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Erstes Kapitel


Penelope „Penny“ Di Stefano zog die Augenbrauen hoch, während sie ihrem Verlobten
zusah wie er Man-Scaping betrieb. Dies beinhaltete die vollkommene Entfernung
seiner Körperbehaarung. Er war ein „Guido“, wie sich die jungen Männer an der Küste von New Jersey selber nannten. Sein Leben bestand aus Sonnenbank, Fitnessstudio und Sauftouren, seine Eltern machten in Immobilien und so konnte er sich das alles leisten.
„Gefällt dir, was du siehst, Babe?“, riss Luca sie aus ihren Gedanken und poste mit seinen muskulösen Oberarmen.
„Ja, Babe, göttlich“, bemerkte sie nachdenklich und er knutschte sie ab. In zwei Wochen sollte ihre Hochzeit sein, sie war aber nicht mal ansatzweise bereit dazu. Zwei Jahre zuvor war sie wegen ihrer Doktorarbeit aus Baltimore zum Jersey Shore gekommen, sie hatte nun einen Doktortitel, war aber irgendwie im Shore geblieben, weil sie sich in Luca verliebt hatte. Sie waren jetzt sechs Monate verlobt und seit einem Monat schien sie aus ihrem „Shore-Zustand“, wie sie es in ihrer Desertation genannt hatte, zu erwachen.
„Freust du dich schon auf deine Party?“, fragte sie Luca.
„Ja, wird voll geil“, konterte sie und zupfte an ihrem Leoparden-BH, den er ihr geschickt runtergezogen hatte. Sie konnte sich an diesem Tag nichts Stressigeres vorstellen, als einen Junggesellinnen-Abschied mit ihren Jersey-Mädels durchzuziehen, aber irgendwie war ihr Gehirn zwei Jahre zuvor im Stand-By gelandet und sie hatte Schwierigkeiten es wieder anzustellen.
 
Sie stellte sich vor ihren Kleiderschrank. Bei ihrer Recherche für ihre Doktorarbeit hatte sie eindeutig zu viel Jersey Shore gesehen, ihre Klamotten hatten alle entweder ein Tiermuster oder Farben, die auch ein farbenblinder in dunkelster Nacht hätte sehen können.
Es war niemals ihr Plan gewesen, dort zu bleiben, sie hatte ihre Eltern und ihren kleinen Bruder in Baltimore zurückgelassen und komplett den Kontakt zu ihnen abgebrochen. Sie hatte schon zwei Geburtstage ohne sie gefeiert und bald sollte noch ein größeres Fest in ihrem Leben stattfinden und sie waren nicht dabei. Sie schnaufte nachdenklich, zog etwas aus dem Schrank und zog es an.
 
„So, Bitches, wo geht’s hin?“, begrüßte Penny ihre Freundinnen stürmisch, als sie sie an diesem Abend stilecht in einer quietschgelben Limousine abholten.
„AC, Bitch, wohin denn sonst?“, quietschte Cordy, eine ihrer Guidettes, ihr schon entgegen.
„Waren wir da nicht schon zu oft?“, fragte sie kritisch, schob aber gleich ein „AC, Bitches“ ein, um ihre eigentlich gute Erziehung zu verschleiern. Ihre fünf Mädels in der Limo waren schon so dicht, dass sie nur grölend zustimmten.
 
Der Rest der Nacht verschwamm in einer mysteriösen Blase von mieser Elektromusik, einem Trip auf einem Ausflugsschiff und viel zu viel Alkohol.
 
Während die selbst erwählte Guidette, Party mit ihren Pseudo-Freundinnen machte, brach in Point Pleasent der 28-jährige Fischer Maeron Stillman auf, seiner Arbeit auf See nachzugehen. Sein Kollege und Kumpel Dorian wartete in seinem Truck schon auf ihn.
„Da bist du ja, Mae, schläft sie endlich?“, fragte ihn Dorian und bezog sich dabei auf Maerons dreijährige Tochter Maddie. Er war nach dem Tod seiner Frau ein Jahr zuvor wieder zu seinen Eltern gezogen und zog seine Tochter mit ihnen zusammen auf.
„Es ist halb zwei in der Früh, sie schläft schon ne Weile, Dorian, hatte nur wieder ne hitzige Diskussion mit meiner Mutter über meine nächtlichen Ausflüge. Ist ja nicht so, als würde ich Party machen, ich muss Geld für mich und meine Tochter verdienen“, raunzte er und warf sein Zeug auf den Rücksitz, bevor er sich auf den Beifahrersitz fallen ließ.
„Mütter sind nie zufrieden, zumindest hattest du schon eine Familie, meine Mutter nervt mich ständig damit, aus ihrem Keller auszuziehen“, erklärte Dorian und fuhr los.
„Sensibel wie immer, Junge, aber was kann man um zwei Uhr nachts auch von dir erwarten. Ja, ich hatte meine Familie, jetzt leb ich mit zwei Diktatoren zusammen, die eigentlich von sich behaupten coole 68er zu sein, du bist nur zu faul zum aus ziehen“, murmelte Maeron und sah ihn an.
„Tschuldige, Mann, ich hab noch bis halb eins Grand Theft Auto gespielt, das macht einfach so süchtig“, erklärte er ihm.
„Halt an, dann fahr ich“, bat Maeron.
„Danke, Mae, sonst bauen wir noch nen Unfall bevor wir am Meer sind“, hielt Dorian an.
„Alter, das sind 10 Minuten Fahrt“, wunderte sich Maeron und sie wechselten den Sitzplatz.
„Das war ein acht Stunden Marathon, konnte fast nicht aufhören“, entschied Dorian.
„Lass dass das nächste Mal, ich kann den Kutter nicht alleinsteuern während du unter Deck pennst“, murrte Maeron und fuhr weiter.
 
Es war fast vier Uhr morgens als sie auf dem Meer draußen waren und die Netze ausgeworfen hatten. Es würde jetzt eine Weile dauern, bis etwas ins Netz ging. Dorian war schon beinahe im Wagen eingepennt und schlief jetzt tief und fest. Das war Maeron ganz recht, denn nun konnte er im Licht seiner Taschenlampe einen Elternratgeber lesen, das war der einzige Zeitpunkt am Tag an dem seine Eltern nicht darüber lästern konnten, das er so etwas las.
Als seine Augen von dem schummrigen Licht brannten, legte er das Buch kurz weg und sah einem Ausflugsdampfer zu, der sich in der Ferne an ihnen vorbei bewegte. Plötzlich ertönte ein Alarm von dem Dampfer und er sah Gestalten die sich über die Reling beugten. Anscheinend war jemand über Bord gefallen, denn er sah Leute hektisch auf und abrennen.
„Alter, du verpasst was, ich glaub der Dampfer da hinten hat einen „Mann von Bord““, weckte er seinen schlafenden Kumpel.
„Wenn du schon allein säufst, Kumpel, lass mich wenigstens schlafen“, bat Dorian schläfrig und Maeron stand auf und begann das Netz einzuholen.
„Dori‘, hilf mir das Netz einzuziehen“, befahl er ihm und weckte ihn grob, indem er ihn von seinem Campingstuhl kickte.
„Alter, du hast schon was gefangen? Warum sagst du das nicht gleich?“, rappelte sich Dorian auf und zog auch am Netz. Er zog aber ins Leere.
„Fehlanzeige, Alter“, erwiderte er und wollte das Netz wieder reinwerfen.
„Nein, lass es oben, wir fahren dahin und helfen suchen“, sagte Maeron ernst und ging ans Steuer.
„Sonst geht’s dir proper, oder? Simon erwartet uns in zwei Stunden am Hafen, wenn wir dann keinen Fisch dabeihaben sieht es diesen Monat mit dem Geld für den Kindergarten deiner Tochter düster aus, mein Freund“, moserte Dorian.
„Ist eh zu hell heut Nacht, willst du morgen in der Zeitung lesen, dass sie ne Leiche aus dem Wasser gefischt haben?“, wollte Maeron wissen und gab Gas.
„Wie du willst, jammere mich dann später aber nicht voll“, nörgelte Dorian und packte die Rettungsweste aus einer Schublade.
Sie fuhren einige Male den Bug des Dampfers ab und Dorian stocherte mit einem Besen die Wasseroberfläche ab. Plötzlich ertastete er einen Körper.
„Ich hab da was“, rief er Maeron entgegen und der stellte den Motor ab.
„Hilf mir“, warfen sie das Netz wieder aus und zogen die leblose Person an Bord.
Dorian starrte verwirrt die leichtbekleidete junge Frau an, die in schrille Farben und Leopardenmuster gekleidet war.
„Man, Alter, wir haben schon viel im Netz gehabt, aber eine Guidette hatten wir noch nie und das muss was heißen, die sind leichter zu haben als wie Pornos“, konterte Dorian perplex.
Maeron drehte die junge Frau auf den Rücken und fühlte ihren Puls. Sie hatte einen und schien auch zu atmen, war aber bewusstlos, was entweder auf den Alkohol zurück zu führen war, den sie in Massen getrunken zu haben schien, oder dem harten Schlag aufs Wasser.



„Oh Mann, das nenn ich mal ein betrunkenes Flittchen. Funk mal den Dampfer an und sag ihnen, das wir Arielle das Meerjungflittchen aufgegabelt haben und sie sie hier abholen können“, plante Maeron und wischte ihr sanft die Haare aus dem Gesicht. Es war Penny.

Zweites Kapitel

 
Dr. Penelope Di Stefano wachte mit dem größten Kater ihrer Laufbahn auf einem Bett in der Sanitätsstation der Küstenwache auf. Sie war während der Zeit als Guidette schon an den bizarrsten Orten aufgewacht, das knackte aber nicht mal ihre Top Ten.
„Ciao, Bella, kann man wach sein?“, fragte eine aufdringliche Stimme.
„Nie wieder“, murmelte sie vor sich hin.
„Wenn ich für jedes Mal, dass ich das höre nur immer einen Dollar bekommen hätte, wär ich ein reicher Mann. Tut Ihnen was weh?“, wollte die Stimme etwas freundlicher wissen. Als sie wieder klarer sehen konnte sah sie in die hübschen braunen Augen eines Kerls, der wie ein Fischer gekleidet war.
„Sie sind nicht von der Küstenwache“, realisierte sie.
„Ja, gut geraten, ich hab sie hierher geschippert, das Ausflugsschiff, was sie verloren hatte, konnte sie nicht mehr an Bord bringen. Mein Kollege ist ganz schön stinkig, das ich Ihnen zur Rettung geeilt bin, das hat uns die ganze Tour versaut und jetzt liegen wir mit einem unserer Abnehmer im Clinch“, erklärte Maeron.
„Ich bezahl ihnen die Verluste, verzeihen Sie“, entschuldigte sie sich höflich.
„Sie sind die höflichste Guidette, die ich jemals kennengelernt habe“, war er verwirrt von ihrer Etikette.
„Ich meine, kannst du stecken, Alter“, brabbelte sie.
„Sie sind eine wirklich seltsame Guidette“, murmelte er.
„So, jetzt haben wir endlich Ihren Hintergrund recherchiert, Dr. Di Stefano, was auch immer eine angesehene Verhaltenstherapeutin im Guidette-Outfit auf offener See macht, ich will’s eigentlich gar nicht wissen“, entschied der Mann von der Küstenwache und gab ihr ihre mächtig funkelnde Tasche wieder.
„Nicht Ihr Problem, Sie haben meinen Bi… ich mein Freundinnen doch nicht gesagt, dass ich einen Doktortitel hab, oder?“, hoffte sie.
„Keiner ihrer Freundinnen war hier, Sie waren auf Sauftour nach Atlantic City nehm ich mal an?“, wollte der Kerl wissen.
„Als wir das Boot betraten war ich schon so hacke, dass ich das für ne tolle Idee fand. Mein Verlobter war auch nicht da?“
„Das war Ihr Junggesellinnenabschied?“, warf Maeron ein und sie sah ihn genervt an.
„Richtig, auch nicht mein Problem. Gut, wenn Sie dann wieder fit und munter sind, hau ich ab und versuch das mit unserem Abnehmer zu klären“, erklärte Maeron und machte die Tür auf.
„Wie ist Ihr Name?“, fragte Penny, Maeron plötzlich.
„Maeron Stillman, Ma’am“, stellte Maeron sich höflich vor.
„Autsch, das Ma’am hat jetzt mehr wehgetan als mein Kater. Ich bin Penny und danke, dass Sie mich gerettet haben“, bedankte sie sich.
„Immer wieder gern, aber ehrlichgesagt, machen Sie das nie wieder“, schmunzelte Maeron und ging davon.
„Soll ich Ihren Verlobten für Sie anrufen?“, fragte der Mann von der Küstenwache plötzlich, sie schüttelte aber den Kopf.
„Okay, wie Sie meinen, aber Sie sind in Sea Bright auf ein Schiff gestiegen und jetzt sind Sie in Manasquan, das sind vierzig Meilen bis nach Hause“, erklärte er ihr.
Barfuß mit ihren Leopardenfellpumps in der Hand eilte sie Maeron hinterher.
„Hey Seemann, können Sie mich nen Stück mitnehmen?“, rief sie ihm entgegen, bemerkte aber schnell die Nachwirkungen ihrer Sauftour und übergab sich in einen Mülleimer.
„Auch wenn ich einer Jungfrau in Nöten immer gern helfe, aber sie sind weder das eine noch das andere“, kam er mit einem breiten Grinsen auf den Lippen zurück zu ihr und hielt ihr die Haare zurück.
„Mein Leben ist aus den Fugen geraten“, begann sie plötzlich zu weinen.
„Ganz offensichtlich“, musterte er sie. Sie war durchnässt, dicke Make-Up-Bahnen zierten ihr Gesicht und ihre Klamotten sprachen für sich.
„Sie sind gemein“, ließ sie sich auf den Boden neben dem Mülleimer plumpsen.
„Nein, nur ehrlich. Sind Sie wirklich ne Therapeutin?“
„Hab ne Doktorarbeit eingereicht, praktiziert hab ich nie. Und in ein paar Tagen heirate ich einen Guido, meine Mum wäre so stolz“, suchte sie Taschentücher in ihrer Tasche, die sie zwar fand, die aber komplett durchnässt waren.
„Ich hab vor einem Jahr meine Frau verloren und musste wieder bei meinen Eltern einziehen“, setzte sich Maeron neben sie auf den Boden.
„Okay, Sie haben gewonnen. Ich hab das nur aus Studienzwecken angefangen, aufhören konnte ich aber anscheinend nicht“, murmelte sie.
„Das ist genauso wie mit mir und dem Alkohol. Gott sei Dank bin ich am Tiefpunkt angekommen und konnte mich mit Hilfe meiner Familie wieder da rausziehen“, dachte Maeron laut nach.
„Können Sie mich mitnehmen?“, sah sie ihn an.
„Wo wohnen Sie denn?“
„Eatontown!“
„Das sind zwanzig Meilen weg von meinem eigenen Ziel. Ich muss das mit meinem Abnehmer klären und kurz bei meiner Tochter vorbeisehen, dann kann ich Sie heimbringen“, gab er nach.
„Das ist lieb, danke, bis dahin weiß ich hoffentlich was ich will“, rappelte sie sich auf.
„Dann lassen Sie uns gehen“, bat er und stand auch auf.
 
„Mae, da bist du ja, was wird das denn jetzt?“, wartete Dorian ungeduldig im Truck sitzend auf seinen Kollegen.
„Wir nehmen sie mit!“
„Wir müssen echt mal nach New York reinfahren wenn du es so nötig hast, dass du eine Guidette abschleppen musst!“
„Klappe, Alter“, raunzte Penny ihm entgegen.
„Du hast langsam schon eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt, was?“, hielt Maeron ihr die Beifahrertür auf.
„Ja, sieht ganz so aus, danke“, stieg sie ein.
„Was geht denn hier?“
„Nichts, fahr los“, bat Maeron, sprang auf die Ladefläche und Dorian fuhr los.
Penny saß eine Stunde auf dem Beifahrersitz am Hafen und wartete auf die Männer. Ihr Handy war kaputt gegangen und sie fragte sich, ob Luca schon nach ihr suchte. Er war ein kleiner Egomane, sie glaubte da nicht so dran.
„So, alles geklärt, Dorian bleibt noch etwas, keine Ahnung was er macht, er redet momentan nicht so wirklich mit mir“, erklärte Maeron, als er sich auf den Fahrersitz setzte.
„Tut mir leid, dass du wegen mir so einen Ärger hast“, entschuldigte sie sich bei ihm.
„Hey, mach dir keinen Kopf ich wollte das ja so. So, jetzt fahren wir zu mir, ich geb dir dort was anderes zum Anziehen, du scheinst zu frieren“, beruhigte er sie.
„Meine sehr wenigen Klamotten sind nass, ja, ich friere“, murmelte sie. Er zog seine Jacke aus und legte sie ihr auf den Schoß.
„Danke“, bedankte sie sich überrascht. So viel Freundlichkeit hatte sie seit Baltimore nicht mehr erlebt.
„Alles klar bei dir? Ist dir noch übel?“
„Nein, geht wieder, kannst losfahren“, versicherte sie und er fuhr los.
 
Als Maeron nach Hause kam, erwartete ihn gleich eine weitere Diskussion mit seiner Mutter.
„Wo warst du? Deine Tochter ist schon Stunden auf“, maulte seine Mutter ihm entgegen.
Wortlos küsste er seine Tochter auf den Kopf und nahm sich einen Apfelschnitz von ihrem Teller.
„Nicht jetzt, Mum, ich hab einen Gast mitgebracht“, bat er und seine Mutter musterte die leicht bekleidete Penny.
„Wer ist deine kleine Freundin?“, wollte Brenda Stillmann von ihrem Sohn wissen.
„Ne Freundin, du könntest dich nützlich machen und ihr eine Shorts und ein T-Shirt leihen, sie hat nasse Kleidung an“, bat er schroff.
„Sicher, such ich ihr raus, ich müsste an Jennas Sachen gehen, wenn das okay für dich ist“, entschied Brenda und er nickte.
„Willst du heiß duschen, bevor wir dich heimbringen?“, bot Maeron an.
„Das wäre ganz lieb, danke“, bedankte sich Penny höflich und Maeron gab ihr ein Handtuch, dass sie duschen konnte. Etwas später kam sie mit T-Shirt und Jeansshorts und in Flip-Flops an zurück zu ihm. Sie hatte ihr langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten und mit pinken Haargummis fixiert.
„Ich hab mir Haargummis von deiner Tochter genommen, ich hoffe das ist okay“, erklärte sie und er nickte.
„Du bist eine schöne Frau ohne das ganze Make-Up und den schrillen Klamotten, ich hoffe, das weißt du“, sagte er plötzlich anzüglich.
„Dein Kumpel hat Recht, du brauchst es echt mal dringend“, schmunzelte sie und lächelte ihn an.
„Sorry, sind vermutlich die Klamotten meiner Frau, vergiss was ich gesagt habe“, entgegnete er.
„Danke, dass du mir die leihst“, bedankte sie sich.
„Kann dich ja nicht mit nassen Klamotten bei deinem Verlobten abliefern. Schon entschieden was du machen willst?“, fragte er sie.
„Fahr mich bitte heim“, bat sie.
„Sicher, fahren wir“, schlussfolgerte er und fuhr mit ihr los.
 
Eine halbe Stunde später hielt Maeron vor dem Haus, was Pennys Verlobtem gehörte und das sie bewohnten.
„Nettes Haus, lass mich raten, du wohnst nicht bei deinen Eltern!“
„Mein Verlobter hat bisschen was auf dem Konto, ich heirate ihn aber nicht aus dem Grund“, erklärte sie ihm.
„Geht mich nichts an. Alles Gute“, erwiderte er.
„Danke, für alles“, bedankte sie sich nochmal und stieg aus.
„Versuch das nächste Mal nicht von einem Ausflugsdampfer zu fallen, ich bin nicht immer in der Nähe“, schmunzelte er und sie grinste.
„Ja, werde es mir merken. Sorry nochmal, das ich dir solche Umstände gemacht habe!“
„Hat sich alles geregelt, schon gut. So, ich muss zurück und etwas Zeit mit meiner Tochter verbringen, wir frühstücken sonst immer sonntags zusammen. Hier ist meine Nummer, wenn du mal wieder Abstand von dem allem hier brauchst und so“, entgegnete er und sie stieg aus, nachdem sie seine Nummer entgegen genommen hatte.
Sie sah ihm zu, wie er die Straße weiterfuhr, atmete einmal tief durch und ging zur Tür.

Drittes Kapitel

 
Als sie den Schlüssel in den Glasteller an der Tür legte, kam Luca zu ihr hin.
„Hey Babe, wie war deine Party?“, fragte Luca abgelenkt von seinem Smartphone.
„Hat Cordy dich nicht angerufen?“, fragte sie verwundert.
„Warum sollte C-Dog mich anrufen?“
„Es ist fast ein Uhr mittags, hast du dich nicht mal gefragt, wo ich stecke?“
„Du hattest gestern Jungeselinnenabschied, dachte, du pennst bei C-Dog, was wahr?“
„Nichts wahr, ja, hab bei C-Dog gepennt, wollte dich nicht erschrecken. Ich ruf C-Dog kurz mal an, hab glaub ich einen BH bei ihr vergessen“, erwiderte sie und nahm das Telefon von der Ladestation.
„C-Dog, was geht?“, tönte sie, als sie Cordelia anrief.
„Bitch, wo bist du gestern hin? Bist du mit nem Kerl abgehauen?“, fragte Cordy verwundert.
„Du weißt auch nicht was los war?“, fragte sie kritisch.
„Alte, ich hab ziemlich viel getankt gestern und du auch, schön, dass du noch einiges von gestern weißt, bei mir ist das alles ziemlich verschwommen“, konterte Cordy.
„Alte, ich bin vom Dampfer gefallen, ein Fischer hat mich rausgezogen, ich hab die Nacht bei der Küstenwache verbracht“, erklärte sie ihr.
„Das war mal ne geile Party, was?“
„Ja, geile Party. Mein Handy ist hin, kannst mich bis auf weiteres nur auf meinem Festnetz erreichen!“
„Ja, geht klar. Das war echt die Hammer Party“, konterte Cordy und legte wieder auf.
„Ja, geile Party auf der ich fast draufgegangen bin“, murmelte sie vor sich hin und nahm ihr Smartphone auseinander. Im Fernsehen hatte sie mal gesehen, das Reis einem nassgewordenen Handy auf die Sprünge hilft und so steckte sie es ohne Akku in die Reispackung.
 
Am Tag drauf ging sie mit ihren Bitches auf Brautkleidersuche. Die Kleider, die sie von ihren Freundinnen in die Hand gedrückt bekam waren so gar nicht das, was sie sich von einem Hochzeitskleid erträumt hatte.
„Was ist los?“, fragte Cordy sie, als sie tottraurig aussah.
„Nichts, hab nur nachgedacht. Das ist ein echt mächtiges Kleid“, kommentierte sie den Traum aus Rüschen und Spitze.
„Ja, das kannst du nur in der Kirche tragen, sonst hebst du dir noch einen Bruch. Irgendwas hast du doch“, war Cordy irgendwie sensibler eingestellt als sonst.
„Keine zwei Wochen mehr bis zur Hochzeit, kommt man zum Nachdenken“, redete sie vor sich hin.
„Kriegst du kalte Füße?“, fragte eine andere ihrer Freundinnen.
Plötzlich bekam Penny eine Panikattacke und rannte samt mächtigem Hochzeitskleid aus dem Laden.
„Hey“, schrie die Verkäuferin ihr hinterher.
„Ich hol es Ihnen zurück, hier ist meine Kreditkarte als Pfand“, legte Cordy der verdutzten Verkäuferin die Karte auf den Tresen und eilte ihr hinterher.
Sie fand die zitternde Penny auf einer Parkbank sitzend.
„Beug dich nach vorne und atme tief ein und aus“, half Cordy ihr, ihre Panikattacke zu überstehen.
„Ich kann nicht“, keuchte sie.
„Doch, du kannst, ganz langsam ein und aus atmen“, versprach sie. Langsam aber sicher beruhigte sie sich.
„Ich hab ein Kleid geklaut“, bemerkte Penny, als sie sich beruhigt hatte.
„Nein, hast du nicht, ich hab meine Karte hinterlegt. Was ist mit dir?“
„Ich kann das nicht mehr, ich bin schon viel zu lang hier, irgendwo ist eine Grenze“, bemerkte sie kryptisch.
„Was meinst du?“
„Tut mir Leid, Cordy, das ist euer Leben und alles, aber das bin ich nicht. Ich möchte mal eine Konservation über „Eat Pray Love“ mit meinen Freundinnen haben, nicht immer nur über Schuhe reden“, konterte sie weinerlich.
„Mein Gott, du bist keine Guidette, richtig?“, stellte Cordy fest.
„Ja und nein, ich bin eine von euch geworden, aber ich stamm aus Baltimore und war auf der Uni, ich hab sogar nen Doktortitel, verdammt noch Mal, diese ganze Banalität, mit der ihr den ganzen Tag verbringt ist so anödend“, legte sie ein volles Geständnis ab.
„Gott sei Dank“, sagte Cordy nur.
„Was?“
„Ich bin aus Queens, Süße und hab nen Abschluss von der NYU, ich hab nur einen Schicksalsschlag in meiner Familie nicht wirklich gut überstanden und bin zum Shore geflüchtet um dort ein neues Leben zu beginnen. Dieses ganze Gequatsche macht mich auch verrückt, diese Schnallen kapieren so gar nichts. Wieso bist du hier?“, gestand auch Cordy.
„Ich hab meine Doktorarbeit über den Shore geschrieben, ich bin Verhaltenstherapeutin“, war Penny erleichtert, dass sie endlich offen reden konnte.
„Das erklärt, warum du so gut zuhören kannst. Ich wollte dich Samstag so oft anrufen, dachte aber, du hältst mich für verrückt, wenn ich mir Sorgen mache“, erklärte Cordy ihr.
„Mein Handy ist eh futsch, die Anrufe hätten mich eh nicht erreicht. Was für einen Abschluss hast du?“
„Kunst und Literatur“, schmunzelte Cordy.
„Bist du denn glücklich hier?“
„Nein, ehrlich gesagt nicht, hier werden die Frauen wie Fleisch behandelt, ich kann dir gar nicht sagen wie oft ich Samstag überlegt habe, ob das von den Kerlen jetzt ne Anmache war, oder schon sexuelle Belästigung. Diese Gehirn-Diätler da drin scheint das nicht zu stören. Wir sollten wieder reingehen, meine Karte ist für diesen Monat schon ziemlich überzogen und ich möchte lieber nicht dieses 800-Dollar-Kleid kaufen müssen“, bat Cordy und stand mit ihr auf.
„Ich kann ihn nicht heiraten“, beichtete sie ihrer Leidensgenossin.
„Dachte ich mir schon. Komm, schälen wir dich aus diesem Albtraum“, erkannte Cordy und brachte sie zurück.
 
Nachdem Penny ihren Verlobten an diesem Abend in ein Schlafkoma gevögelt hatte, packte sie ihre Sachen zusammen, hinterließ ihm eine Nachricht und den Verlobungsring und fuhr zu einem Lagerhaus am Stadtrand. Sie hatte zwar ihr Leben Jahre zuvor komplett umgestellt, ihre Sachen hatte sie aber behalten. Sie besaß ein kleines Motorrad, was sie aus dem Lagerraum rollte. Sie setzte sich darauf und versuchte es zu starten. Sie lächelte, als es noch anging. Alles was in ihre Seitentaschen passte, packte sie ein und zog ihren Helm auf.
Es war fast ein Uhr nachts, vielleicht schaffte sie es zu ihm, bis er wieder rausfuhr.
 
Dorian sah seinen Kumpel an. Er hatte kaum zwei Worte gesagt, seit er in seinen Truck gestiegen war.
„Alles klar bei dir?“, wollte Dorian wissen.
„Ja, schon“, murmelte Maeron nur.
„Scheint mir aber nicht so. Deine Mutter wieder?“
„Ja, aber das ist langsam Alltag, das ist es nicht!“
„Du solltest dir ne eigene Wohnung suchen!“
„Witzbold, wer sollte dann nachts auf meine Kleine aufpassen während ich unterwegs bin?“
„Ach ja das, man, der Biker hinter uns hat’s aber eilig, ich lass ihn mal vorbei“, bemerkte Dorian abgelenkt und das Motorrad fuhr an ihnen vorbei, nachdem er angehalten hatte. Plötzlich bremste der Motorradfahrer auch.
„Oh man, der Kerl will Ärger, klärst du das?“, fragte Dorian etwas kleinlaut.
„Bin ich Rambo? Drück auf die Tube und fahr weiter“, bat Maeron augenrollend.
„Nein, ich will kein Wettrennen mit einem Motorrad-Rowdy machen, ich red mit ihm“, entschied Dorian und stieg aus. Er grinste, als der Motorradfahrer den Helm abnahm und eine hübsche junge Frau darunter zum Vorschein kam.
„Hey Baby, hast du es nötig?“, fragte Dorian keck und stellte sich breitbeinig vor sie.
„Einen Tag her und du hast mich schon vergessen, Dorian, irgendwie traurig“, entgegnete Penny cool und Dorian umkreiste sie.
„Kommst du klar mit diesem bulligen Rowdy?“, fragte Maeron und stieg auch aus.
„Haha, witzig. Ich hab keine Ahnung wer die Kleine ist, hast du ne Idee?“, fragte er ihn.
„Hey kleine Meerjungfrau, was zum Henker machst du hier?“, freute sich Maeron sie zu sehen.
„Tut mir leid, dass ich euch so erschreckt habe, du hast mir gesagt, ich soll mich melden, wenn ich deine Hilfe brauche, die brauch ich jetzt“, kam sie näher zu ihm hin.

Viertes Kapitel

 
Während langsam die Sonne aufging sah Maeron auf Pennys Biker-Stiefel, die sie cool auf die Reling gelegt hatte, als sie neben ihm saß.
„Das ist also dann dein anderes Leben, was?“, sprach Maeron sie das erste Mal an, seit sie rausgefahren waren.
„Ja, so sieht’s aus!“
„Nicht, dass ich mich nicht freue dich hier in dieser Einsamkeit bei mir zu haben, aber was machst du hier?“
„Hey, ich bin auch hier“, warf Dorian ein.
„Ich bin abgehauen“, sagte sie nur.
„Abgehauen? Bist du zwölf Jahre alt?“
„An manchen Tagen kam ich mir so vor, hast du irgendwie schlechte Laune?“, fragte sie verwundert über seine miese Laune.
„Tut mir leid, meine Mum nervt mich immer noch. Du bist also einfach weg vom Shore?“, fragte er freundlich.
„Ich hab ihm den Ring und ne Nachricht hingelegt, ich hätte ihm auch eine blöde Erklärung geben können, warum ich das mache, aber das weiß ich selbst nicht so wirklich. Ich hatte gestern Mittag eine Panikattacke im Brautmodengeschäft und bin in einem 10 Pfund-Kleid geflüchtet“, erklärte sie.
„Du hast nen Kleid geklaut?“, prustete Maeron.
„Nein, ich bin dann wieder zurück. Aber das war irgendwie ein Schlüsselerlebnis, danach wollte ich nicht mehr dort bleiben“, erzählte sie weiter.
„Gutes Mädchen, aber was nun?“
„Wenn ich das nur wüsste. Zurück nach Baltimore zu meiner Familie will ich nicht, das ist mir zu peinlich. Ich hab noch etwas Geld gespart, zum Glück hab ich mich ja von ihm aushalten lassen, aber große Sprünge kann ich nicht damit machen“, entgegnete sie.
„Ja, kenn ich, außer das mit dem Schnorrer-Dasein“, entschied er.
„Schnorrer klingt so hart!“
„Stimmt aber, oder?“
„Ja, schon! Meine Mutter ist eine Feministin, sie wäre schwer enttäuscht von mir“, bemerkte sie traurig.
„Ja, meine ist auch so, du kannst ne Weile auf unserem Sofa schlafen, aber das Haus ist eigentlich schon eng mit uns vieren!“
„Nein, ich kann nicht noch mehr Chaos in dein Leben bringen“, entschied sie.
„Mein Leben ist grad ein wandelndes Chaos, da kannst du keinen großen Schaden mehr anrichten“, witzelte er.
„Deswegen sollte ich euch da auch nicht reinfunken, aber ich könnte mit deiner Mutter reden, bin zwar etwas eingerostet, aber ich hab Psychologie studiert“, schlug sie ihm vor.
„Das würdest du machen?“, fragte er erstaunt.
„Klar, will ja noch wissen, ob ich es noch kann“, konterte sie und lächelte ihn an.
„Dann danke, wäre echt lieb“, bedankte er sich und lächelte zurück.
„Ich will euer Date ja nicht stören, aber ich glaub wir können die Netze einholen“, mischte sich Dorian ein.
„Richtig, hilfst du uns?“, fragte Maeron und giksend zog sie mit ihnen ein volles Netz hoch.
„Ein super Fang, damit werden wir einiges bezahlen können. Das reicht glaub ich erst Mal, wir können zurückfahren, dann schaff ich es noch mit meiner Tochter zu frühstücken, da freut sie sich sicher“, war Maeron zufrieden mit seiner Ausbeute und sie fuhren zurück.
 
„Morgen“, begrüßte Maeron seine Familie gut gelaunt, als er sich an den Frühstückstisch setzte. Erstaunt sahen seine Eltern ihn an.
„Du bist früh dran, hast du das Angelgeschäft jetzt ganz aufgegeben?“, fragte seine Mutter verwirrt.
„Nein, war eine gute Nacht, komm rein, wir beißen nicht“, entgegnete Maeron gut gelaunt und schüchtern betrat Penny die Küche.
„Okay, das erklärt deine gute Laune, ich freu mich für dich, Junge, es wurde mal Zeit“, entgegnete sein Vater und stupste ihn in die Seite.
„Nein, Dad, das ist Penny, ich war am Wochenende schon mal mit ihr hier, sie ist nur ne Freundin, ich hab sie zum Frühstück eingeladen, wenn das okay ist“, zog Maeron Penny einen Stuhl vom Tisch weg und sie setzte sich an den runden Tisch.
„Klar, bleiben wir bei der Geschichte wenn die Kleine gleich runterkommt“, sagte sein Vater augenzwinkernd. Bevor Maeron noch etwas sagen konnte hüpfte seine Tochter in einem süßen pinken Schlafanzug die Treppen herunter.
„Daddy“, quiekte sie ihm entgegen und sprang auf seinen Schoß.
„Hey, mein Schatz, was willst du heut frühstücken?“
„Cornflakes!“
„Kannst du kriegen. Weißt du was, Engel? Ich schaff sogar dich in den Kindergarten zu bringen, dann kann ich Miss Jenkins vielleicht davon überzeugen, dass sie nicht mehr sauer auf mich ist, dass ich mit dem Beitrag etwas spät dran bin. Ich kann ihn aber jetzt zahlen“, erklärte er und seine Mutter stellte ihm die Cornflakes hin.
„Was haben wir über diese Themen am Frühstückstisch gesagt?“, raunzte Brenda ihrem Sohn entgegen.
„Sorry, Mom, was willst du essen, Penny?“
„Cornflakes reichen mir, danke, bei mir zu Hause gab es eigentlich nie Frühstück, außer diese Muskelaufbaudrinks, die mein Verlobter jeden Morgen getrunken hat, aber mir ist schon beim Zusehen der Appetit vergangen“, plauderte sie gelassen.
„Du bist verlobt?“, fragte Maerons Vater Hiram plötzlich.
„Ich war’s bis letzte Nacht“, erklärte sie Hiram und sah Maeron an.
„Junge, du hast jemandem die Frau geklaut der Muskelaufbaudrinks trinkt? Ich hab schon gemerkt, dass du ziemlich mies drauf bist in letzter Zeit, aber das du einen Wunsch hast zu sterben, hab ich nicht gedacht“, schmunzelte Hiram und Maeron hielt Maddie die Ohren zu.
„Dad, wir hatten uns darauf geeinigt das „ST“-Wort nicht vor ihr zu sagen“, grummelte Maeron.
„Ihre Mutter ist tot, irgendwann in ihrem Leben wird sie es hören“, schlussfolgerte Hiram.
„Okay, könntest du mit meiner Tochter kurz hochgehen, Penny? Wir haben was zu besprechen“, bat Maeron und etwas darüber verwirrt, was sie jetzt tun sollte, nahm sie Maddie von seinem Schoß und ging mit ihr auf der Hüfte nach oben.
„Hey Süße, ich bin Penny und du bist Maddie, richtig? Zeigst du mir dein Zimmer?“, sprach sie liebevoll mit Maddie und die zog sie in ihr liebevoll eingerichtetes Kinderzimmer. Eine Stunde später brachte Brenda ihre Enkeltochter in den Kindergarten und Penny saß mit Maeron auf der Veranda.
„Ich kann das alles hier nicht mehr“, bemerkte Maeron betrübt.
„Keiner will über ihren Tod reden, oder?“, fragte sie ihn mitfühlend.
„Nein, wollen sie nicht und Maddie wollen sie von allem fernhalten, so einfach geht das aber nicht wie die sich das vorstellen. Irgendwann wird eine neue Erzieherin in den Kindergarten kommen und sie nach ihrer Mutter fragen und was dann? Ich hab in der Nacht in der es passiert ist versucht, mit Maddie darüber zu reden, aber ich konnte vor lauter Heulen kaum sprechen. Meine kleine Maus weiß genau, das Mummy nicht wiederkommt, aber keiner von uns kann ihr erklären, wieso“, begann er zu weinen. Penny, die noch nie einen Mann hatte weinen sehen, war etwas überfordert mit der Situation. Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und er griff nach ihrer Hand. Im gleichen Moment ging ihr Handy. Sie erschreckte sich, sie hatte es wieder zum Laufen gebracht, aber seitdem keinen Anruf mehr bekommen.
„Es ist mein … Luca, ich geh da kurz ran“, stotterte sie und ging die Stufen der Veranda herunter um zu telefonieren.
„Hey“, nahm sie das Telefon ab.
„Babe, was geht? Was soll das?“, fragte Luca verwirrt.
„Frag C-Dog, die ist diejenige die du hinter meinem Rücken geknallt hast. Meine beste Freundin, ich hoffe, es war es wert“, brüllte sie in den Hörer und legte wieder auf.
„Uh, nicht gut, gar nicht gut“, entgegnete sie, als sie sich wieder hinsetzte.
„Das ging aber schnell“, bemerkte er schniefend.
„Tut mir leid, dass ich dich grad alleingelassen habe. Willst du darüber reden?“
„Nein, ich hab irisches Blut in mir, wir reden nicht darüber, was war bei dir?“
„Ich hab Luca beschuldigt was mit meiner besten Freundin zu haben und hab einfach wieder aufgelegt“, erklärte sie ihm abwesend.
„Hat er?“, fragte er.
„Keinen blassen Schimmer“, prustete sie plötzlich und begann lauthals zu lachen.
„Er ruft nicht nochmal an, ist wohl was Wahres dran“, warf er ein.
„Diese Bitch!“
„Du hast dich von ihm getrennt, das ist dir klar, oder?“
„Luder geht vor Bruder, er ist mir doch scheißegal“, tönte sie.
„Dann solltest du mit ihr reden, vor allem wenn sie unschuldig ist, braucht sie wohl ne Erklärung“, riet er ihr.
„Sie wird anrufen und wenn nicht, dann weiß ich ja, was los ist“, entschied sie.
„Ihr Frauen seid so seltsam manchmal. Ich hab meine Jugendliebe geheiratet, dieses ganze Theater hab ich nie mitgemacht“, erklärte er ihr.
„Du willst über sie reden?“, fragte sie vorsichtig und er nickte stumm.
„Wie ist sie gestorben?“, wollte sie als erstes wissen.
„Autounfall!“
„Das tut mir leid!“
„Kannst du ja nichts für. Ich hab noch nie mit jemandem darüber gesprochen, ist seltsam mit einer Wildfremden darüber zu reden“, erzählte er ihr und begann dabei wieder zu weinen.
„Ich bin doch keine Wildfremde, du hast mir das Leben gerettet, ich bin dir was schuldig und wenn ich dir Gratis-Therapiestunden geben kann, wäre mein Herz schon leichter“, entschied sie und lächelte matt.
„Sie war die perfekte Frau, liebevoll, aber auch bockig, wenn sie was nicht wollte, eine wunderbare Mutter, aber keine Glucke. Ich vermisse sie so sehr“, erwiderte er und weinte leise.
„Ja, ich weiß“, bemerkte sie freundlich und legte ihre Hand auf seine Hand, die er auf seinem Knie liegen hatte.
„Danke, dass du mir zugehört hast“, bedankte er sich, nachdem sie eine Weile nur so da gesessen hatten.
„Danke, dass du mir so vertraut hast, das hat mir wieder gezeigt, dass ich endlich als Therapeutin arbeiten sollte. Ich kann nicht fassen, dass keiner der beiden mich anruft, ich jahrelang eng mit ihnen zusammengelebt“, legte sie ihr Handy weg.
„Kenn ich, Dorian ist der einzige Freund der nach dem Tod meiner Frau noch an meiner Seite ist“, erklärte er ihr.
„Ich will ja nicht kleinlich sein, aber könnte der Verlust deiner Freunde an deiner Alkoholsucht liegen?“, fragte sie keck.
„Oder so. Dorian geht mir zwar gehörig auf den Senkel, aber er ist schon seit dem Sandkasten an meiner Seite und wird noch meine Grabrede halten“, erklärte er ihr.
„Wie lang bist du schon Fischer?“, war sie neugierig.
„Sechszehn Monate, seit ich meinen Job als Lehrer verloren habe“, bemerkte er.
„Du bist Lehrer?“
„Seit Jim Beam mein bester Freund wurde nicht mehr, aber vorher hab ich Englisch und Spanisch in der Highschool unterrichtet“, erzählte er ihr.
„Du scheinst wieder trocken zu sein, willst du nicht zurück?“, wollte sie von ihm wissen, aber er schüttelte den Kopf.
„Vielleicht eines Tages, momentan hab ich aber noch ziemlich Schwierigkeiten mit dem nüchtern bleiben“, entschied er.
„Sicher, ich helf dir aber dabei, wenn du irgendwann zurückwillst“, versprach sie ihm.
„Danke“, bedankte er sich und beugte sich zu ihr rüber. Als er sie gerade küssen wollte, klingelte ihr Handy.
„Das ist Cordy, ich bin ihr einen Erklärung schuldig“, entschuldigte sie sich.
„Klar, ich sollte etwas schlafen gehen, wird wieder ne lange Nacht“, erkannte er und ging ins Haus.
„Kannst du mich in deine Pläne einweihen, bevor du sie ausführst? Ich bin nicht so ein Freund von Überraschungen“, bemerkte Cordy sauer, als ihre Freundin den Hörer abnahm.
„Da steckte kein Plan dahinter, sorry, Süße, ich hab spontan gehandelt, war nicht meine klügste Idee“, entschuldigte sie sich.
„Du musst vernünftig mit ihm über alles reden, er ist zwar ein Guido, aber trotzdem auch ein Mensch mit Gefühlen, denk ich zumindest“, bemerkte sie.
„Ja, das bin ich ihm schuldig. Ne Ahnung, wie ich das machen soll?“, wollte sie von ihr wissen.
„Heute Abend acht Uhr in meiner Wohnung, ich koche und lad ihn ein. Sei bitte pünktlich“, plante Cordy und legte wieder auf.

