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Erstes Kapitel


Little Rock im malerischen Arkansas war nicht für Vieles bekannt, aber ein leidiges Thema gab es dort jeden Monat auf der Versammlung des Stadtrates. Der örtliche Begleitservice erregte reges Interesse bei den männlichen Bewohnern und Argwohn bei den Damen. Lindsay Kennedy, eine Postbotin und Einwohnerin der kleinen Stadt lebte nun drei Jahre in dieser, hatte aber noch keiner der öffentlichen Versammlung beigewohnt. Die 26-jährige war auch viel zu beschäftigt um dort hinzugehen, denn sie führte ein Doppelleben, von dem nur ihre beste Freundin Carmen Bescheid wusste. Da durch die Rezession ihre Stelle auf eine Halbtagsstelle gekürzt worden war, musste sie sich die Nächte damit vertreiben in der Escort-Service-Agentur zu arbeiten. Das machte sie nun fast zwei Jahre und auch wenn es Carmen nicht glauben konnte, sie war gerne dort. Sie war allgemein ein sinnlicher Mensch und hatte kein Problem damit ihre Sexualität offen zu praktizieren. Da hatte sie mit bissigen Hunden auf ihrer Postroute und ihrem immer motzenden Chef auf der Post schon mehr Probleme. An diesem Abend machte sie sich gerade für einen Kunden fertig, als ihre Tür aufsprang und zwei Koffer im Leopardenmuster hineingeschmissen wurden. Mit verwirrtem Blick sah sie in die Richtung, in die die Koffer geflogen waren.
„Du weißt schon, dass ein Notfallschlüssel eigentlich für Notfälle gedacht ist, oder?“, fragte sie den Besitzer der Koffer, ihre beste Freundin Carmen, die eigentlich nur einen Stock tiefer wohnte und die hinter den Koffern herkam.
„Mist, dachte du wärst schon weg“, murmelte Carmen verlegen.
„Bin ich fast, was soll das werden?“, fragte Lindsay und schloss den Klipp ihres zweiten Ohrrings.
„Ich hab ihn verlassen, endgültig“, erklärte Carmen und meinte damit ihren untreuen Ehemann Harris. Der Pilot hatte in jedem Zwischenstopp eine andere Frau, behauptete Carmen zumindest.
„Und die letzten drei Mal waren eine Generalprobe?“, fragte Lindsay, die kein bisschen darüber überrascht war, weil sie diese Seifenoper schon öfters durchgezogen hatte.
„Hey, nimm mich Ernst, das ist Ernst“, entschied Carmen standhaft.
„Das war’s die letzten drei Mal auch, Carmen, aber tu dir keinen Zwang an, bin ja heut Nacht eh nicht zu Hause. Aber wehe du schläfst mit ihm wieder in meinem Bett, ich hab die Laken letztes Mal wegschmeißen müssen, Waschen hat da nicht gereicht“, bat Lindsay und schlüpfte in einen schwarzen Pump.
„Wie kann man als Nutte so verklemmt sein, sag mir das?“, fragte Carmen und Lindsays Lächeln erstarb.
„Du hast schon wieder das böse N-Wort benutzt, Carm‘“, murrte sie.
„Begleiterin, sorry, ich weiß es doch erst seit ein paar Monaten, hab Geduld mit mir, ich bin lernfähig“, bat Carmen.
„Ich weiß, tut mir leid, mich hat heut ein Hund gebissen auf meiner Route, schon wieder, das ist ja verdammt antörnend, wenn ich meinen Kunden heute mit einem verbundenen Unterschenkel beglücke“, konterte Lindsay und zeigte ihr Bein.
„Tja, das ist das Problem bei zwei Jobs, man kann sich immer irgendwas einfangen. Apropos einfangen, hast du alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen für heut Abend?“, fragte Carmen nach.
„Carm‘, ich mach das jetzt schon ne Weile und ich trag ein Implantat, weißt du doch. Ich glaub, auch wenn du das anders sagst, so ganz bist du nicht mit meinem Lebensstil einverstanden“, erkannte Lindsay und schnappte sich ihren Mantel.
„Tja, es gibt die und die Tage, manchmal bewundere ich dich für das was du machst, manchmal möchte ich dir einfach mal einen Bekannten von mir vorstellen und nicht herumdrucksen müssen, wen er mich fragt, was du beruflich tust“, entschied Carmen und hob ihre Koffer auf.
„Ich bin Postbotin, nicht mehr und nicht weniger und du musst mir niemanden vorstellen, hab ich dir schon mal gesagt“, erklärte sie und nahm ihre Tasche, nachdem sie ihren Mantel angezogen hatte.
„Ich würde aber gern, du sollst doch einen netten Mann haben, der dich so unterstützt, dass du das, was du heute vorhast, nicht mehr machen musst“, erklärte Carmen.
„So wie es Harris bei dir tut? Ich sorge für mich selbst, danke. Ich muss jetzt echt los, der Kunde ist ein hohes Tier, der will sicher nicht warten“, entschied Lindsay.
„Hast du dein Reizgas dabei?“, fragte Carmen.
„Ja, hab ich doch immer, mach dir keine Sorgen, der Kerl ist harmlos, versprochen“, erklärte sie, küsste Carmen auf die Wange und verschwand aus dem Zimmer.
„Klar, die Einstellung hast du nur solang bis mal was schiefgeht“, murmelte Carmen und setzte sich vor die Glotze. Ihr Mann sollte an diesem Abend aus L.A. zurückkommen, aber diesmal würde er endgültig in eine leere Wohnung zurückkehren.


Lindsay wurde durch die Sonne wach, die durch die Fenster des Hotelzimmers im Stadtzentrum brach. Ihr Kunde war nicht mehr da und ein brauner Umschlag lag auf dem Nachttisch nehmen ihr. Sie sah hinein und grinste. Er hatte ihr ein gutes Trinkgeld dagelassen. Sie stieg aus dem Bett, duschte, packte ihre Sachen zusammen und fuhr wieder mit dem Taxi nach Hause.
Als sie zu ihrer Tür kam, campierte Carmens Mann in seiner Pilotenuniform vor seiner Tür und pennte.
„Klasse und das noch vor meinem ersten Kaffee“, murmelte sie, zog ihre Stöckelschuhe aus und versuchte so die Tür aufzumachen, dass sie reingehen konnte, ohne ihn zu wecken. Sie war erfolgreich, aber weckte Carmen, die auf dem Sofa schlief, als sie ihren Schlüssel in ihre Schale neben der Tür legte.
„Morgen“, war sie nicht gerade begeistert sie zu sehen und legte einen Pad in ihre Kaffeemaschine.
„Wie spät haben wir es?“, fragte Carmen schlaftrunken.
„Kurz nach "Da pennt ein Pilot vor meiner Tür"“, erklärte sie.
„Häh?“
„Harris campiert vor meiner Haustür, mal wieder. Was denkst du wie schwer es ist, meine zweite Identität vor allen geheimzuhalten? Es ist nicht wirklich praktisch, wenn er ständig hier auf Drama macht“, erkannte sie und zog ihren Mantel aus.
„Er hat hier kein Drama gemacht, ich hab nicht mal gewusst, dass er da war, er hat vermutlich gedacht, dass ich hier schon auftauchen müsse und hat sich auf die Lauer gelegt. Klasse, wie komm ich jetzt weg ohne mit ihm zu reden?“, dachte Carmen laut nach.
„Kannst auch hier bleiben, mir doch egal. Ich muss mich jetzt umziehen, meine Schicht beginnt in ner Stunde. Trink mir bloß nicht meinen Kaffee weg“, bat Lindsay und ging in ihr Schlafzimmer um ihre Uniform anzuziehen. Als sie wieder rauskam, kramte ihre Freundin in Lindsays Handtasche und hielt den gefüllten Umschlag in der Hand.
„Das ist verdammt viel Geld, ich hoffe das weißt du“, bemerkte Carmen.
„Was wühlst du in meiner Tasche rum, sag mal?“, fragte Lindsay und riss ihr den Umschlag aus der Hand.
„Ich hab nen Kaugummi gesucht. Ist das von einem Kunden?“, fragte Carmen weiter.
„Du willst nicht wissen, was ich dafür machen musste, das muss mir diesen Monat den Wagen und die Miete finanzieren und da ich bald wieder für ne Woche ausfalle reicht mir das grade“, erklärte Lindsay und zog ihre dunkelblaue Postjacke an.
„Warum arbeitest du dann noch im Postdienst, sag mal, wenn du so viel Knete kriegst?“
„Ich krieg nicht immer so viel Geld, das war ein glücklicher Zufall, dass ich grad so viel gekriegt hab. Ich werde deinen Mann vermutlich wecken, wenn ich jetzt losgehe, irgendwann müsst ihr reden wie Erwachsene“, entschied Lindsay und schulterte ihre Tasche.
„Ich hab dem Kerl nichts mehr zu sagen“, sagte Carmen stur.
„Gut, dann sag ihm das, campierende Männer auf meiner Türschwelle kommen echt nicht gut, die Nachbarn ahnen jetzt schon was auch ohne das“, bat Lindsay und riss die Tür auf. Harris stand dort cool mit einem Fuß an die Wand gelehnt mit gelockerter Krawatte.
„Morgen, ist sie da?“, fragte er in einem genauso lässigen Ton.
„Kaffeepads stehen auf dem Tisch, wenn ihr euch versöhnt, dann auf dem Sofa, nicht auf meinem Bett. Schönen Tag noch“, sagte sie nur und ging an ihm vorbei nach draußen.

Zweites Kapitel


„Sie sind spät“, begrüßte ihr Chef sie, als sie in die Poststation kam.
„Hab verschlafen, ja schon wieder. Also, welche Route hab ich heute?“, fragte sie ungerührt.
„Ein bisschen Respekt, Miss Kennedy, wenn ich bitten darf. Ihre Route hängt an der Pinnwand, wie immer. Versuchen Sie pünktlich zu sein, bitte“, bat ihr Chef und ging in sein Büro.
„Haben Sie mal zwei Jobs“, murmelte sie vor sich hin und ging zur Pinnwand.
„Super, mal wieder die Strecke, die kann ich langsam mit verbundenen Augen laufen“, erkannte sie, während sie an der Pinnwand stand.
„Du bist ganz schön grummelig heute, alles klar?“, fragte ihre Kollegin Misty, die neben ihr stand.
„Schlecht geschlafen, nichts weiter“, erklärte Lindsay und zog ihre Kappe auf.
„Wer war er?“, fragte Misty keck.
„Wer war wer?“
„Der Kerl letzte Nacht, du machst das „Ich hatte Sex und er war gut“-Gesicht“, erkannte Misty.
„Das ist mein ganz normales Gesicht, red keinen Mist. Ich muss dann los, hab’s eilig, bye“, entgegnete Lindsay und ging auf ihre Tour.

Etwa zwei Stunden später ging sie auf ihrer Route an einem alten Haus vorbei, was sie sonst auf der Route nicht wirklich beachtet hatte. Es hatte einen Südstaaten-Charme so wie die Häuser in Louisiana wo sie herkam. Sie freute sich fast dass sie ein Päckchen zustellen und so klingeln musste.
Eine blonde Frau in den Zwanzigern öffnete ihr, was sie enttäuschte, sie hatte einen schrulligen alten Mann mit Gehstock vermutet.
„Ein Päckchen für Zackery Brakeshore“, erkannte Lindsay.
„Welche Firma?“, fragte die Frau etwas schroff.
„Sex Wax Limited“, las sie den Namen vom Päckchen ab.
„Das ist ganz sicher nicht für ihn“, stotterte die Frau etwas peinlich berührt.
„Sind Sie seine Frau?“, fragte Lindsay cool zurück.
„In ihrer Fantasie vielleicht, Sex Wax ist vollkommen jugendfrei, Ann‘, das ist Wachs für mein Surfbrett, die Marke krieg ich nur auf dem Festland, deshalb hab ich es hierher liefern lassen. Gut dass das noch angekommen ist bevor wir wieder fliegen“, erklärte Zackery, der in einem Hawaii-Universität T-Shirt und verwaschenen Jeans die Treppe herunterkam. Er trug einen nachgemachten Haizahn um den Hals und war auch sonst eine sehr lockere Person, was sie an seinem Gang erkannte.
„Du hast echt Vertrauen an die Post, wir sind nur drei Tage hier, nichts für ungut“, entschied Annie und sah Lindsay an.
„Er kann Vertrauen haben, wir sind gut. Also, ich muss weiter“, drängte Lindsay und hielt Zack ihren Display hin, damit er unterschreiben konnte.
„Klar, Sie müssen meine Anwältin entschuldigen, sie frühstückt nicht“, schmunzelte er und lächelte sie an. Er sah verdammt gut aus, viel besser als die meisten ihrer Kunden. In ihrer Fantasie malte sie sich aus, für ihn Begleiterin spielen zu können.
„Brauchen sie noch was?“, fragte Zack und ertappte sie beim Starren.
„Einen Tag frei, aber den können Sie mir kaum verschaffen, schönen Tag noch“, erwiderte sie und ging zur Tür. Plötzlich durchfuhr sie ein Schmerz und sie fasste sich an den Oberschenkel.
„Alles in Ordnung?“, fragte Zack und kam zu ihr hin.
„Ja, hatte gestern einen Arbeitsunfall, das ist alles“, erklärte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„Dann setzen Sie sich kurz, was ist passiert, sind Sie von einem Hund gebissen worden?“, fragte Zack witzelnd und bat ihr einen Stuhl an.
„Ja, von nem Schäferhund, Mistvieh“, erklärte sie trocken.
„Das war eigentlich ein Witz, autsch“, erkannte er mitfühlend.
„Halb so schlimm, ich hab ihm die Tasche über den Schädel gezogen, das macht er nicht noch mal“, schmunzelte sie.
„Zack, ich will ja nicht drängen, aber der Schneider wartet wegen der Anprobe“, sah es Annie gar nicht gern, dass Zack mit Lindsay flirtete.
„Der Termin ist erst in einer Stunde, Annie, geh du doch bitte ins Büro und such die Unterlagen zusammen, ich komm gleich zu dir“, bat Zack und Annie ließ sie allein.
„Ich will Sie nicht von der Arbeit abhalten, ich muss dann auch wieder los. Danke, dass ich Platz nehmen durfte“, bedankte sie sich höflich und stand wieder auf.
„Ich würd ja sagen, immer wieder gern, aber ich bin nicht mehr lange hier. War schön, Sie kennengelernt zu haben“, erkannte Zack und öffnete ihr die Tür.
„Ja, find ich auch, bye“, erwiderte sie und ging wieder nach draußen. Draußen stand sie nun total verwirrt. Der Kerl hatte sie total umgehauen. Sie musste ihn wiedersehen. Die einzige Visitenkarte die sie dabei hatte, war die von Mandy ihrem Escort-Service Alias. Sie atmete zwei Mal durch und steckte die Karte in die Tür. Sie dachte nicht, dass er anrufen würde, aber sie hoffte es.

Mit besserer Laune setzte sie ihre Route fort. Nach ihrem Halbtagsjob ging sie in ihrer Uniform erst in die Poststation und dann in ihrer Uniform ins Büro des Escort-Services.
„Den Fetisch musst du mir mal erklären“, kommentierte Apolla, die Empfangsdame, Lindays Auftritt. Sie hieß nicht wirklich so, aber Lindsay kannte Apolla auch nur unter ihrem Alias.
„Tut mir leid, ist bisschen hektisch heute, das ist mein anderer Job den ich mache. Ich will nur wissen, was heute an Kundschaft da ist“, erklärte sie gestresst und setzte sich auf den Tresen.
„Wir sind kein Tabledance-Laden, Mandy, geh da runter, bitte“, kam plötzlich Booker, ihr nicht grade großer, italienischer Chef zu ihnen und Lindsay sprang wieder vom Tresen.
„Sorry, Boss, hab vergessen, dass du deine Mädels lieber unten als oben hast“, witzelte Lindsay.
„Du hast echt keinen Respekt mehr vor mir, ich weiß echt nicht, woran das liegt“, erkannte Booker und nun stand Lindsay direkt vor ihm. Sie war mindestens zwei Köpfe größer als er.
„Schuheinlagen würden für den Anfang schon mal Wunder bewirken“, erkannte sie cool.
„Du führst dich hier echt auf, als wärst du die Chefin hier“, motzte er.
„Du solltest anfangen der Chef hier zu sein, dann würde ich aufhören können, es sein zu müssen. Sind die Bluttests aus dem Labor zurück, Apolla?“, fragte Lindsay und drehte sich wieder zu der Empfangsdame.
„Ja, alle sind sauber, das erste Mal seit langem. Deine Standpauke hat wohl Wirkung gezeigt. Kriegst du noch einen Kunden unter heute Abend?“, fragte Apolla, die ihre Kollegin schon vollkommen als neue Chefin sah.
„Ja, ich denk ich werde erst morgen lahmgelegt, gib her“, entgegnete Lindsay und Apolla gab ihr einen Zettel mit den Daten ihres nächsten Kunden.
„Entschuldige mal“, erkannte Booker erbost.
„Du bist entschuldigt. Sind die Blumen für den Bürgermeister bestellt worden?“, fragte Lindsay.
„Sind heut Morgen raus. Ich glaub, du solltest jetzt gehen, der Boss läuft schon rot an vor Wut“, erklärte Apolla grinsend und ihr Grinsen erstarb, als Booker mit dem Finger auf sie zeigte.
„Verdammt, keiner meiner Angestellten hat noch Respekt vor mir“, realisierte er kopfschüttelnd und ging wieder in sein Büro.
„Wir müssen aufhören, Booker zu ärgern, sonst feuert er uns noch eines Tages. Wie geht’s dir und deinem Sohn eigentlich?“, machte sie Smalltalk.
„Gut, gut, er fängt langsam an, Fragen über meine Arbeit zu stellen, ich weiß langsam nicht mehr, was ich ihm sagen soll“, entgegnete Apolla nachdenklich.
„Mach es so wie ich, so wenig Informationen wie möglich rausgeben“, erklärte Lindsay.
„Weiß es jemand aus deinem Bekanntenkreis?“, fragte Apolla.
„Meine beste Freundin, ich hab’s ihr mal im Suff erzählt, ich hoff, sie erzählt es nicht weiter, sonst stehen die irgendwann mit Mistgabeln vor meiner Tür. Meine Nachbarn sind auch schon neugierig geworden, ich sollte anfangen, mich hier schick zu machen anstatt zu Hause, dass ich jeden Abend ein Date habe, glaubt mir langsam keiner mehr. Du hast es niemandem erzählt, oder?“, fragte Lindsay.
„Wem soll ich es sagen? Den Frauen von der Soldatenwitwenvereinigung? Ich hab meinen Mann im Krieg verloren und muss meinen Sohn versorgen, das war der einzige Job, den ich kriegen konnte“, erkannte Apolla nachdenklich.
„Geht mir doch genauso, aber versuch eine für dich zu gewinnen, es hilft, darüber zu reden. Ich muss leider wieder los, ich muss noch etwas schlafen bevor ich heut Abend wieder losmuss, der letzte hat mich echt geschlaucht, obwohl es echt mal ein angenehmer Kunde war“, bemerkte sie und ging mit dem Zettel wieder aus der Tür.

