sie zittert endlich nicht mehr, ich dachte so bleibt sie ruhig liegen. Ich versuch glaub ich eher mich zu beruhigen, dieser Besuch hat mich ziemlich aufgeregt“, flüsterte er zurück.
„Darf ich mich zu euch legen?“
„Sicher, komm her“, klopfte er neben sich und bald waren die drei nebeneinander friedlich eingeschlafen.
Kopfschüttelnd schloss Sherise die Tür seines Gefrierschranks.
„Deine Mom ist wie eine tolle Haushaltshilfe, sie hat Essen eingefroren bis Weihnachten“, stellte sie fest.
„Ja, kochen ist nicht so meins, auch einer der Gründe, warum meine Frau mich verlassen hat. Sie ist da sehr diskret. Wir werden es alle brauchen. Ich sollte was aufwärmen, sie hat seit Tagen nichts gegessen, sie muss was essen um gesund zu werden“, entschied er.
„Ich mach was warm und bring’s ihr. Es scheint aufwärts zu gehen, sie weint nicht mehr und schläft ruhig“, machte er Smalltalk.
„Du hast sie die ganze Nacht im Arm gehalten, ja, ich hab das gesehen. Ist ja ganz süß, aber das sollten wir erstmal verschweigen, mit Nähe kann sie es normalerweise nicht so“, riet sie ihm.
„Sie war einfach mit den falschen Leuten zusammen“, schlussfolgerte er.
„Sie ist nicht mit dir zusammen, ich hoffe, das weißt du!“
„Ja, weiß ich, momentan ist sie nur eine Freundin!“
„Gut, wollte nur sicher gehen. Aber ist nicht meine Angelegenheit, das geht nur dich und sie was an“, entschied sie.
„Da hast du Recht, aber momentan ist das nicht wichtig. Hast du das gehört?“, hörte er etwas im Flur und ging dem nach. Emagen stand sehr wackelig auf den Krücken, die Marilyn mitgebracht hatte im Flur und sah die Vase an, die sie heruntergeschmissen hatte.
„Tut mir leid“, murmelte sie.
„Süße, warum stehst du auf?“, wollte Sherise helfen.
„Ich muss pinkeln!“
„Sag doch was, ich hätte dich getragen“, bemerkte Everett.
„Leute, ich bin kein Invalide, ich schaff doch wohl noch allein aufs Klo zu gehen“, konterte sie und humpelte ins Badezimmer.
„Sie hat erst vor 48 Stunden ihre Wunden aufgerissen, fühl mich nicht so wohl bei der Sache“, entgegnete Everett, als er ihr hinterher gesehen hatte.
„Ich geh ihr nach“, entschied Sherise und ging zu ihr.
„Hey, kann man hier nicht mal in Ruhe pinkeln?“, saß Emagen bereits auf der Toilette.
„Wie geht’s dir?“, wollte Sherise wissen.
„Bin etwas beschämt, dass du einfach so ins Badezimmer geplatzt bist“, sagte sie skeptisch.
„Hast du keine Schmerzen?“
„Ich hatte eine Kugel im Bein stecken, natürlich hab ich noch Schmerzen“, raunzte sie und zog ihre Shorts wieder hoch.
„Du kriegst deine Stärke langsam wieder, Gott sei Dank, ich dachte schon“, freute sich Sherise.
„Ja, Baby, jetzt geht’s aufwärts. Ich hab gemerkt, was er gemacht hat, letzte Nacht, er ist der erste Mann, bei dem ich das richtig genossen habe“, erklärte sie.
„Schön, er war brav, ich lag neben ihm. Hast du mitbekommen, dass deine Mutter gestern im Schlafzimmer war?“
„Bis grade dachte ich eigentlich, das wäre ein Traum gewesen. Wir haben sie ganz vergessen“, schlussfolgerte sie.
„Ja, ich hab sie weggeschickt, wir werden zu ihnen gehen, sobald es dir besser geht!“
„Danke, ich kann sie grade nicht um mich haben. Tut mir leid, dass ich nicht für dich da sein konnte. Du hast das Kind verloren, oder?“, fragte sie und Sherise nickte.
„Hätte nicht sein sollen, es ist eine furchtbare Sache das zu sagen, aber ich bin erleichtert. Das wäre jetzt einfach nicht richtig. Wehgetan hat’s trotzdem!“
„Glaub ich dir, sorry, dass ich nicht für dich da sein konnte!“
„Du warst doch da, deswegen bist du ja nochmal genäht worden. Das war übrigens sehr heldenhaft von dir, ich bin vor lauter Schmerzen ohnmächtig geworden“, bedankte sie sich bei ihrer Freundin.
„Ich bin ja dann auch ohnmächtig geworden, wenn ich rausfinde, wer mich erschießen wollte häng ich ihn eigenhändig an den Eiern irgendwo auf“, entschied sie unter Schmerzen und humpelte aus dem Badezimmer. Everett wartete dort auf sie.
„Ich kann schon allein aufs Klo gehen, Detective, du stehst ja da, als würde ich gleich tot umfallen. Ich hab mich langsam an den Schmerz gewöhnt, geht schon“, humpelt sie an den Krücken an ihm vorbei.
„Was hat die “Krankenschwester“ ihr gegeben? Steht sie unter Drogen? Gestern Nacht hatte ich kurz Angst, sie würde draufgehen“, sprach Everett mit Sherise, als wäre Emagen gar nicht da.
„Sie ist eine richtige Krankenschwester und hat ihr nur Schmerzmittel gegeben, soweit ich weiß. Zeig mir deine Augen“, zog Sherise Emagens Kopf hoch und sah in ihre Augen.
„Au, ich bin nicht drauf, du weißt, dass ich nicht mal trinke. Bitte sag mir dass diese Krankenschwester Marilyn war.
„Natürlich war es Marilyn. Ich lass doch keine Fremde zu dir. Sie hat dir anscheinend super geholfen. So, jetzt isst du was, sonst machst du noch einen Abgang wie Amy Winehouse mit den ganzen Schmerzmitteln“, bat Sherise und sie gingen zusammen in die Küche.
„Man, deine Mutter kann echt kochen, schade, dass sie sich nicht gezeigt hat, hätte sie gern kennengelernt!“
„Ein schlechteren Eindruck wie er auf deine Eltern gemacht hat, kannst du ja kaum bei ihr machen“, schmunzelte Sherise schmatzend.
„Du hast sie für Zeugen Jehovas gehalten, oder?“, fragte Emagen cool.
„Ja, schon irgendwie, sorry!“
„Schon gut, hätte ich vermutlich auch, wenn ich es nicht besser wüsste. Was habt ihr Ihnen gesagt?“
„Dass du zu ihnen kommst, wenn es dir besser geht!“
„Danke, in meiner Heimat geh ich wirklich drauf, die leben da wie im Mittelalter“, konterte sie.
„Du bist also wirklich Amish“, schlussfolgerte er.
„Jep!“
„Wie hast du es geschafft in zwei Jahren vom braven Amish-Mädchen zum Knasti zu mutieren?“
„Du willst es also unbedingt wissen?“
„Sorry, ich wollte damit aufhören!“
„Willst du es wirklich wissen?“, fragte sie nach.
„Nur, wenn du es auch willst!“
„Ich will es dir zeigen“, sagte sie ruhig.
„Auch wenn ich Angst habe, was du mir zeigen willst, okay“, stimmte er zu.
„Wir müssen etwas fahren dafür!“
„Bist du fit genug?“
„Werden wir sehen. Kommst du auch mit, Beaut‘?“
„Auch wenn ich gerne sehen würde, was du ihm zeigst, ihr solltet ein paar Minuten für euch haben“, entschied Sherise.
„Danke“, bedankte sich Emagen bei ihrer Freundin und ritterlich trug Everett sie in ihren Wagen. Es war schon dunkel.
„Wo wollen wir hin?“
„Ich führ dich hin“, entgegnete sie.
„Ich bin immer noch etwas skeptisch darüber, mit einer Verbrecherin durch die Nacht zu fahren!“
„Ich dachte, das hätten wir geklärt, ich bin keine Mörderin, sonst wäre ich kaum nach acht Monaten rausgekommen“, sah sie ihn skeptisch von ihrer Sitzposition auf dem Rücksitz an. Er überlegte angestrengt, was sie angestellt haben könnte.
„Bitte fahr einfach los, ich zeig’s dir“, bat sie augenrollend und er fuhr los.
Die Leute auf der Straße wurden weniger und die Gegend mieser. Everett sagte keinen Ton mehr.
„Fluchst du grad innerlich, dass du ohne deine Dienstwaffe hierhergekommen bist?“
„War das ne Drohung?“
„Du musstest mich ins Auto tragen, was bist du so nervös? Nur noch einmal links und dann sind wir da“, bemerkte sie und er bog links ab.
Sie bat ihn zu halten und er tat es.
„Okay und jetzt werden gleich zwei Männer in den Wagen springen und mich abstechen?“
„Ich werde dich gleich persönlich abstechen wenn du nicht still bist und die Wand ansiehst“, grummelte sie. Er sah auf die Wand, die komplett mit Graffiti vollgesprayt war.
„Was soll ich sehen, Süße?“
„Das Graffiti, du Dödel, ich hab wegen eines Kerls mit sechzehn angefangen zu sprayen und es war wie eine Sucht, ich hab erst damit aufgehört als ich in den Knast kam. Mein Bewährungshelfer hatte einen Neffen, der Tätowierer war, der sah mein Potential und deswegen bin ich jetzt das was ich jetzt bin“, erzählte sie.
„Wie lange ist dieses Graffiti schon hier an der Wand?“, wollte er wissen.
„Das ist alles, was du dazu wissen willst? Ne Weile, das Haus hier steht schon genausolang leer und niemand hat es gestört“, verstand sie nicht.
„Tut mir leid, ich hab nicht so den Blick für Kunst, ich denke aber, das bedeutet dir viel“, konterte er.
„Du bist irgendwie süß, das ist nur belangloses, was ich gesprayt habe, das sollte nur als Symbol dienen. Meine wahren Kunstwerke hängen über meinem Schreibtisch. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich da nicht mehr hingehen kann“, wurde sie nachdenklich.
„Wir könnten da hinfahren und ich bring dir ein paar Sachen, die du brauchst“, schlug er vor.
„Das wäre lieb, danke, mein Tablet vielleicht, dass ich meine Termine an meine Mitarbeiter delegieren kann, denn einfach so ein paar Wochen oder sogar Monate ohne ein Wort zu verschwinden ist ganz schön rufschädigend“, entschied sie.
„Sicher, fahren wir dahin. Danke, dass du mir das hier gezeigt hast“, bedankte er sich und fuhr zu ihrem Büro.
Vorsichtig bremste Everett vor dem Studio. Er schaltete den Motor ab und sah sich um.
„Was ist?“
„Nichts, man kann nur nicht vorsichtig genug sein. Bleib auf dem Rücksitz, die Scheiben hinten sind kugelsicher“, bat er ernst.
„Warum sind deine Rücksitz-Fenster kugelsicher?“
„Ich bringe Pädophile hinter Gitter, mein Sohn muss sicher sein auf dem Rücksitz“, sagte er nur.
„Du verhaftest Kinderschänder?“, war sie entsetzt.
„Verdammt, ich hab ihr das erzählt, nicht dir“, stellte er fest.
„Warum bist du dann hinter … oh, verstehe“, fiel ihr auf, warum er bei ihr gewesen war.
„Wir haben nur einen Verdacht, aber dass er dich aus dem Weg räumen wollte, schreit ja förmlich “Verdächtiger““, erklärte er.
„Aber du kannst nichts beweisen, deshalb schleichst du rum wie eine Katze auf der Jagd, anstatt ihn zu verhaften!“
„Ja, so in etwa, bleib einfach drin, bitte. Was brauchst du aus dem Studio?“
„Mein Tablet, mein Ladekabel, mein Kundenbuch und schau nach, ob die Lichter alle aus sind, meine Mitarbeiter vergessen das schnell mal“, trug sie ihm auf.
„Kriegst du, man, das wird mehr und mehr das seltsamste Date was ich jemals hatte“, schmunzelte er, nahm ihren Schlüssel und ging ins Studio.
„Das ist hier eigentlich kein Date, Süßer“, sagte sie zu sich selbst und sah ihm durch die getönten Scheiben zu, wie er die Neonleuchten anschaltete und ihr die Sachen brachte.
Sie bedankte sich mit einem sanften Kuss bei ihm.
Als sie zu seiner Wohnung zurückkamen, fluchte er plötzlich.
„Was ist?“
„Es tut mir leid!“
„Was tut dir leid?“
„Meine Ex ist da“, sagte er nur.
„Sie hat einen Schlüssel zu deiner Wohnung?“
„Ja, aber nur für den Notfall, ich hatte keine Ahnung, dass sie kommen würde, ehrlich!“
„Exilla, verstehe!“
„Exilla?“
„Wenn du nicht weißt was das heißt, ist sie so was von ne Exilla. Ich hatte oft genug Männer wie dich im Studio. Hast du es schon covern lassen?“
„Wie meinen?“
„Das Tattoo, bitte sag mir, dass es nur ihr Name ist, nicht ihr Gesicht“, konterte sie cool. Beschämt rollte er seinen Ärmel hoch und zeigte den Namen seiner Ex auf seinem linken Oberarm.
„Armer Kerl, wenn ich mal ne freie Minute habe, überdeck ich dir das, wenn du willst. Man, ich kann es kaum erwarten deine Ex kennenzulernen“, frotzelte sie und er stieg aus und lud sie auf seine Arme.
„Grad merk ich, dass meine Ex und du ziemlich viele Gemeinsamkeiten habt, ihr werdet euch blendend verstehen“, murrte er und brachte sie rein.
„Hey, wo warst du“, kam seine Ex schon ihm entgegen.
„Jen, wir sind geschieden, ich muss dir nicht ständig Rechenschaft ablegen. Ich frag mich eher, wo ist mein Sohn um diese Uhrzeit?“
„Hier, in seinem Bett, wo er hingehört, es ist der zweite Mittwoch im Monat“, bemerkte Jen, seine Ex und sah verwirrt zu Emagen, die immer noch auf seinen Armen lag.
„Verdammt, ja, richtig, war viel los hier, hatte ich vergessen, komm gleich zu dir“, konterte und trug Emagen in sein Schlafzimmer, was seine Ex noch mehr verwirrte.
„Ich will die Telenovela aber weitergucken“, maulte Emagen.
„Ich erzähl dir wie’s ausgegangen ist, Kasper, bin gleich wieder bei dir“, schmunzelte er und ging zu Jen zurück, nachdem er sie abgeladen hatte.
„Was soll das hier? Du hast eine Frau in der Küche und eine, die du gleich in dein Bett trägst, willst du dich irgendwie an mir rächen?“, wollte Jen genau wissen.
„Das sind nur platonische Freundinnen, die Hilfe brauchen!“
„Ach klar, Hilfe von dir flachgelegt zu werden“, tönte sie.
„Jetzt spiel dich bloß nicht so auf, wer hat mich hier mit meinem Kollegen betrogen, du oder ich? Du weißt genau, dass ich nicht so einer bin, auf Emagen wurde geschossen und sie kann sich schlecht bewegen, deshalb trag ich sie, Sherise hatte gerade eine Fehlgeburt und braucht mich jetzt. Das nennt sich nett und freundlich sein, etwas, von dem du anscheinend nichts verstehst“, konterte er.
„Boja, eins zu null für Grünauge“, mischte sich Sherise ein, die vom Türrahmen zur Küche aus alles beobachtete.
„Wie auch immer, lass meinen Sohn das nicht sehen, ich hol ihn morgen Abend wieder ab“, raunzte Jen und zog ab.
„Sorry deswegen“, entschuldigte sich Everett, während er ins Wohnzimmer ging.
„Schon gut, ist ja eine Ausnahmesituation, da kann man Sachen schnell mal vergessen. Scheint nett zu sein, deine Ex“, folgte Sherise ihm.
„Wie oft hat sie dich Flittchen oder Schlampe genannt?“, fragte er erkennend.
„Zwei Mal Flittchen, einmal Schlampe, sie ist ganz schön eifersüchtig für ne Ehebrecherin“, konterte sie trocken.
„Ja, könntest du rechthaben, sorry auch deswegen. Deine Freundin ist doch nicht so ein böses Mädchen wie sie vorgibt“, erwiderte er und setzte sich erschöpft aufs Sofa.
„Sie war also nicht im Knast?“
„Doch, das schon, aber für ihre Kunst!“
„Häh?“
„Darf ich es ihr erzählen, Süße?“, fragte er plötzlich Emagen, die zu ihnen gehumpelt kam.
„Sicher, ich hätte es ihr schon längst sagen sollen!“
„Deine teure Freundin ist für Graffiti verknackt worden!“
„Graffiti, wie das Zeug an den Wänden?“
„Ich hab wegen nem Kerl angefangen, bin nicht stolz drauf. Aber es hat mich zu meiner Leidenschaft gebracht, also bereu ich es nicht“, konterte sie und Everett sprang auf, dass sie sich aufs Sofa legen konnte.
„Ist er nicht süß? Dankeschön“, bedankte sie sich bei Everett und legte sich hin.
„Er hat ihren Namen auf dem Arm“, platzte es aus Emagen plötzlich heraus.
„Du hast einen Namen unter der Brust, wer im Glashaus sitzt, teure Freundin“, warf Sherise ein und Everett sah Emagen an.
„Das ist der Name meines Mentors, meines verstorbenen Mentors und ich bereue dieses Tattoo keinen Moment. Ich habe 58 Tattoos und bereue eigentlich keins davon!“
„Wow, ich hab nicht gedacht, dass das so viele sind“, stellte Sherise fest.
„Ich hab jedes von meinen Tattoos katalogisiert, die meisten haben meine Mitarbeiter gestochen während ihrer Ausbildung. Die wurden nur so gut, weil sie auf ihrer Chefin geübt hatten“, schmunzelte Emagen.
„Da müssen paar hässliche Exemplare dabei sein“, erkannte er.
„Nein, sind alle klasse, ich bin ziemlich sicher, dass sie das Studio ohne mich gut leiten werden!“
„Das ist schön, dann musst du dir beruflich ja keine Sorgen machen. Aber privat schon, reden wir darüber, dass du knapp einem Attentat von deinem Ex entkommen bist?“
„Ich weiß nicht, ob er es war, hab ihn ja nicht gesehen. Er mag ein Kinderschänder sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich deswegen töten würde“, entschied Emagen.
„Da steckten zwei Dutzend Kugeln in deinem Auto, du lebst nur noch, weil du so einen Bully fährst. Das war keine zufällige Attacke, das war geplant“, wollte er ihr klarmachen. Emagen sah betrübt auf ihre Beine.
„Nerd, mach ihr keine Angst!“
„Ich glaub, sie hat noch zu wenig Angst, ich weiß nicht, ob es ihr so richtig bewusst ist, in welcher Gefahr sie ist“, konterte er. Ganz plötzlich fing Emagen an zu weinen.
„Was ist, Süße? Hast du wieder Schmerzen?“
„Ich hab ununterbrochen Schmerzen, das ist es nicht, ich bin ne Frau, Frauen weinen manchmal“, schniefte sie.
„Ja, du aber nicht, vor allem nicht wenn nen Kerl so einen Bullshit von sich gibt“, sah Sherise ihn vorwurfsvoll an.
„Ich kann euch auch wieder in den Trailerpark zurück bringen“, entschied er trocken.
„Ich hab Angst“, sagte Emagen kleinlaut.
„Ganz ruhig, ich werde euch beschützen“, wurde er plötzlich ganz lieb und strich ihr über die Schulter.
„Was bist du eigentlich für nen Kerl, umarm sie schon“, raunzte Sherise und Everett ging auf die Knie und umarmte Emagen fest.
„Ich könnte ne Dusche gebrauchen, ich darf aber für ne Weile nicht duschen. Kannst du mir helfen das im Sitzen zu machen, Beaut?“
„Sicher, lass uns gleich gehen. Romeo, wärst du so freundlich?“, bat sie und Everett setzte sie auf einen Stuhl im Badezimmer. Durch einen Spalt sah Everett später ins Badezimmer. Die beiden Frauen waren nur noch in ihrer Unterwäsche bekleidet und Sherise wusch Emagen wo sie es selbst nicht konnte. Zufrieden stellte sie fest, dass er das immer noch erregend fand und nicht durch seine monatelange Durchsicht von Kinderpornos sexuell gestört war.
„Kann man dir irgendwie helfen?“, hatte Sherise ihn entdeckt.
„Äh, nein, ja, ich mein, braucht ihr irgendwas?“
„Nein, nicht das wir wüssten. Ich könnte nen Snack gebrauchen“, ging Sherise ein paar Schritte Richtung Tür und schloss sie ganz.
„Er ist wirklich süß, wie die Jungs damals in der Highschool, die zu schüchtern waren, einen zum Abschlussball einzuladen“, entgegnete Sherise und wusch Emagen weiter.
„Ich war zu der Zeit, in der ich auf nem Abschlussball sein sollte im Knast“, entgegnete Emagen.
„Du kannst jetzt nicht mehr mit deinen Geschichten angeben, Süße, ich weiß jetzt, was du gemacht hast“, frotzelte sie.
„Ich war trotzdem im Knast. Ich bin vermutlich die einzige Frau auf dieser Erde, die stolz auf ihre Jugendstrafe ist“, entschied Emagen.
„Ich hab mal in nem Porno mitgespielt“, gestand Sherise plötzlich.
„Ich weiß!“
„Du weißt?“
„Ich hab ihn gesehen!“
„Du hast ihn … du wusstest es und hast nie etwas gesagt? Vergiss die Frage, du erzählst ja nie was. In den letzten Wochen hast du mir mehr erzählt als jemals vorher in unserer Beziehung“, kritisierte sie sie.
„Ja, ich weiß, tut mir leid“, entschuldigte sich Emagen ehrlich.
„Gut, ich muss Marilyn morgen wieder anrufen, sie muss deinen Verband wechseln“, lenkte Sherise das Thema um.
„Sie soll noch mal das gute Zeug mitbringen, ich glaub, ich hab mich heute etwas übernommen“, erwiderte Emagen unter Schmerzen.
„Ja, mach ich. Du musst das wirklich ernster nehmen, sonst geht das wieder auf. Du weißt jetzt also, warum Everett hinter deinem Ex her ist“, stellte Sherise klar.
„Ja, ich kann das kaum glauben, wenn ich ihn das nächste Mal sehe, muss ich ihn leider kastrieren“, konterte Emagen trocken.
„Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten mach ich gern mit. Du hast Nichten und Neffen, bist du nervös sie kennenzulernen?“
„Schon etwas, aber eher im Allgemeinen, mein Leben ist jetzt so ganz anders als damals. Ich kann es kaum glauben, dass sie meinen kranken Neffen da leben lassen“, dachte sie laut nach.
„Ja, aber so ist ihr Leben. Verteidige ich da grade wirklich deine Kultur?“, war Sherise verwirrt.
„Ja, anscheinend. Mal schauen ob du das immer noch sagst wenn wir dort sind“, konterte sie und Sherise half ihr auf.
Zwei Wochen gingen ins Land und Emagen erholte sich gut. Es war sehr heiß an dem Tag, an dem sie Everetts Wagen beluden, um nach Pennsylvania zu fahren.
„Du musst das nicht tun, Süßer“, bemerkte Emagen zu Everett, der den letzten Koffer verstaute.
„Ich will aber, ich hab schon meiner Ex gesagt, dass sie meinen Sohn in den nächsten Wochen ganz nehmen muss und sie köpft mich sicher, wenn sie in nächster Zeit auf mich trifft, also bin ich dort gut aufgehoben“, schmunzelte er und schloss den Kofferraum.
„Und dein Job?“
„Das kann ich auch online machen, ihr habt doch Internet in Pennsylvania, oder?“
„Nicht bei meinen Eltern zu Hause, aber der Rest des Staates hat schon ne Weile Internet“, konterte sie nur.
„Das war nicht so ernst gemeint, Süße. Sherise, kommst du dann? Wir haben ne lange Reise vor uns“, rief er Sherise her, der mit einem Koffer zu kämpfen hatte.
„Wenn du mir damit helfen würdest, wär ich auch schneller“, rief sie ihm zu.
„Ja, sorry, ich komm zu dir!“, eilte er zu ihr. Emagen sah den beiden zufrieden zu, wie sie zusammen den Koffer trugen. Die drei waren in den vorrangegangen Wochen eng zusammengewachsen und sie war froh, dass er sie in die alte Heimat begleitete. Ihre Eltern waren nur eine Woche geblieben, dann mussten sie zurück.
Schnaufend hievte Everett den Koffer in den Kofferraum und stieg auf den Fahrersitz.
„So, Ladies, bereit?“
„So bereit wie man für eine Zeitreise sein kann“, sagte Emagen nachdenklich und sie fuhren los.
In Richmond in Virginia legten sie nach acht Stunden Fahrt einen Zwischenstopp ein.
„Jetzt wo wir immer näher kommen werde ich schon sehr nervös“, gestand Emagen, die mit Sherise zur Eismaschine des Motels humpelte, in dem sie übernachteten.
„Das ist deine Familie, Süße!“
„Eben, die werden mich wegen meiner Tattoos sicher anstarren!“
„Das tut doch jeder und du bist glücklich darüber!“
„Kannst du mal fünf Minuten meine beste Freundin sein und nicht so nen Klugscheißer?“, hoffte Emagen, die wirklich nervös schien.
„Sicher, wie geht’s dem Bein?“, fragte Sherise mitfühlend.
„Ich glaub, es ist ein Nerv getroffen worden, es fühlt sich irgendwie taub an“, gestand sie.
„Süße, warum sagst du das nicht? Wir hätten dich nochmal untersuchen lassen sollen bevor wir Farmville spielen“, war Sherise besorgt.
„Wenn das Bein taub wird, können wir auch nichts daran ändern“, sagte Emagen trocken und bekam von ihrer Freundin eine Kopfnuss.
„Au, für was war die?“
„Für dein dummes Gequatsche, du willst doch nicht dein ganzes Leben humpeln, das ist nicht sehr erotisch für ne Frau. Wir versuchen in Pittsburgh noch bei einem Neurologen einen Termin zu bekommen, dass wir im Jahr 1850 leben heißt nicht, dass wir da nicht einmal mal wegkönnen“, schlug Sherise vor.
„Okay!“
„Okay?“
„Lass mich es nicht wiederholen. Und wenn ich für immer so humple?“
„Dann humpelst du immer so!“
„Sehr einfühlsam, wirklich!“
„Wir werden sehen, das meinte ich nur damit. Bis jetzt darfst du dich nicht verrückt machen, über nichts, sie sind deine Familie und sie lieben dich so wie du bist, deine Eltern waren schon ziemlich cool im Krankenhaus, oder?“
„Irgendwas ist da faul!“
„Du bist nen bisschen paranoid geworden, wie es aussieht, es sind deine Eltern!“
„Ich sag ja nicht, dass sie mich im Keller im Käfig halten wollen, sag nur, es ist seltsam“, verteidigte sie ihre Worte.
„Wenn sie dich im Keller einsperren, dann werde ich dich befreien, versprochen“, erwiderte Sherise mit ernster Miene für eine Sekunde, grinste aber dann breit.
„Du bist unmöglich, danke, dass du mitgekommen bist“, bedankte sich Emagen und füllte den Eis-Eimer an der Eis-Wanne.
„Ich hatte Angst nach Hause zurückzugehen, ehrlich gesagt und mich hat auch ein wenig die Neugier inspiriert, ich will so sehr wissen wo du herkommst“, gestand Sherise.
„Wenn wir irgendwann nach Hause zurückkommen wirst du mir von dir erzählen, denn ich weiß genauso wenig von dir, wie du von mir“, entgegnete Emagen und warf ihr spielerisch einen Eiswürfel zu, der direkt in Sherises Ausschnitt landete. Ungerührt zog sie ihren BH vor, dass der Würfel durchfiel.
„Nette Stripping-Künste. Bei meinen Eltern musst du die Ladies da aber einpacken“, fuchtelte sie mit der Hand vor Sherises Brüsten herum.
„Es hat aber gefühlte 70 Grad“, jammerte Sherise.
„Ja, ich weiß, trotzdem“
„Na toll!“
„Ich muss vermutlich einen Ganzkörperbody tragen um die Tattoos verdecken, sei froh, dass ich dich nie zu so was überreden konnte“, konterte Emagen und sie gingen zurück zum Hotelzimmer.
Dort saß Everett verschwitzt nur in Jeans bekleidet auf dem Bett.
„Sei mir nicht böse, ich bin morgen wieder das brave Mädchen vom Lande, heute Nacht muss ich noch das böse Stadtmädchen sein“, drückte Emagen ihrer Freundin den Eis-Eimer in die Hand und knallte die Tür vor der Nase ihrer Freundin zu. Sherise blieb erst der Mund offen stehen, doch dann öffnete Emagen wieder die Tür.
„Ich dachte schon“, wollte Sherise eintreten, Emagen nahm ihr aber nur den Eimer ab.
„Die brauch ich, könnte heiß hergehen“, sagte Emagen nur und knallte die Tür wieder zu.
„Was wird das?“, wunderte sich Everett, als Emagen ihr T-Shirt auszog.
„Ich will dir einen Grund zum Schwitzen geben“, säuselte sie und kletterte zu ihm aufs Bett.
„Okay, aber was ist mit Sherise?“
„Dreier mach ich nicht, ist so ne Devise von mir!“
„Ah, gut zu wissen, ich mein nur, die steht sicher noch vor der Tür!“
„Ich glaub, sie hat die Message bekommen, komm schon, morgen muss ich wieder die brave Pilgerin sein“, begann sie seine Hose zu öffnen.
„Bist du sicher?“
„Süßer, ich mach deine Hose nicht auf um sie zu waschen“, begann sie seine Brust zu küssen.
„Okay“, war er überrumpelt und ließ sich von ihr verführen.
Sherise war vor der Tür schon fast eingepennt als sie wieder aufging.
„Ich hoffe, alles ist wieder eingepackt, ich muss sowas von duschen“, rappelte sie sich auf und stolperte ins Badezimmer.
Kopfschüttelnd ging sie an dem engumschlungenen Pärchen vorbei und legte sich in das zweite Hotelbett.
Sherise saß mampfend auf der Diner-Bank und sah ihren Freunden zu, wie sie rumknutschten.
„Könnt ihr das lassen während ich esse?“, fragte sie plötzlich und die beiden lösten sich voneinander.
„Sorry, wir sollten was essen“, entgegnete Emagen abgelenkt und wendete sich wieder ihren Pfannkuchen zu.
„Ja, solltet ihr. Wir haben nur eine lange Fahrt vor uns“, murrte Sherise.
„Tut uns leid wegen gestern“, entschuldigte sich Everett höflich.
„Kein Problem, genießt eure Zeit miteinander. Nur lasst das in meiner Gegenwart, mein Appetit ist nach zwei Wochen endlich wieder zurückgekehrt. Das ist echt leckeres Rührei, was die hier machen“, wusste sie nicht genau, was sie sagen sollte.
„Darf ich probieren?“, fragte Emagen und Sherise tat ihr etwas Rührei auf den Teller.
„Du isst ziemlich viel in letzter Zeit!“
„Liegt an den Schmerzmitteln, aber ich musste eh was für zuhause zulegen, da muss man gebärfreudig aussehen“, konterte sie.
„Ihr seid schon seltsame Leutchen, ich werde für die Zeit sicher nicht zunehmen. Wie machen wir das eigentlich in den nächsten Wochen? Ich mein, soweit ich weiß leben Amish in ihren eigenen Gemeinden, heißblütige Lover sind da weniger gern gesehen“, deutete er auf die beiden.
„Ich hab ein Hotelzimmer für mich außerhalb der Gemeinde gebucht, ihr werdet mich besuchen kommen wenn ihr in der Stadt seid“, erklärte er.