Fünftes Kapitel

 
Traurig sah Maeron, Penny hinterher, wie sie sich auf ihr Motorrad setzte und zu ihrer Freundin fuhr. Sie war sexy gekleidet, zu sexy für seinen Geschmack. Er hatte sich in sie verliebt, vielleicht war sie seiner verstorbenen Frau auch zu ähnlich.
„Mae, kommst du Essen?“, fragte ihn Brenda, die plötzlich hinter ihm stand und legte ihre Hand sanft auf seine Schulter.
„Ich hab eigentlich keinen Hunger“, bemerkte er und drehte sich zu ihr hin.
„Hast du dich verliebt?“, fragte sie erstaunt.
„Schon möglich, aber ich bin noch nicht soweit. Warum bist du so nett? Ist was mit Maggie?“, fragte er überrascht.
„Nein, die liegt im Bett und wartet auf eine Geschichte von dir. Penelope hat mit mir geredet, sie hat mich um einen Waffenstillstand gebeten bis sie zurückkommt. Es tut mir leid, dass ich dich so hart anpacke, ich dachte, ich muss das tun, um dich anzutreiben, aber du hast dir ganz allein einen Job gesucht, kümmerst dich um Mag so gut wie du kannst und bist schon sechs Monate trocken, du treibst dich von ganz allein an, das hab ich vor lauter Motzen nicht gesehen“, entschuldigte sich Brenda bei ihm.
„Man, sie ist echt gut. Dann danke ich dir, Mom, ich werde dir sagen, wenn ich Hilfe brauche, versprochen“, bemerkte er zufrieden.
„Gut, dann komm jetzt mit rein, Maggie wartet auf deine Geschichte, ich halt dein Essen solang im Ofen warm“, bat sie und zog ihn rein.
 
Etwas später bremste Penny mit ihrem Motorrad vor dem Wohnhaus von Cordy. Sie trug ihre Motorradstiefel, Jeans und ein Top mit Leopardendruck, das Outfit verband ihre zwei Persönlichkeiten sehr gut. Sie band ihre Haare neu, legte Lippenstift auf und ging die kleine Treppe zur Haustür hoch. Sie war schon oft bei Cordy zu Hause gewesen, so nervös war sie aber nie gewesen.
„Acht Uhr, pünktlich auf die Minute. Er ist noch nicht da, müsste aber gleich kommen. Wo zum Henker warst du den ganzen Tag?“, fragte Cordy und zog sie in die Wohnung.
„Bei nem Freund“, erklärte sie mysteriös.
„Du hast nen anderen? Das hättest du mir sagen sollen, dann hätte ich das hier anders geplant“, wurde Cordy hektisch.
„Ich hab keinen anderen, du weißt doch, wie ich dir gesagt habe, ich kann ihn nicht heiraten, ich hab ihn verlassen, ich weiß nicht, wo dabei das Problem liegt“, erklärte sie ihr.
„Das Problem ist, dass du mich damit reingezogen hast. Luder vor Bruder, weißt du doch, ich würde dir das nie antun!“
„Ja, das hab ich echt nicht richtig überdacht. Oh man, was sag ich jetzt zu ihm? Er ist zwar ein Trottel und Egomane, aber eigentlich ein netter Kerl, ich will ihn nicht verletzen“, erklärte sie ihr.
„Das ist es ein wenig zu spät, Süße, er schien am Telefon total durcheinander, er liebt dich wirklich, auch wenn er es dir nicht zeigen kann“, entschied Cordy.
„Super, das beruhigt mich jetzt gar nicht. Ich hab ihn auch mal geliebt, aber jetzt nicht mehr“, murmelte sie nervös.
„Dann sag es ihm, ist zwar verdammt spät ihm das zwei Wochen vor eurer Hochzeit zu sagen aber besser als danach. Ich hab Lasagne gemacht, willst du nen Wein dazu?“, entschied sie.
„Nein, ich muss nachher noch heimfahren, danke“, sagte sie in Gedanken.
„Nach Hause?“
„Ich hab ihm gesagt, ich komm zurück“, erklärte sie ihr.
„Da ist also doch jemand!“
„Er ist nur ein Freund, er hilft mir grad und ich helfe ihm, rein platonisch natürlich. Ich kann bei ihm auf dem Sofa pennen!“
„Sag ihm das bloß nicht, er flippt total aus!“
„Hab ich nicht vor, ich sag ihm, ich penn bei ner Freundin“, erwiderte sie.
„Er kennt all deine Freundinnen!“
„Richtig, man, warum hab ich ihm nur erzählt, dass meine Eltern tot sind“, murmelte sie.
„Deine Eltern sind noch am Leben?“
„Zumindest waren sie es vor zwei Jahren als ich das letzte Mal mit ihnen gesprochen habe. Man, ich hab dir wohl auch erzählt, dass sie tot sind, wupps!“
„Ja, wupps, hast du auch Geschwister?“
„Einen Bruder, mit dem hab ich aber schon genauso lang nicht mehr gesprochen. Du?“
„Ich hatte ne Schwester, sie starb, deshalb bin ich hier“, erklärte sie und in dem Moment klingelte es.
„Erzähl ich dir später, so, er ist da“, konterte sie und öffnete die Tür. Luca trug einen Anzug und hatte durchwühltes Haar. Was hatte sie dem armen Kerl nur angetan?
„Luca, schön, dass du da bist“, begrüßte Cordy ihn freundlich und ließ ihn eintreten.
„Du siehst anders aus“, sah Luca, Penny an.
„Du auch, ich muss mich entschuldigen!“
„War der Sex so schlecht?“, fragte er plötzlich.
„Okay, Zeit für die erste Weinflasche. Ich lass euch kurz mal allein“, ging Cordy in die Küche.
„Nein, Babe, der Sex war wie immer, sehr langweilig. Ich liebe dich nicht mehr, das ist alles“, sagte sie endlich die Wahrheit.
„Langweilig?“, war er erbost.
„Du pumpst dich so mit Steroiden voll dass dein kleiner Freund langsam ein ganz kleiner Freund ist, du könntest dich im Bett auch allein vergnügen, du merkst gar nicht, dass ich dabei bin mit deinem Egoismus. Und noch was, diese Spiegel überall im Schlafzimmer sind beängstigend“, ließ sie all ihren Frust raus.
„Ich dachte, du magst die Spiegel, Chicks mögen doch Spiegel“, war er total verdattert.
„Ja, im Badezimmer um sich zu schminken, nicht beim Sex, wir haben unsere unsicheren Momente und können die beim Sex gar nicht gebrauchen. Weißt du, was mir Samstagnacht passiert ist auf meinem Junggesellinnen-Abschied? Ich bin völlig breit vom Ausflugskahn gefallen und im Wasser gelandet. Ich war erst Sonntagmittag wieder da, aber du dachtest, alles wäre in Ordnung. Ich halte dir vor, dass du es mit meiner besten Freundin treibst und du willst das nicht mal aufklären? Entweder liegt dir so wenig an mir, oder dir ist alles was dich nicht betrifft scheißegal. Ich kam zum Shore um eine Abschlussarbeit zu schreiben, für meinen Doktor, ja, ich hab einen Doktortitel, dich hat mein Leben nie interessiert, deshalb hab ich es nie gesagt. Und ach ja, meine Familie ist nicht tot, die sind quicklebendig und leben in Baltimore, wo ich übrigens herkomme. Ich hasse alle Arten von Tiermustern und ich hab im letzten Jahr mehr Geld für Make-Up ausgeben als die letzten dreißig Jahre zuvor zusammen, ja, richtig gehört, ich bin nicht 26, ich bin fast schon 31. Und verdammt noch Mal das Ding heißt Crossaint, nicht Crossaing, du wirkst so dämlich, wenn du das immer falsch sagst. Diese Sprache nennt sich französisch und das hat diesmal nichts mit Sex zu tun. Und noch was, diese ganzen furchtbaren Shakes die du in letzter Zeit trinkst um deine imaginären Pfunde loszuwerden haben verdammt viele Kalorien und werden dich irgendwann noch fett werden lassen. Iss Gemüse und hör mit dem Muskeltraining auf, denn Muskeln erhöhen dein Gewicht auch. Man, das mal loszuwerden hat echt gut getan“, zählte sie ihm alles auf, was sie schon immer an ihm genervt hatte.
„Du bist schon über dreißig?“, fragte er verwirrt.
„Das ist alles, was bei meiner kleinen Ansprache hängen geblieben ist? Ja, ich bin schon über dreißig und die nächsten dreißig Jahre möchte ich nicht mit dir verbringen. Ich hab mich in dich verliebt, hab dich vermutlich auch mal geliebt, aber dieser Vorfall am Samstag hat mir mal wieder gezeigt, dass die einzige Person die dir wichtig in deinem Leben ist, du selbst bist. Noch eine letzte Sache, bevor ich hier ganz verschwinde, wir coolen Kids machen uns lustig über eure Klamotten weil wir euch damit sofort überall in der Welt erkennen können. Sag deiner Mutter die fette von uns beiden ist sie, ich wiege seit dem College genau das, was ich wiegen sollte, davon ist sie weit entfernt. Cordy, ich bin weg“, erklärte sie ihm, rief zu Cordy in die Küche und knallte die Tür hinter sich zu.
 
Sie fühlte sich in den ersten Momente befreit und glücklich, die Gefühle wandelten sich aber schnell in Trauer über ihre verlorene Beziehung um. Als Maeron kurz nach Mitternacht aufstand, bemerkte er das Frontlicht auf der Veranda und ging vor die Tür.
„Hey, da ist ja der Herr des Hauses“, lallte Penny, die eine Whiskeyflasche neben sich stehen hatte.
„So gut lief das also. Ich hoffe, du bist nicht betrunken auf dem Bike gefahren“, setzte er sich neben sie.
„Nein, ich fahre nicht, wenn ich trinke, oder ich trinke nicht wenn ich fahre, man, ich bin ziemlich dicht“, gackste sie. Er nahm ihr die Flasche weg, roch dran, was ihm mehr gefiel als er sich wünschte und kippte den Whiskey weg.
„Hey, den wollte ich noch trinken“, murrte sie.
„Ja, ich auch, deswegen hab ich es weggekippt“, erklärte er ihr.
„Tut mir leid, ich hab Alkohol in deinen Haushalt gebracht, ich bin so eine schlechte Freundin“, begann sie zu weinen.
„Nein, Süße, du hast es einfach vergessen, komm her“, legte er seinen Arm um sie und drückte sie an sich.
„Du bist so ein guter Freund“, legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und schlief dort ein.
„Oh Süße, was mach ich nur mit dir“, trug er sie in sein Bett.
 
„Guten Morgen, Schönheit, die Sonne ist aufgegangen, aufwachen“, weckte Maeron sie tags drauf mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.
„So ein ganz abstinentes Leben wie du führst ist gar nicht mal so schlecht“, entschied sie verkatert.
„Ist schön, dass du das sagst, du wirst mich heut zu einem Meeting begleiten“, zog er sie auf die Beine.
„Ich hab kein Alkoholproblem“, murrte sie.
„Ja, das hab ich auch gesagt. So, jetzt ziehen wir dich erst Mal aus und du gehst duschen“, zog er ihr das T-Shirt aus.
„Hey, was soll das?“
„Ich hab dich schon nackter gesehen, meine Süße!“
„Was?“, wurde sie plötzlich hellwach.
„Und so wird man schnell wieder munter, beweg dich“, gab er ihr einen Klatsch auf den Hintern und sie torkelte etwas irritiert mit ihrem T-Shirt an ihre Brust gepresst ins Badezimmer.
 
Lustlos stocherte sie in ihren Cornflakes herum, während er die Zeitung las.
„Wir haben also nicht…?“, fragte sie nach.
„Nein, haben wir nicht“, bemerkte er ohne von der Zeitung aufzusehen.
„Du bist ein echt fieser Kerl“, entgegnete sie und er senkte die Zeitung und grinste sie an.
„Hat dich munter gemacht, oder? Ich weiß, dass du keine Trinkerin bist, ich möchte nur, dass du dabei bist und ich will dich etwas bestrafen dafür, dass ich gestern fast wieder mit dem Trinken angefangen habe“, erklärte er.
„Ja, tut mir leid das hab ich wirklich verdient. Aber ich werde dort keine Rede halten“, sah sie es ein.
„Geht klar. Meine Eltern haben das gestern übrigens nicht mitbekommen, belassen wir es dabei“, bat er.
„Ja, da hab ich nichts dagegen einzuwenden. Wie war die Ausbeute letzte Nacht?“
„Mager, ich weiß nicht, wie lang ich so finanziell überleben soll, der Kindergarten hat grad noch so die Nachzahlung für die Gebühr akzeptiert, ich weiß aber nicht, wie lang sie das noch mitmachen“, bemerkte er nachdenklich.
„Du hast auch noch andere Optionen“, sprach sie ihn wieder auf das sensible Thema an.
„Nein, hab ich nicht, ich hab es versucht, sie wollen mich nicht mehr dort haben“, gestand er.
„Das sind Idioten“, sagte sie nur.
„Nein, sind sie nicht, ich kann sie verstehen, ich würde meine Tochter auch nicht von mir unterrichten lassen“, konterte er traurig.
„Red keinen Mist, du hättest gestern wieder trinken können, dich hat niemand außer dir selbst davon abgehalten, du bist erst sechs Monate trocken, das ist eine tolle Leistung. Ich würde meine Kinder von dir unterrichten lassen“, lobte sie ihn.
„Danke, das bedeutet mir viel. Was war jetzt gestern los?“
„Ich hab ihm alles vorgehalten was ich zurückgehalten hatte. Das einzige was ihm dabei in Erinnerung geblieben ist, ist das ich fünf Jahre älter bin als ich ihm gesagt habe“, erklärte sie ihm.
„Du hast fünf Jahre weggeschummelt?“, fragte er keck.
„Als Guidette über dreißig zu sein ist wie ein Himmelfahrtskommando, ich hab das nur für die Show gemacht, ich hab kein Problem mit meinem Alter!“
„Wie alt bist du? Wenn du mir die Frage erlaubst!“
„Einunddreißig und du?“
„Achtundzwanzig, du bist also älter, ist irgendwie heiß“, schmunzelte er.
„Egal was ich gestern gesagt habe, ich will nichts von dir“, stellte sie klar.
„Du hast gar nichts gesagt, wir beide sind auch meilenweit davon entfernt wieder eine Beziehung anzufangen. Ich zumindest und du bist keine zwölf Stunden Single, ich würde dir auch mal zu ner Pause raten“, schlug er vor.
„Du hörst auch nur was du hören willst, oder?“, fragte sie keck.
„Du hast nicht viel Erfahrung mit uns Männern, oder? Das tun wir Männer doch immer“, schmunzelte er.
„Ja, hab ich gestern gemerkt, ich brauch jetzt wirklich mal ne Pause, tut mir leid!“
„Muss dir nicht leidtun, geht mir doch genauso. Zumindest hast du dich vernünftig mit ihm aussprechen können!“
„Vernünftig kann man das nicht nennen, ich bin wieder abgehauen, ich bin echt mies in so was“, gestand sie ihm.
„Wie auch immer, dein Handy hat die ganze Nacht nicht geklingelt, er hat es wohl kapiert“, entschied er.
„Du überwachst mein Handy?“, fragte sie kritisch.
„Ich hab im gleichen Zimmer wie du geschlafen, es hat einfach nur nicht geklingelt. Brauchst du ne Aspirin?“
„Sorry, ich brauch eher eine Tonne Aspirin. Warte, wir haben im gleichen Bett geschlafen?“
„Nur zwei Stunden als ich heimgekommen bin, das Sofa war zu unbequem, tut mir leid!“
„Ist dein Bett, schon gut. Ich sollte wohl weiterziehen, hier ist kein Platz für mich“, schlussfolgerte sie.
„Ihr sitzt schon da wie ein altes Ehepaar, ich denke, du passt da sehr gut hin“, kam Brenda zu ihnen und setzte sich neben sie.
„Ich wusste nicht, dass Sie zu Hause sind, verzeihen Sie, dass ich mich hier so breit mache“, wurde Penny nervös.
„Ich freu mich immer einen Gast im Haus zu haben, mach dir keine Sorgen, Kleines. Mae, solltest du nicht längst in deinem Meeting sein?“, drehte sie sich zu Maeron.
„Dorian holt mich ab, so wie immer, ist unsere Waffenruhe also hiermit beendet?“, murmelte er hinter seiner Zeitung.
„Nein, wollte es nur sagen!“
„Ich war bis jetzt immer dort, oder?“
„Ja, ich glaub dir auch, du siehst müde aus, Süße, unser Sofa ist echt nicht das Bequemste, was?“, fragte Brenda, Penny freundlich.
„Äh, ja“, entgegnete sie herumdrucksend.
„Ihr habt in einem Bett geschlafen?“, realisierte Brenda.
„Okay, gehen wir schon mal raus, Dorian müsste gleich kommen“, legte Maeron die Zeitung weg und stand etwas stürmisch auf.
„Hey, das muss dir nicht peinlich sein, es ist ein Jahr her, du solltest wieder glücklich sein“, entgegnete Brenda verständnisvoll.
„Wir sind nur Freunde, Mrs. Stillman, ich hab mich erst gestern von meinem Verlobten getrennt, ich brauch ne Weile um wieder auf die Beine zu kommen“, erwiderte Penny und stand auch auf.
„Du hast doch nicht wegen meinem Sohn deine Hochzeit abgesagt, oder?“, fragte Brenda erschreckt.
„Nein, ganz sicher nicht, er hat mir nur geholfen, dass ich endlich gesehen habe, was richtig ist. Ich danke Ihnen, dass Sie mich so herzlich aufgenommen haben“, bedankte sie sich.
„Du tust meinem Sohn gut, nenn mich Brenda bitte“, bat sie.
„Danke, Brenda!“, bedankte sie sich und Maeron rief sie von draußen.
„Ich muss los“, sagte sie und ging zu Maeron.
„Oh man, wenn deine Mutter wüsste, was ich gestern für einen Mist gebaut hätte, würde sie mich nicht so nett behandeln. Warum fährt Dorian eigentlich?“, wollte sie wissen und lehnte sich an den Rand der Bank auf der Veranda.
„Er begleitet mich jedes Mal, er behauptet zwar immer das macht er nur aus Freundschaft, ich fühl mich aber eher überwacht“, erklärte er und sah Dorian vorfahren.
„Sieh es als Freundschaftsdienst, sonst hegst du nur einen inneren Groll gegen ihn, obwohl er dir nur helfen will“, bat sie und Dorian hielt an.
„Morgen“, begrüßte er die beiden freundlich, aber nicht ohne sich ein süffisantes Grinsen zu verkneifen.
„Ich muss ganz eindeutig einen anderen Schlafplatz für mich finden“, murmelte Penny und Maeron hielt ihr die Beifahrertür auf, bevor er sich auf die Ladefläche schwang.
„Muss ich was wissen?“, fragte Dorian keck.
„Nein, du musst nur schweigen“, bemerkte Maeron durch die kaputte Scheibe des Trucks und Dorian sah Penny an.
„Das was er gesagt hat“, entschied sie und Dorian fuhr los.
 
„Hallo, ich bin Maeron und ich bin Alkoholiker“, bemerkte Maeron, als er vor der Gruppe sprach und die Gruppe begrüßte ihn.
„Die letzten Wochen waren nicht einfach, der Tod meiner Frau hat sich ja gerade gejährt und meine Eltern halten mich immer noch für zu unfähig meinen Job zu machen und für meine Tochter zu sorgen. Gestern wurde ich von einer neuen Freundin auf die Probe gestellt als diese Alkohol in meinen Haushalt mitgebracht hat. Heute hat sie sich bei mir entschuldigt, aber mir auch aufgezeigt, dass ich wiederstanden habe, darauf bin ich ziemlich stolz. Vielen Dank, Penny“, zeigte er auf Penny, die im Stuhl herunterrutschte, als einige sie böse ansahen.
„Penny möchte sicher auch ein paar Worte dazu sagen“, bemerkte der Pastor, der neben Maeron stand.
„Nein, will sie nicht“, murmelte sie.
„Wir sind hier unter Freunden, keine Angst“, machte der Pastor ihr Mut.
„Na gut“, stand sie schwerfällig auf und ging nach vorne.
„Hallo, ich bin Penny und ich trinke zu viel. Ich glaube nicht, dass ich mich schon Alkoholikerin nennen kann, aber in den letzten Jahren hab ich eindeutig exzessiv gelebt. Ich hab mich gestern von meinem Verlobten getrennt, keine zwei Wochen vor unserer Hochzeit. Auch wenn das die richtige Entscheidung war, hatte ich letzte Nacht eine schwere Zeit. Maeron hilft mir grad sehr und ich bin untröstlich, dass ich ihn so herausgefordert habe. Ich bin stolz auf ihn“, begann sie zu erzählen. Sie sah ihn an, als sie ihre Ansprache beendet hatte und er lächelte sie an, sie lächelte zurück. Es war so irritierend, dass sie diesen Mann nach nur ein paar Tagen so gut zu kennen schien wie keinen Mann zuvor in ihrem Leben.
Ein paar Schritte gingen sie wortlos nebeneinander her zum Auto, während Dorian die Snackbar im Gemeindehaus plünderte.
„Entschuldige, dass ich dich hierher geschleppt habe“, bemerkte er plötzlich.
„Nein, das war gut, das gab mir eine gute Möglichkeit mir klar zu werden, was ich mit meinem Leben anstellen will. Wenn ich in deiner Nähe bin möchte ich keinen Alkohol trinken und da ich noch ein Weilchen in deiner Nähe sein will, sollte ich ganz mit dem Trinken aufhören, erinnere mich ab und zu mal daran, wenn ich nicht mehr so verkatert bin wie heute“, erklärte sie und sie blieben stehen.
„Ich bin so froh, so einen tollen Freund wie dich gefunden zu haben und entschuldige mich nochmal dafür, dass ich dich fast geküsst hätte“, bedankte er sich bei ihr.
„Ja, ich auch, ich find dich echt nett und muss mir erst mal klar werden, was ich will bevor ich ernsthaft wieder eine Beziehung anfangen kann“, erklärte sie.
„Das wäre alles so viel einfacher wenn du nicht so heiß wärst“, flirtete er und beugte sich zu ihr hin. Als sie sich grade küssen wollten, hörte er eine bekannte Stimme neben sich. Es war Bernhard, sein Schwiegervater.
„Bernie, hey, schön dich zu sehen“, begrüßte er seinen Schwiegervater irritiert.
„Das ist meine Kirche hier, sei froh, dass Minnie noch drin ist und das nicht mitansehen muss“, raunzte Bernhard.
„Penny, das ist Bernhard, mein Schwiegervater“, stellte Maeron einander höflich vor.
„Sehr erfreut, Sir“, murmelte sie peinlich berührt.
„Was du hinter verschlossenen Türen machst ist mir egal, Junge, aber das öffentlich vor meiner Kirche zu machen ist eine Schande für unsere Familie“, war Bernhard sichtlich wütend.
„Ich sollte gehen“, stotterte Penny und eilte davon.

Sechstes Kapitel


 
Maeron fand Penny an einen Zaun gelehnt in der Nachbarschaft der Kirche vor. Sie saß auf dem Boden und weinte.
„Hey, du kannst doch nicht einfach so weglaufen“, sagte er liebevoll und setzte sich neben sie.
„Ich bring deinen eh schon am wackelnden Ruf zum Umfallen“, schniefte sie.
„Ich bin der Sohn einer katholischen Irin und eines jüdischen Arztes, mein Ruf war nie so wirklich perfekt“, versprach er.
„Du bist ein halber Jude?“
„Ich nenn mich eher einen beschnittenen Katholiken, die Beschneidung ist das einzige, was mein Dad damals durchsetzen konnte“, schmunzelte er.
„Gut zu wissen. Dein Schwiegervater muss mich für ein riesiges Flittchen halten, das einen trauernden Witwer schamlos ausnutzt!“
„Er hat mich nie gemocht, du kannst nicht viel kaputt machen in meiner Beziehung zu ihm. Du bist ganz schön weit gekommen mit diesen hohen Schuhen“, schmunzelte er und deutete auf ihre Stöckelschuhe.
„Meine Garderobe lässt echt zu wünschen übrig aber ich kann mir momentan nichts anderes leisten. Hast du ihn beruhigen können?“, fragte sie, während sie sich langsam beruhigte.
„Nein, ich bin einfach nur dir hinterhergelaufen“, erklärte er trocken.
„Wir sollten das hinter uns bringen“, entschied sie plötzlich und er küsste sie sanft.
„Mist, das war so gut, wie ich dachte“, redete er vor sich hin.
„Ja, das würde ich doch auch sagen. Ich hab ganz vergessen wie es ist, beim Küssen nicht gleich halb ausgezogen zu werden“, bemerkte sie durcheinander.
„Ich hab gedacht, dass ich zufrieden wäre, wenn ich dich einmal geküsst hätte, aber jetzt will ich gar nicht mehr aufhören“, gestand er.
„Okay, dann sollten wir aufstehen und uns zusammenreißen. Denk an den alten Grummel und Minnie-Maus, wenn die hier vorbeifahren und das sehen gibt’s richtig Ärger“, konterte sie und rappelte sich auf.
„Sie ist gestorben, ich lebe aber noch, mein Leben ist nicht vorbei“, erkannte er und stand auch auf.
„Ich weiß, aber sie war ihre Tochter, wir sollten wirklich vorsichtig sein, mit deinem Alkoholproblem nehmen sie dir Maggie weg, bevor du blinzeln kannst“, erklärte sie.
„Ja, du hast Recht, verdammt, warum muss die erste Frau, die ich nach meiner Frau kennenlerne nur so verständnisvoll sein“, sah er es ein.
„Ich bin Therapeutin, ich kann alles sagen, was dich deine Sorgen vergessen lassen kann. Wenn wir wieder bei dir sind, pack ich meine Sachen und verschwinde, ich hab dir schon genug in deinem Leben rumgepfuscht“, entschied sie und ging ein paar Schritte.
„Ja, das hast du, das erste Mal seit einem Jahr fühl ich wieder etwas, dank dir“, kam er hinter ihr her.
„Bitte lass das, ich brauche grade dich als Freund, keinen neuen Lover“, bat sie.
„Ja, tut mir leid, ich versuche grade meine Gefühle richtig einzuordnen, du musst aber nicht gehen, wir bekommen das hin“, bat er sie nicht zu gehen.
„Ich muss mit meiner Familie ins Reine kommen, bevor ich anfangen kann mit mir ins Reine zu kommen um dann irgendwann wieder eine Beziehung zu beginnen, tut mir leid“, entschuldigte sie sich.
„Ja, ich auch, okay, mein Blut ist wieder im Hirn angekommen, jetzt kann ich wieder klar denken. Also du fährst zurück nach Baltimore?“, fragte er planend.
„Fürs erste ja, aber ich fühle mich sehr wohl in dieser Stadt, vielleicht komm ich zurück“, entschied sie.
„Ich hab dich doch grad erst gefunden, ich fühl mich, als würde ich dich auch verlieren“, war er traurig und griff sie an den Schultern.
„Wir bleiben im Kontakt, aber als Freunde, ich bin in meinem momentan abgefuckten Leben nicht gut für dich“, versuchte sie ihm zu erklären.
„Kann ich dich in Baltimore besuchen kommen?“, hoffte er.
„Wenn ich weiß, wo ich wohnen kann, sicher, wenn du willst“, erkannte sie, aber er bemerkte, dass ihr das nicht so recht war.
„Oder auch nicht, find dich dort erst wieder zurecht, dann schauen wir“, konterte er und sie nickte.
 
Noch bevor es dunkel wurde, packte Penny alles was sie bei sich trug ein und fuhr mit ihrem Motorrad Richtung Baltimore. Sie wusste nicht, wie sie dort empfangen werden würde, aber eins wusste sie, es war sicher nicht so herzlich wie in Point Pleasent.
 
Drei Stunden später erreichte sie das Wohnhaus ihrer Eltern Clark und Marigold. Sie hatte drei Stunden überlegt, wie sie ihren Eltern nach so einer langen Zeit entgegentreten sollte, war aber auf der letzten Treppenstufe immer noch unschlüssig. Sie klingelte einfach und hoffte auf das Beste.
Marigold öffnete ihr die Tür. Penny hatte in den drei Jahren ihrer Abwesenheit ihre Haare von kurz auf lang wachsen lassen und ihr Kleidungsstil unterschied sich gewaltig von dem, was sie in ihrer Jugend getragen hatte.
„Ja?“, erkannte Marigold sie erst gar nicht.
„Hey, Mom“, begrüßte sie ihre Mutter stockend.
„Penelope?“, fragte Marigold überrascht.
„Tut mir leid, ich … ich kann nicht“, stolperte Penny nach hinten und wollte schon wieder weggehen.
„Du glaubst doch wohl kaum, dass ich dich jetzt wieder einfach so gehen lasse“, rief Marigold zu ihr hin.
„Das war eine ganz blöde Idee hierher zu kommen, ich bin einfach so aus eurem Leben verschwunden und bilde mir jetzt ein, einfach so zurückkommen zu können“, murmelte sie vor sich hin.
„Penelope Marita Di Stefano, bleib sofort stehen“, brüllte Marigold in dem gleichen Ton wie sie es damals getan hatte, als Penny klein gewesen war. Vor lauter Schreck blieb die Therapeutin wie angewurzelt stehen.
„Geht doch. Hast du deinen Verlobten nicht mitgebracht?“, kam Marigold mit langsamen Schritten zu ihr hin.
„Ihr habt davon gehört?“, begann Penny zu weinen.
„Jersey ist nicht aus der Welt, da hört man Sachen, also?“
„Ich hab mich von ihm getrennt“, schluchzte Penny und Marigold legte ihre Arme um den steifen Körper ihrer Tochter.
„Na Gott sei Dank“, schlussfolgerte Marigold und Penny umarmte sie auch.
 
Eine halbe Stunde später saß Penny ihren Eltern im elterlichen Wohnzimmer gegenüber.
„Wir sind froh, dass du zur Vernunft gekommen bist, wir waren kurz davor, dich persönlich nach Hause zu schleifen“, erklärte ihr Vater Clark und sie zog die Augenbrauen hoch.
„Wir haben ewig nichts mehr von dir gehört, wir dachten, du wärst in irgendeiner Sekte gelandet. Wir haben diesen Privatdetektiv engagiert, der uns Fotos und so geliefert hat. Auch wenn wir froh sind, dass du deine weibliche Seite entdeckt zu haben scheinst, diese Outfits haben ja an Pornographie gegrenzt“, erklärte ihre Mutter und Penny musste grinsen.
„Ja, das haben sie, das war keine Sekte, so laufen die Frauen halt da rum, ich wollte ja eigentlich nur ihren Lebensstil studieren, aber dann hab ich Luca kennengelernt und bin geblieben“, konterte Penny erklärend.
„Und Luca ist…?“
„Mein Ex-Verlobter, ja, er war intellektuell so herausfordernd wie ein Laib Brot, Gott sei Dank hab ich das noch vor der Hochzeit realisiert, war ja knapp. Oh man, ihr musstet so viel Geld ausgeben um was von mir zu erfahren, ich bin so eine schlechte Tochter“, realisierte sie.
„Ja, ein wenig, aber du bist erwachsen, wir haben das verstanden, aber als du dich gar nicht mehr gemeldet hast, dachten wir, es wäre irgendwas ziemlich falsch gelaufen in deinem Leben“, erklärte Clark.
„Irgendwas in meinem Leben ist falsch gelaufen, danke, dass ihr auf mich geachtet habt“, bedankte sie sich.
„Gern geschehen. Hat er dich gut behandelt?“, wollte Marigold wissen.
„Ja, hat er, er war ein kleiner Egomane, hatte aber seine guten Seiten. Ich bin nur froh, dass ich ihn nicht geheiratet habe. Wie geht’s Sage?“
„Gut, wie immer, er hat seinen Master in Ingenieurwesen geschafft und arbeitet jetzt bei Ayers Saint Gross. Du hast nicht als Therapeutin gearbeitet in den letzten Jahren, oder?“, fragte Marigold und Penny schüttelte den Kopf.
„Du willst aber als eine arbeiten, oder?“, fragte Clark.
„Clark, lass sie erst Mal heimkommen, sie weiß schon, was sie tut“, nahm Marigold ihre Tochter in Schutz.
„Danke, Mom!“
„Bitte, hast du Hunger? Ich hab noch Braten im Kühlschrank!“
„Nein, hab ich nicht, danke!“
„Greif einfach zu wenn du Hunger kriegst. Ich bezieh dir das Sofa, dann kannst du schlafen“, bemerkte Marigold hilfsbereit und Clark stand auf.
„Ja, du siehst müde aus, lassen wir dich schlafen“, ließ auch Marigold sie allein. Maeron musste bald aufstehen, sie wollte ihn noch anrufen.
„Schön, deine Stimme zu hören“, freute sich Maeron von ihr zu hören, als sie ihn anrief.
„Find ich auch, ist seltsam hier!“
„Wie haben deine Eltern reagiert?“
„Seltsamerweise sehr gut, sie haben mich gleich wieder aufgenommen, ich hab anderes erwartet“, erklärte sie ihm.
„Das ist doch gut, meine Mutter diskutiert wieder heftig mit mir, die Waffenruhe ist wieder aufgehoben“, bemerkte er betrübt.
„Tut mir leid das zu hören. Soll ich wieder mit ihr reden?“
„Nein, solang ich dort wohne, wird sich das nicht ändern. Ich werde morgen nach dem ich etwas geschlafen habe zu meiner alten Schule gehen und mit dem Direktor sprechen, ich kann nicht mehr mit meinen Eltern zusammenleben“, erklärte er ihr.
„Das ist gut, dein Leben muss weitergehen, wenn du ihm sagst, dass du es wirklich willst und regelmäßig die Treffen besuchst, wird er dich sicher wieder einstellen“, lobte sie ihn.
„So einfach wird das nicht sein, aber ich muss es versuchen“, bemerkte er.
„Ja, ich werde es versuchen, danke, dass du mich so bestärkt hast, dass ich es versuchen will“, bedankte er sich bei ihr.
„Gern geschehen. Ich werde mir wohl auch nen Job suchen müssen, wird vermutlich genau so schwierig werden wie bei dir, nach zwei Jahren weg vom Business. Na ja, eigentlich war ich ja nie als Therapeutin angestellt. Oh man, ich hab echt Mist gebaut“, realisierte sie.
„Du wirst das hinkriegen“, ermunterte er sie.
„Danke, ich bin froh dich als Freund zu haben“, erwiderte sie und er schwieg kurz.
„Ja, ich auch“, sagte er plötzlich in die Stille.
„Schlaf gut!“
„Du auch“, entschied sie und legte nachdenklich auf.
„War das Luca am Telefon?“, fragte Marigold plötzlich neben ihr.
„Nein, Mom, man, ich hab schon als Teenager gehasst wenn du mich belauscht hast“, entgegnete sie genervt.
„Du hast einen neuen Freund?“
„Nein, hab ich nicht!“
„Klang aber so. Ich würd mich ja freuen, jeder ist besser als dieser Luca“, entschied Marigold.
„Er ist nur ein Freund, gib her, ich bezieh es mir selber“, nahm sie ihrer Mutter das Bettzeug ab.
„Gut, wenn du Freunde hast. Schlaf gut, meine Süße, schön, dass du wieder da bist“, ließ ihre Mutter sie wieder allein.
 