Als sie an diesem Nachmittag heimkam, war Carmen verschwunden und Harris saß auf ihrem Sofa, mampfte Mikrowellenpopcorn und sah Football auf ihrem Fernseher an.
„Äh, was wird das hier?“, fragte Lindsay, als sie am Sofa angekommen war.
„Ich wohn jetzt hier“, entgegnete Harris mampfend.
„Okay, das ist mal was Neues. Ich weiß nicht, wie ich dir das schonend beibringen soll, also sag ich es dir gerade heraus. Auf gar keinen Fall“, tönte sie standhaft.
„Du hast meiner Frau diese Flausen in den Kopf gesetzt, dass ich sie betrügen würde, also bleib ich jetzt hier“, entschied er standhaft.
„Ich hab gar nichts getan, du betrügst hier deine Frau und ich muss das ausbaden?“, fragte sie verärgert.
„Ich tu nichts dergleichen und du solltest deinen Mund auch nicht so voll nehmen, ich weiß wie viele Kerle du mal drüber lässt“, konterte Harris gehässig.
„Was ärgert dich dabei, dass ich das tue, oder dass ich es nicht mit dir tue“, konterte sie cool und setzte sich neben ihn.
„Man, du streitest das ja gar nicht ab“, konterte er und sie nahm Popcorn aus der Schale auf seinem Schoß.
„Sie hat dir sicher längst erzählt, dass ich bei einem Escort-Service arbeite, also warum abstreiten“, entschied sie.
„Nein, das hat sie mir nicht erzählt, ich hab nur Gerüchte gehört von einigen Nachbarn. Das erklärt wirklich ne Menge“, schlussfolgerte er.
„Das waren zwei harte Wirtschaftsjahre und die haben meinen Job gekürzt, das war das einzige was ich nachts machen konnte. Okay, du kannst auf meinem Sofa pennen, bis sich Carmen wieder eingekriegt hat, ich bin ja nachts eh fast nicht zu Hause. Apropos, ich muss mich mal wieder auf hübschen, die Arbeit ruft“, stand sie wieder auf und ging ins Schlafzimmer.
Als sie fast wieder fertig war um Wegzugehen, klopfte es wild an ihrer Tür.
„Harris, deine Frau“, rief sie ihm entgegen.
„Ich red nicht mit ihr“, grummelte er und Augenrollend machte sie ihrer Freundin auf.
„Ist er noch hier?“, fragte Carmen aufgebracht.
„Da du ihn hier abgeladen hast, kannst du davon ausgehen. Ihr müsst eure Seifenoper leider ohne mich austragen, ich muss los“, erkannte sie ungerührt und ließ Carmen rein.
„Ich hab das hier in seinen Sachen gefunden, das trag ich ganz sicher nicht“, streckte sie ihr einen roten String entgegen.
„Doch, tust du, den hab ich dir nach dem letzten Streit geliehen, du wolltest den für dein Sexy-Santa Kostüm haben, vergessen?“, fragte Lindsay und nahm ihren Mantel.
„Ach stimmt, wupps!“
„Ja, wupps, redet endlich miteinander, er darf hierbleiben, wenn du ihn nicht in der Wohnung haben willst und denkt dran, was kaputt gemacht wird, wird bezahlt“, konterte sie und ging wieder aus dem Haus um ihre Freunde sich selbst zu überlassen.

Passend nach ihrem Date bekam Lindsay ihre Periode. Sie fuhr schon in der Nacht nach Hause und hoffte in eine leere Wohnung zu kommen. Ihr Wunsch wurde auch erfüllt und ihre Gäste waren nicht mehr da. Sie duschte und legte sich ins Bett. Als sie im Bett ihre Tasche aufräumte, fielen ihr ihre Visitenkarten in die Hände und sie musste an Zack denken. Ob er ihre Karte gefunden hatte? Er konnte sicher nichts damit anfangen. Da sie noch nicht müde war, nahm sie ihr Buch zur Hand und las noch, bis sie einschlief. Als sie tags drauf aufwachte, schmerzte ihr Nacken, weil sie falsch gelegen hatte. Doch noch etwas anderes belastete sie, ihr Fernseher lief und was dort lief war eindeutig der Sportsender.
„Man, ich bin eindeutig zu nett“, murmelte sie und ihren Nacken reibend ging sie ins Wohnzimmer.
„Was ist euer Problem?“, fragte sie genervt.
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, teure Freundin“, begrüßte Harris seine Bekannte Cornflakes mampfend.
„Ich hab nicht zwei Jobs dass du mir alles wegisst, teurer Freund“, bemerkte sie genervt.
„Du hast doch gestern gesagt, dass ich hier bleiben kann, wenn ich nicht fliege“, schlussfolgerte Harris.
„Ja, ich sollte aufhören so viel zu trinken“, tat sie das als Lappalie ab.
„Du willst mich also nicht hier haben?“, fragte Harris enttäuscht.
„Nein, eigentlich will ich, dass du dich mit deiner Frau versöhnst und in deiner Wohnung bleibst“, entschied sie.
„Erzähl das ihr, wir hatten Sex und alles war in Ordnung und heut Morgen schmeißt sie mich einfach raus“, erklärte Harris.
„Kenn ich“, konterte Lindsay und setzte sich neben ihn.
„Dir ist schon klar, dass du nur ein Negligé trägst, oder?“, fragte Harris und musterte sie.
„So viel Geld hast du nicht um dir mich leisten zu können, mein Freund“, entschied sie cool.
„Was verdienst du eigentlich so?“, fragte er neugierig.
„Gegenfrage, was verdienst du?“
„Genug um mir dich leisten zu können, aber da du die beste Freundin von meiner Frau bist, lassen wir das lieber“, entschied er.
„Das sag ich doch auch. Hast du die Cornflakes ganz aufgegessen oder ist da noch was für mich übrig?“, fragte sie.
„Ist leer, tut mir leid!“
„Dachte ich mir schon, die Dinger haben eh zu viel Zucker. Ich geh mal zu ihr, vielleicht habt ihr ja noch welche, ich brauch jetzt echt Zucker. Wenn ihr euch mal endgültig trennt, such dir ne Wohnung“, bat sie, zog ihren Bademantel an und lief in ihren Hauspuschen zum Fahrstuhl um zu Carmen zu fahren.
„Morgen, hat er dich geweckt?“, fragte Carmen, als sie ihrer Freundin die Tür öffnete.
„Nein, bin von allein aufgewacht, war zu Hause gestern Nacht, kannst du dich mal entscheiden was du jetzt willst?“, fragte Lindsay und Carmen ließ sie rein.
„Wenn ich wüsste was ich will wäre ich jetzt echt schlauer. Ich dachte, ich könnte ihm alles verzeihen, aber als er heut Morgen neben mir lag, hab ich so einen Hass auf ihn geschoben, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte“, erklärte Carmen.
„Das ist der Unterschied zwischen uns beiden, ich hätte es gern, wenn ein Kerl neben mir aufwachen würde und mir dafür kein Geld gibt“, sagte Lindsay nachdenklich.
„Dann hör auf für Geld mit Männern zu schlafen, ganz einfach“, entgegnete Carmen cool.
„Ich wusste doch, dass du nicht damit klarkommst, du hast immer so cool getan, aber dir gefällt es nicht“, schlussfolgerte Lindsay.
„Sicher gefällt’s mir nicht, deiner Mutter hat es sicher auch nicht gefallen, als du es ihr erzählt hast“, entschied Carmen.
„Meiner Mutter.. der war echt gut!“
„Ich dachte du hättest so ein gutes Verhältnis zu deinen Eltern“, wunderte sie sich.
„Ich hab gar kein Verhältnis zu ihnen, aber in ihren Augen bin ich Debütantin, nicht Begleiterin, klar?“, entschied sie ernst.
„Okay, du bist das brave Mädchen, verstanden. Ich will ihn nicht wieder zurück“, entschied sie plötzlich.„Dann muss das einer von euch mal deutlich aussprechen und da du das so sehr möchtest wirst du das sein. Du kommst jetzt mit mir mit und sagst ihm das, sofort“, bat Lindsay und zog sie mit rauf. Während Lindsay sich für die Arbeit fertig machte, schwiegen sich die beiden auf der Couch nur an.
„Ihr habt euch ja wirklich nichts zu sagen. Gut, dann fang ich an. Harris, Carmen möchte eine Trennung, Carmen, Harris würde mich gern im Bett haben, so jetzt habt ihr Themen zum Diskutieren, schönen Tag noch“, entschied sie und machte sich auf zur Arbeit.
Diesmal war sie pünktlich, das war sie eigentlich immer, wenn sie nur einen Job hatte.
„Ich glaub, ich muss heut den Leichenwagen kommen lassen, wenn ich heut nach Hause komme“, warf sie ein, als sie zu Misty an die Pinnwand kam.
„Was hast du gemacht?“, fragte Misty schmunzelnd.
„Etwas, was ich schon lang hätte machen sollen, ich hab die Streithähne angestachelt und dann allein gelassen“, bemerkte sie und sah auf der Liste nach, welche Route sie nehmen musste.
„Ja, das gibt wirklich Tote, aber ich bin stolz auf dich, musste mal sein. Und welche Route hast du heute?“, fragte Misty.
„Mal ne Neue, wird heut ja doch nen guter Tag. Zumindest bis heut Abend. Ich sollte eindeutig umziehen“, erklärte sie und begann ihre Route. Zu Hause hatte sie an diesem Abend auch Ruhe, Carmen schmollte in der Wohnung und Harris war nach San Fransisco geflogen. Sie hatte ihre Freundin nicht gefragt, ob er nun nicht mehr Teil ihres Lebens war, sie hatte auch keine Möglichkeit dazu gehabt, weil Carmen jetzt auch nicht mehr mit ihr sprach.

Drittes Kapitel


Die Woche verging und sie genoss es die Abende zu Hause zu verbringen. An diesem Freitagabend als ihre Sperrzeit vorbei war bekam sie aber einen Anruf aus der Escort-Agentur.
„Du kennst meinen Körper langsam besser als ich, Apolla“, begrüßte Lindsay sie gut gelaunt.
„Booker ist niedergestochen worden“, erkannte Apolla, die sehr erschöpft klang.
„Was? Wann? Wo? Wie geht’s ihm?“, fragte sie entsetzt.
„Das ist noch in der Schwebe, er ist im State Hospital“, erklärte Apolla.
„Kommst du mit dem Büro allein klar?“, fragte Lindsay besorgt.
„Im Moment ist noch nicht viel los, später könnte ich vielleicht Hilfe brauchen“, erklärte Apolla.
„Halt die Ohren steif, ich fahr ins Krankenhaus und dann komm ich zu dir. Verdammt, ich weiß nicht mal seinen richtigen Namen, den müsst ich doch eigentlich wissen, oder?“, fragte Lindsay etwas durcheinander.
„Roberto Malucuani, sein Geburtsdatum ist der 15. Mai 1972“, erklärte Apolla.
„Bitte sag mir, dass du das grade abgelesen hast, sonst wär das echt gruselig“, bemerkte Lindsay verwirrt.
„Ja, hab ich, so gut kenn ich ihn dann auch nicht. Ruf mich vom Krankenhaus mal an, ich will wissen was da los ist“, bat Apolla und Lindsay legte wieder auf um zum Krankenhaus zu fahren. Als sie die Tür aufriss, stand Carmen vor ihr.
„Ich hab mich jetzt abgeregt und wir können reden“, entschied sie.
„Das ist klasse, Süße, aber ich muss ins State Hospital, ein Freund von mir wurde niedergestochen“, erkannte sie hektisch.
„Okay, oh man, scheiße, dann reden wir auf dem Weg dorthin. Wird er es überleben?“, fragte Carmen mitfühlend.
„Das werde ich erst da erfahren, okay, komm mit“, entschied sie und die Frauen fuhren in die Klinik.
„Roberto Malucuani, wo liegt der?“, fragte sie die Schwester an der Rezeption.
„Und Sie sind seine …?“, fragte die Schwester skeptisch.
„Seine kleine Schwester, er ist niedergestochen worden, ich kann vielleicht Blut spenden“, bemerkte sie gespielt besorgt.
„Natürlich, er ist noch im OP, sprechen Sie einfach jemanden auf dem zweiten Stock an, dass Sie Blut spenden möchten“, erklärte die Schwester und sie ging mit Carmen Richtung Fahrstuhl.
„Ich vergess immer, dass es zu deinem Job gehört, Lügengeschichten zu erzählen“, konterte Carmen mit einem seltsamen Unterton, während sie auf den Fahrstuhl warteten.
„Noch nicht so ganz mit mir im Reinen, was?“, konterte Lindsay nur.
„Es ist noch in der Schwebe. Woher kennst du den Kerl eigentlich?“, fragte sie neugierig.
„Er ist mein Boss“, sagte sie nur.
„Welcher Boss?“
„Was denkst du wohl?“
„Hast du mit ihm geschlafen?“, fragte Carmen neugierig und die Fahrstuhltür sprang auf.
„Klar, das war das Einstellungsgespräch“, erklärte sie cool.
„Ernsthaft?“, fragte Carmen und ging mit ihr in die Kabine.
„Nein, nicht ernsthaft, als er weg ist, hat Harris wohl deinen Sinn für Sarkasmus mitgenommen, er ist nur ein Freund, wenn du ihn siehst, weißt du auch wieso“, entgegnete sie und drückte auf den Knopf.
„Er ist nicht weg!“
„Was meinst du damit?“
„Er kommt zurück wenn er wieder in der Stadt ist“, erklärte Carmen trocken.
„Das ist gut, ich mag ihn wirklich!“
„Er mag dich auch, wie es scheint“, erkannte Carmen ruhig.
„Er mag nur mein Callgirl-Ich flachlegen, das wollen die meisten Männer ohne das es was bedeutet. Ich kann mich von ihm fernhalten, wenn du das willst“, schlug Lindsay vor und der zweite Stock wurde angezeigt.
„Nein, darüber haben wir auch gar nicht wirklich diskutiert, ist schon okay, versuch nur nicht mehr in Dessous vor ihm rumzustolzieren, ja?“, bat sie und Lindsay nickte.
Im zweiten Stock sprachen sie einen Arzt an und der erklärte ihnen, dass Booker auf der Intensivstation liegen würde, aber sein Zustand stabil war.
„Na ja, auf die Intensiv kommen wir wohl nicht, auch wenn ich noch so gut lüge. Zumindest wird er es überleben, ich muss jetzt ins Büro, unsere Empfangsdame dreht sonst noch hohl. Soll ich dich irgendwo absetzen oder nimmst du ein Taxi?“, fragte Lindsay planend.
„Das belastet dich nicht besonders mit deinem Chef, oder?“, fragte Carmen verwundert.
„Er ist nen Arsch, irgendjemanden muss er einfach auf die Füße gestanden sein. Er wird’s ja überleben, also kein Drama“, entschied Lindsay und ging wieder Richtung Fahrstuhl.
„Warum zum Henker sind wir dann hierhergekommen, wenn dir das so am Arsch vorbei geht?“, fragte Carmen kopfschüttelnd.
„Es geht ums Geschäft, ich muss den anderen Mädels doch erklären können mit was sie rechnen müssen“, erkannte Lindsay cool und drückte den Knopf.
„Ich erkenn dich gar nicht wieder“, entschied Carmen etwas verwirrt.
„Tut mir leid, das ist mein Mandy-Ich, wenn ich in dem Job bin, bin ich so kalt und distanziert, das schützt einen vor Gefühlen. Ich wünschte, ich hätte Mandy letzte Woche dabei gehabt, als ich diesen Kunden hatte“, erklärte sie nachdenklich und lehnte sich gegen die Wand.
„Du hast mit einem Kerl geschlafen und dich in ihn verguckt?“, fragte Carmen besorgt.
„Nein, das war kein Sex-Kunde, das war ein Postkunde. Du hättest ihn sehen sollen, blond, Grübchen, Bauchmuskeln, Brustmuskeln, überall Muskeln“, schwärmte sie von Zack.
„Klingt himmlisch, hast du ihn angesprochen?“, fragte Carmen.
„Nicht so ganz, ich hab halt den normalen Smalltalk durchgezogen, aber als ich dann wegen meiner Bissverletzung Schmerzen hatte, hat er sich rührend um mich gekümmert“, erwiderte Lindsay.
„Du hast ihm deine Nummer nicht gegeben, oder?“, fragte Carmen enttäuscht.
„So ganz offiziell nicht, nein, aber ich hab Mandys Visitenkarte in seine Tür gesteckt, ich weiß ganz dummer Fehler. Aber wie auch immer, er war nur kurz in der Stadt, er kam anscheinend aus Hawaii und seine Anwältin hat auch ganz eindeutig ein Auge auf ihn geworfen“, dachte sie laut nach.
„Hat dein kleiner Freund zufällig eine deutliche Narbe über seinem linken Auge und grüne Augen?“, fragte Carmen erkennend.
„Ja, du kennst ihn?“, fragte Lindsay verwundert.
„Die ganze Stadt kennt Zackery Brakeshore, meine Liebe, er ist grad auf der Top Ten Liste der reichsten Junggesellen der Stadt auf Platz Eins geklettert nach dem Tod seines Großvaters“, erklärte Carmen.
„Sorry, zwei Jobs, ich komm nicht dazu Klatschpressezeitschriften zu lesen. Klasse, jetzt hab ich Richard Gere meine Callgirl-Karte zukommen lassen, ich mach manchmal echt dumme Sachen, echt jetzt“, entschied Lindsay von sich selbst enttäuscht.
„Weiß er, dass du Mandy bist?“, fragte Carmen.
„Natürlich nicht!“
„Dann ist ja alles noch nicht zu spät“, entschied Carmen.
„Er ist über den großen Teich geflogen, schon vor ein paar Tagen, ich flieg ihm nicht hinterher, wenn du das damit meinst“, entschied sie.
„Du solltest echt mal mehr Zeitung lesen, Zack Brakeshore wird Anfang nächster Woche die Firma seines Großvaters hier in Little Rock übernehmen und dazu eine riesige Party veranstalten. Du lässt seinem Büro einfach eine Broschüre von eurem Service zusenden und wenn er sich eine Frau von euch ausgesucht hat, dann sagst du kurzfristig, dass die Person nicht kann und das du jemanden als Ersatz schickst. Das wirst dann du sein und dann verliebt ihr euch, heiratet und ich verbringe meinen Ruhestand mit meinem Göttergatten und euch auf Honolulu“, erkannte Carmen planend.
„Du guckst echt zu viel fern, wird echt Zeit, dass du dir wieder nen Job suchst“, tat sie das als Schwachsinn ab und ging in den gekommenen Fahrstuhl.
„Hey, du kümmerst dich doch sicher um den Service, während Booker gesund wird, du hast Zutritt zu jedem Winkel des Büros, du wärst doch dämlich, das nicht auszunutzen“, drängte Carmen ihre Freundin.
„Man, ich muss echt verknallt sein, ich denk grad wirklich darüber nach“, realisierte sie plötzlich und Carmen sah sie an.
„Siehst du? Ich meine, es kann ja auch sein, dass er den Reizen seiner Anwältin erliegt und sie einlädt, aber einen Versuch ist es wert“, schlussfolgerte Carmen.
„Du hast Recht, das sollte ich echt versuchen. Hilfst du mir dabei?“, fragte sie hoffend.
„Klar, nichts lieber als das“, schmunzelte Carmen und so war es ausgemacht.

Als Lindsay an diesem Abend ins Büro kam, kam Apolla ihr schon entgegen.
„Und?“, fragte sie aufgekratzt.
„Er ist auf der Intensiv, aber stabil. Wie viele Mädels sind heute draußen?“, fragte sie planend und ging zum Tresen.
„Drei, was hast du vor?“, fragte Apolla verwundert.
„Eine Krisensitzung, sag den Mädels, sobald sie fertig sind, sollen sie ins Büro kommen“, bat Lindsay und ging in Bookers Büro um sich wie selbstverständlich auf seinen Schreibtischstuhl zu setzen und seinen Platz einzunehmen.
„Ist er tot?“, fragte eine Begleiterin, als sie an Apolla vorbeikam, die verwirrt Richtung Bookers Büro sah.
„Äh … ich denke nicht“, erklärte sie nachdenklich.
„Sind wir sicher, dass sie ihn nicht niedergestochen hat, um seinen Platz einzunehmen?“, fragte die Begleiterin, Apolla skeptisch.
„Ich bin zu 95% sicher, dass sie es nicht war“, erwiderte Apolla, aber sie klang nicht sehr sicher.
„Schläft sie vielleicht mit ihm?“, fragte sie wieder Apolla.
„Nein, da bin ich echt ganz sicher!“
„Warum kennt sie dann sein Passwort?“, wollte die Begleiterin wissen, als sie sah, dass Lindsay an seinem PC arbeitete.
„Keine Ahnung, frag sie doch“, bemerkte Apolla und die Begleiterin stolzierte in ihren Highheels in Bookers Büro.
„N’Abend, Mandy, was machst du da?“, fragte die Begleiterin, die Brandy hieß und stellte sich vor den stabilen Holztisch.
„Ich versuche das Chaos zu managen, hast du frei heute?“, fragte Lindsay ohne aufzusehen.
„Wär ich dann hier?“
„Richtig, blöde Frage. Du hast das Ehepaar heut Abend, oder?“, fragte Lindsay.
„Ja, sieht so aus. Bist du jetzt der Boss hier?“, fragte Brandy cool.
„Du kannst den Job auch machen, wenn du willst, aber ich denke du würdest Probleme haben mit deiner Legasthenie“, entschied sie arbeitend.
„Du bist ganz schön arrogant mit deinem Highschool-Abschluss“, entgegnete Brandy trotzig.
„Lass es mich einfach machen, bitte“, bat Lindsay.
„Wenn’s dir Spaß macht, meinen Segen hast du. Ich muss jetzt los, ich bin morgen in der Schonzeit, nur das du es weißt“, erklärte Brandy und stolzierte wieder davon.
Lindsay schlief am Schreibtisch ein und wurde tags drauf von Apolla geweckt.
„Mandy, das Krankenhaus hat angerufen, Booker ist aus der Intensiv raus“, erklärte Apolla und stellte ihrer Kollegin einen Kaffee hin.
„Wie spät haben wir es?“, fragte sie verschlafen.
„Halb sieben, du hast noch genug Zeit. Willst du noch ins Krankenhaus vorher?“, fragte Apolla und Lindsay stand auf.
„Ich hab keine Zeit dazu, tut mir leid, sag ihm nen Gruß, wenn du ihn besuchen gehst. Ich muss jetzt zur Arbeit, zu meiner richtigen Arbeit“, erkannte sie und rieb ihren Nacken.
„Du solltest dir heute freinehmen“, schlug Apolla vor.
„Ja, sollte ich, aber ich hab keine Urlaubstage mehr. Ich komm nach Feierabend wieder hierher, warum hast du mich eigentlich nicht geweckt?“, fragte sie schläfrig.
„Bin selbst eingepennt, sorry, ich bring meinen Sohn jetzt in die Schule und dann komm ich wieder hierher zurück. Es ist übrigens keins der Mädels hier aufgetaucht, als ich darum gebeten habe, die hören glaub ich nur auf Booker, das könnte nen Problem werden. Ich teil dich in nächster Zeit nicht ein, richtig?“, fragte Apolla.
„Ja, sieht so aus, ich werde hier erst mal Boss spielen. Danke für den Kaffee“, bedankte sie sich und ging mit dem Mitnehmkaffee aus dem Büro.