„Wir werden vermutlich mit den ganzen Haushaltstätigkeiten nicht extrem viel Zeit haben, aber wir werden es versuchen“, konterte Emagen.
„Langsam bin ich nicht mehr so sicher, ob wir das machen sollten!“
„Das kriegen wir schon hin. Dein Handy vibriert, Süßer“, entgegnete Emagen und Everett nahm sein Handy auf. Er grinste, als er darauf gesehen hatte.
„Was ist? Erzählst du es der Klasse?“, fragte Emagen neugierig.
„Ach, ich hab nur ein Bild von meinem Kollegen bekommen, dein Kater macht ihm ziemlich Ärger“, zeigte er ihnen ein Bild von seinem Kollegen Jeb, der ein komplett zerkratztes Gesicht hatte!“
„Er mag keine Männer, ein Ex von mir hat ihn gequält, ja, ich weiß, meine Männerauswahl ist grausig“, schmunzelte Emagen.
„Hast du den Kerl damals angezeigt?“, fragte er entsetzt.
„Nein, ich hab ihm einen Penisbruch verschafft, wie du dir vielleicht vorstellen kannst bin ich kein Freund der Cops, also hab ich das selbst in die Hand genommen“, konterte sie cool.
„Wenn ich du wäre, würde ich die kleine Lady fair behandeln und wenn du es nicht getan hast, weit weit weg von ihr bleiben“, riet Sherise ihm, nachdem sie sich zu ihm vorgebeugt hatte. Everett starrte gedankenversunken in die Gegend.
„Süßer, dir würde ich doch nichts tun“, versprach Emagen ihm und er atmete durch.
„Du bist ein Cop, da würd ich für in den Knast gehen“, entgegnete sie staubtrocken und grinste dann über beide Ohren.
„Man kann aber sagen, dass du ein wenig temperamentvoll bist“, bemerkte er vorsichtig.
„Ja, das kann man sagen, aber alle von den Kerlen hatten es verdient“, sagte sie nur.
„Alle von den Kerlen?“
„Ich sollte das nicht mit meinem Freund weiter diskutieren!“
„Diese Konversation hat eine echt schräge Wendung genommen. Ich geh dann mal kurz für kleine Polizisten“, rutschte er von der Bank und ging zu den Toiletten.
„Super, eine Nacht mit ihm und ich hab ihn mit meiner Art vertrieben“, bemerkte Emagen plötzlich traurig.
„So kenn ich dich gar nicht, du bist so unsicher, er wird sich sicher nur einen runterholen auf der Toilette“, wunderte sich Sherise.
„Beaut‘, wie kommst du denn auf den Mist?“
„Ihr habt da vorhin Trockensex gehabt, er muss sich sicher nur erleichtern“, erwiderte Sherise.
„Du willst mich vom Thema ablenken, oder?“
„Ja, funktioniert es?“
„Du hast es geschafft, dass ich keinen Hunger habe“, legte Emagen ihre Gabel weg.
„Komm schon, du hast schon einen Kerl gestochen, während er sich einen runtergeholt hat“, konterte Sherise amüsiert und die ältere Dame hinter ihr drehte sich neugierig um.
„Beaut‘, wir sind schon auf dem halben Weg nach Prüde-Country, pass auf deine Wortwahl auf“, bat sie und die Frau drehte sich wieder zu ihrem Tisch.
„Okay, sollen wir über Stricken reden?“, fragte Sherise nicht so ernst.
„Über Kuchen backen können wir auch reden“, prustete Emagen und die beiden Frauen lachten lauthals, als er zurückkam. Sie verstummten.
„Was?“, wunderte er sich.
„Nichts, wir haben nur beide unsere mangelnden Haushaltstätigkeits-Kenntnisse verglichen“, erklärte Emagen und er küsste sie sanft und setzte sich wieder neben sie.
„Alles okay zwischen uns?“
„Ja, du bist ein Wildfang, find ich irgendwie heiß. Seid ihr fertig mit essen? Wir sollten weiterfahren“, entschied er.
„Ja, sind wir, lass uns losfahren!“
Am Abend fuhren sie in Pittsburgh ein.
„Oh man, ich dachte, ich hätte das alles hinter mir gelassen“, war Emagen nur noch ein nervliches Wrack.
„Sollen wir noch was trinken gehen, um etwas relaxter zu werden?“
„Ich trinke nicht!“, gestand Emagen.
„So gar nicht? Hattest du Probleme damit?“
„Warum? Weil ich ein Knasti bin?“
„Nein, weil manche Menschen damit Probleme haben können. Also?“
„Ich hab mich bei meinem Rumspringer ziemlich besoffen und hatte eine Alkoholvergiftung, jetzt wird mir jedes Mal übel wenn ich Alkohol rieche“, sagte sie nur.
„Gut, ich trinke auch nicht, bin ne Schande für meine irischen Vorfahren, aber ich mag’s auch nicht besonders. Okay, dann sollten wir es schnell hinter uns bringen und hinfahren. Ich lass eure Sachen bei mir, ihr werdet den ganzen neumodischen Kram und die Kleidung da eh nicht gebrauchen können“, plante er und Emagen nickte verständnisvoll.
„Was heißt neumodischen Kram? Mein Handy und meinen I-Pod kann ich doch behalten, oder?“, war Sherise verwirrt.
„Oh Süße, das wird eine lange Zeit für dich werden“, sagte Emagen besorgt.
„Ich könnte jetzt doch nen Drink gebrauchen“, murmelte Sherise.
„Ich halt kurz an einer Tankstelle, aber ich glaub nicht, dass sie das toll finden, wenn du mit ner Fahne dort antanzt“, bemerkte er.
„Man, warum hast du dann damit angefangen?“
„Smalltalk, ich bin nervös, lass mich“, bat er müde.
„Fahr einfach dorthin, bringen wir es hinter uns“, hetzte Emagen und sie fuhren zu der Amish-Gemeinde.
Emagen klammerte sie nervös an den Arm ihres Freundes. Es war schon fast halb neun, als sie zu dem einfachen Haus in der Amish-Gemeinde gingen. Es hatte sich die vorangegangenen 15 Jahre nichts an ihrem Elternhaus verändert, doch wie es aussah, waren 15 Jahre nichts im Vergleich mit dem Alter des Hauses.
„Ich glaub, ich kann das nicht“, zögerte sie.
„Es sind nur ein paar Wochen, vielleicht einen Monat, das schaffst du!“
„Du bist wirklich sicher, dass ich in Orlando in Gefahr bin?“, fragte sie zum zehnten Mal nach und wortlos klopfte Everett an der Tür.
„Ich frag mich, ob sie sich an mich erinnern“, überlegte er laut, aber seine Frage wurde beantwortet als er das Laden einer Schrotflinte hörte.
„Jep, anscheinend tut er das“, bemerkte Sherise trocken.
„Pa, Waffe runter“, sprach Emagen plötzlich deutsch und legte ihre Hand auf die Schrotflinte ihres Vaters.
„Tochter, wir haben ein Handy für solche Sachen, anrufen heißt die Devise“, entgegnete Benedikt auch im tiefsten Deutsch. Die beiden englischsprechenden Gäste sahen sie nur verwirrt an.
„Sorry, erst zwei Minuten hier und schon bin ich wieder ganz im Pennsylvania-Deutsch. Dad, gib her“, nahm Emagen seinem Vater die Schrotflinte ab und stellte sie cool neben sich.
„Man, die ganze Recherche die ich betrieben habe und das hat mich nicht mal ansatzweise auf das hier vorbereitet“, war Sherise so geschockt wie erstaunt über das einfache Leben, in dem sie plötzlich stand.
„Werde mit euch englisch reden, keine Sorge und den Übersetzer spielen. Lasst uns reingehen, die behalt ich erstmal“, konterte sie, schulterte die Schrotflinte und ging hinter ihrem Vater ins Haus.
Alles darin erinnerte Sherise an ihre Schulausflüge in alte Siedlerstätte, es war, als wäre dort die Zeit stehen geblieben.
Am geräumigen Wohnzimmertisch saßen mindestens 12 weitere Amish, darunter Männer, Frauen und Kinder.
„Wir hätten echt anrufen sollen, Sie haben anscheinend Gäste“, flüsterte sie Emagen entgegen.
„Haben sie nicht, das sind meine Brüder und Schwestern mit Familie!“
„Was so ein bisschen fehlender Strom und andere Annehmlichkeiten bewirken kann. Warum starren die mich alle so an?“
„Die starren mich genauso an, wir sind “Englische“, wir gehören hier nicht her. Leute, hört auf zu starren“, bemerkte sie zu ihren Geschwistern
„Ich glaube, wir bringen euch erst mal ins Nebengebäude, das ihr euch erholen könnt“, kam Clarice zu den Frauen und führte sie ein Haus weiter. Everett folgte Ihnen wie ein Schoßhund.
„Er darf nicht hier bleiben“, drehte sich Clarice zu Everett.
„Mutter, nicht so respektlos, er hat uns nur hierher gebracht. Er wird gleich gehen“, versicherte Emagen und ging auf ihn zu, um sich bei ihrem Freund zu verabschieden. Bevor sie ihn berühren konnte, räusperte sich Clarice lautstark.
„Ich werde dich finden“, verabschiedete sie sich aus der Ferne.
„Fermont Hotel, frag nach Tony Stark“, erklärte er ihr aus der Ferne.
„Okay, soll ich noch nach den anderen Avengers fragen?“, schmunzelte sie.
„So sexy, dass du es kapierst“, entgegnete er und unter dem harschen Blick von Clarice verschwand er.
„Danke, Mutter, ich werde unserem Gast alles erklären“, wollte Emagen ihre Mutter loswerden und die ging ins Haupthaus.
„Was zum … heiligen Geist geht denn hier ab?“, entgegnete Sherise und bekreuzigte sich vor einem riesigen Holzkreuz an der Wand.
„Bist du etwa Christin?“, fragte Emagen sie.
„Eigentlich nicht mehr seit der dritten Klasse, aber dieses Kreuz ist gewaltig. Das da drüben im Haus ist also deine ganze Familie und du bist hier aufgewachsen?“, versuchte Sherise zu verstehen.
„Verstehst du jetzt, warum ich nicht von meiner Vergangenheit erzählt habe? Ja, das ist mein früheres Leben, ich bin erst fünf Minuten hier und ich könnte schon wieder schreiend rausrennen“, setzte sich Emagen auf das einfache Bett neben sich.
„Versteh ich voll und ganz. Genaugenommen sind wir Amish Protestanten, aber unsere kirchlichen Rituale sind wirklich streng. Wir könnten Glück haben diese Rituale sind nur einmal im Monat. So, wir sollten schlafen, morgen um vier geht die Party hier los“, setzte sich Emagen auf eins der Betten.
„Sind die Betten etwa mit Stroh bestückt?“, setzte sich Sherise auch zögerlich auf ein Bett.
„Jep!“
„Ich werde hier jämmerlich draufgehen, ich hoffe, dass weißt du. Ich bin erst ein paar Minuten von meinem Handy getrennt und hab schon Entzugserscheinungen“, bemerkte Sherise und zog ihre Schuhe aus.
„Ich würde deine Anziehsachen verstecken, sonst sind sie morgen weg“, riet Emagen ihrer Freundin.
„Okay, ich hab’s versucht“, stand Sherise ruckartig wieder auf.
„Du kannst versuchen abzuhauen, aber hier gibt es nur Kutschen, du kommst also nicht weit“, konterte Emagen trocken.
„Klasse, ganz toll“, setzte sie sich wieder hin.
„Wir bekommen Kleidung, keine Sorge. Ich bring dir hier alles bei was du wissen musst, keine Sorge. Das wird hart, sogar für mich, ich bin fünfzehn Jahre draußen“, versicherte sie.
„Ich verstehe nicht, warum wir nicht einfach ein Hotelzimmer in Orlando mieten konnten“, konterte Sherise und Emagen zog ihre Hose aus.
„Ich will nicht sterben, Beaut‘, ja wir hätten in Orlando bleiben können, aber ich hatte dort ständig Angst und ich hasse es Angst zu haben“, erwiderte Emagen ernst und zeigte ihre große Wunde am Oberschenkel.
„Wir wissen nicht mal, ob er es war!“
„Wer soll es sonst gewesen sein?“
„Du hast drei deiner Lover verprügelt, einen sogar überfahren, die Liste bei dir ist lang“, entschied Sherise trocken.
„Morris hab ich nur angefahren und ich hab ihm ins Krankenhaus Blumen geschickt“, verteidigte sich Emagen.
„Wir können aber zusammenfassen, dass du nicht grad zimperlich mit deinen Ex-Freunden umgehst und jetzt den Preis dafür trägst“, konterte sie.
„Ja, ich bin fast gestorben, das ist keine zwei Wochen hier, das ist mir schmerzhaft bewusst, danke!“
„Ja, sicher, ich war dabei, als wir dich gefunden haben, schon vergessen? Ich sehe deinen leblosen Körper jedes Mal vor mir, wenn ich meine Augen schließe“, konterte Sherise.
„Ich hab nie richtig darüber nachgedacht, wenn du nicht so hartnäckig gewesen wärst, wär ich vermutlich tot. Ich hab mich nie richtig bei dir bedankt!“
„Das ist was Freundinnen machen, das hättest du genauso bei mir gemacht. Eigentlich ist ja dein Lover der Held des Tages!“
„Ohne dich hätte er sich sicher nicht auf den Weg gemacht. Das war ein glücklicher Zufall, dass ich mich mit einem Cop treffen wollte, dabei hab ich mich immer so dagegen gesträubt. Ich bin verknallt, Beaut‘, gestand sie ihrer Freundin plötzlich.
„Ja, hab ich gemerkt und er ist der erste Kerl von dir, der mich auch respektiert und den ich auch mag. Das könnte echt was mit euch werden, er scheint sogar mit deiner rabiaten Art klar zu kommen“, zog Sherise das schlichte Nachthemd an, was dort lag.
„Du klaust mir diesen nicht!“
„Natürlich nicht, Luder vor Bruder, weißt du doch. Du bist so unsicher in letzter Zeit, ich hab dir noch nie nen Kerl geklaut und werde das auch niemals tun. Vor allem, er hat das alles hier gesehen und hat trotzdem nur Augen für dich“, deutete Sherise auf sich selbst.
„In dem Nachthemd siehst du eher aus wie ne Grandma, aber ich weiß was du meinst, ist mir auch schon aufgefallen. Du bist wirklich heißer als ich es bin“, konterte Emagen.
„Blödsinn, wir sind beide auf unsere Art heiß, du bist halt Bombshell McGee heiß, ich eher Jennifer Aniston heiß!“
„Ich bin also die Tussi, die Sandra Bullocks Ehe auf dem Gewissen hat?“
„Jesse James ist derjenige, der die Ehe auf dem Gewissen hat, McGee ist wirklich heiß!“
„Da hast du Recht, das ist sie. Ich hoffe, es wird nicht so heiß, ich trage lange Unterwäsche morgen um die Tattoos zu verdecken“, dachte Emagen laut nach und zog sich auch um.
„Sexy, aber besser ist das, sonst werden wir hier noch als Hexen verbrannt. Das ist so surreal hier, als wären wir in eine Zeitmaschine gehopst“, sah Sherise sich um.
„Ja, was denkst du, wie es mir damals ergangen ist, das war während der Jahrtausendwende, so viele schräge Sachen sind damals populär gewesen und ich war komplett überfordert. Wohl auch nen Grund warum ich im Knast gelandet bin, das war alles zu viel für mich. Ich bin nur so stolz auf mich, dass ich im Kittchen meinen Highschool-Abschluss gemacht habe, denn hier hab ich ja nicht wirklich was gelernt“, legte sich Emagen müde ins Bett.
„Du hast deinen Abschluss im Knast gemacht? Das erklärt, warum du nicht auf dem Abschlussball warst. Stimmt dass, das ihr nur lesen, schreiben und rechnen gelernt habt?“
„Ja, mehr braucht man hier nicht, aber ich wollte immer schon mehr“, erklärte Emagen.
„So ehrgeizig war ich leider nicht, ich bin mit siebzehn von der Schule geflogen und nie wieder zurückgegangen“, bewunderte Sherise ihre Freundin.
„Man, warum haben wir nie darüber gesprochen, ich wusste gar nicht, dass du keinen Abschluss hast. Wie bist du eigentlich zum Strippen gekommen?“
„Da kam mal ein Kerl auf mich zu und wollte ein Musikvideo drehen und brauchte ein paar hübsche Mädels. Ich bin nicht so clever, ich hab ihm geglaubt. Das ist jetzt zehn Jahre her, ich hab nie was anderes gemacht, ich werde hier sowas von untergehen, oder?“
„Nein, du bist nicht blöde, du wirst einiges hier lernen, sieh das als Chance. Du hast mit dem Strippen früh genug aufgehört, jetzt kannst du ein neues Leben beginnen“, bemerkte sie.
„Auch wenn du dein Leben umgekehrt hast und jetzt auf Erfolg getrimmt bist, heißt das nicht, dass ich das auch muss“, murrte Sherise.
„Ich sagte nicht, dass du das musst, nur du das du das könntest. Überleg’s dir einfach, wir sollten aber jetzt schlafen, morgen geht’s echt früh los!“
Viel zu früh am nächsten Morgen kam Clarice in ihr Zimmer und weckte sie.
„Guten Morgen“, begrüßte Emagen, Sherise.
„Nach dieser Nacht ist das sicher kein guter Morgen. Ich weiß warum die Pilger so früh gestorben sind, die haben nicht genug Schlaf bekommen“, murrte Sherise und massierte ihren schmerzenden Nacken.
„Heute Abend wirst du deinen Nacken nicht mehr spüren, keine Sorge!“
„Das klingt irgendwie nicht gut!“
„Du wirst sehen. Ich gehe zu meiner Mutter, sie wird uns sicher Kleidung besorgen können. Bleib du einfach hier“, bat Emagen und ging aus dem Zimmer.
„Ich seh so lächerlich aus und bin eine Stripperin, das muss bei mir was heißen“, nörgelte Sherise, als sie in der allgemeinen einfachen Pilger-Tracht der Amish vor einem Spiegel stand.
„Gewöhn dich besser dran, so wirst du in den nächsten Wochen rumlaufen. Du kannst auch mit deinen modernen Klamotten rumlaufen und auffallen wie ein bunter Hund“, konterte Emagen trocken.
„Okay, ich stell mir einfach vor ich bin bei “Unsere kleine Farm“, dann wird das wohl gehen“, überlegte Sherise laut.
„Das ist die richtige Einstellung, Süße. So, auf, wir müssen die Kühe melken“, entgegnete Emagen und ging voran aus der Tür.
„Ja, okay … warte hast du grad Kühe melken gesagt?“, fragte Sherise verwirrt und folgte ihrer Freundin.
„Man kriegt hier nicht zufällig einen guten Kaffee hier, oder?“, fragte Sherise erschöpft, als sie verzweifelt versuchte die Kuh zu melken, die vor ihr stand.
„Nein, Kaffee gibt es hier nicht, tut mir leid!“
„Das war so klar. Meine hat keine Milch glaub ich“, mühte sich Sherise ab. Augenrollend drehte sich Emagen zu ihr hin und spritzte Milch von Sherises Kuh in ihren Mund.
„Nein, sie hat Milch, gar nicht mal so schlecht, das Zeug“, schmatzte sie.
„Hilfst du mir, ich will mich nicht an meinem ersten Tag blamieren“, bat Sherise.
„Sicher, ich helf dir, ich zeig’s dir, steh mal kurz auf, bitte“, versprach sie und zeigte es ihr.
„Man, ich kann es kaum erwarten jetzt zu duschen. Wo sind denn die Duschen überhaupt?“, fragte Sherise, als Emagen und sie erschöpft an diesem Abend auf ihren Betten lagen.
„Duschen, der war gut“, erwiderte Emagen müde.
„Okay, diese ganze Exkursion war ja ganz lustig, aber wenn ich meine Dusche nicht kriege, werde ich zum Berserker“, grummelte sie.
„Die Stadt ist achtzehn Meilen in die Richtung, tu dir keinen Zwang an“, streckte Emagen ihren schmerzenden Arm aus.
„Schon gut, dann werde ich stinkend wenigstens deinen Bruder los“, konterte sie total erschöpft.
„War nicht mein Bruder, der dich an gegraben hat, glaub ich zumindest, das kann man bei uns nie so richtig sagen!“
„Ich will hier weg, Süße“
„Ich auch, wenn ich nicht so fertig wäre, wäre ich schon längst geflüchtet!“
„Dann sollten wir morgen hier abhauen, wenn wir ausgeruht sind“, schlug Sherise vor.
„Wir kommen hier nicht weg“, entgegnete Emagen nur.
„Ich wollte immer schon Burlesque tanzen“, begann Sherise plötzlich.
„Wo kommt das denn plötzlich her?“
„Ich wollte es nur sagen, falls ich morgen draufgehe“, hatte Sherise eine seltsame Stimmung.
„Sei nicht so melodramatisch, was du heute gemacht hast, hab ich schon mit acht Jahren gemacht“, entgegnete Emagen trocken.
„Mit acht Jahren? Das erklärt, dass du all diese Dinger auf deinem Körper überstanden hast ohne Alkohol und Drogen. Ich hab immer gewusst, dass du tough bist, aber dass du schon so geboren wurdest, hätte ich nicht gedacht!“
„Ich und so geboren? Ich hab mich tagelang, wochenlang, vielleicht auch monatelang genau in diesem Zimmer hier in den Schlaf geheult, weil ich solche Schmerzen hatte. Das hat mich aber abgehärtet, mit zehn konnte ich alles machen was anfiel“, konterte Emagen trocken.
„Das ist Kinderarbeit!“
„So ist das Leben hier halt, sie arbeiten nur vier Stunden pro Tag oder so, sie gehen ja noch in die Schule. Mein armer kleiner Neffe tut mir aber leid, er ist so krank, ihm könnte es in unserer Welt so viel besser gehen“, wurde Emagen nachdenklich.
„Ja, könnte es, aber du kannst deinem Bruder nicht einfach das Kind wegnehmen!“
„Wer hat das denn gesagt? Ich mein nur, ich werde meinen Bruder davon überzeugen, das er mit seiner Familie diese Welt verlässt um mit mir mitzukommen!“
„Du willst dich also wieder unbeliebt machen bei deiner Familie?“
„Nein, ich will den Kleinen nur Aufwachsen sehen, er wird keine zehn Jahre alt, wenn er hier bleibt“, schlussfolgerte sie.
„Nen Versuch ist es wert, aber ich glaub, da wirst du hier auf taube Ohren stoßen!“
„Ja, vermutlich. Ich werde trotzdem mit ihm sprechen, wenn ich die Nacht überlebe. Das fühlt sich genauso an wie damals, mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich in den letzten 15 Jahren körperlich abgebaut habe“, bemerkte Emagen erschöpft.
„Ja, versteh was du meinst, ich dachte, ich wäre als Stripperin in körperlicher Topform, aber von wegen“, murmelte Sherise schläfrig.
„Wir sollten schlafen, wir brauchen unsere ganze Energie“, erwiderte Emagen und kurz danach waren sie eingeschlafen.
Sherise drehte sich zum dritten Mal in einer Minute um. Ein Amish-Mann mit langem Rauschebart folgte ihr.
„Beaut‘, ignorier den Kerl einfach“, bat Emagen, die neben ihr herlief. Sie waren in der Stadt zum Einkaufen.
„Wie sollen wir deinen kleinen Lover ungestört treffen, wenn Old Mc Donald uns folgt?“
„Denk ich grad drüber nach, hatte vergessen dass unverheiratete Frauen bei uns immer von einem Mann begleitet werden. Wir sollten zum Hotel fahren, wir nehmen den Bus, beim Einkaufen fällt mir hoffentlich ein, wie wir das anstellen“, erklärte Emagen und sah auch zu dem Mann.
„Ich könnte einen Kaffee gebrauchen“, sah Sherise zu einem Starbucks.
„Ich auch, aber da stehen unsere Chancen noch besser, Everett zu treffen“, entschied Emagen und trat in einen Krämerladen ein.
Sherise bezirzte ihren Begleiter soweit, dass Emagen unbemerkt mit dem Bus zum Hotel fahren konnte um ihren Freund zu treffen. Als er ihr die Tür öffnete, grinste er von einem Ohr zum anderen.
„Ein Wort und ich tu dir weh und du kennst meine Vorgeschichte, das mach ich wirklich“, witzelte sie.
„Hab dich vermisst, mein kleines Amish-Mädchen“, schmunzelte er und zog sie ins Hotelzimmer. Er küsste sie heiß und innig, aber sie stoppte ihn.
„Was ist? Ich hab dich so richtig vermisst“, entschied er erregt.
„Ja, das merk ich, aber Sherise lenkt grad unseren Begleiter ab, der wird nicht lange auf ihre Anmachsprüche reinfallen, Amish-Männer sind da anders gestrickt. Wir sollten keine Zeit verschwenden. Also, was hast du rausgefunden?“, blieb sie sachlich.
„Ja, sorry, er war’s nicht, Jeb hat mich grad angerufen, dein Ex hat ein gutes solides Alibi und keinerlei Kontakte zu irgendwelchen kriminellen Banden. Scheint so, als hättest du jemand anderen ziemlich angepisst, ihn aber nicht!“
„Aber er hat mich bedroht!“
„Wir hätten ihn gern deswegen befragt, aber du hast ihn ja nicht zur Anzeige gebracht … also!“
„Verstehe, jetzt brauchst du wohl eine Liste all meiner Ex-Freunde, das du weitersuchen kannst und das wird furchtbar peinlich für uns beide werden, weil ich jetzt mit dir zusammen bin und so“, schlussfolgerte sie.
„Ja, so in etwa. Wir sind also so richtig zusammen?“
„Denk schon, ich mag dich und du magst mich und ich hab nach unserer Nacht nicht sofort den Drang verspürt dich aus meinem Bett zu prügeln“, entschied sie.
„Jeb darf davon aber nichts erfahren, wir dürfen uns nicht auf Verdächtige oder Zeugen einlassen!“
„Ich bin das Opfer, Süßer, sag mir nicht, dass ihr euch noch nie mit Opfern getroffen habt“, neckte sie ihn.
„Da meine Opfer meistens kleine Jungen und Mädchen sind, nein, auf keinen Fall!“
„Sicher, hab ich nicht drüber nachgedacht. Nur so beiläufig, wenn ich ein mit mir verwandtes Kind über die Staatsgrenze bringe ohne das Einverständnis der Eltern, geh ich dann in den Knast?“, fragte sie beiläufig und er starrte sie geschockt an.
„Rein Theoretisch!“
„Lass die Finger von deinem Neffen, dein Bruder erzieht seine Kinder so wie er das für richtig hält!“
„Richtig, du bist auch Vater, der Gedanke ist dir sicher auch schon gekommen. Er hat blaue Lippen, Ev‘, ich weiß nicht, wie lang der Kleine noch leben wird“, erklärte sie ihm.
„Sie Mal an, die toughe Tätowiererin hat ein Herz für Kinder!
„Ich bin immer noch eine Frau, Everett und da kommen ab und zu Muttergefühle auf, obwohl man die gar nicht will“, murrte sie.
„Sicher, sorry. Du musst diese Liste nicht unbedingt jetzt fertigstellen, du kannst sie mir per Post schicken“, entgegnete er liebevoll.
„Nein, das dauert zu lange, ich mach das schon. Könntest du mir nen Kaffee besorgen? Ich brauch dringend einen“, bat sie.
„Sicher, besorg ich dir. Schön, dich zu sehen“, entgegnete er und verließ den Raum.
Emagen hatte gerade begonnen, ihre Liste anzufertigen, als es an der Tür klopfte.
„Jetzt warst du aber schnell, ich bin auch schon weit gekommen, vielleicht haben wir ja doch etwas Zeit für Zweisamkeit“, öffnete sie ihm die Tür. Dort stand aber nicht ihr Freund, sondern ein Kerl mit rotblonden Haaren und einem Haustiertragekorb in der Hand.
„Also ich hab alle Zeit der Welt für Zweisamkeit“, bemerkte der Typ lässig.
„Jeb, nehm ich an, er ist nicht hier“, erkannte sie ihn sofort.
„Ah und du bist?“
„Seine Freundin!“
„Man, nach der Schlampe wollte er jetzt wohl ein Mauerblümchen“, konterte Everetts Kollege provozierend.
„Jeb, wenn du meine Süße beleidigen willst, geh am besten ein paar Schritte zurück, Ihr Temperament hat dich heut hierher gebracht“, stand Everett plötzlich hinter ihm mit zwei Pappbechern mit heißem Kaffee in der Hand.
„Das ist doch nicht Emagen Barnes“, glaubte er ihm nicht. Lässig rollte Emagen ihre hautfarbenen Ärmel hoch. Aus Respekt ging Jebediah Arnold zwei Schritte zurück.
„Ist das Jack?“, fragte Emagen, die ihren Kater vermisst hatte und nahm ihm die Tragetasche ab.
„Ich würd das nicht Ding da nicht rauslassen, er kratzt und beißt!“
„Er mag keine Kerle, ist mein Kater“, konterte Emagen und nahm Jack aus der Tasche um ihn zu knuddeln.
„Woher das wohl kommt“, erkannte Jeb trocken.
Mit ihrem Kater auf dem Arm drängte Emagen, Jeb an die Wand des Flures.
„Ev‘ pfeif deine Wachhündin zurück“, wurde Jeb nervös.
„Emagen, deine Liste, deine Zeit ist begrenzt“, drängte Everett sie. Augenrollend ging sie mit ihrem Kater auf dem Arm zurück zu dem kleinen Holztisch, an dem sie gesessen hatte.
„Was machst du hier?“, zischte Everett und knallte die Tür hinter sich zu, so dass beide allein im Flur waren.
„Du hast mir gestern geschrieben, dass du Hilfe brauchst, wir sind Partner, ich komm, wenn du mich brauchst“, entgegnete Jeb.
„Ex-Partner!“
„Ich bin zwei Tage hierhergefahren, Ev!“
„Ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen, danke“, sagte Everett kleinlaut.
„Warum nicht gleich so. Ich verstehe, du willst vor deiner Kleinen als Macho da stehen, ich such mir ein Zimmer und komm wieder, wenn sie weg ist. Ich nehm den Kater dann mit“, erklärte Jeb und ging zur Rezeption.
„Sorry wegen dem … er ist … nur…nur…“, versuchte er ihr zu erklären, als er zurück ins Hotelzimmer kam.
„Du brauchst seine Hilfe bei meinem Fall, dafür sind Freunde doch da, ich weiß, dass du ganz anders bist als die Männer, die ich vorher gedatet habe, aber das mag ich grad so an dir. Ich würde jeden dieser Männer gern vergessen, dich aber nicht“, legte sie ihm ihre Liste hin.
„Das ist eine lange Liste“, sagte er nur.
„Bitte führ das nicht weiter aus, war hart genug die Liste zu verfassen“, bat sie leise.
„Ja, reden wir nicht darüber, ich geh das durch. Willst du Jack mitnehmen? Du wirkst so ruhig, wenn er bei dir ist!“
„Ja, würd ich gern, ich vermiss ihn sehr. Ich vermiss dich auch, übrigens“, konterte sie und stand auf.
„Ja, ich dich auch. Willst du nicht hier bleiben?“, fragte er sie.
„Würde ich gerne, aber ich habe etwas Zeit mit meiner Familie aufzuholen, ich habe sie vermisst, was ich nicht erwartet habe“, erklärte sie.
„Das ist schön, na ja, nicht für mich, aber es ist wichtig, ein gutes Verhältnis zu der Familie zu haben. Ich weiß aber nicht, wie lang ich hier bleiben kann, Jen dreht völlig hohl, dass ich meinen Sohn so lang nicht sehen werde“, erklärte er ihr.
„Dann fahr doch heim, dort kannst du sicher viel mehr ausrichten als hier in diesem staubigen Hotelzimmer. Wir kommen schon irgendwie nach Hause“, schlug sie vor.