Als Marigold am nächsten Morgen in die Küche kam, saß ihre Tochter schon über der Zeitung und suchte nach einem Job.
„Hey, da ist ja eine fleißig, als ich aufgewacht hab ich für einen Moment gedacht, dass das gestern Abend nur ein Traum war, schön, dass du da bist“, war Marigold glücklich, sie zu sehen.
„Ja, bei mir war’s nicht anders. Aber diese Zeitung hier bringt mich schnell zurück in die Realität. Sieht nicht gut aus“, schlussfolgerte sie, ohne sie anzusehen.
„Die Stellenanzeigen meinst du? Ja, dachte ich mir schon. Wenn du willst kann ich mal auf der Arbeit nachfragen, bei der schlechten Wirtschaftslage müsste sich doch ein Platz für dich finden lassen wo du jemandem helfen kannst“, schlussfolgerte Marigold und setzte sich zu ihr.
„Du arbeitest immer noch auf der Sozialstation?“
„Ja, ich geh ja in zwei Jahren in Rente, da werde ich sicher nicht nochmal meinen Job wechseln. Wie ist es dir denn in den letzten Jahren ergangen? Wie hast du zum Beispiel deinen 30. Geburtstag gefeiert?“, wollte ihre Mutter wissen.
„Ich bin noch keine 30, Mom!“
„Ich hab dich geboren, meine Süße, ich weiß, wie alt du bist“, schmunzelte Marigold.
„Tut mir leid, ich hab solang über mein Alter gelogen, klar, weißt du, wie alt ich bin“, sah sie sie an.
„Du hast dich jünger gemacht? Um wie viele Jahre?“
„Ähm, fünf!“
„Nicht schlecht, der Kerl war echt nen bisschen sehr dämlich wenn er dir das abgekauft hat“, entschied Marigold.
„Oh Mom, deine liebevollen Sticheleien haben mir echt so gefehlt. Ja, ich seh langsam älter aus“, murmelte sie.
„Er hat dich doch nicht verlassen weil du ihm zu alt geworden bist, oder?“, wollte Marigold wissen.
„Nein, ich hab ihn verlassen und hey“, maulte sie.
„Hast du ihn geliebt?“
„Ja, denk schon!“
„Du wolltest ihn heiraten, denk schon ist da schon ein wenig wage, findest du nicht?“
„Man, kannst du mal aufhören die Therapeutin raushängen zu lassen? Ja, ich hab ihn geliebt, aber irgendwann hat sich irgendwas geändert und ich bin gegangen. Ist diese Konsultation kostenlos oder muss ich dir Geld geben?“, wehrte sich Penny gegen das Gespräch mit ihrer Mutter.
„Tut mir leid meine Süße, ist eine Berufskrankheit, wirst du auch schnell merken, wenn du mal als Therapeutin arbeitest. Wie ist Luca so?“
„Mom, ich bin grade mal zwei Tage von ihm getrennt, ich will jetzt noch nicht über ihn reden“, maulte sie.
„Und über deinen neuen Kerl?“
„Die Therapiesitzung ist beendet“, sagte sie plötzlich ernst.
„Du bist verliebt“, realisierte Marigold.
„Ja, das bin ich, bitte lass mich jetzt in Ruhe damit, ist schlimm genug von ihm getrennt zu sein“, bat sie sie leise.
„Wie heißt er?“, machte Marigold weiter. In dem Moment kam Clark im Bademantel in die Küche.
„Dad, Mom analysiert mich, sag ihr, sie soll damit aufhören“, erhoffte sie von ihrem Vater Hilfe.
„Marigold, du hast mir versprochen, dass ich das machen darf“, entschied er.
„Man, langsam versteh ich, warum Sage kein Therapeut werden wollte, ist echt nervig in einem Haushalt voller Therapeuten. Ich werde duschen und in der Stadt einen Job suchen und wer mich noch einmal analysieren will, fängt eine, habt ihr mich verstanden?“, fragte sie genervt und stand auf.
„Fängt eine? Wir haben dich vier Jahre auf eine Privatschule gesteckt um aus dir eine Lady zu machen und das mit Erfolg und zwei Jahre unter diesen Asozialen zerstört das alles, traurig“, bemerkte Marigold betrübt.
„Du willst gar nicht wissen, wie ich da geredet habe, meine Liebe. Die Handtücher sind noch da wo sie immer waren?“, fragte sie genervt und ihre Mutter nickte.
„Gut, dann lasst mich in Ruhe duschen“, raunzte sie und stürmte ins Badezimmer.
Als sie gerade ihre nassen Haare kämmte, klingelte ihr Handy. Es war Maeron.
„Hey, wie lief’s?“, fragte sie ihn neugierig.
„Ich hätte jetzt gern ein nettes kühles Bier“, schien es bei ihm nicht gut gelaufen zu sein.
„Du hast doch nicht, oder?“, fragte sie besorgt.
„Nein, ich hab die schweren Nächte der Entwöhnung noch bildlich in Erinnerung, das will ich nicht nochmal haben. Du klingst auch nicht gut“, erwiderte er.
„Ich stamme aus einer Familie von Therapeuten“, sagte sie nur.
„Verstehe, das Familienidyll ist also schon vorbei, was? Der Direktor will mich erst ein Jahr trocken haben, bis er was sagen kann“, erzählte er ihr.
„Das schaffst du, die Hälfte hast du schon rum, gib jetzt nicht auf!“
„Tu ich nicht, aber ich wünschte, du wärst jetzt bei mir!“
„Ja, ich weiß, ist grad jemand bei dir?“, fragte sie fürsorglich.
 
„Dorian weicht nicht von meiner Seite, ist als hätte ich einen sehr anhänglichen Hund, ein Hund würde nur besser riechen“, schmunzelte er.
„Gut, sag ihm nen Gruß. Ich geh jetzt Leuten in den Arsch kriechen für nen Job, Yippie“, erklärte sie ihm.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen an Praxen nach einer Stelle zu suchen ging Penny nachdenklich durch einen nicht sehr sicheren Stadtteil. Plötzlich kam ein Mann angerannt, schupste sie brutal gegen die Wand und riss ihr die Tasche von der Schulter. Sie schlug mit dem Kopf gegen die Wand und wurde ohnmächtig.

Siebtes Kapitel


Penelope kam langsam wieder zu Bewusstsein. Sie spürte eine Hand in ihrer Hand und massierte diese benommen.

„Hey, da wird ja wieder einer wach“, hörte sie Maeron Stimme und sie dachte erst, dass sie fantasierte.
„Mae, was für eine schöne Fantasie“, sagte sie betäubt.
„Ich bin wirklich da, meine Süße, alles wird gut“, versprach er ihr und sie tastete mit ihrer Hand über sein Gesicht.
„Du bist wirklich da“, realisierte sie.
„Ja, bin ich, wie fühlst du dich?“
„Ich bin überfallen worden“, konterte sie.
„Ja, Süße, bist du, dein Arm ist gebrochen und du hast eine Gehirnerschütterung“, erklärte er ihr.
„Warum bist du hier?“, versuchte sie einen klaren Gedanken zu fassen.
„Du hattest nur dein Handy dabei, die haben die letzte Nummer angerufen, die du angerufen hast. Süß, dass das meine Nummer war. Warum hast du die Nummer deiner Eltern nicht gespeichert?“, wunderte er sich.
„Ich hab das Handy erst seit meinen Jersey-Zeiten, ich hatte die Nummer nicht reingespeichert. Wissen sie es?“
„Ich hab sie nicht erreicht, bis jetzt, gib mir die Nummer, dann ruf ich sie an“, bat er.
„Ich kann im Moment gar nicht richtig denken, später, halt einfach meine Hand, bitte“, sagte sie. Sie war grade wieder weggedöst, als Marigold ins Krankenzimmer kam.
„Mein Gott“, hörte sie die etwas schrille Stimme ihrer Mutter.
„Mom“, bemerkte sie schläfrig, ließ Maerons Hand los und streckte ihre Hand ihrer Mutter entgegen.
„Hey du, was machst du für Sachen? Ich hab bei deiner Bank angerufen und deine Karten sperren lassen. Hey, Sie müssen der mysteriöse Freund sein, von dem ich so gar nichts gehört habe. Ich bin Marigold, Penelopes Mutter“, schüttelte sie Maeron die Hand.
„Sehr erfreut. Das Krankenhaus hat mich angerufen, ich sollte gehen, das ist eine Familiensache“, wollte Maeron aufstehen.
„Nein, Mae, bleib, bitte“, bat Penny ihn und hielt seinen Arm fest.
„Ja, bleiben Sie, ich freu mich, dass Sie da sind“, bat auch Marigold.
„Wag es ja nicht, ihn auszufragen bevor ich mehr von ihm weiß“, forderte Penny von ihrer Mutter.
„Wie lang kennt ihr euch?“, wollte Marigold von Maeron wissen.
„Ein paar Tage, ich erzähl ihr nichts, wenn du das nicht willst“, versprach er Penny.
„Sind Sie ein Krimineller?“, fragte Marigold keck.
„Ganz schön unsensible Fragestellung für ne Seelenklempnerin“, bemerkte Maeron trocken.
„Ein paar Sachen wisst ihr wohl schon voneinander. Also?“, fragte Marigold keck und Maeron schüttelte den Kopf.
„Mom, bitte lass ihn“, bat Penny erschöpft.
„Ja, bin schon brav. Was macht der Kopf?“
„Meine Kopfschmerzen würden weniger werden wenn du fünf Minuten meine Mutter wärst und nicht Dr. Marigold Di Stefano, Therapeutin aus Leidenschaft“, rieb sich Penny mit ihrer gesunden Hand die Schläfe.
„Ich kann’s nicht lassen, ich weiß. Was hast du dich auch in dieser Gegend rumgetrieben“, bemerkte sie mütterlich.
„Ich war auf Jobsuche, das muss ich überall in der Stadt machen. Jetzt fall ich erst Mal aus, ich bin wohl grad mit einer Pechsträhne gesegnet“, dachte sie laut nach.
„Wie meinst du das?“, wunderte sich Marigold.
„Ich hab Maeron kennengelernt, als ich bei meinem Junggesellinnenabschied von einem Ausflugsdampfer geplumpst bin“, erzählte sie ihr.
„Schon wieder?“, fragte Marigold kopfschüttelnd.
„Das letzte Mal ist fast 15 Jahre her“, maulte sie.
„Du bist schon mal von einem Schiff gefallen?“, fragte Maeron schmunzelnd.
„Auf der Abschlussparty von meiner Highschool, wir sind auf dem Chesapeake Bay rumgeschippert und hielten uns für so cool. Oh man den gleichen Mist hab ich fünfzehn Jahre später wieder gemacht, sechs Jahre Studium und ich bin kein bisschen klüger geworden“, philosophierte sie.
„Du bist viel klüger als damals, zumindest solang du nüchtern bist, meine Süße“, versicherte Marigold ihr.
„Ich werde jetzt für immer nüchtern bleiben, so wie Mae“, erwiderte Penny matt lächelnd und nahm wieder Maerons Hand.
„Sag mir nicht, dass du von so ner Sekte bist, Junge“, war Marigold enttäuscht von der Leichtgläubigkeit ihrer Tochter.
„Ja, wir nennen uns die trockenen Alkoholiker“, konterte er sarkastisch.
„Du triffst dich mit einem verheirateten Alkoholiker? Im Moment finde ich die Idee, dass du diesen Proll heiratest gar nicht mehr so abwegig, zumindest hat er Geld“, sah Marigold ihre Tochter an.
„Zuerst einmal bin ich Witwer, ja ich hab ein Alkoholproblem, was ich gut im Griff hab und ich bin doch mal so was von besser als Luca“, konterte er lässig.
„Oh man, du hast einen Guido gegen den anderen getauscht?“, fragte Marigold.
„Eigentlich nicht, dachte ich eigentlich“, sah Penny ihn nun auch an.
„Ich hab eine dreijährige, manchmal spreche ich eben nicht wie direkt aus Oxford eingeflogen“, murmelte er verlegen.
„Ein Kind hat er auch?“, fragte Marigold.
„Mom, das mütterliche kannst du jetzt auch lassen, ich hab viel zu große Kopfschmerzen dafür. Momentan sind wir noch dabei unsere Beziehung zu definieren, weil wir beide eigentlich nicht bereit für eine neue Beziehung sind. Momentan genieße ich nur, dass er extra den Weg aus Point Pleasent hierher gefahren ist um bei mir zu sein“, schlussfolgerte sie und Maerons Gesichtszüge entspannten sich.
„Ich kann meinen Ehering noch nicht abnehmen, vor allem nicht mit ihren Eltern im Nacken“, erklärte sich Maeron.
„Musst du nicht, ich kenn die Geschichte ja. Mom, könntest du mir den Gefallen tun und anfragen wann ich hier raus darf?“, wollte sie mit Maeron allein sein.
„Ja, ich frag draußen mal“, verließ Marigold den Raum.
„Du solltest wieder heimfahren, Maddie sucht dich sicher schon“, bemerkte sie.
„Glaub ich kaum, sie ist draußen bei einer Schwester, meine Eltern sind heut Morgen zu meiner Großmutter nach Palms Springs geflogen und werden ne Woche nicht wiederkommen. Das heißt zwar Ruhe für mich, aber auch, dass ich ne Woche ausfalle“, erklärte er ihr.
„Frag doch deine Schwiegereltern ob sie Maddie solang nehmen“, schlug sie ihm vor.
„Die beiden warten nur darauf, dass ich Schwäche zeige, sie haben schon einige Male Andeutungen gemacht, dass sie mir Maddie wegnehmen wollen, wenn ich mein Leben nicht auf die Reihe kriege“, erklärte er ihr. In dem Moment kam Madlein ins Zimmer gestürmt und er zog sie auf seinen Schoß.
„Na Maus, bist du der netten Schwester entwischt? Ich werde diese Woche hier in Baltimore bleiben und mich um dich kümmern, Maddie kann eh nicht in den Kindergarten wenn ich ihn diese Woche nicht bezahle und ich brauch mal Abstand von der Stadt“, entschied er.
„Ihr könnt nicht bei uns wohnen, ich bin schon zu viel dort, ich schlaf auf dem Sofa“, stellte sie klar.
„Denk ich mir, ich nehm mir ein Motelzimmer, du kannst auch dort übernachten, ist besser als ein Sofa, vor allem mit gebrochenem Arm“, bat er ihr an.
„Hältst du das für ne gute Idee wenn wir beide alleine in einem Hotelzimmerbett übernachten?“, fragte sie nach.
„Wir sind nicht alleine, es wird wohl kaum was passieren, wenn eine dreijährige zwischen uns liegt“, entschied er.
„Da hat er Recht, obwohl man schafft so einiges wenn man sich ruhig genug verhält“, mischte sich Marigold ein, die mit einem Rollstuhl vor sich her schiebend zurückkam.
„Und du hast dich gewundert warum ich so ein verstörtes Kind war. Kann ich gehen?“, hoffte sie.
„Ja, dein Arzt will dich nochmal im wachen Zustand untersuchen, wenn alles klar ist, können wir gehen. Hey, du hast deine Tochter hierher mitgebracht?“, fragte Marigold, Maeron, als sie Maddie sah.
„Ich hätte sie auch irgendwo am Highway stellen lassen können, aber ich glaub, da hätten meine Eltern und meine Schwiegereltern was dagegen gehabt“, konterte er cool.
„Also auf den Mund gefallen ist dein Freund nicht, gefällt mir irgendwie. Also, junger Mann, Besuchszeit ist vorbei“, bat Marigold ihn zu gehen.
„Mom!“
„Schon gut, du musst ja noch untersucht werden und weder meine Tochter noch ich sollten da dabei sein. Ich bin im Best Western im Süden der Stadt, ich schreib dir die Adresse, sag dem Taxifahrer wo du hinwillst, ich werde dann zahlen, wenn du da bist“, plante Maeron und nachdem er sie, unter den wachsamen Augen von Marigold, kurz geküsst hatte, ging er mit seiner Tochter davon.
„Er will in der Stadt bleiben?“, kritisierte Marigold.
„Ist nen freies Land, oder? Er hat mir angeboten in seinem Hotelzimmer meine Wunden zu kurieren und das werde ich auch machen. Wenn ich mich mit meinem kaputten Arm einmal auf eurem Sofa umdrehe fall ich runter“, erklärte sie ernst.
„Wie du meinst!“
 
Zwei Stunden später saß Penny nachdenklich auf dem Bett des Hotelzimmers und sah sich Bilder auf dem Handy an.
„Hey, bist wohl froh, dass du dein Handy in der Hosentasche hattest, was?“, fragte Maeron und setzte sich neben sie.
„Ja, da sind ein paar pikante Fotos drauf, ich schau mir grad meine Fotos im Brautkleid an“, sagte sie gedankenversunken.
„Du hast vermutlich ganz schön viel Geld ausgegeben für eine Hochzeit die nicht stattfand“, schlussfolgerte er.
„Ich hab keinen Cent ausgegeben, hat alles die Familie bezahlt. Ich sollte ihnen mal nen Check schicken wenn ich wieder Geld habe. Ein Kleid hatte ich noch nicht ausgesucht, dass ich das zwei Wochen vor der Hochzeit noch nicht erledigt hatte, hätte mir sagen sollen, dass irgendwas nicht stimmt“, entgegnete sie.
„Meine Frau hat ihr Kleid erst in der letzte Woche vor der Hochzeit gekauft, das muss nichts heißen“, erklärte er.
„In welchen Monat war sie damals?“
„Beinahe im siebten, woher weißt du?“
„Eine Frau kauft ihr Kleid nur so spät wenn sie nicht weiß, welche Größe sie tragen muss“, entschied sie.
„Du also auch?“, fragte er verwundert.
„Nein, wenn ich schwanger wäre, wäre ich bei ihm geblieben, er hat nen Haufen Knete“, sagte sie trocken.
„Bist du so materialistisch?“, wollte er wissen.
„Ein wenig, sind alle Frauen das nicht einmal im Leben? Ich hab aber keine Liebe mehr für ihn empfunden, deswegen bin ich jetzt hier bei dir und nicht bei ihm“, erklärte sie und nahm seine Hand.
„Was ist das mit uns? Sind wir jetzt Freunde, oder mehr? Ich hab eine dreijährige Tochter, Spielereien kann ich mir nicht leisten“, entgegnete er plötzlich.
„Ich dachte, wir hätten das geklärt, wir können das jetzt nicht machen“, murmelte sie.
„Und trotzdem sitzen wir jetzt beide auf einem Bett zusammen“, entschied er und rutschte näher an sie heran.
„Willst du mich jetzt verführen während deine Tochter auf dem Boden spielt?“, säuselte sie.
„Ein wenig, sie ist ja etwas abgelenkt“, schmunzelte er und begann sie zu küssen. Plötzlich durchfuhr sie ein Schmerz und sie drückte ihn weg.
„Was?“
„Schmerzen“, erklärte sie.
„Sorry!“
„Schon gut, wir sollten das lassen“, entschied sie und rutschte etwas von ihm weg.
„Ja, sollten wir. Du solltest dich ausruhen“, rutschte er vom Bett und spielte mit seiner Tochter auf dem Boden.

Achtes Kapitel

Eine Woche später ging es ihr schon so gut, dass sie wieder nach Hause gehen konnte. Maeron hatte sie liebevoll gepflegt, fuhr aber nach der Woche unbefriedigt auf so viele Weisen nach Point Pleasent zurück.
„Er ist ein netter Kerl“, bemerkte Marigold, als sie Penny vom Hotel nach Hause fuhr.
„Ganz plötzlich?“, fragte Penny verwundert und sah sie an.
„Er versucht sein Leben unter Kontrolle zu kriegen, das bewundere ich. Warum willst du nicht mit ihm zusammen sein?“, fragte Marigold neugierig.
„Momentan will ich keine Beziehung und er kann in seiner Situation jetzt grade keine Beziehung gebrauchen, zumindest zu jemand so unstabilen wie ich es bin“, erklärte sie ihr.
„Ja, vermutlich nicht, aber du bist verknallt in ihn, das merk ich doch!“
„Ja, war ich auch in Luca und sieh wo es mich hingeführt hat. Momentan muss ich erst Mal mit mir selbst klarkommen. Ich hab gehofft, dass das mit der Jobsuche einfacher wird, aber wird wohl nicht so einfach sein“, bemerkte sie nachdenklich.
„Ich hab mit meiner Chefin gesprochen, du kannst dich dort vorstellen“, erzählte sie ihr.
„Das ist gut, danke, das werde ich machen. Jetzt muss ich erst Mal meine ganzen Papiere nachmachen lassen, das Zeug ist ja nicht mehr aufgetaucht“, dachte sie laut nach.
„Hast du aktuelle Fotos von dir?“, wollte ihre Mutter wissen und sie schüttelte den Kopf.
„Dann müssen wir welche machen lassen“, schlussfolgerte Marigold.
„Ich hab ein blaues Gesicht, Mom“, sah Penny ihre Mutter an.
„Richtig, dann müssen wir gutes Makeup kaufen“, plante Marigold.
„Du lässt mein Gesicht in Ruhe, das tut höllisch weh“, maulte sie.
„Wir brauchen aber Bilder, Süße!“
„Meinetwegen, dann schluck ich vorher halt ne Schmerztablette, man, dieser Dieb wird von mir persönlich geköpft wenn ich ihn antreffe“, sah sie ein, dass das nötig war.
„Ich bin vorsichtig“, versprach Marigold und sie bog in eine Straße ein.
Marigold kaufte ihr ein gut deckendes Makeup und schminkte ihre Tochter an diesem Nachmittag. Sie zuckte mehrmals zusammen.
„Tut mir Leid Süße, ich bin gleich fertig. Du wirst immer schöner, weißt du das eigentlich?“, strich sie ihr sanft über die Wange mit einem Puderpinsel.
„Danke, ich bin froh, dass diese exzessiven Jahre mich nicht älter gemacht haben“, bedankte sie sich.
„Haben sie schon, aber es steht dir. So, jetzt sieht man nichts mehr, mir ist auch grad ein guter Laden eingefallen, wo wir die Fotos machen lassen können. Und wir sollten deine Haare schneiden lassen, natürlich nur wenn du das willst“, plante Marigold.
„Ja, das ganze toupieren hat meine Haare ruiniert, ich wollte schon immer Mal einen Kurzhaarschnitt, sollte ich mir wohl mal schneiden lassen“, war Penny irgendwie zahm wie ein Kätzchen.
„Geht’s dir gut?“, war ihre Mutter irritiert von ihrer Gleichgültigkeit.
„Ja, ich streite nicht mit dir, wenn du Recht hast“, sagte sie tonlos.
„Du solltest ne Therapie machen, Süße, du hast anscheinend nen Trauma erlebt“, schlussfolgerte Marigold.
„Okay, aber das macht keiner von euch!“
„Ja, natürlich nicht. Ich kenn jemanden, zu dem du gehen könntest“, entschied Marigold.
„Okay!“
„Ganz dringend, wie mir scheint. Dann fahren wir jetzt zu meinem Frisör, der kann dir die Frisur schneiden die du willst“, bemerkte Marigold und fuhr mit ihr zum Frisör.
 
Tags drauf stand Penny in der Schlange der Führerscheinstelle mit schickem Kurzhaarschnitt und dicker Sonnenbrille auf der Nase. Plötzlich klopfte ihr jemand auf die Schulter und sie schreckte zusammen.
„Pens, wusste doch, dass du es bist“, war es ihre alte Schulfreundin Trinity.
„Trinks, man, dich hab ich ja Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Wie geht’s dir?“, umarmte Penny ihre Schulfreundin mit einem Arm.
„Gut, gut, ich hab grad geheiratet und hol meinen neuen Führerschein ab. Was ist denn mit dir passiert?“, sah sie ihren Arm.
„Bin Anfang der Woche überfallen worden, muss meinen Führerschein neu beantragen“, erklärte sie kurz.
„Oh man, schlimme Sache, ich unterrichte Kickboxen, ich sollte dir ein paar Tricks beibringen wenn du deinen Arm wieder bewegen kannst“, schlug Trinity ihr vor.
„Ja, das wäre nett. Du hast geheiratet?“
„Ja, letzten Monat, hätte dich eingeladen, aber dachte, dass du jetzt in Jersey wohnst“, erklärte Trinity.
„Bin seit letzter Woche zurück, wollte eigentlich nächste Woche heiraten, ist aber nichts draus geworden. Ich gratuliere dir“, erklärte sie ihr.
„Tut mir leid, hat er dir das angetan?“, deutete sie auf das Veilchen in Pennys Gesicht.
„Nein, war der Angreifer, Luca war harmlos. Wie heißt du jetzt?“, wollte Penny wissen.
„Mohan, hab nen Iren geheiratet, meinen höchstpersönlichen Colin Ferrell. Ich bin glücklich“, konterte sie.
„Schön, freut mich für dich. Was hast du so gemacht nach der Highschool?“
„Ich war in Irland wo ich meinen Mann kennengelernt habe, dann bin ich zu Hause aufs Community-College gegangen und bin Buchhalterin geworden, als Buchhalterin arbeite ich jetzt auch. Du bist doch aufs College gegangen, oder?“
„Ja, hab jetzt nen Doktortitel, wurde vor drei Jahren fertig. Bin irgendwie in die Jersey Shore-Szene geschlittert und bin grad erst wieder da rausgekommen“, erzählte sie ihr.
„Jersey Shore so wie Snooki und Co?“, wunderte sie sich.
„Ja, genau so, ich muss echt wieder lernen mein Hirn einzuschalten. Ich muss einen Job finden und endlich als Therapeutin arbeiten“, dachte sie laut nach.
„Sag mir Bescheid wenn es soweit ist, dann werde ich sicher mal zu dir gehen. Wir sollten uns auch mal so treffen und mal wieder Party machen wie früher“, schlug Trinity vor.
„Ja, gib mir mal deine Nummer“, bat sie und Trinity schrieb ihr ihre Nummer auf den Gips.
„Danke, erinnert irgendwie an die Schulzeit als ich mir mal das Bein gebrochen habe. Gib mir mal dein Handy, ich geb dir auch meine Nummer“, entgegnete sie und nahm das Handy. Sie tat sich schwer.
„Okay, vielleicht solltest du es eintippen. Man, wenn mir der Wichser über den Weg läuft, der mir das angetan hat, mach ich ihn zu Kleinholz“, murrte sie und Trinity tippte die Nummer ein, die Penny ihr gab.
„Dann geb ich dir mal die Karte von meiner Kickbox-Klasse, die ich unterrichte, du solltest wissen wie’s geht“, schmunzelte Trinity.
„Ja, sollte ich, danke“, nahm sie die Karte entgegen.
„War schön dich wieder zu sehen, ruf mich an“, erwiderte Trinity und Penny war die erste am Schalter.
„Morgen, meine Sachen wurden mir geklaut, ich will meinen Führerschein neu beantragen“, erklärte sie der Frau am Schalter.
„Ja, füllen Sie das aus und gehen Sie dann weiter zum Foto machen“, bemerkte die Angestellte und zeigte auf eine Fotobox.
„Ich hab Fotos dabei“, erklärte sie verwirrt.
„Die Fotos müssen hier gemacht werden, tut mir leid“, entschied die Frau und Penny nahm ihre Brille ab.
„Sie machen Witze, oder?“, zeigte sie auf ihr blaugrünes Veilchen.
„Mädchen, wer hat Sie denn nicht gemocht? Tut mir leid, so sind die Regeln“, entschied die Frau.
„Tut mir leid ich hab das zufällig mitangehört, ich hab Makeup dabei, ich kann das richten“, mischte sich Trinity ein.
„Dann verlierst du aber deinen Platz in der Reihe“, erklärte sie und zeigte auf die länger werdende Reihe hinter ihr.
„Ist mein freier Tag heute, komm mit auf die Toilette, ich helf dir“, bat Trinity an und ging mit ihr zu den Toiletten.
„Wie hat mich die Liebe nur so abdriften lassen? Ich hatte nach der Highschool so gradlinige Pläne und jetzt lass ich mir ein Veilchen im Badezimmer der Verkehrsleitstelle überschminken, was vermutlich seit der Reagan-Ära nicht mehr geputzt worden ist“, dachte Penny laut nach, als sie auf der Ablage der Toilettenräume saß und von Trinity geschminkt wurde.
„Was ist mit deinem Verlobten und dir passiert?“, wollte Trinity wissen.
„Er war es einfach nicht, hab ich zwar spät gemerkt, aber ich hab’s gemerkt. Seit dem Abend hab ich die schrägsten zwei Wochen meines Lebens hinter mir. Ich bin bei meinem Junggesellinnenabschied von einem Schiff gefallen, ein Fischer hat mich rausgefischt und hat mich sofort in sein Herz geschlossen. Ich hab mich auch in ihn verknallt, aber er ist ein grad so trockener Alkoholiker mit einer genau so kurz unter der Erde liegenden Ehefrau. Ich bin zurück nach Baltimore gekommen, weil ich dachte, hier wird wieder alles so wie es war, meine Eltern, bei denen ich jetzt grad wohne, sind es zwar, aber sonst scheint nichts zu funktionieren. Und auf Jobsuche werde ich überfallen und meine echte Louis Vuitton-Tasche wird geklaut, obwohl ich auch noch ne Fälschung besitze“, erzählte sie ihre letzten Wochen im Schnelldurchlauf.
„Wie kannst du dir ne Vuitton-Tasche leisten, wenn du arbeitslos bist?“
„Die ist von meinem Ex, dem Guido, nicht dem Säufer, er hat so einiges an Geld, aber Geld ist nicht alles“, klärte sie sie auf.
„Das nenn ich mal geschäftige zwei Wochen. So, ist kaum noch zu sehen. Du bist bereit für dein Foto“, half sie ihr vom Tresen runter.
„Danke, du hast mir echt aus ner Notsituation geholfen, tut mir leid, dass unsere Freundschaft nach der Highschool so plötzlich geendet hat, ich hoffe, das können wir jetzt wieder nen bisschen aufleben lassen, denn durch mein Untertauchen hab ich irgendwie die meisten meiner alten Freunde verloren“, bedankte sie sich.
„Ja, das wär schön. Meine Nummer hast du ja. So, jetzt muss ich mich wohl nochmal hinten anstellen, aber das war’s wert“, war Trinity gut gelaunt. Die Heirat schien sie wirklich glücklich gemacht zu haben.
„Ich könnte noch auf dich warten und wir gehen noch was trinken“, schlug Penny vor.
„Das könnte noch ne Weile dauern“, schlussfolgerte Trinity.
„Kein Problem, ich hab’s auch nicht eilig“, schmunzelte sie und sie gingen wieder raus.
 
Zwei Tage später saß Penny bei Trinity zu Hause und lernte den Bräutigam ihrer Freundin kennen als Pennys Smartphone klingelte.
„Entschuldigt mich kurz“, ging sie in den Flur.
„Was denkst du eigentlich wer du bist?“, wütete Dorian am anderen Ende der Leitung und sie schreckte zusammen.
„Dir auch einen wunderschönen Tag, Dor, was ist los?“, fragte sie, als sie sich wieder etwas gefasst hatte.
„Wenn du mal angerufen hättest, wüsstest du es. Ich hab Mae letzte Nacht in die Klinik zurückgebracht weil er einen Rückfall hatte. Momentan pass ich auf mein Patenkind auf, ich bin aber ziemlich überfordert mit allem“, bemerkte er gestresst.
„Fuck, ich komm zurück, bin vor Sonnenuntergang bei dir. Bist du bei ihm zu Hause?“, fragte sie und er bejahte dies.
„Ich beeil mich“, versprach sie und legte wieder auf.
„Trinity, ich brauch einen riesigen Gefallen von dir. Ich würde gern selbst fahren, aber ich kann das mit dem kaputten Arm nicht. Mae hatte nen Rückfall, ich muss jetzt bei ihm sein“, bat sie ihre Freundin.
„Sicher, ich fahr dich. Hat er dich grad angerufen?“
„Nein, sein bester Freund, er ist ziemlich überfordert mit allem, vor allem mit Maes Tochter. Ich danke dir so sehr, ich bezahl dir das Benzin, irgendwie“, bedankte sie sich und Trinity küsste ihren Mann und fuhr sie Richtung Point Pleasent.

Neuntes Kapitel

 
Die Luft im Stillmann-Haus war zum Schneiden dick, als Penny dort ankam.
„Hast lang gebraucht“, murmelte Dorian, als er die Tür öffnete.
„Wir standen im Stau. Das ist Trinity, Trinity, das ist Dorian, Maes bester Freund“, stellte Penny aneinander vor.
„Ich werde mir nen Hotel suchen, bin ziemlich müde. Das müsst ihr alleine klären. Ich hab noch ein paar Tage frei, ich werde auf dich warten, wie lang du auch brauchst“, versprach Trinity.
„Nein, Süße, genieß deine Flitterwochen mit deinem Mann, ich komm hier klar“, versicherte sie ihr.
„Wie kommst du dann heim?“, wunderte sie sich.
„Das lass mal meine Sorge sein, danke fürs Fahren, hier sind 20 Mäuse, ich geb dir den Rest wenn ich wiederkomme“, bedankte sich Penny, umarmte ihre Schulfreundin und die ging verwirrt von dannen.
„Du hast also auch noch einen eigenen Chauffeur, nett“, maulte Dorian.
„Scheiße, Dor, ich weiß zwar nicht was ich falsch gemacht haben soll aber ich bin jetzt hier um das auszubügeln. Ich wurde letzte Woche überfallen und konnte mein Bike nicht benutzen, wo warst du denn als er sich die Kante gegeben hat?“, raunzte Penny genervt.
„Ich hatte mein erstes Date seit zwei Jahren, er hat mir extra gesagt, dass ich gehen soll, woher sollte ich wissen, dass er sich eine halbe Stunde nachdem ich weg bin mit Tequila fast zu Tode säuft“, erwiderte Dorian wütend.
„Na toll, er war erst sechs Monate trocken, ich hoffe die Tussi war’s wert“, wütete sie.
Dorian sah sie nur mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Er hat’s dir nicht erzählt?“, fragte er ruhig.
„Nein, was?“
„Meine Tussi war nen Kerl, Süße, wir wildern in den gleichen Gefilden, du und ich“, konterte er cool.
„Du bist?“
„Schwul, ja!“
„Weiß Mae das?“
„Er ist mein bester Freund seit der ersten Klasse, was denkst du?“
„Man, das muss ich jetzt erst Mal verdauen. Du bist doch nicht in Mae verknallt, oder?“, wollte sie wissen.
„Homosexuelle und heterosexuelle Männer können befreundet sein ohne was voneinander zu wollen, Süße!“
„Ja, schon klar, wollt nur sicher gehen. Es tut mir leid, wenn ich gewusst hätte, dass er so was vorhat wär ich mit ihm hierher zurückgekommen. Das in Baltimore läuft so gar nicht wie ich mir das vorgestellt habe. Ich bin jetzt für ihn da, wo ist Maddie grade?“
„In ihrem Zimmer, ich hab sie endlich dazu gebracht allein zu spielen. Jemand müsste sie baden, ich kann das nicht machen“, wurde Dorians Stimme sanfter.
„Das mach ich und steck sie dann ins Bett. Wie knapp war es bei Mae?“, wollte sie vorsichtig wissen.
„1,9 Promille, ich bin irgendwie beruhigt und beunruhigt zur selben Zeit, dass ihn das fast getötet hätte, das heißt, er ist noch nicht so alkoholresistent wie andere Trinker. Ich hätte ihn nicht allein lassen sollen, vor allem nachdem er so mit Herzschmerz zurückkam“, erklärte Dorian.
„Wir haben beide etwas Schuld und auch wieder nicht. Was haben seine Eltern gesagt?“
„Sie wissen es nicht, wir sollten es auch dabei belassen“, bat er.
„Sie werden in ein paar Tagen wieder da sein und er nicht, was willst du ihnen dann sagen?“
„Das überleg ich mir dann noch. Im Moment ist er in dem Drogencenter am Broadway in New York City gut aufgehoben, hab ihn gestern Mittag dahin gefahren. Ich bleib solang hier, so kann ich auch den blöden Fragen meiner Mutter ausweichen, ich muss echt mal ausziehen, die Hexe hat mich schließlich jahrelang in diese Umerziehungscamps für homosexuelle Christen geschickt, die mich umdrehen wollten. Die Wichser haben es aber nicht geschafft“, erklärte er stolz.
„Aber sie haben dich trotzdem emotional gebrochen, ich versteh schon. Hat die Kleine schon was gegessen?“, plante sie weiter und Dorian schüttelte den Kopf.
„Dann koch ihr was, die haben hier sicher irgendwas Kinderfreundliches. Ich bring sie dann runter, wir geben ihr das Essen und dann ab ins Bett, ist ja schon fast neun Uhr. Wir kriegen das zusammen hin, wenn wir nicht streiten und zusammenarbeiten“, bat sie und er nickte verständnisvoll. Eine Stunde später hatten sie Maddie ins Bett verfrachtet und saßen erschöpft vor dem Fernseher als es klingelte.
„Wer ist das denn jetzt? Wehe es ist Mae, dann prügle ich ihn eigenhändig wieder in die Klinik“, bemerkte Dorian und ging zur Tür. Es war Minnie, Maerons Schwiegermutter.
„Mrs. Campos, was machen Sie hier?“, fragte Dorian unwissend obwohl er genau wusste, was sie von ihm wollte.
„Wo ist er?“
„Wo ist wer?“
„Maeron!“
„Unterwegs“, log er ziemlich schlecht.
„Ich weiß es, Dorian, also wo ist er?“
„In ner Klinik, wir kommen hier klar“, entschied Dorian mit sicherer Stimme.
„Was heißt wir?“, fragte Minnie kritisch und in dem Moment kam Penny aus dem Wohnzimmer.
„Was macht sie hier?“
„Sie hilft mir mit Maddie, ich sagte doch, wir kommen klar“, sagte er ernst.
„Ich glaube kaum, dass sich ein Flittchen und eine Schwuchtel um meine Enkeltochter kümmern können“, behauptete Minnie. In Penny stieg der Hass auf diese Frau hoch. Sie wollte sie erst in bester New-Jersey-Manier zusammenstauchen, riss sich dann aber zusammen.
„Wir können, Mrs. Campos, glauben Sie mir. Wenn wir Hilfe brauchen, kommen wir zu Ihnen“, drängte Penny sie Richtung Tür und machte die Tür dann vor ihr zu.
„Das ist nicht gut, das ist gar nicht gut“, murmelte Dorian vor sich hin.
„Oh man, diese Hexe könnt ich glatt gegen die Wand schmeißen, was bildet die sich ein?“, sprudelte es aus Penny heraus.
„Sie ist ihre Großmutter, wenn alles schiefläuft kann sie ihm die Kleine wegnehmen“, dachte er laut nach.
„Nur über meine Leiche, wir müssen Brenda und Hiram anrufen, sorry, geht nicht anders“, schlussfolgerte sie.
„Müssen wir nicht, Minnie wird das schon gemacht haben, sie werden sicher gleich anrufen“, prophezeite Dorian und schon klingelte das Telefon.
„Lass mich rangehen, ich kann sie vermutlich besser beruhigen“, bat Penny und er ließ ihr den Vortritt.
 
„Hey, Brenda, ich bin’s Penny, ich muss dir was sagen“, nahm sie ab. Die antwortete ihm mit den heftigsten gälischen Schimpfworten die sie je gehört hatte.
„Hey, das meiste hab ich verstanden, ich hab auch irische Wurzeln. Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich höflich.
„Tut mir leid, Süße, Minnie nervt mich nur dermaßen, ich hab es an dir ausgelassen, tut mir auch leid. Mein Sohn ist keine sehr starke Persönlichkeit. Wie geht es der Kleinen?“
„Die schläft, ich seh gleich nochmal nach ihr. Macht euch keine Sorgen, wir kümmern uns hier um alles“, erklärte sie ihr.
„Dorian ist auch da, gut, wo war er, als Maeron sich besoffen hat?“, fragte Brenda kritisch und Penny sah Dorian an, der ziemlich schuldbewusst dreinschaute.
„Er ist nicht sein Babysitter, er war bei sich zu Hause. Ihm ist auch nicht die Schuld zu geben, er fühlt sich schuldig genug. Isst die Kleine irgendwas Besonderes zum Frühstück und wann muss sie im Kindergarten sein?“, wollte Penny von ihr wissen.
„Sie ist diese Woche nicht im Kindergarten und Cornflakes tun es, Mae gibt ihr immer die zuckrigen, versuch ihr aber die gesunden zu geben, sie wehrt sich zwar immer etwas, isst sie dann aber doch. Wir sind so schnell wie möglich zurück, meiner Mutter geht es einigermaßen, wir holen ihr ne Pflegekraft, Mae ist jetzt wichtiger“, entschied Brenda besorgt.
„Er ist in der Klinik und wir kommen hier mit der Kleinen klar, du musst nicht früher heimkommen, das ist doch teuer. Wir machen uns aber Sorgen um Minnie, ich glaub, die ist so in Rage dass die das Jugendamt anruft. Wenn sie ihm noch Maddie wegnehmen, wird er nie wieder trocken werden“, erklärte sie ihr besorgt.
„Hat sie so etwas gesagt?“, fragte Brenda sie geschockt.
„Nein, aber wir machen uns trotzdem Sorgen!“
„Das lassen wir nicht zu, keine Sorge, wenn sie vor der Tür steht lass sie einfach nicht rein, Maddies Mutter hat in ihrem Testament bestimmt, dass in ihrem Todesfall unsere Familie das Sorgerecht für Maddie bekommt, sie war nämlich mit ihren Eltern verstritten. Sie versucht alles um Maddie zu sich zu holen, das lassen wir aber nicht zu“, erklärte Brenda.
„Gut, das sind echt gute Nachrichten. Das machen wir nicht, versprochen. Kümmere dich um deine Mutter, die braucht dich genauso, wir brauchen jetzt etwas Schlaf, wir reden morgen wieder, okay?“, bat sie und Brenda verabschiedete sich von ihr.
 