Viertes Kapitel


Es wurde langsam zum Ritual, dass Lindsay zu spät kam und sie wusste nicht, wie lang sie ihren Job bei der Post noch behalten würde. Doch diesmal war ihr Chef krank und sie hatte freie Bahn zur Pinnwand. Doch Misty stand wieder an der Pinnwand und musterte sie in ihrer schlampig angezogenen Uniform.

„Es ist langsam beleidigend, dass du mir nicht sagst, wer er ist“, entschied ihre Kollegin.
„Du gehst mir langsam echt auf den Geist, na gut, ich arbeite nachts, bist du jetzt zufrieden?“, fragte Lindsay genervt und sah auf die Liste.
„Hast du Geldprobleme, oder so? Ich meine, das Gehalt hier ist kein Hauptgewinn, aber ich kann gut damit leben“, erklärte Misty verwundert.
„Ich arbeite hier nur halbtags, das weißt du doch, oder?“, fragte Lindsay und ließ sie an die Pinnwand, als sie ihre Route gesehen hatte.
„Ne, wusste ich nicht, ich dachte immer, du wärst nur faul“, schmunzelte Misty.
„Danke, sehr nett, wie auch immer, ich arbeite noch bis ein Uhr morgens, da hab ich nicht viel Zeit zum schlafen“, entschied Lindsay und wollte losgehen.
„Sagst du mir, was du mitten in der Nacht für einen Job machst?“, fragte Misty verwundert.
„Äh, nicht wirklich, nein. Ich muss jetzt los, ich brauch diesen Job hier“, erwiderte sie kurz angebunden und ging zu ihrem Postauto.
Sie war grad in ihr Auto gestiegen, als ihr Handy klingelte. Es war die Agentur.
„Apolla, ich hab dich doch gebeten, mich nur im Notfall unter dieser Nummer anzurufen“, erwiderte sie nicht erfreut.
„Die Mädels sind jetzt da“, erkannte Apolla nur.
„Gut für sie, ich arbeite grade, du musst sie über alles informieren und ihnen sagen, dass ich in nächster Zeit alles leite, mehr wollt ich ihnen auch nicht sagen“, entschied Lindsay und legte einfach wieder auf. Apolla rief noch einmal an, aber sie ließ das Handy einfach auf dem Sitz neben ihr liegen und reagierte nicht darauf. Nachdem sie geduscht hatte, ging sie an diesem Abend wieder in die Agentur. Sie hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend, weil Apolla ein paar Mal während ihrer Schicht angerufen hatte, sie aber nie darauf reagiert hatte.
„Sieh mal an, wer sich da noch her traut“, kommentierte Apolla ihre Ankunft.
„Verdammt, ich habe einen Tagesjob, das weißt du, nerv mich nicht“, entschied sie, anzugreifen.
„Wie kannst du mir das antun? Ich hab nur diesen Job und wenn hier alles zusammenbricht während seiner Abwesenheit, bin ich meinen Job auch los“, murrte Apolla, die ziemlich gestresst schien.
„Ja, tut mir leid, aber ich kann nicht nur von diesem Job hier leben, vor allem muss ich meinen guten Ruf wahren, denn mein Dad ist ein hohes Tier in der Politik und meine Mutter ist in vielen Frauenvereinen, wenn die wüssten was ich hier veranstalte, wenn die Öffentlichkeit das wüsste, da wär echt was los“, erklärte Lindsay und kam zu ihr an den Tresen.
„Du bist eine reiche Tochter?“, fragte Apolla etwas abfällig.
„Ich bin nicht stolz darauf und ich hab mich mit 18 von meinen Eltern losgesagt, ich bekomme keinen einzigen Cent von Ihnen, also sei nicht so abfällig“, bat Lindsay und setzte sich ans Telefon.
„Ich respektiere deine Selbstständigkeit, dass du dich eher verkaufst, als Geld von ihnen zu nehmen. Das war für uns beide ein langer Tag, machen wir einfach weiter“, bat Apolla versöhnlich und begann das Call-Center zu bedienen.

Nachdem sie eine ganze Weile telefoniert hatte, bekam sie einen Anruf, den sie eigentlich erwartet hatte, sie aber dennoch überraschte.
„Guten Abend, mir ist das etwas peinlich, ich würde gerne Ihre Dienste in Anspruch nehmen“, hörte er die sanfte, warme Stimme von Zackery Brakeshore am Telefon und sie ließ fast den Hörer fallen.
„Hallo?“
„Willkommen bei RedRose, mein Name ist Candy, was kann ich für Sie tun“, flötete mit einer helleren Stimme als ihrer eigenen in den Hörer.
„Das sagte ich gerade, bitte zwingen Sie mich nicht, dass zu wiederholen, ich werde genug Qualen haben, den Anruf meiner Anwältin später zu erklären“, bat Zack. Er schien schon etwas getrunken zu haben.
„Sicher, was für einen Typ von Frau bevorzugen Sie denn?“, fragte sie weiter.
„Blond, nicht zu dünn, eine Frau mit Klasse, ich nehme sie zu einer vornehmen Gesellschaft mit“, erklärte Zack und man merkte, dass ihm das wirklich nicht leichtviel.
„Da findet sich sicher etwas, geben Sie mir bitte das Datum und den Ort durch, wo sie unsere Mitarbeiterin treffen wollen“, bat Lindsay und nahm die Informationen an. Als sie aufgelegt hatte, pochte ihr Herz wie verrückt. Sie stand ruckartig auf, ging in Bookers Büro und nahm erst Mal einen großen Schluck aus Bookers versteckter Wodkaflasche.
„Alles klar bei dir? War der Anrufer gruselig?“, fragte Apolla, die hinter ihr herkam.
„Ich hab grad Zackery Brakeshore am Hörer gehabt“, erwiderte Lindsay und lehnte sich gegen den Schreibtisch.
„DEN Zackery Brakeshore? Man, bei dem hab ich am wenigsten gedacht, dass der es nötig hätte. Wen schicken wir ihm? Da könnte ein verdammt gutes Trinkgeld werden“, erkannte sie planend.
„Ich werde es machen“, sagte Lindsay nur.
„Ich dachte, du willst grad den großen Boss spielen“, wunderte sich Apolla.
„Ich will es machen“, verbesserte sich Lindsay.
„Passt du auf sein Profil?“, fragte Apolla.
„Ich werde passen!“
„Aber du machst nicht alles und so Neureiche wollen sicher alles ausprobieren!“
„Für ihn werde ich alles machen“, versprach Lindsay.
„Okay, jetzt hast du mich neugierig gemacht, was ist der Witz dahinter!“
„Das ist kein Witz, ich möchte es einfach machen, basta“, entschied sie ernst.
„Gut, du bist der Boss, aber du musst es gut machen, denn er wird seinen reichen Freunden davon erzählen und wenn du versagst macht uns Booker die Hölle heiß“, stellte Apolla klar.
„Ich werde es gut machen, ich werde es verdammt gut machen“, versprach Lindsay.
„Gut, dann bereite dich gut vor und ich krieg das halbe Trinkgeld“, handelte Apolla.
„Du kriegst sogar das ganze Trinkgeld“, versprach Lindsay.
„Du kennst den Kerl, oder? Ist er ein Ex?“, ließ Apolla nicht locker.
„Nein, ist er nicht“, erwiderte Lindsay, aber Apolla sah ihr schüchternes Gesicht, was sie gar nicht von ihr kannte.
„Du bist verknallt in ihn, oder?“, fragte sie erkennend.
„Das musst du nicht wissen, für das Geld wirst du einfach dazu schweigen, verstanden?“, fragte Lindsay.
„Das ist echt seltsam, aber ok. Ich muss das trotzdem in den PC eintragen“, erklärte Apolla.
„Klar, das machst du auch, aber ich sag nur, dass ich das mache und das ich erfolgreich sein werde“, erkannte Lindsay und das war das letzte was sie dazu sagte.

Früh am nächsten Morgen weckte Lindsay ihre Freundin in dem sie Sturm klingelte.

„Ist das irgendeine Bestrafung, oder hat dein Lebensstil endgültig dafür gesorgt, dass du durchknallst?“, fragte Carmen, die mit zerzaustem Haar und in einem Morgenmantel zur Tür kam.
„Du musst mir die Haare färben, du warst doch Friseuse vor deiner Hochzeit, oder?“, fragte Lindsay nur und drückte ihr ein Haarfärbemittel in die Hand.
„Du weckst mich um halb sechs in der Früh dass ich dir die Haare färbe?“, versuchte Carmen zu verstehen, was sie wollte.
„Ich muss in zwei Stunden zur Arbeit, das ist die einzige Möglichkeit das zu machen“, entschied Lindsay.
„Will ich wissen warum du jetzt Paris Hilton werden willst?“, fragte Carmen und Lindsay schüttelte den Kopf.
„Meinetwegen, aber irgendwann musst du mir das erzählen, komm rein“, fragte sie nicht weiter und blondierte Lindsay die Haare und die Augenbrauen.
„Dir steht blond, komischerweise“, betrachtete Carmen etwas später ihr fertiges Werk.
„Ja, siehst gut aus, danke. Tut mir leid, dass ich dich dafür so früh wecken musste, die zwei Jobs sind grad ziemlich zeitraubend. Geh zurück ins Bett zu deinem Mann“, entschuldigte sich Lindsay und stand auf.
„Er ist nicht da, schon wieder, es ist schwer für mich bei ihm zu bleiben, wenn er nie zu Hause ist“, dachte Carmen laut nach.
„Du kannst immer bei mir Schlafen, wenn du willst, aber ich komm erst spät heim“, bat Lindsay ihr an.
„Geht schon, danke, aber wundere dich nicht, wenn ich plötzlich in dein Bett gekrochen komme“, entschied Carmen.
„Bin manchmal auch sehr einsam, deshalb freu ich mich über Gesellschaft. Zack steht auf Blond“, gestand Lindsay plötzlich.
„Er hat also angerufen“, schlussfolgerte Carmen.
„Ja, gestern Nacht, er will ne Blondine, also kriegt er ne Blondine“, erklärte Lindsay cool.
„Wär ne Perücke nicht einfacher gewesen?“, fragte Carmen kopfschüttelnd.
„Hattest du schon mal Sex mit ner Perücke auf?“, fragte Lindsay keck.
„Aber deine Intimbehaarung ist doch auch nicht blond!“
„Welche Intimbehaarung?“, fragte sie grinsend.
„Ach richtig, Callgirl, da ist Körperbehaarung nur störend. Kann ich dir nen Frühstück anbieten, jetzt wo ich eh wach bin?“, fragte Carmen und Lindsay nickte.

Nach dem Frühstück hatte Lindsay noch etwas Zeit, deshalb probierte sie noch ein paar Outfits für ihren großen Abend aus. Aus Spaß testete sie wie ihre Privatschuluniform mit den blonden Haaren aussah.

„Hey, du hast dein Handy bei mir … oh man darauf war ich jetzt vorbereitet“, erwischte Carmen sie, wie sie im Sexy Britney-Spears-Stil vor ihrem Wohnzimmerspiegel poste.
„Ich bin echt heiß in dem Outfit, ich sollte mal überlegen so auf Tour zu gehen“, dachte Lindsay laut nach.
„Mit deinem Louisiana-Akzent wäre das doch viel zu offensichtlich, oder?“, fragte Carmen schmunzelnd.
„Ja, vermutlich. Man, langsam aber sicher muss ich los, ich bin mal gespannt was Misty zu meiner Blondierung sagt, ich will es ehrlich gesagt gar nicht wissen“, erkannte sie nachdenklich und ging ins Schlafzimmer, um sich in ihre Dienstuniform zu schmeißen.
„Du bist irgendwie attraktiver wenn du blond bist, nicht dass du nicht sonst auch beneidenswert gut ausgesehen hast, aber jetzt kommen deine Augen super zur Geltung“, bemerkte Carmen, als sie Lindsay in ihrer Uniform sah.
„Vergiss es, ich schlaf nicht mit dir“, schmunzelte Lindsay und zog ihre Mütze auf.
„Du bist gar nicht mein Typ, keine Sorge. Fühl dich hier wie zu Hause, ich komm vermutlich nicht vor Mitternacht heim, ich hab jetzt echt mehr Respekt vor meinem Boss im Escort-Service“, erkannte Lindsay und ging wieder zur Arbeit.
Viel zu schnell kam das Treffen mit Zack. Sie war so nervös, als wäre es ihr erstes Date. Sie musste sich das verkneifen, sie musste seriös bleiben um das Geschäft nicht zu gefährden. Sie trug ein wunderschönes rotes Abendkleid, weil sie fand, dass hatte etwas ironisches.
„Ich hab dir leider keine Brillanten, aber das sind echte Perlen, also nicht verlieren“, erkannte Carmen, die ihrer Freundin beim Fertigmachen half.
„Ich glaub, ich muss mich übergeben“, erkannte Lindsay, die ihre langen blonden Haare zu einem Dutt hochsteckte.
„Untersteh dich, das Kleid wollen wir morgen zurückbringen. Versprich dir aber nicht zu viel, vielleicht will er auch nur eine schnelle Nummer und fertig“, nahm Carmen ihr etwas den Wind aus den Segeln.
„Weiß ich doch, ich kann doch trotzdem etwas nervös sein, oder? Aber wenn er sich nicht sofort in mich verknallt muss er echt blind sein, ich sehe Hammer aus in dem Kleid“, entschied Lindsay und Carmen lächelte sie an.
„Ja, das tust du. Wenn er dir ein gutes Trinkgeld gibt kannst du das Kleid sogar behalten. Du musst los, dein Taxi wartet sicher nicht länger“, machte Carmen ihr Mut und sie zog ihren Mantel an.
„Hilfst du mir das zu überstehen, wenn ich ihn danach umso mehr begehre?“, fragte Lindsay hoffend.
„Musst du das wirklich noch Fragen? Natürlich tu ich das. Pass auf dich auf, Kleines“, bemerkte Carmen und ließ sie ziehen.

In dem Taxi das sie zu dem ausgemachten Treffpunkt fuhr roch es komisch was bei ihrem flauen Gefühl im Magen überhaupt nicht förderlich war. Der Taxifahrer sah sie etwas schräg an, als er sie mutterseelenallein am Riverwiev-Park ablud, doch diesen Punkt hatte Zack mit ihr ausgemacht.
Sie war etwas früh dran also setzte sie sich auf eine Parkbank. So arg außerhalb hatte sie noch keinen Kunden empfangen, sie hoffte nicht, dass er sie gleich dort nehmen wollte, denn es war nicht wirklich warm an diesem Abend. Sie kuschelte sich in ihren Mantel und ein paar Minuten später fuhr eine protzige Limousine vor. Sie war diese Fahrzeuge gewöhnt, aber sie hauchten ihr jedes Mal ein neues Gefühl von Glamour ein.

Der Fahrer stieg aus und hielt ihr die Tür auf. So galant wie möglich versuchte sie einzusteigen.
„Guten Abend“, begrüßte Zack sie höflich, als sie auf der anderen Seite der Sitzbank Platz nahm.
„Guten Abend“, erwiderte sie schüchtern.
„Verzeihen Sie diese Spionageaktion, meine Investoren sollen wirklich nicht glauben, dass ich keine Frau bekommen könnte. Sie sind genauso wie Ihre Kollegin Sie mir versprochen hat. Verzeihen Sie, dass klang jetzt abwertend, aber ich denke, Sie sind das gewöhnt. Ich wollte damit sagen, dass Sie wunderschön aussehen. Champagner?“, fragte Zack nervös.
„Ja, bitte“, erkannte Lindsay und sie sagte diese zwei Worte ziemlich hektisch.„Sie sind ziemlich nervös, was? Dabei müsste ich doch der Nervöse sein, ich bin hier der Anfänger und sie die Expertin“, erkannte Zack und schenkte ihr ein Glas Champagner ein.
„Sie sind ein großer Kunde unseres Unternehmens, ich begegne Ihnen nur mit dem nötigen Respekt. Ich bin übrigens Mandy, aber Sie können mich heute Abend nennen wie Sie wollen“, bemerkte sie und bekam ihre erotische Callgirl-Stimme wieder.
„Wie wär’s mit Lindsay Kennedy, so heißen Sie doch, oder?“, fragte er plötzlich.
„Was?“, fragte sie entsetzt.

Fünftes Kapitel


„Ich weiß, wer Sie sind, Lindsay“, gestand Zack und sie lief rot an.
„Na klasse und ich dachte der Abend wird etwas seltsam, aber das ist megapeinlich“, stotterte sie und stieg aus dem Wagen aus.
„Warten Sie, ich bin geschmeichelt, dass Sie sich als Callgirl ausgeben um mich wieder zu sehen, aber ich wär auch so mit Ihnen ausgegangen“, versprach Zack und stieg auch aus.
„Ihre Quellen sind gut, aber nicht perfekt, wie mir scheint. Ich gebe mich nicht als Callgirl aus, ich bin eins, schon seit zwei Jahren. Ich habe als Postbotin nicht genug verdient, bis ich Sie getroffen habe, hab ich mich nicht dafür geschämt, aber plötzlich ist alles anders. Man, warum erzähl ich Ihnen das überhaupt, Sie sind ein Kunde, ich sollte Sie bedienen und einfach mein anrüchiges Leben weitermachen wie vorher“, entschied sie und setzte eine versteinerte Miene auf.
„Ich hab nebenbei als Oben-Ohne-Kellner in dieser Bar auf Maui gearbeitet, während mein Surfshop nicht so gut lief“, entgegnete er plötzlich.
„Klasse, jetzt stell ich mir Sie Oben-Ohne vor, das macht es nicht besser“, murmelte sie verlegen.
„Später, Süße, später, erst Mal gehen wir auf diese Veranstaltung. Ich hab gehört Sie wären eine Frau aus gutem Hause, das wird für Sie dann ein Heimspiel, Sie müssen mich dadurch führen, ich bin von Hippies aufgezogen worden, ich kenn diese ganze Etikette nur aus Büchern“, bat er versöhnlich und sie stieg wieder in den Wagen.