„Nein, ich bleibe auch, ich will dich sicher wissen!“
„Ich bin tausende von Meilen entfernt von Orlando, ich bin hier sicher, Süßer“, versprach sie.
„Willst du mich loswerden?“
„Nein, ich bin froh, dich in der Nähe zu haben, ich will aber nicht, dass du wegen mir Ärger mit deiner Ex bekommst!“
„Du hast es gesagt, ich bin eine Pussy wenn es um meine Ex geht, sie soll sich ruhig mal aufregen“, entschied er.
„Sie hat dich betrogen, oder?“
„Ja, hat sie, mit einem meiner Kollegen. Das werde ich ihr niemals verzeihen“, erklärte er ihr.
„Glaub ich dir, ich muss ihr danken, denn ohne den Mist wären wir uns nicht näher gekommen“, bemerkte sie liebevoll.
„Ja, das stimmt. Du solltest zurückgehen, du wirst sicher schon vermisst“, entschied er.
„Ja, eigentlich will ich nicht gehen“, kam sie nah an ihn heran und küsste ihn sanft.
„Ja, ich weiß. Hier, nimm das, für den Notfall“, drückte er ihr ein simples Handy in die Hand.
„Du weißt, ich kann das dort nicht aufladen!“
„Ist ein wirklich altes Handy, das hält ne Weile, nimm das Kabel mit, dann kannst du es in der Stadt aufladen, wenn du mal da bist. Ich bin der einzige, der die Nummer hat, meine Nummer ist eingespeichert. Sherise kann damit auch telefonieren, aber es sind nur 50 Dollar drauf, das hält nicht ewig“, erklärte er und sie nahm es an.
„Danke, dann kann ich meine Mitarbeiter auch kurz mal anrufen und nachfragen. Ich muss das nur verstecken, ich brauch eine Genehmigung für das Ding in der Gemeinde. Ich muss jetzt wirklich los, ich nehm Jack mit, den zu erklären wird vermutlich schwierig, aber ich kann das Handy in der Kiste verstecken. Jeb wird froh sein, ihn los zu sein, er ist ganz schön ramponiert. Erinnere mich dran, ihm was Schönes zu schenken für seine Hilfsbereitschaft“, bat sie und packte Jack wieder in seine Tasche.
„Mach ich. Pass auf dich auf“, küsste er sie kurz und sie fuhr mit dem Bus wieder zu Sherise.
„Du schuldest mir echt ne Menge“, raunzte Sherise, die unter dem strengen Blicken ihres Begleiters am Rand eines großen Blumentopfes saß.
„Ich weiß, tut mir so leid!“
„Hat es sich wenigstens gelohnt?“
„Nicht wirklich, ich konnte ihm etwas bei meinem Fall helfen“, erklärte sie und Sherise sah in die Tragetasche, in dem Jack döste.
„Was macht Jack hier?“
„Jeb ist grad angekommen und hatte ihn dabei, er war ganz froh ihn loszuwerden, ich denke, in der Gemeinde wird er sich wohlfühlen, er hatte noch nie so viel Platz zum herumtoben. Er hat mich gebeten bei ihm zu bleiben, aber ehrlich gesagt fühl ich mich ganz wohl bei meiner Familie“, erklärte sie ihr.
„Du willst doch nicht etwa für immer hier bleiben, oder?“, war Sherise entsetzt.
„Nein, denk nicht … Arlo war nicht derjenige, der mich angegriffen hat … er hat mich gebeten, meine Ex-Freunde aufzuschreiben, ich bin eine Schlampe“, konterte sie nachdenklich.
„Und das war irgendwie neu für dich?“, frotzelte Sherise.
„Das belastet mich jetzt echt“, gestand Emagen.
„Okay, dann werde ich jetzt ernst sein. Du bist kein Kind von Traurigkeit, ich auch nicht, deswegen verstehen wir uns auch so gut. Aber diesen Kerl, den du da hast, ist ein guter Kerl, diese Liste kann eine Art Abschluss deiner wilden Zeit sein“, bemerkte sie.
„Ja, du hast Recht, er ist wirklich toll, ich bin wegen dem Scheiß, den ich in der Vergangenheit gemacht habe angeschossen worden und beinahe gestorben, das sollte mir wirklich eine Lehre sein“, entgegnete sie.
„Gott sei Dank, du hast es kapiert, ich dachte schon, ich müsste diese Tatsache in dich reinprügeln. Dann bringen wir die Sache schnell hinter uns, dass du dein Leben mit ihm beginnen kannst. Was sagen wir den Waltons jetzt wegen Jack?“
„Jack ist kein moderner Gegenstand, sie werden ihn schon akzeptieren. Wir sollten gehen, unserem Begleiter platzt langsam der Kragen“, konterte Emagen und sie gingen zu dem Amish-Mann hin.
Eine Woche verging und die beiden Frauen gewöhnten sich langsam an die harte Arbeit in der Gemeinde. Doch die langen Stunden auf den Beinen taten Emagens Genesung nicht sehr gut. Als Emagen unter Schmerzen gerade frischgelegte Eier zusammensammelte, stand Sherise plötzlich hinter ihr.
„Du hast Schmerzen“, erkannte Sherise. Vor lauter Schreck zerdrückte Emagen ein Ei in der Hand.
„Scheiße, Beaut‘, was soll das? Du hast mich zu Tode erschreckt“, wischte Emagen ihre Hand sauber.
„Wann gehen wir wegen deinem Bein zu einem Arzt?“
„Wir machen gar nichts, hab keine Zeit!“
„Willst du dein Bein verlieren?“
„Ich werde mein Bein nicht verlieren!“
„Woher weißt du das, wenn du keinen Arzt aufsuchst? Du kannst kaum noch stehen“, drückte Sherise auf Emagens linkes Bein. Emagen zuckte mit Schmerzen im Gesicht zusammen.
„Alte, wenn du das nochmal machst, klatsch ich dir eine, ich schlag auch Frauen, glaub mir“, zischte sie.
„Du würdest mich doch nicht … oh doch … würdest du. Ich will dir doch nur helfen, denk doch an deinen Süßen, er will dich sicher nicht mit einem Bein beim Hochzeitstanz übers Parkett schleifen!“
„Er ist weg“, sagte sie nur.
„Was heißt, er ist weg?“
„Er hat vor seiner Ex gekuscht und ist vorgestern nach Hause zurückgefahren!“
„Oh Süße, das tut mir leid. Warte, woher weißt du das? Wir haben ihn doch letzte Woche zuletzt gesehen“, wunderte sich Sherise.
„Ich könnte möglicherweise ein Handy bei mir haben“, druckste sie herum.
„Er hat dir ein Handy gegeben? Warum hast du mich nicht eingeweiht?“
„Ich hab mein Akku für berufliches genutzt, ich wollte kein Akku verschwenden, tut mir leid!“
„Der Akku hält immer noch?“
„Gutes altes Knochenhandy, hält ewig. Ich sollte es aber in den nächsten Tagen wieder mal aufladen. Er hat uns hier einfach allein gelassen“, war Emagen fertig mit den Nerven.
„Tut mir Leid, Süße, ich hab ihn echt falsch eingeschätzt, er ist wohl auch nur ein Depp für deine Liste!“
„Ich will mein Bein nicht verlieren“, begann Emagen plötzlich zu weinen und setzte sich auf einen Heuballen.
„Du wirst dein Bein nicht verlieren, ich hab ein wenig übertrieben. Wir sollten den Rest von deinem Akku dazu benutzen, einen Termin bei einem Arzt auszumachen. Vielleicht schaffen wir es jetzt ohne einen Beschützer in die Stadt zu gehen, mir gefällt dieser Rückschritt in der Emanzipation der Frau so gar nicht“, beruhigte Sherise sie und Emagen nickte leise.
Da sie so große Schmerzen hatte, konnte sie zwei Tage später einen Termin bekommen. Sie hatten einen Begleiter, aber in der Praxis konnten sie allein sein.
„So, meine Damen, ich weiß, dass das schwer mit Ihrer Kultur in Einklang zu bringen ist, aber um mir das Bein anzusehen, müssen Sie leider ihren Rock ablegen“, druckste der Arzt mit äußerster Vorsicht herum.
„Süß, er hält uns wirklich für Amish-Mädels, unsere Verwandlung ist anscheinend gut geglückt“, amüsierte sich Sherise und Emagen strich ihren Rock und ihren hautfarbenen Body und Leggins ab.
„Wow, das sind eine Menge Tattoos. Sie sind also keine Amish?“
„Nein, sieht nicht so aus, ich war es mal, vor langer, langer Zeit, wir machen nur sozusagen Urlaub von der Realität im Moment. Ich wurde vor etwa einem Monat angeschossen. Sie haben die Kugel restlos entfernt und eigentlich heilte es auch gut, aber die Schmerzen sind unerträglich“, erklärte Emagen dem Arzt.
„Eindeutig keine Amish. Dann lassen wir uns mal sehen. Sie haben sich doch geschont in den letzten Wochen? Nicht viel gestanden und keine hohen Schuhe getragen?“, fragte der Arzt.
„Hohe Schuhe sind nicht so meins, aber ich hab schon viel gestanden, hab meiner Amish-Familie in der letzten Woche 12 Stunden pro Tag auf den Feldern und im Stall beigestanden. War das zu früh?“
„Wenn Sie das fragen, sicher, davor haben sie vermutlich nicht so hart gearbeitet. Sie sind Tattoo-Künstlerin, oder Tattoo-Model, eins von beiden, das sind die einzigen Berufe, in denen man so rumlaufen kann“, erwiderte der Arzt.
„Ersteres, Sie sind gut im Raten, aber können Sie mir auch helfen?“
„Sehen wir mal, die Wunde sieht gut aus, heilt wirklich schön. Vielleicht wurden Nerven verletzt, das kann man nach einer Schussverletzung erst nach ner Weile feststellen“, erklärte der Arzt.
„Was heißt das im Genauen?“
„Eine Kältetherapie für den Anfang, um zu sehen, ob und wo welche Nerven verletzt sind“, begann der Arzt.
„Ich bin nicht versichert“, druckste Emagen herum.
„Sagten Sie schon am Telefon, das kriegen wir schon irgendwie hin. Warten Sie, Sie sagten, Sie wären angeschossen worden, welche Waffe wurde verwendet?“
„So wie mein Auto aussieht was Größeres, kann auch ne Schrotflinte gewesen sein“, überlegte sie laut.
„Es könnte noch Schrot in der Wunde sein“, erklärte der Arzt und drückte weiter auf ihrem Bein herum, was ihr sichtlich Schmerzen verursachte.
„Die haben Scheiß gebaut?“, war sie erstaunt.
„In einer Notaufnahme geht es meistens nur darum, die Wunde so schnell wie möglich zu verschließen, das passiert öfters als Sie denken. Wir werden röntgen, das CTG wäre zwar genauer, aber wenn’s was Metallisches ist, zerfetzen wir damit Ihr Bein und das wollen wir nicht. Ich spritz Ihnen was gegen die Schmerzen und geb Ihnen ein Eispad, dann können sie die Hüfte etwas kühlen. Wir kriegen schon raus, was Ihnen fehlt, Kleines, keine Angst“, beruhigte der Arzt sie mit ruhiger Stimme.
„Danke, Doc“, bedankte sich Emagen und lehnte sich zurück.
„Was sehen wir da?“, umkreiste Sherise den Arzt, als er Emagens Röntgenbild betrachtete.
„Ein Grund für ne weitere OP. Ihre Wunde ist ein Mal wieder aufgegangen, oder?“
„Ja, sagen Sie nicht, die haben ein Gerät drin vergessen!“
„Dann wäre Ihr Bein vermutlich schon abgefallen, zwei Wundclips, die sind vermutlich beim Aufgehen der Wunde darin gelandet und unentdeckt geblieben. Die müssen raus, tut mir leid!“
„Sie müssen mich wieder aufschneiden?“
„Vielleicht kommt der Chirurg über die Hüfte endoskopisch rein, sie müssen aber so schnell wie möglich raus, bevor sie irgendwo landen, wo sie nicht hingehören. Ich werde Ihnen einen Termin in der Klinik machen, das ist ein Notfall, da müssen Sie sich über die Versicherung keine Sorgen machen“, erklärte der Arzt ihr.
„Ich will nicht nochmal in den OP“, sagte Emagen kleinlaut.
„Es ist halb so wild, Sie müssen keine Angst haben. Ihre Freundin bleibt doch sicher immer an Ihrer Seite“, beruhigte er sie.
„Ja, das werde ich. Dieser ganze Amish-Blödsinn hat hiermit ein Ende, wir werden uns hier ein Hotelzimmer suchen, du wirst die Dinger los und wir fahren heim“, bemerkte Sherise und zog ihre Haube ab.
„Mit dem ersten Teil bin ich einverstanden, nach Hause können wir aber nicht, ich bin in Gefahr wie du weißt, ich bin nicht ganz freiwillig hierhergekommen“, konterte Emagen.
„Wir können vor diesen Mistkerlen nicht davonrennen!“
„Ich wäre fast gestorben, hinter dir ist keiner her, wenn du mich allein lassen willst, mach ruhig“, raunzte Emagen.
„Ich geh nicht ohne dich, ich dachte, das hätte ich klargestellt. Jetzt machen wir einen Schritt nach dem anderen, hat die treulose Tomate dir erklärt, wo er unsere Koffer verstaut hat?“
„In seinem Wagen sind sie vermutlich noch!“
„Na super, also haben wir auch keine Klamotten!“
„Sein Wagen steht noch vor dem Fermont Hotel, er will, dass wir ihn haben, solang wir ihn brauchen“, gestand sie.
„Wir sind eine Stunde hier mit dem Bus hergefahren, obwohl wir ein Auto haben?“, fragte Sherise kritisch.
„Ich wollte nicht, dass meine Eltern das mitkriegen, sie hätten sonst sicher Angst, dass ich wieder abhaue. Ich will etwas in der Nähe meiner Eltern bleiben, es ist meine Familie, ich will wieder mehr Kontakt zu ihnen halten“, erklärte sie ihr.
„Mein Gott, du willst bei ihnen bleiben“, stellte Sherise fest.
„Hier ist alles so simpel, aber keiner will mich hier umbringen“, konterte sie nur.
„Süße, du hast ein gutlaufendes Unternehmen zu Hause. Ich weiß, dass du Angst hast, aber das haben wir beide!“
„Ich habe so viele Männer verarscht, die könnten es alle sein, oder ihre Ehefrauen, Freundinnen oder deren heimliche Lover, die Liste ist endlos“, entschied sie.
„Ich hab sicher auch so eine Liste, wenn ich jeden Tag mit der Angst leben müsste, dass mich einer von denen umbringen kann, könnte ich gar nicht mehr leben. Du bist eine Powerfrau, du lässt dich doch nicht von so’m Idioten unterkriegen“, machte Sherise ihr Mut.
„Du kannst große Töne spucken, dich hat man ja nicht fast erschossen“, wollte Emagen aufstehen, der Arzt hielt sie aber zurück.
„Sie sollten nicht mehr laufen, ich werde einen Rettungswagen holen, die Clips müssen heute noch raus“, erklärte der Arzt.
„Klasse, mein Tag wird besser und besser. Du bleibst doch bei mir, oder?“, hatte Emagen Angst.
„Ja, sag ich doch immer, ich geh nirgend wo hin“, war Sherise etwas entsetzt von den Verlustängsten ihrer besten Freundin.
„Sie sind eine wirklich gute Freundin. Ich werde schnell zu meiner Sprechstundenhilfe gehen, bitte sorgen Sie dafür, dass Ihre Freundin nicht aufsteht“, bat der Arzt und verließ den Raum. Mit ernstem Blick stellte sich Sherise vor Emagen.
„Beaut‘, ich hab von dem ganzen Rum-Gedrücke eh viel zu viel Schmerzen um aufzustehen, du musst das nicht tun“, erwiderte Emagen müde. Sherise hielt nur Emagens Hand an ihren Bauch und hielt sie fest. Ganz plötzlich sackte Emagens Hand zusammen.
„Emagen?“, fragte Sherise vorsichtig. Ihre Freundin war bewusstlos.
„Fuck“, fluchte sie und rannte aus dem Zimmer um den Arzt zu holen.
Emagen spürte die sanfte Hand ihrer besten Freundin in ihrer.
„Es ist irgendwie unheimlich, wie wohl ich mich langsam auf Schmerzmitteln fühle“, kam Emagen zurück zu Bewusstsein.
„Da bist du ja wieder. Was machst du denn für Sachen?“
„Was ist passiert?“
„Du kannst die Ärzte in Orlando und den Orthopäden auch noch auf die Liste der Verdächtigen schreiben, ein Clip ist gewandert und hat eine Arterie verletzt. Jetzt sind beide draußen, alles endoskopisch gemacht, also keine ewig lange Heilungszeit mehr“, versprach sie.
„Sind sie sicher, dass sie diesmal wirklich alles rausgeholt haben?“
„Ja, sind sie, sie haben dich auch noch mal mit nem Metalldetektor untersucht, nur um ganz sicher zu gehen. Interessante Piercings hast du“, führte sie Smalltalk.
„Meine Eltern sind nicht hier, oder?“
„Nein, soll ich sie anrufen?“
„Bitte nicht, sie sollten nicht wissen, wo ich alles gepierct bin“, bat Emagen schläfrig.
„Du solltest eher sagen warst, die haben alles entfernt um dich richtig untersuchen zu können!“
„Spinnen die? Wissen die nicht, wie das wehtut, die wieder reinsetzen zu lassen?“, fragte Emagen und fasste sich an die Brüste.
„Ja, glaub ich dir, Süße, aber Piercings sind sowas von out. Jetzt sollten erstmal deine anderen Wunden heilen. Ich hab glaub ich was Blödes gemacht. Ich hab die treulose Tomate angerufen. Ich war so allein und dir ging es so dreckig“, gestand Sherise leise.
„Was hat er gesagt?“
„Du bist nicht sauer?“
„Ich bin in den letzten vier Wochen zwei Mal dem Tod von der Schippe gesprungen, ich bin viel zu oft sauer, ist doch egal“
„Wir sind also wieder Valium-Happy, wir reden später darüber, schlaf etwas!“, fuhr sie ihr liebevoll über die Stirn und verließ das Krankenzimmer.
Draußen vor dem Krankenhaus saß Everett auf einer Bank.
„Du bist also wieder da!“, begrüßte sie ihn schroff.
„Danke Everett, dass du deine Kreditkarte ins Limit getrieben hast um ein Last-Minute-Ticket zurück zu buchen, bitte, gern geschehen!“, bemerkte er cool.
„Du bist ja abgehauen, ist das Mindeste!“
„Ich werde vermutlich das Besuchsrecht für meinen Sohn verlieren, sei nett zu mir, bitte“, bat er plötzlich kleinlaut.
„Was?“
„Sie hat mir das angedroht, wenn ich nicht nach Hause komme, meine Ex ist nicht die netteste Person. Ich mag Emagen sehr, aber ich liebe meinen Sohn!“
„Warum bist du dann hier?“
„Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich wüsste es“, schien er verwirrt.
„Mein Gott, dich hat es echt erwischt, du bist so verknallt in sie, das du alles tun würdest, um bei ihr zu sein“, schlussfolgerte Sherise neckend.
„Das bin ich nicht, ich bin rational, ich hab Jen geheiratet, weil sie schwanger wurde und dass das sinnvollste gewesen war in dem Moment. Ich werde sonst nicht von Gefühlen gelenkt“, erklärte er ihr.
„Passiert, hat mich auch schon oft in Schwierigkeiten gebracht. Wenn du Jen in Ruhe erklärst, dass deine Freundin fast gestorben wäre, wird sie es verstehen!“
„Sie wäre fast gestorben?“, war er geschockt.
„Sie hatte Glück, dass wir beim Arzt waren, wenn wir noch in Amish-Land gewesen wären, vermutlich, zwei Clip ist sind der ersten OP im Körper geblieben und einer davon ist gewandert, hab ich dir ja am Telefon erzählt“, erklärte sie ihm nochmal.
„Diese Quacksalber, ich bin echt so sauer auf sie“, wurde er wütend.
„Ich auch, aber das waren Notfallärzte, das passiert. Zumindest ist sie jetzt jeden metallischen Gegenstand in und außerhalb ihres Körpers los“, schmunzelte sie.
„Auch die Piercings?“, war er enttäuscht.
„Ja, tut mir Leid, Kumpel. Sie ist ziemlich stinkig auf dich, vermutlich würde sie dich eh nicht mehr damit spielen lassen“, konterte sie trocken und ging mit ihm zu ihr.
Emagen saß aufrecht im Bett und starrte gegen die Wand.
„Hey, du bist wieder wach, schau mal, wen ich draußen getroffen habe“, sprach Sherise ihre Freundin an und Emagen sah sie mit leeren Augen an.
„Was macht er hier?“, fragte sie nur.
„Er weiß es nicht!“
„Du hast ihn doch nicht hierher zitiert, oder?“
„Ich hab ihn angerufen, gekommen ist er aber von alleine. Er hat viel riskiert um zu dir zurückzukommen, Süße“, verteidigte Sherise ihren Kumpel plötzlich.
„Bin ich immer noch in Gefahr?“
„Ich hab weniger Angst vor den Schützen als vor meiner Ex. Das gehört aber jetzt nicht hierher, wie geht es dir?“
„Mein Freund hat mich verlassen und irgendwie versuchen mich jetzt auch noch die Ärzte zu töten, was denkst du?“, war Emagen plötzlich nicht mehr so zufrieden.
„Das Valium ist schneller verflogen als ich dachte, er verliert vermutlich das Sorgerecht für seinen Sohn, weil er hier ist, also sei nett zu ihm“, bat Sherise.
„Das wagt die Schlampe nicht!“
„Hast du grad meine Ex als Schlampe bezeichnet?“, fragte er skeptisch.
„Ja, sorry!“
„Ich glaub, ich liebe dich, Süße“, war Everett erfreut von ihrer Ehrlichkeit.
„O…kay, ich lass euch beide dann mal allein“, wusste Sherise das sie Zeit für sich brauchten und ließ sie allein.
„Was war das denn?“, fragte sie plötzlich und er kam näher zu ihr.
„Tut mir leid!“
„Muss es nicht, ich hab das nur noch nie von einem Mann gehört!“
„Ich meinte das nicht so ernst“, gestand er.
„Wir kennen uns erst vier Wochen, denk ich mir. Du bist abgehauen“, sagte sie nur.
„Ja, ich weiß, aber wenn wir es genau nehmen, hast du gesagt, ich soll hier verschwinden“, warf er ein.
„Ich war höflich, Blödmann!“
„Du hast ganz schön viele Schimpfwörter für mich parat“, bemerkte er belustigt und setzte sich zu ihr hin.
„Hab Schmerzen, sorry. Du hast viel riskiert für mich, das hat auch kein Mann zuvor für mich getan, ich sollte nicht sauer auf dich sein. Ich bin es trotzdem“, erklärte sie.
„Darfst du aucg. Ich bin froh, dass du nicht tot bist“
„Gut, ich auch“
„Du willst hier bleiben, oder?“, wollte er wissen und sie nickte. Sie schwiegen eine Minute.
„Kannst du Sherise mitnehmen? Sie sollte nicht hier sein“, bat sie plötzlich.
„Ich glaub nicht, dass sie ohne dich hier weggeht!“
„Ja, sie ist so anhänglich!“
„Sie ist nur besorgt um dich, du tendierst dazu, plötzlich in Tränen auszubrechen, ich kenn dich nicht so gut, aber das ist ziemlich unüblich für dich, denk ich!“
„Ja, das nervt mich selbst ziemlich, in den letzten vier Wochen war ich mehr Frau als jemals zuvor und das gefällt mir nicht!“
„Also ich find die weibliche Seite an dir wirklich schön!“
„Das hoff ich mal, sonst müsste ich mir Sorgen um deine sexuellen Vorlieben machen“, witzelte sie.
„Bitte komm mit nach Hause, ich werde dich beschützten, egal was kommt. In deiner Situation kannst du nicht bei Amish-Leuten leben, wir fahren wieder zu ihnen, sobald es dir besser geht, versprochen!“
„Okay“, entschied sie kleinlaut.
„War das ein Okay?“, fragte er erfreut.
„Ja, die harte Arbeit ist nichts für mich grade, aber ich werde sie wieder besuchen“, lenkte sie ein.
„Ja, und ich begleite dich“, versicherte er.
Eine Woche später war Emagen soweit, dass sie entlassen werden konnte. Sie versprach, erstmal nicht zu laufen und so fuhren sie mit seinem Wagen zurück nach Orlando.
„Können wir kurz in meinem Büro vorbeifahren? Ich will wissen, wie es dort läuft“, bat Emagen, als sie in die Stadt einfuhren.
„Sicher, können wir machen. Ich werde euch danach zu Jeb bringen, ich würde euch gern bei mir wohnen lassen, aber ich muss mit Jen einige Sachen klären und zwei hübsche Ladys in meiner Wohnung sind da nicht grade förderlich!“
„Ich möchte wieder in meinem eigenen Bett schlafen“, gestand Emagen.
„Ich kann dich nach Hause fahren, dort aber nicht beschützen“, erklärte er.
„Schon gut, du musst langsam zur Arbeit zurück“, bemerkte Emagen.
„Du weißt also, dass ich mir für das alles hier freigenommen habe!“
„Ich dachte es mir, du willst deinen Job doch nicht wegen mir verlieren, oder?“
„Auch wenn ich dich sehr gern habe, eher nicht, nein. Dann werde ich meinen Sohn auf jeden Fall verlieren. Ich sollte heute auch noch mal ins Büro, kommt ihr von deinem Büro vielleicht allein nach Hause?“, fragte er nachdenklich.
„Ursula fährt uns sicher heim, schon gut, du solltest dich wirklich darum kümmern, du hast schon so viel für uns getan“, entgegnete Sherise.
„Ja, schon gut“, sagte auch Emagen, aber man sah ihr an, dass sie nicht glücklich darüber war.
„Wie wär’s wenn wir uns Pizza von Alfredo kommen lassen, da hätte ich wirklich Lust drauf“, versuchte Sherise die trübe Stimmung von Emagen aufzumuntern.
„Ja, klingt gut“, erwiderte Emagen und sah aus dem Fenster.
Im Rollstuhl sitzend kam Emagen mit Sherise in ihr Büro. Ursula sprang von ihrem Platz hinter dem Tresen auf.
„Boss, hey, dich hab ich hier echt nicht erwartet“, stotterte sie.
„Ursula, du bist meine Shop-Managerin, das ist hier dein Metier, ich will dich hier nicht stören, mach mit dem weiter was du gerade tust“, versicherte Emagen und rollte zu ihr hin.
„Oh mein Gott, ich hab nicht gewusst dass du …“, stotterte Ursula.
„Ich bin nicht querschnittsgelähmt, ich soll nur in den nächsten Tagen nicht laufen, deshalb der Rollstuhl. Ist ne Leihgabe. Ich werde auch in den nächsten Wochen nicht ins Büro kommen, komme nur grade zurück von meinen Eltern und wollte wissen, ob alles in Ordnung ist“, erklärte sie ihr.
„Es gibt einige Kunden die nur von dir tätowiert werden wollen, die hab ich auf Herbst vertröstet, sonst kommt die Crew gut klar. Das heißt aber nicht, dass wir dich hier nicht brauchen, Boss“, entschied sie herumdrucksend.
„Du machst das sicher klasse, beruhig dich. Ich bin doch froh, dass alles so gut klappt. Hat jemand wichtiges angerufen?“
„Nur deine Freundin Katy“, bemerkte Ursula.
„Verdammt, ich hätte letzte Woche beim deadmau5-Konzert in Vegas sein sollen, ich muss sie anrufen und mich entschuldigen. Ich hätte sie beim Tattoo-Battle unterstützen sollen!“
„Katy, wie Kat van D?”
„Ja, hab sie vor drei Jahren in Miami bei einer Messe kennengelernt, die Frau ist so cool und ihre Porträts sind so krank“, konterte Emagen und zeigte ein Porträt von ihrem Kater auf der Innenseite ihres linken Oberarms.
„Das ist von Kat van D? Du warst in den Händen der besten Porträt-Tätowiererin der Welt und hast dir eine Katze tätowieren lassen?“, war Ursula erstaunt.
„Ich hatte zu dem Zeitpunkt nur ein Lebewesen was mir wichtig genug war um es zu tätowieren, ist doch wunderschön geworden, oder?“
„Super Tattoo, aber was ist mit Sherise? Sie war damals schon in deinem Leben, oder?“, sah Ursula, Sherise an.
„Hättest du dein Foto auf meinem Arm sehen wollen?“, wollte Emagen von Sherise wissen.
„Nein, nicht wirklich. Aber nen Tattoo von Kat van D würde ich nicht abschlagen“, schmunzelte Sherise.
„Okay, jetzt bin ich aber beleidigt, du willst von ihr tätowiert werden, aber nicht von mir?“, war Emagen etwas beleidigt.
„Ich will das strippen eh endgültig aufgeben, ihr könnt mich beide tätowieren“, entschied Sherise.
„Danke, zu freundlich. Ich sollte noch etwas warten, momentan hab ich keine ruhige Hand dafür“, zeigte Emagen ihre zittrigen Hände.
„Meine Güte, sind das die Medikamente?“, war Sherise besorgt und hielt Emagens Hände fest.
„Eigentlich nicht, ich bin nur so sauer, dass ich gegen nen vierjährigen verliere, der nicht mal was dafür kann“, murrte Emagen und Sherise erkannte, wie sehr sich Emagen zusammenriss.
„Oh Süße“, beugte sich Sherise zu ihr runter und umarmte ihre Freundin.
„Hab ich was verpasst?“, mischte sich Ursula in ihr Gespräch ein.
„Urs‘, könntest du wieder an deine Arbeit gehen, bitte?“, bat Sherise höflich und Ursula ließ sie allein.
„Es ist nicht fair“, bemerkte Emagen nachdenklich.
„Überhaupt nicht fair, aber vielleicht knickt die Tussi auch ein und alles wird gut“, hoffte Sherise.
„Boss, bist du wirklich wieder da?“, kam ein bärtiger junger Mann Mitte dreißig zu ihnen. Den Tätowierer und Piercer hatte Emagen ein halbes Jahr zuvor zu seiner totkranken Mutter geschickt und ihm gesagt, er könnte wiederkommen, wenn er wollte.
„Rhett? Ich hab nicht gedacht, dich wieder zu sehen“, war Emagen plötzlich besser drauf und sprang auf.
„Sie ist von uns gegangen, Emily“, erwiderte Rhett betrübt. Ihr Arbeitsehemann war der einzige, der sie so nennen dürfte ohne skalpiert zu werden.
„Das tut mir sehr leid“, umarmte Emagen ihn.
„Emily, setzt dich bitte wieder hin“, forderte Sherise streng und mit bösem Blick nach hinten setzte sie sich brav wieder hin.
„Was ist das mit dem Rollstuhl, spielst du der Versicherung was vor, oder wie?“, wollte Rhett wissen.
„Hab keine Versicherung, der ich was vorspielen kann!“
„Du hast es also dieses Jahr schon wieder verschwitzt, also was ist passiert?“, wollte er wissen und sie erzählte es ihm.
„Man, dann hattest du auch ein paar heftige Wochen. Du bist wieder zu deinen Eltern nach so langer Zeit?“, war er verblüfft.
„Ja, war irgendwie schön!“
„Warte, er kannte deine Geschichte und ich nicht?“, fragte Sherise und deutete auf den attraktiven jungen Mann.