„Gute Nachrichten, es gibt ein Testament, Maddie bleibt in dieser Familie hier wenn Maeron was passiert“, erklärte Penny, Dorian, als sie aufgelegt hatte.
„Das ist ja schön und gut, aber wir sind nicht die Familie, wenn das Jugendamt wirklich hier auftaucht werden sie sie uns wegnehmen bis Brenda und Hiram oder Maeron wieder da ist“, schlussfolgerte Dorian.
„Dann sorgen wir dafür, dass das nicht passiert, ich bin Psychologin, ich hab schon jedem was einreden können was er eigentlich gar nicht wollte“, erklärte sie.
„Ich bin so müde“, sagte Dorian plötzlich.
„Dann geh ins Bett“, bemerkte sie.
„Du solltest in dem Bett schlafen, du hast einen gebrochenen Arm“, schlussfolgerte er.
„Bist du wirklich sicher, dass du schwul bist?“, fragte sie keck.
„Zu 100 Prozent, hab noch nie mit ner Frau geschlafen und hab ich auch nicht vor, wieso?“
„Wir haben ein Bett was groß genug für uns beide ist, wir sind beide erwachsen und stehen auf das gleiche Geschlecht, lass uns in einem Bett schlafen“, entschied sie.
„Bist du sicher?“
„Hast du vor mich im Bett mit deinen Händen zu erwürgen?“
„Gott, nein!“
„Ja, dann bin ich sicher“, konterte sie trocken und ging mit ihm nach oben, wo sie bald in Maerons Bett eingeschlafen waren.
 
Als sie morgens wach wurden stand Maddie wortlos an Pennys Bettseite und sah die beiden an. Dorian hatte sich an Penny herangekuschelt.
„Hey, Schätzchen, schon wach?“, fragte Penny und stieß Dorian mit dem Bein weg, der sich grummelnd umdrehte und weiterpennte.
„Tante Penny?“, fragte sie mit zuckersüßer Stimme.
„Ja, Engelchen?“
„Hast du Onkel Dorian lieb so wie Mommy, Daddy lieb hatte?“, fragte sie so frech wie es nur Kinder konnten.
„Nein Maus … wir…wir…wir“, stotterte sie, weil ihr keine Antwort auf diese Frage einfiel.
„…schlafen nur miteinander“, murmelte Dorian im Halbschlaf und bekam dafür so einen Tritt verpasst, dass er aus dem Bett fiel. Maddie musste so lachen, dass sie ihre Frage schnell vergessen hatte.
„Weib, was sollte das denn?“, grummelte er und rappelte sich wieder bis zur Bettkante hoch. Wortlos zeigte Penny auf Maddie.
„Hey, Kiddo, Süße, Onkel Dorian sollte dir mal Frühstück machen“, schlüpfte er blitzschnell in seine Jeans, weil er nur Shorts trug und streckte Maddie seine Hand entgegen.
„Wenn die Kleine jetzt ihrem Vater erzählt, dass wir miteinander geschlafen haben, köpf ich dich“, grummelte Penny, während sie Maddies Ohren zuhielt. Dorian grinste nur beschämt.
„Ich glaub, das würde ihn ziemlich verwirren. Wir sollten wohl hier auf unsere Wortwahl achten. Ich mach ihr Frühstück, schlaf ruhig noch weiter, wenn du willst“, bot er an.
„Nein, bin wach, wir gehen zusammen runter, lass mich auch nur noch kurz was anziehen. Wo ist eigentlich deine Schlafanzughose geblieben?“, fragte sie kritisch.
„War heiß, tut mir leid, dass ich mich so an dich gekuschelt habe, hab geträumt, ich würde mit Channing Tatum im Bett liegen“, schmunzelte er und nahm Maddie auf den Arm.
„Witzig, das gleiche hab ich auch geträumt, aber dann bin ich neben dir aufgewacht“, frotzelte sie und zog sich einen Pullover über ihr T-Shirt.
„Nett, so, Maus, lass uns runter gehen, Tante Penny kommt gleich nach“, entschied er und ging mit Maddie nach unten.
 
Als Penny nach unten kam, mampfte Maddie grade Zucker-Cornflakes. Sie nahm ihr die Schale ab, schüttete Vollkornflakes in eine Schale und gab sie ihr. Sie aß ganz brav die Vollkornflakes.
„Ein Kinderflüsterer bist du anscheinend auch, wie hast du denn das angestellt?“, wunderte sich Dorian.
„Grandma macht das auch immer, nicht, Süße?“, fragte sie Maddie und die nickte.
„Sonst gibt es immer Theater wenn sie das macht, du hast echt Talent“, erwiderte er.
„Du hast öfters hier gefrühstückt, was?“, schlussfolgerte sie aus seiner Aussage.
„Im letzten Jahr schon, ja. Du kannst auch ein bisschen Zucker reinmachen, Süße, wenn du willst“, sagte er zu Maddie.
„Ja, aber nur ein bisschen. Ich nehm mir auch Cornflakes, die Milch ist leer, hoffe, die haben noch Milch da“, leerte sie etwas Zucker in Maddies Schale und ging zum Kühlschrank. Dort blieb sie bewegungslos stehen.
„Was ist? Keine Milch mehr?“
„Hast du nen Kuchen mitgebracht?“
„Was?“
„Hast du einen Kuchen in den Kühlschrank gestellt?“, widerholte sie.
„Ich ess keine Kohlenhydrate“, bemerkte er cool.
„Du bist eindeutig schwul, mein Süßer. Da ist Alkohol in dem Kuchen und ein Stück fehlt“, erklärte sie und drehte sich um.
„Was?“
„Willst du nichts anderes sagen als was?“
„Er hat davon gegessen“, konterte sie.
„Süße, du darfst heute mal vor dem Fernseher frühstücken“, schickte Penny, Maddie raus.
„Er hat eine ganze Flasche Tequila getrunken, was macht da ein Stück Kuchen?“, verstand er nicht.
„Der Kuchen ist frisch, Brenda wird auch kaum einen Kuchen mit Alkohol backen mit einem Kind und einem Alkoholiker im Haus“, dachte sie laut nach.
„Ich kann dir nicht ganz folgen!“
„Welche Personen backen Kuchen?“
„Bäcker, Konditoren, Mütter, Groß…, Minnie? Nein, das würde sie nicht tun!“
„Woher soll der Kuchen sonst sein? Er wird wohl kaum einen ganzen Kuchen gekauft haben“, erwiderte sie.
„Die Schlampe hat ihn angefixt, er hat den Alkohol vermutlich gar nicht geschmeckt“, sah es auch Dorian.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Penny.
„Ein Stück einfrieren und das Tablett eintüten“, bemerkte Dorian trocken.
„CSI-Point Pleasent, oder wie?“
„In einem Sorgerechtstreit könnte das nützlich sein, besser als sie zu konfrontieren, wir können es ihr eh nicht beweisen, na eigentlich schon, aber das ist zu wenig. Wir frieren beides ein und schreiben drauf, dass es Alkohol enthält, nicht, dass Maeron das aus Versehen in ein paar Monaten nochmal isst“, plante sie und tat es.
„Ja, das wäre dann echt selten dämlich von uns. Ich hab echt von fiesen Schwiegermüttern gehört, aber Minnie toppt ja echt alles!“
„Wir dürfen uns nicht so reinsteigern, wir wissen nicht, ob sie es wirklich war“, beruhigte er sie.
„Ja, aber wer soll es sonst gewesen sein?“, fragte Penny.
„Wir könnten was versuchen, aber das ist echt fies“, bemerkte er.
„Wenn sie das wirklich gemacht hat, ist fies die einzige Alternative. Also?“
„Wir könnten sie anrufen und ihr sagen dass es Maddie ganz schlecht geht weil sie heimlich von dem Kuchen im Kühlschrank genascht hat und wir wissen nicht was wir tun sollen“, schlug er vor.
„Das ist echt fies, aber so sehen wir, ob sie es war“, sah sie es ein.
„Ruf an“, bat er und sie rief Minnie an.
Minnie kam sofort zu ihnen.
„Wo ist sie?“, fragte Minnie nervös, als Penny die Tür öffnete.
„Sie spielt in aller Ruhe in ihrem Zimmer. Also, welcher Alkohol war in dem Kuchen, Rum, Eierlikör, oder etwas noch stärkeres?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Rum, wie viel hat sie davon gegessen?“
„Sie nicht, aber anscheinend ihr Vater. Warum haben Sie das getan? Er bemüht sich so, ein guter Vater zu sein“, hielt sie ihr vor.
„Sie ist bei uns viel besser aufgehoben“, entschied Minnie.
„Wie wollen Sie das wissen? Sie hat einen liebenden Vater und wunderbare Großeltern und uns, ihr wird es hier gut gehen. Sie hat den Kuchen nicht gegessen, aber hätte es können. Sie hätten die Beweise verschwinden lassen sollen“, sagte sie trocken.
„Er lässt mich sie gar nicht mehr sehen“, murmelte Minnie plötzlich kleinlaut.
„Was heißt gar nicht mehr?“, ging sie darauf ein.
„Ich hab sie seit der Beerdigung nicht mehr im Arm halten können“, erwiderte sie traurig.
„Stimmt das?“, fragte Penny und drehte sich zu Dorian, der am Türrahmen der Küche stand und die Frage mit einem Nicken beantwortete.
„Sie haben eine halbe Stunde, wenn Sie aber was anstellen, was mir nicht gefällt gibt’s Ärger“, entschied Penny kühl.
„Danke“, bedankte sich Minnie nur und ging die Treppen hoch zu Maddie.
„Sie hat ihre Enkeltochter ein Jahr schon nicht gesehen? Sie hat ihre Tochter verloren und ihr nehmt ihr auch noch ihre Enkeltochter weg?“, raunzte Penny, Dorian an.
„Du bist erst fünf Minuten Teil dieser Familie, du weißt gar nichts über uns“, murrte er.
„Du gehörst genauso wenig zu dieser Familie. Solang die Stillmanns nicht hier sind, wird Minnie die Kleine besuchen können sooft sie will, ist das klar?“, fragte sie herrisch.
„Das wird Maeron gar nicht mögen“, murmelte er.
„Das ist hier alles nur so aus dem Ruder gelaufen weil er ihr sie entzogen hat. Sie hatte grade ihre Tochter verloren, verdammt!“, wurde sie laut.
„Psst, den Streit sollte sie ja nicht grade mitkriegen. Ja, sie kann sie sehen, aber sie wird nicht mit ihr allein bleiben, klar?“, mäßigte er sie.
„Ja, natürlich nicht, sie hat Maeron zurück in den Alkoholismus getrieben, sie hat erst Mal Probezeit. Ich geh zu ihnen hoch, koch du bitte was“, bat sie und ging auch die Treppen hoch.
Als sie ins Kinderzimmer kam, saß Minnie im Schneidersitz auf dem Boden und drückte weinend ihre Enkeltochter an die Brust.
„Nicht weinen, Grandma“, bat Maddie etwas verstört.
„Bitte noch ein paar Minuten“, schluchzte Minnie.
„So lang Sie wollen. Er trauert so wie Sie, er hat es sicher nicht bös gemeint“, erkannte sie und setzte sich auf einen Stuhl neben die beiden.
„Maddie sieht meiner Tochter so ähnlich“, bemerkte Minnie und küsste ihre Enkeltochter auf die Wange.
„Auch wenn ich wahrlich nicht gutheiße was sie mit ihm gemacht haben, kann ich es verstehen. Sie haben die Chance genutzt, als seine Eltern weg waren, sie wollten Maddie nur bei sich haben“, entgegnete Penny.
„Ich hab Ihren Freund wieder zum Saufen gebracht, warum sind Sie so verständnisvoll?“, sah sie sie mit verheulten Augen an.
„Er ist nicht mein Freund und genau das ist das Problem. Ich hab ihm das Herz gebrochen, er hat mich gebraucht und ich hab ihn weggestoßen. Er ist noch nicht soweit und ich bin grade mal eine Woche von meinem Verlobten getrennt“, erklärte sie ihr.
„Verzeihen Sie, dass ich Sie Schlampe nannte“, entschuldigte Minnie sich bei ihr.
„Schon gut, Sie haben mich mit ihm zusammen gesehen, so kurz nach dem Tod ihrer Tochter, das hat Sie verletzt“, sah sie es ein.
„Sie sind ne Psychologin, richtig?“, schlussfolgerte sie plötzlich.
„Verhaltenstherapeutin, ja, ich kann aufhören, wenn Sie wollen“, sagte sie freundlich.
„Nein, bitte reden Sie weiter, mein Mann hat seit der Beerdigung keinen Ton mehr darüber verloren, es tut gut, über Jenna zu reden“, bat Minnie.
„Jenna, das war ihr Name?“
„Ja, das war ihr Name. Sie hat sie noch nie erwähnt?“
„Schon, aber er hat anscheinend Schwierigkeiten ihren Namen auszusprechen, das ist bei trauernden Männern nicht unüblich. Ich kenn ihn erst ein paar Wochen, er war noch nicht soweit wird mit mir alles zu teilen, muss er ja auch nicht. Er hätte noch sechs Monate durchhalten müssen, dann hätte seine alte Schule ihn wieder genommen, jetzt muss er ganz von vorne anfangen“, hielt sie ihr vor.
„Er möchte zurück?“, fragte Minnie.
„Er kann grad so den Kindergarten bezahlen, er will zurück in sein altes Leben“, bemerkte sie.
„Was hab ich getan?“, realisierte sie schuldbewusst.
„Wir sind alle nicht ganz unschuldig, wir müssen aber zusammenarbeiten, dass das hier funktioniert“, entschied sie.
„Ja, das müssen wir. Ich wäre gern etwas mit meiner Enkeltochter alleine“, bat Minnie und Penny ließ sie allein.
„Seid ihr jetzt beste Freundinnen?“, fragte Dorian, der vor der Tür saß, als Penny rauskam.
„Nein, sicher nicht. Aber eine glückliche Grandma macht uns weniger Trouble als ne unglückliche. Ich behalt die hier gut im Auge“, versprach sie.
„Du bist ein echter Softie“, frotzelte er.
„Bin ich gar nicht!“
„Doch bist du, du hast Mitleid!“
„Ja, ich bin ne Frau, verklag mich!“
„Ich find’s doch süß, wenn Maeron nicht vor Trauer blind wäre, hätte er auch Mitleid gehabt. Keine Sorge, ich werde ihm nichts sagen“, konterte er.
„Wann können wir ihn eigentlich sehen?“, wollte sie wissen.
„Erst in einer Woche, er darf zehn Tage keinen Kontakt zu Verwandten und Freunden haben, das hab ich ja schon mal durchgemacht. Ich hab ihm ein Kuscheltier von Maddie mitgegeben, dann werden die Nächte nicht so hart“, erklärte er.
„Du bist echt ein toller Freund“, lobte sie ihn.
„Er hat mich aus dieser Sekte geholt, alles was ich da für ihn tun kann ist nicht genug“, entgegnete er.
„Du musst aufhören eins gegen das andere abzuwägen, er liebt dich, egal was du tust oder nicht tut“, riet sie ihm.
„Ich wollte Anwalt werden“, gestand er plötzlich und sie setzte sich neben ihn.
„Was?“
„Ich hab vor zehn Jahren Jura studiert als ich mich geoutet habe, drei Jahre später wache in einem Feldbett irgendwo in Texas auf und frage mich, wo die letzten Jahre hin sind“, wurde er melancholisch.
„Warum lebst du eigentlich noch bei dieser Frau wenn sie dein Leben zerstört hat?“, fragte sie.
„Hast du eine Millionen Dollar rumliegen, dass ich da ausziehen kann?“, fragte er trocken.
„So viel Geld brauchst du nicht. Ich bin momentan auch nur Gast in zwei Haushalten, lass uns zusammenziehen, irgendwas werde ich schon zum Arbeiten finden“, schlug sie vor.
„Du kennst mich erst so kurz, bist du sicher?“
„Ich bin sicher, dass du da rausmusst und ich brauch ne Wohnung. Ich kann nicht in Baltimore bleiben, es hat sich zu viel dort verändert“, gestand sie.
„Sagst du dass nur weil du Angst hast?“, fragte er vorsichtig.
„Ich hab keine Angst“, versicherte sie.
„Du bist überfallen worden!“
„Ja, schon, trotzdem hab ich keine Angst, so schnell bin ich nicht zu verängstigen“, sagte sie cool.
„Du bist besser für Maeron als du denkst, Süße, vielleicht überlegst du dir alles nochmal“, riet Dorian ihr.
„Ja, vielleicht“, dachte sie laut nach.

Zehntes Kapitel

 
Nach Beendigung der Frist fuhren Dorian und Penny nach New York City, um Maeron zu besuchen. Brenda und Hiram waren noch nicht nach Hause gekommen und sie durften Maddie nicht über die Stadtgrenze bringen, deswegen brachten sie die Kleine zu ihrer Großmutter, die sich sehr darüber freute. Penny war etwas nervös wie Maeron darauf reagieren würde.
„Hey, ganz ruhig, er wird sich freuen dich zu sehen“, tätschelte Dorian ihre Hand.
„Das macht mir keine Sorgen, er wird aber ausflippen wenn er erfährt, dass Maddie bei Minnie ist“, entschied sie.
„Wir sagen ihm, dass sie im Kindergarten ist und wir sagen ihm auch nicht, dass Minnie wieder in Maddies Leben ist“, forderte er.
„Nein, ich lüg ihn nicht an, nicht in seiner Situation“, entschied sie.
„Er wird nicht glücklich darüber sein!“
„Deswegen bin ich auch so nervös. Ich werde das ganz allein auf meine Kappe nehmen, keine Sorge!“
„Ich will ja nichts sagen, aber du hast das alles selbst entschieden, du solltest das allein auf deine Kappe nehmen“, bemerkte er ruhig.
„Mach ich auch!“
„Gut!“
„Wie war er drauf, als du ihn eingeliefert hast?“, fragte sie.
„Was denkst du?“
„Wie war er auf mich zu sprechen?“
„Ehrlich?“
„Ja, ehrlich!“
„Keine Ahnung, er wollte nicht über dich sprechen“, erklärte er.
„Oh man, das ist kein gutes Zeichen. Ich hab mich um entschieden, ich will ihn nicht besuchen“, murmelte sie.
„Leider zu spät, Süße, jetzt sind wir fast da. Er mag dich, er wird dir schon verzeihen“, bemerkte er und fuhr in die Auffahrt der Klinik ein.
 
An Dorians Arm geklammert ging Penelope durch den langen Gang der Klinik. Ihr Magen grummelte, sie hatte schon den ganzen Tag nichts essen können.
„Hey, ganz ruhig, die müssen dir ja sonst noch ein Beruhigungsmittel geben und ich denk nicht, dass sie das hier rumliegen haben“, beruhigte er sie. Dann waren sie an der Tür angekommen.
„Ich möchte zuerst allein rein“, bat sie.
„Okay, ich warte hier draußen“, sah er es ein und sie ging rein. Der Raum war leer. Zitternd setzte sie sich auf den Stuhl in dem kühl weiß gestrichenen Zimmer.
Alles war sehr klinisch, sie konnte sich gar nicht vorstellen wie Maeron noch sechs Wochen in dieser Klinik verbringen sollte. Auf einmal ging die Tür auf und ein Pfleger kam mit Maeron ins Zimmer. Maeron war ganz verdattert sie zu sehen.
„Danke, Linus, ich komm hier klar“, bedankte er sich beim Pfleger und der ließ sie allein.
„Hey“, begrüßte sie ihn kurz.
„Was willst du?“, fragte er schroff.
„Dich besuchen, was ist mit dir los?“, fragte sie erschreckt von seinem Verhalten.
„Jetzt hast du plötzlich Interesse an mir, ich brauch dein Mitleid nicht“, konterte er.
„Ich bin verliebt in dich, Mae, Mitleid ist nicht meine Sache“, gestand sie.
„Warum jetzt? War ich dir vorher zu stabil?“, wollte er wissen.
„Ich wusste nicht, was ich für dich fühle bis zu dem Zeitpunkt an dem ich den Anruf von Dorian bekommen habe“, entgegnete sie.
„Ich hab dich enttäuscht“, begann er plötzlich zu weinen.
„Nein, Süßer, du wirst mich niemals enttäuschen, sechs Monate sind keine lange Zeit trocken zu sein, dass schaffst du wieder und in einem Jahr feiern wir deine Wiedereinstellung in der Schule“, machte sie ihm Mut.
„Du willst hierbleiben?“, versuchte er sich zusammenzureißen.
„Ja, das erste Mal seit langem dass ich mich zu Hause gefühlt habe war hier. Ich verliebe mich auch langsam in Maddie, sie ist eine richtige kleine Prinzessin, du hast einen tollen Job bei ihr gemacht“, erklärte sie ihm.
„Du kümmerst dich um meine Tochter?“
„Ja, zusammen mit Dorian, deine Eltern sind noch nicht zurück. Ich hab ihren Kindergarten bezahlt, nur für diesen Monat, ich hoffe, das ist okay. Sie sollte unter anderen Kindern sein im Moment“, erklärte sie ihm.
„Danke“, sagte er kleinlaut.
„Bitte, ich arbeite seit gestern in der Kneipe am Hafen, nur solang bis ich nen anderen Job habe. Ich hab während dem College Drinks serviert, also hab ich Erfahrung“, erzählte sie ihm.
„Das ist eine ganz schöne Spielunke“, war er besorgt.
„Ja, aber das ist der einzige Job den ich hier finden kann. Der Besitzer Laurent scheint einer von den Guten zu sein, er passt auf mich auf und Dorian holt mich immer ab. Mir wird’s da gut gehen“, versprach sie ihm.
„Das hoffe ich, sonst mach ich mir nur unnötig Sorgen. Ich danke euch so sehr, dass ihr auch um meine Kleine kümmert, sonst wär sie noch bei ihren Großeltern gelandet“, bedankte er sich.
„Wenn wir grad von denen sprechen, muss ich dir was sagen“, begann sie.
„Sie waren bei euch?“
„Nur deine Schwiegermutter, ich hab sie zu ihr gelassen, es tut mir leid. Sie hat sie so vermisst, sie hat ihre Tochter verloren und auch ihre Enkeltochter“, druckste sie herum.
„Ich wollte sie längst wieder zu ihr lassen, aber meine verstorbene Frau hatte sich vor ihrem Tod mit ihr verkracht, ich dachte, das wäre in ihrem Sinne gewesen, aber sie braucht ihre Großmutter“, sah er es ein.
„Es ist okay für dich?“, war sie verblüfft.
„Ich vertrau dir, ich weiß zwar nicht wieso, aber ich tu es. Wenn du denkst, dass sie Kontakt mit ihr braucht, wird das schon richtig sein!“
„Ja, ich lass sie auch nicht allein mit ihr, na ja, außer heute, aber ich durfte Maddie nicht über die Staatsgrenze bringen und wir kommen heut vermutlich erst spät heim und konnten sie nicht im Kindergarten lassen. Ich muss heut Abend arbeiten, aber als erstes Morgen hol ich sie wieder“, erklärte sie weiter.
„Wie ich sagte, ich vertrau dir, wenn du denkst, dass sie gut für Maddie ist, denk ich das auch. Dorian ist draußen?“, wollte er wissen.
„Ja, soll ich ihn reinholen?“, fragte sie.
„Einen Moment noch“, sagte er liebevoll und zog sie an sich.
„Das wird hier Videoüberwacht“, schmunzelte sie und er küsste sie sanft.
„Gut, dann kann ich bei den Pflegern mit dir angeben. Danke, dass du da warst, tut mir leid, dass ich vorhin so ruppig war, ist ziemlich hart hier“, entschuldigte er sich nochmal.
„Denk ich mir. Ich komm wieder, ich werde nicht jeden Tag kommen können, aber mindestens einmal pro Woche“, versicherte sie.
„Musst du nicht!“
„Will ich aber, aber nur wenn du willst!“
„Das wäre nett, danke!“
„Ich schick ihn zu dir, ich geb der Kleinen einen Kuss von dir“, verließ sie den Raum wieder.
„Du kannst jetzt zu ihm rein“, lief Penny nachdenklich an Dorian vorbei und ging Richtung Ausgang.
 
„Alles klar bei dir?“, fragte Dorian, als er sich eine Weile später auf den Fahrersitz des Pickups setzte.
„Hm“, murmelte sie nur, während sie auf ihrem Handy rumspielte.
„Sieht nicht so aus, war seltsam da drin, was?“, munterte er sie auf.
„Fahr los, ich muss in zwei Stunden bei der Arbeit sein“, bat sie nur.
„Was ist da drin bei euch passiert? Hast du ihm endgültig den Laufpass gegeben?“, fragte er sie.
„Nein, wir scheinen uns geeinigt zu haben“, erklärte sie in Gedanken.
„Gut, schön für euch, aber irgendwas ist doch grad mit dir“, fuhr er los.
„Heut ist mein Hochzeitstag!“
„Masel tov!“
„Man, ich dachte ihr Schwulen wärt so mitfühlend“, grummelte sie.
„Sorry, ich hör dir zu. Du hast dich von ihm getrennt, bereust du es?“
„Keine Ahnung, ich hab ihn geliebt, spurlos wird dieser Tag nicht an mir vorbeigehen, sorry, mir ist nur grad das Datum auf meinem Smartphone aufgefallen, ich reiß mich zusammen“, entschuldigte sie sich.
„Du kannst trauern so viel du willst, ich versuch sensibler zu sein, tut mir leid!“
„Nein, vergangen ist vergangen, schon gut. Er hat mir geschrieben“, erwiderte sie.
„Das ist doch nett“, entschied er und sie zeigte ihm die Nachricht.
„Alter, da hast du echt jemanden verärgert“, las er die nicht grad schmeichelhafte Nachricht.
„Ich hab’s verdient, ich hab ihn nicht fair behandelt“, dachte sie laut nach.
„Scheint so, aber kannst du jetzt auch nicht mehr ändern. Es gibt jetzt nur drei Worte, die du ihm zurückschreiben kannst“, entschied er.
„“Leck mich, Arschloch“?“, fragte sie keck.
„Wow, ihr Weiber seid manchmal echt fies, ich meinte eigentlich, „Es tut mir leid“, aber wie du willst“, entgegnete er schmunzelnd.
„Das sind vier Worte, okay, ich hab’s geschrieben“, tippte sie etwas in ihr Smartphone.
„Was jetzt?“
„Das es mir leid tut, tut es ja auch, irgendwie. Du warst diese Woche noch nicht auf See“, begann sie plötzlich.
„Ich bin zu schwach das Netz allein reinzuziehen. Ich glaub, ich frag Laurent heut auch nach nem Job, ist das okay?“, fragte er sie.
„Wirst du mir dann immer über die Schulter sehen und den großen Bruder raushängen lassen?“, wollte sie kritisch wissen.
„Nein, du bist ja auch nicht meine Schwester“, entgegnete sie.
„Dann hab ich kein Problem damit“, versicherte sie.
„Gut, denn ich bin inzwischen ziemlich pleite und der Winter kommt sicher bald. Vielleicht können wir ja in ein, zwei Monaten dann die Kaution für ne Wohnung zusammenkratzen. Wir ziehen doch noch zusammen, oder?“, fragte er.
„Ja, klar, ich möchte hier bleiben, da brauch ich ne Wohnung. Ich leg nen gutes Wort für dich ein“, erwiderte sie.
„Danke, Süße!“
 
Dorian hatte Glück, sie brauchten noch jemanden für die Bar. Er war froh, Penny so im Auge behalten zu können, denn die Kundschaft, die jeden Tag dort ein und ausging war kein guter Umgang für die junge Frau aus gutem Hause.
„Hör auf damit, Dor“, bat sie, als sie an dem Tisch langging, den er grade putzte.
„Was mach ich denn?“
„Du starrst!“
„Mach ich gar nicht, du wirst wohl schon paranoid“, entschied er.
„Ich werde hier begrabscht und angestarrt, ich merke, wenn ich angestarrt werde“, konterte sie.
„Vollkommen paranoid, ich starr dich nicht an, versprochen!“
„Wie du meinst, da ist noch nen
 Fleck“, tippte sie auf den Tisch und ging weiter.
 
Als sie grade neben Laurent am Tresen stand und einen Drink mixte, setzte sich plötzlich Luca an den Tresen.
„Heilige …“, fluchte sie und eilte davon.
„Penny, was soll das?“, rief Laurent ihr hinterher und ging zu ihr hin.
Er fand sie auf der Außentreppe der Bar mit dem Oberkörper zwischen den Beinen.
„Nascht du aus der Bar?“, fragte Laurent mit seinem leicht französischen Akzent und setzte sich neben sie.
„Hab … ne … Panik…Attacke“, keuchte sie.
„Ja, das seh ich, kannst du atmen?“, fragte er und rieb ihr Schulterblatt.
„Muss … mich … beruhigen … dann … geht’s. Ist er weg?“, war sie total panisch.
„Wer soll weg sein, Mon Cherie? Bedroht dich jemand?“, fragte Laurent fürsorglich.
„Ex…Verlobter…kann grad nicht reden!“
„Brauchst du auch nicht, ich knöpf ihn mir vor“, versprach Laurent und stand wieder auf.
„Bitte…nicht…er…ist…ein…netter…Kerl…schick…ihn…zu…mir“, bat sie.
„Ich soll ihn zu dir bringen? Streck deinen Arm hoch, wenn du das wirklich willst“, bat Laurent und sie riss den Arm in die Luft.
„Okay … wie du meinst, schrei aber, wenn was ist“, entschied er und ging wieder in die Bar.
 
Keine zwei Minuten später kam Luca aus der Bar. Wortlos setzte er sich neben sie.
„Hey“, begann er.
„Hey“, setzte sie sich vorsichtig auf.
„Dein Boss sagte mir, ich finde dich hier, alles klar?“
„Panikattacke, wird schon besser“, bekam sie wieder Luft zum Reden.
„Ich hätte dich nicht so überfallen sollen, aber du nimmst ja nicht ab, wenn ich anrufe“, entschuldigte er sich.
„Ich bin ein Schisshase“, gestand sie.
„Ja, bist du, aber ein Süßer. Ich will dich nicht drängen, vor allem nicht an diesem Tag, aber ich will ne Erklärung“, bat er ernst. Er wirkte so grüblerisch, fast wieder wie der Kerl, in den sie sich damals verliebt hatte.
„Ja, die hast du verdient, ich versuch’s zu erklären“, entgegnete sie und erklärte ihm alles.
 
Sie saßen einige Zeit dort und unterhielten sich. Als er sich grad verabschieden wollte bremste plötzlich ein Polizeiwagen knapp vor ihnen und zwei Beamte stürmten heraus und versuchten Luca zu packen. Der wehrte sich so stark, dass er Penny über das Geländer der Treppe stieß, die über das Meer führte. Die Polizeibeamten bekamen ihn zu packen und drückten ihn zu Boden. Plötzlich rannte Dorian sein T-Shirt ausziehend zu ihnen, ließ so etwas wie „Man, die Frau hat echt eine Vorliebe für Wasser“ vom Stapel, schlüpfte aus seinen Schuhen und sprang ihr hinterher. Die Uniformierten starrten ihm nur irritiert zu.
„Nein, Jungs, helft mir bloß nicht“, murmelte er, als er die bewusstlose Penny auf seiner Schulter an ihnen vorbei in die Bar trug.
„Was ist passiert?“, fragte einer der Polizisten, als Dorian, Penny ganz cool auf den Tresen legte und sie Mund zu Mund beatmete, bis sie zu Husten begann.
„Sie hat einen Arm in der Schlinge und ist vom Pier gestoßen worden, was denken Sie?“, fragte er lässig und half ihr ihren Oberkörper aufzustützen.
„Das tut uns vielmals leid, Miss, aber genaugenommen hat der Verdächtige Sie über das Geländer gestoßen“, bemerkte einer der Beamten.
„Ja, weil Sie ihn bedrängt haben. Was soll er gemacht haben? Hat er zu viel Zeit im Bräunungsstudio verbracht?“, fragte Penny verwirrt, aber trotzdem noch mit genügend Coolness.
„Er hat heute Nachmittag eine Freundin tödlich verletzt und ist geflohen“, erklärte ihr einer.
„Nein, das kann nicht sein“, glaubte sie dem Kerl in Blau nicht.
„Und Sie sind?“, fragte er.
„Penelope Di Stefano, seine Ex-Verlobte, wen soll er denn umgebracht haben?“, wurde ihr langsam klar, dass sie das ernst meinten.
„Eine gewisse Cordelia Aggi“, las ein Beamter von seinem Zettel ab.
„Nein, das hat er nicht gemacht, ich bin Psychologin, ich hab grad eine halbe Stunde mit ihm geredet, das wäre mir aufgefallen“, versicherte sie.
„Das werden wir rausfinden, Sie kommen bitte mit uns“, erwiderte ein anderer Polizist.
„Sie können doch nur einen Witz machen“, bemerkte sie verstört, während sie auf sich und die riesige Wasserpfütze sah, die sich am Boden vor der Bar gebildet hatte.
„Nein, leider nicht!“, sagte er ernst. Ganz plötzlich wurde ihr übel, als ihr die Situation bewusst wurde und sie kotzte auf den nassen Boden vor sich.
„Petit Cherie, ich hab den Wisch von der Gesundheitsbehörde grade wiederbekommen, was machst du für Sachen?“, kam Laurent hergeeilt.
„Petit Prince, bist du ein Schatz und gibst ihr eins von deinen T-Shirts?“, bat Dorian und Laurent musterte ihn, wie er sexy oben ohne mit nassen Klamotten vor ihm stand.
„Nur, wenn du dieses Outfit jetzt immer bei der Arbeit trägst, mon Cherie“, schmunzelte Laurent anzüglich.
„Er spielt auch in deinem Team. Das ist so unfair“, murmelte Penny und fiel Dorian wieder bewusstlos entgegen.

Elftes Kapitel

 
Eine Schwester des Kimball Medical Centers in Lakewood, New Jersey machte grade ihre Runde in ihrem Zimmer, als Penny nur eine Woche nach ihrem letzten Krankenhaus-Aufenthalt wieder in einem wachwurde.
„Was ist los?“, fragte sie die Krankenschwester.
„Sie waren bewusstlos, die Polizei hat sie hier hergebracht. Penelope ist ihr Name, oder?“, fragte die Schwester freundlich.
„Penny, bitte, ich mag Penelope nicht, so nennt mich meine Mutter immer nur wenn ich was angestellt habe. Man, mein Kopf!“, sagte sie benommen.
„Sie haben vermutlich eine Gehirnerschütterung“, erklärte die Schwester.
„Die hat ich vor meinem Sturz schon, Sie haben mir eine wasserfeste Schiene verpasst, kluge Idee“, sah sie ihren neu geschienten Arm.
„Ist nicht Ihre Woche, oder? Ich werde ihren Arzt holen, der wird Ihnen alles erklären? Wollen Sie was trinken? Sie haben vermutlich ziemlich viel Salzwasser geschluckt, Sie müssen viel trinken“, erklärte die Schwester.
„Ich bin mit geschientem Arm rückwärts über nen Geländer gestoßen worden und halb ersoffen, kann gut sein, dass ich ein paar Tropfen Salzwasser geschluckt habe“, nahm sie einen Plastikbecher mit Wasser mit ihrer heilen Hand und trank einen großen Schluck.
„Solche Wochen hab ich auch schon oft gehabt, aber zwei sehr attraktive junge Herrn wollen zu Ihnen“, erklärte die Schwester.
„Hübscher Franzose und ein durchnässter Kerl?“, wollte sie wissen und die Krankenschwester nickte.
„Die machen lieber Doktorspiele miteinander, wenn Sie verstehen, was ich meine“, schmunzelte sie.
„Schande, Sie wissen ja was man sagt, entweder schwul oder vergeben. Ich bring Ihnen nachher auch noch was zu essen, der Arzt möchte Sie noch gründlich untersuchen und eine Schwangerschaft ausschließen“, bemerkte die Schwester.
„Das wäre die Krönung dieser letzten Wochen, dass ich jetzt noch schwanger von meinem Ex-Verlobten wäre, den ich grad verlassen habe und der anscheinend einer meiner besten Freundinnen umgebracht hat“, dachte sie laut nach.
„Ist deshalb dieser nette Beamte vor ihrer Tür?“, wollte die Schwester wissen.
„Wie ich sagte, verrückte letzte Wochen. Hoffen wir aufs Beste“, konterte sie und die Schwester ließ sie allein.
Mit besorgtem Blick kamen Laurent und Dorian an ihr Krankenbett.
„Guckt nicht so traurig, ist ja nicht so, als würd ich das Krankenhaus nicht schon kennen. Die Bullen wollen mich immer noch mitnehmen?“, fragte sie trocken und Dorian nickte.
„Super, wisst ihr, was noch verrückt ist? Die denken, dass ich schwanger bin, weil ich mich übergeben habe“, entgegnete sie.
„Bist du?“, fragte Dorian entsetzt.
„Nein, ich hatte grad Besuch, wenn ihr versteht, keiner von euch hat meine Mutter oder Maeron angerufen, oder?“, wollte sie wissen und sie schüttelten beide den Kopf.
„Gut, die will ich da raushalten, dass mein Boss das mitbekommen hat, ist schon schlimm genug. Feuerst du mich jetzt, Laurent?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein, ganz sicher nicht, ist ja nicht dein Fehler, dass dein Ex ein Mörder ist. Ich richte nicht über Menschen mit schlechtem Männergeschmack, den hab ich ja selbst. Wenn du wieder fit bist, kommst du zurück. Wenn die Bullen dich bis dahin gehen lassen“, versprach Laurent und sie atmete auf.
„Luca ist kein Mörder, das hätte ich gemerkt“, wiederholte sie die Aussage des Tages zuvor.
„Ich will ja nicht deine therapeutischen Fähigkeiten anzweifeln, meine Süße, aber die Polizei jagt keinem Unschuldigen nach“, entgegnete Dorian überzeugend.
„Doch, tun sie, er war ganz ruhig, er hätte total aufgekratzt sein müssen nach einem Mord“, verteidigte sie ihren Ex.
„Psychopaten sind ganz ruhig nach einem Mord“, warf Laurent ein.
„Nicht hilfreich, Boss!“
„Sag’s nur, lass dich nicht von meinen Gefühlen leiten, ich hab mal mit nem Kerl geschlafen, der hat Frauen vergewaltigt“, entschied Laurent.
„Boss, solche Stories sind grad etwas viel für sie“, bat Dorian, als er sah, dass Penny immer bleicher wurde.
„Ja, tut mir leid, ich geh dann mal deinen Arzt suchen“, entschuldigte sich ihr Chef und ließ die beiden allein.
„Irgendeine Idee wie ich hier abhauen kann, ohne dass die Polizei mich sieht?“, wollte Penny von ihrem Kumpel wissen und der setzte sich an ihr Bett.
„Durchs Fenster vielleicht, aber wir sind im neunten Stock, das würd ich nicht empfehlen, vor allem mit nur einem Arm“, schlussfolgerte er sarkastisch.
„Maddie“, fiel ihr plötzlich ein.
„Ich hab Minnie angerufen, ich hol sie heut Mittag. Ich bleib solang an deiner Seite, keine Sorge“, bemerkte er hilfsbereit.
„Das musst du nicht tun!“
„Will ich aber, Maeron würde das auch tun, wenn er jetzt hier wäre. Ich glaub, wenn du hier rauskommst, kauf ich dir einen Rettungsring, den du dann vierundzwanzig Stunden am Tag tragen musst“, witzelte er.
„Nicht witzig. Cordy ist tot“, konnte sie mit ihren hämmernden Kopfschmerzen langsam wieder denken.
„Ja, ich weiß, Süße, war sie eine enge Freundin?“, tröstete er sie, als sie zu weinen begann.
„Wir haben grad begonnen uns ernsthaft anzufreunden, sie war eine von uns, keine von denen, sie war ein cleveres Mädchen, sie hat mir geholfen nachdem ich mich von Luca getrennt habe, ich hab mich nie bei ihr bedankt“, schluchzte sie.
„Ist ne Schande, wirklich. Der Beamte vor der Tür hat vorhin nachgefragt, ob du bereit bist für eine kurze Befragung“, wollte Dorian wissen und sie sah ihn mit verheulten Augen an.
„Wenn ich aus dem Fenster klettern will, hilfst du mir dabei?“, fragte sie halb weinend, halb lachend und er küsste ihren Kopf.
„Ich hab Höhenangst, eher weniger. Ich sag ihm, du brauchst noch ein paar Minuten. Ich versuch solang mehr rauszufinden“, erklärte er und ließ sie auch allein.
 