An seinem Arm ging Lindsay galant an diesem Abend durch die Eingangshalle des Zentrums, in dem Zack seine Investoren treffen wollte. Sie fühlte sich das erste Mal nicht wie eine Edelhure, sondern wie eine echte Frau.
„Mr. Brakeshore, da sind Sie ja, Sie sind etwas spät“, begrüßte sie einer der Investoren.
„Ja, ich bin noch auf Maui-Zeit eingestellt, da ticken die Uhren noch etwas anders. Ich musste noch meine wunderschöne Freundin abholen, Mike, das ist Lindsay Kennedy von den Alexandria Kennedys“, stellte Zack, Lindsay vor.
„Sehr erfreut, ich bin Michael Monahan, ich möchte Brakeshore-Enterprises kaufen“, erklärte Mike offen.
„Das dachte ich mir schon, wir reden offen über alles, ist es nicht so, Schatz?“, spielte sie die Rolle der Freundin wie er es anscheinend wollte.
„Ja, so ist es. War schön Sie zu sehen, Mike, ich muss jetzt auch weiter“, bemerkte Zack und ging mit ihr weiter.
„Sie wollen also mit mir angeben, wir mir scheint“, erkannte Lindsay.
„Zu viel?“, fragte er nur.
„Ein wenig, Sie sollten mich für den Anfang nur als Ihre Freundin Lindsay ausgeben, oder einfach Lyn“, bat sie.
„Ihre Eltern wissen nicht, was Sie machen, oder?“, fragte Zack sie.
„Was denken Sie?“, fragte sie zurück.
„Vermutlich nicht. Wollen Sie was trinken?“, wollte Zack höflich wissen.
„Ja, etwas Nichtalkoholisches wäre für den Anfang nicht schlecht“, erkannte sie.
„Ich bring Ihnen einen O-Saft, wollen Sie auch was zu knabbern, Sie haben sicher heut noch nichts gegessen um in dieses Kleid zu passen“, schlug er vor und ging davon.
„Sie können sich glücklich schätzen, diesen Traumtypen abbekommen zu haben“, erkannte eine Frau in einem schicken blauen Kleid neben ihr.
„Ja, scheint so. Ich bin Lindsay, übrigens“, stellte sich Lindsay vor.
„Maura, Michael ist mein Ehemann“, erklärte die Frau und lächelte sie an.
„Sehr erfreut. Sie sind sicher schon öfters auf solchen Partys gewesen, gibt es hier irgendwelche Regeln zu beachten?“, fragte Lindsay freundlich.
„Nicht zu viel trinken, so viel Häppchen schnappen wie möglich und Klappe halten, wenn die Männer über Geschäfte reden“, erklärte sie ihr die Regeln.
„Gut, das kann ich mir merken, danke. Von welcher Agentur kommen Sie?“, fragte sie keck.
„Wie meinen?“, fragte sie verwundert.
„Sie sehen zu gut aus für ne Ehefrau, ich war oft genug auf solchen Veranstaltungen um das zu sehen“, entgegnete Lindsay.
„Ich bin wirklich seine Frau, mein Bruder ist ein Schönheitschirurg in Malibu, dachte nicht, dass Zack Brakeshore so jemand nötig hätte“, erklärte Maura und Lindsay wollte vor Scham im Boden versinken.
„Ich bin keine von denen, hey ich bin doch viel zu gut gekleidet für ne Hure“, erkannte Lindsay cool.
„Ich dachte schon, solche Anschuldigungen sollten Sie hier nicht so laut aussprechen, die Presse ist auch hier“, schluckte Maura ihre Lüge und Lindsay lächelte matt.
„Hier Schätzchen, O-Saft und Salzbrezeln, das du den Abend gut überstehst“, bemerkte Zack, als er zurück zu ihr kam.
„Wirklich lieb von dir, danke. War schön Sie kennengelernt zu haben“, bemerkte Lindsay und ging mit Zack weiter.
„Man, der Tag wird immer peinlicher“, entgegnete Lindsay.
„Was hab ich gemacht?“, fragte Zack erstaunt.
„Sie gar nichts, ich hab nur irgendwie keinen Lauf heute. Salzbrezeln sind jetzt perfekt, Sie machen sich echt gut bis jetzt“, erklärte sie und er lächelte sie charmant an.
„Sie machen sich auch nicht schlecht. Ich muss einige Ärsche küssen heute Abend, danach widme ich mich ganz Ihnen. Genießen Sie den Abend“, erkannte er und den restlichen Abend sah sie ihn nicht mehr. Ihr Traum-Date hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt.

Lindsay war keine große Trinkerin, aber an diesem Abend trank sie vor lauter Frust viel zu viel. Als Zack kurz vor Mitternacht zu ihr kam, saß sie in einem Eck und döste halber auf einem Stuhl ein.
„So, tut mir leid, dass das solange gedauert hat, wir können jetzt gehen“, erkannte Zack freundlich.
„Gut, gehen wir“, murmelte sie und stellte sich etwas unsicher auf ihre Stöckelschuhe.
„Geht’s Ihnen gut?“, fragte Zack verwirrt.
„Ja, alles bestens, bringen wir das nur hinter uns“, erkannte sie und versuchte dabei nicht zu lallen.
„Sie sind besoffen, oder?“, fragte Zack erkennend.
„Nein, ich bin nur müde“, log sie und hakte sich bei ihm unter.
„Sie stinken als wären sie eine Nacht in einer Destilliere gefangen gewesen, ich schlafe nicht mit Ihnen wenn Sie bewusstlos sind“, wurde er wütend.
„Entschuldigen Sie mich für nen Moment“, bemerkte sie, zog ihre Schuhe aus und stolperte zu den Toiletten.

Nachdem sie sich 15 Minuten übergeben hatte, war sie wieder ziemlich nüchtern und sie kramte in ihrer Tasche herum um ihre Zahnbürste herauszusuchen. Sie hatte immer alles für jede Gelegenheit dabei, sie hatte sich das ein Jahr zuvor angewöhnt, um für jede Gelegenheit gerüstet zu sein.

„Ist jemand außer Ihnen da drin?“, hörte sie Zacks Stimme plötzlich von draußen.
„Nein, ich bin allein, wieso?“, rief sie unsicher zurück.
„Alles wieder draußen?“, fragte er freundlich.
„So gut wie, kommen Sie ruhig rein“, erkannte sie und verstaute ihre Zahnbürste hektisch.
„Ich hätte Sie nicht so anfahren sollen, Sie haben sich so viel Mühe für heut Abend gemacht und ich beachte Sie gar nicht“, erkannte er und kam in die Damentoilette.
„Ich bin eigentlich keine Trinkerin, wie Sie sehen, sonst wäre ich kaum von so’m bisschen Sekt betrunken geworden. Aber jetzt geht es mir besser, der Abend kann weitergehen“, versprach sie und zog ihre Schuhe wieder an.
„Deshalb die gigantische Tasche, Sie haben ein ganzes Schönheitsstudio da drin“, schmunzelte er und sie lächelte matt.
„Ja, sieht so aus. Gehen wir“, bat sie und hakte sich wieder bei ihm ein.
„Soll ich Sie nach Hause bringen?“, fragte er höflich.
„Von wegen, ich hab mich nicht den ganzen Tag in dieses Kleid gehungert, dass ich dann nicht Ihren tollen Körper ganz und gar sehen darf“, entschied sie cool.
„Sie dürfen in meinem Hotelzimmer erst Mal solang duschen wie Sie wollen und dann sehen wir wie sich der Abend noch entwickelt“, schlug er vor.
„Das klingt himmlisch, danke“, bedankte sie sich und er führte sie zur Limousine. Sie war so übermannt von seiner lieben Art, dass sie Sex mit ihm direkt in der Limousine hatte. Der Fahrer musste ein paar Runden gefahren sein, denn es war eine lange Strecke zurück in sein Hotel.
„Man, das war mein erster Limousinen-Sex, deiner sicher nicht, oder?“, fragte Zack als er sich wieder anzog und sie ihr Kleid auf dem Boden der Limousine aufhob.
„Nein, aber es ist der erste der mir richtig Spaß gemacht hat. Man, wo ist mein Kleid hingeflogen“, erklärte sie und kroch auf dem Boden herum.
„Ich war wohl etwas zu enthusiastisch, entschuldige. Ich such’s dir, nimm solang meine Jacke“, bat er und hang ihr seine Jackett-Jacke um.
„Danke, du bist echt zu gut um wahr zu sein. Ich würde das ja als Gratisversuch ansehen, aber mein Boss killt mich, wenn ich von dir ohne Kohle zurückkomme“, erklärte sie.
„Du siehst das als Job an?“, fragte er enttäuscht.
„Ich bin ein Callgirl, das war Sex, was daran war jetzt nicht mein Job?“, fragte sie kühl.
„Raus hier“, murmelte er wütend.
„Du kannst jetzt doch kaum sauer sein, du hast mich dafür engagiert und ich will meine 1000 Dollar dafür“, entschied sie standhaft.
„Verzieh dich, ich muss dir gar nichts zahlen“, war er abgebrüht und stieß die Wagentür der nun stehenden Limousine auf.
„Ich habe nur einen Body an, du Idiot“, wurde sie jetzt auch sauer.
„Tja, dein Pech, raus“, wütete er und sie schmiss seine Jacke auf den Boden des Wagens und kroch heraus.

Scheu wie ein Reh stolperte sie Barfuß und nur in ihrem Mieder durch die Straßen der Stadt. Sie musste sich so zusammenreißen nicht zu weinen, als sie in einen kleinen Supermarkt eintrat, der noch offen hatte. Von den letzten zwanzig Dollar die sie in der Tasche hatte, kaufte sie sichein Long-Shirt und Flip-Flops, dass sie nicht total nackt rumlief. In einem Straßeneck stehend rief sie Carmen an, obwohl sie genau wusste, dass sie sie weckte.

„Wenn du mich anrufst um mir von deiner tollen Nacht mit Grünauge zu erzählen, will ich das gar nicht wissen“, erwiderte Carmen schläfrig.
„Holst du mich bitte ab?“, fragte sie weinerlich.
„Was ist passiert, Süße?“, war Carmen plötzlich hellwach.
„Hol mich einfach ab bitte, ich bin an der Ecke JFK und McCain Drive“, bemerkte sie schniefend.
„Klar, brauch etwa 20 Minuten dahin. Brauchst du sonst noch was?“, fragte sie mit freundlicherer Stimme.
„Meine Jacke, bitte“, bat sie nur leise.
„Was zum Henker ist mit deinem guten Mantel passiert?“, fragte Carmen.
„Mach es einfach, bitte, ich erzähl’s dir nachher“, entschied sie.
„Klar, bis gleich“, versprach Carmen und legte wieder auf.

Sechstes Kapitel


Carmen hatte ihre Freundin schon die halbe Strecke zu ihrem Wohnhaus gefahren, als sie sie ansprach.
„Nettes Long-Shirt, hab dich nicht für einen Fan von Hello Kitty gehalten“, versuchte Carmen die Stimmung aufzulockern.
„Ich hasse Hello Kitty“, murmelte sie nur.
„Hast du zu viel getrunken?“, versuchte sie ein Gespräch anzufangen.
„Unter anderem“, war sie einsilbig.
„Wo ist dein Kleid?“    
„Auf dem Boden seiner Limousine!“
„Dann hattest du Sex mit ihm?“
„Sonst hätte ich wohl noch mein Kleid an, oder?“, fragte sie und sah sie mit verweinten Augen an.
„Hat er dich zu irgendwas gedrängt?“, fragte Carmen besorgt.
„Nein, er war der komplette Gentleman schlechthin“, erkannte sie.
„Was ist dann passiert?“
„Ich hab ihm das Herz gebrochen“, erklärte sie betrübt.
„Sein Herz? Er hat dich doch als Nutte, entschuldige, Begleiterin engagiert, das er sich dann verknallt hat ist doch sein Problem. Er hat dich benutzt und dann ohne Geld zurückgelassen, oder?“, fragte Carmen mitfühlend.
„Ja, so sieht’s aus, er wollte das Freundin-Erlebnis und ich hab das Arschloch-Erlebnis bekommen. Schade, dass ich jetzt Ludger zu ihm schicken muss“, entgegnete sie kühl.
„Ludger klingt nach nem Schläger!“
„Ist er auch, wer nicht zahlt kriegt die Fresse poliert, das ist Bookers Politik. Ich sollte ihn gleich mal anrufen“, zog sie ihr Handy aus ihrer Tasche.
„Untersteh dich, du magst ihn und willst ihn nicht auf dem Rinnstein verbluten sehen, ich kenn dich lang genug um das zu wissen. Du hast festgestellt dass ihr beiden perfekt harmoniert, Panik geschoben, dass das mit deinem Job kollidieren könnte und dich für das falsche entschieden“, schlussfolgerte Carmen.
„Wenn ich mal nen Kerl finde, der mich so gut kennt wie du, muss ich den dringend heiraten. Ich hab mir so viel Mühe gemacht und dann alles versaut, das ist sonst überhaupt nicht mein Stil“, entgegnete Lindsay und sie waren zu Hause angekommen.
„Fehler passieren eben und deinem Outfit nach zu urteilen dir heute besonders viele. Jetzt gehst du erst mal duschen und ich mach uns solang eine Suppe und Tee und danach sieht die Welt viel besser aus“, versprach Carmen mütterlich und sie gingen in ihre Wohnung.
„Was sag ich Booker nur, wo die Kohle geblieben ist? Oder Apolla, man ich hab so laut getönt, dass ich das nicht versaue, ich war ja so arrogant. Und anstatt mich wie eine Lady zu benehmen, beschuldige ich die Frau von Zacks Geschäftspartner eine Kollegin zu sein und besauf mich, ich hätte heut echt nicht dahin gehen sollen“, resümierte sie bei einer Tasse Tee spät in dieser Nacht mit ihrer besten Freundin ihren Abend.
„Harris kommt nicht wieder zurück“, warf Carmen plötzlich ein.
„Weiß ich doch, ich wollte dich nur nicht darauf ansprechen, weil es anscheinend zu schmerzhaft für dich ist. Er ist vermutlich in Florida bei seiner Mum und lässt sich faul bekochen, oder?“, fragte Lindsay.
„Ja, genau, du kennst uns auch ziemlich gut inzwischen. Komm, ich bring dich ins Bett, du solltest schlafen“, bemerkte Carmen und brachte sie ins Bett.

Am nächsten Morgen wurde sie wach mit überraschend wenigen Kopfschmerzen. Als sie Carmen mit jemandem reden hörte, zog sie ihren Morgenmantel über ihr Hello Kitty Long-Shirt, was sie immer noch trug, und ging nach draußen.

Draußen stand Zack, wieder lässig im Hawaii-Surferlook.

„Sie schläft und ich glaub auch nicht, dass sie Sie sehen möchte“, bat Carmen mit ernster Stimme.
„Schon gut, lass ihn rein“, bemerkte Lindsay ruhig und Carmen ließ ihn passieren.
„Lässt du uns kurz allein?“, bat Lindsay und sah Carmen in die Augen.
„Klar, ich mach unten Frühstück, ich ruf dich dann an, wenn es fertig ist“, erwiderte Carmen und verließ ihre Wohnung wieder.
„Du hast wirklich gute Leute, die mich finden konnten, ich steh in keinem Telefonbuch“, bemerkte sie kühl.
„Du hast eher geschwätzige Kolleginnen, ich bin heut Morgen zu deiner Arbeit gegangen, eine Kollegin hat mir deine Adresse gegeben. Es ist manchmal echt einfacher Sachen zu bekommen, wenn man so aussieht“, entgegnete er cool und deutete auf sein Gesicht.
„Ich hab nen Kater und keinen großen Nerv für weitere deiner Egotouren“, entschied sie müde.
„Tut mir leid, ich wollte nur charmant sein. Ich wollte dir deine Sachen zurückbringen, das Kleid sieht teuer aus und die Schuhe und den Mantel auch“, erkannte er und gab ihr eine Tüte mit ihren Sachen.
„Danke, noch was anderes?“, fragte sie und sah ihn mit ihren verweinten, müden Augen an.
„Ich bin ein Arsch!“
„Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Heilung, danke für die Entschuldigung. Ich muss jetzt bald zur Arbeit, also…“, drängte sie ihn wieder zu verschwinden.
„Ja, will dich gar nicht lange aufhalten, wollte dir das nur geben. Tut mir leid nochmal“, erkannte er etwas unsicherer über ihre kühle Stimmung und verschwand wieder aus der Tür.
„Zumindest weiß er gute Haute Couture zu schätzen. Ich mag das Kleid“, murmelte sie vor sich hin um die erstickende Stille in ihrer Wohnung zu durchbrechen und leerte die Tüte auf ihren Tisch aus. Ein dicker Briefumschlag fiel heraus. Sie öffnete den Umschlag und zog einen Brief heraus.

Liebe Lindsay

Das ist dein verdientes Geld samt Zinsen für die Unannehmlichkeiten. Ich hoffe, ich hab dir nicht zu viel Ärger bereitet, ich bin nur eine Person die sich sehr schnell sehr tief verliebt, liegt vermutlich an meinen überromantischen Hippie-Eltern. Ich entschuldige mich nochmal, du hast nur deinen Job gemacht, mehr nicht, bis auf das Ende war es hoffentlich ein schöner Abend für dich, für mich war er es, ich werde noch auf meinem Flug zurück nächsten Monat davon zehren.

Zack 

„Merkst du wie geschickt er einfließen lässt, wie lang du Zeit hast, einen romantischen Auftritt hinzulegen um ihm deine Liebe zu gestehen?“, fragte Carmen, als Lindsay ihr beim Frühstück das Geld und den Brief zeigte.
„Du solltest echt aufhören diese Telenovelas anzusehen, die weichen dein Hirn auf. Danke für das Frühstück, ich muss mich jetzt für die Arbeit fertig machen“, murmelte Lindsay und stand auf.
„Komm schon, du lässt ihn doch nicht einfach davonfliegen“, erwiderte Carmen enttäuscht.
„Doch, genau das werde ich tun. Hier hast du 200 Dollar, das ist dafür, dass du mich in den letzten Stunden so lieb umsorgt hast. Gönn dir einen SPA-Tag davon, dass brauchst du sicher grade. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mich angelogen hast, ich mach diese „Ich gehe, nein ich bleibe“-Parade von dir jetzt schon seit einem Jahr mit, glaubst du ich hätte nicht verstanden, dass das irgendwann endgültig wird?“, fragte Lindsay und drückte ihr zwei Scheine aus ihrem Umschlag in die Hand.
„Ich nehm kein Geld für eine Selbstverständlichkeit, schon gut“, entschied Carmen traurig.
„Bitte, ich will dir das schenken, wenn du es nicht ausgeben willst, dann leg es in ein Sparschwein. Ich muss jetzt los, Arbeiten und so ein Mist“, entgegnete Lindsay, nahm den Brief wieder vom Tisch und ging aus der Wohnung.
Da Lindsay jetzt jede Menge Geld zu Hause rumliegen hatte, entschied sie sich, dass Geld in einem Bankschließfach zu deponieren. Sie hatte noch eine Stunde Zeit und so ging sie zu ihrer Bank. Sie schien ziemlich seriös in ihrer Postuniform und bekam noch an diesem Tag eins zugewiesen. Zusammen mit dem Brief legte sie das Geld von Zack und ihrem Kunden zuvor hinein. Sie hatte die Befürchtung den Brief in einer irrationalen Minute zu zerreißen und wollte ihn so schützen, denn er war ihr wichtig, auch wenn sie das nie zugeben würde.