„Er ist mein Arbeitsehemann, er weiß sogar meine Lieblings-Tampon-Marke, auch wenn er so was gar nicht wissen will. Schön, dass du wieder da bist, Süßer, hat Ursula deine Unterlagen auf den neusten Stand gebracht bezüglich deines Lohns?“
„Sie braucht noch ein paar Unterschriften, aber im Großen und Ganzen schon. Danke, dass du mich zurückkommen lässt!“
„Hab ich doch versprochen, Süßer!“
„Du bist so ganz anders, alles klar bei dir?“, wunderte sich Rhett über ihren Verhaltenswandel.
„Fast abzukratzen, und das gleich ein paar Mal, verändert einen. Tut mir leid“, bemerkte sie und entschuldigte sich dann.
„Schon gut, sie hat mit dem scheiß Krebs lang genug gelitten, sie ist jetzt an einem besseren Ort, da bin ich ganz sicher. Die haben deine Piercings entfernt, das war einer meiner besten Werke“, schlussfolgerte er.
„Das hat er mit nur einer Umarmung gemerkt?“
„Klar, er hat sie eingesetzt und darf regelmäßig damit spielen“, entschied Emagen, als wäre das nichts.
„Ihr schlaft miteinander?“
„Ja, wenn’s nötig ist, ab und zu, wenn er in den letzten Monaten öfters dagewesen wäre, hätte ich vielleicht den ganzen Scheiß hier vermeiden können. Wenn ich wieder gesund bin, kannst du mir die Dinger wieder einsetzen, ich werde dann irgendwas unternehmen, dass das schnell geht“, versprach sie ihm.
„Du hast mich in den letzten Monaten betrogen?“, fragte Rhett nicht so ganz ernst.
„Du hast ne Freundin, mein Freund, also tu nicht so“, schmunzelte sie matt.
„Nicht mehr, sie hat die lange Trennung nicht so verkraftet. Also wenn du in nächster Zeit mal wieder kannst, du weißt wo du mich findest!“
„Sorry, ich hab da grad jemanden irgendwie!“
„Schade, falls du es dir anders überlegst, ich bin hier“, ging er wieder zu seinem Platz.
„Du hast grad jemanden irgendwie?“, wiederholte Sherise, Emagens Worte.
„Was? Stimmt doch. Komm, lass uns in mein Büro gehen, ich will nach Hause“, murrte Emagen und rollte in ihr Büro. Sherise musste ihr über die flache Stufe in ihr Büro helfen.
„Das könnte ätzend werden. Was ist denn hier los?“, sah sich Emagen um. Ihre ganzen Sachen waren durchwühlt worden.
„Ursula“, schrie sie nach draußen.
„Du hast gebrüllt, oh Königin der Nacht“, kam Ursula amüsiert zu ihr.
„Das ist nicht witzig, was habt ihr mit meinem Büro gemacht?“, fragte sie erbost.
„Dein Büro war in den letzten Wochen abgeschlossen, hier war niemand drinnen seit deinem kleinen Lover“, versicherte Ursula ihr.
„Dieser Mistkerl, er hat die Fotos gesucht, hat mir also nicht genug vertraut, dass ich gesagt habe, ich hab keine von Arlo“, schimpfte Emagen und schmiss mit staubigen Unterlagen um sich.
„Danke, Ursula, das ist dann alles“, bat Sherise und Ursula ließ etwas verwirrt die beiden wieder allein. Vorsichtig machte Sherise die Tür hinter sich zu.
„Okay, Süße, wir beruhigen uns jetzt erst Mal, du hast noch Wunden, vergiss das nicht“, versuchte Sherise ihre Freundin zu beruhigen. Anstatt einen Wutanfall zu bekommen, begann Emagen plötzlich herzzerreißend zu weinen.
„Ganz ruhig, Süße, alles wird gut“, strich Sherise ihrer Freundin beruhigend über die Schultern.
„Jetzt streichst du mir nur über die Schultern? Jetzt könnte ich ne Umarmung gebrauchen“, schniefte sie und Sherise drückte sie fest an sich.
Hohe Stilletos klackerten über das Parkett der Polizeistation. Eine Frau mit einer Mission steckte in ihnen. Die Frau erntete begeisterte Blicke, da sie sehr sexy gekleidet war.
„Das sind nur Hotpants, Jungs, nichts zum Gaffen“, bemerkte die Frau cool und hielt vor einem Büro. Mit starker Hand klopfte sie.
„Mario, ich hab gesagt lass mich … ach du schon wieder“, öffnete Everett, Sherise die Tür.
„Ich bin auch so froh, dich zu sehen, Wichser“, schimpfte Sherise.
„Yeah, noch eine wütende Frau, von denen hab ich grad sowas von zu wenig“, bemerkte er sarkastisch und ließ sie rein.
„Deine Freundin hat die ganze Nacht geweint und jetzt sitzt sie nur da und starrt die Wand an!“
„Warum? Was ist passiert?“, fragte er besorgt.
„Du weißt ganz genau was passiert ist, Idiot!“
„Kannst du mal aufhören mir Schimpfworte an den Kopf zu schmeißen, ich habe heute Morgen mit meiner Ex gestritten, meine Mutter ist jetzt auch sauer auf mich und mein armer Sohn musste das mit anhören, ich hab also bis jetzt keinen tollen Tag“, murrte er.
„Du hast ihr Büro durchwühlt, das ist ihr zu Hause, du bist sozusagen bei ihr eingebrochen“, schimpfte sie.
„Was redest du da? Ich hab zwei Bücher hoch und runtergenommen um an ihr Tablet zu kommen, mehr hab ich nicht gemacht damals. Ich durchwühle von niemandem das Eigentum außer ich hab einen Durchsuchungsbefehl, langsam müsstest du mich so gut kennen dass du das wissen solltest!“
„Das dachte ich eigentlich, wenn sie nicht gehandicapt wäre, hätte sie dir sicher war gebrochen oder dein Auto demoliert“, entschied sie.
„Ich war es nicht, sie hatte einigen Herrenbesuch, vielleicht hat einer von denen ihren Schlüssel heimlich nachgemacht“, konterte er cool und sie verpasste ihm eine Ohrfeige.
„Nenn sie nie wieder dämlich, oder ne Schlampe, oder was auch immer du mit der Aussage bezwecken wolltest“, raunzte sie. Für eine Minute stand er die Wange reibend nur da, dann setzte er sich hin und weinte auch.
„Man, bin ich jetzt Dr. Phil vom Dienst? Ich kann nicht gut mit weinenden Menschen, echt nicht!“, tätschelte Sherise irritiert seine Schulter.
Zwei Stunden später kam Sherise in den Trailerpark zurück. Sie nickte dem Officer zu, der Streife vor dem Park fuhr und ging zum Trailer.
„Wo warst du?“, sah Emagen sie mit trüben Augen an, als sie in den Trailer kam.
„Unterwegs, wie geht’s dir?“
„Hab viel zu viel Zeit zum Überlegen, wir sollten uns wieder ne Glotze besorgen“, entschied Emagen.
„Kann ich dir besorgen, kein Problem. Ich war auch einkaufen, ich koch was. Du solltest was essen, Schmerzmittel auf leeren Magen sind nicht gut“, erklärte Sherise freundlich und stellte die Tüten ab.
„Du hast das alles zu Fuß gemacht?“
„Auf Stilletos wohl kaum, hab mir nen Taxi gegönnt. Darf ich meinen Wagen jetzt in die Werkstatt bringen, oder gilt unsere Abmachung noch?“, schmunzelte sie. Emagen sah sie nur mit leeren Augen an.
„Anscheinend nicht, dann hol ich nach dem Essen einen Abschleppwagen. Bezahlst du die Reparatur? Dann kannst du den Wagen benutzen wann auch immer du willst. Ich zahl’s dir zurück, wenn ich nen Job hab“, plante Sherise und Emagen nickte stumm.
„Man, die zuschlagende Emagen gefällt mir irgendwie besser. Ich mach selbstgemachte Pizza, gestern kamen wir ja nicht dazu, Pizza zu machen“, konterte sie und begann zu kochen.
Die Wochen vergingen und Emagen konnte bald ohne Schmerzen laufen. Sie ging auch wieder arbeiten und bald fühlte sie sich wieder sicher. Als der Herbst anbrach arbeitete sie wieder ganz normal in ihrem Studio. Sie hatte Everett nicht mehr wiedergesehen, er hatte nicht mal den Schneid gehabt, sich offiziell von ihr zu trennen.
„Hey, Süße, jetzt wo du wieder Solo durchs Leben tanzt könnten wir mal wieder“, flüsterte Rhett ihr kurz vor Halloween ins Ohr, als sie auf ihrem Drehstuhl saß und ihren Tisch für den nächsten Tag sortierte. Wortlos legte sie ihre Sachen weg und ging aus der Tür. Verdattert saß er nur da. Plötzlich ging die Tür wieder auf.
„Kommst du jetzt, oder nicht?“, war sie zurückgekommen und er ging zu ihr hin.
Mitten in der Nacht klopfte es am Gitter von Sherises Seite des Trailers. Sie saß vor lauter Schreck kerzengerade im Bett. Vorsichtig schob sie die altmodischen Vorhänge zur Seite. Everett stand vor ihrem Fenster.
„Was zum …“, fluchte sie, schlüpfte in ihren Morgenmantel und ging Richtung Tür. Dabei stolperte sie über ein Männerbein, was aus Emagens Bett rausragte. Kopfschüttelnd ging sie weiter.
„Ev‘, was machst du hier?“, fragte sie schläfrig und schloss die knatschende Zwischentür hinter sich.
„Ihr seid zwei Hexen, mit bösen, bösen magischen Kräften“, lallte er betrunken.
„Ah, wir trinken also nicht!“
„Ich schlafe nicht mehr, das hilft mir“, murmelte er.
„Was ist mit dir los?“
„Was denkst du was mit mir los ist? Ich hab meinen Sohn verloren, meine Freundin und mein Job führt mich nirgendwohin“, erzählte er und wankte dabei von einer Seite zur anderen.
„Was soll ich dazu sagen? Du hast ihr sehr wehgetan, Ev“, verschränkte sie die Arme vor der Brust.
„Ja, ich weiß, ich hab gedacht, dass ich so meinen Sohn nicht verliere, aber ich habe ihn schon längst verloren“, setzte er sich auf einen Gartenstuhl.
„Das tut mir leid, mein Süßer, aber wie kann ich dir dabei helfen?“, fragte Sherise.
„Ich will mit ihr reden“, bat er.
„Sie ist gerade nicht allein, tut mir leid!“
„Okay, war ja klar. Willst du?“, fragte er anzüglich.
„Geh einfach nach Hause, Ev, bevor ich dir zeige, dass ich von Emagen ziemlich viel gelernt habe“, bemerkte sie trocken.
„Erzähl mir von eurer lesbischen Erfahrung“, säuselte er und sie schlug ihm gegen die Nase, so dass er mit dem Stuhl nach hinten fiel und bewusstlos liegen blieb.
„Man, sie war wohl eine zu gute Trainerin“, murmelte sie und griff in seine Jacke um sein Handy herauszuholen.
„Jeb, hey, du kennst mich nicht, ich bin Emagens beste Freundin. Ja, ich weiß, es ist spät, aber ich hab glaub ich was Blödes gemacht“, erklärte sie dem verschlafenen Sitten-Polizisten.
„Auf einer Skala von 1-10, wie dicht ist er?“, wusste Jeb schon, um was es ging, denn er hatte seinen Kumpel schon Tage zuvor betrunken aufgelesen.
„12 …“, begann sie, als sich ihr Gegenüber wieder aufrappelte. Panisch schlug sie wieder zu und er sackte wieder zusammen.
„Vielleicht auch dreizehn“, murmelte sie.
„Sag mir deine Adresse, ich komm rüber“, sagte Jeb und nachdenklich legte Sherise wieder auf und steckte das Handy wieder in die Jacke ihres bewusstlosen Freundes.
Als Jeb vor dem Trailer ankam, schnarchte Everett betrunken in der Position, in die er gefallen hatte. Sherise hatte ihm einen Kissen unter den Kopf gelegt und seine blutende Lippe saubergewischt.
„Ist er frech geworden?“, fragte Jeb erkennend.
„Jep“
„War sie das?“
„Nein, das war ich, sie liegt grad mit einem anderen Mann im Bett!“
„Das hat er hoffentlich nicht gesehen, das killt ihn!“
„Nein, hat er nicht, ich hab’s aber angedeutet, sorry!“
„Er ist so breit, vielleicht vergisst er es bis morgen. Hilfst du mir kurz?“, bat Jeb und lud mit ihrer Hilfe seinen Kumpel auf seinen Rücken. Der grummelte nur.
„Sei bloß still, Idiot“, keuchte Jeb und sie luden ihn auf Jebs Rücksitz.
„Man, er ist hierher gefahren, das hab ich lieber nicht gesehen!“, sah Jeb, Everetts Wagen schräg auf einem Feld stehen.
„Ich auch nicht, nein, er darf nicht hier parken, das darf sie nicht sehen. Lass mich kurz richtige Schuhe und ne Hose anziehen, ich fahr den Wagen hinter dir her“, plante Sherise.
„Okay, wenn du meinst“, war Jeb verwirrt und so taten sie es.
„Wie lange kennst du ihn schon?“, fragte Sherise, als sie mit Jeb auf Everetts Balkon saß und zusah, wie die Sonne aufging.
„Polizei-Akademie, also schon ne ganze Weile. Er ist kein starker Mann, weißt du? Ein toller Kerl, aber eben nicht stark“, bemerkte er.
„Die beiden hätten glücklich werden können“, sagte Sherise plötzlich.
„Ja, vielleicht. Sie ist aber ein bisschen wild für ihn“, entschied er.
„Sie ist nicht so wild, wie du vielleicht denkst, sie versteckt sich hinter einer harten Schale, aber sie hat viel geweint in den letzten zwei Monaten, ich hab sie gerade erst vor drei Tagen wieder zur Arbeit bringen können“, erzählte Sherise.
„Ich entschuldige mich in seinem Namen, obwohl wenn sie heut schon Gesellschaft hat, ist sie wohl über ihn weg!“
„Der Kerl ist ihr Back-Up-Mann, das hat nichts zu bedeuten. Man, ich hab ewig nicht mehr den Sonnenaufgang sehen“, sah Sherise in den Himmel.
„Ja, ich auch nicht“, entgegnete er und sie hörten einen dumpfen Schlag durch die offene Balkontür.
„Er scheint aus dem Bett gefallen zu sein. Schere, Stein, Papier, wer ihn wieder ins Bett hievt?“, fragte Sherise trocken.
„Ich wollte ihn eigentlich dort liegenlassen, aber okay“, schmunzelte er und spielte Schere Stein Papier mit ihr. Er verlor und ging hinein, um ihn ins Bett zurückzulegen.
Als sie reinkam, stand er mit seinem Shirt in der Hand oben ohne im Wohnzimmer.
„Was soll das werden?“, wunderte sie sich.
„Er ist auf dem Bauch gelandet, hat sein Magen nicht so vertragen“, war Jeb vollgekotzt worden.
„Man, du bereust jetzt echt, dass du drangegangen bist, was? Armer Kerl, ich mach’s sauber und bring dir ein T-Shirt von ihm“, plante sie und ging ins Schlafzimmer.
Sherise blieb in der Nacht in der Wohnung. Am nächsten Morgen machte sie Pancakes für die Männer. Jeb war auch geblieben, die Nacht war ja eh schon vorbei gewesen.
„Pancakes hatte ich schon lang nicht mehr zum Frühstück, riecht echt gut“, kam Jeb mit zerzausten Haaren zu ihr in die Küche.
„Ich auch nicht, ich dachte, das wäre was Schönes für ihn, weiß auch nicht, eigentlich sollte ich sauer auf ihn sein, aber ich hab ihm gestern schon genug zugesetzt. Hast du etwas schlafen können?“
„Etwas. Hast du den Grummel-Master schon gesehen heute?“
„Ist erst kurz vor sieben, er schläft noch, lass ihn ruhig schlafen. Steht dir, das Nerd-Shirt“, sagte sie trocken.
„Ich bin ja nicht so ein Nerd wie er, ich bin auch bei der Sitte, aber ich verhafte Nutten, keine Kinderschänder“, erwiderte er und sah sie von oben und unten an.
„Hey, Stripperin, keine Nutte, ehrlich gesagt bin ich keins mehr von beiden“, konterte sie und setzte sich an den Tisch.
„Ich weiß zwar nicht, ob dir das schon jemand gesagt hat, du kannst stolz darauf sein“, lobte er sie.
„Hat mir noch keiner gesagt, danke“, war sie erfreut von seiner Aussage.
„Gern geschehen. Ich glaub, er steht grad auf, ich geh zu ihm und helf ihm“, konterte er und ging ins Schlafzimmer.
Mit einem blauen Auge kam Everett in die Küche. Sherise grinste schadenfroh, aber als Jeb sie böse ansah, stoppte sie das Grinsen.
„Morgen“, begrüßte Sherise ihn. In seinem Blick erkannte sie, dass er versuchte zu verstehen, warum sie in seiner Küche stand.
„Du machst Pancakes?“
„Jep, sieht so aus. Ich kann auch verschwinden, wenn du das willst!“
„Nein, bleib ruhig, sorry wegen gestern!“
„Du weißt es also noch?“
„Ja, hab es verdient. Ich sollte das kühlen“, sah er sein blaues Auge in der Reflektion seines Kühlschranks an.
„Setz dich hin, ich geb dir was. Du hattest ein Wahnsinnsglück gestern, du Idiot bist betrunken Auto gefahren“, kritisierte sie ihn.
„Bin ich? Daran erinnere ich mich nicht. Hat sie es mitbekommen?“
„Nein, sie war … ähm … anderweitig beschäftigt!“
„Wir sind nicht mehr zusammen, sie hat nen Neuen, schon gut!“
„Er ist nicht wirklich ihr Freund, nur ein Freund, mit dem sie ab und zu Spaß hat. Sie ist nicht wirklich über dich hinweg und du anscheinend auch nicht!“
„Ich mag die Person nicht, die ich werde, wenn ich trinke, aber in der letzten Wochen konnte ich nur mit Alkohol schlafen. Jen ist weggezogen, zwar nur nach Miami, aber aus der Stadt weg!“
„Das kann sie nicht so einfach machen, du musst da gerichtlich gegen angehen!“
„Gute Idee, jeder Richter gibt mir Recht, mir, der Perverse in den Knast bringt und Tag für Tag Bilder von nackten Kindern ansieht“, bemerkte er sarkastisch und setzte sich hin.
„Das sind nur Schwierigkeiten, die man überwinden kann“, versicherte sie.
„Was soll das werden, Zuckerbrot und Peitsche? Er schlägst du mich, dann motivierst du mich?“, fragte er, als sie ihm gekühlte Erbsen aufs Gesicht presste.
„Ich bin deine Freundin, immer noch, aber wenn du mich anmachst, reagier ich allergisch!“
„Wie ich sagte, mein betrunkenes Ego ist ein Arsch. Was denkt sie wo du bist?“, wollte er wissen.
„Im Bett, nehm ich mal an, du hast mich ja da rausgeklingelt. Sie wird sicher bald wach werden und mich suchen. Ich sollte bald heimfahren, wer von euch Chaoten bringt mich heim?“, fragte sie und sah die Männer an.
„Ich bring dich hin, er will sicher nicht auf ihren Neuen treffen“, bemerkte Jeb. Everett dankte ihm wortlos.
„Er ist schon weg“, kommentierte er, als sie vor dem Trailer angekommen waren.
„Ja, er bleibt meistens nicht lang. Danke, das du mir gestern geholfen hast, sie soll nicht wissen, das er da war“, konterte sie und er hielt an.
„Ja, hab ich schon gemerkt. Krieg ich deine Nummer?“, hoffte er.
„Machst du mich grad an?“, fragte sie skeptisch.
„Schlag mich bitte nicht“, witzelte er.
„Haha, hier“, zog sie seine Hand zu sich und schrieb ihm ihre Nummer auf.
„Hier ist meine, ruf an, wenn er wieder hier auftaucht, du kannst natürlich auch anrufen, wenn du mal was machen willst“, flirtete er und schrieb auch seine Nummer auf.
„Mach ich vielleicht sogar. Danke fürs Heimbringen“, stieg sie aus. Sie winkte ihm hinterher, als er wegfuhr.
Emagen saß vor dem Fernseher und ignorierte ihre Freundin, als sie an ihr vorbeiging.
„Morgen“, begrüßte Sherise ihre Freundin. Die reagierte nicht.
„Wir schweigen also wieder?“
Emagen grunzte nur.
„Hey, das Grunzen solltest du doch lassen. Ich hab dich noch nie so deprimiert erlebt nach nem Booty-Call“, schlussfolgerte Sherise und setzte sich zu ihr aufs Bett.
„Es war nicht richtig“, begann Emagen plötzlich zu sprechen.
„Passiert, man kann nicht immer Spaß dabei haben. Willst du nicht wissen, wo ich war?“
„Ich weiß wo du warst, ich bin auch wach geworden“, sagte sie trocken.
„Verdammt, das wollte ich eigentlich vermeiden!“
„Ich bin kein Kind, Beaut‘, du musst mich nicht beschützen!“
„Doch, muss ich, sieh dich an, du bist komplett durcheinander!“
„Das hat aber nichts mit ihm zu tun!“
„Red dir das bloß ein. Wann musst du im Büro sein?“
„Ich bin der Boss, wann ich das will!“
„Okay, wenn du vor Sonnenuntergang hingehst, nimm mich bitte mit, ich will was in der Stadt machen“, bat sie.
„Wenn du nen Baby-Fon kaufst, erschlag ich dich“, drohte Emagen tonlos.
„Man, das war deutlich, nein, ich will mich am Community-College einschreiben“, erklärte sie ihr.
„Wirklich? Ich zahl’s dir nicht“, bemerkte Emagen trocken.
„Weißt du was? Leck mich, ich geh duschen“, murrte Sherise, nahm ihren Waschbeutel und ging zu den Duschen des Trailer-Parks.
Die Neonleuchte im Flur des Tattoo-Studios brannte durch. Sherise erschreckte sich, als es plötzlich dunkel wurde.
„Man, nicht schon wieder eine, die Dinger taugen echt gar nichts“, kam Ursula in den Flur.
„Sollten die nicht eine Ewigkeit halten?“, fragte Sherise sie.
„Eigentlich schon, ach hey Sherise, sie ist im Büro“, entgegnete Ursula und stieg auf eine Leiter, um die Birne auszutauschen.
„Danke“, bedankte sie sich und ging zu Emagens Büro.
Emagen saß über ihrer Buchhaltung.
„Hey“, begrüßte Sherise sie.
„Hey, bin noch nicht fertig“, sah Emagen sie nicht an.
„Ja, dachte ich mir. Ich kann dir helfen, wenn du willst“, bat sie ihr an.
„Du willst mir helfen?“
„Ja, war immer schon gut mit Zahlen“, konterte sie.
„Das wäre lieb, danke“, bedankte sich Emagen und Sherise setzte sich zu ihr hin.
Nach einer Stunde waren sie fertig.
„Du machst das wirklich gut, deine College-Pläne sollten was mit Buchhaltung zu tun haben“, riet sie ihr, als sie zusammenpackte.
„Ja, vielleicht, ich muss erst mal meinen Highschool-Abschluss nachholen, was ich danach belege, werde ich mir noch überlegen!“
„Ich war fies heut Morgen, du hattest Recht, ich war so drauf wegen Ev“, gestand Emagen plötzlich.
„Er vermisst dich auch sehr, falls du das wissen willst!“
„Was ist aus seinem Sohn geworden?“
„Seine Ex ist weggezogen, er ist deswegen total fertig!“
„Ah, ich hab ein bisschen gehofft, er ist wegen mir so drauf!“
„Wegen dir auch, denk ich, er schien ziemlich enttäuscht gewesen zu sein, dass du jemand Neues hast“, erklärte sie.
„Ich hab niemanden Neues, nur jemanden Altes, aber das werde ich auch nicht mehr machen, er ist mein Angestellter, das sollte auf der Ebene bleiben“, dachte Emagen laut nach.
„Das ist gut, zwar etwas spät die Eingebung, aber schön, dass du darüber nachgedacht hast. Tut mir leid, dass ich dich in den letzten Monaten so bemuttert habe, ich hab wohl ne Aufgabe gebraucht, jetzt wo ich nicht mehr arbeite“, entschuldigte sich Sherise.
„Du hast mir sehr geholfen, ich hab es dir nie richtig gedankt. Du hast alles getan, dass ich nicht sehe, dass er gestern Nacht bei uns war, das macht nur eine echte Freundin. Und auch nur eine wahre Freundin schlägt auf meinen Ex ein, wenn ich es nicht konnte. Hast du dich eigentlich an der Hand verletzt?“, fragte Emagen liebevoll und nahm ihre Hand in ihre.
„Etwas, aber ich hab nicht gedacht, wie gut das tut“, schmunzelte sie.
„Ja, oder? Aber bitte schlag ihn nicht mehr, er ist mein erster Ex, der es nicht verdient hat!“
„Okay“, lächelte sie sie an.
„Mädels, ich will eure traute Zweisamkeit nicht stören, aber ich muss neue Neonleuchten bestellen, ich hab die letzte verbraucht. Kannst du mir sagen, welche wir letztes Mal bestellt haben, die kann ich auf keinen Fall mehr bestellen, die sind echt Mist“, kam Ursula in ihr Büro.
„Ja, da hab ich mich echt verkauft, ich schick dir ne Mail. Kannst du mir nen Kaffee besorgen, Süße?“
„Sicher, kriegst du. Du auch, Sherise?“
„Ja, wäre ganz lieb, danke!“
„Bring ich euch. Draußen ist ein Kerl, der will nur mit dir sprechen“, richtete sie ihr aus.
„Okay, man, immer diese eingefleischten Fans“, stand Emagen auf und ging nach vorne.
Am Tresen stand Everett mit einer dicken Brille auf der Nase.
„Ev?“, war sie total überrumpelt.
„Tut mir leid, dass ich dich so überfalle. Steht dein Angebot noch für ein Cover-Up?“
„Äh …ja, klar, setz dich …. warte, hier hin“, entschied sie hektisch und ließ ihn an ihrem Platz platz nehmen.
„Was stellst du dir vor?“, fragte sie und versucht dabei so professionell wie möglich zu wirken.
„Ich weiß nicht genau, ein Drache vielleicht?“
„Ich würde dir lieber einen Phoenix tätowieren, Drachen haben alle. Ich würde ihn schwarz machen und knallroten Federn!“
„Das klingt toll“, entschied er.
„Gut, ich zeichne was frei Hand auf deinen Arm, keine Sorge, das mach ich immer so, das wird klasse“, versprach sie ihm und legte mit dem Zeichnen los.
Eine Stunde später saßen Sherise, Jeb und der Sicherheitsmann Louie im Nebenraum vor der Sicherheitsüberwachung.
„Danke, dass du mich angerufen hast, das will ich nicht verpassen“, bedankte sich Jeb bei Sherise.
„Deshalb hab ich ja angerufen, kriegen wir auch Ton?“
„Sie killt mich, wenn sie rausfindet, das ich auch Mikros installiert habe, aber sie wollte ja das ganze Sicherheitspaket. Ihr müsst aber leise sein um was zu hören, die beste Qualität sind die Mikros nicht“, bat er und schaltete das Mikrophon an.
„Ich mag das du zugenommen hast, ich find es toll, wenn an einer Frau was dran ist“, sagte Everett in die Stille.
„Soll ich schon mal einen Krankenwagen holen?“, mischte sich Sherise ein und Louie bat sie ruhig zu Seite.
„Ähm“, antwortete Emagen nur darauf.
„Was war das denn?“, sah Jeb seinen Kumpel schon am Boden liegen, aber sie reagierte gar nicht darauf.
„Ich weiß es nicht, ich glaub, sie ist gebrochen, ich weiß nicht, wer es gemacht, aber es ist passiert“, konterte Sherise genauso verwirrt.
„Vielleicht tätowiert sie ihm grade einen Penis“, schmunzelte Louie, der das Mikro wieder ausgeschalten hatte.
„Das würde sie nicht machen, oder?“, fragte Jeb.
„Ich hab Gerüchte gehört, dass sie das mal aus Rache gemacht hat“, kontere Louie.
„Sollten wir sie dann nicht davon abhalten?“, wurde Jeb nervös und sah Sherise an. Die wartete ab.
„Was meinst du?“
„Ich überlege noch“, bemerkte Sherise und grinste breit.
„Du kleine Hexe“, frotzelte Louie.
„Ich geh zu ihnen hin, bleibt hier drin“, bat Sherise und verließ den Raum.
„Süße, was machst du?“, wollte Sherise vorsichtig wissen, als sie sich ihnen näherte.
„Ich hasse es, wenn du das fragst, wenn du es eigentlich genau weißt. Ich tätowiere, wie du siehst“, murmelte Emagen gefühllos.
„Darf ich mal sehen, was du da machst?“
„Ich bin noch kreativ, eher ungern“, war Emagen ganz ihrem Element.
„Tätowierst du ihm einen Penis?“
„Was?“, drehte sich Everett entgeistert um.
„Ich bin keine siebzehn, Penis-Tattoos schaden nur dem Geschäft!“
„Es stimmt also?“
„Das Tattoo hab ich vor vier Jahren gecovert, lässt du mich jetzt arbeiten?“
„Darf ich es sehen?“, bat sie erneut und schnaufend nahm Emagen ihre Hände weg.
„Das wird schön“, erkannte sie.
„Ja, ich bin auch gut, ich brauch aber noch eine halbe Stunde. Bitte Jeb, dich heimzubringen, ja, ich hab gesehen, dass er hierhergekommen ist, Louie, ich seh das von hier, dass du die Kamera umgelenkt hast und ich weiß genau, dass du Mikros angebracht hast. Wenn die Kamera morgen nicht wieder gegen die Tür zeigt und die Mikros verschwunden sind, bist du gefeuert“, sah Emagen Richtung Kamera und die schwenkte wieder Richtung Türe.
„Okay, euch beiden noch viel Spaß“, murmelte Sherise und ging Richtung Nebenraum.
„Sie ist gut“, entschied Louie, als Sherise zurückkam.
„Zu gut manchmal, aber ich bin zu weit gegangen, sie hat Recht“, war Louie reumütig.
„Man, sie hat hier echt jeden Mann unter Kontrolle, faszinierend. Fährst du mich heim, Jeb?“, hoffte sie.
„Sicher, du achtest noch weiter auf die beiden, wenn sie ihn vermöbelt, will ich nen Abzug von dem Video“, bat Jeb und brachte Sherise heim.
„So, bin fertig, ist mir gut gelungen“, beendete Emagen gegen neun Uhr abends das Tattoo an ihrem Ex-Freund.
„Kein Penis?“
„Keinen Penis, nur einen Phoenix, sorry“, schmunzelte sie und wischte seinen Arm sauber.
„Darf ich es sehen?“, war er gespannt.
„Ungern!“
„Was?“
„Ein Scherz, komm mit, bitte“, bat sie trocken und führte ihn zum Spiegel.
Für einen Moment sah er das Tattoo stumm an.
„Gefällt es dir?“, fragte sie.
„Es ist unglaublich, du bist eine echte Künstlerin“, lobte er sie.
„Danke, ich hab den Phoenix an den Vogel aus dem Harry Potter-Film angelehnt, ich tätowiere Phönixe oft, aber ich gestalte jeden Vogel individuell, denn jeder Mensch ist das auch. Ich dachte ein Phoenix, der direkt aus der Asche steigt wäre in deiner Situation der richtige!“
„Ja, er ist wunderschön“, begann er plötzlich zu schluchzen.
„Tut mir leid, deine Situation ist meine Schuld“, entschuldigte sie sich.
„Nein, Süße, auf keinen Fall, dieses Problem bestand schon lange vor dir, durch die Sache hat sie nur endlich die Argumente gefunden, es offiziell zu machen. Das hat aber nichts mit dir zu tun, bitte denke das niemals“, bat er.