Zehn Minuten später kam ein Arzt zu ihr.
„Morgen, ich bin Dr. Landish, ich werde Sie jetzt untersuchen“, erklärte ein souveräner Dr. Landish ihr und kam zu ihr hin.
„Ich brauch was gegen die Schmerzen, bitte“, bat sie.
„Der Polizist da draußen hat mich darum gebeten sie ohne Medikamente zu lassen, bis Sie befragt wurden, aber sobald er damit fertig ist, spritz ich Sie ins Nirvana, versprochen. Schwester Rossdale sagte mir, sie hätten kürzlich schon eine Gehirnerschütterung erlitten?“, fragte sie der Mediziner und sie erzählte ihm, was passiert war.
„Lady, in Ihrem früheren Leben müssen sie einem aber gehörig auf die Füße gestanden sein. Ich weiß, das wird Ihre Kopfschmerzen vermutlich noch verstärken, aber ich werde jetzt in Ihre Pupillen leuchten“, erklärte er und ein Schmerz durchfuhr ihren ganzen Kopf, als er das tat.
„Oh man, bringen Sie bitte den Beamten rein, ich ertrage diese Untersuchung nicht ohne die Drogen“, kniff sie ihre Augenlieder fest zusammen.
„Jep, ganz eindeutig eine Gehirnerschütterung, da muss ich nicht viel mehr machen und ihr Arm?“, fragte er.
„Ist immer noch gebrochen, sonst tut mir nichts weh, bitte“, bettelte sie.
„Ich schick ihn rein, wenn’s Ihnen aber zu viel wird, drücken Sie den Knopf hier und Schwester Rossdale eskortiert den Beamten eigenhändig heraus, sie ist die resoluteste hier, das packt sie“, drückte sie ihr den Schwesternruf in die Hand, während sie immer noch die Augen geschlossen hatte.
„Danke, Doc“, bedankte sie sich und hörte den Mediziner weggehen.
„Sind Sie soweit, Miss Di Stefano?“, hörte sie eine andere Stimme.
„Ja, fangen Sie an, hab nur grad Probleme mit der Helligkeit“, erklärte sie dem Beamten.
„Okay, dann mach ich ganz schnell. Wie lange kennen Sie Mr. Benedetti schon?“
„Beinahe drei Jahre!“
„Ist er in der Zeit irgendwann handgreiflich Ihnen gegenüber geworden?“
„Nein, er hat so etwas schreckliches nicht getan“, vergewisserte sie ihm.
„Es ist ja ehrenhaft, dass Sie nach Ihrer Trennung noch so zu ihm stehen, aber wir haben einschlägige Beweise gegen ihn!“
„Welche denn?“, fragte sie keck.
„Das darf ich Ihnen leider nicht sagen!“
„Wie Sie meinen. Ich hab mich gestern Nacht länger mit ihm unterhalten, er wirkte vollkommen ruhig und sagen Sie jetzt nicht, Psychopaten sind nach dem Morden auch ganz ruhig, das weiß ich selbst, hab ja fünf Jahre Verhaltenspsychologie studiert, ich hab ein Jahr mit ihm zusammengelebt, er ist keiner von denen“, erklärte sie.
„Dann heißt es eigentlich Dr. Di Stefano?“, wollte der Beamte wissen und sie hörte das Klacken seines Stiftes auf seinem Blackberry.
„Ja, aber ich praktiziere gerade nicht, Miss Di Stefano genügt völlig. Noch irgendwelche Fragen?“
„Dies ist eine sehr heikle Frage. Hat er von ihnen nicht konventionelle Sexualpraktiken im Schlafzimmer verlangt?“, fragte der junge Beamte und sie hörte in seiner Stimme, dass es ihm sehr peinlich war.
„Er hat sich mit Testosteron vollgepumpt, ich war ja froh, wenn er das konventionelle hinbekommen hat. Was ist das für eine Frage? Bitte sagen Sie nicht, dass er sie vor dem Mord noch vergewaltigt oder gequält hat“, liefen ihr Tränen über die Wange.
„Testosteron kann zu übertriebenen gewaltvollen Handlungen führen“, warf der Beamte ein.
„Sind wir dann fertig?“, fragte sie und versuchte sich zusammenzureißen.
„Fürs erste, ja, wir wollen Sie trotzdem bitten im Revier 18 von Eatontown noch mal zu erscheinen, sobald Sie genesen sind“, bat der Beamte.
„Meinetwegen“, bemerkte sie und drückte den Schwesternruf.
„Officer, die Party ist vorbei, die Patientin braucht Ruhe“, kam Schwester Rossdale ins Krankenzimmer und spritzte ihr ein Schmerzmittel, was sie in die watteweichen Weiten von Walhalla brachte.
 
Aus weiter Ferne hörte sie die Stimme ihrer Mutter, die ihren Namen rief. Benommen drehte sie ihren Kopf in Richtung der Stimme und versuchte einen klaren Blick zu kriegen.
„Hey, da bist du ja wieder“, realisierte sie, dass ihre Mutter genau neben ihr saß.
„Oh man“, murmelte sie.
„Ja, oh man, du bist einfach abgehauen. Wusste doch, dass du ihn liebst“, kritisierte Marigold ihre Tochter.
„Ist alles nicht so einfach wie du denkst. Was machst du hier?“
„Du bist im Krankenhaus, ich hab mir Sorgen gemacht“, sagte sie nur.
„Lässt du mich noch überwachen?“, fragte Penny entsetzt.
„Autsch, denke, das hab ich verdient, nein, dein Kumpel hat mich angerufen, er meinte, du hättest Probleme mit dem Gesetz und ich wollte dir helfen“, erklärte sie ihr.
„Ich hab keine Probleme mit dem Gesetz“, versuchte sie mit ihren rasenden Kopfschmerzen einen klaren Gedanken fassen.
„Da sitzt ein Polizist vor deiner Tür“, bemerkte Marigold trocken.
„Mein Ex-Verlobter hat ihrer Meinung nach eine gute Freundin von mir getötet und sie wollen mich noch ausführlich befragen wenn ich entlassen werde“, erklärte sie trocken.
„Er hat was? Hat er dich angegriffen?“, war Marigold entsetzt.
„Er hat mich von einem Pier gestoßen, aber das war nicht mit Absicht. Er ist unschuldig“, versprach sie.
„Die werden schon wissen was sie tun!“
„Das glaub ich eher weniger. Welcher Kumpel von mir hat dich angerufen?“
„Der hübsche mit der blonden Wuschelfrisur der vor der Tür sitzt mit Maddie auf dem Schoß. Wo ist Maeron?“, wollte sie wissen.
„Nicht hier“, sagte sie nur.
„Was heißt nicht hier? Ist er abgehauen und hat seine arme Tochter zurückgelassen?“
„Er hatte einen Rückfall und ist in einer Klinik, Dorian und ich passen auf Maddie auf, bis seine Eltern aus Florida zurückkommen. Ich bin ziemlich benommen von den Schmerzmitteln und hab mir gestern Nacht nochmal den Kopf angeschlagen, also bin ich nicht auf Jeopardy eingestellt momentan“, erklärte Penny.
„Ja, natürlich, ich kenn ein paar Leute, ich kann veranlassen, dass dieser Polizist vor deiner Tür verschwindet“, entgegnete sie plötzlich.
„Danke, Mom, aber ich werde aussagen, das kann ihm nur helfen. Ich hab ihn einmal geliebt, ich will ihm jetzt auch helfen“, bedankte sie sich, lehnte das Angebot aber ab.
„Das ist meine Tochter, muss jedem helfen. Wie du meinst, ruf mich aber an, wenn du mich brauchst. Einen Freund in der Reha und einen Ex im Knast reichen wohl nicht aus um die Hilfe deiner Mutter zu benötigen“, stand Marigold mit Enttäuschung in der Stimme auf.
„Du musst zurück zur Arbeit, Mom, das kann ich nicht von dir verlangen“, entschied Penny plötzlich.
„Sag nur die magischen Worte und ich mach frei“, versicherte Marigold.
„Ich brauche dich, Mom“, gestand sich Penny ein.
„Siehst du, war ja nicht so schwer. Ich ruf meine Leute gleich an“, wollte Marigold gehen, Penny ergriff aber ihren Arm.
„Nur seelische Hilfe, Mom, du musst niemanden anrufen. Bleib einfach hier sitzen“, bat sie und Marigold setzte sich wieder hin, bevor ihre Tochter ihren Arm losließ.
„Danke!“
Am nächsten Morgen konnte Penny entlassen werden. Ihre Mutter begleitete sie aufs Revier, während sich Dorian um Maddie kümmerte.
„Du musst das echt nicht machen“, vergewisserte sich Marigold, als sie im Revier eintraten.
„Hör endlich auf damit, ich zieh nicht in den Krieg, das ist nur ne Aussage“, entschied Penny und rieb ihren Kopf.
„Hast du noch Kopfschmerzen?“, wollte Marigold wissen.
„Ich hab mir in den letzten Wochen drei Mal den Kopf angeschlagen, was denkst du?“, fragte sie genervt.
„Haben die deinen Schädel eigentlich mal ordentlich durchgecheckt?“, wollte Marigold wissen.
„Ja, die haben mich in alle Geräte mit Kürzel im Namen gesteckt die sie auftreiben konnten. Hab nur eine Gehirnerschütterung, Gott sei Dank, sie meinten nur, ich sollte das mit dem Kopf anschlagen in nächster Zeit lassen“, bemerkte sie trocken.
„Ja, solltest du wirklich. Officer Lorenzo, kommen Sie dann?“, drehte sich Marigold zu den Beamten um, der hinter ihnen herlief.
„Sie sind ziemlich schnell unterwegs, Ma’am“, eilte er zu ihnen.
„Das machen die Stöckelschuhe, sorry. Wie weit soll ich dich begleiten? Soll ich hier warten?“, fragte Marigold und Penny nickte. Besorgt sah sie ihrer Tochter hinterher, die von Officer Lorenzo in einen Raum gebracht wurde.
„Dr. Di Stefano danke fürs Kommen“, kam ein Detective in einem schlecht sitzenden Anzug zu ihr in den Verhörraum.
„Auch wenn ich meine Aussage machen möchte hatte ich kaum eine andere Wahl, oder?“, fragte sie keck.
„Das ist eine schwierige Zeit für Sie, das verstehe ich. Setzen Sie sich bitte“, bemerkte der Detective und sie setzten sich.
„So, schießen Sie los, was wollen Sie von mir wissen?“
„Danke, also Sie sind ja Therapeutin, was für einen Eindruck haben Sie von Mr. Benedetti wenn Sie Ihre Gefühle für Ihn außer Acht lassen?“, fragte sie der Beamte.
„Er ist ein ziemlicher Egomane, aber kein Mörder, wenn Sie das damit meinen“, bemerkte sie cool.
„Das behauptet er auch, aber wir haben solide Beweise“, erwiderte Detective Alonso.
„Ich will ja nicht nerven, aber ich glaub Ihnen nicht ohne mehr Informationen“, handelte sie.
„Sie sind ziemlich hartnäckig, das hab ich schon von meinen Kollegen gehört. Wir haben ihn auf frischer Tat ertappt“, gab Detective Alonso zu.
„Nein, Sie lügen“, stotterte sie.
„Warum sollte ich Sie anlügen, Doc?“
„Ich bin Psychologin, ich wüsste doch, wenn ich mit einem Psychopathen zusammengelebt hätte“, entgegnete sie und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.
„Ich habe nicht gesagt, dass Mr. Benedetti ein Psychopath ist, wir denken, dass es ein Akt aus Leidenschaft war“, entschied der Beamte.
„Die beiden waren kein Paar“, behauptete sie.
„Sind Sie sicher?“, fragte er sie.
„Keine Ahnung, ich bin nicht mehr mit ihm zusammen, mir egal!“
„Ich habe Sie darum gebeten Ihre Gefühle in dieser Aussage auszuklammern“, bat er.
„Entschuldigung, ich bin ne Frau, das ist etwas schwierig manchmal. Wenn er Ihnen nichts sagen will, kann ich Ihnen auch nicht helfen“, entschuldigte sie sich.
„Das glauben wir schon. Sie können ihm das Geständnis entlocken“, entschied Detective Alonso.
„Okay“, sagte sie plötzlich.
„Sind Sie sicher?“
„Wenn er es wirklich war, muss er bestraft werden“, entschied sie und dabei lief ihr eine Träne über die Wange.
„Gute Entscheidung, Doc!“
„Ich hab nur eine Forderung“, fügte sie hinzu.
„Ich hab schon gedacht, dass das noch kommt!“
„Sie lassen mich danach damit in Ruhe. Keine Aussage vor Gericht oder so einen Mist!“
„Sie sind keine Zeugin, das müssen Sie nicht!“
„Gut, geben Sie mir eine Minute, dann komm ich zu Ihnen“, bat sie.
„Sicher, kommen Sie an meinen Tisch wenn Sie so weit sind“, stand der Detective auf und ließ sie allein.
 
Gedankenverloren stand Penny auf und sah sich selbst im Spiegel an. Konnte sie wirklich Luca verraten? Hatte der Detective ihr nur von seiner Beziehung mit Cordelia erzählt um sie gegen ihn aufzuhetzen? Als sie realisierte, dass die Polizisten vermutlich auf der anderen Seite des Spiegels standen und sie beobachteten, drehte sie sich ruckartig herum.
 
„Tun wir’s“, sagte sie zu, als sie sich neben den Schreibtisch des Detectivs stellte.
„Okay, aber danach sollten wir uns der Aussage widmen“, scherzte der Detective und sie sah ihn böse an.
„Sorry, das konnte ich mir nicht verkneifen. Gehen wir“, entschuldigte er sich und stand auf.
 
„Sind Sie soweit?“, wollte Detective Alonso wissen, als sie vor dem Verhörraum standen, in dem Luca saß.
„Was denken Sie?“
„Sie können sich immer noch anders entscheiden!“
„Ich weiß, ich mach das aber jetzt. War das eine Lüge, dass er mit ihr eine Beziehung hatte?“
„Ich lüge nur sehr selten, Doc, es hat den Anschein, wir denken es“, erklärte er.
„Okay, reicht mir. Darf ich das vor ihm erwähnen?“
„Tun Sie sich keinen Zwang an, Sie haben doch keine Waffe dabei, mit dem sie ihn abstechen können, oder?“, fragte der Beamte und sie hob die Arme in die Höhe.
„Bedienen Sie sich“, erwiderte sie und er tastete sie ab.
„Heißes Fahrgestell, aber Sie sind unbewaffnet, Sie dürfen reingehen. Wir werden Sie beobachten und das wird aufgenommen“, erklärte er ihr.
„Ja, dachte ich mir schon. Ich kann nicht versprechen, dass er bei mir gesteht“, wollte sie klarstellen.
„Ja, weiß ich, versuchen Sie es einfach“, bat er.
„Ja, mach ich!“
Sie atmete tief durch und ging hinein. Luca sprang auf, als er sie sah.
„Penny, Süße, danke, dass du da bist“, wollte er sie umarmen, sie wich aber zurück.
„Sie haben dich jetzt auch überzeugt, wie schade“, war er enttäuscht.
„Mach es nicht schwerer als es ist“, entgegnete sie und setzte sich hin.
„Was wird das hier?“, verstand er nicht.
„Setz dich bitte“, bat sie tonlos.
„Verhörst du mich jetzt?“
„Bitte“, wiederholte sie und er setzte sich hin.
„Sehen Sie zu?“
„Jep!“
„Glaubst du mir?“, fragte er nur.
„Ich weiß es nicht!“
„Ich könnte doch keinen Menschen töten, du kennst mich doch!“
„Das dachte ich eigentlich, aber sie haben Beweise die dich ziemlich schuldig aussehen lassen. Es war ein Unfall, du wolltest das nicht“, bemerkte sie.
„Sie hat mich angebrüllt, ich hab Angst bekommen“, begann er zu gestehen.
„Hast du mit ihr geschlafen?“, fragte sie weinerlich.
„Wir haben uns verliebt, ich wollte nicht, dass du das rausfindest!“
„Sie war meine Freundin, warum hast du sie getötet?“, schluchzte sie.
„Ich wollte das nicht“, begann er auch zu weinen.
„Sie hat dir nichts getan“, versuchte sie sich zusammenzureißen.
„Sie war nicht du, sie hat sich gewehrt“, veränderte sich plötzlich seine Stimmlage und sein Blick wurde eisig.
„Du wirst dafür büßen“, sagte sie mit sehr ernster Stimme und stand auf.
„Du wirst als nächste dran sein, wenn du den Mund nicht hältst“, zeigte er sein wahres Gesicht.
„Nein, werde ich nicht“, schniefte sie und ging aus der Tür.
Detective Alonso kam aus dem Nebenraum und wollte mit ihr reden, aber Penny machte eine Geste, dass sie nicht reden konnte und stolperte aus der Tür.

Zwölftes Kapitel

 
Marigold Di Stefano fand ihre Tochter mit zu ihrer Brust gezogenen Beinen den Kopf gesenkt an einer Bushaltestelle sitzend vor. Sie zitterte am ganzen Körper. Als sie ihren Arm berührte, zuckte Penny zusammen.
„Ganz ruhig, ich bin’s. Du bist echt schwer zu finden gewesen“, redete die Psychologin sanft auf ihre Tochter ein. Penny konnte nicht reden.
„Komm mit, Süße, lass uns wo hingehen, wo es nicht so laut ist“, sah Marigold auf die vorbeiziehenden Autos.
„Ich kann nicht“, murmelte Penny benommen.
„Hast du eine Panikattacke?“, fragte Marigold vorsichtig.
„Weiß nicht!“
„Warum weißt du das nicht?“, fragte Marigold kritisch und ihre Tochter sah sie mit verheulten Augen an.
„Ja, ich muss die Mutter sein, nicht Psychologin, vergess ich immer wieder!“
„Kann mich nicht bewegen“, nuschelte sie.
„Soll ich nen Krankenwagen holen?“
„Nein, nicht wieder ins Krankenhaus, bleib einfach hier bei mir sitzen“, bat sie und Marigold setzte sich neben sie auf den leeren Platz.
Sie saßen ein paar Minuten da, bis Dorian sie fand. Er hatte Maddie an der Hand.
„Hey, da bist du ja, wie geht’s dir?“, fragte Dorian besorgt und kniete sich zu ihr hin.
„Sie spricht kaum, sie steht unter Schock“, erklärte Marigold ihm.
„Könnten Sie kurz Maddie nehmen?“, fragte Dorian und Marigold nahm Maddie auf den Schoß. Liebevoll lud Dorian seine Freundin auf den Arm und trug sie zu seinem Wagen.
 
Eine Stunde nachdem Penny das Polizeirevier verlassen hatte, lag sie im Bett und Dorian schloss die Tür des Raums vorsichtig um sie nicht zu erschrecken.
„Sie braucht therapeutische Hilfe“, schlussfolgerte er, als er zu Laurent und Marigold kam, die im Wohnzimmer auf ihn warteten.
„Sie hat therapeutische Hilfe, Junge“, entschied Marigold.
„Psychiatrische Hilfe von jemand der sie nicht zur Welt gebracht hat. Ich hab einen Ex-Freund der Psychologie studiert hat, ich werde ihn anrufen. Man, sie hätte vor ein paar Tagen fast einen Psycho geheiratet wenn wir uns nicht getroffen hätten“, schlussfolgerte Dorian.
„Wir sollten das Wort „Psycho“ vor ihr nicht benutzen“, riet Marigold ihnen.
„Wie sollen wir ihn dann nennen? Liebevollen Ex-Freund mit Zwangsstörung?“, fragte Laurent.
„Wer ist er eigentlich?“, fragte Marigold plötzlich und musterte den Amerikaner mit französischen Wurzeln.
„Das ist unser Boss, Dr. Di Stefano, also bitte ich Sie, ihn mit Respekt zu behandeln“, forderte Dorian.
„Wir sind unter uns, Dor‘, lass den Blödsinn“, bat Laurent.
„Schlaft ihr Jungs eigentlich miteinander?“, wollte Marigold keck wissen.
„Noch nicht, aber wir haben es vor. Man, das wird anstrengend gleich zwei Seelenklempner im Haus zu haben“, konterte Dorian genervt.
„Hat die Kleine schon was zu essen gehabt?“, fragte Marigold.
„Nein, eigentlich nicht, ich sollte was kochen“, dachte Dorian laut nach.
„Ich koch was, ich muss eh irgendwas tun. Wo ist die Maddie eigentlich?“
„In ihrem Zimmer“, erklärte Dorian, doch dann hörte er eine Tür knallen.
„Zumindest war sie das, ich schau mal nach ihr“, ging er die Treppe hoch.
 
Dorian fand sein dreijähriges Patenkind, wie sie mit ihrem Kopf auf Pennys Hüfte lag und sie einfach nur ansah.
„Mad‘, Tante Penny ist krank, sie will allein sein“, bat er.
„Nein, sie kann hier bleiben“, hörte er die leise Stimme seiner Freundin.
„Bist du sicher?“, fragte er vorsichtig.
„Ja, ich ruf dich, wenn es zu viel wird“, versprach sie.
„Okay, sei brav, Süße“, küsste er den Kopf seines Patenkindes und ging wieder aus dem Raum.
 
„Sie ist zu Penny gegangen, aber sie will sie bei sich haben“, erklärte Dorian, als er zu Laurent ins Wohnzimmer kam.
„Sie tut ihr vielleicht gut, schauen wir mal. Ihre Mutter macht nen Auflauf mit den Resten aus eurem Kühlschrank. Wann kommen eigentlich Maerons Eltern wieder?“
„Ende der Woche, seiner Großmutter scheint es besser zu gehen. Dann muss ich wohl zu meiner Mutter zurück, was ich gar nicht will, denn jedes Mal wenn sie mir Playboy-Hefte in mein Zimmer legt könnte ich sie dafür schlagen“, entschied Dorian und setzte sich hin.
„Ich kann mir gar nicht vorstellen dass meine Mutter so etwas machen würde, sie war von Anfang an bei mir und hat mich bei allem unterstützt. So sollte eine liebende Mutter sein, du musst dich endlich von ihr lösen, wie schmerzhaft das auch ist“, konterte Laurent liebevoll.
„Ich kann nirgendwo anders hin“, bemerkte Dorian traurig.
„Zieh zu mir“, schlug Laurent vor.
„Wir waren einmal aus, bist du sicher?“
„Ich hab ein Zimmer oben in der Bar, das mein ich, nicht in meine Wohnung“, erklärte er.
„Das klingt gut, wie viel willst du dafür?“
„Das besprechen wir noch, aber alles ist besser als zurück zu deiner Mutter zu gehen“, schlussfolgerte Laurent.
„Da hast du Recht, ich schau’s mir morgen mal an“, entgegnete er.
„Gut, dann hab ich noch etwas Zeit da klar Schiff zu machen. Ich muss jetzt los, irgendjemand muss die Bar bedienen, wenn ihr beide heute Abend nicht arbeiten könnt“, stand Laurent auf.
„Danke, dass du gekommen bist und für dein Verständnis“, bedankte sich Dorian und wollte ihm einen Kuss geben, der drehte sich aber weg.
„Nicht hier“, erwiderte Laurent nur und ging davon.
„Super, das kann ich jetzt noch gebrauchen, einen versteckten Schwulen“, murmelte er vor sich hin und ging in die Küche. Dort kochte Marigold zusammen, was sie im Kühlschrank gefunden hatte.
„Hey, musste der hübsche Kerl schon gehen?“, begrüßte Marigold ihn.
„Ja, er muss arbeiten. Das riecht gut“, lobte er ihre Kochkünste.
„Danke, sind nur Reste. Wir hätten sie niemals mit diesem Kerl allein in einem Raum lassen dürfen“, dachte Marigold laut nach.
„Wir dachten alle, dass sie Recht hatte, dass er unschuldig ist, wir konnten ja nicht ahnen, dass er ein Psychopath ist. Ihre Tochter ist eine unglaubliche junge Frau, ich hoffe, das wissen Sie“, entschied er und setzte sich an den Küchentisch.
„Ja, das weiß ich. Wie lange kennen Sie meine Tochter?“
„Erst ein paar Wochen, aber mir kommt es wie ein halbes Leben vor. Wenn ich nicht auf Männer stehen würde, wäre ich sicher schon mit ihr im Bett gelandet, wenn ich das so dreist sagen darf“, schmunzelte er.
„Und auch wegen der Tatsache, dass ich mit deinem besten Freund zusammen bin. Ich hab Hunger bekommen von dem Geruch“, kam Penny mit Maddie auf ihrer Hüfte in die Küche. Dorian sprang auf, wie ein Gentleman aus dem letzten Jahrhundert, der höflich aufstand, wenn eine Lady eintrat.
„Dass ich schlimm aussehe, hab ich mir schon gedacht, aber so hat noch nie ein Kerl auf mich reagiert“, kommentierte sie trocken und Dorian schob ihr den Stuhl hin, auf den sie sich zusammen mit Maddie setzte.
„Das Essen braucht noch ein paar Minuten, mein Schatz“, erklärte Marigold vorsichtig.
„Gut, ich renn nicht weg. Wo ist Laurent?“
„In die Bar zurück, wie geht’s dir?“
„Ich hab Angst, aber Maddie tut mir gut“, erwiderte sie und strich der vor sich hin dösenden Maddie über die Haare.
„Ihr tut euch gegenseitig gut. Soll ich sie dir abnehmen?“, fragte Dorian.
„Nein, schon gut. Was kochst du?“, fragte sie ihre Mutter.
„Nur eine Gemüsesuppe!“
„Riecht echt sehr gut!“
Just in dem Moment bremste ein Auto vor dem Haus und die Scheinwerfer warfen Licht in die Küche.
„Wir kriegen Besuch“, entschied Dorian und Penny zuckte zusammen.
„Ich seh nach, bleibt hier“, bat er und ging zu dem Besucher. Es war Detective Alonso.
„N’Abend, Sie müssen der Hornochse sein, der zugelassen hat, dass sie zu dem Psychopathen rein geht“, begrüßte Dorian ihn etwas schroff, als er seine Waffe und seine Marke sah.
„Ja, der bin ich, ist sie hier?“
„Ja, aber ich finde es nicht gut, wenn sie sie heute Abend noch aufregen. Wir haben sie grad so weit, dass sie was isst“, kritisierte er ihn.
„Ich will auch nicht lange stören, ich wollte nur sagen, dass es mir leid tut, wir auf dem Revier haben alle gehofft, dass er gestehen würde, aber das es so ausgeht, hat niemand gedacht“, entschuldigte er sich.
„Richte ich ihr aus, bitte lassen Sie uns jetzt damit in Ruhe“, bat Dorian und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sie kann froh sein, einen Freund wie Sie zu haben, ich hoffe, Sie wissen, was Sie an ihr haben“, entschied der Detective.
„Ich bin nur ein Freund, aber ich bin der beste Freund ihres Partners, also Finger weg“, bemerkte er schroff.
„Ich hab nichts dergleichen vor, wenn ich mit ihr geflirtet habe, tut es mir leid, das wollte ich nicht. Richten Sie ihr das auch aus“, bat der Beamte.
„Mach ich. Guten Abend“, wollte Dorian den gutaussehenden Beamten loswerden.
„Guten Abend“, bemerkte der Polizist etwas verwirrt und fuhr wieder davon.
 
„Wer war’s?“, fragte Marigold, als er nachdenklich zurückkam.
„Detective Alonso, er wollte sich entschuldigen“, erklärte er in die Runde.
„Das ist nett, warum hast du ihn nicht reingelassen“, entschied Penny.
„Wir hatten heute genug von den Bullen, denkst du nicht auch?“
„Detective Alonso hat sich eigentlich ganz anständig verhalten“, behauptete Penny.
„Stehst du auf ihn?“, fragte Dorian plötzlich frech.
„Sonst geht’s dir gut, oder?“
„Er lässt ausrichten, dass er sich entschuldigt, dass er dich angemacht hat“, erklärte er.
„Er ist der erste Kerl, der sich dafür entschuldigt hat“, sagte sie trocken.
„Du gibst es also zu?“, fragte Dorian verärgert.
„Er ist nicht der erste Kerl der mich anmacht, ich hab nicht zurück geflirtet, warum bist du so gemein?“, fragte Penny weinerlich.
„Dorian, lässt du uns Ladies kurz mal allein und nimmst die Kleine mit?“, fragte Marigold und Dorian ging mit Maddie an der Hand aus der Küche.
„Ich will’s nicht wissen“, murmelte Penny und spielte mit dem Salz- und Pfefferstreuer auf den Tisch herum.
„Ich wollte nichts sagen!“
„Warum schickst du dann die anderen raus?“, fragte Penny und sah ihre Mutter an.
„Nur so!“
„Mom!“
„Na gut, wann kommst du wieder heim?“
„Ich bin zu Hause“, entschied sie.
„Die Leute, denen das Haus gehört werden bald zurückkommen, du kannst dich hier nicht einnisten wie ein Parasit“, erwiderte Marigold kritisierend.
„Ich bin hier zu Besuch und hab mich um ihre Enkeltochter gekümmert, ich hab hier einen Job und Freunde“, bemerkte sie.
„Aber du willst hier nicht bleiben, oder?“
„In diesem Haus, nein, ich werde mit Dorian zusammenziehen, ist zumindest so geplant“, erklärte sie ihr.
„Weiß er das? Es klang vorhin so, als würde er sich eine eigene Wohnung suchen“, erklärte sie ihr.
„Ich würde sie mitnehmen, wir besprechen das nicht heute, Doc“, kam Dorian in die Küche zurück.
„Das war aber sehr kurz, Junge“, murmelte Marigold.
„Bin gleich wieder weg, die Kleine hat nur Durst. Alles klar bei dir, Süße?“, fragte Dorian und küsste liebevoll Pennys Kopf als er an ihr vorbei zum Kühlschrank ging.
„Ja, einigermaßen. Meine Mutter nervt etwas“, bemerkte sie und grinste ihre Mutter matt an.
„Dann komm mit ins Wohnzimmer, wir gucken uns Cinderella an“, schlug er vor und sie stand auf.
„Ja, das klingt heute Abend wunderbar“, ging sie mit ihm ins Wohnzimmer.
Als Marigold mit dem Essen fertig war, war ihre Tochter erschöpft im Arm ihres Freundes und mit der Tochter ihres Lovers an sich gelehnt eingeschlafen.

Dreizehntes Kapitel

 
Mit lautem Quietschen drückte Dorian die Tür des Apartments über der Bar auf. Eine Woche war vergangen seit der Verhaftung von Luca und Penny hatte noch leichte Albträume, konnte aber wieder arbeiten.
„Man, ist das staubig hier, das putz ich aber nicht“, sah Penny sich um. Die Wohnung war sicher schon zwanzig Jahre nicht mehr benutzt worden und sah dementsprechend aus.
„Schade, dass deine Mutter nicht mehr da ist!“
„Ja, da kannst du rechthaben. Aber nur fürs Putzen, sie hat intensiv versucht mich mit heimzunehmen, hat mich fast überzeugt“, entgegnete sie.
„Ist schön, dass du geblieben bist, nach allem was du erlebt hast!“
„Er geht in den Knast, solang ich das weiß, geht’s mir gut. Morgen wird Cordy endlich beerdigt, ich möchte da hingehen, begleitest du mich?“, hoffte sie.
„Sicher, ich würde dich auch nicht allein hinlassen. Wenn wir gleich anfangen mit Putzen sind wir vielleicht fertig, bis wir arbeiten müssen“, plante er. Penny atmete tief durch und putzte mit ihm zusammen die Wohnung.
 
„Okay, jetzt können wir hier drin wohnen. Hast du Laurent über die Miete gesprochen?“, fragte Penny erschöpft, als sie ein paar Stunden später eine Pause machten.
„Eigentlich wollte ich ihn mit Sex bezahlen, aber anscheinend ist er ein versteckter Schwuler und so einen Mann kann ich in meinem Leben grad nicht gebrauchen“, erklärte er ihr nachdenklich.
„Ja, kannst du echt nicht, aber bring’s ihm schonend bei, wir brauchen unsere Jobs und diese Wohnung, wenn ich wirklich hier bleiben will“, bat sie.
„Das ist leichter gesagt als getan, so eine ernsthafte Beziehung zu einem Mann hatte ich ehrlich gesagt noch nie“, gestand er unsicher.
„Oh man, dachte mir schon so was. Mein Schlussmach-Account ist auch grad nicht reich gefühlt. Was ich dir vorschlagen kann ist sehr viel Wodka und keine saubere und ziemlich alte Unterwäsche, das hält dich davon ab, etwas Dummes zu tun“, schlug sie vor.
„Das wirkt vielleicht bei Hetero-Männern, uns schwulen Männern ist das egal“, entschied er.
„Hast du dann ne andere Idee?“
„Ich denk noch drüber nach. Ich hoff, mir fällt was ein, denn der Kerl gehört zu der guten Sorte, wenn er nur offener mit dem allen hier umgehen könnte, würde das echt was mit uns werden“, dachte er laut nach.
„Das Leben ist ätzend manchmal“, bemerkte sie.
„Hier ist nur ein Bett, wenn du ein erfüllendes Sexualleben mit meinem besten Freund haben willst müssen wir ein zweites Bett besorgen“, wechselte er das Thema.
„Ja, das brauchen wir dringend und Vorhänge brauchen wir auch noch, das ist alles hier nur ein Raum, wir müssen das irgendwie räumlich trennen. Es ist so ätzend mit ihm am Telefon nicht über meine Probleme sprechen zu können, versteh mich nicht falsch, du bist ein toller Gesprächspartner, aber wenn ich mit ihm rede, fühle ich mich bei jedem Wort, als würden meine Probleme verschwinden“, erklärte er ihr.
„Ja, das kenn ich auch, er ist ein super Zuhörer. Er hat noch eine Woche vor sich, dann kommt er zurück und wir schaffen ihn aus diesem Haus und in sein neues Leben“, versprach er.
„Das klingt so einfach, wie du das sagst, das wird aber ein Haufen Arbeit. Ich bin momentan eigentlich nicht in der Lage mich um einen Trinker zu kümmern, aber ich mag ihn sehr und möchte mit ihm zusammen sein, also nehm ich das in Kauf“, erklärte sie.
„Ich bin ja auch noch da, wir kriegen das hin. Ich hab ne Idee, du fährst mit dem Truck in den Baumarkt und holst vier Bretter, nein sechs Bretter, zwei, die zwei Meter lang sind und vier 1,60 m lange, ich bau dir nen Bett, nen Lattenrost können wir dann zusammen kaufen gehen“, plante Dorian.
„Du kannst ein Bett bauen?“
„Wir haben in diesem Hetero-Kamp so einiges gelernt, unter anderem die Schreinerei. Ich denke, für den Blümchen-Sex den du mit ihm da drin hast wird mein Talent reichen“, entschied er.
„Will ich wissen, woher du weißt, wie dein bester Freund Sex hat?“
„Ganz einfach, ich hatte mit ihm Sex!“
„Was?“
„Ein Scherz! Wir sind alles in allem Männer, wir reden über Sex, na ja, er zumindest wenn er betrunken war. Er hat sich immer darüber beschwert dass seine Frau so prüde war, vielleicht weckst du ja den Tiger in ihm. Ich schreib dir genau auf, was ich brauche, gib das einfach irgendeinem Kerl im Baumarkt, der sucht dir das dann schon zusammen. Das wird richtig schön hier, wenn wir das aufgemotzt haben, das seh ich ganz deutlich“, sah Dorian sich um und sie stand wieder auf.
„Zumindest hat einer von uns eine Vision wie das hier aussehen soll, ich seh’s noch nicht. Okay, schreib’s mir auf, wenn du das wirklich kannst“, bemerkte sie und er notierte alles.
Kurz vor ihrer Schicht hatte er ihr ein schickes Holz-Bett zusammen geschustert, Lattenrost und Matratze hatten sie recht günstig in einem Outlet in der Nähe gekauft.
„Das ist wirklich hübsch, kann es kaum erwarten, nach so langer Zeit endlich mal wieder in einem eigenen Bett zu liegen“, lobte sie ihn, als sie eins von ihren alten Laken, was sie aus ihrem Lager geholt hatte, auf der Matratze aufzog.
„Ja, meine Mutter wäre so stolz, ich bin’s aber auch irgendwie. Du hast ganz schön viele Sachen in deinem Lager, warum hast du die eigentlich alle eingelagert?“
„Weiß ich nicht mehr so genau, ich wollte irgendwie mein altes Leben hinter mir lassen, aber trotzdem nicht aufgeben. Jetzt bin ich ganz froh darüber, das macht es hier echt zum zu Hause“, entgegnete sie und legte ein paar Kissen aufs Bett, nachdem das Laken aufgezogen worden war.
„Ich danke Gott, dass du keine von diesen Tussis bist, die Pink für ihre Lieblingsfarbe hält, ich bin zwar schwul, hab aber echt was gegen grelle Farben. Das musst du mir aber erklären“, nahm er mit zwei Fingerspitzen ein Höschen mit Leopard-Mustern aus einer Kiste.
„Das ist meine Jersey-Kiste, das ist das Zeug, was ich von meinem Guidette-Leben behalten will. Ich muss den Schrank noch ausputzen, dann kommt das da rein. Was ist mit deinen Sachen?“, wollte sie von ihm wissen.
„Morgen, heute kann ich ihr irgendwie nicht entgegentreten“, murmelte er.
„Wie du meinst. So, gleich sieben, wir müssen runter“, entschied sie und sie gingen zum Arbeiten.
 
Mit trockenem Mund erwachte die Therapeutin in ihrem neuen Bett. Sie fror etwas. Ihre Haut roch nach Meerwasser und ihre Armschiene war feucht. Sie fuhr mit ihrer heilen Hand über ihren Körper. Sie war nackt.
„Man, der Wodka war ne dumme Idee“, murmelte sie vor sich hin.
„Da sagst du was“, hörte sie Dorians Stimme neben sich.
„Du hast jetzt dein eigenes Bett, Dor‘“, grummelte sie.
„Weiß ich, ich denk aber es gab gestern Nacht einen Grund warum ich hier geschlafen habe“, klang er seltsam.
„Bitte sag mir, dass du nicht auch nackt bist“, schloss sie ihre Augen wieder.
„So wie Gott mich gemacht hat, meine Mutter wäre echt stolz auf mich“, konterte er und als sie realisierte, was die Nacht zuvor passiert war, stolperte sie aus ihrem Bett.
„Verdammt, verdammt, was hab ich getan?“, fluchte sie vor sich hin und zog sich schnell was über.
„Was soll ich sagen, ich hab mit ner Frau geschlafen, die auch noch die Freundin meines besten Freundes ist“, war er total verstört.
„Das bleibt unter uns, verstanden?“, bat er.
„Wenn ich noch mehr Geheimnisse vor meinem Freund habe, spring ich bald in den Tod“, konterte sie.
„Bitte sag es ihm nicht“, flehte er.
„Werde ich nicht, keine Sorge, ich will ihn ja nicht verlieren. Wie zum Teufel konnte das denn passieren? Ich wollte doch gar nichts mehr trinken und warum zum Henker riech ich nach Salzwasser?“, hatte sie so viele Fragen, auf die er keine Antwort hatte.
„Ich hab den gleichen Kater wie du, frag mich nicht. Was machen wir jetzt?“, war sie total verstört.
„Ich muss erstmal duschen und mich dann übergeben“, murmelte er und verschwand im Badezimmer.
 