Als sie zur Arbeit kam, grinste Misty sie breit an.
„Natürlich musste er auf dich treffen“, erwiderte sie beschämt und hielt ihre Hand vors Gesicht.
„Du nagelst also Zackery Brakeshore, einen Nebenjob, na klar“, frotzelte sie.
„Ich arbeite Nachts und nagle nebenbei noch Zackery Brakeshore“, bemerkte sie cool.
„Alte, wann bist du so cool geworden?“, fragte Misty überrascht.
„Ich tu nur so, ich bin nur gestern bei ner Party auf ihn getroffen, hab einen One-Night-Stand mit ihm gehabt und das war’s“, erklärte sie.
„Auf welche Partys gehst du, wo du auf Zackery Brakeshore triffst?“, fragte Misty ungläubig.
„Wenn ich dir sage, was ich Nacht für Nacht mache, erzählst du das hier im ganzen Büro rum und das will ich nicht riskieren. Das Büro weiß sicher schon, dass ich das neue Opfer von Zack Brakeshore war und danke nochmal dafür“, entschied sie sarkastisch und ging zur Pinnwand.
„Ich bin kein Plappermaul“, grummelte sie.
„Doch, bist du. Klasse, die Route will ich heute nicht haben, tauschen wir?“, fragte sie und drehte sich zu ihr hin.
„Äh … auf gar keinen Fall. Schönen Tag noch“, konterte Misty und ging davon.
„Man, seit ich diesem Kerl begegnet bin, läuft gar nichts mehr rund“, murmelte sie und machte sich auf ihre Route, die auch am Haus seines Großvaters vorbeiführte.
Als hätte sie es geahnt stand er vor dem Haus mit einem Makler, zumindest sah der Kerl neben ihm so aus, als sie ihre Route lief.
Und dann stand er plötzlich neben ihr.
„Du willst diese Farce also aufrechterhalten, wie mir scheint“, sprach er sie an.
„Guten Tag, Mr. Brakeshore, ich hab heute keine Post für Sie, tut mir leid“, konterte sie höflich.
„Ja, ganz eindeutig. Hast du das Geld gefunden?“, fragte er.
„Psst, nicht so laut, ja, danke, du hättest mir echt viel Ärger erspart, wenn du das gestern schon gemacht hättest. Noch was?“, fragte sie kühl.
„Bitte gib mir eine zweite Chance auf ein Date“, bat er plötzlich.
„Zu viel Geld zum Ausgeben und so wenig Lebenszeit, was?“, fragte sie cool.
„Ich meine ein Gratis-Date, ich würde gern privat mit dir ausgehen“, erkannte er.
„Das hab ich schon kapiert, das nennt sich Sarkasmus, ist neu, kannst du nicht wissen. Du bist in einem Monat wieder auf der Insel, denkst du, du kannst mich mit deinen tollen grünen Augen so einlullen, dass ich dir dahin folge?“, fragte sie nicht begeistert und er begann sie stürmisch zu küssen. Für einen Moment wurde sie schwach und ließ ihn gewähren.
„Mein Großvater hatte die selben grünen Augen, er hatte auch einen ziemlichen Schlag bei Frauen gehabt, ich bin der Enkel von Ehefrau Nummer 4“, erwiderte er und sie stieß ihn sanft weg.
„Du bist nicht so unwiderstehlich wie du denkst. Sie das als zweites Date, das gab’s gratis, keine Sorge. Schönen Tag noch, Mr. Brakeshore“, fasste sie sich wieder und ging mit ihrer Tasche geschultert weiter und ließ ihn dort stehen.
Sie dachte eigentlich, sie hätte sich klar genug ausgedrückt, aber als sie zurück in ihre Wohnung kam, saß er auf ihrem Sofa und unterhielt sich mit Carmen.
„Klasse, jetzt muss ich umziehen“, entgegnete sie müde.
„Hör ihn doch an, ich glaube, er hat ein paar gute Argumente“, bat Carmen.
„Und jetzt hast du noch meine beste Freundin auf deine Seite gezogen, gratuliere. Ich muss mich umziehen und dann gleich wieder los, Apolla hat schon drei Nachrichten auf meiner Voicemail hinterlassen, dass sie mich braucht“, bemerkte sie und ging an ihnen vorbei ins Schlafzimmer. Er folgte ihr dreist.
„Live-Strip macht nochmal nen Hunderter“, erwiderte sie, während sie ihre Bluse aufknöpfte.
„Weißt du was? Sarkasmus steht dir überhaupt nicht. Du gehst heut also wieder mit einem Kunden aus?“, fragte er und sie hörte die Traurigkeit darüber in seiner Stimme.
„Nein, mein Chef hat letzte Woche bei einem Messerkampf kein Messer dabei gehabt und liegt jetzt im Krankenhaus. Ich schmeiße während seiner Abwesenheit die Agentur“, konterte sie und zog ihre Bluse aus ihrer Hose.
„Du bist die Chefin von dem Laden?“, war er überrascht.
„Ja, vorübergehend, ich hab ne super Empfangsdame, aber sie hat nen kleinen Sohn und den sieht sie grad gar nicht mehr. Gib mir mal das T-Shirt da drüben“, bat sie und er reichte ihr das Gewünschte.
„Wann schläfst du eigentlich?“, fragte er verwundert.
„Frühmorgens meistens, Rock“, bat sie und bekam auch den gereicht.
„Also ist ein Date mit mir eher ein zeitliches Problem?“
„Nein, es ist ein emotionales Problem, du hast geschrieben, dass du in mich verliebt bist, wie stellst du dir das vor? Ich komme um zwei Uhr nachts von einem Kunden heim und kriech dann zu dir ins Bett?“, fragte sie, zog ihre Hose aus und zog ihren Rock hoch.
„Dann kündige, ich kann dich bis zu deinem Lebensende mitversorgen, wenn die Firma erst mal verkauft habe, können noch unsere Enkel den lieben langen Tag nur surfen“, schlug er vor.
„Du musst mich nicht retten, danke!“
„Ich will dich nicht retten, ich will nur dich“, erkannte er und sie knöpfte ihren Rock zu.
„Und ich will weiter als Begleiterin arbeiten und als Postbotin, ich liebe mein Leben, so wie es ist“, versprach sie und zog ihre Römersandalen an.
„Red dir das bloß ein, du hast das alles auf dich genommen, die blonden Haare und so, nur um mich zu daten, das hat doch was zu bedeuten“, versuchte er aus ihr schlau zu werden.
„Ich hab mich auch mal eine Stunde Body-Painten lassen um wie eine Na’vi auszusehen, du weißt noch, Avatar, ich hab damals einen Sci-Fi-Mogul auf eine Konvention begleitet. Ich mach alles für Geld“, entgegnete sie und band ihre Haare neu.
„Du kannst dich da jetzt nicht mehr rausreden, du hast mir gestern schon gestanden, dass du das gemacht hast, weil du auf mich stehst“, erklärte er standhaft.
„Man, das hätte ich dir nie sagen sollen. Hör zu, ich war etwas von meinen Gefühlen übermannt gestern, das wird nicht mehr vorkommen, tut mir leid. Also, wenn du mir nicht in die Agentur folgen willst, solltest du jetzt gehen“, forderte sie. Sie hoffte, dass er den Wink verstand, aber als er ihr auf dem Flur zu der Agentur hinterher gelaufen kam, sah sie ein, dass es nicht so war.
„Süßer, ich muss wirklich arbeiten“, bemerkte sie genervt.
„Ich lass dich nicht in Ruhe, bis du zugibst, dass du verliebt in mich bist“, entschied er standhaft.
„Tu dir keinen Zwang an, wenn du die ganzen Abläufe hier drin mitkriegst, wirst du mich eh nie wieder anfassen wollen“, entschied sie und stieß die Tür zur Agentur auf.
„N’Abend, Boss, sieht so aus, als hättest du dir was eingefangen, was?“, begrüßte Apolla, Lindsay, als sie an ihr vorbeiging und Zack hinter ihr her dackelte.
„Hat Booker immer noch seine Schrotflinte in seinem Büro?“, fragte Lindsay und drehte sich zu Zack um, der fast in sie rannte.
„Wer ist er?“, fragte Apolla neugierig.
„Zack Brakeshore!“
„Dann hat dein Plan funktioniert?“
„Wohl zu gut, wie mir scheint. Hör auf mir zu folgen, Zack“, bat Lindsay und ging weiter, während er stehen blieb.
„Lyn?“, hielt sie sie davon ab, das Büro zu betreten.
„Was?“
„Du schuldest mir noch was“, erinnerte Apolla sie.
„Ja, kriegst dein Geld, keine Sorge. Ach, komm schon mit rein“, entschied sie und winkte Zack zu sich.
„Ich hoff mal nicht, dass das dein Büro ist, diese ganzen Bilder von nackten Frauen könnten aber sonst ein Anhaltspunkt für mich sein, warum du so kühl zu mir bist“, kommentierte Zack, als er das wenig geschmackvoll gestaltete Büro von Booker betrachtete, in das er mit ihr kam.
„Nein, das ist das Büro meines Bosses, ja, er hat keinen Geschmack, ich blende das einfach aus beim Arbeiten. Apropos arbeiten, hast du nicht irgendwelches Geld zum Verschleudern mit Blondie, deiner Anwältin?“, fragte sie und setzte sich auf den Chefsessel.
„Sag es und ich lass dich allein“, entschied er und setzte sich breitbeinig auf die Gästecouch.
„Du willst mich unbedingt betteln sehen, oder?“, fragte er weiter, als er zusah, wie sie in aller Seelenruhe den PC anmachte und zu arbeiten begann.
„Ich hasse Weichlinge, die betteln, also ganz sicher nicht. Ich kann das Ignorier-Spiele den ganzen Abend spielen, versprochen“, erkannte sie, ohne ihn anzusehen.
„Ich würd dich grad so gern nehmen, wenn du das Profi-Spiel weiter spielen willst, bezahl ich dich auch dafür“, entgegnete er etwas trotzig.
„Meinetwegen, wenn ich dich dann loswerde“, erwiderte sie, schloss die Tür ab und zog mit einem Ruck ihren Rock, der einen durchgehenden Reißverschluss hatte, wieder aus.
Als sie grade wild dabei waren, klopfte Apolla an die Tür. Lindsay, die den Sex mit ihm sehr genoss hörte das Klopfen gar nicht. Doch plötzlich hörte sie Bookers Stimme ihren Namen brüllen.
„Verdammt, mein Boss ist wieder da, der sollte doch noch im Krankenhaus sein“, fluchte sie, ließ von ihm ab und zog sich schnell wieder an.
„Oh man, war das mit der Schrotflinte vorhin eigentlich nur um mich abzuschrecken, oder ist er gefährlich?“, fragte er und zog sich auch schnell an.
„Du bist ein Kunde, das wird er schon verstehen. Bereit?“, fragte sie und schloss die Tür auf.
„Was zum Henker machst du hier drin?“, fragte Booker, der ziemlich blass aussah und sich die Seite hielt.
„Warum bist du denn schon draußen? Du siehst echt mies aus, du bist gegen den Rat der Ärzte gegangen, oder?“, fragte sie und ließ Booker rein.
„Ich muss arbeiten. Bedienst du jetzt Kunden hier drin?“, fragte Booker und musterte Zack, der etwas verwirrt immer noch auf dem Sofa saß.
„Ich hab deinen Job gemacht während du im Krankenhaus warst und hab so meine Stammkunden, die will ich ja nicht enttäuschen. Zahl bitte vorne, mein Süßer, nächstes Mal wieder im Hotel, klar?“, bemerkte sie cool und Zack ging verwirrt davon.
„Bitte mach dass das nächste Mal nicht in meinem Büro, bitte. Apolla hat gesagt, du hast hier alles gut geregelt, danke“, bedankte sich Booker nicht grade herzlich, aber ehrlich.
„Gern geschehen. Ich muss dann wieder los, schon dich noch, ich lass die Couch reinigen, sorry noch mal“, entgegnete sie und ging nach draußen. Etwas schwungvoll schmiss Booker die Tür zu seinem Büro zu.
„Tja, wenn du auf mein Klopfen reagiert hättest, hättest du gewusst, dass er kommt. Dein Schoßhündchen ist vorhin raus“, erkannte Apolla, die mit Headset auf dem Kopf am Telefon saß.
„Sorry, sonst wär ich den nie losgeworden. Hier ist dein Anteil, danke für deine Verschwiegenheit“, bedankte sich Lindsay, kramte einen Umschlag aus ihrer Tasche und gab ihr das versprochene Geld.
„War wie immer eine Freude mit dir Geschäfte zu machen. Was machst du jetzt mit dem angebrochenen Abend?“, fragte Apolla.
„Ich hab acht Stunden gearbeitet und Mr. Nimmersatt befriedigt, ich glaub, ich hab mir einen Abend vorm Fernseher verdient. Pass auf, dass er keine Mädels mit reinnimmt, ich würd’s ihm ja selbst sagen, aber du weißt ja, wie wenig er auf mich hört. Schönen Abend noch“, erwiderte sie und ging nach draußen.

Dort saß Zack auf dem Rand eines Blumenkübels und wartete auf sie.
„Ne Junge, auf ne zweite Runde bin ich heut echt nicht mehr scharf“, erkannte sie und stellte sich breitbeinig vor ihn.
„Wir müssen darüber reden, was da grade passiert ist“, bat er ruhig.
„Du willst dich doch nicht schon wieder vom Bezahlen drücken, oder?“, fragte sie zurück.
„Ich hab ihr alles gegeben, was ich in meinem Geldbeutel dabei hatte, waren nur 20 Dollar, du kriegst den Rest ein anderes Mal. Ist es weil ich reich bin, schreckt dich das ab? Ich bin kein Berufssohn, ich bin ein einfacher Surfboard-Händler aus Maui, du glaubst gar nicht, wie unwohl ich mich gestern in diesem Anzug gefühlt habe. Was muss ich tun, dass du verstehst, dass das mit uns richtig ist? Das meine Eltern dich lieben würden, weil du bist wie du bist. Das du dich nicht mehr mit solchen Typen wie deinem Boss abgeben musst, weil es Menschen in deinem Leben geben kann, die dir gut tun. Ich möchte dich nicht retten, meine Süße, ich will dich nur überzeugen“, hielte er kleine Rede.
„Meine Lieblingsserie fängt in ner halben Stunde an, wenn ich mich beeile, verpass ich den Anfang nicht. Lass dir von Apolla die Kontonummer geben, dann kannst du das Geld auch überweisen. Gute Nacht, Zack“, entschied sie kühl und ging zum Fahrstuhl.

Siebtes Kapitel


Lindsay hatte grade fünfzehn Minuten ihrer Sendung gesehen, als es klingelte.
„Man, ich muss wohl wegem dem Mord an ihm in den Knast gehen“, murmelte sie und ging zur Tür.
„Ich hab eine Satellitenschüssel und einen Meisterkoch in meinem Hotel“, begann Zack sie einzulullen.
„Ernsthaft? Denkst du, ich bin so leicht umzustimmen?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich hab nen supergroßen Whirlpool auf dem Dach“, machte er weiter.
„Ja, weiß ich!“
„Ach ja, du bist vermutlich ab und zu mal in dem Hotel gewesen. Ich dachte nur, du würdest deinen freien Abend lieber im Luxus verbringen als vor dem Fernseher“, bemerkte er verhandelnd.
„Für Sex hab ich aber keine Energie mehr“, gab sie nach.
„Ich bin von vorhin noch vollkommen zufriedengestellt, keine Sorge. Pack ein paar Sachen, du kannst auch über Nacht bleiben, wenn du willst“, erkannte er.
„Heimfahren tu ich auch ganz sicher nicht mehr. Bild dir aber nichts darauf ein, ich könnt nur einen Urlaubstag gebrauchen“, entschied sie.
„Klar, mehr will ich auch nicht“, versprach er.
„Ich bin gleich wieder da, willst du was trinken?“, fragte sie höflich und er verneinte.
Sie verbrachte einen schönen Abend und eine sexlose und ruhige Nacht mit ihm und konnte sich für diese eine Nacht vorstellen eine Beziehung mit ihm zu führen.

Früh am nächsten Morgen klingelte ihr Handy.
„Lyn, wo bist du?“, fragte Carmen mit weinerlicher Stimme
„In Zacks Hotelzimmer, ja ich weiß, das wird einiges verkomplizieren, aber ich brauchte die Auszeit mal. Warum weinst du, Spätzchen?“, fragte sie liebevoll und ging ins Badezimmer um Zack nicht zu wecken.
„Kannst du zu mir kommen?“, fragte sie nur.
„Wo bist du?“, wollte sie wissen und zog ihren Rock an, der auf dem Badezimmerboden lag.
„In der Stadt, bei meinem Frauenarzt. Ich hab Brustkrebs“, rückte sie mit einer Antwort heraus.
„Du hast was? Oh mein Gott, ich bin in fünfzehn Minuten bei dir, schick mir die Adresse als SMS. Bleib einfach da im Wartezimmer sitzen, bin gleich da“, versprach sie und legte wieder auf. Bestürzt setzte sie sich auf die geschlossene Toilette. Sie begann auch zu weinen. Zack hörte sie und kam hinein.
„Hey Süße, was ist los?“, fragte er besorgt.
„Ich hab grad einen Anruf bekommen, meine beste Freundin hat Brustkrebs“, schniefte sie.
„Oh man, das tut mir leid, kann ich irgendwie helfen?“, fragte er hilfsbereit.
„Hast du mir ne Trainingshose oder so? Ich fühl mich grad so nackt“, bat sie.
„Klar, kann ich dir geben, soll ich dich nach Hause fahren?“, fragte er.
„Ich muss zu ihr, sie wartet in der Stadt auf mich“, erklärte sie.
„Dann zieh ich mich an und fahr dich dorthin. Keine Sorge, es wird alles wieder gut“, versprach er, küsste ihren Kopf sanft und ging sich anziehen.
Es fühlte sich so richtig an mit ihm, es würde sicher sehr wehtun, ihm später zu erklären, dass das nichts mit ihnen werden konnte.
„Ich will allein rein, ich ruf dich an, ja?“, bat sie, als vor der Praxis hielt.
„Klar, ich werd an dich denken, war schön gestern Abend, wünsch dir einen schönen Tag“, verabschiedete er sich mit einem sanften Kuss und nachdenklich stieg sie aus. Sie wusste nicht, was sie zu ihr sagen sollte, vor allem konnte sie ihr Lächeln nicht aus dem Gesicht kriegen. Doch als sie die Treppen zu der Praxis hochging, wurde sie in die Realität zurückgeschleudert und ihr Lächeln versteinerte sich.
„Hey“, bemerkte sie, als sie sich neben Carmen ins Wartezimmer setzte.
„Du warst schnell da“, konterte Carmen und Lindsay nahm liebevoll Carmens Hand in ihre Hände.
„Zack fährt so eine C3-Schwanzverlängerung als Mietwagen, da waren wir ziemlich schnell unterwegs. Du hast also Brustkrebs“, sprach sie das Thema an.
„Ich hab vor ein paar Wochen einen Knoten in der Brust entdeckt, ich hab heut die Resultate von der Biopsie bekommen. Keiner aus meiner Familie hatte jemals Krebs, vielleicht waren die ganzen Haarfärbemittel und das ganze ungesunde Zeug schuld daran“, dachte Carmen laut nach.
„Das kann auch ganz gesundlebenden Menschen passieren, mach dir keine Vorwürfe. Wir packen das zusammen, keine Sorge“, versprach Lindsay und lächelte sie matt an.
„Das erste was ich gedacht habe als ich es erfahren habe war, „Warum hat er mich jetzt allein gelassen?““, erklärte Carmen.
„Ich bin jetzt für dich da, keine Sorge. Ich kann ihn auch für dich anrufen und behaupten du würdest mich killen, wenn du erfahren würdest, dass ich mit ihm geredet hätte“, schlug Lindsay vor.
„Du bist wirklich die Beste, aber nein, er soll das nicht erfahren. Ich hab Hunger, wir sollten heimfahren“, schlug Carmen vor und Lindsay nickte.
Draußen auf der Straße parkte immer noch Zacks Wagen. Er schien auf sie gewartet zu haben.
„Entschuldige mich kurz“, bat Lindsay, ließ Carmen stehen und ging zu ihm hin.
„Diese ganze Stalker-Geschichte wird langsam gruselig“, kritisierte sie ihn genervt und Augenrollend, als er das Seitenfenster heruntergemacht hatte.
„Ich hab deine Nummer nicht“, erklärte er nur.
„Ach richtig, sorry, gib mir dein Handy, ich programmier die Nummer rein“, entgegnete sie und er gab ihr ein bisschen abgegriffenes altes Handy.
„Was ist das denn für ein Teil? Hast du da die Nummern von Frauen drauf, die du nie wieder anrufst?“, fragte sie kritisch.
„Ganz im Gegenteil, das ist das erste Handy was ich mir jemals gekauft habe, da kommen nur die Nummern der Leute rein, die mir was bedeuten“, erkannte er und lächelte.
„Das werde ich gleich mal sehen, aha, wer ist Barbara?“, fragte sie, als sie seine Kontakte durchging.
„Meine Mum!“
„Quatsch, keiner speichert seine Mutter unter ihrem Vornamen ab“, glaubte sie ihm nicht.
„Ich hab meine Eltern nie Mum und Dad genannt, ich bin adoptiert“, erklärte er.
„Oh, okay, du hast also nicht gewusst, dass du einen reichen Großvater hattest?“, fragte sie verwundert.
„Ich denke, dass ist ein Thema für unser nächstes Treffen. Deine Freundin braucht dich jetzt. Wünsch dir einen schönen Tag“, erwiderte er und gab ihr einen Kuss, als sie ihm das Handy zurück gab.
„Ruf mich an“, schmunzelte sie und ging zurück zu Carmen.
„Wer hat denn da eine Beziehung?“, frotzelte Carmen, als Lindsay bei ihr angekommen war.
„Du denkst wohl, ich lass dir alles durchgehen, jetzt wo du krank bist, ich bin in keiner Beziehung“, murmelte Lindsay verärgert.
„Ah, wenn du meinst. Ich werde nächste Woche operiert, bist du da dabei?“, fragte Carmen hoffend.
„Natürlich, weißt du doch, gehen wir“, entschied sie und ging mit ihr zu ihrem Wagen.