„Du Idiot, warum hast du das nicht zwei Monate vorher gesagt? Ich hab mir die letzten Monate so einen Kopf gemacht, kam kaum aus dem Haus, ich dachte, ich hätte dich zerstört!“, wütete sie.
„Ich hab mich selbst zerstört, wenn ich noch einmal verkatert zur Arbeit komme, werde ich noch arbeitslos. Ich bin heut mit nem blauen Auge ins Büro gegangen, jeder weiß, dass ich mit meiner Ex Stress hatte, sie haben mich sich sechs Mal gefragt, ob sie mich schlägt“, erklärte er.
„Sorry, man darf Sherise nicht aufwecken, musstest du ja am eigenen Leib erleben. Was machen wir hier eigentlich? Du säufst dich um deine Karriere und ich vögel mit einem Angestellten, der eigentlich mein bester Freund ist, nur um zu vergessen“, realisierte sie.
„Du fühlst also nichts für ihn?“, hoffte er.
„Nichts, was über Freundschaft hinausginge, ich hab mir mit dir eine Zukunft vorstellen können, aber ich will nicht die Frau sein, die dein Leben zerstört!“
„Jen ist die, die mein Leben zerstört hat, du hast mir gezeigt, dass es eine andere Welt als die digitale gibt. Die letzten Monate waren die furchtbarsten, aber auch die aufregendsten in meinem ganzen Leben. Ich liebe dich wirklich, Emily, ich empfinde mehr für dich, als ich jemals für meine Ex empfunden habe“, gestand er plötzlich.
„Es ist … ich kann nicht … ich muss gehen“, stotterte sie, schnappte sich ihre Tasche und eilte davon.
„Man, endlich hab ich mal ein Video von einem der armen Kerle, wie sie ihn abserviert“, bemerkte Louie im Nebenzimmer.
„Du bist ein Idiot, Louie. Beaut‘ hatte eine Fehlgeburt mit deinem Baby, schick ihr mal Blumen“, motzte Ursula, die zu ihm in den Raum gekommen war, um Waren zu verstauen und ging zu dem verdatterten Everett.
Im Schneidersitz saß Emagen auf der alten Couch vor ihrem Trailer.
„Süße, es ist bald ein Uhr, willst du nicht langsam reinkommen und schlafen?“, fragte Sherise, die zu der ins Nichts starrenden Tätowiererin auf die Terrasse kam.
„Bin nicht müde!“
„Willst du morgen nicht zur Arbeit gehen? Du wirst zur Arbeit gehen, mein Fräulein, sonst nehm ich dir den Fernseher wieder weg“, drohte Sherise ihr.
„Ich werde ins Bett gehen und auch zur Arbeit, ich denk nur über was nach und was hab ich wegen der Bemutterung gesagt“, murrte Emagen.
„Sicher, sorry, was ist da zwischen Everett und dir passiert, sagst du mir das?“
„Er liebt mich“, sagte Emagen tonlos.
„Oh ja, ich hasse es auch, wenn das passiert“, entgegnete Sherise grinsend.
„Ich meins ernst, der Kerl kennt mich nicht, wie kann er sowas sagen?“
„Er ist ein guter Kerl, wie fühlst du denn?“
„Ich war in meinem Leben noch nie richtig verliebt, ich weiß es nicht. Ich fühl mich wohl an seiner Seite und Teufel ist er sexy für einen Nerd, ich könnte ihn lieben, aber ich denke bis ich das kann, ist er längst weg. Ich will ihn nicht verlieren“, entschied sie.
„Alte, warum sagst du mir das und nicht ihm. Geh zu ihm, sag wie du fühlst, er wird warten, wenn er der richtige ist“, versicherte Sherise.
„Ich muss zu ihm“, realisierte sie plötzlich und sprang auf.
„Das hab ich doch grad gesagt, los“, freute sich Sherise über das Glück ihrer Freundin und sah ihr zu, wie sie in Sherises Wagen stieg und wegfuhr.
Am nächsten Morgen wartete Sherise ungeduldig auf die Rückkehr ihrer Freundin. Sie erreichte sie nicht.
„Man, Süße, ich freu mich ja für dein reges Sexleben, aber ich muss zur Uni, ich kann nicht an meinem ersten Tag zu spät sein“, sprach sie zum zehnten Mal auf Emagens Voicemail. Das Signal, das die Mailbox voll war ertönte. Ein mulmiges Gefühl machte sich in Sherises Magen breit. Sie hatten nach dem Attentat auf Emagen Ruhe gehabt, sie standen auch nicht mehr unter Polizeischutz, war das ein Fehler gewesen?
„Hey, es tut mir leid, dass ich dich anrufe und Emagen killt mich sicher, wenn sie bei dir ist, aber ich muss zur Uni“, rief sie Everett an.
„Ich bin bei der Arbeit, Sherise, schon seit sechs Uhr morgens, ich muss ein bisschen Arbeit aufholen. Sie hat mir gestern die kalte Schulter gezeigt und seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen. Vielleicht ist sie ja wieder bei ihrem Lover, den sie mir anscheinend vorzieht. Ich muss jetzt wirklich weiterarbeiten, ist viel zu tun“, bat er und wollte schon auflegen, aber sie bat ihm dranzubleiben.
„Sie ist gestern zu dir gefahren, sie liebt dich auch, das wollte sie dir sagen. Bitte sag mir, dass sie bei dir ist“, hoffte sie.
„Nein, ist sie nicht, wirklich nicht, bei so was würde ich dich nicht anlügen. Sie liebt mich auch?“, fragte er erfreut.
„Das ist jetzt nicht das Thema, Ev‘, ich erreiche sie nicht“, moserte sie.
„Ich kann hier nicht weg, ich brauche diesen Job, Sherise, tut mir leid!“, entschuldigte er sich und legte einfach auf.
„Na, so groß kann seine Liebe zu ihr ja nicht sein“, redete sie mit sich selbst und kramte ihr altes Rad heraus um sie zu suchen.
Sie war nicht mehr so fit wie früher, also kam sie ziemlich ausgepowert an ihrem Wagen an. Emagen hatte ihren Wagen in den Graben gefahren und saß auf einem Stein.
„Beaut‘, hey“, bemerkte Emagen erschöpft. Sherise zog ihre Freundin auf die Beine und drückte sie einfach fest an sich.
„Es tut mir leid, ich hab mein Handy nicht mitgenommen, dann hab ich den Wagen in den Graben gefahren und plötzlich kam mir der seltsame Gedanke, dass das ein Zeichen ist. Vielleicht hab ich zu impulsiv gehandelt und bin nur verliebt und liebe ihn nicht wirklich“, erklärte sie ihr.
„Ich hab ihn angerufen, er wollte nicht nach dir suchen, vielleicht hast du mit allem Recht“, setzte sich Sherise auf den Stein, auf dem Emagen zuvor gesessen hatte.
„Hat er? Man“, schien sie enttäuscht.
„Du wirkst enttäuscht!“
„Nein, ist gut, dass er es nicht weiß!“
„Äh, könnte es ihm gesagt haben!“
„Beaut, wieso?“, fragte sie genervt.
„Ist mir so rausgerutscht, sorry, aber nein, es tut mir nicht leid, du liebst ihn, du hast nur zu viel Angst es zuzugeben“, bemerkte sie nur.
„Du bist sauer, ich hab dir sicher Sorgen gemacht, ich versteh es, aber das kannst du nicht einfach so sagen“ entgegnete Emagen konfus.
„Siehst du, es stimmt, du liebst ihn. Ich ruf dir ein Taxi, er ist im Büro, ich sollte ihn erstmal anrufen und ihm sagen, dass ich dich gefunden habe, wir hatten beide Angst, dass dir wieder was passiert ist“, plante sie. Emagen schloss die Augen.
„Verdammt, da hab ich gar nicht drüber nachgedacht, du musst sonst was gedacht haben“, realisierte Emagen.
„Ja, Idiotin, wir wissen immer noch nicht, was damals war“, schlug Sherise aus ihrer Sitzposition aus, Emagen gegen das Bein.
„Autsch, auch wenn alles gut verheilt ist, hab ich es nicht so gern, wenn mir jemand gegen das Bein haut“, jammerte Emagen.
„Dann gib es zu“, stand Sherise auf.
„Ich geb gar nichts zu!“
„Man, bist du bockig, gib es doch einfach zu“, motzte sie.
Everett entdeckte den Wagen seiner Freundinnen in einem Graben. Skeptisch hielt er an. Er stieg aus und ging in ein paar Schritte. In einer Staubwolke wälzten sich die hübschen Blondinen im Dreck. Breitbeinig, die Arme vor der Brust verschränkt sah er ihnen eine Weile zu. Nach einer Minute entdeckte Emagen ihren Ex-Freund.
Sie klemmte Sherise zwischen ihre Beinen ein und sah ihn an.
„Du bist doch gekommen“, freute sie sich.
„Hab Mittagspause gemacht!“, rief er ihnen entgegen.
„Es ist neun Uhr!“
„Eine sehr frühe Mittagspause. Braucht ihr Hilfe?“
„Wir streiten uns nur!“
„Und der Wagen?“
„Hatte nen kleinen Unfall, ich wollte zu dir“, stieg sie von Sherise herunter und kam zu ihm auf den Hügel.
„Ja, hab ich gehört. Ihr hättet mich anrufen können, dass es dir gut geht“, lächelte er sie an.
„Wir hatten was zu klären, sorry. Alles klar bei dir, Beaut?“, fragte Emagen, als Sherise verstaubt zu ihnen stieß.
„Ich brauch noch etwas Training von dir, aber sonst ja. Redet miteinander, ich setz mich solang in den Wagen“, zog Sherise, Everett den Schlüssel aus der Hand und ging zu seinem Wagen.
„Dass ich euch den Wagen geliehen habe, heißt nicht, dass er jetzt euch gehört, das wisst ihr hoffentlich“, sah Everett, Sherise kopfschüttelnd hinterher.
„Sie ist schon ne Freche, sie will, dass ich dir was sage“, begann sie.
„Okay, ich höre“, schmunzelte er.
„Ich könnte möglicherweise, das gleiche empfinden, was du für mich empfindest“, fiel es ihr sichtlich schwer, die Worte auszusprechen.
„Möglicherweise“, neckte er sie und zog sie an sich.
„Okay, ich liebe dich“, gab sie endlich zu und küsste ihn leidenschaftlich. Sie wurden unterbrochen, als Sherise die Hupe betätigte.
„Ist ihr erster Uni-Tag, sie will nicht zu spät kommen“, entschuldigte sich Emagen und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
„Sie geht wieder aufs College, das muss man unterstützen, wir machen heut Abend hier weiter“, versprach er und sie gingen Hand in Hand zum Auto.
„Ich glaub mir wird schlecht“, entschied Emagen und bewegte sich seitwärts am Wagen entlang.
„Ich hab es auch nicht so in Erinnerung“, war auch Everett sprachlos.
Sie standen auf dem Autoverwahrplatz der Polizei und sahen sich Emagens alten Wagen an. Sherises Auto hatten sie dort hinschleppen lassen, Emagen hatte darum gebeten, ihren alten Wagen ansehen zu dürfen.
„Er ist komplett durchlöchert, ich sollte tot sein“, wurde ihr erstmals klar.
„Das war kein Einzeltäter, ich seh Löcher von mindestens drei Kalibern“, mischte sich Jeb ein, der auch bei ihnen stand.
„Galt dieser Anschlag gar nicht mir?“, versuchte Emagen zu verstehen.
„Es sieht nach Gang-Schießerei aus, war einer deiner Ex-Lover zufällig ein Gang-Mitglied?“
„Nein, von denen hab ich mich schon im Knast ferngehalten, bin ich vielleicht verwechselt worden?“
„Leider haben wir keine Anhaltspunkte, kann ich dir nicht sagen. Wir dürfen Gott nur danken, dass du noch am Leben bist“, erwiderte Jeb.
„Ja, da hat er Recht. Wir werden den Wagen verschrotten und die Sache vergessen, die letzten Monate kam nichts mehr, du bist vermutlich sicher“, entschied Everett.
„Super, wie fürsorglich ihr recherchiert, tolle Polizeiarbeit“, zog sie wütend ab.
„Weiber was?“, bemerkte Jeb cool.
„Wegen Sprüche wie diesem knall ich diese heiße Schnalle und du wohnst bei deiner Oma“, konterte Everett und ging seiner aufgebrachten Freundin hinterher.
„Meine Oma wohnt bei mir und nur weil sie nicht mehr allein wohnen kann“, rief Jeb ihm hinterher und einige Kollegen auf dem Parkplatz sahen ihn schräg an.
„Emily, warte, ein Grund warum ich bei den IT-Cops gelandet bin ist der, dass ich nicht wirklich fit in dieser Rennen-Sachen bin“, bat Everett sie außer Atem, als er sie aufgeholt hatte. Er hatte sie schon den ganzen Nachmittag Emily nennen dürfen und sie hatte ihn nie korrigiert.
„Ev‘, es ist mein Leben, ich wache jeden Morgen auf und hoffe, dass ich nicht erschossen werde. Ich liebe mein Leben, in letzter Zeit sogar noch mehr als früher. Wenn ihr das Verfahren einfach einstellt werde ich nie meine Gerechtigkeit bekommen, oder?“, fragte sie den Tränen nahe.
„Es tut mir so leid, Süße, ich hab alles gemacht, was in meiner Macht stand, ich arbeite nicht mal in der Abteilung, die für dich zuständig ist“, entschuldigte er sich.
„Man, das hat alles angefangen als ich dir begegnet bin“, entschied sie frustriert.
„Das hat alles angefangen, als wir uns begegnet sind“, wiederholte er ihre Worte als würde er über etwas nachdenken.
„Hab ich doch grad gesagt, willst du jetzt alles wiederholen wie ein Papagei?“, verstand sie nicht.
„Süße, ich muss kurz was mit einem Kollegen besprechen, tut mir leid. Ich ruf dich an“, küsste er sie kurz und ließ sie einfach dort stehen.
„Was soll das den jetzt schon wieder? Das ist wohl einfach das Risiko, wenn man mit nem Nerd zusammen ist“, murmelte sie vor sich hin. Plötzlich bremste Sherise Wagen neben ihr und erschreckte sie. Der Automechaniker, den sie gerufen hatte, stieg aus.
„So, Miss, Ihr Wagen scheint in Ordnung zu sein, hab alles überprüft“, erklärte er Mann ihr.
„Danke, dann kann ich ja zur Arbeit fahren“, bedankte sie sich.
„Also ich habe den Wagen eineinhalb Stunden überprüft, das macht dann …“, begann er.
„Hier ist nen 50er, verziehen Sie sich“, bat sie und drückte ihm das Geld in die Hand.
„Eigentlich sind es mehr als 50…“, entschied er und sie sah ihn böse an.
„Einen schönen Tag und rufen Sie uns bitte nicht mehr an“, murrte der Automechaniker und zog ab.
„Was für ein unhöflicher Kerl“, murmelte sie und fuhr zur Arbeit.
„Kommt Everett heut Abend zu uns? Dann geh ich ins Kino oder so“, wollte Sherise wissen, als Emagen sie an diesem Abend von der Uni abholte.
„Nein, tut er nicht“, war Emagen wortkarg.
„Sag bloß, ihr habt euch wieder getrennt, ich kann das ganze hin und her langsam nicht mehr ab“, konterte sie.
„Keine Sorge, alles bestens zwischen uns“, versicherte Emagen.
„Ihr seid grad erst wieder zusammengekommen, wollt ihr das nicht heute Abend feiern?“
„Er muss arbeiten, ich will heut Abend eh mal früh ins Bett. Wie war die Uni?“
„Ich hab mich für ein Hauptfach entschieden“, sagte sie selbstbewusst.
„Klasse, was willst du studieren?“
„Soziale Arbeit und Psychologie!“
„Super Fächer, du meinst es wirklich ernst!“
„Ja, tu ich, muss wohl wieder etwas strippen, die Bücher sind ziemlich teuer“, entschied sie nachdenklich.
„Nein, du wirst nicht strippen, ich zahl dir die Bücher!“
„Du hast dich also um entschieden?“
„Du bist meine beste Freundin, ich lasse dich nicht mehr strippen!“
„Eins davon kostet fast hundert Dollar!“
„Das Studio läuft grad gut, schon gut!“
„Danke, bist eine echte Freundin. Seit meiner Fehlgeburt fühl ich mich so anders irgendwie!“
„Versteh ich gut, hab ich damals auch!“
„Du hast auch … wann?“
„Ist fast zehn Jahre her, hatte ich dir nicht erzählt, richtig!“
„Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir von dir vielleicht besser Rat holen können!“
„Ich hatte nur meine Sachen im Kopf, tut mir leid!“
„Schon gut!“
„Du musst irgendwann wieder Sex haben, sonst wirst du dich nicht mehr besser fühlen. Ich habe fast ein Jahr gewartet, das war fast zu lang. Deswegen ist mein Sex-Leben auch etwas gestört. Was ist mit Jeb?“
„Ich mag ihn!“
„Das ist schön, du triffst dich also mit ihm?“
„Ja, denk schon!“
„Freut mich für dich. Ich hoffe, dass wir beste Freunde daten wird uns nicht zum Verhängnis“, dachte Emagen laut nach.
„Dann musst du dich wohl von Everett trennen“, schmunzelte Sherise und Emagen hielt grinsend an.
„Von wegen!“, entschied sie und stieg aus. Auf ihrer Veranda lag ein Strauß Blumen.
„Einer unserer Lover hat sich schon mal ein paar Punkte dazuverdient“, war Emagen erfreut und nahm den Strauß auf. Sie las die Karte und gab den Strauß weiter.
„Nein, nicht mein Lover!“
„Jeb schickt mir Blumen, wie süß?“, freute sich Sherise und las die Karte.
„Nein, nicht Jeb, warum schickt mir Louie Blumen nach all der Zeit“, schmiss Sherise die Blumen in den Mülleimer.
„Er hatte dich geschwängert, das war mal nötig!“
„Hast du es ihm gesagt?“
„Du hattest es ihm nicht gesagt?“
„Ich wusste es auch ewig lang bevor ich die Fehlgeburt hatte, war ja nur eine Nacht mit ihm gewesen. Oh Gott, hat er sich in mich verknallt? Er war in der Nacht eher Mittel zum Zweck, das mach ich sonst nicht, aber in der Nacht war es halt nötig“, erklärte sie.
„Ich hab es ihm nicht gesagt, versprochen“, versprach sie.
„Ja, ich weiß, das macht mich ja so skeptisch. Ursula“, realisierte sie plötzlich.
„Ursula hab ich es auch nicht gesagt!“
„Sie war aber damals im Krankenhaus dabei. Die alte Plappertasche!“
„Sorry, ich red mit ihr darüber!“
„Schon gut, ich muss eher mit Louie darüber reden!“
„Dann mach das. Auch wenn er ein Volldepp ist, er war der Vater des Kindes und hat ne Erklärung verdient“, entschied Emagen.
„Du bist in den letzten Monaten ganz schön weise geworden, teure Freundin“, schmunzelte Sherise.
„Das war ich schon lange, ich hab nur nicht so häufig den Klugscheißer raushängen lassen“, bemerkte Emagen grinsend, nahm Jack von seinem Schlafplatz auf der Veranda auf und brachte ihn in den Trailer.
„Du willst also heut Nacht mit dem Kater kuscheln anstatt mit deinem heißen Freund?“, frotzelte Sherise.
„Er hat mich heut Mittag auf dem Parkplatz einfach stehenlassen und ich hab ihn seitdem nicht mehr erreicht, bist du jetzt zufrieden, du kleiner Wunderfitz?“, murrte Emagen und ließ Jack etwas unsanft auf ihr Bett plumpsen.
„Willst du jetzt den armen Jack quälen, weil Everett nicht brav war?“, sah Sherise zu Jack.
„Nein, tut mir leid, mein Schatz, hab nicht drüber nachgedacht. Komm her“, kniete Emagen sich aufs Bett, zog Jack an sich und knutschte seinen Rücken.
„Dann kuschel mal schön mit deinem Kuschelbär, ich koch uns was“, entgegnete Sherise zufrieden und ging in die Küchenzeile.
Von Steinchen, die gegen ihr Fenster geworfen wurde, wurde Sherise in dieser Nacht wach.
„Wenn er das schon wieder ist, brech ich ihm diesmal den Kiefer“, murmelte sie schläfrig und ging nach draußen.
„Ernsthaft? Hast du ne Todessehnsucht?“, fragte Sherise leise, als sie Everett sah, der an ihren Wagen gelehnt stand.
„Ich bin nüchtern“, begrüßte er sie mit ernster Stimme.
„Ja, das merk ich. Was ist los? Du rufst sie nicht zurück“, kam sie näher an ihn ran.
„Ich weiß“, sagte er nur.
„Du hast ihr gestern groß deine Liebe erklärt, schon ausgeliebt?“
„Ich liebe sie über alles!“
„Okay … und ihr Männer sagt immer, wir Frauen sind kompliziert“, verstand sie nicht.
„Ich hab echt Mist gebaut“, begann er.
„Du hast sie jetzt schon betrogen? Ich hab dich nicht für so’n Arsch gehalten!“
„Ich hab sie nicht betrogen, es geht um meine Ex!“
„Du willst nach Miami ziehen und bereust es jetzt, mit ihr was angefangen zu haben?“
„Kannst du mal mit den Spekulationen aufhören?“
„Sorry, also was für nen Mist hast du gebaut?“
„Emagen hat vielleicht Recht, ich bin schuld, dass sie fast gestorben wäre!“
„Das hat sie gesagt?“
„Aus Frust, ja, aber ich denke, sie hat Recht. Es ist sehr lange her, ich war grad mit Jen zusammengekommen, da kam ein Mann auf mich zu und meinte, ich sollte mich von ihr fernhalten, weil sie nicht alle hat. Ich war verknallt und hab das ignoriert, aber heut ist mir das wieder in den Sinn gekommen. Ich hab heut den ganzen Tag recherchiert, Jen darf sich drei Männern und zwei Frauen nicht mehr auf 500 Meter nähern, sie ist eine Stalkerin“, erklärte er ihr.
„Du hast eine Verrückte geheiratet, langsam ist ein Muster in deinem Beuteschema zu erkennen“, wusste sie nicht genau, was sie sagen sollte.
„Das ist nicht witzig, mein Sohn ist bei ihr und ich kann nichts dagegen tun!“
„Sie wird ihm nichts tun, das hat sie bis jetzt auch nicht getan!“
„Ja, denk ich auch nicht, aber ich hätte ihn trotzdem gern bei mir. Das ist aber jetzt nicht das Wichtigste. Ich dachte ich kenn diese Frau, aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Was ist, wenn sie nochmal versucht Emagen zu töten? Das könnte ich mir nie verzeihen“, überlegte er laut.
„Sie hat gestanden?“
„Nein, aber das würde das erste Mal Sinn ergeben, deswegen finden wir den Angreifer nicht“, schlussfolgerte er.
„Sie hat mir erzählt, dass es vermutlich mehrere Täter wären“, erwiderte sie.
„Ja, ich weiß, vielleicht greif ich auch nach jedem Strohhalm um meinen Sohn zurückzubekommen. Danke, dass ich mit dir darüber reden konnte“, bedankte sich Everett bei ihr und wollte zu seinem Wagen gehen.
„Das ist alles, ich muss es jetzt ihr erzählen?“
„Nein, sie darf davon nichts erfahren, sonst kriegt sie Panik!“
„Sie hat schon Panik, Süßer, jemand hat versucht sie umzubringen. Du musst mit ihr reden“, bat sie.
„Ich fahr gleich nach Miami los und versuch meinen Sohn mitzunehmen, sag ihr, dass ich sie liebe“, ignorierte er einfach ihre Worte und ging zurück zu seinem Auto.
Emagen wurde mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen.
„Em‘, wach auf, wir müssen nach Miami!“
„Jack, fass“, grummelte Emagen schlagfertig, aber ihr Kater döste nur neben ihr.
„Komm, wach auf, es ist wichtig!“
„Um drei Uhr nachts ist nichts wichtig, Beaut, egal was für einen Albtraum du hattest, geh wieder schlafen“, bat Emagen und drehte sich im Bett wieder um.
„Man, jetzt bist du plötzlich ein Tiefschläfer. Es geht um Ev‘, Süße“, ließ sie nicht locker. Plötzlich gingen Emagens Augen auf.
„Wusste doch, dass dich das reizt. Er will nicht, dass ich dir das sage, aber er fährt heut Nacht zu seiner Ex, er denkt, sie hat was mit deinem Angriff zu tun und will sie jetzt damit konfrontieren“, erklärte Sherise der immer mehr wach werdenden Emagen.
„Bullshit“, kommentierte sie nur.
„Anscheinend hat sie ne Schraube locker“, bemerkte Sherise, während Emagen sich anzog.
„Sein Beuteschema ist damit klar“, murmelte sie schläfrig.
„Dir ist schon klar, dass du damit dich selbst runtermachst, oder?“
„Du solltest besser fahren“, realisierte Emagen und zog einen Pullover über.
„Ja, besser ist das. Ich brauch noch nen Energiedrink, kennst du ne Tanke die noch auf ist?“
„Nicht um die Uhrzeit. Okay, das Versteck wollte ich dir eigentlich nicht zeigen“, erklärte Emagen und schob die Kisten unter ihrem Bett zur Seite.
„Wenn du Speed da drin hast, bist du echt mutig, einen Typen von der Sitte zu knallen!“
„Ich hab dir echt zu wenig über mein Leben erzählt, wenn du sowas denkst. Ich hab einen Notvorrat Energiedrinks in der Kiste hier“, erwiderte sie kopfschüttelnd und gab ihr zwei Dosen in die Hand.
„Warum verstaust du die nicht im Kühlschrank. Wir haben doch so’n großen“, verstand Sherise nicht.
„Du atmest die Dinger ein und hältst mich dann die halbe Nacht wach!“
„Gar nicht wahr!“
„Doch wahr. Jetzt muss ich mir ein anderes Versteck suchen“, entgegnete sie.
„Egal, du rettest mir die Nacht. Hey, hier drin sind noch Bilder“, kramte Sherise frech in der Kiste herum und nahm einen Stapel Bilder auf.
„Hey, her damit, das sind private Bilder“, moserte Emagen und riss ihr die Fotos aus der Hand. Dabei fiel ein Bild zu Boden.
„Hey, Nacktbilder von deinen Exen, du kleines Luder“, nahm Sherise das Bild auf.
„Ich hab die echt nur wegen ihren Tattoos gemacht, na ja fast“, schmunzelte Emagen und nahm das Bild entgegen.
„Heilige …“, wurde Emagen plötzlich bleich.
„Was ist?“
„Er hat mein Büro verwüstet und das Bild ist hier“, setzte sie sich wieder auf ihr Bett.
„Von was redest du?“
„Arlos Vorher-Bild, damit kann Everett beweisen, dass Arlo ein Kinderschänder ist“, versuchte sie zu verstehen, was sie dort in der Hand hielt.
„Das ist toll für ihn. Du hast ihm nicht verziehen, dass er dein Büro verwüstet hat,
oder?“
„Das ist meine Privatsphäre, bin schon sauer, aber er ist ein Cop, das liegt vermutlich in seiner Natur“, sagte Emagen nachdenklich.
„Ich bin immer noch nicht sicher, ob mir die neue Softie-Version von dir gefällt, aber okay. Was machen wir jetzt mit dem Bild?“, wollte Sherise wissen.
„Was denkst du, wie sehr Jeb dich mag?“, fragte Emgen und sah Sherise an.
„Es ist mitten in der Nacht!“
„Wir können das auch irgendwo bei den Bullen abgeben, aber dann glaub ich nicht, dass es an den richtigen Ort kommt“, schlussfolgerte sie.
„Du hast Angst, damit vor die Tür zu gehen, oder?“
„Du hast meinen Wagen nicht gesehen, ich sollte tot sein“, entschied sie.
„Okay, ich ruf Jeb an, aber wenn er mich danach nicht mehr sehen will, wirst du das sowas von zurückbezahlt bekommen!“
„Das Risiko geh ich ein“, erwiderte sie.
„Gut, dann ruf ich ihn an. Was ist jetzt mit Ev?“
„Es ist sein Fall, er erwartet uns ja nicht und seine Ex ist sicher nur eine Hexe und nicht der Teufel“, war Emagen abgelenkt.
„Dein Wort in Gottes Ohr. Ich geh kurz raus zum Telefonieren“, plante Sherise und ging raus.
Als sie wieder reinkam, war Emagen im Halbsitzen wieder eingeschlafen.
„Oh Süße, war ein viel zu langer Tag, was?“, redete sie mit der schlafenden Emagen, legte sie sanft zur Seite und deckte sie zu.
Der Herbst war in Orlando zwar angekommen, aber die Hitze hielt weiter Einzug. Schweißgebadet wurde Emagen wach. Sie hatte einen echt absurden Traum gehabt. Sie zog ihr verschwitztes T-Shirt und ihre Shorts aus, wickelte sich in ein großes Handtuch und ging zu den Duschen. Eine eiskalte Dusche weckte wieder ihre Lebensgeister. Ein Pärchen genoss ihr Leben in vollen Zügen ein paar Duschen weiter.
„Sex unter der Dusche, das waren noch Zeiten“, murmelte sie vor sich hin, wickelte sich wieder in ihr Handtuch und ging zurück zum Trailer. Als sie gerade ihr Lieblingsshirt und Shorts angezogen hatte und mit einem Kaffee in der Hand aus dem Trailer zu ihrem Wagen lief, kamen Jeb und Sherise eng umschlungen und mit nassen Haaren zum Trailer.
Breit grinsend, weil sie sich für Sherise freute, stieg sie in den Wagen ein. Sie räumte ihren Beifahrersitz sauber und plötzlich klopfte es an ihrem Fenster. Sherise stand vor ihrem Fenster.
„Jes, Beaut‘, erschreck mich nicht so“, bemerkte Emagen, als sie das Fenster heruntergekurbelt hatte.
„Morgen, wo willst du hin?“, fragte Sherise ihre Freundin.
„Zur Arbeit, wenn du in 10 Minuten fertig wirst, nehm ich dich mit“, konterte Emagen und zog cool ihre Ray-Ban-Sonnenbrille auf.
„Was ist mit Everett?“, verstand Sherise nicht.
„Der Depp meldet sich nicht mehr, er kann mir momentan gestohlen bleiben. Du hattest deinen Spaß, wie mir scheint, Gratuliere“, erwiderte Emagen und deutete auf Jeb.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, war Sherise peinlich berührt.
„Ich war auch in der Dusche. Ist doch gut, ich hab doch gesagt, du solltest wieder aufs Pferd steigen und Jeb ist ein echt heißes Pferd“, konterte Emagen.
„Sorry, ich dachte, du schläfst noch. Du weißt also nicht, was gestern Nacht war?“
„Warte, dieser Traum war gar keiner?“, realisierte Emagen.
„Man, du bist echt nicht zurechnungsfähig wenn man dich mitten in der Nacht weckt. Also Kurzfassung, Ev war letzte Nacht da, seine Ex hat nen Knall und er denkt jetzt, sie wollte dich umbringen“, wiederholte Sherise die Informationen der letzten Nacht.
„Was hab ich gestern dazu gesagt?“
„Bullshit!“
„Dann bin ich doch wohl zurechnungsfähig gewesen. Du hast noch fünf Minuten, Beaut“, ließ sie das kalt.
„Bin gleich fertig“, murmelte Sherise kopfschüttelnd und ging in den Trailer.
Als Sherise von ihrem Freund nicht ablassen konnte, hupte Emagen genervt.
„Sorry, Süßer, ich muss los, wir sollten das wiederholen“, verabschiedete sich Sherise von Jeb und stieg in den Wagen ein.
„Sorry, lass uns fahren“, bat Sherise, als sie eingestiegen war.
„Ist das Bild in Sicherheit?“
„Du erinnerst dich also wieder?“
„Es kommt langsam wieder. Er hat angerufen“, erwiderte Emagen und fuhr los.