Als er frischgeduscht aus dem Bad kam, saß sie tief in Gedanken am Fenster und starrte hinaus.
„Hey“, begrüßte er sie nur. Sie antwortete ihm nicht.
„Wir können uns jetzt nicht für immer anschweigen, wir wohnen zusammen, weißt du?“, war er enttäuscht von ihrer Kühle und kam zu ihr hin. Wortlos zeigte sie aus dem Fenster und er sah in die Richtung, in die sie zeigte. Dort lag Laurent nur mit einer Regenbogenflagge über dem Gemächt auf dem Sandstrand neben der Bar. Er bewegte sich nicht.
„Wir haben wohl zu dritt gefeiert“, bemerkte er trocken.
„Geh da runter und schau mal nach ihm, bitte“, bat sie.
„Warum ich?“
„Ich will ja nicht klischeehaft klingen, aber diese Flagge ist sicher deine, Schwester“, schlussfolgerte sie.
„Ja, ich wollte eigentlich diesen Sommer bei der Parade mitlaufen um meine Mutter zu ärgern, ich bin betrunken ein ziemlich unlustiger Witzbold, das ist vermutlich mein Werk. Okay, ich geh runter, du hast genug nackte Schwule gesehen für einen Tag, glaub ich“, erwiderte er matt lächelnd und ging zum Strand.
Unsicher misste er Laurents Puls. Er erschreckte sich furchtbar, als Laurent seinen Arm packte.
„Mir ist kalt“, murmelte Laurent und blinzelte in die Sonne.
„Du bist nackt, möglich, dass dir kalt ist. Ich hab dir Shorts und ein T-Shirt dabei“, erklärte er liebevoll und legte ihm die Sachen auf die Brust.
„Warum bin ich nackt?“, fragte er und zog sich eilig an.
„Wenn ich das nur wüsste, wir waren es auch, wir haben gestern so einige Sachen angestellt“, erklärte er.
„Wir waren nackt baden, soviel weiß ich noch und irgendwas mit Wodka“, half Laurent ihm.
„Nackt baden, deshalb haben wir so nach Salzwasser gerochen. Du weißt nicht zufällig, warum wir so viel gesoffen haben, oder?“
„Keinen blassen, so nen Kater hatte ich seit meinem achtzehnten Geburtstag nicht mehr. Warte, was heißt wir?“, versuchte Laurent auch klar zu denken.
„Gott sei Dank, er lebt noch, hier, Boss“, kam Penny zu ihnen und hielt Laurent eine Flasche Wasser und zwei Aspirin hin.
„Hattet ihr Sex?“, fragte Laurent plötzlich und Penny ließ die Plastikflasche in den Sand fallen, bevor er sie zu greifen bekam.
„Okay, das sollte eigentlich ein Witz sein, ich dachte eigentlich, ich wäre der einzige Bisexuelle von uns. Bist du nicht mit seinem besten Freund zusammen, Süße?“, fragte Laurent amüsiert, aber Penny vertrug das gar nicht und sie rannte weinend weg.
„Sehr einfühlsam, Cherie, ich geh zu ihr, ich bin übrigens nicht bi, nur sehr verwirrt“, eilte Dorian seiner Freundin hinterher.
Er fand sie auf einem Stein sitzend eine Meile entfernt.
„Ich hab ihn nicht verdient“, entschied sie, als er sich zu ihr setzte.
„Red keinen Mist, du bist eine wunderbare Frau“, tröstete er sie.
„Nein, eine wunderbare Frau hätte ihm das nicht angetan, ich kann dir schon nicht in die Augen sehen, dann kann ich es bei ihm schon gar nicht. Ich sollte hier weggehen bevor er zurückkommt, dass er niemals davon erfährt“, entgegnete sie und stand auf.
„Was soll ich ihm denn sagen, wo du hin bist und warum du weg bist?“, fragte er enttäuscht.
„Ich will hier nicht weg, ich hab euch alle so lieb gewonnen“, schluchzte sie herzzerreißend.
„Dann geh bitte nicht weg, ich will nicht, dass du gehst, wir kriegen das irgendwie hin, vielleicht ist ja auch nichts passiert, ich bin immer noch schwul soweit ich mich erinnere“, bat er und reichte ihr seine Hand, die sie in seine nahm.
„Wir haben nackt nebeneinander gelegen“, konterte sie.
„Wir waren nackt schwimmen, ich hab ne Idee wie wir die Wahrheit rausfinden können. Die Laken waren doch sauber vorher, oder?“
„Ja, wieso?“
„Ich muss was dafür besorgen, renn nicht weg bevor ich zurück bin, bitte“, bat er und stand auch auf.
„Versprochen, obwohl ich nicht genau wissen will, wie du das rausfinden willst“, versprach sie und sah aufs Meer hinaus, während er wegging.
 
Skeptisch stand Penny eine Stunde später mit Dorian vor ihrem Bett.
„Da bin ich mal gespannt, was du vorhast“, erwiderte sie und er zog ein Schwarzlicht aus einer Tasche.
„Schwarzlicht, ne gute Idee, wenn wir hier den horizontalen Mambo getanzt haben, muss es Spuren geben“, lobte sie ihn.
„Lob mich nicht zu früh, okay, mach die Vorhänge zu“, bat er und sie tat es.
„So, drück mir die Daumen“, begann er mit dem Schwarzlicht über das Laken zu fahren. Er konnte keine Spuren entdecken.
„Ich war noch nie so glücklich über fehlende Flecken, wir haben’s nicht getan, Gott sei Dank“, strahlte er über beide Ohren.
„Nichts passiert, es ist nichts passiert“, versuchte sie in ihrem Kopf ihr Glück zu realisieren. Zufrieden legte sie sich auf ihr Bett und er legte sich auf der anderen Seite des Betts neben sie. Dabei leuchtete das Schwarzlicht die Decke an, wo es verdächtig viele Flecken gab.
„Wäh, wir sollten echt einen Reinigungsdienst anheuern, dieses Bild werde ich nie mehr aus meinem Kopf kriegen“, kicherte sie.
„Wenn du den bezahlst gern. Du solltest Laurent mal über die Geschichte zu diesen Flecken ausfragen“, schmunzelte sie.
„Das mit Laurent und mir wird nicht klappen“, schlussfolgerte er.
„Nein, warum denkst du das?“
„Er hat kein bisschen Eifersucht gezeigt vorhin, er hat kein Interesse an mir!“
„Vielleicht wollte er nur den Coolen raushängen lassen, wolltest du ihn nicht eh absägen?“
„Ja, schon, aber mein Herz schreit förmlich, dass der Kerl es wert ist, dass man auf ihn wartet, musst du ja auch kennen“, erklärte er.
„Bitte sagt mir nicht, dass ihr eine zweite Runde vorhabt“, hörten sie plötzlich Laurents Stimme und Schritte auf dem morschen Parkett.
„Was hast du gehört?“, fragte Dorian peinlich berührt.
„Genug um zu wissen, dass ich bei dir nicht falsch lag. Was wird das hier?“, fragte Laurent und legte sich auch mit dem Kopf nach oben aufs Bett.
„Das Bett ist Sperma-Frei, wir hatten keinen Sex“, erklärte ihm Penny.
„Gott sei Dank, sonst müsste ich mir echt Sorgen um euch machen. Man, da ist Sperma an der Decke“, sah er die Flecken auch.
„Jep, gibt’s da ne Story dazu?“
„Wenn’s eine gibt, dann ist es nicht meine, ich hab hier oben nie gewohnt, aber ich sollte dem Kerl gratulieren wenn ich ihn mal treffe. Es ist fast Mittag, wolltest du nicht zu ner Beerdigung“, erinnerte Laurent sie.
„Verdammt, die Beerdigung ist in zwei Stunden, ich muss duschen, du begleitest mich doch noch, Dor, oder?“, fragte sie und sprang auf.
„Sicher, hab ich doch versprochen. Muss ich nen Anzug anziehen?“, wollte er wissen.
„Nen gutes Hemd und saubere Jeans tun es auch!“
„Gut, ich hab nämlich keinen Anzug. Brauchst du Hilfe beim Umziehen?“
„Nach heut Nacht nicht, danke. Au, mach die Vorhänge wieder auf, ich bin gegen irgendwas gerannt, ich will mir nicht schon wieder was brechen“, stolperte sie im Halbdunkeln ins Badezimmer.
Eine dicke Staubwolke kam aus dem Vorhang als Dorian ihn mit Schwung öffnete. Laurent lächelte Dorian von Pennys Bett aus anzüglich an. Als sich Dorian auch grinsend zu ihm setzte, kam Penny aus dem Badezimmer nur mit einem Handtuch um sich gewickelt.
„Denkt nicht mal dran, da hinten ist dein Bett, Dor“, bat sie und knallte die Tür hinter sich zu.
„Okay, wir sollten das lassen, aber wie wäre es, wenn wir heute Nachmittag Essen gehen würden, wenn ich zurückkomme?“, schlug er vor.
„Das klingt gut“, freute sich Laurent und ließ die Freunde wieder alleine.

Vierzehntes Kapitel

 
Die Beerdigung fand in Eatontown statt. Penny hatte ihr bestes Kleid angezogen. Sie war jede Minute nervöser geworden, die sie dorthin gefahren waren. Um den Sarg herum standen nicht besonders viele Leute, die meisten waren die Jersey-Clique, Cordy hatte wohl keine Familie mehr gehabt. Das war vermutlich der Grund gewesen, warum sich die gebildete junge Frau der Proll-Clique angeschlossen hatte. Sie wurde angestarrt, als sie am Arm ihres besten Freundes zu ihnen kam. Niemand schien erwartet zu haben, sie dort anzutreffen.
„Was machst du hier?“, raunzte einer der Guidettes ihr entgegen.
„Ich betrauere eine Freundin, da hab ich ein Recht zu“, murrte sie.
„Ist ganz schön extrem von dir mit deinem Neuen bei ihrer Beerdigung aufzutauchen“, musterte die Guidette, Dorian wie ein leckeres Stück Fleisch.
„Er ist mein SBF, mein Freund ist unpässlich“, erklärte sie.
„Knast oder auf ner 20-jährigen?“, fragte eine andere keck.
„Reha, auch wenn es euch nichts angeht. Jetzt lasst uns kondolieren“, bat sie.
„Sie hat vor Jahren ihre ganze Familie verloren, du kannst niemandem kondolieren. Deswegen sind wir hier, dass sie nicht ganz allein ist“, erwiderte die Guidette. Die jungen Frauen wirkten so anständig und seriös an diesem Tag, es war fast unheimlich.
„Danke, dass ihr das für sie macht!“
„Bitte, für dich machen wir es sicher nicht“
„Ladies, Penny hat dafür gesorgt, dass der Mord an eurer Freundin gesühnt wurde, ihr solltet ihr danken“, mischte sich Dorian ein.
„Du hast ihn abgeknallt?“
„Da ist die Guidette ja wieder, hab mir schon Sorgen gemacht. Ich hab ihm ein Geständnis entlockt, das meint er damit, er hat mir gedroht“, konterte sie cool.
„Ach so, sag das doch gleich, danke“, bedankte sich die aufgetakelte Brünette plötzlich bei ihr.
„Bitte. Oh nein, das macht sie nicht“, erkannte sie ihre Fast-Schwiegermutter am Eingang des Friedhofs und ohne die Guidettes weiter zu beachten ging sie zu ihr hin. Dorian lief verwirrt hinterher.
„Mrs. Benedetti, Sie sollten nicht hier sein“, begrüßte Penny sie mit besorgtem Blick.
„Du genauso wenig, Kindchen. Er hat mir gesagt, dass ich hierherkommen soll“, erklärte Mrs. Benedetti.
„Er hat sie ermordet, Madam, Sie sollten keine Anweisungen von ihm befolgen“, bat Penny freundlich.
„Das ist deine Schuld, wenn du ihn nicht verlassen hättest um mit diesem Sonnyboy hier zusammen zu sein, wäre das nicht passiert“, raunzte seine Mutter und das brachte Penny dazu, heulend wegzurennen.
„Und der Oskar für die mieseste Schwiegermutter der Welt geht an …“, murrte Dorian und eilte seiner Freundin hinterher.
Er fand sie auf der Ladefläche seines Trucks sitzend vor.
„Ich dachte, ich pack das, aber ich kann es nicht“, bemerkte sie tonlos und damit kämpfend nicht zu weinen.
„Du hast es gut gemacht, dafür wie die sich benommen haben, Süße. Gib mir Blumen, ich bring sie zum Grab, dann hauen wir hier ab“, lobte er sie und nahm den Strauß Rosen, den sie neben sich gelegt hatte, auf.
„Danke, für Alles“, bedankte sich Penny.
„Immer wieder gern. Bin gleich wieder da“, ging er allein zurück.
 
Ein leises Wimmern seiner Freundin weckte Dorian in dieser Nacht. Er ging zu ihr ans Bett.
„Hey, ich kann es nicht ertragen, dich Weinen zu hören. Darf ich mich zu dir legen?“, fragte er fürsorglich und sie nickte schniefend. In seinem Arm liegend konnte sie endlich einschlafen.
 
Flüstern weckte Penny wieder. Ein Lichtstrahl leuchtete durch den Raum. Sie hatte einen Vorhang aufgehängt und sah nur Schatten. Sie stupste nervös Dorian wach.
„Süße, lass mich schlafen“, murmelte Dorian schlaftrunken.
„Da ist jemand in unserer Wohnung“, hauchte sie.
„Nein, Süße, da ist niemand, schlaf weiter“, bat er.
„Verdammt, wach auf, da ist doch jemand“, trat sie ihn.
„Au, verdammt, das ist also der Dank dafür, dass ich in dein Bett gekommen bin“, war er hellwach.
Plötzlich wurde der Vorhang aufgerissen.
„Gut, du bist … was zum Teufel?“, stand Laurent plötzlich vor ihnen. Neben ihm Maeron mit einem Seesack auf seiner Schulter.
„Jetzt weiß ich auch, warum du unser Date heute abgesagt hast, du schläfst also doch mit ihr“, raunzte Laurent und machte brutal das Licht an. Das brannte furchtbar in Pennys Augen.

Fünfzehntes Kapitel

 
„Boss, ich hab immer noch ne Gehirnerschütterung, eine Warnung wäre nett gewesen“, stach die Helligkeit in ihren Kopf und sie kniff die Augen zusammen.
„Mae, Bruder, das muss ich erklären“, stotterte Dorian sehr beschämt.
„Du bist schwul, Dor‘, ich hab sie dir deswegen anvertraut, du solltest ihr die Kerle vom Leibe halten und dich nicht auf sie stürzen“, brüllte Maeron ihn an.
„Ich hab nicht mit ihr geschlafen, nur bei ihr, sie macht ne schwere Zeit durch, bitte versteh doch“, flehte er ihn an und stand auf.
„Ich will deine Entschuldigung nicht hören. Fünfzehn Jahre hab ich dich bei allem unterstützt und dann stürzt du dich auf die erste Frau nach meiner Frau die ich lieben könnte“, wütete er und schupste ihn brutal zu Boden.
„Ich schlaf nicht mit ihm, Süßer, bitte, hör auf“, begann Penny herzzerreißend zu weinen und lehnte sich schützend über Dorian.
„Geh aus dem Weg, Penny, bitte“, bat er ernst.
„Du schlägst ihn nicht, er war in den letzten Wochen immer für mich da und hat mich die ganze Zeit nur platonisch getröstet, er ist schwul und wollte eigentlich grad was mit Laurent anfangen, der ihn jetzt so ansieht, als hätte er jemanden umgebracht, ich konnte nicht allein schlafen und er war für mich da, das ist alles“, flehte sie ihn an.
„Warum muss er dann nur in Shorts bei dir schlafen?“
„Das ist eine warme Nacht, er ist zu mir rüber gekommen. Warum bist du überhaupt schon hier? Bist du abgehauen?“, wollte sie von ihm wissen und half Dorian hoch.
„Die Ärzte haben mich etwas früher gehen lassen, wollte dich überraschen. Das hab ich anscheinend gut geschafft. Ich fahr jetzt zu meinen Eltern, wo ist Maddie überhaupt?“
„Deine Eltern sind seit gestern zurück, sie ist bei ihnen, ich wohn jetzt hier. Bitte geh nicht“, bat sie.
„Ich kann jetzt nicht in einer Nähe von einer Bar sein und in deiner Nähe auch nicht, tut mir leid“, murrte er und ging davon.
„Das was er gesagt hat“, bemerkte Laurent nur und ging hinter dem verärgerten Maeron hinterher.
„Ich muss ihm hinterher gehen“, entgegnete Dorian trocken und zog ein T-Shirt und Jeans an.
„Ich meinem auch, nimm dir das nicht so zu Herzen, er war nur überrascht“, bat Penny und schlüpfte schnell in ihr Kleid um Maeron hinterherzugehen. Er saß vor der Bar auf der Treppe.
„Ich kann in dem Zustand nicht zu meinen Eltern gehen“, sagte er nur.
„Ich hab wirklich nichts mit ihm, ich konnte nur nicht allein sein heute Nacht, ich war auf der Beerdigung einer Freundin, mein Ex-Verlobter hat sie umgebracht“, gestand sie ihm und setzte sich neben ihn.
„Was? Warum hast du mir das am Telefon nicht erzählt?“, fragte Maeron freundlicher.
„Du warst in der Reha, ich wollte dich nicht zu sehr aufregen“, erklärte sie und erzählte ihm alles.
„Was ist das für ein Wichser von Detective dass er dir das zumutet“, schlug seine Stimmung zur Freundlichkeit über.
„Ich wollte das machen, ihn trifft keine Schuld. Ich hätte aber nicht zur Beerdigung gehen sollen, meine Schwiegermutter hat mir für alles die Schuld gegeben“, erklärte sie ihm.
„Er war dabei und hat dir beigestanden?“, fragte er plötzlich und sah in Richtung der Bar. Sie nickte tonlos.
„Er ist ein guter Freund von dir geworden, was?“, fragte er freundlich und sie nickte wieder.
„Jetzt fühl ich mich wie ein Arsch, aber was würdest du machen, wenn du mich mit ihm im Bett erwischen würdest“, entschuldigte er sich.
„Ich wäre echt verwirrt, er ist dein bester Freund und du bist hetero, soweit ich weiß“, schmunzelte sie und er lächelte sie matt an.
„Ich hab mir meine Rückkehr irgendwie anders vorgestellt“, bemerkte er.
„Ja, ich weiß, Süßer, ich wollte das auch anders für dich planen. Übrigens ich arbeite jetzt in ner Bar“, erklärte sie trocken.
„Ja, hab ich gemerkt, bei Laurent hab ich noch einen Deckel offen, fällt mir grad ein, ich sollte ihn mal bezahlen. Ich sollte im Moment nicht hier sein, kommst du mit mir zu meinen Eltern? Ich bin mit dem Taxi hierhergekommen“, bat er.
„Sicher, ich frag Dorian schnell, ob ich seinen Wagen haben kann, ich bin ohne meine Maschine da und könnte sie auch nicht fahren. Aber Autofahren könnte ich langsam wieder“, plante sie.
„Ja, dein Arm, wie geht’s dem?“, wollte er fürsorglich wissen.
„Besser als meinem Kopf, ich bin letzte Woche von dem Steg hier geplumpst mit ner Schlinge an und hab mir wieder den Kopf gestoßen. Da Dorian mich wie ein Bodyguard bewacht hatte, konnte er schnell reagieren und hat mich in bester Baywatch-Manier gerettet. Ich hab Krankenhäuser ziemlich satt grade, wie du dir denken kannst“, erwiderte sie.
„Du hast das Unheil ja grad gepachtet, was? Ich bin jetzt wieder da und pass auf dich auf. Ich warte hier auf dich“, entgegnete er und sie ging in die Bar. Ein paar Stammgäste waren noch da und einer der Barkeeper.
„Pence, hey, gut du bist da, der Boss ist irgendwie verschwunden, ich brauch dich hier“, konterte der Barkeeper Bill.
„Bills, ich schlafe schon, ich bin gar nicht hier, der kommt sicher gleich wieder“, erwiderte sie und ging die Treppe der Bar ins Apartment hoch.
Dort erwischte er die beiden Jungs in flagranti.
„Oh man, immer wenn ich denke, ich hätte euch Jungs entschlüsselt, passiert sowas. Ich nehm mir kurz den hier, bin schon wieder weg“, schnappte sie sich etwas verwirrt den Autoschlüssel und eilte wieder nach unten.
„Es sind kaum noch Gäste da, Bills, du schaffst das sehr gut alleine, ich bin in einer halben Stunde wieder da, falls davor die Welt untergeht, schreib mir nen Text. Dreh die Musik etwas lauter“, bat sie.
„Wieso?“, fragte er verwirrt.
„Tu’s einfach, bin gleich wieder da“, entschied sie und ging wieder raus.
 
Maeron wartete an den Truck gelehnt auf sie.
„Alles klar?“, fragte er verwundert, als sie total durcheinander schien.
„Ihr Kerle seid so einfach gestrickt manchmal. Hast du nen Schlüssel? Es ist fast Mitternacht, deine Mutter macht mir die Hölle heiß, wenn wir deine Tochter wecken“, lenkte sie ab.
„Ja, hab ich, hat dich jemand begrabscht?“
„Nein, ich hab nur grad Dorian und Laurent bei Hoppe Hoppe Reiter erwischt“, murmelte sie vor sich hin.
„Haben sie nicht grad gestritten?“
„Jep!“
„Man, manchmal wäre ich gern schwul, wir Männer sind echt einfacher zu verführen“, dachte er laut nach und sie stiegen ein.
„Ich denk, einen Teil deines Rückkehrgeschenk kann ich dir schon geben“, kletterte sie auf seinen Schoß.
„Bist du sicher?“
„Oh ja, ziemlich sicher“, begann sie ihn zu küssen.
 
Wesentlich entspannter brachte Penny ihren Freund in dieser Nacht zu seinen Eltern.
„Bleib heut Nacht doch hier, dann haben die Jungs ihre Ruhe“, schlug er vor, als er die Tür aufschloss.
„Ich hab gehofft, dass du das sagst, bin ziemlich müde, du hast mich ganz schön geschlaucht“, schmunzelte sie und küsste ihn.
Jemand räusperte sich hinter ihnen und erschreckte sie furchtbar.
„Dad, hey, haben wir dich geweckt?“
„Nein, war noch nicht im Bett. Du bist schon wieder draußen?“, fragte Hiram und umarmte seinen Sohn.
„Ja, ich durfte früher gehen. Schlafen die Mädels schon?“, fragte er seinen Vater.
„Ich hoff mal die Kleine schläft, deine Mutter schläft vermutlich auch schon. Gut siehst du aus, bisschen dünn, aber das warst du letztes Mal auch. Deine Mutter wird dich schon wieder aufpäppeln. Hey, Kleines, danke, dass du ihn heimgebracht hast“, begrüßte er Penny auch freundlich mit einer Umarmung.
„Gern geschehen. Ich würde gern heut Nacht hier bleiben, wenn das okay ist“, bat sie.
„Sicher, versucht aber die Kleine bei euren Aktivitäten nicht zu wecken“, schmunzelte er und stupste seinen Sohn an.
„Das haben wir schon hinter uns, keine Sorge. Ich hab Durst, könnte ich was zum Trinken haben?“, hoffte sie.
„Sicher, komm mit in die Küche“, entschied Hiram freundlich und ging mit ihr hinein. Als Penny genug getrunken hatte, ging sie auf die Suche nach ihrem Freund. Sie fand ihn kniend vor dem Kinderbett seiner Tochter. Er sah so glücklich aus sie einfach so schlafend anzusehen. Er lächelte sie an, als er sie sah, stand auf, küsste ihre Tochter auf die Stirn und ging mit Penny raus.
„Ich musste sie grad nur sehen, sorry. Ich hab sie so vermisst. Du hast dich so wunderbar um sie gekümmert, vielen Dank dafür“, umarmte er sie zufrieden.
„Du musst Dorian noch danken, er hat auch sehr gut geholfen. Deiner Granny geht’s übrigens wieder besser, sie wird’s überstehen“, erklärte sie.
„Das ist gut zu hören, Mom hat’s mir nicht genau erklärt am Telefon, sie wollte mich wohl auch noch schonen. Das müsst ihr aber jetzt nicht mehr, keine Lügen mehr“, bat er.
„Okay, versprochen. Ich muss jetzt echt schlafen, wir reden morgen, okay?“
„Sicher, lass uns schlafen gehen“, nahm er ihre Hand in seine und brachte sie in sein Zimmer.
 
Penny wurde ziemlich früh von der Vibration ihres Handys geweckt, was auf dem Metalltisch neben ihr läutete. Sie fluchte und nahm ab.
„Wo bist du?“, fragte Dorian am Telefon.
„Südamerika, die haben die besten Weine“, murmelte sie schläfrig.
„Was?“
„Ich bin bei den Stillmanns, wo soll ich sonst sein? Es ist fünf Uhr früh, Dor‘!“
„Danke für die Auskunft. Ich hab mich nur gewundert, dass du nicht hier bist!“
„Ich wollte euch Zeit für euch geben, ist er nicht mehr bei dir?“
„Er schläft noch, hab den armen Kerl ziemlich geschafft“, schmunzelte Dorian.
„Ja, hab ich gesehen, meiner schläft auch noch. Hat’s Spaß gemacht?“
„Ich fühl mich nicht so wohl dabei, mit dir darüber zu reden“, nuschelte er beschämt.
„Okay, ein Gentleman genießt und schweigt, schon verstanden. Ich komm heim so schnell wie ich kann, lass mich nur noch etwas schlafen“, bat sie und verabschiedete sich, bevor sie wieder auflegte.
„Dorian?“, hörte sie Maeron neben sich fragen.
„Ja, der Wachhund hat mich vermisst, du musst mal mit ihm reden, dass er das lässt, ich hab schon einen großen Bruder, der genügt mir“, entgegnete sie und kuschelte sich an ihn.
 
Hand in Hand kamen die Verliebten am nächsten Morgen zum Frühstückstisch. Brenda grinste sie breit an.
„Süßer, sag deiner Mutter sie soll das lassen, sie macht mir Angst“, bat Penny cool. Maeron sah Brenda streng an und hörte auf zu grinsen.
„Sorry, ich freu mich nur so“, entschuldigte sich Brenda.
„Schraub es etwas runter, Mom, ich bin grad erst heimgekommen“, entgegnete er.
„Komm erst Mal her, Kleiner, drück deine Mutter“, zog sie ihn runter zu sich und umarmte ihn.
„Hab gehört, Granny geht’s besser“, bemerkte er und setzte sich hin.
„Ja, die störrische Hexe wird noch hundert Jahre leben“, warf Hiram ein und erntete einen bösen Blick von seiner Frau.
„Stimmt doch, sie ist echt bockig. Ich weiß, du bist grad erst zurückgekommen und so, Sohn, aber du musst dir was zum Arbeiten suchen, das mit der Fischerei wird nicht klappen, vor allem, weil es langsam Herbst wird“, sprach Hiram an.
„Ich hab Ende der Woche ein Vorstellungsgespräch“, erklärte er ihnen.
„Wirklich?“, war Hiram überrascht.
„Mein Sponsor arbeitet als Hausmeister in einer Schule für Weiterbildung, sie brauchen da einen Englischlehrer für Immigranten, die sind nicht so strikt wie die Highschool, sie vertrauen mir, dass ich trocken bleibe“, erklärte er weiter.
„Das ist klasse“, freute sich Penny.
„Das mach ich dann nur bis ich wieder in die Highschool gehen kann, aber ich muss endlich mein Leben wieder in den Griff bekommen!“
„Ja, das klingt echt gut, ich mach dir deinen Anzug bereit“, war auch Brenda froh.
„Danke, Mom!“
„Gerne, was mir noch Sorgen macht ist, dass deine Freundin über ner Bar wohnt, nichts für Ungut, Süße“, erwiderte Brenda und sah Penny an.
„Ja, darüber hab ich auch schon nachgedacht. Ich werde mir sobald wie möglich was Neues suchen!“
„Ich komm schon damit klar, Leute!“, versprach Maeron.
„Derjenige der länger als zwei Tage aus der Reha raus ist, hebt die Hand“, konterte Hiram sarkastisch.
„Oh man, ich hoffe, ich krieg diesen Job, dann kann ich endlich ausziehen“, grummelte er.
„Ich sag’s nur“, konterte Hiram.
„Ja, ich weiß schon, wie du das meinst. Wo ist meine Süße eigentlich?“
„Kindergarten, ist ja schon fast 10 Uhr. Du kannst sie heute Abend abholen wenn du willst“, schlug Brenda vor.
„Ja, das mach ich. Ich muss mir auch noch die Haare schneiden lassen“, fuhr er über seinen wilden Haarwuchs.
„Hast du was gegen schwule Guidos?“, fragte Penny ihn.
„Da mein bester Freund auch in dem Team spielt nicht, nein, wieso?“, fragte er neugierig.
„Dann weiß ich genau wo wir deine Haare schneiden lassen“, bemerkte sie.
„Hast du gleich Zeit?“
„Sicher, muss erst um sechs Uhr in der Bar sein“, erklärte sie und fuhr mit ihm nach Eatontown.

„Goldlöckchen, ich dachte schon, du wärst verschollen, willkommen“, begrüßte ihr Frisör, Penny. Die schrille Persönlichkeit Rondos wurde nur durch sein Outfit noch unterstrichen.
„Ist einiges passiert, Ron, so wie ich dich kenne weißt du das sicher alles schon im Detail“, bemerkte sie und setzte sich auf einen Friseurstuhl.
„Ja, wollte dich nicht damit überfallen, sorry, Süße. Hätte nie gedacht, dass der Kerl zu so was fähig ist, man muss anscheinend nicht sehr clever sein um Leute abzumurksen“, entschied Rondo einfühlsam.
„Ja, anscheinend nicht, ich hab ein paar neue Freunde gefunden, die mir da gut geholfen haben. Das ist Mae“, stellte Penny ihrem Freund und Frisör Mae vor.
„Hallo Fremder, aus welchem Müllcontainer hat sie dich denn gefischt? Bitte sag mir, dass du da bist um ihm ein bisschen Jersey-Style zu verpassen“, musterte Rondo, Mae.
„Ron, sei brav, aber ja, style ihn ein bisschen um, aber eher Jon Bon Jovi-Jersey anstatt „The Situation“-Jersey, klar?“, bat sie ihn.
„Jon Bon Jovi 1986 oder der jetzige Jon Bon Jovi?“
„Was denkst du?“
„Die aktuelle Frisur, schon verstanden. Was ist mit dir? Soll Mary auch ein bisschen Zauber bei dir bewirken?“, fragte Rondo sie.
„Ich bin nen bisschen knapp bei Kasse grade, belassen wir es bei ihm. Süßer, setz dich, du kannst ihm vertrauen, er ist wirklich gut“, versprach sie ihm und Maeron setzte sich zögerlich neben ihn.
„Auf keinen Fall Jon Bon Jovi 1986, klar?“, wollte Maeron nochmal sichergehen.
„Schon klar, Süßer, mach ich nicht. Also, woher kennt ihr euch?“, führte Rondo Smalltalk.
„Er hat mir das Leben gerettet“, erzählte sie und sah Maeron an, der sie anlächelte.
„Wie romantisch, wie ist das gekommen?“, wollte Rondo wissen.
„Bin sternhagelvoll von einem Ausflugsdampfer geplumpst bei meinem Junggesellinnen-Abschied und er war der Fischer, der mich rausgefischt hat, sozusagen“, erzählte sie.
„Du bist echt ein wahrer Held, mein Freund, wie ist das mit dir und dem Sunny-Boy eigentlich abgelaufen? Ich hab nur dies und das gehört“, wollte Rondo wissen.
„Ich hab ihn verlassen und er hat Cordy abgemurkst, mehr weiß ich auch nicht“, erklärte sie kurz und knapp.
„Sie waren ein Liebespaar, nicht lange, aber sie hatten eindeutig Sex gehabt, tut mir leid, Schätzchen“, gestand Rondo ihr.
„Ja, ich weiß!“
„Er hat es dir gesagt?“
„Nein, die Cops haben es mir gesagt, in dem Moment hab ich gedacht, dass das das Schlimmste gewesen wäre, was er getan hat“, entschied sie.
„Erzähl mir mal, was wirklich passiert ist“, bat Rondo.
„Kann ich nicht, Ron‘, das ist ne laufende Ermittlung, sorry“, entschuldigte sie sich.
„War der Cop scharf?“
„Äh, nein, schon irgendwie, was hat das damit zu tun?“
„Dein Team oder mein Team?“
„Mein Team, denk ich, er hat mich angemacht, ich will das nicht vor meinem Freund diskutieren“, murmelte sie und sah zu Maeron, der hellhörig geworden wurde.
„Dich hat nen Bulle angemacht?“, fragte er eifersüchtig.
„Ja, aber ich hab ihm klar gemacht, dass ich nichts von ihm will“, versprach sie ihm.
„Gut!“, sagte er nur.
„Auch wenn er an dem Abend nochmal zu eurem Haus gekommen ist, aber Dor‘ hat ihn abgewimmelt!“
„Super, nicht nur dass du einen Psycho-Ex hast, jetzt hast du auch noch einen Cop-Stalker-Freund“, murrte Maeron.
„Er ist nie wieder aufgetaucht, er wollte nur wissen, wie’s mir geht nachdem er mich gedrängt hat, Luca das Geständnis zu entlocken“, erklärte sie ihm.
„Er sah gut aus?“, wollte Maeron nochmal wissen und bewegte sich unruhig auf dem Stuhl hin und her.
„Süßer, wenn du weiter so wackelst verschlimmere ich deine Haarsituation nur noch, sitz still“, bat Rondo und drückte ihn im Stuhl zurück.
„Es wird sicher in Zukunft noch einige gutaussehende Kerle geben, die mich anmachen, das bedeutet gar nichts“, versprach sie.
„Ich hoffe, du meinst das ernst“, sagte er in einer seltsamen Stimmung.
„Ich bin eine treue Seele, wenn du mich besser kennen würdest, wüsstest du das. Ich hatte vier Beziehungen in meinem Leben und keine davon ist durch Untreue auseinander gegangen“, murrte sie schroff.
„Tut mir leid, ich kenn dich wirklich nicht gut, ich hab nur in der Reha jede Nacht wachgelegen und an dich gedacht und so Angst gehabt, dass ich dich verliere“, entschuldigte sich Maeron.
„Ich will keinen anderen als dich und wenn es wirklich mal das Worst-Case-Szenario gibt und ich mich anders verlieben würde und ich sage nicht, dass ich es tue, würde ich es dir gleich sagen“, erklärte sie ihm.
„Sorry, das glaub ich dir ja, ich stell diese Gedanken ab, versprochen“, entgegnete er.
„Musst du nicht, du musst deinem Gehirn nur sagen, dass es mir trauen kann. Ich geh schnell in diese Billig-Apotheke gegenüber und besorg mir nochmal Schmerzmittel, kann ich dich allein lassen?“, fragte sie ihn. Rondo nickte, doch Maeron schüttelte den Kopf.
„Keine Sorge, Süßer, ich trau ihm mit meinen Haaren, dann kannst du ihm auch trauen“, versprach sie, küsste ihn und ging über die Straße in die Apotheke.
 
Als sie an diesem Abend in die Bar kamen herrschte dort ein Chaos. Flaschen flogen in der Gegend herum und Laurent kniete auf der Bar über einem Kerl, und prügelte auf ihn ein. Maeron roch den ganze Alkohol und wirkte wie ein Vampir bei dem Geruch nach Blut.
„Geh nach oben bitte“, bat sie ihn.
„Wir sollten die Polizei rufen“, schlug Maeron vor. Die Dämpfe des Alkohols waren in seinem Kopf angekommen.
„Das ist mein Boss, der da grade Rocky Balboa auf der Bar spielt, wenn du willst, dass wir beide unseren Job verlieren, tu das“, entschied sie. Maeron atmete tief durch und zog Laurent von dem Kerl runter. Er schlug aus und traf ihn am Kopf. Mit einem gezielten Schlag knockte Maeron, Laurent aus. Trotz des ganzen Chaos stand Maeron plötzlich komplett still da und starrte auf den bewusstlosen Laurent.
„Komm, lass uns hochgehen“, bat Penny und zog ihn am Arm weg. In dem Moment wurde sie von einer Flasche getroffen. Sie fühlte Blut über ihre Stirn laufen.
„Man, nicht schon wieder“, erwiderte sie und schob ihn weiter.
„Ich sollte dir helfen“, bat er hilfsbereit.
„Mir geht’s gut, nur gestreift“, erklärte sie, aber ihr war verdammt schwindelig. Sie sperrte Maeron in die Wohnung ein. Großer Schwindel überkam sie, sie stolperte und fiel bewusstlos die Treppe herunter.