Die nächsten Tage fällte Lindsay ein paar wichtige Entscheidungen. Um besser für Carmen da zu sein, kündigte sie ihren Tagesjob bei der Post und arbeitete nun nur noch nachts. Auch wenn sie jeden Tag standhaft behauptete keine Beziehung mit Zack zu führen genoss sie ihren Callgirl-Job nicht mehr, weil sie immer dachte, sie würde ihn damit betrügen. In der Nacht vor Carmens Operation hatte Lindsay einen Kunden, mit dem sie in einem Café saß, als plötzlich Zack zur Tür reinkam.
„Entschuldige mich kurz, mein Süßer“, entschuldigte sie sich kurz und ging zu Zack hin.
„Was machst du hier?“, zischte sie ihm entgegen.
„Ich will nicht, dass du das hier machst“, gestand er.
„Und ich will das nicht machen, aber das gehört leider zu meinem Job. Jetzt geh bitte, bevor mein Kunde was merkt“, bat sie nervös.
„Der Typ ist sicher über 50, das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte er gereizt.
„Das ist ein Job, kein Date, Zack, geh einfach, bitte“, bat sie und sah ihn mit hoffenden Augen an.
„Nein!“, entgegnete er nur, zog sie auf seine Schulter und trug sie raus.
„Was zum Henker machst du da?“, zeterte sie und strampelte mit den Beinen.
„Eine Woche ist viel zu lang um auf unser zweites Date zu warten. Du kommst jetzt mit mir mit“, entschied er, lud sie auf den Beifahrersitz seines Wagens und schnallte sie an.
„Das ist Entführung“, entschied sie genervt.
„Du wirst mir noch dafür danken“, bemerkte er und fuhr los.
„Wo bringst du mich hin?“, fragte sie etwas ruhiger, aber immer noch gereizt.
„Wirst du sehen. Keine Sorge, ich decke diesen Kunden für dich ab, dein Boss kriegt sein Geld“, erwiderte er.
„Ich hab auch einen Ruf zu verlieren, wie sieht das aus, wenn ich einfach von meinem Date verschwinde?“, erkannte sie.
„Kannst du mal damit aufhören? Ich weiß, dass du nicht mehr mit dem Herzen dabei bist“, bat er und bog in die Straße ein, in der das Haus seines Großvaters war.
„Willst du mich umbringen und im Haus deines Großvaters verstecken?“, fragte sie plötzlich.
„Was? Nein, wie kommst du denn auf so was?“, fragte er entsetzt.
„Du entführst mich und bringst mich in ein gruseliges altes Haus, da kann man auf komische Gedanken kommen“, entschied sie.
„Ich bin verliebt in dich, Lyn, ich würde dir nie etwas tun, ich dachte, das hätte ich inzwischen klar gemacht“, wurde er laut.
„Du machst mir Angst“, bemerkte sie kleinlaut.
„Entschuldige, ich hab nur die ganze Woche solche Wut aufgestaut, ich hab mir immer ausgemalt, wie du mit diesen Männern schläfst und das hat mich so sauer gemacht und gleichzeitig so tottraurig. Ich hab zu heftig reagiert, tut mir leid, ich lass dich wieder gehen“, entgegnete er und hielt in einer Parkbucht.
„Ich will nicht gehen“, sagte sie plötzlich.
„Gut, ich will nämlich nicht, dass du gehst, okay, das ist dir mit dieser Entführung schon klar geworden. Ich bin das erste Mal seit Wochen wieder im Haus, ich find es dort auch irgendwie gruselig. Wir können auch ins Hotelzimmer fahren, ich muss nur ein paar Sachen zusammensuchen und will das nicht allein machen“, erklärte er.
„Du hast mich von meinem Date weggeschleppt, weil du Schiss hast?“, fragte sie schmunzelnd.
„Unter anderem, ja, schlimm?“, fragte er kleinlaut und sie kletterte spontan auf seinen Schoß und küsste ihn stürmisch.
„Ich hab immer davon geträumt, dass ein Prinz auf seinem Schimmel kommt und mich von diesem Job befreit“, gestand sie, als sie eine Weile wild rumgeknutscht hatten.
„Sorry, ich hab kein Pferd, aber ein C3 hat ziemlich viele Pferdestärken“, schmunzelte er und sie kletterte von ihm herunter.
„Du bist echt ein Buch mit sieben Siegeln, einerseits hast du dieses Uralt-Handy, andererseits musste es beim Autohändler der schnellste Wagen sein“, erkannte sie.
„Meine Anwältin hat den gemietet und hat mir dieses komplizierte Smartphone gegeben, ich sollte vor den Investoren etwas hermachen. Ich musste mir sogar die Haare schneiden“, erklärte er und zeigte ihr seinen Führerschein, auf dem er lange Haare hatte, die ihm über die Brust fielen.
„Auch wenn ich deine Anwältin nicht mag, da hat sie der Gesellschaft einen Gefallen getan“, erwiderte sie und er grinste breit.
„Hey, die hatte ich seit Jahren wachsen lassen“, entgegnete er cool.
„Das macht es noch schlimmer, deine Eltern müssen echt Hippies sein“, erwiderte sie und schnallte sich wieder an.
„Fahren wir erst Mal zum Haus, dann reden wir“, entschied er und fuhr los.

Achtes Kapitel


Zack klopfte den Staub vom Sofa in dem alten Haus und nahm auf dem Sofa Platz.
„Wann ist dein Großvater gestorben?“, fragte sie vorsichtig und nahm eng neben ihm Platz, indem sie ihre Beine zu sich zog.
„Vor sechs Monaten, sie haben ne Weile gebraucht, mich ausfindig zu machen, meine leiblichen Eltern sind beide schon tot“, begann er zu erzählen.
„Das tut mir leid!“
„Muss es nicht, ich kannte sie nicht. Ich kannte keinen aus der Familie, deshalb ist es hier auch so gruselig. Ich wurde schon als Kleinkind adoptiert, ich kannte nicht mal ihre Namen bis vor einem Monat. Ich will nur ein paar Sachen von ihm mitnehmen, ich will erfahren, wer er war und ob er sich den Reichtum mit harter Arbeit verdient hat, oder ob er schon selbst ein reicher Sohn war“, dachte er laut nach.
„Das Haus ist zwar alt, aber einfach, ich denke nicht, dass er ein Berufssohn war. Na ja, vielleicht war es ja auch eins von vielen Häusern“, schlussfolgerte sie.
„Er ist hier aufgewachsen, hier stehen Bilder von einem jungen Mann in den 20-er Jahren, das ist sicher er. Ich war schon viel zu lang hier, ich hab die erste Woche hier geschlafen, ich wollte ihn besser verstehen, doch es ist einfach zu dreckig hier. Hast du Hunger? Ich könnte was zu essen bestellen", schlug er vor.
„Eigentlich nicht besonders, ich bin zu besorgt. Carmen wird ihr Knoten entfernt und dann bekommt sie ihre erste Bestrahlung. Ich weiß dass man Brustkrebs schon ziemlich gut heilen kann, aber Krebs bleibt Krebs“, sagte sie nachdenklich.
„Wenn du zu ihr gehen willst, kann ich das verstehen“, bemerkte er.
„Sie ist schon im Krankenhaus, ich war vorhin bei ihr. Sie lässt sich grad scheiden, es kommt einfach alles zusammen. Ich hab meinen Tagesjob gekündigt, das Postwesen war eh nicht meins. Ich werde vermutlich den Callgirl-Job auch aufgeben müssen, wenn ich mit dir zusammen sein will“, erwiderte sie.
„Du willst mit mir zusammen sein?“, fragte er hoffnungsvoll.
„Zwischen es wollen und es können liegt hier ein großer Unterschied, in drei Wochen bist du wieder auf der Insel und ich kann hier nicht weg“, dachte sie laut nach.
„Ich würde für dich hierbleiben“, versprach er.
„Das würde ich nicht von dir verlangen können, du vermisst sicher jetzt schon die Wellen und den Strand“, erkannte sie ruhig.
„Ich kann mich umstellen“, versprach er und streichelte ihr Bein.
„Nein, kannst du nicht. Lass uns einfach den Abend genießen, solange er andauert und morgen weitersehen“, schlug sie vor und ergriff seine Hand.

Etwas später gingen sie durch die Sachen von seinem Großvater.

„Er war anscheinend Soldat im zweiten Weltkrieg“, erkannte er nach einer Weile.
„Interessant, er war auch kein Kostverächter, ich hab eine Schachtel von interessanten Bildern gefunden“, erklärte sie und gab ihm die Schachtel, die sie in der Hand hielt.
„Da sind Nacktbilder drin“, schmunzelte er, als er hereingesehen hatte.
„Ich hoff für mein Seelenheil dass keiner dieser Frauen meine Großmutter ist. Die Schachtel müssen wir ganz eindeutig verbrennen“, konterte er und warf sie auf einen Haufen, den sie schon ausrangiert hatten.
„Irgendwie gibt es hier nur Schund, ich hab schon gehofft, den großen Schatz schlechthin zu finden oder wenigstens die Geburtsurkunde meiner leiblichen Eltern“, entschied er und setzte sich frustriert auf einen Stuhl.
„So was hat er sicher in einem Tresor oder so aufbewahrt“, erkannte sie.
„Ich war in jedem Winkel dieses Hauses, hier gibt es keinen Tresor“, entgegnete er.
„Ein Mann wie er hat einen Tresor, glaub mir. Was ist mit dem Bücherregal hinter dir?“, fragte sie.
„Das ist doch nur eine Enzyklopädie“, verstand er nicht.
„Es gibt einiges was ich in den letzten zwei Jahren gelernt habe, erstens Männer haben nur Bücher im Büro rumstehen um Frauen zu gefallen und zweitens, die Enzyklopädie ist es ganz sicher nicht, die Frauen anmacht. Das ist ein Cover für irgendwas“, schlussfolgerte sie und ging ein paar Bücher durch. Beim 5. Buch was sie zu sich herzog, öffnete sich eine Seitenwand in dem ein Tresor eingelassen war.
„Man, ich hab doch gewusst, dass es was bringst, Zeit mit dir zu verbringen, okay, das kam jetzt falsch rüber, du bist ziemlich klug, das wollte ich nur damit sagen, ich halt jetzt einfach die Klappe“, murmelte er und sie tippte wie selbstverständlich einen Code in das elektronische Schloss. Die Tür sprang auf.
„Okay, bitte sag mir nicht, dass mein Großvater einer deiner Kunden war, sonst kann ich dich nicht mehr wiedersehen“, erwiderte er total verwirrt.
„Angriff auf Pearl Harbor 071241, ich hab nur geraten, ich dachte nur daran, was du und dein Großvater gemeinsam haben könnten und warum du auf Hawaii aufgewachsen bist. Er war wirklich nicht mein Kunde, versprochen“, erklärte sie und er machte die Tresortür auf.
„Egal was da jetzt drin ist, du kriegst die Hälfte für deine Columbo-Fähigkeiten“, versprach er und zog einen Umschlag heraus.
„Sag das nicht so früh, vielleicht ist dein ganzes Erbe da drin“, erkannte sie schmunzelnd.
„Dafür ist der Umschlag etwas dünn, findest du nicht?“, fragte er und öffnete ihn.
„Setzen wir uns am besten wieder hin, wir wollen ja nicht, dass du umkippst, wenn du erfährst, dass deine Großeltern Geschwister waren oder so“, schlug sie vor und sie gingen zum Sofa zurück.
„Nein, waren sie nicht“, sagte er nur.
„Okay, soviel weißt du schon von ihnen. Soll ich dich damit allein lassen?“, fragte sie, als er ein ernstes Gesicht machte, während er sich setzte.
„Nein, bitte bleib“, bat er und ergriff ihre Hand wieder.
„Klar, solang du willst, na ja, bis morgen, ich will bei Carmen sein, wenn sie nach der Operation aufwacht“, quasselte sie und er zog sie aufs Sofa.
„Ich fahr dich morgen persönlich ins Krankenhaus, keine Sorge. Danke, dass du jetzt bei mir bist“, bemerkte er sentimental. Sie wollte schon kommentieren, dass sie eigentlich dazu gezwungen worden war, aber sie hielt nur seine Hand und ließ ihn lesen.
„Paolo Brakeshore, geboren 14. Mai 1953 gestorben 12. Januar 2000, das ist die Sterbeurkunde meines Dads“, gab er ihr einen Zettel weiter.
„Er ist schon ne Weile tot, dein Vater“, erwiderte sie nur.
„Ja, sieht ganz so aus. Hier ist die von meiner Mutter, Mathilde Brakeshore, geboren Mathilde Engelmann, geboren 30. Dezember 1954, gestorben 19. Mai 1982, oh man, das ist mein Geburtsdatum, meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben“, stellte er entsetzt fest.
„Das war damals nicht so unüblich, auch heute sterben noch Frauen dabei. Das erklärt vermutlich, warum du zur Adoption freigegeben wurdest, dein Vater war vermutlich mit dir als Baby überfordert. Du hast doch eine schöne Kindheit gehabt, oder?“, entschied sie und er nickte.
„Siehst du, die Vergangenheit ist unwichtig, die Gegenwart ist das einzige was zählt. Ich muss für Carmen hier bleiben, auch wenn ich so gerne meine Sachen packen und einfach mit dir fahren würden wollte, es geht nicht. Sie ist allein, wenn ich jetzt gehe“, erklärte sie traurig.
„Klar, versteh ich vollkommen, du musst nur dein Leben in den Griff bekommen und was aus deinem Leben machen, du bist so ein intelligenter Mensch, ohne dich hätte ich diesen Tresor nie gefunden. Hier ist meine Geburtsurkunde, Cedric Amand Brakeshore, Amand? Ich weiß zwar nicht viel über meine Eltern, aber sie waren eindeutig Sadisten“, bemerkte er scherzhaft.
„Ich find eher den Namen Cedric gruselig“, konterte sie und kuschelte sich an ihn.
„Ich hab früher nie das Verlangen gehabt, meine Eltern kennen zu lernen, doch jetzt sehne ich mich so nach etwas, was ich über sie erfahren könnte. Waren sie gute Menschen, oder hatten sie ihren frühen Tod verdient? Mochten Sie die gleichen Filme wie ich? Woran starb mein Vater? Es wird mir keiner diese Fragen beantworten, ich bin der letzte Brakeshore“, erkannte er nachdenklich.
„Woher weißt du, dass du der letzte bist? Dein Großvater war vier Mal verheiratet, du könntest einen ganzen Haufen Nichten und Neffen, Cousins und Cousinen, Onkel und Tanten haben“, munterte sie ihn auf.
„Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht, könnte schon sein“, dachte er weiter laut nach.
„Ich bin jetzt arbeitslos, genug Zeit also dir bei der Recherche zu helfen“, bat sie ihre Hilfe an.
„Das ist sehr lieb von dir, danke. Sag Carmen, egal welche Arztkosten auf sie zukommen werden, ich bezahle sie“, versprach er großzügig.
„Du solltest erst Mal den Deal abschließen, bevor du so mit dem Geld um dich wirfst, mein Süßer“, riet sie ihm.
„Ja, da hast du Recht, aber wir sind in den letzten Zügen. Das Haus ist auch schon verkauft, nächsten Monat zieht ein nettes junges Ehepaar hier ein. Annie kommt morgen und lässt mich die ganzen Sachen unterschreiben. Ich hab ihr schon eine SMS geschrieben, dass ich hier übernachte“, entgegnete er.
„Du gruselst dich hier und willst trotzdem hier schlafen?“, fragte sie verwundert.
„Wer hat was von schlafen gesagt?“, fragte er und zog sie auf seinen Schoß.
„Du hast immer noch nicht für das letzte Mal bezahlt“, scherzte sie und er küsste sie lang und leidenschaftlich.
„Das war doch sicher 480 Dollar wert, oder?“, fragte er.
„Ganz schön überheblich, Amand“, frotzelte sie.
„Oh man, bitte nenn mich nicht so, sonst wird bei mir gar nichts hart“, bat er und zog ihre Bluse aus.
„Da kann ich Abhilfe schaffen, du kannst noch so einiges von mir lernen, Surferboy“, versprach sie und verführte ihn auf dem alten Sofa.
„Wir sollten es mal in einem Bett machen, ich krieg’s langsam im Rücken“, entgegnete er, als sie eine Stunde später schnaufend nebeneinander auf dem staubigen Teppich im Schlafzimmer seines Großvaters lagen.
„Willst du dich jetzt über meine Sex-Talente beschweren?“, fragte sie und band ihre Haare neu.
„Ganz und gar nicht, du bist echt unglaublich im Bett. Man, das Schlafzimmer hat echt einen Hugh-Hefner-Stil, ich denk mal, die Käufer werden da einiges dran ändern“, erkannte er, als er auf den großen Kronleuchter starrte.
„Bin ich so langweilig, dass du die Dekoration bestaunen musst?“, fragte sie gespielt gekränkt.
„Nein, ist mir nur so aufgefallen. Kann ich meinen Eltern eigentlich von dir erzählen?“, fragte er plötzlich.
„Wo kommt das denn plötzlich her?“, fragte sie erstaunt.
„Das ist ne ganz einfache Frage, kann ich ihnen erzählen, dass ich ne nette Frau auf dem Festland kennengelernt hab?“, fragte er erneut und stützte sich auf seine Ellenbogen.
„Was willst du ihnen denn von mir erzählen?“, fragte sie nach.


„Dass du eine wunderschöne, nette Frau bist und bei der Post arbeitest“, erklärte er.
„Das tu ich aber nicht mehr“, entgegnete sie.
„Das müssen die ja nicht wissen, obwohl, sie sind so liberal eingestellt, den könnt ich sicher auch erzählen, was du wirklich beruflich machst“, schmunzelte er.
„Wehe, vielleicht kennen sie ja meine Eltern“, warnte sie ihn.
„Was sollen denn zwei Althippies von der Insel Maui mit zwei Yuppies aus Louisiana zu schaffen haben?“
„Du darfst ihnen von mir erzählen, hast Recht. Was sagst du ihnen, wenn sie fragen, warum ich nicht bei dir bin?“, fragte sie weiter.
„Dann sag ich ihr, dass du dich um eine kranke Freundin kümmern musst und sobald sie wieder gesund ist nachkommst“, schlug er vor.
„Wirklich? Du würdest auf mich warten?“, fragte sie gerührt.
„Hey, ich hab mit dir den besten Sex meines Lebens und ich war mit einer indischen Yoga-Lehrerin zusammen, die das Kamasutra auswendig konnte, ich wär doch echt bescheuert, nicht auf dich zu warten“, entschied er und sie küsste ihn sanft.
„Das erklärt einige Tricks, die du beim Sex anwendest. Ich bin echt müde, können wir jetzt schlafen? Ich muss morgen früh heim, mich umziehen und dann zu Carmen ins Krankenhaus“, bat sie und er stimmte zu. Kurze Zeit später waren sie auf dem Boden liegend eingeschlafen

Neuntes Kapitel


Die Sonne brachte ihre ersten Strahlen auf die Erde, als es klingelte. Die Türklingel in dem alten Haus war so scheppern, dass beide kerzengerade aufsaßen.