„Und?“
„Bin nicht drangegangen!“
„Wieso nicht?“
„Weiß nicht, die Zweifel sind wieder da“, gestand die Tätowiererin.
„Zweifel sind normal, ihr kennt euch nicht wirklich, aber du solltest nicht so leicht aufgeben, er ist es wert“, versicherte Sherise.
„Man, du bist echt verknallt, aber du hast Recht. Ich werde ihn im Büro zurückrufen. Ich muss mich jetzt endlich wieder um mein Geschäft kümmern, das ist mein Baby und ich hab solang und so hart dafür gearbeitet“, entschied sie.
„Sicher, wie du willst. Wir lassen ihn das also allein durchstehen nach allem was er für uns gemacht hat?“
„Er wird da hin fahren, mit ihr streiten, sich besaufen, mit einem Kater aufwachen und reumütig nach Hause kommen, da braucht er uns nicht“, versicherte Emagen.
„Wir kennen beide nicht so gut, ich hoffe, du hast Recht. Wie bist du heute vollgepackt mit Terminen?“
„Ich bin so um sechs mit den Kunden fertig, wieso?“
„Ich will nen Tattoo!“
„Wenn du Jebs Namen tätowiert haben willst, schlag ich dich!“
„Ich will auch einen Phoenix, mir gefällt Evs wirklich gut!“
„Schauen wir mal, ich finde dir vielleicht was anderes. Ich suche eigentlich immer die Tattoos für die Kunden aus und sie sind immer sehr zufrieden!“
„Okay, dann überleg dir bis heute Abend was, ich vertrau dir!“
„Mach ich. Und, wie war’s mit Jeb, war er gut?“
„Oh ja, war echt heiß, gut, dass wir unter der Dusche waren, da konnten wir uns gleich abkühlen. Sorry, dass du das mitgekriegt hast, wir hatten ja ausgemacht, dass wir uns da nicht in den Weg kommen“, entschuldigte sie sich.
„Schon gut, ich hatte da auch meinen Spaß“, schmunzelte Emagen.
„Wäh, das wollte ich gar nicht wissen!“
„Süße, wir wohnen seit Jahren zusammen in einem kleinen Trailer, das kann dir doch nicht neu sein, dass ich selbst Hand anlege!“
„Ich versuch’s zu verdrängen, Du solltest wieder Sex mit dem Mann haben, den du liebst“, schlussfolgerte Sherise.
„Du hattest damals Recht, Frischverliebte sind echt ätzend“, murmelte Emagen und bog in die Straße ab, in der ihr Studio war.
Nach der Uni machte Sherise, Emagen die Buchhaltung, dafür wollte sie sie danach tätowieren. Als Emagen gerade ihre Grundlinien zog, stand Louie plötzlich vor ihnen. Ruckartig stand Sherise auf.
„Beaut‘, wenn du nicht die Zeichnungen meiner vierjährigen Nichte auf dem Rücken haben willst, bleib sitzen“, drückte Emagen ihre Freundin etwas grob auf den Stuhl zurück.
„Boss, kannst du uns kurz alleinlassen?“, fragte Louie mit ernstem Ton.
„Ich bin gerade in meinem kreativen Prozess, ich hör jetzt sicher nicht auf“, konterte sie etwas arrogant.
„Dann setz zumindest deine Kopfhörer auf, das soll nen Privatgespräch werden“, bat Louie. Stöhnend ging sie zu ihrer Tasche, nahm ihren Kopfhörer und stellte laute Musik an.
„Schick mir bitte keine Blumen, ich hab einen neuen Freund“, begann Sherise das Gespräch, während ihre Freundin weiter tätowierte.
„Ich will dich nicht zurück, Beaut‘, ich hoffe, ich hab dir da keinen falschen Eindruck vermittelt. Ich hab nur das mit dem Baby erfahren und wollte dir was Gutes tun“, entschied er.
„Danke“, sagte sie nur.
„Bitte. Bist du mit dem Sittenwächter zusammen?“
„Sieht so aus. Versau mir das bitte nicht. Ich werde hier die Buchhaltung übernehmen, wir werden uns also öfters sehen und er wird auch hierher kommen“, konterte sie.
„Schon klar. Willst du nen Wasser haben?“, fragte er höflich.
„Ja, Dankeschön!“
„Bring ihr lieber ne Cola, ich will nicht, dass sie mir noch zusammenklappt“, mischte sich Emagen ein. Louie sah sie böse an.
„Tut mir leid, ich hab euch trotzdem reden hören. Bring ihr einfach ne Cola“, bat sie.
„Mach ich, willst du auch was, Boss?“
„Ne Cola wäre schön“, bedankte sich Emagen und Louie ging davon.
„Das ist gruselig, er ist so … nett“, entschied Emagen und zog ihren Kopfhörer ab.
„Was auch immer Ursula zu ihm gesagt hat, hat wohl gewirkt, ich sollte mich bei ihr bedanken“, entschied sie.
„Ja, mach das. Ich hab heut nicht so sehr mit ihr sprechen können. Ich muss schon sagen, das machst du echt gut, ich hab gedacht, ich müsste dich erst abfüllen, dass du ein Tattoo überlebst“, lobte Emagen ihre beste Freundin.
„Du fängst erst an, mal schauen, wie ich später drauf bin“, schmunzelte sie.
„Ich hab Rum in der Schublade, falls du deine Cola nachher noch strecken willst“, bemerkte Emagen.
„Ich dachte, du trinkst nicht?“
„Ist für meine Kunden, sind nicht alle so stark wie du. Vor allem die stärksten Biker heulen nach ner Weile wie Mädchen“, entgegnete sie.
„Wirklich sehr ermutigend!“
„Sie will dich nur ärgern, das ist halb so wild. Hier eure Colas“, kam Louie mit zwei kalten Dosen zurück.
„Danke, du kannst dann Feierabend machen, Lou, ich schließ hinter dir ab!“
„Bist du sicher?“
„Ja, bin ich, hör auf, mich das ständig zu fragen“, bat sie und Louie ließ sie allein.
Als Emagen, Sherise gerade das Tattoo in Folie einklebte, klingelte ihr Handy.
„Es ist fast Mitternacht, wer kann das nur sein?“, wunderte sich Sherise und Emagen ging dran.
„Hey, ich weiß es ist spät, aber meine Süße schreibt mir jede fünf Minuten wie viele Schmerzen sie beim Tätowieren hat, also wusste ich, dass du noch wach bist. Kannst du aufs Revier kommen?“, fragte Jeb.
„Ist was mit Ev?“
„Nein, von ihm hab ich, nichts gehört, es geht um dich“, wirkte er sehr ernst.
„Krieg ich Probleme?“
„Emily, wenn du Probleme hättest, hättest du jetzt Handschellen an!“
„Ev darf mich nur Emily nennen“, murrte sie.
„Ja, sorry, ist was Gutes, komm einfach, bitte“, bat er.
„Darf ich Beauty mitbringen?“
„Sicher, seid ihr fertig mit dem Tätowieren?“
„Ja, sind grad fertig geworden, wir kommen“, bemerkte sie nachdenklich und legte wieder auf.
„Okay, das ist eine Premiere. Sonst war ich nie freiwillig bei den Bullen“, konterte Emagen und band Sherise ihr Neckholder-Top wieder fest.
„Wir daten beide einen Cop, wird vielleicht noch ein anderes Mal vorkommen“, kommentierte Sherise und zog unter Schmerzen ihre Jacke an.
„Du hast gar nichts gesagt, ich weiß, dass das Tätowieren wehtut!“
„Ich wollte nicht so als Tussi dastehen“, murmelte Sherise und Emagen packte ihre Sachen zusammen.
„Du bist ne Tussi, Süße, ich hab geheult wie ein Baby bei meinem Brust-Tattoo, nächstes Mal sag was“, schmunzelte Emagen und sie gingen gemeinsam zum Auto.
„Was denkst du, warum wir hier sind?“, wollte Sherise wissen, als die beiden Freundinnen mit Besucherausweisen zu Jebs Büro gingen.
„Wegen dem Foto vielleicht, vielleicht muss ich irgendwas unterschreiben, oder so“, überlegte sie laut.
„Dann hätte er nicht so ernst gewirkt, muss irgendwas anderes sein!“
„So, hier ist es, wir werden sehen“, entschied Emagen nervös und klopfte. Die Tür sprang auf.
„N’Abend, die Damen, danke, dass ihr kommt“, ließ er sie rein.
„Spann uns nicht länger auf die Folter, Jebediah, was ist los?“, war Emagen ungeduldig.
„Uh, genauso wenig wie du Emily genannt werden willst, will ich nicht mit meinem vollen Namen angesprochen werden“, ermahnte er sie.
„Verstanden. Jetzt sag schon!“
„Wir haben deinen Angreifer verhaftet“, erklärte er.
„Was, wer ist es?“, war sie erstaunt.
„Nein, das kann nicht sein, nein“, wiederholte Emagen immer wieder, als sie auf dem Display des Polizisten ihren Angreifer saß. Der junge Mann mit dem Irokesen-Schnitt, der auf dem Display zu sehen war, war ihr gut bekannt, sie hatte aber niemals gedacht, dass er dazu fähig wäre.
„Er hat gestanden, Emagen, es ist vorbei“, konterte er.
„Er ist ein Kollege, ein ziemlich untalentierter Kollege, mehr nicht“, verstand sie nicht.
„Hast du ihm das mal ins Gesicht gesagt?“
„Äh … möglich, aber das ist halt so unter Künstlern, wir ziehen uns alle gegenseitig auf, das war doch nur Spaß“, bemerkte sie.
„Er sagt aus du hättest gesagt und ich zitiere “Du tätowierst wie ein fünfjähriger mit einer psychologischen Störung““, zitierte Jeb aus der Befragung.
„Tut er doch auch!“
„Beim nächsten Mal sag das nicht zu jemandem, dessen Bruder einer Gang angehört“, riet Jeb ihr cool.
„Ich bin also selbst Schuld“, realisierte sie.
„Ja, sieht so aus. Er versichert aber, dass er die Verabredung zum Mord schon sofort danach bereut hat und seinen Bruder gebeten hat, dich in Ruhe zu lassen“, entgegnete er.
„Er wird aber trotzdem deswegen zur Rechenschaft gezogen, oder?“, hoffte sie.
„Ja, natürlich, wir haben genug in der Hand, um ihn wegzusperren. Nicht für ewig, aber lang genug, dass er seine Lektion hoffentlich lernt“, versicherte er.
„Muss ich vor Gericht aussagen?“
„Weiß ich nicht, vermutlich nicht, die Beweise sind erdrückend genug“, erklärte er.
„Kann ich mit ihm reden?“
„Das ist glaub ich keine gute Idee!“
„Ich bin brav, versprochen!“
„Gut, wir müssen dafür auf ein anderes Revier fahren!“
„Gut, machen wir das!“
„Es ist schon spät!“
„Du schickst mich jetzt nicht wirklich ins Bett, oder?“
„Nen Versuch ist es wert gewesen, okay, ich fahre“, plante er und nahm sie mit seinem Wagen mit.
„Hast du gedacht, dass das anders ausgehen würde, wenn du sie zu ihm lässt?“, fragte Sherise, als sie mit ihm hinter dem getönten Spiegel auf dem Revier stand und zusah, wie Emagen auf ihren Kollegen einprügelte.
„Eigentlich nicht, okay, zwei Minuten waren jetzt genug Zeit, lassen wir den armen Kerl am Leben“, konterte er und ging in den anderen Raum, um Emagen raus zu holen.
„Sorry, mir sind ein wenig die Pferde durchgegangen“, entschuldigte sie sich höflich, als sie eine Stunde später in der freien Klinik um die Ecke saßen und eine Krankenschwester ihre Hand verband, während eine andere den mit einer Handschelle an den Untersuchungstisch gefesselten jungen Mann namens Vincent verarztete.
„Eigentlich müsste ich dich jetzt verhaften, aber da ich weiß, dass du so wieder im Knast landen würdest, geb ich dir lieber die Karte hier. Das ist die Adresse von meinem Fight Club, wir treffen uns immer donnerstags“, entschied Jeb und gab ihr eine Visitenkarte.
„Ist die erste Regel des Fight Clubs nicht „Man redet nicht über den Fight Club“?“, frotzelte sie.
„Wenn es extra für Cops ist, die jeden Tag mit Vergewaltigern und Kinderschändern zu tun haben, dann redet man darüber. Du kannst auf Cops eindreschen, das ist doch ganz in deinem Sinne, oder?“
„Das wäre klasse, kann ich da einfach so mitmachen?“
„Die kennen deinen Ruf, die werden da begeistert von sein“, entschied er.
„Sehr nett, aber ich nehm das Angebot vielleicht an. Ich hab Glück, dass die Hand nicht gebrochen ist, mein Job hängt von meiner Fingerfertigkeit ab“, dachte sie laut nach.
„Ja, hast Schwein gehabt. Können wir jetzt heimgehen? Ich bin echt müde“, bat Sherise.
„Bring sie bitte heim, Jebediah, ich komm hier klar“, bat Emagen auch erschöpft.
„Nenn mich nicht, Jeb…, du machst das mit Absicht, oder?“, fragte Jeb und Emagen grinste breit.
„Meine Freundin ist auch ein Meister in psychologischer Kriegsführung, du hättest ihr nicht sagen sollen, dass du was nicht magst, das wird sie jetzt so lange mit dir spielen, bis du ausflippst“, konterte Sherise amüsiert.
„Ich würde ihn gern mal ausflippen sehen“, witzelte sie.
„Das würde ne Weile dauern. Komm, Schätzchen, lass uns dich heimbringen. Dort kannst du mir dein neues Tattoo genau zeigen und vielleicht noch andere Sachen“, säuselte Jeb und brachte seine Freundin heim.
Ihr Smartphone summte in ihrer Tasche. Sie lag auf dem Sofa ihres Büros, sie hatte sich dorthin verkrochen, um dem Pärchen Privatsphäre zu gönnen.
„Hey“, hörte sie die Stimme ihres Freundes am Telefon.
„Hey, sorry, ich hab dich nicht zurückgerufen, war ziemlich verrückt alles gestern. Wo bist du?“, entschuldigte sie sich schläfrig.
„Ich hab dich geweckt, tut mir leid. Schlaf weiter“, entschuldigte er sich.
„Nein, jetzt bin ich wach. Du wirkst verwirrt, alles klar bei dir?“, setzte sie sich auf.
„Nicht so wirklich, ich sitz wie so ein perverser Stalker vor dem Haus meiner Ex und trau mich nicht reinzugehen“, bemerkte er nachdenklich.
„Fahr einmal um den Block, das ist wirklich etwas seltsam“, bat sie und er tat es.
„Deswegen hab ich dich nicht geweckt, ich hör sofort auf dich“, murmelte er, als er den Motor ausgemacht hatte.
„Sorry, ist nur das Beste für dich. Hast du jetzt solange nach Miami gebraucht?“
„Nein, bin schon nen bisschen hier, ich trau mich nicht zu ihr, wie jämmerlich ist das“, konterte er.
„Das ist gut, fahr zurück ins Hotel, ich komm zu dir“, bat sie ihren Freund.
„Nein, bleib dort, das ist zu gefährlich“, erwiderte er.
„Keine Sorge, sie haben meinen Angreifer, ich bin sicher, sie war es nicht!“
„Sie war es nicht?“, wirkte er enttäuscht.
„Sie hat nen Knall, aber sie hat mich nicht angegriffen. Warum bist du enttäuscht?“
„Oh Gott, tut mir leid, ich freue mich sehr für dich, ich hab nur gehofft, dass ich dadurch meinen Sohn zurückbekomme“, erklärte er.
„Ich weiß, Süßer, aber wir kriegen das hin, versprochen“, versprach sie ihm.
„Wir? Du stehst noch hinter mir?“
„Natürlich, du bist mein Freund“, entgegnete sie.
„Bin ich dein Freund, oder dein Freund Freund?“, fragte er sie.
„Du kannst mit mir Salami-Verstecken spielen, wenn ich zu dir komme, wenn das deine Frage beantwortet“, flirtete er.
„Ja, tut es. Warum hat sich Jeb eigentlich nicht bei mir gemeldet wegen der Verhaftung?“
„Er spielt Salami-Verstecken mit meiner besten Freundin, gönn ihnen ihren Spaß. In welchem Hotel übernachtest du?“
„Ich schick dir die Adresse!“
„Bist du da unter deinem eigenen Namen abgestiegen, oder hast du wieder einen Superhelden-Namen angegeben?“
„Ich wohn da unter meinem richtigen Namen, ich wollte damals in Pittsburgh nur bisschen Geheimagent spielen, mein Leben ist nicht so aufregend“, gestand er ihr.
„Dann sollte ich dein Leben etwas aufregender gestalten, ich kenn nen Club in Hoboken, wenn du da rauskommst, bist du ein ganz anderer Mensch“, entschied sie.
„Ich hab nicht gesagt, dass mir mein Leben nicht gefällt!“
„Ist trotzdem mal nett, was anderes im Leben zum machen. Tu mir einfach den Gefallen und geh zurück ins Hotel, ich bewundere deinen Mut, aber das ist nicht die richtige Lösung“, bat sie und er stimmte zu.
„Du fährst also zu ihm?“, fragte Sherise, als Emagen eilig ein paar Sachen zusammenpackte.
„Das hab ich mit „Ich werde zu ihm fahren“ ausdrücken wollen, ja. Ich bin nur en paar Tage weg, maximal ne Woche. Ursula weiß Bescheid, könntest du bitte weiterhin die Buchhaltung machen diese Woche, ich bezahl dich auch“, plante Emagen.
„Sicher, Süße, aber du musst mich nicht bezahlen!“
„Doch, werde ich aber. Du passt auf sie auf, Jebediah, okay?“, wendete sie sich zu Jeb, der neben Sherise cool im Bett lag, in dem sie sie überrascht hatte.
„Okay, Emily“, bemerkte er trocken.
„Du verwendest meine eigenen Waffen gegen mich, Respekt!“
„Ich hab vier größere Brüder, das kann ich den ganzen Tag machen, Sweetie“, konterte Jeb.
„Vier große Brüder, zwei Kleine und drei Schwestern, das Spiel kann ich auch spielen!“
„Wow, das erklärt so einiges. Halt den Kleinen vor weiterem Mist ab, ja?“, verabschiedete er sich von ihr.
„Mach ich. Bist du sicher, dass ich wegen dem Foto nicht noch irgendwas unterschreiben muss?“
„Nichts, was nicht eine Woche warten kann. Ich hab ihm noch gar nicht erzählt, dass er den Fall endlich abschließen kann“, stellte er fest.
„Ich sag’s ihm, wenn ich ihn sehe. Denk dran, das Tattoo zu pflegen, Süße“, riet sie ihr.
„Werd ich. Fahr vorsichtig“, bat Sherise und sie ging zum Auto.
Everett Harding stocherte in seinem chinesischen Essen herum. Er saß in seinem Wagen und beobachtete das Wohnhaus seiner Ex. Urplötzlich klopfte es an seiner Beifahrertür und seine Stäbchen landeten vor lauter Schreck auf seinem Schoß. Fluchend sah er auf seinen Schoß.
„Lässt du mich rein?“, hörte er die Stimme seiner Freundin. Er fluchte leise und öffnete die Beifahrertür.
„So gut hörst du wohl doch nicht auf mich. Darf ich reinkommen?“, fragte sie und setzte sich ohne auf seine Antwort zu warten auf den Beifahrersitz.
„Ich hab dich nicht so schnell hier erwartet“, stotterte er ertappt.
„Ich hatte einen ziemlichen Bleifuß, sorry. Warte, warum entschuldige ich mich bei dir, du bist nicht wie abgemacht ins Hotel gefahren“, schimpfte sie.
„Ich war im Hotel, dann war mir langweilig und ich wollte mir essen holen und irgendwie bin ich dann hier gelandet. Warte, wie hast du mich gefunden?“
„Weißt du noch, wie die Auto-Ping-Sache bei mir gemacht hast? Jeb hat das auch ziemlich gut drauf“, bemerkte sie und schnappte sich sein chinesisches Essen.
„Das war sicher Lux, Jeb kriegt ja nicht mal sein Smartphone gebacken“, schlussfolgerte er und sah sie an.
„Keine Ahnung, er hat es mir nur durchgegeben. Wer ist Lux?“, wollte sie wissen.
„Detective Henry Lima, er kommt aus ner reichen Südstaaten-Familie, sein Spitzname kommt von Lux, wie in Luxus, er hat als er bei uns angefangen hat immer extrem mit seinem Geld angegeben“, erklärte er.
„Ah, okay, er ist so gut wie du?“
„Ehrlich gesagt fast noch besser, aber sag ihm das nicht“, schmunzelte er.
„Also, was machen wir hier?“, fragte sie mampfend.
„Ich will meinen Sohn wiederhaben“, sagte er nur.
„Ich weiß, aber so bringt dir das nichts. Komm, lass uns ins Hotel fahren, Sex haben, Morgen einen Tag am Strand verbringen und dann wieder heimfahren. Ich bin endlich frei, wir sollten das feiern“, schlug sie vor und stieg auf seinen Schoß. Sie fühlte etwas Feuchtes in seinem Schoß.
„Das war aber Rekordgeschwindigkeit, Junge“, sah sie nach unten.
„Das war ich nicht, dass war Mu-Shu“, schmunzelte er.
„Das ist ein seltsamer Spitzname für deinen kleinen Freund, aber gut“, begann sie seine Hose zu öffnen.
„Nein, ich hab mein Essen verschüttet, weil du mich erschreckt hast“, entgegnete er.
„Dann wird es ja Zeit, dass du aus der Hose rauskommst“, zog sie seine Hose herunter.
„Wirklich, hier?“
„Ja, hier, willst du nicht?“
„Doch, komm her“, freute er sich und zog sie an sich.
Eine hübsche junge Frau lief in einem knappen Bikini über den Sand des Miami Beaches. Hinter ihr trottete ihr Freund, der einen schicken Anzug trug und sehr schwitzte.
„Siehst du sie?“, fragte Jeb, Sherise.
„Ja, da hinten, das ist doch nicht wahr“, bemerkte Sherise und wartete auf ihn. Sie sahen ihre besten Freunde wild knutschend im Sand. Zwei Wochen war es her gewesen, seit sich Emagen aufgemacht hatte, ihn zurückzuholen, sie war nicht nach Hause zurückgekehrt.
„Komm, lass uns zu ihnen gehen“, bat Sherise und ging voran.
„Mach langsam, mir ist heiß!“
„Ich hab dir gesagt, du sollst dir was Dünneres anziehen“, rief sie zu ihm und schnaufend ging er weiter.
Everett bemerkte einen Schatten auf sich und seiner wenig bekleideten Freundin.
„Kumpel, starren kostet extra“, kommentierte Everett und sah auf.
„Mir ist nicht nach starren“, sah er in die Augen seines besten Freundes. Erschreckt stieß er seine Freundin von sich.
„Au, Süßer, ich steh zwar auf hart, aber das tat … oh man“, sah sie in der Liegeposition ihre Freunde.
„Ja, oh man, was soll das hier?“, fragte Sherise und fuchtelte mit den Armen herum.
„Soll das ne Scharade werden?“, fragte Emagen amüsiert.
„Komm her“, zog Sherise sie etwas brutal hoch.
„Au, du bist nicht meine Mutter“, jammerte Emagen.
„Sei froh, dass ich nicht deine Mutter bin, was zum Henker hast du da an?“, musterte Sherise sie. Emagen trug einen Lederbikini, der nicht viel Raum für Fantasie zuließ.
„Heiß, nicht?“
„Ja, aber das ist jetzt nicht das Thema. Du hast ein Tattoo-Studio, du wolltest schon vor einer Woche nach Hause kommen, ich sollte eigentlich über einer Hausarbeit sitzen, nicht stundenlang durchs Land fahren um meine, und ich betone, ältere beste Freundin zurückzupfeifen“, murrte Sherise.
„Ich hab Spaß“, nörgelte Emagen wie ein Teenager.
„Ist ja nichts dagegen einzuwenden, aber ich mach deine Buchhaltung, du wirst dein Geschäft nicht halten können, wenn du na ja… nicht mehr da auftauchst“, entschied sie.
„Es ist so schön hier!“
„Das ist es auch in Orlando, das gilt auch für dich, Romeo, ich verstehe, du willst bei deinem Sohn sein, aber nicht so. Anscheinend war das aber nicht dein Anliegen, Jenny hat mich angerufen, du hast dich gar nicht mehr gemeldet, sie hat sich Sorgen gemacht“, mischte sich Jeb ein.
„Du hast dich gar nicht bei ihr gemeldet?“, wendete sich Emagen an Everett.
„Du hast doch gesagt, ich soll sie in Ruhe lassen!“
„Du solltest sie nicht mehr stalken, ja, aber dich gar nicht mehr bei deinem Sohn zu melden ist heftig“, bemerkte sie schroff, rappelte sich auf und stampfte davon.
„Bring Romeo ins Hotel, ich geh zu ihr“, bat Sherise und ging ihr hinterher.
Emagen stand unter einer freien Dusche des Strandes. Einige junge Männer standen etwas mit Abstand um sie herum und begafften sie.
„Husch, ihr Maden“, murrte Sherise und schickte sie davon.
„Willst du mit unter die Dusche kommen? Dann wirst du die Kerle aber nie wieder los“, erwiderte Emagen tonlos und sah die Kerle an, die immer noch nicht weg waren.
„Hier, das hilft“, zog Sherise ein Handtuch aus ihrer Tasche, zog ihre Freundin unter der Dusche weg und wickelte es um ihren Körper. Die Gruppe löste sich tatsächlich auf.
„Männer sind so einfach gestrickt“, erwiderte Sherise und führte sie weg.
Auf dem Rücksitz von Jebs Wagen fuhr Emagen zurück nach Orlando.
„Ich versteh nicht, warum ich nicht mit ihm mitfahren konnte“, sah sie in die Nacht.
„Weil ich momentan nicht einschätzen kann, ob Ev wirklich nach Hause fahren würde, oder ob er in Bonnie &Clyde Manier mit dir irgendeine Klippe runterfährt“, erklärte Jeb und fuhr auf den Highway auf.
„Auch wenn ich es grausig finde, wie mein Freund hier Filmklassiker durcheinander wirft, er hat Recht, dein Freund macht grad ziemlich den Jack Nicolson“, entschied Sherise.
„Ihr seid als Paar ziemlich nervig, ich hoffe, dass wisst ihr“, murrte sie und lehnte sich ruckartig im Sitz zurück.
„Erst zwei Wochen zusammen und schon haben wir einen nervigen Teenager an der Backe“, bemerkte Sherise kopfschüttelnd und sah auch aus dem Fenster.
„Ich brauch Sex“, sagte Emagen plötzlich, als Sherise spät an diesem Abend mit ihr auf der Veranda des Trailers saß.
„Nein, danke“, kommentierte Sherise nur.
„Witzig, du hast mich von meinem Sexpartner runtergeholt“, murrte sie.
„Du bist gerade nicht so zurechnungsfähig, so war es besser“, entschied Sherise.
„Du behandelst mich schon den ganzen Tag wie ein Kind, lass das. Ich bin ein bisschen verknallt, mehr nicht!“
„Zwei Wochen, Em‘, zwei Wochen hast du dich weder bei mir noch bei der Arbeit gemeldet, du kannst von Glück reden, dass Ursula so eine tolle Shop-Managerin ist, sie hat ne Gehaltserhöhung verdient“, konterte sie.
„Mit meiner strauchelnden Firma eher weniger!“
„Du hast ein wunderbar laufendes Geschäft, ich hab etwas geflunkert, dass du mitkommst“, gestand Sherise.
„Wie auch immer, dann kriegt sie halt zehn Dollar mehr die Woche, regel das“, bat Emagen und legte sich auf die Seite.
„Wenn ich jetzt deine Angestellte bin, solltest du mich bezahlen, Sweetie“, begann Sherise über Emagens Kopf zu streicheln.
„Okay, regel das“, döste Emagen ein.
„Ich soll mich selbst einstellen?“, fragte sie verwirrt.
„Ähm“, nuschelte Emagen, während sie einschlief.
„Okay, dann bedien ich mich aber auch aus der Kasse!“
„Wenn du das machst, tätowiere ich dir einen Schwanz ins Gesicht“, sagte Emagen trocken.
„Gut zu wissen, schlaf einfach, Engel“, entgegnete Sherise, stand auf, deckte sie zu und ging rein.
Mitten in der Nacht hörte Sherise einen Wagen vor dem Trailer halten, eine Tür schlagen und plötzlich war Ruhe. Schläfrig sah sie durch den bunten Vorhang des Trailers. Everett war zu seiner Freundin gekommen und lag nun mit ihr an sich gekuschelt auf der Bank der Veranda.
Kopfschüttelnd griff sie nach ihrem Handy.
„Jeb“, raunzte sie in den Hörer.
„Süße, ich habe acht Stunden Arbeit und genauso viele Autostunden hinter mich gebracht, was ist?“, hatte sie ihn geweckt.
„Wo ist Everett?“
„Du willst um drei Uhr nachts wissen wo mein bester Freund ist?“
Sherise hielt das Handy ans Fenster und machte ein Foto.
„Wupps!“, bemerkte Jeb ertappt.
„Ja, wupps, du solltest doch auf ihn aufpassen!“
„Ich bin eingeschlafen, so Zwanzig-Stunden-Tage schlauchen ziemlich“, bemerkte er etwas sarkastisch.
„Egal, schlaf weiter!“
„Wir wollten sie doch für ne Weile auseinander bringen“, erwiderte er.
„Dann komm und hol ihn ab!“
„Es ist drei Uhr nachts, lass sie einfach da liegen!“
„Ist das nicht genau das Gegenteil von dem was wir vorhatten?“
„Weib, es ist drei Uhr nachts!“
„Gehen wir zusammen ins Diner frühstücken morgen?“
„Ich hol dich um sieben Uhr ab, lass mich bitte einfach schlafen“, bat er.
„Sicher, hab dich lieb!“, erwiderte sie und legte auf.
„Morgen, Boss, stört’s dich, wenn ich in dein Büro sitze um meine Hausarbeit fertig zu machen?“, wollte Sherise, als sie an diesem Morgen nach dem Frühstück mit ihrem Freund ins Studio kam.
„Nein, mach ruhig“, entschied Emagen abgelenkt, während sie ihren Tisch richtete.
„Willst du nicht wissen, wo ich war?“
„Daybreak Diner, haben die Rühreier geschmeckt?“, fragte Emagen, ohne aufzusehen.
„Stimmt, dein Freund ist ja ein Stalker, warum frag ich überhaupt“, entgegnete Sherise.
„Hey, dein Lover hat mir ne Nachricht geschrieben, ob wir auch zum Frühstück kommen wollen, ich hab das abgelehnt“, murrte Emagen und sah sie an.
„Oh, sorry!“
„Mein Freund ist kein Stalker, er ist ein Cop und hat es ein bisschen übertrieben. Du hast kein Kind, du verstehst das nicht!“
„Du hast auch kein Kind, soweit ich weiß. Er hat dich in seine Sache reingezogen, du redest schon wie er“, schlussfolgerte sie.
„Ist dass das Problem, was du mit uns hast? Gestern war euer Problem noch, dass er zu wenig mit seinem Kind gemacht hat!“
„Halt dich einfach in nächster Zeit von ihm fern, er muss so einiges in seinem Leben klarkriegen und du auch!“
„Was spricht dagegen, dass wir uns gemeinsam helfen?“
„Wo ist Rhett heute?“
„Was meinst du?“
„Du nennst ihn angeblich deinen Arbeitsehemann und einer deiner engsten Freunde, also wo steckt er?“
„Äh… ich weiß es nicht“, sah sie ein.
„Er ist wieder nach Hause gefahren, sein Bruder hat den Tod seiner Mutter nicht verkraftet und hat versucht sich umzubringen“, erklärte sie ihr.