Sechzehntes Kapitel

 
Ein grelles Licht brannte in ihren Augen. Sie lag in einem Krankenwagen.
„Hey Schlafmütze, da sind Sie ja wieder, wie geht’s Ihnen?“, fragte der Sanitäter, der sich über sie gebeugt hatte.
„Kopfschmerzen“, erwiderte sie mit trockenem Mund.
„Sie haben ne Flasche an den Kopf gekriegt und sie sind die Treppe runtergefallen. Was tut Ihnen sonst noch weh?“
„Mein Arm“, erklärte sie.
„Der rechte oder der linke?“
„Der rechte, man, der ist ja in einer Schiene!“
„Sie wissen nicht wieso?“
„Ich weiß nicht“, bemerkte sie verwirrt.
„Welches Datum haben wir heute?“
„12. Juli, glaub ich“, murmelte sie.
„Das war vor sechs Wochen, Sie haben sich ganz schön den Kopf gestoßen“, bemerkte der Sanitäter fürsorglich.
„Wo ist mein Verlobter?“, fragte sie.
„Vielleicht in der Bar, wo man Sie aufgegriffen hat, da gab es eine große Schlägerei, wie ist denn der Name Ihres Verlobten?“, wollte er wissen.
„Luca, wir wollen in zwei Wochen heiraten. Verdammt, wo ist mein Verlobungsring? Der war ganz schön teuer“, sah sie auf ihre Hand, die blutverschmiert, aber ohne Verlobungsring war.
„Die werden ihn schon wiederfinden, jetzt müssen Sie sich erstmal beruhigen. Wie ist Ihr Name?“
„Dr. Penelope Di Stefano!“
„Gut, Geburtsdatum?“
„13. November 1982!“
„Aktueller Präsident?“
„Barrack Obama, ich hab ihn gewählt. Was sollen diese Fragen?“
„Nur ein Hirncheck, das klingt alles ziemlich gut. Lassen Sie Ihr Hirn sich ausruhen, dann kommen die letzten Wochen auch wieder zurück. Die Wunde ist nur oberflächlich, das wird keine Narbe geben. So, ich hab es geklammert, jetzt blutet es nicht mehr. Wissen Sie, was Sie in dieser Bar wollten?“, fragte der Sanitäter weiter, aber sie schüttelte nur den Kopf.
„Nicht wichtig, jetzt erholen Sie sich erstmal“, bat er und sie lehnte sich zurück. Bald waren sie im Krankenhaus angekommen.
In einem Rollstuhl kam Dorian eine halbe Stunde später zu der Liege in der Notaufnahme gerollt, auf der sie lag.
„Hey, hier bist du, hab dich schon überall gesucht“, rollte er an ihre Seite und ergriff ihre Hand. Erschreckt zog sie die Hand weg.
„Du bist sauer, das versteh ich, ich hab ihm gesagt, er soll das nicht tun“, entgegnete er. Mit leeren Augen sah die Therapeutin Dorian an.
„Retrograde Amnesie, mein Freund, sie hat die letzten Wochen aus ihrem Gedächtnis gelöscht“, erklärte ein Krankenpfleger, der sich neben ihnen um eine andere Patientin kümmerte, cool.
„Du weißt nicht, wer ich bin, oder?“, fragte Dorian fürsorglich und sie schüttelte mit ein paar Tränen in den Augen den Kopf.
„Ich bin Dorian, ein guter Freund von dir, wir haben uns vor knapp zwei Monaten kennengelernt. Oh man, Süße, das war ein Schlag zu viel gegen deinen süßen Kopf. Wo ist dein Arzt?“, wollte sie wissen.
„Er kommt gleich wieder, er muss sich mit einem Kollegen beraten, so ein Fall ist auch nicht grad alltäglich. Wie viel Schläge hat sie denn gegen den Kopf bekommen?“
„Zwei, soweit ich weiß, sie wurde überfallen und ist gegen ne Wand geschleudert worden, letzte Woche ist sie rückwärts von einem Geländer geschupst worden und hat sich nochmal den Dez angeschlagen“, erklärte Dorian den Pfleger.
„Ja, wir haben hoer regelmäßig Frauen die von „Treppen“ runtergefallen sind“, bemerkte der Pfleger lässig.
„Hey, ich mag nicht was sie hier andeuten, mein bester Freund behandelt sie wie eine Königin“, war Dorian erbost und ergriff wieder Pennys Hand, die sie wieder wegzog.
„Sorry, ich vergess das immer wieder. Ich würde aufstehen und sie schlagen, aber ich hab eine angebrochene Hüfte“, murrte er den Pfleger an.
„Wo ist mein Verlobter?“, fragte Penny plötzlich.
„Dein Ex ist im Knast wo er hingehört, hoff ich mal“, erwiderte Dorian abgelenkt, während er den Pfleger ansah.
„Was?“, fragte Penny entsetzt und begann zu weinen.
„Ich sollte die Klappe halten, bis dein Arzt kommt, glaub ich“, murmelte Dorian überfordert. Er saß einfach neben ihr und starrte auf den Boden, bis der Arzt kam.
„So, Dr. Di Stefano, da bin ich wieder. Was macht Ihr Gedächtnis?“, fragte der Notfallarzt, Penny.
„Was ist mit ihr los, Doc?“, fragte Dorian den Arzt.
„Sie hat eine Flasche an den Kopf bekommen, ist aber ziemlich seltsam, dass sie durch den einen Schlag an Amnesie leidet, aber leider wissen wir noch viel zu wenig über das menschliche Gehirn“, erklärte ihm der Arzt.
„Das war nicht der erste Schlag gegen den Kopf in letzter Zeit“, murmelte Dorian und der Arzt sah ihn böse an.
„Man, können Sie mal damit aufhören? Seh ich wie ein Schläger aus? Ja, heute schon, aber ich war in eine Schlägerei verwickelt, aber ich könnte ihr nie was tun!“
„Sie müssen Ihr Verlobter sein!“
„Nein, bin ich nicht, ich bin ein guter Freund, sie hat ihren Verlobten verlassen, er sitzt grad lebenslang wegen Mordes, ganz schlimme Geschichte“, erklärte er weiter.
„Er hat jemanden umgebracht?“, schluchzte Penny.
„Ja, Süße, aber das müssen wir jetzt nicht besprechen. Können wir kurz unter vier Augen sprechen, Doc?“, fragte Dorian den Mediziner und der rollte ihn etwas weiter weg.
 
Während die beiden Männer weg waren blitzten Erinnerungen von Dorian und ihr vor ihrem inneren Auge auf, was ihr höllische Kopfschmerzen bereitete. Sie spürte die Wärme seines Körpers, wie er sie liebevoll an sich zog.
„Pence, da bist du ja, ich hab dich schon überall gesucht. Ich hab gehört, du bist die Treppe runtergefallen, geht’s dir gut?“, kam ihr Kollege Bill zu ihrem Bett. Er schien auch in die Prügelei verwickelt worden zu sein.
„Du hast einen gegen den Kopf bekommen, schon wieder, was guckst du mich so an?“, fragte Bill und sie weinte einfach nur. Das waren alles fremde Leute für sie.
„Sie weiß nicht mehr, wer wir sind“, kam Dorian mit dem Arzt zurück.
„Was heißt, sie weiß nicht mehr wer wir sind? Amnesiemäßig, oder so?“, fragte Bill verwundert.
„Ja, es kann sein, dass sie sich in einigen Stunden wieder erinnert, oder auch nicht, ich werde sie erstmal in die Röhre schicken um ihren Schädel zu scannen. Vielleicht hat sie auch nur eine Prellung des Gehirns, wenn sich das wieder legt, kann die Erinnerung wiederkommen. Das kann aber nur die Zeit zeigen, tut mir leid“, bemerkte der Arzt.
„Ich wäre gern bei dir, aber sie sieht mich an, als wäre ich ein wildfremder. Ich geh zurück in mein Zimmer, wenn sie nach mir fragt in den nächsten Stunden, ich bin im zweiten Stock, Zimmer 204“, bemerkte Dorian fast weinend und rollte zum Fahrstuhl.
„Wir sind deine Freunde, Süße, vergiss das nicht“, eilte Bill seinem Kollegen hinterher.
 
Schnaufend sprang Maeron von der Regenrinne. Er hatte brav die Nacht in der Wohnung seiner Freundin verbracht, aber als sie nach Sonnenaufgang immer noch nicht zurück war, war er aus dem Fenster geklettert. Er hatte sein Handy während der Prügelei in der Bar verloren und die zwei Freunde hatten noch kein Telefon in ihrer Wohnung installiert.
Die Tür der Bar stand auf, so ging er rein. Die Reinigungskraft war schon da und räumte das Chaos in der Bar auf.
„Morgen, haben Sie nen Handy gefunden?“, fragte er schnaufend.
„Mehrere, Süßer, sind in der Kiste da hinten“, entschied die Putzfrau und er ging dorthin. Er fand sein Handy, was aber beschädigt war.
„Verdammt, ich muss das Telefon hier kurz benutzen“, bat er.
„Boss, kann der Kerl hier dein Telefon benutzen?“, rief die Putzkraft in den Nebenraum.
„Sind wir hier die Wohlfahrt?“, fragte Laurent grummelnd und kam nach vorne. Er hatte ein mächtiges blaues Auge, was er grade kühlte.
„Ach du, noch nicht genug gehabt gestern?“, fragte er und zeigte ihm sein mächtiges Veilchen.
„Du hast angefangen, Kumpel!“
„Ich war aufgeladen, sorry. Wo hast du gesteckt?“
„Sie hat mich oben eingesperrt, ich hab gerufen, hast du mich nicht gehört?“
„Ich war ne Weile ausgeknockt, nein, tut mir leid!“
„Glaub ich dir nicht so ganz, aber gut, kann ich telefonieren?“, fragte er freundlich.
„Sicher, wenn du Dorian anrufen willst, der ist im Krankenhaus!“
„Im Krankenhaus? Warum sagst du das nicht gleich?“, fragte er erschreckt.
„Du hast nicht gefragt, er hat mir grad geschrieben, er hat eine angebrochene Hüfte und sitzt im Rollstuhl“, entgegnete Laurent.
„Er hat eine angebrochene Hüfte? Wie ist denn das passiert und will ich das wissen?“
„Ich war unvorsichtig und hab mit ihm vor der Männertoilette geknutscht. Sie sind auf ihn losgegangen und ich hab die Scheiße aus ihnen rausgeprügelt“, erklärte Laurent.
„Das ist nicht gut!“
„Ich weiß, aber ich mag ihn sehr und bin durchgeknallt. Ich wär ja ins Krankenhaus mitgefahren, aber ich wollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf uns leiten. Die Kleine hab ich übrigens ne Weile nicht mehr gesehen“, entschied er beschämt.
„Hast du ihre Nummer hier irgendwo? Mein Handy ist Schrott und ich kann ihre Nummer nicht auswendig“, bat er.
„Ja, in meinen Unterlagen hab ich die sicher. Hast du Rob gesehen? Von dem hab ich seit gestern auch nichts mehr gesehen!“
„Rob?“
„Bobby, oder Bills, wie deine Freundin ihn nennt!“
„Ich bin trockener Alki, ich bin erst kurz wieder hier, ich kenn nicht all ihre Freunde!“
„Okay, wie auch immer, ich ruf sie mal an“, entschied er.
„Hallo?“, meldete sich Penny verwirrt.
„Schatz, gut, dir geht’s gut, bist du im Krankenhaus?“, fragte er sie besorgt.
Erst herrschte Stille am Telefon und dann meldete sich Bill.
„Hey, Bill hier, du solltest ins Krankenhaus kommen“, bat Bill ruhig.
„Warum, was ist los? Warum kann sie nicht mit mir reden?“
„Komm einfach bitte, Zimmer 307, Pleasent Valley Krankenhaus“, erklärte Bill und legte einfach wieder auf.
„Was zum Henker war das denn? Ich fahr ins Pleasent Valley, kommst du mit?“, fragte er irritiert.
„Okay, ist was mit ihr?“, wollte Laurent wissen.
„Keine Ahnung, kannst du fahren?“
„Sicher, lass mich nur kurz was anziehen was nicht aussieht, als hätte ich in einer Metzgerei Tierkadaver ausgenommen“, bat Laurent und zog sich schnell etwas anderes an.
 
Laurent ließ sich in der Notaufnahme untersuchen, weil er auch ziemlich viele Schläge in der Nacht zuvor abbekommen hatte. Maeron ging zur gleichen Zeit durchs Krankenhaus zu seiner Freundin. Schemenhaft kam ihm in Erinnerung wie er während seiner Alkoholvergiftung durch die Gänge gerollt worden war.
„Mae?“, fragte ihn plötzlich jemand neben ihm und er kam zurück in die Realität.
„Bill?“, fragte er zurück.
„Jup, danke, dass du gekommen bist“, bedankte sich Bill.
„Du hast mir einen höllischen Schrecken eingejagt, was ist verdammt nochmal los?“, wollte er endlich die Wahrheit wissen.
„Komm, lass uns irgendwo in Ruhe reden“, führte er ihn in einen Warteraum.
„Muss ich die Wahrheit aus dir rausprügeln, Billyboy?“, war ihm seine seltsame Art nicht geheuer.
„Ne, lass mal stecken, ich hab gesehen, wie du den Boss ausgeknockt hast!“
„Ja, sorry nochmal, dass du das sehen musstest. Also?“
„Mit Penny ist was nicht in Ordnung!“
„Ist sie tot?“, begann er zu weinen.
„Nein, oh Gott, nein, warum denkst du denn so was?“
„Du verhältst dich so!“
„Tut mir leid, ihr geht’s ganz gut, sie hat sich wieder den Kopf angeschlagen…“, begann er.
„Oh man, die Frau ist ehrlich ein wandelnder Unfall und nun?“
„Sie leidet an retrograder Amnesie, das ist …“, erzählte er weiter.
„Sie hat einen Schaden am Kurzzeitgedächtnis, sie erinnert sich nicht an mich, richtig?“, schlussfolgerte er.
„Richtig, du hast studiert, sie weiß nicht mehr, was in den letzten zwei Monaten passiert ist“, erklärte er ihm.
„Dann kennt sie uns alle nicht mehr“, sagte er tonlos.
„Ja, richtig, ich kann Dorian nicht beruhigen, er hört nicht auf zu weinen, ich weiß nicht, was ich machen soll“, gestand er.
„Welches Zimmer?“
„204, willst du nicht erstmal zu deiner Freundin?“
„Sie weiß nicht, dass es mich gibt, er ist jetzt momentan wichtiger“, erklärte er und ging zu Dorian.
Mit Tränen in den Augen saß Dorian in seinem Rollstuhl am Fenster. Wortlos kniete sich Maeron zu ihm hin und zog seinen Kopf an seinen eigenen. So saß er ein paar Sekunden Stirn an Stirn mit ihm dort.
„Wir haben sie verloren“, bemerkte Dorian weinerlich.
„Sie ist noch da, wir kriegen sie wieder, Bruder“, versprach er und küsste ihn auf die Stirn, bevor er wieder aufstand.
„Du hättest ihren Blick sehen sollen, sie hat durch mich hindurch geguckt. Sie kommt nicht mehr wieder und es ist alles meine Schuld“, gab er sich die Schuld.
„Warum solltest du Schuld haben, Dor?“
„Ich hab Laurent geküsst, er wollte es erst nicht, aber ich hab ihn überzeugt. Wir arbeiten in der falschen Bar für solche öffentlichen Liebkosungen“, entschied er.
„Sag das nie wieder, Süßer, ich wollte das genauso, wie geht’s dir?“, stieß Laurent zu ihnen.
„Meine Hüfte schmerzt höllisch, die haben ziemlich ihre Wut an mir ausgelassen. Haben sie sie verhaftet?“, wollte er von seinem Freund wissen.
„Sie sind geflohen, sie konnten sie bis jetzt nicht finden, tut mir leid. Ich hoffe, der eine Kerl zeigt mich nicht an, ich hab ihn ja auch ziemlich zugerichtet“, erklärte Laurent.
„Du hast aber auch ziemlich was abbekommen“, fuhr Dorian über Laurents Gesicht, als er sich zu ihm gesetzt hatte.
„Nicht das Veilchen, das war … jemand anderes“, entgegnete er herumdrucksend und zwang sich, Maeron nicht anzugucken.
„Warum hast du ihn geschlagen, Mae?“, fragte Dorian seinen besten Freund schroff.
„Wie hast du?“, fragte Laurent verwirrt.
„So eindeutig wie du nicht zu ihm gesehen hast und ich kenn ihn fast mein ganzes Leben, seine Gesichtsausdrücke sind ziemlich eindeutig. Also, was ist eure Erklärung?“
„Er hätte den Kerl totgeprügelt, wenn ich ihn nicht von ihm runtergezogen hätte, im Eifer des Gefechts hat er mich und ich ihn dann geschlagen“, erklärte Maeron.
„Wir haben das geklärt, ich bin nicht sauer“, versicherte Laurent.
„Gut, hast du dich untersuchen lassen?“
„Ja, grade eben, ist nur ne Prellung, keine Sorge. Aber du, was ist mit dir?“, fragte Laurent fürsorglich.
„Du musst mich wohl ne Weile in meine Wohnung hochtragen, ich wollte schon immer mal auf Armen getragen werden. Ich muss nicht operiert werden, aber ich hab so ne Robocop-Schiene an der Hüfte“, zeigte er seine Hüfte, die unter einer Decke versteckt war.
„Wie lang musst du die tragen?“
„Eine ganze Weile. Hast du das mit Penny gehört?“
„Nein, was ist mit ihr?“, wollte Laurent wissen und leicht weinend erzählte Dorian es seinem Freund.
„Verdammt, was machen wir jetzt?“, plante Laurent.
„Wir können nichts machen, sie ist jetzt in der Röhre, sie wollten sehen, was diese Amnesie auslöst, wir können nur hoffen. Wie ich aber ihre Mutter kenne, wird sie sicher schon auf dem Weg hierher sein“, erklärte Dorian.
„Wir können sie nicht einfach gehen lassen, sie wollte hier bleiben“, entschied Maeron.
„Ich weiß, aber wenn sie uns nicht kennt, ist es besser für sie, wenn sie in einer gewohnten Umgebung ist“, entschied Maeron traurig.
„Ich werde sie nicht gehen lassen“, murmelte Dorian durcheinander.
„Bitte, Dorian, du liebst sie doch, lass sie gehen“, begann Maeron jetzt auch zu weinen.
„Und wenn sie nicht mehr zurückkommt?“
„Dann werden wir das so akzeptieren müssen“, sagte Maeron trocken.
„Du bist verliebt in sie, oder?“
„Ja, sehr!“
„Warum kämpfst du dann nicht für sie!“
„Weil ich das nicht kann, verdammt“, schniefte Maeron und stürmte aus dem Raum.
„Er ist noch nicht stabil genug für diesen Mist grade. Ich geh ihm nach, komm gleich wieder“, küsste Laurent, Dorian kurz und eilte Maeron hinterher.
Er fand ihn in ein Telefonbuch vertieft.
„Was machst du?“, fragte er vorsichtig.
„Ich such eine Nummer raus, nach was sieht es denn sonst aus?“, murmelte er beschäftigt.
„Da gibt’s heutzutage ne App für, Süßer!“
„Du hast mein Smartphone zerstört, jetzt muss ich das auf die altmodische Weise machen“, erklärte er weinerlich.
„Soll ich dir die Nummer raussuchen?“, bat er seine Hilfe an.
„Kann ich das selbst machen?“, sah er ihn an.
„Sicher, du kannst auch telefonieren, wenn du willst. Ich glaub nur nicht, dass du das hier machen kannst“, reichte er ihm sein Handy.
„Dann geh ich raus, danke“, entschied er und trottete davon.
„Wen ruft er an?“, fragte Bill, der zu ihm stieß.
„Keine Ahnung, hast du schon was gehört?“, fragte Laurent.
„Sie ist noch drin, aber die erzählen mir ja nichts, bin ja kein Verwandter. Hat jemand ihre Eltern angerufen?“, fragte Bill
„Hast du die Nummer?“
„Nein, hab ich nicht, ich such sie raus. Wollen wir das wirklich machen?“, versicherte sich Laurent.
„Keine Ahnung, aber sie braucht im Moment jemanden den sie erkennt in ihrem Leben, wenn wir ihr ihren Verlobten schon nicht bringen können“, erklärte Bill.
„Was hat denn dieser mörderische Spacko damit zu tun?“, fragte Laurent.
„Sie hat nach ihm gefragt, in ihrem Hirn ist sie auf dem Stand, dass die beiden noch verlobt sind!“
„Man, wir dürfen ihr nicht sagen, dass er im Knast sitzt“, schlussfolgerte Laurent.
„Zu spät, dein kleiner Lover hat sich verplappert. Dementsprechend ist sie sehr durcheinander“, konterte er.
„Ja, glaub ich, es ist falsch, dass keiner von uns grade bei ihr ist“, schlussfolgerte Maeron, der plötzlich hinter ihnen stand.
„Wen hast du angerufen?“, fragte Laurent.
„Geht dich nichts an“, murmelte er.
„Hast du ihre Familie angerufen?“
„Nein!“
„Wen dann?“
„Meinen Sponsor, man, kannst du nerven“, grummelte er.
„Sorry, das muss so kurz nach deiner Entlassung der Horror für dich sein. Wir sollten zu ihr gehen und sie fragen, ob wir ihre Familie anrufen sollen“, entschuldigte sich Laurent.
„Ja, das sollten wir machen. Ich bin der einzige, den sie nach ihrem kleinen Unfall noch nicht gesehen hat, ich hab noch etwas die romantische Vorstellung, dass sie mich noch erkennt. Kann ich allein reingehen?“, hoffte er.
„Sicher, aber versprich dir nicht zu viel davon, Dorian hat sie auch nicht erkannt und mit dem hat sie in den letzten Wochen die meiste Zeit verbracht“, bereitete er ihn vor.
„Schon gut, mach ich nicht. Wisst ihr, wo sie untersucht wird?“
„Nein, aber ich weiß, wo ihr Zimmer ist, ich bring dich dahin“, entschied Bill und Laurent blieb auf dem Krankenhausflur stehen, während die anderen Männer zum Krankenzimmer gingen.
 
Kurz nach den Jungs kam auch Penny zurück ins Zimmer.
„Hey“, begrüßte Bill sie ruhig.
„Will, richtig?“, fragte Penny vorsichtig.
„Fast, Bill. Das hier ist Mae“, stelle Bill ihr, Maeron vor.
„Ist Mae nicht nen Frauenname?“, fragte Penny.
„Ist ne Abkürzung für Maeron“, sagte Maeron nur.
„Ah, dich sollte ich auch kennen, oder?“
„Ja, sieht so aus. Wie geht’s dir?“
„Anscheinend hab ich ne Prellung im Gehirn, sie können erst was sagen, wenn das verschwunden ist. Ich fühl mich etwas verloren, ich kenn hier niemanden und anscheinend ist der Kerl, den ich heiraten wollte ein verurteilter Mörder“, gestand sie.
„Ich kenn deine Mutter, soll ich sie anrufen?“
„Ich hab eine ganze Weile nicht mehr mit meinen Eltern gesprochen“, bemerkte sie.
„Du hast vor kurzem wieder zu ihnen gefunden, ich hab ihre Nummer nicht, ich kann sie für dich anrufen“, schlug Maeron vor.
„Das wäre lieb, danke, ihr wirkt wie wirklich nette Leute, aber ich brauch jetzt meine Mutter“, bedankte sie sich.
„Sicher, versteh ich doch, ich mach das für dich“, erwiderte er und nahm ihr Handy.
„Dr. Di Stefano, hey, es ist was passiert“, rief er ihre Mutter an.

Siebzehntes Kapitel

 
Es zerriss jedem einzelnen der Jungs das Herz, Penny zwei Tage später wieder aus ihrem Leben verschwinden zu sehen. Nachdem Maeron erfolgreich das Vorstellungsgespräch bewältigt hatte, suchte er sich eine kleine Wohnung zusammen mit seiner Tochter und nahm Dorian bei sich auf, weil er diese Wohnung auch im Rollstuhl betreten und verlassen konnte. Laurent wurde wegen seinem Angriff auf den Schläger von der Polizei befragt, aber die Anzeige wurde von dem Schläger zurückgezogen, weil er nicht als homophober Gewalttäter gesehen werden wollte. Auch Dorian zeigte den Schläger nicht an, als er ihm die Behandlungskosten für seine Hüftverletzung bezahlte.
„Kannst du mich heute nach der Arbeit zur Reha fahren?“, fragte Dorian, Maeron, als sie zwei Wochen später zusammen am Frühstückstisch saßen.
„Bleibt mir wohl keine andere Wahl, Kumpel“, bemerkte Maeron, ohne von der Zeitung aufzusehen.
„Die Reha läuft gut, vielleicht kann ich nächste Woche wieder selbst fahren“, erklärte er ihm, aber Maeron hörte gar nicht richtig zu.
„Und dann werden Aliens mich zurück in ihr Mutterschiff beamen“, bemerkte Dorian.
„Das ist gut!“
„Wenn du nicht mit mir reden willst, sag es einfach“, bat er gereizt.
„Tut mir leid, ich such grad nach nem Wagen, wird mal Zeit“, legte er die Zeitung zur Seite.
„Du kannst immer mit meinem Wagen fahren“, versicherte Dorian.
„Ich weiß, aber ich hab ne kleine Tochter, ich muss mobil sein, jetzt wo ich nen Job habe, krieg ich vielleicht sogar einen Kredit“, erklärte er.
„Jetzt lass dir erst Mal Zeit, bevor du solche großen Entscheidungen triffst“, riet er ihm.
„Ja, du hast Recht. Hast du von ihr gehört?“, sprach er das erste Mal seit Wochen von Penny.
„Nein, tut mir leid, ich vermisse sie sehr“, gestand Dorian.
„Ja, ich auch, ich hab so gehofft, sie würde sich wieder erinnern, wenn nicht für mich, dann zumindest für meine Kleine, sie fragt ständig nach ihr, wir hätten sie nie so nah in ihr Leben lassen sollen“, schlussfolgerte er.
„Wir haben ja nicht gewusst, was passieren würde. Mich fragt sie auch immer. Mit Laurent ist das übrigens ziemlich verfahren, da er jetzt zwei Leute weniger hat und uns irgendwie nicht ersetzen will arbeitet er Doppelschichten und ich kann nicht zu ihm fahren“, entgegnete er.
„Das tut mir leid, meine Freundin hat nen Gedächtnisverlust und hält meinen Namen für nen Frauennamen“, konterte Maeron trocken.
„Ja, ich weiß, ich jammere auf hohem Niveau!“
„Deine Probleme sind nicht weniger wichtig als meine. Du hast sie sehr liebgewonnen, für dich ist es auch fast, als hättest du eine Beziehung beendet. Ich hör dich nachts weinen“, gestand er.
„Tut mir leid!“
„Entschuldige dich nicht dafür, das tu ich doch auch. Mein Sponsor wird von mir schon fast gestalkt, weil ich nicht ohne ihn klarkomme“, erklärte Maeron verständnisvoll.
„Du kannst auch mit mir darüber reden!“
„Ich will dich damit nicht belasten!“
„Du bist mein bester Freund, du belastest mich niemals“, versprach Dorian ihm.
„Du bist grad an den Rollstuhl gefesselt“, schlussfolgerte Maeron.
„Ja, aber nicht für ewig, weißt du noch den Sommer auf der Highschool, als ich mir drei Knochen meines Beines gebrochen habe? Das war viel heftiger als das“, konterte er trocken.
„Ja, da hast du Recht, ich hab noch nie so ein verdrehtes Bein gesehen. Aber das hatte damals keinen schwulenfeindlichen Hintergrund“, bemerkte Maeron nachdenklich.
„Das waren nur Wichser, hat mich nicht traumatisiert, keine Sorge“, schien Dorian gefestigt zu sein.
„Bist du sicher?“, war Maeron überrascht.
„Ja, ich bin sicher. Ich bin jetzt für dich da“, entschied Dorian.
„Ich bin genauso auch für dich da“, versicherte Maeron.
„Das ist lieb, danke, aber mir geht’s gut“, bedankte sich Dorian und in dem Moment kam Maddie aus ihrem Zimmer gestürmt.
„Daddy, mein Bändel ist gerissen“, reichte Maddie ihm einen Schuh mit gerissenem Schuhbändel.
„Supergirl, du bist aber stark, dann ziehen wir deine Sandalen an, mein Schatz“, ging er mit ihr auf dem Arm in ihr Zimmer.
„Die passen aber nicht zu meinem Kleid“, sagte die Kleine plötzlich altklug.
„Was meinst du damit?“, fragte er verwundert.
„Tante Penny hat das gesagt“, erklärte sie und sah ihn mit Teddybär-Augen an.
„Du vermisst sie sehr, oder?“, fragte Maeron, der sich das erste Mal richtig mit dem Thema auseinander setzte.
„Warum ist sie nicht mehr da?“, fragte Maddie plötzlich. Maeron versuchte nicht zu weinen.
„Süße, Tante Penny ist krank. Sie ist bei ihren Eltern um gesund zu werden“, redete er mit ihr wie mit einer Erwachsene.
„Können wir sie besuchen gehen?“, fragte Maddie mit piepsiger Stimme und Maeron schluchzte, ohne, dass er antworten konnte. Liebevoll umarmte seine Tochter ihn.
 
Zur gleichen Zeit lief die Therapeutin Penny durch den schönen Garten des Spring Grove Hospitals. Nachdem sie fast eine Woche nicht geschlafen hatte, hatte sie sich selbst dort eingewiesen. Ihre Erinnerungen holten sie jede Nacht ein, was sie nur schwer verarbeiten konnte.
„Penny, da sind Sie ja, es ist Zeit für Ihre Therapiestunde“, eilte eine Frau im gleichen Alter wie sie hinter ihr her.
„Dr. Beauchamp, hey, hab ich vergessen, tut mir leid, war wieder ne schlaflose Nacht“, schien Penny sehr verwirrt.
„Oh man, ich dachte, das haben wir im Griff, kommen Sie mit, bitte“, war Dr. Beauchamp besorgt um ihre Patientin und ging mit ihr rein.
 
„So, Penny, erzählen Sie mir, was letzte Nacht war“, begann die Ärztin ihre Therapiesitzung.
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich jetzt auf dieser Seite sitze“, begann Penny.
„Ja, sehen Sie es so, so lernen Sie auch was dazu, ich war in Harvard, also hab ich von den Besten gelernt“, entschied die Therapeutin.
„Wenn ich dann auch so ein Ego kriege, verzichte ich“, murmelte sie.
„Ich schieb das jetzt mal auf Ihren Schlafmangel. Also, schießen Sie los“, bemerkte Dr. Beauchamp trocken.
„Es sind heute Nacht weniger Bilder gewesen als Gefühle. Angst, Trauer, sexuelle Erregung, Liebe und das alles auf einmal“, erklärte sie.
„Die letzten Wochen kommen zurück, das ist gut“, erwiderte sie.
„Das sagen Sie, aber auf mich strömt das alles auf einmal ein“, konterte Penny.
„Dann helf ich Ihnen, das zu filtern. Haben Sie die Bilder noch auf Ihrem Handy?“, fragte die Ärztin und zögerlich gab Penny ihr das Handy weiter.
„Legen Sie sich bequem aufs Sofa“, bat sie.
„Okay, ich weiß zwar nicht, was das soll, aber ich bin eh zu müde um zu sitzen“, legte sie sich zurück.
„Entspannen Sie sich. Ich zeige Ihnen verschiedene Bilder und Sie sagen mir spontan was Sie für die Person fühlen“, erklärte sie und sie nickte.
 
Das erste Bild war von Bill.
„Ich weiß nicht genau!“
„Einfach spontan, aus dem Bauch heraus!“
„Sicher, ich fühl mich sicher!“
„Gut, das ist gut, jetzt kommt das Nächste“, machte sie weiter.
Das zweite Bild war von Dorian.
„Spontan, okay, viele Gefühle, Liebe, etwas sexuelle Erregung, ein wohliges Gefühl, wieder ein sicheres Gefühl, diese Person bedeutet mir sehr viel, was verrückt ist, denn ich kenn ihn gar nicht“, entgegnete sie.
„Das ist gut, damit können wir arbeiten, können wir weiter machen?“, fragte die Ärztin liebevoll.
„Okay, zwei Sekunden“, bat sie und atmete tief durch.
„Weiter?“
„Weiter“, entschied sie und bekam ein anderes Bild zu sehen.
Es war Maddie. Ohne etwas zu sagen, begann Penny plötzlich zu weinen.
„Das ist eine ziemlich heftige Reaktion, benennen Sie Ihre Gefühle, soweit es geht“, bat sie.
„Liebe, grenzenlose Liebe, als wäre sie mein eigenes Kind“, schluchzte sie.
„Okay, das ist interessant!“
„Was heißt das, Doc? Sie ist nicht meine Tochter“, entschied Penny und versuchte sich zusammenzureißen.
„Sie waren mit dem Vater des Kindes zusammen, richtig?“
„Das wurde mir gesagt“, sagte sie nur.
„Dies ist dieser Mann hier?“, streckte sie ihr das letzte Bild entgegen.
„Ich liebe diesen Mann, ich hab ihn nur einmal gesehen, aber ich liebe ihn, das ist so verwirrend“, gestand sie.
„Das glaub ich Ihnen, Sie müssen sich darauf fokussieren, um gesund zu werden“, entschied die Medizinerin.
„Wenn ich nur schlafen könnte“, bemerkte Penny erschöpft.
„Wie ist ihre Dosis momentan?“
„Eine Tablette pro Abend!“
„Ich rede mit Dr. Drescott, das wir das auf zwei erhöhen für die nächste Woche. Sie müssen wirklich schlafen, dass ihr Hirn zur Ruhe kommt“, bemerkte sie.
„Danke, Doc!“
„Kann mir auch nur helfen, Sie zu behandeln. Wollen Sie noch über etwas anderes reden?“, fragte Dr. Beauchamp freundlich.
„Momentan möchte ich nur schlafen“, murmelte sie schläfrig. Kurz danach war sie eingeschlafen.
 
Sitar-Klänge aus dem Smartphone ihrer Bettnachbarin weckten sie. Erschöpft drehte sie ihren Kopf zur Seite.
„Hey, tut mir leid, das war wohl zu laut“, entschuldigte sich ihre Bettnachbarin Caroline, die wegen einem Burn-Out-Syndrom in der Klinik war.
„Wie lange?“, fragte Penny und bezog sich damit auf die Zeit, die sie geschlafen hatte.
„Die haben dich vor ner halben Stunde hierreingebracht, weiß nicht so genau“, erklärte Caroline.
„Halbe Stunde klingt nicht schlecht in meinen Ohren. Ich bin während der Psycho-Sitzung eingeratzt, wie peinlich“, murmelte Penny.
„Du schläfst seit Wochen nicht, ich glaub, der Doc hat das verstanden. Hast du was Schönes geträumt?“
„Ich wünschte, es wäre nur etwas gewesen. In den letzten Sekunden kam etwas Bollywood dazu“, schmunzelte Penny.
„Tut mir leid, das Zeug beruhigt mich als einziges. Ich kann dir das auch auf dein Handy raufladen, wenn du willst“, schlug Caroline vor.
„Ist nicht so meins, trotzdem danke. Ich sollte zur Frau Doktor gehen und mich entschuldigen“, überlegte Penny.
„Du solltest mehr schlafen, das solltest du jetzt tun. Ich geh in den Aufenthaltsraum, dass du Ruhe hast“, entschied Caroline.
„Danke, Süße“, bedankte sie sich und schlief wieder ein.
 
Als Maeron an diesem Abend mit seiner Tochter nach Hause kam, lehnte sich Dorian grad nach ein paar erfolglosen Versuchen, an die Tassen im Küchenschrank zu kommen, im Rollstuhl zurück.
„Komm, ich helf dir“, sagte Maeron hilfsbereit.
„Man, warum geht das mit der Heilung nur so langsam voran“, murrte Dorian müde.
„Das wird schon, Kumpel, willst du nen Kaffee?“, fragte Maeron.
„Das Ding unter die Padmaschine zu stellen schaff ich grad noch so“, entriss Dorian ihm die Tasse.
„Maus, gehst du kurz mal in dein Zimmer spielen? Ich komm gleich zu dir“, setzte Maeron seine Tochter ab und die tapste in ihr Zimmer.
„Was ist los, Dor?“
„Meine Hüfte ist doch mehr beschädigt, als sie vorher dachten, ich werde nie wieder richtig laufen können“, gestand er.
„Du wirst im Rollstuhl bleiben?“, fragte Maeron geschockt.
„Nein, aber ich werde vermutlich humpeln für den Rest meines Lebens“, erklärte er.
„Oh man!“
„Meine Mutter hatte Recht. Wenn ich mein Leben so weiterlebe, werde ich jeden Tag bestraft“, entschied Dorian betrübt.
„Viele Leute humpeln, das ist nicht so schlimm“, versprach Maeron.
„Ich bin ein schwuler Mann, wir sind alle auf das Äußere bedacht, keiner will mich mehr haben“, war Dorian in einer dunklen Stimmung.
„Was ist mit Laurent? Ihn stört das doch sicher nicht!“
„Ich hab mit ihm Schluss gemacht“, konterte Maeron und brühte einen Kaffee.
„Tut mir Leid für dich!“
„Ich wollte es so, schon gut!“
„Du hast ihn doch nicht verlassen weil du grade einen Rückschlag hast, oder?“, fragte Maeron kritisch.
„Ich will nicht darüber reden“, entschied Dorian.
„Gut, dann nicht“, bemerkte Maeron und schnappte ihm den Kaffee unter der Maschine weg.
„Hey, das ist meiner“, wurde Dorian wütend und Maeron ging einen Schritt zurück und hielt die Tasse über seinen Kopf.
„Dann hol ihn dir“, reizte Maeron ihn und zwang Dorian dazu, aufzustehen.
„Siehst du, du stehst, ruf ihn an“, bemerkte Maeron und gab ihm die Tasse in die Hand.
„Hat dir schon jemand gesagt, dass du nervst?“
„Ja, du, die Therapeutin hat sicher gesagt, dass du zu Hause üben sollst, also üb“, konterte Maeron und rollte den Rollstuhl weg.
„Dann musst du mich aber stützen“, bat Dorian ruhiger.
„Mach ich, komm“, erwiderte Maeron und führte ihn bis zum Sofa.
„Hey, das war schon gut, siehst du, das wird“, lobte Maeron seinen besten Freund.
„Das tut nur so höllisch weh“, bemerkte Dorian.
„Ich weiß, aber wenn du das nicht machst, kommst du nie aus dem Rollstuhl raus. Ruf ihn an“, wiederholte Maeron seine Bitte und gab ihm das Telefon in die Hand.
„Ich kriech nicht zur kreuze!“
„Hab ich nicht gesagt, aber ich merke, wie ihr beiden euch mögt, du solltest ihn nicht so schnell aufgeben“, schlug Maeron vor.
„Du nervst echt!“
„Bitte“, bat Maeron und machte traurige Augen.
„Na gut, aber ich kann nichts versprechen“, entgegnete Dorian und nahm das Telefon.
 
Zwei Monate später
 
Sie sah sich im Spiegel an. Sie trug ihre Haare jetzt wieder länger und hatte leichte rote Strähnen. Sie band ihre Haare zusammen und griff nach dem Schminkstift. Gedankenversunken sah sie sich selbst an. Es waren nur ein paar Wochen, die aus ihrer Erinnerung fehlten, aber irgendwie fehlte ein Teil von ihrer Seele. Sie hatte immer noch den inneren Schmerz, einen geliebten Menschen verloren zu haben, was so irritierend war, da sie ihn nicht wirklich kannte.
„Bist du soweit?“, fragte Caroline von der Küche aus. Sie war nach ihrem Klinikaufenthalt einen Monat zuvor mit ihrer Mitbewohnerin aus der Klinik zusammengezogen, weil sie sich auf Anhieb verstanden hatten.
„Ja, sorry, war in Gedanken. Wie langen haben wir noch bis zur Schicht?“
„Eine Stunde, aber ich will nicht hetzen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du als Kellnerin arbeitest, obwohl du einen Doktortitel hast“, bemerkte Caroline und Penny nahm ihre Handtasche.
„Ich weiß, ich auch nicht, aber wir brauchen unsere beiden Gehälter für die Miete und ich muss noch ne ganze Weile sparen, bis ich meine eigene Praxis aufmachen kann. Vor allem fühl ich mich noch nicht so fit, um Leute zu therapieren. Mir fehlen immer noch fast zwei Monate von meinem Leben, da sind diese drei Männer und ein kleines Mädchen, die mich anscheinend alle lieben, man das klingt wie ein mieser Filmtitel, von denen ich aber keine Ahnung habe. Ich würde gern zu ihnen fahren und mit ihnen reden, aber ich bin so froh, dass ich endlich meine Erinnerungen unter Kontrolle habe, ich weiß nicht, wie sich das ändert, wenn ich sie sehen würde“, schlussfolgerte sie.
„Versteh ich, ich würde meine Ex-Kollegen gerne sehen, aber ich kann nicht mehr in die Nähe meines ehemaligen Chefs ohne Panikattacken zu haben“, entschied Caroline.
„Dann sind wir im Diner ja beiden perfekt aufgehoben“, schmunzelte Penny und ging hinter ihr her zu Carolines Wagen.
 