„Man, wenn das nen Zeuge Jehova ist, ist er nen Kopf kürzer“, murmelte Zack, schlüpfte in Unterhose und Hose und schlurfte die Treppe herunter zur Tür.
„Morgen, na, alle Anzüge in der Reinigung?“, fragte Annie keck, die an der Tür war.
„Es ist halb sieben, Ann“, erwiderte er immer noch schläfrig.
„Danke, jetzt spar ich mir die Zeitansage anzurufen, das weiß ich selbst, Zack, ich hab doch gesagt, ich komm heut wegen den Kaufverträgen“, murrte sie und drängte sich an ihm vorbei ins Wohnzimmer.
„Ja, klar, du musst ja auch noch ins Büro heute, ihr Yuppies fangt echt früh mit dem Arbeiten an“, entschied er und schloss die Tür.
„In zwei Wochen kannst du wieder in dein Lotterleben zurück, versprochen. Wir müssen noch zum Notar nachher, zieh dir nen Anzug an, bitte“, bat sie und kramte einen Stapel Papiere heraus.
„Ich hab grade ne Frau in meinem Schlafzimmer, Ann“, erklärte er cool.
„Die Nutte von neulich?“, fragte Annie keck.
„Ist manchmal echt gruselig, was ihr Anwälte alles wisst. Ja, die Nutte von neulich, wir sind jetzt zusammen, find dich damit ab“, bemerkte er und setzte sich breitbeinig aufs Sofa.
„Nein, du datest keine Nutte, mein Freund, wir müssen immer noch eine Firma verkaufen und so einen Skandal können wir dabei gar nicht gebrauchen“, erwiderte Annie kühl.
„Annie, wir hatten die eine Nacht unseren Spaß, find dich damit ab, dass wir nicht zusammenpassen“, bat er genervt.
„Ich bin deine Anwältin, Zack, und als die gute Anwältin, die ich nun Mal bin, rate ich dir, die Finger von Nutten, Alkohol und oder andren Drogen zu lassen“, erwiderte sie.
„Sie ist eifersüchtig, ganz eindeutig“, erkannte Lindsay, die sich schnell in ihre Bluse gezwängt hatte und die Treppe zu ihnen runter kam.
„Was zum Henker haben Sie da an?“, fragte Annie peinlich berührt.
„Das nennt sich Bluse, Schätzchen“, wollte Lindsay, Annie ärgern.
„Nein, das was ich trage ist eine Bluse, das ist ein BH mit Stoffrand. Was schuldet er ihnen?“, fragte Annie und zog ihr Scheckbuch heraus.
„2000 Dollar, fürs erste“, zog sie sie auf.
„Du gehst mit ner echt teuren Prostituierten ins Bett, Zackery“, entschied Annie und schrieb eine zwei mit drei Nullen auf einen Scheck und gab ihn ihr.
„Hat man Ihnen nicht den Sinn von Sarkasmus beigebracht auf der Anwalts-Uni? Ich bin seine Freundin, wir hatten Gratis-Sex, schönen versauten Gratis-Sex“, trieb sie es auf die Spitze und fuhr dabei über Zacks nackte Brust.
„Was muss ich Ihnen zahlen, dass Sie verschwinden?“, fragte Annie, die Lindsay unbedingt loswerden wollte.
„So viele Nullen können Sie gar nicht auf so einen kleinen Scheck schreiben, meine Liebe. Lassen Sie ihn seine Papiere unterschreiben und dann verschwinden Sie auf ihren Manolos wieder“, bat sie und nachdem Zack seine Papiere unterschrieben hatte, zog Annie stinkig von dannen.
„Du schläfst also mit deiner Anwältin?“, fragte sie, als sie zum Frühstück in einem Café saßen.
„Einmal und nie wieder, sie ist auf Maui aufgetaucht mit diesem scharfen Rock und dieser noch schärferen Lehrerinnenbrille und ich hatte es mal wieder nötig, mehr nicht. Seit dem schawänzelt sie ständig um mich rum, kann aber auch daran liegen, dass sie meine Anwältin ist und ich so einiges für den Verkauf der Firma unterschreiben oder tun muss. Es ist seltsam, wie schnell man sich an Anzug-tragen gewöhnen kann, ich mach das schon ganz selbstverständlich, das müssen mir meine Eltern in drei Wochen dringend wieder abgewöhnen. Und ich hab anscheinend schon Wahnvorstellungen, der Kerl da drüben, der grade aus einem Taxi steigt sieht genauso aus wie mein Kumpel Matty, doch das kann nicht sein, Matty hat Maui noch nie verlassen“, dachte er laut nach und starrte auf einen Kerl mit langen Rastafari-Locken der zielsicher auf das Café zugesteuert kam.

„Man, das ist Matty, was will der denn hier?“, fragte er sich selbst und in dem Moment klingelte die Glocke der Eingangstür und Matty kam herein. Er musste zwei Mal schauen, um seinen Hippie-Kollegen zu erkennen.
„Du bist es wirklich, ich hab dich echt nicht mehr erkannt mit so kurzen Haaren. Schau dich an, Loser, wir haben uns doch früher über Typen wie du jetzt einer bist lustig gemacht“, begrüßte ihn sein Surfer-Kumpel.
„Das ist alles Fassade, Dude, in drei Wochen bin ich das wieder los“, versprach er und umarmte Matty herzlich.
„Man, manchmal vergesse ich, wer du bist, hi ich bin Lindsay“, stelle Lindsay sich selbst etwas verwirrt vor.
„Was ist mit der scharfen Anwältin, ist die schon abgeschrieben?“, fragte Matty und musterte Lindsay.
„Die hatte nen Stock im Arsch, die darf nur noch mein öffentliches Geschäft in die Hand nehmen. Das ist Lyn, meine Freundin“, erklärte Zack und sah Lindsay verliebt an.
„Du und eine Freundin? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Hast du nicht erzählt, dass du dich in eine Nutte verliebt hast?“, war Matty verwundert.
„Man, wie ich das Wort hasse, wir nennen uns Begleiterinnen“, murmelte Lindsay.
„Was ist da der Unterschied?“, wollte Matty keck wissen.
„Finanziell eine große Tüte Gras, wenn ich das in deinen Maßeinheiten sagen darf“, frotzelte Lindsay.
„Schlagfertig, die Kleine, da kann ich gut verstehen, warum du dich verknallt hast. Also, was geht hier so?“, fragte Matty und setzte sich dreist zwischen sie.
„Momentan Frühstück und dann muss ich zu den Investoren“, entgegnete Zack nur.
„Man, hör dir mal zu, auf der Insel heißt für dich Frühstück eine heiße Apfeltasche in der Mikrowelle warm zu machen, du trinkst Kaffee, Alter“, entgegnete Matty entsetzt und nahm eine Tasse in die Hand
.„Das ist mein Kaffee, er trinkt Tee“, erkannte Lindsay und nahm ihm die Tasse wieder ab.
„Oh, okay, hat sich wohl doch nicht alles bei dir geändert. Kaffee ist ungesund, weißt du das eigentlich?“, fragte Matty und wendete sich an Lindsay.
„Du rauchst Pott wie du Luft atmest, spiel hier nicht den Gesundheitsfanatiker“, entgegnete Zack cool.
„Ich rauche nicht mehr, ehrlich“, versprach Matty.
„Du riechst wie eine ganze Hanfplantage, Matthew“, bemerkte Zack mit einem abschätzigen Ton in der Stimme.
„Wer bist du und wo hast du Zacks Leiche vergraben, Gestaltwandler?“, entgegnete Matty, der immer noch nicht die Verwandlung seines Kumpels begreifen konnte, die er in den zwei Wochen seit ihrem letzten Treffen durchgemacht hatte.
„Jetzt übertreib’s nicht, ich bin immer noch der Alte“, bat Zack.
„Nein, bist du nicht“, provozierte Matty ihn weiter, was damit endete, dass die beiden Männer sich auf dem Boden im Cafe prügelten. Lindsay stieg cool über sie drüber und ging zu Carmen ins Krankenhaus.
„Morgen, meine Süße, wie geht’s dir heute?“, fragte Lindsay vorsichtig, als sie in ihr Zimmer kam.
„Ich bin ziemlich nervös“, erklärte Carmen und musterte sie. Lindsay hatte sich etwas hektisch angezogen und nicht wirklich Stil in ihr Outfit gelegt.
„Ist dein Spiegel kaputt?“, fragte Carmen.
„Tut mir leid, ich hab bei Zack gepennt und hab ein bisschen die Zeit vergessen“, entschuldigte sie sich.
„Du warst bei Zack, hast du gestern nicht gearbeitet?“, fragte Carmen verwundert.
„Das war vielleicht ne Nacht, ich erzähl dir das wenn du aus dem OP raus bist, versprochen“, versprach Lindsay und setzte sich zu ihr hin.
„Ich werde erst in einer Stunde operiert, erzähl“, bat Carmen und Lindsay ergriff ihre Hand und berichtete von der vorrangegangen Nacht.
„Das ist ja so romantisch, du wirst für ihn alles aufgeben“, erkannte Carmen erfreut, als sie ihr alles erzählt hatte.
„Ich gebe nicht alles auf, ich bleibe hier um dir beizustehen, bis du wieder gesund bist“, versprach sie fürsorglich.
„Ich komm hier allein klar, du musst der Liebe deines Lebens folgen“, entschied Carmen.
„Hat man dir schon Drogen gegeben, oder was? Du warst doch sonst in den letzten Wochen eher in einer „Scheißt auf die Romantik ich kastrier alle Männer“-Stimmung“, schmunzelte Lindsay.
„Du sollst nur glücklich werden, das ist alles“, erklärte Carmen und tätschelte ihr Gesicht.
„Wir haben ihr ein leichtes Beruhigungsmittel gespritzt, das sie das nachher ganz ruhig über sich ergehen lassen kann. Sie müssen die Freundin sein, ich bin Dr. Pathel, ich operiere Inhre Freundin heute“, erklärte ein Arzt, der zu ihnen kam.
„Kann ich diese Mittelchen auch für zu Hause haben? Dann wär sie echt handzahmer“, schmunzelte Lindsay und schüttelte ihm die Hand.
„Nicht ohne meine Job zu verlieren, tut mir leid. Haben Sie noch Fragen wegen der Operation?“, fragte der Arzt freundlich.
„Nein, alles klar soweit, Doc“, murmelte Carmen.
„Er hat eigentlich mit mir gesprochen, Engelchen, ja bei mir ist auch alles klar, bringen Sie mir nur meine Freundin wieder heil zurück, ja?“, bat sie und der Arzt nickte. In dem Moment klingelte ihr Handy. Es war Zack. Erst zögerte sie dran zu gehen, doch dann entschuldigte sie sich und ging nach draußen.
„Na, noch alle Knochen heile?“, fragte sie freundlich und setzte sich auf einen Stuhl vor dem Krankenzimmer.
„Tut mir so leid“, sagte er nur.
„Sollte es auch, Annie ist so auf deinen Ruf erpicht und du prügelst dich in einem öffentlichen Café“, hielt sie ihm eine Standpauke.
„Ja, ich weiß, ich hab mich noch nie mit ihm geprügelt, ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat“, bemerkte er entschuldigend.
„Du hast einfach Angst ein Snob zu werden, ein bisschen Veränderung ist nie schlecht, mein Süßer und hey, so wie du jetzt redest würden meine Eltern dich lieben“, schmunzelte sie.
„Erzählst du deinen Eltern eigentlich von mir?“, fragte er plötzlich.
„Nein!“
„Oh!“
„Das mach ich aber nur nicht, weil ich nicht mehr mit ihnen spreche seit einigen Jahren“, erklärte sie.
„Wirklich? Das ist wirklich traurig“, entschied er.
„Sie sehen meinen Lebensstil nicht ein und solang sie das nicht ändern, hab ich keinen Grund mit ihnen zu reden“, entschied sie.
„Du änderst deinen Lebensstil doch grade, da könntest du sie ja wieder anrufen“, schlug er vor.
„Das glaub ich eher weniger, doch danke für den Vorschlag. Wie geht’s deinem Kumpel?“, fragte sie, um vom Thema abzulenken.
„Matty geht’s gut, wir sind wieder gut, das musste halt mal raus. Wir wollen heut Abend zusammen einen Trinken gehen, kommst du mit?“, fragte er hoffend.
„Ich muss noch einiges regeln, tut mir leid, heute nicht“, erklärte sie.
„Klar, sag Carmen nen Gruß von mir und ich denk heut an dich. Ich muss jetzt wieder rein, die Verhandlungen gehen weiter. Ich bin froh, dass das mit uns funktioniert, das wollte ich dir nur sagen“, erklärte er.
„Ja, find ich auch, verhandle den Staub aus diesen Bürokraten, klar?“, ermutigte sie ihn und mit einem Lächeln auf den Lippen legte sie auf und ging zurück zu Carmen.
„Ich kenn dieses Lächeln, das hatte ich auch als ich das erste Mal mit Harris ausgegangen bin“, erwiderte Carmen und sie setzte sich wieder auf den Stuhl.
„Ich bin verknallt, ich kann diese Tatsache selbst noch gar nicht glauben. Ich weiß nicht, wie das mit uns weitergehen soll, aber ich genieß es, solang es andauert“, erklärte sie.
„Ja, das solltest du. Wenn mir heut was passiert, sagst du Harris doch, dass ich ihn immer noch liebe, oder?“, fragte Carmen nachdenklich.
„Du liebst ihn immer noch?“, fragte sie überrascht.
„Das weißt du doch genau, ich bin nur immer zu stolz gewesen, das zuzugeben“, erwiderte sie gestehend.
„Was heißt das jetzt, willst du ihn zurück?“, fragte Lindsay verwirrt und Carmen nickte stumm.
„Dann ruf ich ihn an und sag ihm, was ich dir vorgeschlagen habe“, erklärte Lindsay.
„Warte noch bis nach der OP, wenn ich nämlich dabei krepiere, will ich nicht, dass er es weiß und leidet“, bat Carmen.
„Du wirst heut nicht draufgehen, sie entfernen nur den Knoten soweit sie können, das ist ne ziemlich simple OP“, versprach sie Mut machend.
„Dein Wort in Gottes Ohr. Man, ich wünschte, du könntest damit rein“, dachte Carmen laut nach.
„Oh Gott, lieber nicht, ich kann doch kein Blut sehen. Es wird schon alles klar gehen, keine Sorge. Jetzt schlaf ein bisschen, ich brauch auch noch etwas Ruhe“, erwiderte sie und so dösten beide etwas ein. Lindsay wurde wach, als ihr Handy klingelte. Sie schreckte auf. Carmen war schon im OP.
„Äh, ja?“, meldete sie sich etwas verwirrt.
„Warum meldest du dich nicht?“, hörte sie Apollas Stimme.
„Apolla?“, fragte Lindsay schläfrig.
„Wen hast du denn erwartet? Du rufst mich doch immer an, wenn du mit deinem Kunden fertig bist normalerweise“, erwiderte Apolla.
„Ach ja, ich bin bei Carmen, sie wird heute operiert, es ist alles klar bei mir“, erklärte sie.
„Ach, es ist alles klar? Seltsam, gestern rief der Kunde an und meinte du wärst einfach beim Date abgehauen, hast du den Verstand verloren?“, fragte Apolla aufgebracht.
„Oh man, weiß der Boss es schon?“, fragte Lindsay beschämt.
„Natürlich weiß er es, sagst du mir, was da los war?“, fragte sie.
„Ganz witzige Geschichte, Zack hat mich entführt aber auf die gute Weise“, erkannte sie stockend.
„Was heißt denn auf eine gute Weise? Wann hat er dich denn freigelassen, geht’s dir gut?“, fragte sie besorgt.
„Mir geht’s bestens, ich bin jetzt mit ihm zusammen“, erklärte Lindsay zufrieden.
„Nein, bist du nicht, ihr dürft keine Beziehung haben. Komm ins Büro und klär das mit ihm“, befahl Apolla ernst.
„Ich komm nicht mehr zurück, ich kündige“, erwiderte sie zufrieden.
„Das darfst du nicht mal aus Scherz sagen, Lyn“, entschied sie ernst.
„Das war kein Scherz, ich kündige, Apolla, sag ihm das“, erklärte sie auch ernst.
„Oh nein, das sagst du ihm schön selbst, komm ins Büro“, bat Apolla ernst und legte einfach wieder auf.
„Die können mich mal“, murmelte sie und ging auf die Suche nach Carmen. Sie wartete vor dem OP auf ihre Rückkehr und 20 Minuten später kam sie auch wieder heraus.

Zehntes Kapitel


„Wie lief es?“, fragte sie den Arzt, als der aus dem OP kam.
„Gut, gut, wir haben alles rausgeholt, was wir wollten, wir werden ihr heute Abend noch eine Chemo geben, dann kann sie wieder nach Hause. Wir werden sie danach noch drei-viermal bestrahlen, aber ihre Heilungschancen sind meiner Meinung nach sehr gut“, versprach der Arzt erklärend.
„Danke Doc, das sind gute Nachrichten, vielen Dank“, freute sich Lindsay erleichtert und ging an Carmens Seite, die aus dem OP gerollt wurde, zurück zum Krankenzimmer.


Als Carmen die Augen aufmachte, strich sie ihr liebevoll über die Backe.
„Hey Schlafmütze, da bist du ja wieder“, begrüßte sie sie lächelnd.
„Wie ist es gelaufen?“, fragte sie benommen.
„Sehr gut, Süße, du wirst noch bestrahlt, was natürlich nicht sehr lustig wird, aber der Arzt sagt, du wirst wieder ganz gesund“, versprach sie beruhigend.
„Hast du Harris angerufen?“, fragte sie weiter.
„Nein, soll ich?“, fragte Lindsay und Carmen schüttelte den Kopf.
„Nein, das war nur eine Panikattacke vor der Operation, ich hab mich endlich von ihm lösen können, da sollte ich nicht zurückrudern. Bleibst du heut bei mir?“, fragte sie hoffend.
„Heute und solang du mich brauchst, versprochen“, erkannte sie lächelnd.
„Aber was ist mit Zack?“, fragte Carmen.
„Ich werde Zeit mit ihm verbringen, solang er hier ist und danach werde ich ihn gehen lassen, ganz einfach“, entschied sie trocken.
„Nein, wirst du nicht, du wirst mit ihm mitgehen sobald er das Festland verlässt“, bestand Carmen darauf.
„Wenn das doch so einfach wäre, aber du brauchst mich hier“, dachte sie laut nach.
„Ich bin erwachsen, Lyn, ich komm schon klar“, versprach Carmen.
„Ist schon gut, ich kann hier eh nicht alles nur wegen eines Kerls aufgeben“, entschied sie.
„Wenn du meinst, halt mir aber nachher nicht vor, dass ich deinen Traum ruiniert hätte“, erkannte Carmen.
„Ganz sicher nicht. Jetzt ruh dich aus, du musst heut Abend noch zur Chemo und brauchst deine Kraft. Ich muss jetzt nochmal ins Büro und offiziell kündigen, dann bin ich offiziell wieder ein braves Mädchen“, schmunzelte sie und während Carmen wieder eindöste, verließ sie das Krankenhaus.
Nervös ging sie den Gang zu der Agentur lang. Sie hatte keine Ahnung, wie sie kündigen sollte, sie wusste nicht mal, ob ihr Job überhaupt kündbar war und so wie Apolla am Telefon reagiert hatte, war das wohl nicht so einfach, wie sie sich das vorstellte. Sie atmete zwei Mal tief durch und stieß die Tür zur Agentur auf.
„Du hast echt Eier, hier nochmal aufzutauchen“, kommentierte Apolla ihre Ankunft.
„Booker war immer gut zu mir, er hat eine ordentliche Kündigung von meiner Seite verdient“, erkannte sie ruhig.
„Ich hab dir gesagt, dass du hier nicht wegkommst, Lyn, das hab ich dir schon am ersten Tag gesagt. Du hättest nicht mehr hierher kommen sollen“, erwiderte Apolla mit toternster Stimme.
„Du hast doch gesagt, dass ich das soll“, verstand sie nicht.
„Ja, ich hab ihr gedroht, ihrem Sohn was anzutun, wenn sie das nicht sagt“, hörte sie plötzlich Bookers Stimme und sie schreckte auf. Mit einer Waffe in seiner Hand, hatte ihr Boss sie schon erwartet.
„Warum tust du das? Ich war doch immer eine gute Begleiterin“, bekam sie Angst.
„Genau deswegen, du gehst hier nicht so einfach weg“, entschied er und bedrohte sie mit der Waffe. Aus Panik ergriff sie die Flucht und rannte davon. 

Sie wusste nicht, wie weit sie schon gelaufen war, als sie erschöpft auf den Knien zusammensackte. War sie jetzt entkommen? Konnte sie überhaupt entkommen? Sie griff nach ihrem Handy und wählte panisch Zacks Nummer, auch wenn sie nicht wusste, wie er ihr in der Situation helfen konnte. Doch plötzlich legte sie auf, weil sie ihn nicht damit reinziehen wollte. Als Zack ein paar Minuten später zurückrief, klingelte ihr Handy ungehört in einer Häuserecke, wo sie stark blutend auf den Tod wartete. Ludger hatte sie gefunden und schwer zusammengeschlagen. Auf einmal erfüllte sie ein Gefühl von neuer Stärke und sie rappelte sich auf. Da Zacks Hotelzimmer nicht weit weg war torkelte sie dorthin und fiel dabei öfters auf die Knie. Es wurde schon dunkel, als sie das knapp 2km entfernte Hotel erreichte. Mit all der Kraft die sie aufbringen konnte, fragte sie nach Zacks Zimmer und der Portier sagte ihr das Zimmer aber nicht ohne sie kritisch zu beäugen. Ludger war wohl dazu angehalten worden, nicht ins Gesicht zu schlagen, so dass man ihr nicht ansah, dass sie verprügelt worden war. Mit schummrigem Blick ging sie die Hotelzimmer ab und fand sein Zimmer. Sie betete laut, dass er da sein möge.