„Verdammt, warum weiß ich davon nichts?“
„Ich hab dich angerufen, Urs‘ hat dich angerufen, du warst aber nicht erreichbar, wir haben ihn dann gehen lassen“, erzählte Sherise.
„Wie geht es seinem Bruder?“
„Keine Ahnung, ruf ihn an und red mit ihm“, bat Sherise.
„Ja, das sollte ich“, konterte Emagen durcheinander und nahm ihr Handy in die Hand.
Emagen saß an der von ihr gesprayten Wand. Sie hatte Rhett enttäuscht, er war immer derjenige gewesen, zu dem sie gehen konnte, wenn es ihr nicht gutginge, jetzt stand er die schwerste Zeit seines Lebens ganz allein durch.
„Na, fällst du in alte Muster zurück?“, hörte sie die sanfte Stimme ihres Freundes.
„Mir ist nicht nach Albernheiten“, rollte sie eine leere Weinflasche vor sich auf dem Boden herum.
„Du trinkst? Dann muss echt was passiert sein“, war er irritiert.
„Rhett hasst mich!“
„Hab mir schon gedacht, dass du ihn liebst“, bemerkte er eifersüchtig.
„Er ist ein sehr enger Freund und ich liebe ihn, aber er ist keine Konkurrenz zu dir, versprochen“, versicherte sie.
„Das sieht nicht so aus, als du mich so liegengelassen hast, warst du nicht so niedergeschlagen“, verstand er, was los war.
„Verzieh dich, Nerd“, zischte sie plötzlich.
„Ich hab nicht gedacht, dass du das N-Wort jemals in den Mund nimmst. Du bist betrunken anscheinend so ätzend wie ich“, erwiderte er und ging schweigsam davon.
„Hey, hast du Emagen gesehen?“, fragte Sherise, Ursula, als sie ihre Hausarbeit und die Buchhaltung des Studios nach mehreren Stunden endlich fertiggemacht hatte.
„Ich hab ne seltsame Mail von ihr bekommen“, bemerkte Ursula, die auf ihren PC-Bildschirm sah.
„Darf ich lesen?“, fragte Sherise und Ursula ließ sie an den Computer.
„Anscheinend hast du gerade ein Tattoo-Studio geerbt“, bemerkte sie tonlos und fuhr sich gestresst mit der Hand über ihre Stirn und ihre Haare.
Sherise sah skeptisch das Kapuzen-Shirt an, was wie ein Landstreicher-Bündel verpackt war.
„Hätte mir denken können, dass sie ihr Handy loswird, wir haben ja genau das gemacht, was sie erwartet hat“, erwiderte Jeb, der Emagens Handy gepingt hatte, weil sie sie zwei Tage nicht erreicht hatten.
„Tut sie sich was an?“, fragte Everett den Tränen nahe, der sich den beiden angeschlossen hatte.
„Ich denke nicht, sie ist streng katholisch erzogen worden, das würde sie nicht tun“, versicherte Sherise und legte ihre Hand liebevoll auf Everetts Schulter.
„Wir sollten das Bündel auspacken, ich will sehen, was sie dagelassen hat“, zog Everett ein paar schwarze Gummihandschuhe aus der Tasche und öffnete das Bündel.
„Warum ziehst du dazu Handschuhe an?“
„Falls sie ermordet worden ist, möchte ich keine Fingerabdrücke hinterlassen, ich bin schließlich ihr Ex“, entschied er professionell und zog nacheinander Geldbörse, Smartphone und den Autoschlüssel heraus.
„Ermordet?“, stockte Sherise der Atem.
„Ich sag nur falls, ich könnte mich auch Übergeben bei dem Gedanken. Wenn sie tot wäre, läge sie vermutlich daneben, das hat sie mit Absicht hier abgelegt. Wo will sie hin ohne ihre Sachen?“, fragte er sich selbst.
„Nach Hause“, schlussfolgerte Sherise.
„Nach Hause? Dort waren wir doch grade … ach du meinst die Partridge-Farm, sie ist wieder bei ihrer Familie“, realisierte er.
„Das würde Sinn machen, dort braucht sie ihre Sachen nicht“, mischte sich Jeb ein.
„Und jetzt?“
„Nichts jetzt, sie hat sich so entschieden. Ich werde ihre Sachen verstauen, falls sie wiederkommt“, bemerkte Everett, drückte die Sachen an sich und ging zum Wagen.
„Armer Kerl, die kleine Egomanin hilft nicht wirklich dabei, dass er sein Leben wieder in den Griff bekommt“, murmelte Sherise und sah zum Auto.
„Ich werde ihm helfen, das durchzustehen, dir natürlich auch. Willst du heut Nacht bei mir bleiben?“, fragte er und sie hakte sich bei ihm unter.
„Ja, bitte“, bat Sherise nachdenklich und sie gingen zusammen zum Wagen.
Emagen saß im Wartezimmer des Seattle Hospitals. Sie hatte einen Teddybären auf dem Schoß. Als Rhett ins Zimmer kam, sprang sie auf.
„Boss, was machst du hier?“
„Lass das Boss-Getue, ich bin mehr als das“, umarmte sie ihn herzlich.
„Ich freu mich sehr, dass du hierherkommst, aber ich fühl nicht so wie du. Ich hab meine Freundin gebeten, meine Frau zu werden und sie hat ja gesagt“, stotterte er.
„Ich hab auch nur freundschaftliche Gefühle für dich!“
„Warum bist du dann hier?“
„Ich bin deine Freundin und hab dich im Stich gelassen!“
„Äh, okay, mich hat’s nicht überrascht!“
„Hey, ich hab mich verändert, ich wollte bei dir sein in den schweren Stunden. Ich hab grad meine Firmenkreditkarte aufs Limit belastet um hierher zu kommen“, murrte sie.
„Urs‘ hat angerufen, du hast ihr das Studio übertragen!“
„Ja, wird Zeit für einen Wechsel“, schlussfolgerte sie.
„Das ist dein Baby, dein Lebenstraum!“
„War es mal, aber seit meinem Beinahe-Tod ist alles so anders!“
„Was ist mit deinem Freund?“
„Er war nur einer wie die anderen, kein Ehemann-Potential“, schlussfolgerte sie.
„Er war anders, das hast du selbst zu mir gesagt. Du hast nur Angst, das ist alles, dass es ernst werden könnte!“
„Weiß deine Verlobte von uns?“, konterte sie plötzlich.
„Ja, tut sie, sie hat verstanden, dass ich nur wegen des Jobs mit dir geschlafen habe“, bemerkte er kühl.
„Hast du ihr das so gesagt? Ich hab dich nicht anders behandelt wie meine anderen männlichen oder weiblichen Mitarbeiter!“
„Du hast ständig gesagt, dass ich der talentierteste von uns allen bin!“
„Bist du auch, aber das hätte ich auch gesagt wenn ich nicht ein Bett mit dir geteilt hätte“, bemerkte sie leicht gereizt.
„Wirklich?“, war er gerührt.
„Ja, wirklich, aber wenn das deine Süße besser schlafen lässt, mach ruhig. Wie geht’s deinem Bruder?“
„Er wird dreißig Tage eingeliefert, wenn er wieder auf den Beinen ist. Ist der Teddybär für mich oder meinen Bruder?“
„Für deinen Neffen, eigentlich“, übergab sie das Geschenk.
„Danke, er freut sich sicher. Wir essen heute Abend bei meiner Schwester, willst du mitkommen?“, lud er sie ein.
„Bist du sicher, dass ich in der Nähe von deiner Verlobten sein sollte?“
„Sie ist in Orlando geblieben, es sind nur mein Dad, meine Schwester und ich“, erklärte er.
„Dann gerne“, bedankte sie sich und er nahm sie mit.
Die Personen am Tisch starrten sie an.
„Leute, seid nicht so unhöflich“, bemerkte Rhett in die Runde.
„Ist sie die Kleine, mit der du Pam betrogen hast?“, fragte ihr Vater plötzlich.
„Das gilt auch für unpassende Kommentare, Paps“, raunzte Rhett.
„Sorry, ich dachte, das wäre allen bekannt!“
„Ist es auch, wir reden trotzdem nicht darüber, sie ist auch meine Chefin!“
„Nicht mehr, ich hab das Studio jemandem anders übergeben“, mischte sich Emagen ein.
„Ist Ursula dann meine neue Chefin?“, fragte Rhett kritisch.
„Äh ja, schon irgendwie, viel Spaß mit ihr, wenn du Pamela nicht mehr untreu sein willst“, witzelte sie. Rhett sah sie böse an, die restlichen Leute grinsten aber.
„Du kannst nicht einfach so aufhören“, konterte er.
„Das ist glaub ich kein Gespräch für diese Runde hier“, zischte sie.
„Also mich stört es nicht“, entschied sein Vater.
„Ist es ein Kerl von dem Sie wegrennen?“, fragte Rhetts Schwester Mary.
„Sie behauptet zwar nein, aber da ist dieser Cop“, erklärte Rhett.
„Oh ja, Cops sind so wunderfitzig, ich hatte auch mal nen Ex der ein Cop ist“, bemerkte Mary.
„Wollt ihr jetzt über meinen Kopf hinweg entscheiden, was das Beste für mich ist?“, war Emagen sehr verwirrt.
„Er ist ein guter Kerl und braucht sie grade sehr“, erklärte Rhett, Mary.
„Anscheinend schon. Ich bin ziemlich müde, kann ich mich irgendwo hinlegen, während ihr mein Leben plant?“, hoffte sie.
„Im Arbeitszimmer ist ein Sofa!“
„Danke, weckt mich, wenn ihr entschieden habt, wie ich mein Leben leben soll“, stand sie auf und schlurfte ins Arbeitszimmer.
Eine Woche später stand Rhett mit seiner Ex-Chefin am Flughafen von Seattle.
„Ich will nicht ohne dich fliegen“, bemerkte Rhett.
„Du musst aber, das Studio geht unter ohne dich!“
„Nein, es geht unter ohne dich, du weißt gar nicht, wie talentiert du bist, ich kann dir immer noch nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin, dass ich bei dir lernen durfte“, lobte Rhett sie.
„Hör auf, sonst muss ich gleich weinen“, schluchzte sie.
„Bitte, Süße, ich red auch mit ihm, er ist ein guter Kerl und ihr habt euch verdient“, bat er.
„Gut, lass uns gehen“, zog sie ihr Ticket aus der Tasche.
„Du hast längst entschieden zurückzufliegen und lässt mich zappeln?“
„Du kennst mich, ich quäle gerne Männer“, schmunzelte sie und zeigte ihren Reisepass an der Kontrolle.
Als sie in Orlando landeten und sich angeregt unterhielten, trafen sie auf Everett, der sie schon erwartet hatte.
„Deine Schwester hatte Recht, Cops sind echt wunderfitzig, vor allem wenn sie Hacker sind“, sah sie ihn.
„Mir scheint, du hast seine Familie kennengelernt, du bist also verlobt“, begrüßte Everett das vermeintliche Pärchen trocken.
„Kommt Pam und holt dich ab?“, fragte Emagen, Rhett und ignorierte Everett einfach.
„Nein, meine Verlobte muss arbeiten, ich seh sie heute Abend“, erklärte er und sah dabei Everett an.
„Dann sehen wir uns im Studio?“, fragte sie und nachdem er genickt hatte, gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und er rollte seinen Trolley zum Ausgang.
„Du hast also nichts mehr mit dem Kerl und bist auch nicht verlobt?“, wollte Everett kleinlaut wissen.
„Fährst du mich heim, oder muss ich ein Taxi nehmen?“
„Ich fahr dich natürlich, deswegen bin ich hier“, konterte er nur.
„Gut, gehen wir“, schulterte sie ihre Reisetasche und ging voran.
„Oh Weib, wenn ich dich nicht so lieben würde, würde ich das nicht mitmachen“, murmelte er vor sich hin und folgte ihr.
„Du hattest Recht, sie war bei ihm“, kommentierte Sherise, als er sie zum Trailerpark gebracht hatte.
„Hi Mom“, begrüßte sie Sherise sarkastisch.
„Mir ist nicht nach Scherzen zumute, ich hab gedacht, du wärst ermordet worden“, schimpfte Sherise, zog sie aber dann an sich.
„Ich hab mein Zeug dagelassen, weil ich wollte, dass ihr glaubt, ihr wäre zurück zu den Amish gegangen!“
„Ja, dachte ich dann auch. Was hattest du in seiner Heimat verloren?“
„Ich wollte meinem Freund beistehen, aber ohne dass ihr das mitbekommt“, entschied sie.
„Du bist so clever, aber manchmal so eine Idiotin. Ich hätte dich zum Flughafen gebracht und wieder abgeholt“, motzte Sherise.
„Und stattdessen lässt du mich von meinem Freund digital stalken!“
„Das war allein seine Idee!“
„Nein, war es nicht, ich hab ihn einen Nerd genannt, er hasst mich sicher“, entschied Emagen.
„Verstehst du es nicht? Er liebt dich über alles, eine einfache Beleidigung hält ihn nicht davon ab“, versicherte sie ihr.
„Er liebt mich? Du meinst so richtig? Nicht nur, weil er mich ins Bett kriegen will?“
„Du hast echt zu viele falsche Männer gehabt. Du darfst diesen Kerl nicht verlieren“, bat sie.
„Ja, ich weiß. Ich werde ihn um ein richtiges Date bitten, wir müssen diese Beziehung endlich vernünftig angehen“, entschied Emagen.
„Wie wär’s mit einem Doppel-Date?“
„Nicht in diesem Leben!“
„Dann ruf ihn an“, gab Sherise ihr ihr Handy in die Hand.
„Ihr habt mein Zeug aufgehoben, Gott sei Dank, das Smartphone war echt teuer“, bedankte sie sich.
„Was sollte der Mist dann? Kannst du mal aufhören einfach abzuhauen? Ich krieg noch einen Herzinfarkt wegen dir“, bat Sherise ernst.
„Okay, ich lass es, ich bin wieder sicher hier und sollte das genießen“, realisierte Emagen.
„Ja, verdammt, unser Leben ist grad verdammt gut. Ich bin im College erfolgreich, du hast ein gutlaufendes Unternehmen und wir haben zwei tolle Freunde“, bat Sherise.
„Ich hab das Unternehmen nicht mehr, ich hab es Ursula gegeben!“
„Du kannst nicht einfach so dein Unternehmen verschenken. Stell sie als Geschäftsführerin ein, dann kannst du wieder tätowieren und nur das, wie du es dir wünscht“, schlug Sherise vor.
„Das klingt nach einer guten Idee. Woher wusstest du was ich mir wünsche?“
„Ich hab dich beobachtet, wie du mich tätowiert hast, du bist eine Künstlerin, keine Geschäftsfrau, nicht, dass du das nicht toll hinbekommen hast und noch hinbekommen würdest, aber du möchtest das nicht wirklich. Ich hab nicht gedacht, dass ich mir einen Schwan auf dem Rücken wünsche, aber er passt so perfekt zu mir“, zeigte sie ihr Tattoo.
„Ist schön verheilt, passt wirklich wunderbar auf deine muskulöse Schulter. Ich bin so stolz auf dich, dass du das College so gut meisterst“, lobte sie sie.
„Danke, das kann ich nur mit deiner Hilfe. Ich bräuchte übrigens nen Fünfziger für nen neues Buch!“
„Du hättest dich ruhig an meinem Geldbeutel vergreifen können“, nahm sie ihren Geldbeutel vom Küchentresen, den sie auch zurückgelassen hatte.
„Wie geht es Rhetts Bruder?“
„Er ist in einer psychiatrischen Klinik, er wird es überleben, danke der Nachfrage. Ich danke dir auch, dass du trotz meiner ganzen verrückten Sachen, die ich in den letzten Monaten angestellt habe, immer an meiner Seite warst“, bedankte sie sich aufrichtig.
„Bitte, du warst ja auch für mich da, wenn du mir nicht gesagt hättest, dass du nicht willst, dass ich strippe, hätte ich vermutlich nicht aufgehört“, war Sherise gerührt.
„Wann hab ich das gesagt?“
„In der Nacht, in der du das Foto für Everett gesucht hast!“
„Das war eine schräge Nacht, da kann ich mich nicht dran erinnern. Ich wollte dir das eigentlich nie sagen, aber ich hab das wirklich ernst gemeint. Wie du siehst bist du zu so viel mehr fähig“, entschied sie.
„Danke, Süße, ich hab das erste Mal das meinem Gefühl etwas erreicht zu haben. Ich hab letzte Woche sogar meine Eltern angerufen“, schien Sherise mit sich im Reinen.
„Du redest mit mir über deine Familie?“, war Emagen verblüfft.
„Ja, ist eigentlich nichts Besonderes, ich hab keine Geschwister und meine Eltern sind ganz normale Staatsbürger. Und das ist im Vergleich zu deiner erfundenen Geschichte von dem Landschaftsgärtner und der Lehrerin die Wahrheit“, erzählte sie ihr.
„Ja, sorry nochmal deswegen, hättest du mir geglaubt, wenn ich dir erzählt hätte, dass ich eine Amish bin?“
„Nein, vermutlich nicht. Wie zum Henker bist du dann zum Strippen gekommen?“
„Wie das halt so läuft, modeln, tanzen, falsche Ausfahrt genommen“, fasste sie ihre letzten zehn Jahre zusammen.
„Wie lange hast du schon nicht mehr mit deinen Eltern gesprochen?“
„Ich ruf Weihnachten und zu Thanksgiving immer mal an, sie denken ja, dass ich anschaffen gehe, also ist dieses Gespräch immer sehr einseitig“, konterte sie.
„Die denken das wirklich? Ich dachte immer, das wäre so ein Spruch, den du immer ablässt!“
„Nein, für Leute ist Iowa ist vermutlich ganz Orlando ein Sündenpfuhl“, erwiderte sie.
„Dann kannst du dieses Thanksgiving mit Stolz anrufen und erzählen, dass du jetzt Menschen hilfst und einen wunderschönen Freund hast“, erklärte sie ihr.
„Ja, kann’s kaum erwarten. Und was ist mit deiner Familie? Fährst du mal wieder zu ihnen, oder tust du nur so, als ob?“, frotzelte Sherise.
„Ich bin immer noch am Überlegen wie ich meinen Neffen da wegbekomme. Er ist zu jung um zu sterben“, wurde sie wieder ernster.
„Es ist ihr Leben, in anderen Ländern sterben auch Kinder, wenn sie nicht richtig behandelt werden“, entschied Sherise.
„Ja, aber nicht in diesem Land, sie können finsteres Mittelalter spielen wie sie wollen, aber wenn nicht wenn ein Kind in Gefahr ist“, moserte sie.
„Das ist nicht deine Aufgabe, das zu entscheiden“, bemerkte sie.
„Nein, anscheinend nicht. Ich würde es mir nur wünschen. Ich ruf ihn jetzt an, bevor er wieder abhaut und ich es mir anders überlege“, konterte Emagen und rief Everett an.
Am nächsten Abend kam Sherise von der Uni heim und sah ihre beste Freundin, wie sie gerade ein Kleid anzog. Sherise starrte sie nur an.
„Kein Wort, sonst schlag ich dich“, konterte Emagen unsicher.
„Du bist so wunderschön“, staunte Sherise.
„Ich fühl mich wie verkleidet!“
„Es passt dir perfekt, es ist sexy, aber auch anständig. Wo führt er dich hin?“
„Victoria und Alberts“, sagte sie nur.
„Man, das ist ein echt edler Schuppen, da würd ich die drüberziehen“, ließ sie sie in eine rote Strickjacke schlüpfen.
„Oh man, du machst mich jetzt echt nervös!“
„Das bedeutet, dass du ihm sehr wichtig bist, er ist ein Cop, er weiß sicher auch nicht wie man sich da benimmt. Er will dich sicher nur beeindrucken“, beruhigte sie sich und fummelte in Emagens Haaren herum.
„Hey, lass meine Haare in Ruhe, ich hab Mühe gehabt, die so hinzukriegen“, moserte Emagen und fuchtelte mit den Händen Sherises Hände weg.
Wie ein richtiger Gentleman holte er sie ab.
„Hey, meine Hübsche“, begrüßte er sie mit einem Lächeln.
„Selber hey“, lächelte sie ihn auch an.
„Du kleiner Angeber führst mich also jetzt groß aus“, frotzelte sie.
„Nach allem was wir durchgemacht haben, sollten wir uns was gönnen“, entschied er.
„Ja, das sollten wir. Ich muss dir nur gestehen, dass ich kulinarisch nie über Cheeseburger und Pommes hinausgekommen bin“, erklärte sie leise.
„Ich doch auch nicht, deswegen wird das doch so interessant. Steig ein und lass dich überraschen“, bat er und sie stieg ein.
„Das Lammfleisch ist vortrefflich“, lobte Emagen das Essen, als sie an einem schicken Tisch ein Vier-Gänge-Menü aßen. Everett prustete plötzlich los.
„Was?“, fühlte sie sich unsicher.
„Wir sind nicht beim Tee bei der Queen, du kannst ganz normal reden“, war er amüsiert. Erst wollte sie wütend werden, doch dann grinste sie auch.
Der Abend verlief sehr gut und sie konnten endlich mal einen Moment der Normalität erleben. Dieser Moment wurde jäh gestört, als Everetts Mutter zum vierten Mal anrief.
„Tut mir leid, ich sollte sie kurz mal zurückrufen, vier Anrufe sind wirklich außergewöhnlich, sogar für meine Mutter“, löste er sich kurz von ihr und ging auf der Brücke, auf der sie herumschlenderten etwas voran um zu telefonieren.
Sie blieb stehen und sah in die Nacht. Er hatte keine Minute telefoniert, als er zur Seite torkelte und an der Brüstung entlang auf den Boden rutschte. Besorgt ging sie zu ihm hin. Als er nicht auf ihre Fragen antwortete, nahm sie sein Handy auf und telefonierte mit seiner Mutter.
Um ihn zu beruhigen strich sie ihm über den Kopf. Seine Mutter Tiffany trug seinen Sohn auf dem Arm und lief an ihnen immer wieder vorbei.
„Mom, setz dich bitte hin, du machst mich wahnsinnig“, sprach er das erste Mal seit Stunden wieder. Er erschreckte Tiffany damit furchtbar und sie setzte sich hektisch hin.
„Tut mir leid, Mom“, entschuldigte er sich.
„Schon gut, wir sind alle angespannt“, erwiderte Emagen und strich weiter über seinen Kopf. Sie waren in der Notaufnahme des Miami Hospitals. Jenny hatte auf dem Weg nach Hause von der Arbeit einen schweren Autounfall gehabt und sie kämpften nun um ihr Leben. Sein Sohn Lorenzo schlief friedlich auf dem Arm seiner Großmutter, er war mit dem Babysitter zu Hause gewesen.
„Ich hab mir in meinen wildesten Fantasien vorgestellt, dass ihr was passiert, aber nicht so“, gestand er plötzlich.
„Das haben wir alle, Schätzchen“, gab auch Tiffany zu und in dem Moment kam der Arzt aus dem OP. Der Mediziner schüttelte nur den Kopf und Everett schluchzte.
„Schläft er?“, fragte Tiffany, Emagen, als sie spät in dieser Nacht in einem Hotel in der Nähe des Krankenhauses in der Lobby saßen.
„Ja, Lorenzo auch?“
„Ja, er hat nicht mal nach seiner Mutter gefragt, als wüsste er es irgendwie. Ich muss gestehen, als mein Sohn mit Ihnen ankam, dachte ich, Sie wären nur ein dummes Blondchen was ihm über die Scheidung weghelfen will, aber Sie sind eine wunderbare Frau und gerade genau die richtige Frau für ihn“, lobte Tiffany ihr Gegenüber.
„Danke, denke ich. Was ist mit Jennys Familie? Hat sie jemand informiert?“
„Sie ist ein Einzelkind und ihre Eltern sind tragischer weise vor über zehn Jahren genauso wie sie bei einem Unfall ums Leben gekommen. Lorenzo wird jetzt bei Everett wohnen, so wie er sich das gewünscht hat. Ich bin aber immer für ihn da, das schafft er“, erklärte Tiffany.
„Ich werde ihm auch beistehen, egal wie die Zukunft aussieht“, entgegnete Emagen.
„Das ist schön zu hören!“
„Wenn ich das fragen darf, wieso ist Everetts Vater nicht hier?“
„Mein Mann ist emotional nicht der Stärkste und seit Jenny unseren Sohn betrogen hat, ist er nicht gut auf sie zu sprechen“, erklärte Tiffany.
„Ja, versteh ich, er ist sicher Everett sehr ähnlich. Er hat Jenny auch noch nicht verziehen, er sagt zwar, sie ist ihm egal, aber das sagt er nur, um mich nicht zu kränken“, überlegte Emagen laut.
„Er hat sie noch geliebt, sonst wäre er jetzt nicht so fertig, tut mir leid, Kleines“, entschied Tiffany.
„Nein, schon gut, ich weiß das. Ich geh zurück zu ihm, es war ein sehr langer Tag und ich brauch meine Kraft für ihn morgen. Sie müssen sicher auch zu Ihrem Enkel zurück“, entgegnete Emagen und ging ins Hotelzimmer.
Als Emagen sich völlig erschöpft ins Hotelzimmerbett legte, weinte Everett leise vor sich hin. Er stoppte, als er bemerkte, dass sie ihn von hinten sanft umklammerte.
„Lass es raus, Süßer, schon gut“, sagte sie leise und er weinte weiter.
Zwei Tage später fuhren sie mit Lorenzo im Kindersitz zurück nach Orlando.
„Na, Lorenzo, sollen wir am Wochenende ins Disneyworld gehen?“, versuchte Emagen, Lorenzo abzulenken, der verständlicherweise sehr wortkarg war.
„Das ist für meinen Sohn nichts Besonderes, wir waren mit ihm da, als er keine Woche alt war. Ich wohne um die Ecke vom Park, schon vergessen? Wir…“, erzählte er und stockte dann, um sich zu fassen.
„Schon gut, dann finden wir was anderes. Soll ich ihn in die Kita bringen nachher? Dann hast du nicht so einen Stress zur Arbeit zu kommen“, bat sie an.
„Ich will ihn selbst hinbringen, aber danke“, bedankte er sich leise.
„Okay, wie du meinst. Ich komm heut Abend wieder zu dir“, plante sie und er nickte. Sie mussten sich um Jennys Beerdigung kümmern und da Everett kaum darüber reden konnte und wollte, wollte Emagen als Außenstehende alles regeln, was geregelt werden musste.
Auch wenn es etwas makaber war, Emagen dachte bei der Planung die ganze Zeit daran, wie sie ihre Beerdigung arrangiert hätte und gestaltete es etwas schicker für die verstorbene Innenarchitektin. Everetts Vorgesetzter war nicht grade gut auf ihn zu sprechen, da er so viel gefehlt hatte und so musste er zuhause weiterarbeiten. Ihr war das ganz recht, denn ihrem Freund war alles etwas zu viel, was Jenny anging.
Da Jennifer nicht besonders viele Freunde gehabt hatte und auch keine Familie kam die gesamte Crew des Studios zu ihrer Beerdigung. Sie sahen schon etwas seltsam aus neben den wenigen Yuppie-Arbeitskollegen Jennifers. Es war nun eine Woche her, dass seine Ex-Frau den Autounfall gehabt hatte und dank der Liebe und Fürsorge, die Emagen für ihn zeigte, konnte er die Trauerfeier gut durchstehen.
„Danke, dass du sie hierher gebracht hast, das bedeutet mir viel“, bedankte sich Everett, als er eine Treppenstufe unter ihr vor dem Restaurant saß, in dem sie den Leichenschmaus abhielten.
„Ich bin nicht mehr ihre Chefin, das haben sie alle aus Respekt von allein gemacht. Rhett hab ich natürlich nicht eingeladen, das wäre dann doch zu bizarr“, entschied sie. Sie strich ihm die vergangenen Tage immer nur durch das Haar, das beruhigte ihn und sie auch.
„Solang du nicht mehr mit ihm im Bett landest kann er überall da sein, wo du bist, das ist mir egal“, bemerkte er trocken.
„Danke, aber ich weiß, dass du immer noch Angst hast, dass ich rückfällig werde. Das ist schon gut, wir sind erst so kurz zusammen, du musst nur wissen, ich liebe dich wirklich und ich respektiere eine Verlobung genauso wie eine Ehe, er ist für mich gestorben, ein für alle Mal“, versicherte sie.
„Das ist schön zu hören, ich bin etwas empfindlich auf das Thema zu sprechen, du kannst sicher verstehen wieso. Bitte sei nur immer ehrlich zu mir, wenn es dir passiert ist das zwar ziemlich heftig, aber ich möchte mir dir im Reinen sein, wenn wieder einer deiner Konkurrenten versucht dich umzubringen. Jeb hat mir übrigens erzählt, dass du deine eigene Rache an diesem Kerl genommen hast, hat es sich so gut angefühlt, wie du gedacht hast?“
„Da ich mir die Hand verletzt habe nicht wirklich, vor allem, weil ich selbst schuld dran war. Ich werde immer ehrlich zu dir sein, versprochen, Jennys Tod hat mir mal wieder gezeigt, dass alles ausgesprochen werden muss, was in einem brodelt. Du darfst dich aber nicht grämen, sie wird sich sicher für euch beide genug geschämt haben für das, was sie gemacht hat“, versicherte sie.
„Du hast dich so wahnsinnig verändert in letzter Zeit, du hast wunderbare Arbeit mit der Beerdigung und allem geleistet, obwohl das die Hölle für dich sein musste, weil sie ja meine Ex ist und wegen deinem Nahtoderlebnis und allem“, überlegte er laut.
„Wow, mein Wortschatz scheint sich auf dich abgefärbt zu haben“, schmunzelte sie über seinen seltsamen Satz.
„Ich bin etwas dicht, tut mir leid. Ich wollte meinen bösen alter Ego zwar nicht zu der Feier einladen, aber ich stehe diesen Tag nicht ohne etwas Alkohol durch“, entschuldigte er sich.
„Darf ich deinem Alter Ego eine verpassen, wenn du dich daneben benimmst?“, fragte sie freundlich.
„Ich bitte sogar darum. Du bist also nicht ganz verschwunden, wie ich sehe!“
„Mein wildes Ich wird niemals verschwunden sein, ganz sicher. Mein anderes Ego hat schon mindestens drei Pläne in Petto wie sie ihren Neffen die richtige Versorgung zukommen lassen kann, zwei davon bringen sie ziemlich in Schwierigkeiten, der dritte sogar euch beide. Man, war ein langer Tag, jetzt red ich schon in dritter Person von mir“, entschied sie.
„Nimm deine Leutchen und fahr heim, Süße, die letzten Tage waren hart für dich“, schlug er vor.
„Nein, ich lass dich nicht allein, nicht jetzt. Hey, da sind die anderen“, sah sie Jeb und Sherise auf sie zukommen.
„Hier seid ihr, alles in Ordnung?“, fragte Sherise freundlich.
„Ich musste da mal raus. Und? Haben sich die Yuppies und die Hipster schon gegenseitig kalt gemacht?“
„Nein, sie unterhalten sich eigentlich ganz angeregt, tut mir leid dass sagen zu müssen, so beliebt war deine Ex nicht“, erwiderte Jeb und bekam von Sherise sanft einen Schlag gegen die Brust.
„Schon gut, endlich sagt heute mal einer ein wahres Wort, diese ganzen Lobhudeleien über sie find ich zum Kotzen“, entgegnete Everett tonlos.
„Du musst ihr endlich verzeihen, mein Schatz, sonst wirst du noch so griesgrämig wie dein Vater“, kam Tiffany zu ihnen.
„Wo ist Lorenzo?“, fragte er nur.
„Bei Ursula, ich geh gleich wieder zu ihm. Ich wollte dir nur was zu essen bringen, das du dich heut nicht nur flüssig ernährst“, entschied Tiffany und gab ihm einen Doggy-Bag in Form eines Schwans.