Als Penny an diesem Abend am Tresen nach Feierabend Ketschup-Flaschen zusammenschüttete, klingelte die Glocke an der Tür.
„Wir haben geschlossen“, rief Penny nach draußen, ohne aufzusehen.
„Das ist mein Freund, ich hab ihm versprochen, dass er hier noch schnell essen kann“, bemerkte Caroline, die an ihr vorbeiging.
„Max ist schon weg, was willst du ihm anbieten, Zuckertüten und Ketschup?“, fragte Penny abgelenkt.
„Ich hab was aufgehoben, keine Sorge, ich hab das Geld dafür schon in die Kasse getan. Du kannst schon gehen, wenn du willst, ich mach das hier fertig“, entschied Caroline.
„Keine Chance, du hast deinen Freund vor mir versteckt gehalten, obwohl wir in einem Bett schlafen, jetzt will ich ihn kennenlernen“, schmunzelte Penny und Caroline schloss für ihren Freund die Tür des Diners auf.
„Hey, Babe“, hörte sie die Stimme eines jungen Mannes, als Caroline ihn rein ließ. Penny sah auf.
„Hier arbeitest du also, nett, hat so was Altmodisches. Ich dachte, wir wären allein“, kam der junge Mann zu Penny.
„Wir kennen uns“, entgegnete Penny.
„Ja, das tun wir. Dich hat es ja nicht weit weg verschlagen, Pence“, begrüßte Bill seine alte Kollegin.
„Ich dachte, New York City wäre ein guter Platz für einen Neuanfang. Bill, richtig?“
„Ja, diesmal war’s richtig“, schmunzelte Bill froh sie zu sehen.
„Wir haben zusammengearbeitet“, versuchte sich Penny zu erinnern, was ihr Kopfschmerzen bereitete.
„Ja, du erinnerst dich wieder?“
„Bruchstückhaft, ich hatte jetzt Wochen wirre Träume, du kamst auch drin vor, wir waren Freunde, oder?“
„Ja, wir waren grad dabei, richtig gute Freunde zu werden. Du siehst gut aus, heftige Narbe hast du zurückbehalten“, berührte er sanft ihre Stirn, über die sich seitlich eine Narbe zog.
„Ja, hatte sich ziemlich entzündet, ist jetzt aber wieder besser. Deine Freundin starrt uns an“, drehte sich Penny zu Caroline, die die beiden verwirrt ansah.
„Tut mir Leid, Süße, wir kennen uns aus Jersey. Wir haben in einer Bar zusammengearbeitet. Das ist so verrückt, dass er mit meiner Mitbewohnerin zusammen ist. Wohnst du jetzt auch in der Stadt?“, fragte Penny, Bill.
„Ja, ich bleib nie lange an einem Platz, ich hab auch hier ein neues Leben gesucht und hab mich verliebt“, erklärte er und nahm Caroline in einen Arm.
„Das ist schön, freut mich für dich. Wie geht es den anderen?“, wollte Penny wissen.
„Gut, denk ich, hab seit längerem mit keinen von denen gesprochen. Du erinnerst dich also an sie?“, wollte er wissen.
„Etwas, wie an einen Traum, nicht genug, um wieder in ihrem Leben aufzutauchen, die beiden versuchen ihr Leben in den Griff zu bekommen, da bin ich nur fehl am Platz“, konterte sie.
„Soweit ich weiß, vermissen sie dich, wollen dich aber nicht bedrängen. Du scheinst hier glücklich zu sein“, schlussfolgerte er.
„Ich bin erst neu in der Stadt, ich war ne ganze Weile in einer Klinik, weil ich nicht schlafen konnte“, erzählte sie ihm.
„Hab Gerüchte gehört, bin froh, dass es dir anscheinend besser geht. Sorry, Schätzchen, das hat mich nur überrascht, sie zu sehen. So, ich muss was essen vor meiner Schicht“, riss sich Bill von Pennys Gesicht los.
„Ja, ich bring’s dir an den Tisch, setz dich hin, Süßer“, löste sich Caroline von ihrem Freund und wärmte ihm das Essen auf.
„Bist du hier auch Barkeeper?“, führte Penny etwas unsicher mit ihm Smalltalk.
„Ja, aber ich arbeite auch auf ner Baustelle in Harlem, ich mach so einiges. Ich hab die Nummer der Jungs gespeichert, falls du sie haben möchtest“, schlug er vor.
„Ja, bitte“, bat sie vorsichtig und er schrieb ihr die Nummern auf.
„Sie haben lange Zeit gebraucht, um dich zu überwinden, wenn du wieder in ihr Leben treten willst, dann denk gut darüber nach“, bat er ermahnend.
„Ja, werde ich, danke. Ich hab die Geräte noch nicht gereinigt, soll ich dir noch einen Milchshake machen?“, schlug sie vor.
„Ein Bananen-Milchshake wäre jetzt klasse“, bedankte er sich.
„Mach ich dir, mach’s dir gemütlich“, versprach sie und er setzte sich hin.
Als Caroline eine Stunde nach ihrer Kollegin in die WG-Wohnung zurückkam, fand sie nur einen Zettel vor.
 
Tut mir Leid, Süße, ich muss wissen, wo ich stehe, ich melde mich, wenn ich es weiß!
                                                                 

                                                      Penny
 
Ohne eine Miene zu verziehen, griff sie nach ihrem Smartphone.
„Du hattest Recht, sie hat nicht mal auf mich gewartet, bevor sie zu ihm gefahren ist. Ich hoff mal, du hattest mit deiner Einschätzung Recht“, rief sie Bill an und aus ihrem Gesicht entsprang ein Lächeln.

Achtzehntes Kapitel

 
Penny zog ihren Motorradhelm ab. Sie parkte mit ihrem Motorrad an der Parallelstraße zu seinem Elternhaus. Es lagen keine Spielsachen mehr auf der Veranda, er wohnte mit Maddie anscheinend nicht mehr dort. Trotzdem würde Brenda ihr sicher seine neue Adresse geben, hoffte sie zumindest. Sie stieg vom Bike ab und öffnete ihre Lederjacke. Sie hatte sich nur schnell nach ihrer Schicht umgezogen um noch vor Mitternacht bei ihnen zu sein und hatte nur ein altes Ramones-T-Shirt und Jeans erwischt. Es brannte noch Licht im Haus, deshalb klingelte sie.
„N’Abend, du solltest mal deine Maschine überprüfen lassen, die hört man meilenweit röhren“, öffnete Brenda ihr überhaupt nicht überrascht die Tür.
„Bill hat dich gewarnt, was?“, fragte sie trocken.
„Das Vögelchen ist also zurück im Kopf, was?“, fragte Brenda keck.
„So in etwa, ist nur noch etwas verschwommen. Wie geht’s ihm?“
„Ich weiß nicht, ob ich dir über ihn was erzählen soll“, war Brenda unsicher.
„Sag mir, ich soll mich von ihm fernhalten und ich tue es“, sagte Penny plötzlich.
„Oh nein, diese Entscheidung treffe ich nicht für euch, hier ist seine Adresse, fahr hin, red mit ihm“, bat sie.
„Es ist fast Mitternacht, ich würde gern morgen früh zu ihm gehen, darf ich hier übernachten?“, fragte Penny plötzlich.
„Sicher, du bist hier ja auch schon fast zu Hause gewesen. Die Kleine schläft sicher schon“, lies sie sie rein.
„Hiram, sie ist da“, rief sie ins Wohnzimmer.
„Wurde auch mal Zeit, Ich dachte schon, sie würde nicht mehr wiederkommen“, kam Hiram cool her getrottet.
„Man, könnt ihr aufhören so süffisant zu grinsen, ich will nur mit ihm reden, ihn nicht gleich heiraten“, entgegnete Penny unsicher, als sie sah, dass seine Eltern wirklich glücklich waren, sie wiederzusehen.
„Sorry, ich freu mich einfach so, er ist einfach glücklich, wenn du bei ihm bist und ich will ihn glücklich sehen“, entschuldigte sich Brenda.
„Ich auch, deswegen bin ich hier, auch wenn ich noch ziemliche Erinnerungslücken habe, fühle ich mich hier geborgen“, erklärte sie.
„Oh, Süße“, umarmte Brenda sie glücklich. Sie fühlte die Liebe, die Brenda für sie hatte. Ihre Eltern waren zwar auch freundliche Eltern gewesen, aber sie waren noch nie so liebevoll zu ihr gewesen. Plötzlich begann Penny zu weinen.
„Hey, Süße, was ist los?“, fragte Brenda verwirrt.
„Nichts, hab mich nur an etwas erinnert“, versuchte sie sich zusammenzureißen.
„Du wirst es hier guthaben, auch wenn du nen Schaden hast“, versprach Hiram liebevoll und lächelte sie an. Weinend umarmte sie ihn auch.
Penny ging wie selbstverständlich zu Maerons altem Zimmer, dort fand sie aber kein Bett vor.
„Er hat es mitgenommen, er musste etwas Sparen, da haben wir es ihm überlassen. Ich bezieh dir das Sofa“, kam Brenda ihr hinterher.
„Warum weiß ich genau, was hinter all diesen Türen steckt, aber nicht, ob ich ihn liebe?“, starrte sie in das fast leere Zimmer.
„Das Gehirn ist immer noch Neuland für die Wissenschaftler, denk nicht drüber nach. Wenn du ihn siehst, wirst du es wissen“, entgegnete Brenda.
„Mein Hirn hat in den letzten Monaten so viel verarbeiten müssen, ich weiß nicht mehr, was ich fühle“, erwiderte sie müde und setzte sich auf einen Stuhl neben der Tür.
„Du warst in Therapie?“
„Jep, war fast sechs Wochen in der Klinik, weil mein Hirn sich geweigert hat, die Klappe zu halten und ich nicht schlafen konnte. Irgendwann wurde es besser und jetzt schaff ich es auf unglaubliche fünf Stunden Schlaf, was für mich wie Weihnachten und Ostern zusammen ist“, erklärte sie trocken.
„Armes Ding, ich hoffe, du kannst auf dem Sofa schlafen. Mein Sohn ist ein ziemlich verständnisvoller Kerl, egal was dein Gehirn ausspuckt, er liebt dich auch und nimmt dich mit allem was du auch als Gepäck dabeihast“, versprach Brenda.
„Hat er das gesagt?“, fragte sie und sah sie an.
„Nein, aber eine Mutter weiß so was. Komm, du musst schlafen, du siehst fertig aus“, zog Brenda sie vom Stuhl hoch.
„Warum bist du so nett zu mir, nach allem was ich ihm angetan habe?“
„Was hast du denn getan?“
„Ich mein einfach nur dass ich weg bin!“
„Du bist weg, weil du nicht wusstest wer wir waren, das hab ich verstanden und er auch. Dorian tut sich etwas schwer damit, aber er wird sicher auch froh sein, dich zu sehen“, erklärte sie.
„Wie ist meine Beziehung zu Dorian?“, wollte Penny wissen.
„Ihr seid enge Freunde geworden, du weißt das nicht mehr?“, fragte Brenda besorgt.
„Es tut mir so leid! Ich dachte, ich kann dir was vormachen, ich hab all diese Gefühle für alle von euch, aber durch dieses Haus laufe ich wie ferngesteuert, ich weiß wo alles ist, weiß aber nicht, wieso ich das weiß“, gestand sie ihr unter Tränen.
„Das ist doch nicht schlimm, meine Süße, wenn du uns magst und wir dich mögen werden wir einfach neue Erinnerungen schaffen“, hatte Brenda vollstes Verständnis.
„Wie soll ich mit ihnen umgehen? Ich mein, beste Freunde haben ihren eigenen Rhythmus, er will doch nichts mit mir zur tun haben, wenn er merkt, dass ich nicht die bin, die ich vorher war“, erklärte sie ihr.
„Dorian ist fast wie mein eigener Sohn, ich kenne ihn seit seinen Grundschultagen, das wird ihm scheißegal sein“, beruhigte sie sie.
„Glaubst du wirklich?“, schniefte sie.
„Ganz sicher. Komm, du siehst total fertig aus und du riechst nach ranzigem Fett. Ich lass dir ein schönes Schaumbad ein und du genießt die Ruhe, willst du noch etwas essen?“, fragte sie Brenda.
„Danke, hab bei der Arbeit gegessen, aber das mit dem Schaumbad klingt wunderbar, so was hab ich lang nicht mehr gehabt“, versuchte sich Penny wieder zu beruhigen.
„Dann richte ich das für dich. Warum riechst du nach ranzigem Fett?“, fragte Brenda, während sie sie zum Badezimmer brachte.
„Ich arbeite in einem Diner bis ich meine Praxis eröffnen kann. Ich wohn jetzt in Brooklyn“, erklärte sie.
„New York City, dann bist du wieder näher zu uns gekommen. Bist du dort glücklich?“, wollte Brenda wissen und ging mit ihm in das etwas altmodische Badezimmer.
„Wäre ich dann hier?“
„Auch wahr. Ich hab nur ein Pfirsich-Schaumbad, wie klingt das?“
„Traumhaft, ich schaff das hier schon alleine, ich bräuchte nur ein Handtuch und meine Tasche“, bedankte sie sich.
„Hol ich dir“, ging Brenda aus dem Badezimmer. Als sie zurückkam, bemerkte sie die Narben auf Pennys Rücken, da Penny schon ihr T-Shirt ausgezogen hatte.
„Du hast schon einiges mit deinem Körper angestellt in deinem Leben, was?“, fragte sie trocken.
„Die Narben auf dem Rücken stammen von meinem ersten Mal auf dem Bike, bin runtergefallen beim Anfahren“, erklärte sie ihr.
„Du wirst mein Enkelkind niemals auf diesem Ding mitnehmen, hast du verstanden?“, bat Brenda ernst.
„Ja, natürlich nicht. Ich bin auch langsam zu alt für das Ding, ich werde mir ein vernünftiges Auto und einen Kindersitz besorgen, keine Sorge“, versprach sie Brenda.
„Gut, dann bin ich ja beruhigt. So, hier sind deine Sachen, genieß es“, erwiderte Brenda und ließ sie allein. Noch in der Badewanne schlief sie ein.
 
Aus der Ferne hörte sie Zitar-Musik. Zumindest dachte sie das.
„Caroline, mach den Mist aus“, murmelte sie schläfrig.
„Morgen“, hörte sie plötzlich Dorians Stimme. Wie eine Katze sprang sie auf dem Sofa auf die Knie.
„So schnell hab ich dich noch nie aufstehen sehen“, begrüßte er sie. Sie starrte ihn nur an.
„Dorian“, entgegnete Dorian und hielt seine Hand vor seine Brust.
„Ich bin nicht total bescheuert, Dor‘, ich weiß, wer du bist“, raunzte sie ihn an, als wäre nichts gewesen. Wortlos zog Dorian sie zu sich und drückte sie an sich.
„Du bist wieder da, Gott sei Dank“, schien er so glücklich.
„Ich war immer da, körperlich. Lässt du mich mal runter? Ich muss mit dir reden“, bat sie ernst.
„Okay“, setzte er sie ab.
„Ich mag dich wirklich gern!“, begann sie.
„Machst du mit mir Schluss?“, fragte er scherzhaft, aber ihre Mimik verriet ihm, dass es nicht spaßig gemeint war.
„Du kannst dich immer noch nicht erinnern, oder?“, realisierte er und sie drückte ihren Kopf gegen seine Brust.
„Das ist nicht schlimm, wichtig ist jetzt nur, dass du wieder da bist“, legte er sanft seine Arme um sie.
 
„Hey, hier hab ich den Bohrer, den du wolltest. Du hast unseren Gast also schon bemerkt“, kam Brenda mit einem Bohrer in der Hand zu ihnen.
„Ja, danke für die Vorwarnung“, erwiderte er sarkastisch.
„Sie ist erst letzte Nacht hier aufgetaucht. Willst du Frühstück, Süße?“, übergab sie ihm den Bohrer.
„Ehrlich gesagt nicht wirklich, trotzdem danke. Wie bin ich eigentlich aufs Sofa gekommen?“, fragte sie, Brenda.
„Keine Ahnung, ich hab dich da zumindest nicht hingetragen. Ich bring dir wenigstens einen Apfel“, entschied Brenda und Penny hörte draußen den Motor ihres Motorrades.
„Hey, da klaut jemand mein Bike“, stürmte sie zur Tür. Kalte Luft strömte ihr entgegen.
„Man, ist kalt geworden“, zog sie ihre Lederjacke übers T-Shirt und ging zu ihrem Bike. Hiram bastelte daran herum.
„Hey, morgen, sorry, hab ich dich geweckt?“, begrüßte Hiram sie.
„Was machst du da?“, fragte sie barsch.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken, ich repariere deine Maschine“, entschuldigte sich Hiram.
„Ihr wollt mich nicht mehr gehen lassen, was?“, fragte sie versöhnlicher und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Willst du wieder weg?“, fragte Hiram etwas enttäuscht. Wortlos sah Penny an sich herunter. Sie war barfuß und trug nur Shorts.
„Nicht wirklich, nein, dachte nur, jemand klaut meine Maschine“, erklärte sie.
„Sorry nochmal, auch wenn ich liebend gern eine Runde drehen wollen würde, kannst du deine Maschine behalten. So, jetzt klingt sie gleich viel besser, wir sollten wieder reingehen, meine bessere Hälfte guckt mich schon böse an, denn meine wilde Zeit ist vorbei“, ging er mit ihr zusammen zurück ins Haus.
„Willst du wenigstens nen Kaffee?“, fragte Brenda, die an Dorian vorbeiging, der am Esstisch saß und Kaffee trank.
„Ja, gerne, danke“, setzte sie sich neben Dorian.
„Auch wenn ich froh bin dich zu sehen, Penny, was machst du hier?“, fragte Dorian kritisch.
„Ich möchte einfach hier sein“, sagte sie nur.
„Wenn du noch einmal aus seinem Leben verschwindest wird ihn das umbringen“, konterte Dorian trocken.
„Ich werde dich nicht anlügen, ich weiß nicht, was ich hier will“, gestand sie.
„Dann solltest du nicht hier sein, er hat sein Leben endlich wieder im Griff, das soll auch so bleiben“, bat er.
„Du hast Recht“, stand sie ruckartig auf und zog ihre Hose an.
„Du bleibst schön hier, Missy“, raunzte Brenda plötzlich.
„Langsam macht ihr Leutchen mir ein bisschen Angst“, fühlte sie sich unwohl.
„Lasst sie gehen, ich will die alte Penny zurück, nicht diese leere Hülle“, bemerkte Dorian mit eiskaltem Blick.
Schweigend ging Penny zu ihm hin und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
„Sag das nie wieder“, raunzte sie mit funkelnden Augen.
„Geht doch, Süße“, bemerkte er und grinste, während er seine schmerzende Wange rieb.
„Du bist ein Arsch, Dor“, murrte sie.
„Du bist da noch drin, zwar schwer verborgen, aber jetzt seh ich dich“, freute sich Dorian.
„Ich liebe dich, du Idiot, ich kann mich zwar kaum an dich erinnern, aber hier innendrin fühl ich es“, gestand sie und zog seinen Kopf an seinem Nacken an ihren Kopf, so dass sich ihre Stirne berührten.
„Ich hab dich vermisst, Süße“, begann er zu weinen.
„Ich wünschte, ich könnte das auch sagen“, schluchzte sie auch.
„Das du jetzt da bist, reicht mir für den Anfang, aber ich lass dich nicht zurück in sein Leben, wenn du nicht ganz sicher bist, dass du jetzt bleibst“, riss sich Dorian zusammen.
„Ich will nicht mehr weg“, entschied sie.
„Siehst du, du weißt genau, was du willst“, bemerkte er und lehnte sich zurück.
„Sieht so aus“, realisierte sie plötzlich.
 
„Wie geht es ihm grade?“, fragte Penny, als sie in Dorians Auto vor Maerons Wohnhaus saßen.
„Gut soweit, ich bin letzte Woche ausgezogen, seitdem hab ich ihn nur telefonisch gesprochen“, erklärte er ihr.
„Du hast bei ihm gewohnt?“
„Ja, während meiner Reha. Er hat mir sehr gut da durchgeholfen, schon wieder, aber ohne seinen Arschtritt würde ich immer noch im Rollstuhl sitzen. Du weißt nicht was mir passiert ist, oder?“, führte er Smalltalk und sie schüttelte den Kopf.
„Ja, natürlich, also es war so …“, begann er zu erzählen.
„Du hast die Anzeige zurückgezogen? Wieso das denn?“
„Wegen meinem Freund. Er liebt mich zwar, aber er kann keine weiteren Gerüchte im Zusammenhang mit seiner Bar gebrauchen. Ich wurde finanziell entschädigt und der Angreifer ist für meine Behandlungskosten aufgekommen, mehr brauch ich nicht“, erklärte er.
„Bis der Angreifer den nächsten vermöbelt“, erwiderte sie trocken.
„Ich hab mir nie darüber Gedanken gemacht!“
„Das solltest du aber. Okay, ich hab mich genug davor gedrückt, lass uns zu ihm gehen“, bat sie und stieg aus.
„Ich hoffe, er ist da, er hat mir gesagt, dass er diese Woche frei hat, aber vielleicht ist er ja unterwegs“, erklärte Dorian, während sie zu der Wohnung gingen.
„Ja, schon gut, dann kommen wir später nochmal. Man, du bist ja nervöser als ich“, schlussfolgerte sie und ergriff seine Hand.
„Ja, liegt vermutlich an dem vielen Kaffee“, entschied er.
„Ihr seid alle so seltsam, wenn es um ihn geht, was ist da los? Trinkt er wieder, oder was?“, wurde sie neugierig.
„Nein, er ist trocken und wir sind alle stolz auf ihn!“
„Was ist es dann?“
„Nichts, er hat viel mitgemacht in den letzten zwei Jahren, wir sind nur vorsichtig, was wir an ihn ranlassen!“
„Ja, ich weiß, ich verspreche dir, ich werde bleiben“, versprach sie.
„Wenn du ihm weh tust, tu ich dir weh“, sagte Dorian nur.
„Ja, hab die Nachricht bekommen“, murmelte sie und Dorian klopfte an der Tür.
„Hey, Kumpel, waren wir verabredet?“, fragte Maeron, als er seinen Kumpel durch den Türspion sah und öffnete die Tür.
„Ich hab dir jemanden mitgebracht“, begrüßte Dorian ihn und Maeron sah Penny an. Für eine halbe Minute sagte er gar nichts, doch dann zog er sie glücklich an sich.
„Okay, das hab ich jetzt nicht erwartet“, war sie verblüfft.
„Du hast dir verdammt viel Zeit gelassen“, erwiderte er schluchzend und küsste sie frenetisch. Plötzlich kam ihr die Erinnerung ihres ersten Kusses in den Sinn. Sie trat einen Schritt zurück und hielt ihren Kopf.
„Was ist?“, fragte Maeron verwundert.
„Erinnerst du dich noch an unseren ersten Kuss?“, fragte sie benommen.
„Ja, ist ja erst ein paar Monate her, du erinnerst dich wieder?“
„Ja, das ist die erste klare Erinnerung die ich seit Wochen hatte. Dankeschön“, legte sie ihre Hände auf seine Brust.
„Ich lass euch dann mal allein, bin bei Laurent, ruf mich an, wenn du wo auch immer hinwillst“ ließ Dorian sie allein.
„Schlaf mit mir“, bat Penny plötzlich.
„Okay, bist du sicher?“, fragte Maeron und Penny zog ihr T-Shirt ruckartig aus.
„Ja, bin ich“, schmunzelte sie und zog ihn in sein Schlafzimmer.

Neunzehntes Kapitel

 
Sanft fuhr Penny über den Arm ihres Freundes. Er war ziemlich behaart, was sie viel männlicher fand als den komplett enthaarten Körper ihres Ex-Verlobten.
„Wir sollten aufstehen“, murmelte sie zufrieden.
„Ich will nicht“, erwiderte er und küsste sie.
„Ich ehrlich gesagt auch nicht, ich kann kaum glauben, dass das funktioniert hat“, bemerkte sie zufrieden.
„Was meinst du?“, fragte er kritisch.
„Ich mein, es ist alles wieder da, du weißt, das manche Frauen nach dem Sex sagen, „Du hast mir echt das Hirn rausgevögelt“, ich kann eher das Gegenteil sagen“, erwiderte sie glücklich.
„Wirklich?“
„Ja, wirklich, Dorian hatte so unrecht, du bist so fernab von Blümchensex“, säuselte sie und setzte sich auf seinen Schoß.
„Ja, das was ich ihm erzähle und was der Wahrheit entspricht variiert manchmal“, schmunzelte er und zog sie an sich.
 
Als es klingelte, rutschte Maeron aus dem Bett, zog sich an und öffnete die Tür.
„Hey Romeo, ich hab dir noch jemanden mitgebracht“, Kam Dorian mit Maddie an der Hand in die Wohnung.
„Verdammt, es ist schon nach vier. Tut mir Leid, Engelchen“, nahm Maeron seine Tochter auf den Arm.
„Onkel Dorian hat mir Eis gekauft“, erklärte Maddie.
„Schön, Süße, ich hoffe nur, du hast noch genug Platz für das Abendessen gelassen“, entgegnete er und setzte sie wieder ab.
„Du hast dein T-Shirt falsch herum an“, flüsterte Dorian seinem besten Freund zu.
„Sorry, musste mich schnell anziehen. Sie schläft noch drüben“, erklärte er und grinste breit.
„Sieh an, wer da stolz auf sich selbst ist. Ich kann die Kleine auch noch zum Essen ausführen, aber ich hab nicht mehr so ewig Zeit vor meiner Schicht“, frotzelte er.
„Schon gut, Kumpel, ich komm von hier aus klar, geh du zur Arbeit“, bat er.
„Danke, wirklich alles klar hier?“
„Ja, alles Bestens. Wie geht’s dir?“
„Gut, gut, danke. Kommst du morgen früh zum Meeting?“, fragte Dorian ihn.
„Ja, das du ausgezogen bist hat nichts daran geändert. Dann sehen wir uns morgen“, verabschiedete sich Maeron.
„Okay, bis dann“, drehte sich Dorian zur Tür.
„Dor?“
„Ja?“
„Danke, Mann, für alles“, umarmte Maeron seinen besten Freund.
„Immer doch, Kumpel. Jetzt genieß die Zeit mit ihr und wenn du den Zwerg mal loswerden willst, meld dich, Laurent und ich freuen uns immer, die Kleine zu haben“, erklärte er ihm.
„Ich nehm dich beim Wort. Bis Morgen“, verabschiedete er sich und Dorian ging davon.
 
Am nächsten Morgen stand Maeron früh auf, um vor seiner Arbeit noch zum Meeting gehen zu können.
„Wo willst du hin?“, fragte Penny schläfrig und hielt seinen Arm fest.
„Ich will noch zum Meeting, schlaf ruhig weiter“, bemerkte er freundlich.
„Wie spät ist es?“
„Halb sieben Uhr morgens!“
„Es ist schon morgens? Wie lang hab ich geschlafen?“
„Fast 14 Stunden, du hast es wohl gebraucht, was? Vielleicht hab ich dich auch zu sehr geschafft“, schmunzelte er und sie zog ihn an sich und küsste ihn.
„Das hättest du wohl gern. Schläft Maddie noch?“
„Ich muss sie jetzt wecken und mitnehmen, ich bring sie dann nachher in den Kindergarten!“
„Ich kann sie auch in den Kindergarten bringen, wenn du mir deinen Wagen überlässt“, schlug sie vor.
„Das wäre ganz lieb, ich kann von hieraus laufen und Dorian kann mich zur Arbeit bringen. Holst du mich dann von der Arbeit ab?“, hoffte er.
„Ja, sicher, schreib mir die Adresse, dann komm ich dahin“, entgegnete sie.
„Ich ruf dann meine Mutter an, dass sie Maddie abholt, das müsste klappen, stand er auf und zog eine kugelsichere Weste aus einer Schublade.
„Bist du jetzt unter die Gesetzeshüter gegangen?“, frotzelte sie.
„Äh, nein“, murmelte er und machte den Klett fest, bevor er ein Hemd anzog.
„Warum musst du dann dieses Ding tragen?“
„Ich gebe Englischunterricht für frühere Strafgefangene, da ist das gesetzlich vorgeschrieben. Keine Sorge, mir passiert nichts“, versprach er.
„Dass du dich kugelsicher machst spricht nicht wirklich dafür“, rutschte sie vom Bett.
„Es gibt Metalldetektoren an der Tür und Sicherheitskräfte, ich bin wirklich sicher dort“, entschied er.
„Auch wenn das alles nicht so klingt, ich vertrau dir, wenn du sagst du bist sicher, bist du es. Bald bist du ja wieder in der Highschool“, bemerkte sie und küsste ihn zum Abschied.
„Ja, richtig. Der Kühlschrank ist voll, du weißt ja, was die Kleine gern frühstückt, du nimmst dir auch was du brauchst“, bat er und sie nickte.
„Wir sehen uns heut Abend, wir gehen mal so richtig schön zusammen aus“, schlug er vor.
„Das klingt perfekt, ich freu mich“, erwiderte sie und er ging davon.
Als sie aufstand fand sie seinen Ehering auf dem Nachttisch. Er hatte ihn nie vorher abgenommen, anscheinend war dieser Morgen ein neuer Abschnitt in seinem Leben.
Nachdenklich ging sie in die Küche. Dort saß Maddie mit ihren Beinchen pendelnd auf einem Stuhl.
„Tante Penny“, gikste sie und rannte stürmisch auf sie zu.
„Hey, mein Schatz“, drückte sie sie fest an sich.
„Bleibst du jetzt hier?“, fragte Maddie mit kugelrunden Teddybär-Augen.
„Ja, Maus, ich bleib jetzt hier“, versprach sie und Maddie küsste sie auf die Wange.
„So, jetzt werden wir frühstücken und dann bring ich dich in den Kindergarten“, erklärte sie ihr und sie frühstückten.
 
Nachdem sie Maddie an diesem Abend bei ihrer Großmutter gelassen hatten, gingen die beiden zum ersten Mal richtig aus.
„Wo bringst du mich hin?“, fragte sie amüsiert, als er Richtung Hafen fuhr.
„Ist ne Überraschung“, sagte er geheimnisvoll und lächelte sie an.
„Ich muss dich darauf hinweisen, dass einige Leute wissen, wo ich heute hinfahre, wenn du meine Leiche verschwinden lassen willst“, witzelte sie.
„Nein, das hab ich nicht vor“, versprach er und grinste sie an.
„Wir fahren zur Bar, bist du sicher, dass du das schaffst?“, realisierte sie plötzlich.
„Ja, das schaff ich, ist aber auch nen Teil meiner Überraschung“, erklärte er und hielt vor ihrer alten Arbeitsstelle.
„Laurent hat der Bar einen neuen Namen gegeben“, erkannte sie.
„Nicht nur das“, bemerkte er und zog sie zur Tür.
„Man, du bist ja aufgeregt wie ein Kind am ersten Schultag, was hast du geplant?“, fragte sie überrascht.
„Augen zu“, bat er und sie schloss die Augen.
Sie spürte die lose Diele unter ihrem Fuß. Die war so wie immer.
„Was wird das hier?“, fragte sie mit geschlossenen Augen.
„Augen auf“, bat er und sie öffnete die Augen.
„Überraschung“, hörte sie im Chor.

Zwanzigstes Kapitel

 
Penny staunte nicht schlecht. All ihre Freunde, die sie in Jersey kennengelernt hatte und auch ihre alten Freunde waren zu einer Überraschungsparty in die umgebaute Bar gekommen. Diese war jetzt eine Schwulenbar die nur alkoholfreie Getränke und leichte Küche servierte.
„Was wird das hier?“, versuchte sie zu realisieren.
„Das ist eine „Willkommen zurück“-Party, wir sind alle nur so glücklich, dass du wieder da bist“, entgegnete Dorian und umarmte sie.
„Ihr spinnt doch“, war sie glücklich.
„Nein, endlich hat unser Leben wieder eine richtige Richtung. Wenn du nicht in unser Netz gegangen wärst, würden wir immer noch unsere Leben in der Pause-Taste leben. Jetzt studiere ich endlich wieder und werde mich auf Homosexuellen-Rechte spezialisieren, ich bin endlich ausgezogen und hab den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen“, bemerkte Dorian stolz.
„Das ist klasse, ich freu mich für dich“, freute sich Penny für ihn.
„Ich muss dir nicht sagen, wie sehr du mein Leben verändert hast. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, hab ich mich schon in dich verliebt. Es hatte mir damals das Herz zerrissen, als ich erfahren habe, dass du schon jemand anderem versprochen warst. Als du dann als freie Frau zurück zu mir kamst, war ich fernab davon, dich in mein Leben zu lassen, doch jetzt wo ich dich fast verloren hätte, ist mir klar geworden, dass es nie einen richtigen Zeitpunkt gibt, eine Beziehung mit dir einzugehen, aber ich es trotzdem tun möchte“, erklärte Maeron und sie küsste ihn sanft.
„Schön gesagt. Caroline, du bist ja auch hier, du hast das alles hier geplant, oder?“, erkannte sie ihre Freundin aus der Therapie.
„Nein, das war alles dein Freund, wir hatten nur ein wenig die Finger mit im Spiel. Das ist alles echt ein Zufall, bei unserem ersten Date hat Bill von dieser Freundin erzählt, die das alles erlebt hat und ich wusste gleich, das konntest nur du sein. Bill wusste genau, dass ihr beiden zusammengehört, in ihm steckt ein kleiner Romantiker, weißt du? Mach dir keine Sorge um die Wohnung, Bill zieht bei mir ein, ja, ich weiß, ziemlich früh, aber wir haben bei euch gemerkt, dass es jeden Tag anders sein kann“, erklärte sie ihr.
„Ist doch toll, Bill ist ein toller Kerl, das wird mit euch funktionieren, da bin ich ganz sicher“, machte sie ihnen Mut.
 
„Mein Petit Prince, was hast du denn aus dem Laden gemacht?“, begrüßte sie auch Laurent, der hinter dem Tresen stand.
„Gefällt’s dir nicht?“, fragte Laurent unsicher.
„Machst du Witze? Ich liebe es, jetzt kann ich meinen Freund auch ohne Sorge hierhergehen lassen. Dorian und du seit hier oben zusammengezogen, hab ich gehört?“, fragte sie keck.
„Ja, du bist natürlich immer hier willkommen, auch beruflich“, entschied er.
„Auch wenn ich mich an alles hier erinnere komm ich gerne zurück“, schmunzelte sie und er gab ihr einen alkoholfreien Cocktail.
„Du weißt alles wieder?“, fragte Dorian der zu ihnen stieß.
„Ja, sieht so aus“, sagte sie und grinste ihn an.
„Wie ist denn das passiert?“
„Ist gestern passiert bei gewissen Aktionen“, druckste sie herum.
„Man, unser Kleiner hat’s ja drauf, hätte ich nicht von ihm gedacht“, tönte Dorian cool.
„Ein echter Gentleman gibt nicht damit an, Jungs. Krieg ich so einen von diesen fruchtigen Drinks mit Schirmchen“, orderte Maeron einen Cocktail bei Laurent.
„Ich serviere einige fruchtige Cocktails mit Schirmchen, Süßer, geht’s nen bisschen spezifischer?“, fragte Laurent und zeigte auf das Schild über seinem Kopf.
„Klugscheißer, einen Mango-Lassi-Flipp, bitte“, bat Maeron ihn.
„Gute Wahl, mach ich dir. Was willst du, Schatz?“, fragte er Dorian.
„Auch so’n Mango-Ding, das klingt gut“, bat Dorian.
„Bei euch beiden kann man echt neidisch werden. So, kommt, Leute, ich hab einen Tisch für uns gedeckt, Essen müsste gleich fertig sein“, ging er mit der Gruppe zu einem Tisch in der Ecke.
 
Später am Abend saßen Penny und Maeron im Schneidersitz auf dem Geländer der Bar und unterhielten sich.
„Endlich sind wir mal ein paar Minuten allein“, säuselte er und küsste sie.
„Ja, es ist wunderbar was ihr da auf die Beine gestellt habt, aber so ein Date zu zweit ist doch was anderes“, konterte sie und strich mit der flachen Hand über seine Wange.
„Leute, hier seid ihr“, platzte Dorian plötzlich in die Romantik. Vor lauter Schreck fiel Penny fast vom Geländer.
„Dor“, raunzte sie.
„Sorry, hab ich euch erschreckt?“
„Ja, bin fast wieder da runter gefallen, einen weiteren Schlag auf den Kopf überleb ich nicht“, murrte sie.
„Ja, vermutlich, geht doch nach oben in die Wohnung, wir kommen heut Nacht schon irgendwo unter“, schlug Dorian vor.
„Danke, Süßer, aber wir fahren einfach heim!“
„Nein, ich besteh darauf, wir können auch zu viert übernachten, wir hatten schon heut Morgen Sex also haben wir ausgesorgt“, schmunzelte Dorian.
„Gut zu wissen, dann machen wir das so. Ich bin so müde, ich könnte etwas Schlaf gebrauchen“, konterte Maeron.
„Dann gehen wir hoch, bisschen kuscheln“, schmunzelte Maeron und stieg vom Geländer.
„Das klingt wirklich gut, steht mein Bett noch?“, fragte sie Dorian.
„Sicher, das bleibt da auch stehen“, versprach Dorian.
„Schön, dann gehen wir hoch. Schatz, gehst du vor, ich will kurz nochmal mit Dorian reden“, bat Penny und Maeron ging zurück in die Bar.
„Alles klar bei dir?“, fragte Dorian, als Penny sich im Schneidersitz auf die Stufen der Treppe setzte.
„Ich muss dir was sagen“, begann sie.
„Oh bitte sag mir nicht, dass du wieder gehen willst“, setzte er sich zu ihr.
„Nein, ich bleibe diesmal. Ich hatte während meiner Zeit in der Klinik Hypnosetherapie“, begann sie.
„Ja, hatte ich während meiner Zeit bei der Sekte auch, da kommt so einiges zum Vorschein“, entschied er.
„Wir hatten Sex“, gestand sie.
„Ja, damals im Meer, ich weiß!“
„Du weißt es? Weiß er es?“, fragte sie und er sah sie kritisch an. Er schüttelte den Kopf.
„Gut, dann bleibt das auch so, unsere Kerle werden das niemals erfahren!“
„Also ich nehm’s mit ins Grab, das muss doch total verwirrend für dich sein“, bemerkte sie.
„Als ich mich erinnert habe schon, aber jetzt hab ich es akzeptiert, ihr Heterosexuellen habt manchmal homosexuelle Erfahrungen und viele homosexuelle Leute aus meiner Gruppe hatten heterosexuelle Erfahrungen, ich bin nur froh, dass es mit dir passiert ist, einer Frau der ich total vertraue“, bemerkte er und nahm ihre Hand.
„Das ist schön, aber das müssen wir ihnen wirklich verschweigen, zumindest so früh in unsren Beziehungen. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier in Jersey so glücklich werden würde. Ich wollte hier eigentlich nur eine Auszeit von mir selbst nehmen, aber ich hab mich eher gefunden“, bemerkte sie zufrieden.
„Ja, denk ich auch. So, jetzt geh zu deinem Süßen, der wartet sicher schon sehnsüchtig auf dich. Ich helfe meinem noch etwas beim Aufräumen“, stand er wieder auf und zog sie hoch.
„Ja, das sollte ich. Hab dich lieb“, umarmte sie ihn und ging zu Maeron.
„Was ist?“, fragte Penny, als Maeron sie auf dem Bett sitzend nur ansah.
„Nichts, ich hab nur grad wieder gedacht was für ein Glück ich habe, dich zu haben“, bemerkte er und sie kam näher.
„Bist du sicher, dass du soweit bist?“, fragte sie plötzlich.
„Der Ring ist weg, es wird Zeit, auch wenn meine Schwiegermutter ausflippen wird“, entgegnete er und zeigte seine leere Hand.
„Ja, hab den Ring gefunden. Deine Schwiegermutter ist auch kein Unschuldslamm“, erwiderte sie.
„Die Kuchen-Geschichte, sie hat mich nicht angefixt, ich hab geschmeckt, dass das Rumkuchen war, das war mir aber in dem Moment egal“, erklärte er ihr.
„Man, das hab ich jetzt schon ewig mit mir rumgeschleppt, ich geb mir immer noch die Schuld daran, dass du rückfällig geworden bist“, erklärte sie.
„Blödsinn, du hast mich nur dazu gebracht mein Leben neu zu überdenken. Ich hab gedacht, ich hätte das alles unter Kontrolle gehabt, hatte ich aber überhaupt nicht. Jetzt endlich seh ich Licht am Ende des Tunnels und ich weiß, dass ich es schaffen kann“, schlussfolgerte er und zog sie aufs Bett.
„Minnie ist missverstanden, aber du solltest sie in Maddies Leben lassen“, riet sie ihm.
„Hab ich schon, sie sieht sie jetzt regelmäßig“, versprach er.
„Schön zu hören, aber Kuchen back ich lieber für uns in nächster Zeit“, schmunzelte sie und er grinste.
 
Am nächsten Morgen wachte sie zufrieden in seinem Arm auf. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Am Strand sah sie zwei Jersey-Mädels, die trotz kalter Temperaturen versuchten die letzten Sonnenstrahlen zum Bräunen auszunutzen.
„Hey, was siehst du  da draußen?“, fragte Maeron, der auch wach geworden war und legte von hinten die Arme um sie.
„Meine Vergangenheit und in dir seh ich meine Zukunft“, schmunzelte sie und küsste ihn lange, während langsam die Herbstsonne aufging.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.06.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für einen Freund, der es leider nicht geschafft hat, sein wahres Ich auszuleben!

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