„Danke, hab keinen Hunger!“
„Probier es einfach, ist lecker, deine Freundin hat ein gutes Restaurant ausgesucht. Passt auf, das er was isst, Kleines“, bat Tiffany, Emagen und ging zurück zu ihrem Enkel.
„Sie hat Recht, iss einfach ein bisschen davon, bitte“, bat Emagen und er packte den Braten aus und aß ein Stück mit bloßen Händen.
„Ja, ist wirklich gut der Braten. Ich möchte nicht hier sein“, gestand er plötzlich.
„Dann lass uns heimfahren, ich frag die anderen, ob sie hierbleiben wollen oder mitkommen“, stand Emagen auf.
„Wir können doch nicht einfach gehen“, bemerkte er.
„Wenn du das willst können wir schon gehen!“
„Dann hol die anderen“, bat er und sie küsste seinen Kopf und ging zurück ins Restaurant.
Nachdenklich räumte Emagen ihr Büro aus. Everett, der erst im Flur gesessen hatte, kam zu ihr rein.
„Ich hab mich nie entschuldigt, dass ich dein Büro durchwühlt hab, oder?“
„Ehrlich gesagt hast du nie offiziell gestanden, dass du es warst“, murmelte sie beschäftigt.
„Hab ich nicht? Ich würd ja sagen, dass ich von meinem Chef dazu gedrängt worden wäre, aber das wäre eine Lüge. Ich wollte diesen Fall unbedingt lösen, weil mich der missbrauchte Junge so sehr an meinen Sohn erinnert hat“, erklärte er.
„Ich hab dir verziehen, bist halt nen Cop, ich hätte es nur gern früher von dir gehört“, packte sie ihre Fotos ein.
„Tut mir nochmal so leid. Was machst du jetzt mit den Fotos?“, fragte er und umarmte sie liebevoll von hinten.
„Vielleicht häng ich sie im Wohnzimmer meiner neuen Wohnung auf“, sagte sie nur und er löste sich von ihr und sah sie verwundert an.
„Was? Mein Freund ist jetzt ein Vollzeit-Dad, dein Sohn sollte mal bei mir schlafen können. Jetzt, wo Sherise bezahlt wird, kann sie die Miete für den Trailer allein tragen“, entschied sie.
„Du musst nicht umziehen, wir können uns auch bei mir treffen“, bemerkte er.
„Ich bin zu alt um in einem Trailerpark zu wohnen, es wird Zeit“, schlussfolgerte sie.
„Ich werde dir helfen, eine Wohnung zu finden, habe für Jen auch ne Wohnung gesucht, als sie ausgezogen ist. Ja, ich weiß, ich bin ein Weichei“, entschied er nachdenklich.
„Red nicht so ein Mist, ich muss zugeben, als ich dich kennengelernt habe, dachte ich so, aber du bist so viel mehr. Du bist mein Held, mein Retter und meine große Liebe“, lobte Emagen ihn und kam ganz nah an ihn heran.
„Man und ich dachte ich hätte viel getrunken“, schmunzelte er.
„Ich meins ernst, ohne dein Eingreifen wäre ich jetzt tot, ich hab das schon so oft gesagt, aber erst heute wurde mir das bewusst. Ich hätte in diesem Sarg liegen können, nur weil ich so arrogant bin“, legte sie ihre Arme um seinen Nacken herum.
„Ich kann dir nicht genug danken, wie du mit der Situation hier umgegangen bist. Du hast das alles hier geregelt, obwohl sie meine Ex war und du sie gar nicht kanntest“, bedankte er sich und küsste sie kurz.
„Genau deswegen war es vermutlich so einfach für mich, weil ich sie nicht wirklich kannte“, entschied sie und er drückte sie fest an sich.
„Dafür hast du es aber super hingekriegt, so hätte sie es für sich haben wollen, denke ich. Ich sollte langsam zurück zu meinem Sohn, er ist bei seiner Grandma zwar gut aufgehoben, aber momentan will ich einfach bei ihm sein, tut mir leid!“
„Versteh ich doch vollkommen, darf ich mit dir nach Hause mitkommen?“
„Ja, ich würde es mir sogar wünschen, ich will heute Nacht nicht alleine sein“, entschied er und ging mit ihr nach draußen.
Ein wenig verkatert wachte das Paar tags drauf auf. Sie mussten beide wieder arbeiten und Tiffany würde jeden Moment kommen, um Lorenzo abzuholen.
„Willst du nen Kaffee?“, fragte Everett liebevoll, als er seiner Freundin den Kopf geküsst hatte, die vor ihm saß.
„Mir ist schlecht, lieber Tee, bitte“, bedankte sie sich müde.
„Mach ich dir. Lonz, iss deine Cornflakes“, bat er und stellte seinem Sohn die Cornflakes näher hin.
„Lonz?“
„So hat er sich selbst genannt, als er noch nicht richtig reden konnte, Jen hat ihn gern so genannt, dachte, das würde ich für sie weiterführen“, dachte er laut nach.
„Ja, das würde sie sicher freuen. Darf ich ihn auch so nennen?“
„Natürlich“, konterte er und es klingelte.
„F*… Verflixt, Mom ist schon da“, fluchte er und ging zur Tür.
Emagen hörte eine zweite Männerstimme im Flur. Nachdenklich schob sie Lorenzo die Schale erneut hin und ging zu ihrem Freund. Ein junger Mann mit hispanischen Wurzeln stand an der Tür.
„Hey, Süße, mein Partner ist nur grad vorbeigekommen um zu kondolieren. Wird Zeit dass ihr euch mal kennenlernt. Martino, das ist meine Freundin Emily, Emily, das ist Martino Reyes, mein Partner“, stellte er beide vor.
„Ich kenn dich schon so lang und hab nie gehört, dass du einen Partner bei den Cops hast. Ich hab es irgendwie gedacht, aber… wie auch immer, hey“, begrüßte sie Martino.
„Wir sind nur auf dem Papier Partner, ich bin eher seine Nanny“, schmunzelte Martino.
„Nanny?“, drehte sich Emagen zu Everett.
„Er überwacht meinen Internetzugang, so wie ich bei ihm, könnte ja sein, dass wir gewisse unangebrachte Gelüste empfinden könnten nach einer Weile“, erklärte er.
„Dann muss ich Ihnen danken, dass Sie verschwiegen haben, was er für mich gemacht hat!“
„Sie haben dafür gesorgt, dass dieser furchtbare Mann im Knast sitzt, immer wieder gern. Ich hab gehört, Sie sprechen gutes Spanisch, vielleicht können Sie ja mal Ev was davon beibringen“, machte Martino Smalltalk.
„Sì claro“, schmunzelte sie.
„Du hast mir immer erzählt, dass du das so gut kannst, aber woher kannst du Spanisch? Du bist doch bei den Waltons aufgewachsen“, fragte er nach.
„Abendschule“, sagte sie nur.
„Ah, war anscheinend nen guter Lehrer!“
„Sí, el sexo era también muy bueno[1]”, schmunzelte sie und Martino grinste
„Was?“
„Willst du lieber nicht wissen. Komm, geh dich anziehen, ich kümmere mich um den Kleinen und deinen Gast“, entschied sie und er schlurfte davon.
„Verzeihen Sie, ihm geht’s nicht so gut. Wollen Sie nen Kaffee?“, führte sie ihn in die Küche.
„Er kann froh sein, Sie zu haben“, erwiderte Martino.
„Ich mache nur, was sie getan hätte“, dachte sie laut nach und stellte die leere Cornflakes-Schüssel in die Spüle.
„Sie müssen sie nicht ersetzen, er war von ihr geschieden, vergessen Sie das nicht“, schlussfolgerte Martino.
„Lonz, ziehst du dich bitte an, deine Grandma kommt gleich“, schickte sie Lorenzo weg und der ging davon.
„Man, das ist irgendwie gruselig, wie er schon auf Sie hört. Er braucht jetzt seine neue Freundin, nicht seine Ex“, konterte er.
„Da hat er Recht, du sollst du bleiben, nicht sie werden. Er hört wirklich gut auf dich, schön. Ich sollte ihm vielleicht beim Anziehen helfen“, kam Everett mit schiefsitzender Krawatte zurück in die Küche.
[1] Ja, der Sex war auch sehr gut.
„Ich sollte eher dir beim Anziehen helfen, Süßer. Er kommt schon klar, sonst muss Tiffany halt helfen. Du musst was essen vor der Arbeit“, richtete sie seine Krawatte.
„Ich ess in der Arbeit was, versprochen. Ich werde mal zu ihm gehen, meine Mutter motzt, wenn er nicht richtig angezogen ist“, erwiderte er lethargisch und ging aus der Küche.
„Er wird schon wieder, geben Sie ihm nur Zeit“, beruhigte Martino sie.
„Ja, sieht so aus. Sagen Sie ihm, ich bin zur Arbeit gefahren“, konterte sie nachdenklich, schulterte ihre Tasche und ging einfach davon.
„Was?“, fragte Emagen genervt, als Rhett sie zwischen zwei Kunden die ganze Zeit anstarrte, während sie ihren Tisch säuberte.
„Du siehst fertig aus!“, realisierte ihr Arbeits-Ehemann.
„Ich hab seit drei Tagen nicht geschlafen, man muss kein Hellseher sein, um das zu erkennen. Bitte sieh mich nicht so an“, bat sie müde.
„Soll ich mit ihm reden?“
„Ob ich will, dass mein Ex-Lover, der noch mit mir geschlafen hat, als ich mit meinem jetzigen Freund inoffiziell schon zusammen war, mit meinem Freund redet? Nein, ich glaube nicht“, murrte sie und schmiss eine alte Tätowier-Nadel weg.
„Er ist in tiefer Trauer und das ärgert dich, weil sie seine Ex war und er eigentlich über sie hinweg sein sollte, aber man kann seine Gefühle einfach nicht so ausknipsen“, philosophierte er.
„Bitte sag mir nicht, dass du in mich verknallt bist, das kann ich grad nicht gebrauchen“, hatte sie eine echt schlechte Laune.
„Nein, bin ich nicht, ich bin verlobt“, murmelte er.
„Hat dich nicht davon abgehalten mit mir zu schlafen!“
„Ja, wenn du es grade ansprichst, ich hab dich angelogen, meine Verlobte weiß nichts davon, also posaun das nicht so raus“, gestand er.
„Urs‘, ich mach hier Feierabend, sag meinen letzten Termin ab, bitte“, bat sie mürrisch und rauschte davon.
„Kann es sein, dass ich trotz meiner Position als Geschäftsführerin keinerlei Sagen in ihrem Tun und Handeln habe?“, bemerkte Ursula kopfschüttelnd und griff nach dem Telefon.
„Ich muss grade so sehr jemanden schlagen“, bemerkte Emagen sturztrocken, als sie plötzlich neben Jebs Schreibtisch stand.
„Dir auch einen wunderschönen guten Abend, teure Freundin“, erwiderte er, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.
„Soll ich vielleicht dich schlagen, Jebediah?“, fragte sie mit dem gleichen sonoren Ton in der Stimme.
„Wir treffen uns immer hier im Keller, ich trommle ein paar Jungs zusammen, warte dort auf mich“, gab sie ihr einen Schlüssel und erklärte ihr den Weg dorthin.
„So meine Herren und die Dame, für alle, die die Regeln noch nicht kennen, Schläge über dem Knie und unter der Hüfte sind verboten, Jungs, ich weiß wie sehr ihr Brüste liebt, ich mein zumindest die meisten von euch, die sind für euch auch tabu. Ihr müsst sie nicht schonen, ich weiß, wie sie austeilen kann. Da sie erst vor ein paar Monaten ne Kugel eingefangen hat, ist die Hüfte für euch auch tabu, richtig, Süße?“, drehte sich Jeb zu Emagen, die mit ihm in der Mitte des Raums stand, um sie herum eine Handvoll Männer.
„Gib mir Tape und ein Polster und das passt schon“, sagte sie trocken.
„Gut, besorg ich dir. Okay, zieht eure Handschuhe und euren Kopfschutz an, wir wollen ja nicht, dass wir blöde Fragen beantworten müssen“, bat Jebediah und sie folgten seinen Anweisungen.
„So, Jungs, wer will als Erster? Ich weiß, ihr wollt es“, provozierte Emagen die Männer und ein etwas schmächtiger junger Mann trat mutig vor.
„Ihr schickt den Buchhalter vor? Meinetwegen, ist ne gute Aufwärmübung“, machte sie sich fertig.
„Nur, dass du es weißt, ich bin ein forensischer Buchhalter“, begann der Kerl mit ihr zu kämpfen.
„Also du kontrollierst die Hausaufgaben von anderen anstatt sie zu machen“, frotzelte sie und bekam einen Schlag gegen ihren Kopfschutz.
„Okay, wir haben ja Mumm in den Knochen, zeig was du draufhast, Nerd“, legte sie richtig los. Während sie boxten, kam Everett zu ihnen runter.
„Hey, ich wollte grad zu meinem Wagen, da hab ich gesehen, dass du auch noch da bist, was wird das hier?“, stellte er sich neben Jeb, der den Auflauf der Männer beobachtete, der die Kämpfer anfeuerte.
„Nichts Kumpel, geh zurück zu deinem Sohn, der braucht dich jetzt“, stellte Jeb sich vor ihn, dass er seine kämpfende Freundin nicht sah.
„Okay, machst du jetzt einen auf Edward Norton, oder wie? Ich weiß, dass du hier deine kleinen Kämpfe organisierst, tu was du nicht lassen kannst, Kumpel. Warte, das ist doch Emagens Tasche, oder?“, erkannte er Emagens Tasche neben sich.
„Nein, das ist eine ganz normale Tasche, die hier jemand vergessen hat!“
„Ah… diese Tasche erkenne ich von weitem, niemand hat so eine ausgefallene selbstbemalte Tasche. Wo ist sie?“, fragte er seinen Kumpel ernst.
„So Bücherwurm, das hast du nun davon, dich mir in die Quere zu stellen. Wer will als nächstes?“, tönte es plötzlich großspurig aus der Menschenmenge und die teilte sich.
Sein Gesicht in seine Hand vergraben, zeigte Jeb mit seiner anderen Hand auf Emagen.
„Anscheinend haben wir grade einen freiwilligen gefunden, wie sieht es aus, Süßer, zeigst du mir, was du außerhalb des Schlafzimmers zu bieten hast?“, hatte sich Emagen in Rage gekämpft und kam auf ihn zu.
„Handschuhe“, sagte er nur und seine Kollegen raunzten vor Ehrfurcht.
„Hast du Angst, deine manikürten Fingernägel abzubrechen?“, frotzelte sie und sie begannen zu kämpfen. Sie reizte ihn aufs Blut, sie wusste auch nicht wieso, aber sie war irgendwie innerlich stinksauer auf ihn gewesen. Sie war keine kleine und schmächtige Frau, aber sie kämpfte gegen einen nicht grade kleinen, schmächtigen Mann. Das hatte zur Folge, dass sie nach zehn Minuten Kampf k.o. am Boden des Kellerraums lag. Die Polizisten verschwanden um keinen Ärger zu bekommen und ließen die drei Freunde alleine.
„Emily, bitte steh auf, ich wollte dich nicht so fest treffen, bitte sag was“, kniete Everett entsetzt zu Emagen hin.
„Ich heiß Emagen, verdammt, ich will nicht mehr Emily heißen“, murmelte sie, als sie wieder zu Bewusstsein kam und er nahm liebevoll und vorsichtig ihren Kopfschutz ab.
Sie blutete am Auge und an der Lippe.
„Du hast mich ganz schön erwischt“, wischte sie sich das Blut von der Lippe.
„Bitte stirb nicht“, sagte er fast weinend.
„Ich sterb doch nicht, mir geht’s gut“, stand sie mit wackeligen Beinen auf.
„Uh, nicht gut“, war ihr furchtbar schwindelig.
„Krankenhaus?“, fragte Jeb nur und Everett nickte.
„Freie Klinik, bin immer noch nicht versichert“, bat sie und die Männer brachten sie dorthin.
Marilyn arbeitete zufällig in der Klinik, als sie dort ankamen.
„Hey, wer war das denn?“, wollte Marilyn vorwurfsvoll wissen, als sie ihre blutende Patientin sah, und Everett reckte beschämt die Hand.
„Ich könnte dich jetzt echt schlagen, Junge“, raunzte Marilyn.
„Nein, Mar‘, ich wollte es so“, versp rach Emagen, während sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
„Ich hab aufgehört den seltsamen Sexpraktiken von euch jungen Leuten zu folgen, warum zum Teufel wolltest du, dass er dich blutig schlägt?“
„Wir haben gekämpft, weniger fragen, mehr heilen, ja?“, bat Emagen benommen.
„Ich muss nichts nähen, dein Freund ist ja nicht grad Arnold Schwarzenegger, aber dein Kopf sollte sich ein Arzt ansehen. Dr. Fisher ist grad noch an einem Patienten dran, aber ich kümmere mich darum, dass ihr gleich danach drankommt. Ich dachte, du wärst verknallt in ihn, okay, das hat dich das letzte Mal auch eher gehindert, einen Mann zu verlassen“, plapperte Marilyn.
„Mar‘, so weit bin ich nicht in unserer Beziehung, dass ich mit ihm alles teile. Er ist der liebste, treuste Mann den ich mir vorstellen kann und er hat das nur gemacht, nachdem ich ihn fünf Minuten aufs derbste provoziert habe. Das scheint ein Problem von mir zu sein, dass ich nicht weiß, wann ich einfach mal die Klappe halten sollte. Tut mir Leid, mein Süßer“, tätschelte sie Everetts Gesicht.
„Mir tut es leid, ich hab meine Trauer und meinen ganzen Ärger auf diese Sache, die hier passiert ist auf dich projiziert, obwohl du so eine perfekte Freundin warst, die alles geregelt hat. Ich hätte dir das nicht aufbürden sollen“, entschuldigte er sich und küsste sie sanft.
„Ma’am, könnten Sie mir vielleicht behilflich sein bei einer Allergie die ich habe“, lockte Jeb, Marilyn weg, dass die beiden mal allein sein konnten.
„Du bist heut Morgen einfach so weg“, sagte er plötzlich.
„Ja, ich weiß, ich will stark für dich sein, aber ich kann nicht“, begann sie zu weinen.
„Nein, du bist es, nur weil du in dieser Zeit bei mir bist. Du musst nicht bleiben, du kannst immer gehen, ich hoffe, dass weißt du“, strich er ihr sanft mit der flachen Hand über die Wange. Wortlos schob Emagen seine Hand über ihr T-Shirt und ließ ihn ihre Narbe an der Hüfte fühlen.
„Die indianischen Ureinwohner glauben, dass wenn man jemandem das Leben rettet einem das Leben des anderen dann gehört, dir gehört mein Leben, ich will nirgendwo anders ein“, bemerkte sie mit voller Liebe und küsste ihn lange.
„Eigentlich geht das Sprichwort anders, Süße!“
„Ruinier es nicht, Schatz“, murmelte sie und umarmte ihn fest.
Als sie Arm in Arm die Klinik verließen, bremste Sherise mit ihrem laut röhrenden Moped, was sie sich besorgt hatte, weil sie ja immer nur noch ein Auto hatten, vor ihnen.
„Süße, geht’s dir gut?“, sprang sie vom Moped und umarmte Emagen stürmisch.
„Man, ich hab vergessen dass Jeb und du jetzt an der Hüfte zusammengewachsen seid, mir geht’s bestens“, bemerkte Emagen beruhigend.
„Jeb hat mich nicht angerufen, sondern Marilyn, sie hat mir gesagt, dein Freund schlägt dich. Ich hab es echt von allen dein Exen erwartet, aber nicht von ihm“, sah sich Sherise Emagens leichtes Veilchen an, während er Everett sauer ansah.
„Lass ihn, ich hab ihn provoziert“, entgegnete Emagen.
„Nein, hast du nicht, es ist nie die Schuld der Frau“, sagte sie mitfühlend.
„Wir haben im Fight-Club miteinander gekämpft, ich hab meine Kraft überschätzt, bin wirklich selbst schuld. Er hat schon genug Schuldgefühle, lass ihn“, bat Emagen. Sherise sah Emagen an, dann Everett und dann wieder Emagen.
„Ihr seid beide solche Idioten, ich hoffe, dass wisst ihr. Das gibt ein blaues Auge“, sagte Sherise kopfschüttelnd.
„Ja, kriegt er auch, schon gut. Solltest du nicht bei der Arbeit sein?“
„Wer bist du? Mein Boss?“, grinste Sherise und Emagen grinste auch.
„Ich fahr gleich zurück, dir geht’s wirklich gut, ich kann dich mit dem Bullen alleinlassen?“
„Ja, kannst du, wir beide sollten mal was machen, was wir ne ganze Weile nicht mehr gemacht haben“, schmunzelte Emagen und drückte sich fest an ihren Freund.
„Okay, mehr Infos als ich haben wollte. Da Tiffany vermutlich schon bei ihm zu Hause ist, schlaf ich heut Nacht bei Jeb, nehm ich mal an?“
„Ja, vielen Dank. Viel Spaß ihr beiden und landet nicht wieder in der Notaufnahme bei euren Spielchen“, erwiderte sie kopfschüttelnd, stieg wieder auf ihr Moped und düste wieder davon.
„Wenn sie nicht bald mit dem Bemuttern aufhört, muss ich sie auch mal in den Fight-Club mitnehmen“, dachte Emagen laut nach.
„Du willst da wieder hin?“, war er überrascht.
„Ja, auch wenn wir in der Klinik gelandet sind, das hat echt gutgetan“, entschied sie und ging voran zum Auto.
„Ich wusste gar nicht, wie sehr es dich gereizt hat, mich zu verprügeln“, konterte er kritisch.
„Nicht dich in per se, Männer halt, die ganze aufgestaute Wut, die ich gegen meine Exen gehabt habe, sind wie weggeblasen, ich wusste gar nicht, wie wütend ich gewesen bin“, war sie total aufgekratzt.
„Auf mich?“, fragte er kleinlaut.
„Nein, Süßer, du hast endlich das Muster von Volldeppen durchbrochen, dank dir kann ich wieder an die große Liebe, an Ehe und Kinder glauben, weil du mir gezeigt hast, dass nicht alle Männer verprügelt werden müssen“, erklärte sie und küsste ihn stürmisch.
„Und trotzdem hast du mich verprügelt!“
„Ich war sauer auf dich, weil du deine Ex plötzlich als Heilige verehrst, obwohl sie dir so wehgetan hat mit deinem Kollegen und dass sie dir einfach Lorenzo weggenommen hat“, erläuterte sie weiter.
„Bei der Beerdigung habe ich ihr all ihre Sünden vergeben, du bist doch auch Christin, wir machen das doch, oder?“
„Du hast ihr vergeben?“
„Ja, ich hab ihr vergeben und jetzt wo du ihren Lover verdroschen hast, geht’s mir noch besser“, schien er wirklich seinen Frieden gefunden zu haben.
„Du hast sie wegen dieser mickrigen Gestalt von Buchhalter verlassen?“, versuchte sie ein Grinsen zu unterdrücken.
„Ich warne dich, so geschlossen sind dann diese Wunden auch nicht“, murmelte er.
„Er ist ein hässlicher Klotz, da bist du 120-prozentig attraktiver“, säuselte sie und fuhr über seine Brust.
„Genau das wollte ich von dir hören. Lass uns zu dir nach Hause fahren, ich könnte ne Runde Schlaf gebrauchen“, bat er.
„Schlafen, du willst jetzt echt schlafen?“
„Ja, tut mir leid!“
„Nein, entschuldige dich nicht, ich habe jetzt drei Tage nicht geschlafen, das ist auch mein größer Wunsch“, konterte sie und sie fuhren zu ihr.
Spät in dieser Nacht wurden sie geweckt, als es heftig an das Gitter des Trailers klopfte.
„Oh man, wer auch immer das ist, knall ihn ab“, murmelte Emagen, die friedlich im Arm ihres Freundes geschlummert hatte.
„Das ist dein Trailer, du musst gehen“, sagte er halb schlafend.
„Ich hab mich getäuscht, du bist doch nicht der Traumprinz“, jammerte sie, schlüpfte in ihre Flipflops und ging zur Tür. Dort stand Sherises ehemaliger Boss, Ron.
„Sie ist nicht hier, Ron, für dich eh nicht mehr, was machst du überhaupt hier nach all den Monaten?“
„Das Geschäft läuft miserabel, seit Beauty nicht mehr da ist, ich will sie wiederhaben!“
„Sie arbeitet jetzt für mich, Ronald, du kriegst sie nicht wieder, der Teil ihres Lebens ist vorbei“, sagte sie ruhig, aber bestimmt.
„Das hast du nicht zu entscheiden, Knast-Schwester“, packte der übergewichtige Besitzer des beliebten Nachtclubs sie plötzlich fest am Arm.
„Lass mich los, du tust mir weh“, hatte sie die Reaktion nicht erwartet und bekam etwas Angst.
„Du hast die Lady gehört, Flossen weg“, stand Everett plötzlich hinter ihr nur in Spongebob-Shorts, seine Waffe wie ein Gangster vorne in die Shorts gesteckt.
„Wer bist du, ihr Knastflittchen?“, fragte Ron unbekümmert.
„Ich bin von der Sitte, Freundchen, ich kann deinen Laden in nur vierundzwanzig Stunden wegen Prostitution schließen lassen“, drohte sie ihm und zeigte ihm seine Marke.
„Ich unterhalte ein legales Establishment, Officer“, wurde Ron kleinlaut und ließ sie los.
„Das werden wir mal sehen, irgendwas werden wir schon finden, sei’s Glückspiel, oder eine nicht so legal angemeldete Tänzerin“, drohte er ihm.
„Schon gut, dann muss ich mir wohl eine andere Tänzerin suchen, noch einen wunderschönen Abend, Officer“, stolperte er davon.
„Man, das wollte ich immer mal schon machen“, schmunzelte Everett und zog seine kalte Waffe wieder von seinen Kronjuwelen weg.
„Das ist echt das erste Mal, dass ich die Vorteile sehe, mit einem Bullen zusammen zu sein, Sherise wird dir dafür sicher auch noch danken. Ganz plötzlich bin ich gar nicht mehr so müde“, säuselte sie und zog ihn an seiner Shorts zurück ins Bett.
Skeptisch sah sich Emagen ihr Veilchen im Spiegel an.
„Du siehst echt schlimm aus, du solltest heut einen Tag frei machen, sonst werden deine Jungs mich noch umbringen“, entschied Everett, der hinter ihr erschien.
„Wenn du mich hinbringst, werden sie es verstehen, du siehst aus wie Rocky“, schmunzelte sie und lehnte sich erschöpft an seine Brust.
„Du hast echt zugehauen, bist du sicher, dass zwischen uns alles in Ordnung ist?“
„Ja, ist es, wollte gestern nur beweisen, dass ich nicht schwach bin!“
„Du bist stärker tätowiert als jeder Hells Angels-Boss und vermutlich genauso stark, keiner hält dich zu schwach, Schatz“, entgegnete er und umarmte sie fest an sich gedrückt.
„Schatz?“, fragte sie.
„Emily war schon zu viel, oder?“, realisierte er.
„Nein, Schatz ist irgendwie schön, bin noch von keinem Mann so genannt worden. Ich muss dir was gestehen, bitte flipp nicht aus, das hat nichts mit unserer Beziehung zu tun…“, begann sie plötzlich.
„Willst du mir sagen, dass ich grün und blau geprügelt wurde, weil du eigentlich sauer auf Rhett warst?“
„Verdammt, er hat dich angerufen, oder? Ich hab ihm gesagt, er soll das lassen“, murrte sie und löste sich von ihm.
„Er war ehrlich zu mir, das respektiere ich. Er will seiner Verlobten jetzt treu bleiben und ich glaube ihm. Ich hab ihm auch angedroht dass ich eine nicht registrierte Waffe habe, die ich auch einsetzten werde, wenn er von seiner Bahn abkommt“, erklärte er trocken.
„Wirst du diese Waffe auch gegen mich einsetzen?“, wurde ihr mulmig.
„Schatz, ich bin ein Cop, ich habe nur zwei registrierte Waffen die ich nur im Dienst einsetze, so gut müsstest du mich inzwischen kennen“, sagte er ruhig.
„Ah, okay“, murmelte sie.
„Bitte hör auf mich so anzusehen, ich bin ein Nerd, kein Freak, weißt du doch“, war er erschreckt, dass seine Freundin ihn so ansah.
„Er gehört zu meiner Familie, bitte töte ihn nicht, okay?“
„Ich habe nicht die Absicht ihm oder Gott bewahre dir irgendwas anzutun. Grinst du mich da etwa grad an?“, versuchte er sich zu erklären, als sie anfing, breit zu grinsen.
„Du bist so ein Nerd, das liebe ich so an dir“, neckte sie ihn.
„Mach das nie wieder, du hast mich zu Tode erschreckt“, atmete er erleichtert tief durch und sie küsste ihn lange.
Zu Thanksgiving machte Emagen etwas, was sie noch nie gemacht hatte, sie lud alle ihre Freunde und Kollegen zum Thanksgiving-Fest in ihre neue Wohnung ein. Sherise war mit ihrem Freund bei ihren Eltern. Sie hatte sie fast das Gefühl eine Familie zu haben, als sie mit Everett und Lorenzo das Thanksgiving-Essen vorbereitete. Als es klingelte, rannte Lorenzo zur Tür. Keine Minute später kam er schreiend zurück und umklammerte das Bein seines Vaters.
„Hey, Kumpel, was ist los, wer war das an der Tür?“, wunderte sich Everett und nahm ihn auf den Arm.
„Ein böser Mann“, bemerkte Lorenzo nur mit erschreckter Stimme.
„Nimm du ihn, bleibt hier, ich ruf euch, wenn es sicher ist hinzukommen“, flüsterte Everett, nahm seine Waffe vom Küchenschrank und ging zur Tür.
„Emily“, hörte sie Everett mit seltsamem Ton in der Stimme.
„Ist es sicher zu kommen?“
„Ich denk schon“, rief er und sie kam mit Lorenzo auf dem Arm zur Tür. Dort stand in Pilger-Tracht passend zum Anlass ihr Bruder Benjamin mit seinem Sohn Nathan vor der Tür.
„Emily, wir brauchen deine Hilfe“, bat Benjamin. Nathan sah wirklich nicht gut aus.
„Natürlich, kommt rein, Lorenzo, zeigst du Nathan mal dein Zimmer, was du hier hast? Ich möchte mit dem netten Mann gern mal allein reden“, bat sie Lorenzo, ließ ihn runter und die Kinder gingen ins Gästezimmer.
„Tut mir leid, Bruder, Lorenzo hat in seiner Kita gerade gelernt, was wir den armen Indianern damals angetan haben“, entschuldigte sich Emagen amüsiert.
„Er wird sterben, wenn er nicht operiert wird“, begann Benjamin zu erklären und Emagens Lächeln erstarb.
„Okay, was können wir tun?“, bat Everett höflich an.
Zwei Stunden später saßen die Mitarbeiter des Tattoo-Studios, zwei Amishe und Everett mit seinem Sohn am reichlich gedeckten Tisch.
„Okay, ich fang an. Ich bin dankbar dafür, dass ich noch am Leben bin, ganz offensichtlich, ich bin noch mehr dankbar dafür, dass ich die Liebe meines Lebens treffen durfte, aber am Meisten bin ich dafür dankbar, dass ich nach so vielen Jahren wieder mit meiner Familie in Kontakt bin und ich hoffe, dass das auch so bleibt, denn endlich hab ich gemerkt, dass meine beiden Leben zusammenpassen und dafür bin ich unendlich dankbar!“
„Das hast du wunderschön gesagt, das war auch überhaupt nicht kitschig“, frotzelte Everett und sie sah ihn erst böse an, grinste aber dann breit.
Tag der Veröffentlichung: 25.10.2016
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