„Das muss der Zimmerservice sein, die Pommes sind hier eins A, das versprech ich dir“, hörte sie Zacks gutgelaunte Stimme und die Tür wurde aufgerissen.
„Lyn, Süße, das ist ja eine Überraschung, schön dass du es doch noch geschafft hast, komm rein“, freute er sich, sie zu sehen. Sie kippte am Ende ihrer Kräfte in seinen Armen zusammen.
„Lindsay, Baby, was ist los, hörst du mich? Süße, was ist passiert?“, fragte er panisch und Matty kam zu seinem Kumpel hin.
„Was ist mit ihr?“, fragte Matty verwirrt.
„Ich weiß es nicht, verdammt, ruf einen Krankenwagen“, erwiderte er weinerlich und Matty griff nach seinem Handy.

Elftes Kapitel


Mit seinem Kopf auf ihrer Bettdecke döste Zack spät in dieser Nacht ein. Lindsay war zwei Stunden notoperiert worden und schlief jetzt. Sie hatte massive innere Blutungen gehabt, sie hatten es aber unter Kontrolle bekommen. Er hörte etwas, was auf dem Boden rollte und schreckte auf.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken“, bemerkte Carmen, die mit einem Tropf, den sie hinter sich herzog, zu ihm kam.
„Du bist auch hier im Krankenhaus?“, fragte er schläfrig.
„Ich bin heute operiert worden, ich hab es grade von einer Schwester gehört, sie ist da allein hin, oder?“, fragte Carmen und setzte sich neben ihn.
„Ich weiß nicht, was passiert ist, sie hat sich zu mir geschleppt und ist in meinen Armen zusammengebrochen. Sie haben ihr zwei Rippen gebrochen und eine ist in ihre Lunge und hat innere Blutungen verursacht. Sie haben das unter Kontrolle gebracht und jetzt können wir nur abwarten. Du schimpfst dich doch ihre beste Freundin, wie konntest du zulassen, dass sie ein Callgirl wird?“, fragte er wütend.
„Ernsthaft? Du willst mir jetzt die Schuld in die Schuhe schieben?“, fragte Carmen, die auch wütend wurde.
„Man, müsst ihr hier so brüllen?“, hörten sie plötzlich Lindsay leise reden.
„Süße, du bist ja wach, hey, wie geht’s dir“, begrüßte Zack sie liebevoll.
„Was ist passiert?“, fragte sie benommen.
„Du bist verprügelt worden, meine Kleine, du bist uns hier fast innerlich verblutet, wir hatten echt große Angst um dich. Du wirst wieder gesund, du wirst nur ne Weile hier drinbleiben müssen“, erklärte Carmen vorsichtig.
„Du solltest doch im Krankenhaus sein“, entgegnete Lindsay, die immer noch nicht ganz da war.
„Ich bin im Krankenhaus, Dummerchen, du liegst im Gleichen Krankenhaus wie ich. Das du gesagt hast, dass du mich nicht mehr alleinlässt hast du wohl ein bisschen zu wörtlich genommen, was?“, fragte Carmen und küsste ihre Stirn.
„Ich will doch nur glücklich sein“, begann sie zu weinen.
„Ich verspreche dir, dass dir nichts mehr passieren wird, ich habe schon einen Bodyguard eingestellt, der dich auf Schritt und Tritt begleitet, bis du wieder ganz fit bist“, erkannte Zack und drückte ihre Hand fest.
„Das ist doch teuer“, erwiderte sie.
„Ich kann’s mir leisten, ich hab heut Nachmittag meine Firma verkauft, ich hab jetzt mehr Geld als Gott“, schmunzelte er.
„Das ist fast Blasphemie, mein Freund“, mischte sich Matty ein, der mit zwei Kaffeebechern in der Hand zu ihnen stieß.
„Du hast ganz schön lang gebraucht nen Kaffee zu kaufen, der Starbucks ist doch gleich ums Eck“, entgegnete Zack erschöpft.
„Ich muss mich noch beruhigen, so was erleb ich nicht jeden Tag“, entschied Matty und gab ihm den Kaffee.
„Ja, ich weiß genau, wie du dich beruhigt hast, du stinkst noch danach“, roch sie seine Marihuana-Fahne.
„Du bist doch nur sauer, dass ich dir nichts abgegeben habe. Der Kaffee ist übrigens eklig dafür, dass er so teuer war“, bemerkte Matty.
„Danke trotzdem. Man, ich muss morgen eigentlich früh um sieben beim Notar sein“, erkannte er plötzlich.
„Dann geh ins Hotel zurück, mein Schatz, Carmen wird hier gut auf mich aufpassen und anscheinend jetzt auch ein Bodyguard. Mir geht’s gut, wirklich“, versprach sie und er küsste sie lang zum Abschied, bevor er sich mit Matty aus dem Staub machte.
„Er hat mit der Buchhaltung gesprochen und jegliche Kosten die für meine Behandlung anfallen wird er übernehmen, deine Krankenhauskosten natürlich auch, den Kerl schickt echt der Himmel“, erkannte Carmen, als sie wieder allein waren.
„Du brauchst ihn mir nicht schmackhaft zu machen, das weiß ich schon. Geh zurück ins Bett, du bist heute operiert worden“, bat Lindsay, Carmen.
„Du auch, teure Freundin, dich wird auch eine riesige Narbe daran erinnern, ein gutes hat es ja, du hast etwas von deiner Perfektion verloren“, schmunzelte sie.
„Okay, jetzt muss ich ihn definitiv umbringen“, murmelte Lindsay und döste wieder weg. Als sie erneut aufwachte, war es wieder Tag. Sie hatte starke Schmerzen und drückte den Ruf-Knopf um die Schwester zu rufen.
„Haben Sie Schmerzen?“, fragte plötzlich eine tiefe Stimme und sie schreckte auf. Sie blinzelte und sah in ein erschreckend markantes Gesicht eines bulligen Mannes.
„Bitte töten Sie mich nicht“, flehte sie und der Monitor an dem sie angeschlossen war, zeigte einen hohen Pulsschlag.
„Ich bin Bob, ich werde sie ab heute beschützen“, erklärte der Kerl weiter.
„Verdammt Bobby, erschrecken Sie mich nie wieder so“, beruhigte sie sich und ihr Pulsschlag ging wieder runter.
„War nicht meine Absicht, tut mir leid“, entschuldigte sich Bob.
„Schon gut, ich bin ja froh, dass Sie da sind. Sie heißen nicht wirklich Bob, oder?“, fragte sie.
„Nein, nicht wirklich, aber wir bleiben trotzdem bei Bob, nicht Bobby und schon gar nicht Robert“, bat Bob ernst.
„Kann ich mit leben, Bob“, entschied sie und Bob grinste, oder zumindest versuchte er es.
„Sie brauchen was, Mrs. Brakeshore?“, fragte die Schwester, die auf ihren Ruf gekommen war.
„Mrs. Brakeshore?“, fragte sie verwirrt.
„Sie sind noch etwas durcheinander wegen der Medikamente, Mrs. Brakeshore, meine Mandantin hat große Schmerzen und braucht Schmerzmittel“, bat Bob und sah Lindsay mit einem Blick an, der tausend Worte sagte.
„Ja, ich hab Schmerzen“, murmelte sie.
„Sicher, ich geb Ihnen was. Wie fühlt sich die Wunde an?“, fragte die Schwester freundlich und zog ihr die Decke vom Bauch.
„Ich warte vor der Tür, zeigen Sie mir nur kurz Ihren Ausweis“, bat Bob die Schwester. Verwirrt klippte sie ihren Ausweis von ihrer Brust und gab ihn ihm.
„Gut, musste nur sicher gehen, ich bin nicht weit weg, versprochen“, erkannte Bob und ging nach draußen.
„Was war das den grade?“, fragte die Schwester verwundert.
„Bitte weniger fragen, mehr spritzen“, entgegnete sie mit gequältem Gesichtsausdruck.
„Klar, gleich geht’s Ihnen besser, Mrs. Brakeshore“, versprach die Schwester und als die Krankenschwester ihr die Spritze gegeben hatte, fühlte sie ein warmes Gefühl in ihrem Arm und döste wieder davon.

Die nächsten Wochen dämmerte sie in einem Art Trancezustand zwischen Schmerzen und Schmerzmitteln dahin. Ihre Wunde heilte sehr gut und zwei Wochen später konnte sie nach Hause gehen. Wobei gehen das falsche Wort war, sie musste ihm Rollstuhl bleiben, bis ihr Brustkorb wieder vollkommen geheilt war.

Zwölftes Kapitel


„Dieser Job hat mich zum Krüppel gemacht, meine Mutter hatte Recht, Sünden muss man immer büßen“, erkannte Lindsay frustriert, als Zack sie in seinem Hotelzimmer am Abend ihrer Entlassung ins Bett hievte.
„Du wirst bald wieder einen Marathon laufen können, versprochen. Ich hoffe, das mit der Mrs. Brakeshore-Sache war nicht zu peinlich, ich wollte dich nur in Sicherheit wissen und hab gesagt, dass du meine Frau bist“, erklärte er und deckte sie zu.
„Das war vermutlich das Netteste, was jemals jemand für mich gemacht hat. Du warst in den letzten Wochen immer an meiner Seite, das vergess ich dir niemals“, bemerkte sie und tätschelte seine Backe.
„Du bist immer noch ein bisschen auf Schmerzmitteln, was?“, schmunzelte er und schob ihr noch ein Kissen unter den Kopf.
„Ein minibisschen schon, ja, aber ich meins ernst, ich glaub, ich liebe dich, Zack“, murmelte sie und bevor er antworten konnte, war sie eingedöst.
„Ich wünschte, du würdest das nicht nur in deinem Drogenrausch sagen, mein Schatz“, erkannte er nachdenklich und legte sich neben sie.

Als er grad eingedöst war, klopfte es an der Tür.


„Ich hoffe mal, das ist Booker, dass ich ihn endlich mal persönlich kaltmachen kann“, murmelte er schläfrig und ging zur Tür, nicht darüber nachdenkend, dass er damit seine Freundin und sich in Gefahr brachte.


„Wer ist da?“, rief er heraus.
„Tut mir leid, dass ich so spät noch störe, sind Sie Zackery Brakeshore?“, hörte er eine Stimme.
„Wer will das wissen?“, fragte er zurück und sah durch das Guckloch, durch das er einen Mann in Pilotenuniform erspähte.
„Harris Fulteron, man sagte mir, Sie wüssten, wo meine Frau steckt“, bemerkte Harris, der erschöpft aussah.
„Ausweis, Guckloch“, bat Zack nur.
„Wie meinen?“
„Zeigen Sie mir Ihren Ausweis“, wiederholte er und Harris tat es.
„Verzeihen Sie die Show, kommen Sie rein“, bat Zack und ließ Harris rein.
„Sie sind doch nicht einer von diesen „Ich denke die Regierung will mich umbringen-Freaks, oder? Es wäre wirklich eine Schande, wenn so jemand meine Frau vögelt“, entgegnete Harris.
„Okay, jetzt haben Sie mich verloren, was?“, fragte Zack verwirrt und Harris sah zu dem Bett auf der anderen Seite des geräumigen Hotelzimmers. Er sah nur blonde Haare, die unter einer Bettdecke hervorlugten und dachte, es wäre seine Frau.
„Aha, da ist sie ja, du wirfst mir immer vor, ich würde dich betrügen, aber hinter meinem Rücken hurst du mit Schönlingen rum“, wurde Harris sauer und riss die Decke von Lindsays Körper herunter. Lindsay, die durch die Schmerzmittel immer noch völlig weggetreten war, bemerkte dass gar nicht.
„Das ist gar nicht Carmen“, stotterte Harris verwirrt, der Lindsay, die die Haare im Gesicht lagen immer noch nicht erkannte.
„Nein, das ist meine Freundin, Schwachkopf, die sich grade von einem Mordversuch erholt, also versuchen Sie sie bitte nicht zu wecken“, bat Zack und deckte sie sanft wieder zu.
„Verzeihen Sie vielmals, ich vermisse meine Frau nur sosehr und man sagte mir, Sie würden ihr Hotelzimmer bezahlen und da bin ich etwas durchgeknallt, tut mir wirklich leid“, wurde Harris knallrot.
„Carmens Zimmer ist auf der anderen Seite, aber sie sollten Sie auch nicht wecken, Sie hatte heute eine Behandlung und ihr geht’s danach immer ziemlich dreckig“, bat Zack.
„Was ist mit ihr, ist sie krank?“, verstand Harris nicht.
„Sie wissen es nicht?“, fragte Zack erstaunt.
„Ich soll was nicht wissen?“, fragte Harris zurück.
„Wenn sie es Ihnen nicht gesagt hat, wird sie sicher einen guten Grund dafür gehabt haben. Ich sollte jetzt nichts mehr sagen, eigentlich sollte ich schon schlafen, ich fliege morgen ziemlich früh“, murmelte er müde.
„Toll, jetzt muss ich sie wecken um es zu erfahren, viel Spaß noch mit ihrer blonden Freundin, wer auch immer sie ist“, erwiderte er und ging Richtung Tür.
„Sie müssten doch eigentlich die beste Freundin Ihrer Frau kennen, oder?“, fragte Zack cool.
„Das ist nicht Lyn, Lyn ist nicht blond“, war Harris jetzt total verwirrt.
„Da gibt es so ne neue Erfindung, die nennt sich Wasserstoffperoxyd, Harris“, hörten sie plötzlich Lindsays Stimme.
„Süße, schlaf weiter, Harris wollte eh jetzt gehen“, sagte Zack behutsam, aber Lindsay hatte sich schon schwerfällig aus dem Bett erhoben und kam zu ihnen.
„Süße, du sollst doch noch nicht laufen“, bat Zack und stützte sie.
„Ich verlern noch zu laufen, wenn ich das nicht mal zwischendrin tue. Was willst du hier, H‘?“, fragte Lindsay und Zack führte sie zum Sofa, auf dem sie Platz nahm.
„Ich will meine Frau zurück, ich liebe sie immer noch sehr und ich hasse es in Florida bei meiner Mum zu leben“, gestand er.
„Das musst du mit ihr klären, Harris, nicht mit mir. Das hat weniger wehgetan, als ich dachte, ich denke, ich kann dich morgen im Stehen verabschieden. Es ist wirklich spät, Harris, lass sie heute Nacht schlafen und ich red morgen mit ihr, versprochen“, erwiderte sie und sah ihn an.
„Sagst du mir, was dir passiert ist?“, fragte Harris plötzlich.
„Ich hab einige in meiner Agentur nicht sehr glücklich damit gemacht, als ich gekündigt habe, mehr nicht. Schlaf dich erst Mal aus, mein Freund, du siehst nicht gut aus“, bat sie.
„Ich schlaf nicht mehr, seit sie mich rausgeworfen hat, was als Pilot nicht immer Vorteile hat. Du wirst mir auch nicht sagen, was mit ihr ist, oder?“, fragte Harris und Lindsay schüttelte den Kopf.
„Gut, dann geh ich jetzt wieder in die leere Wohnung, während meine Frau in einer Penthouse-Suite eine mysteriöse Krankheit auskuriert. Wer bezahlt diesen Firlefanz hier eigentlich alles?“, fragte Harris.
„Das bin ich, ich dachte nur, das würde Ihrer Frau gut tun, da Lindsay ja auch nicht zu Hause ist. Wenn Sie wollen, können Sie auch ein Zimmer auf meine Kosten nehmen, nur nicht grade noch ne Penthouse-Suite, sonst steigt mir meine Anwältin morgen echt aufs Dach“, bat er.
„Ich komm schon klar, danke. Gute Besserung, Lyn“, verabschiedete sich Harris und schlurfte davon.
„Man, ich dachte die Seifenoper wäre ausgestanden gewesen. Trägst du mich zurück ins Bett?“, fragte sie und streckte ihm die Arme entgegen.
„Dann verlange ich aber als Gegenleistung ein bisschen was zurück, was dich natürlich nicht zu sehr anstrengt“, schmunzelte er und zog sie auf seine Arme.
„Ich kann‘s versuchen“, säuselte sie und verbrachte mit ihm eine sehr sanfte, aber schöne Liebesnacht.

Es war noch recht früh, als jemand gegen die Außentür des Hotelzimmers klopfte.


„Man, ich hoffe das ist nur Bob“, murmelte Zack, schlüpfte in einen Bademantel und ging zur Tür.
„Ist sie wach?“, fragte Carmen aufgebracht, die vor der Tür stand.
„Eigentlich nicht, na, ausgeschlafen?“, fragte Zack und wuschelte sich durch die blonden Haare.
„Sie hat es ihm gesagt, wie konnte sie es ihm sagen?“, entgegnete Carmen und plötzlich wurde sie schwach und er musste sie stützen.
„Ich bin nur zu schnell aufgestanden, schon gut. Weck sie“, bat Carmen ernst.
„Sie hat nichts damit zu tun, ich hab es ihm gesagt, ich hab es nicht gewusst, tut mir leid“, entschuldigte er sich und lächelte sie charmant an.
„Man, du lässt meinen ganzen Ärger auf einmal verblassen, du Schönling, du“, wurde ihre Stimme sanfter.
„Au, der Schönling hat echt wehgetan. Hast du schon gefrühstückt?“, fragte er und griff zum Hörer.
„Mir ist übel, mir ist nicht nach Frühstück“, murmelte sie.
„Dann bestell ich dir einen Haferschleim, den verträgst du sicher“, versprach er freundlich.
„Ich glaub nicht, dass die hier so was haben“, belächelte sie seine Aussage.
„Ich gebe hier Geld in Summe eines Kleinwagens aus, ich kann sicher sogar verlangen, dass der Hafer frisch ist“, schmunzelte er und bestellte ihr Haferschleim.
„Die kommen in ein paar Minuten damit, frisch ist er nicht, aber ich will ja kein Snob sein“, erwiderte er lächelnd.
„Du bist ein echter Schönling, mein Freund“, frotzelte Carmen, die sich an den Tisch gesetzt hatte.
„Hey, hör auf damit, ich bin kein Schönling, das alles hier, das bin nicht ich“, entgegnete er und zeigte ihr sein Führerscheinbild und ein paar Bilder mit meinen Eltern und sich, welche er in der Börse trug.
„Du bist ja ein Hippie, das sind ja megalange Haare, du hast sicher geweint, als die abkamen, oder?“, fragte sie, als sie seine langen blonden Haare auf einem Foto von ihm sah, wie er mit seinem Surfboard posierte.
„Die ein oder andere Träne hab ich schon vergossen, ja. Meine Mutter kriegt sicher auch einen Herzinfarkt, wenn sie mich sieht. Ich freu mich sie wieder zu sehen, aber mir bricht auch das Herz, Lindsay allein zu lassen, aber du brauchst sie jetzt mehr als ich“, erklärte er traurig.
„Du liebst sie, oder?“, schlussfolgerte Carmen und Zack sah beschämt auf die Fotos.
„Ja, aber sag ihr das nicht, es ist noch viel zu früh, darüber auch nur zu sprechen. Du überlässt sie mir aber, wenn du wieder gesund bist, ja?“, bat er.
„Ich bin nicht das Problem, tut mir leid“, erkannte sie.
„Willst du damit sagen, dass sie hier in dieser Stadt fast totgeprügelt wurde und trotzdem nicht weg will?“, fragte er erstaunt.
„Ich weiß es nicht, dass ist nur meine Meinung, sie hängt nur an dieser Stadt, sie fühlt sich hier erwachsen“, entschied sie und gab ihm die Bilder zurück.
„Bei mir könnte sie glücklich werden“, dachte er laut nach.
„Das weiß ich, Süßer, das weiß ich. Ich werd sie noch davon überzeugen, versprochen. Du bist also ein Hippie?“, versuchte sie die Stimmung wieder aufzulockern.
„Ja, bin so aufgewachsen, hast du was gegen Hippies?“, fragte er.
„Privat nicht, aber als Frisörin schon, ja“, witzelte sie.
„Klar, wir sind schlechte Kunden. Wie geht’s dir eigentlich nach der Chemo gestern?“, fragte er freundlich und sie zog sich einen Büschel Haare aus der Frisur.
„Wirklich klasse“, entgegnete sie sarkastisch.
„Oh man, das ist echt ein fieses Gift was sie da in dich reinpumpen. Du wirst aber wieder gesund, da glaub ich fest dran“, versprach er.
„Das dachte ich vor ein paar Wochen auch noch, aber ich fühl mich jeden Tag so schwach“, erklärte sie.
„Du kannst solang im Hotel bleiben, wie du willst“, schlug er vor.
„Danke, so sehr mir auch gefällt, dass ich meine Kotze nicht allein wegwischen muss, ich lass mich nicht gern aushalten“, lehnte sie sein Angebot ab.
„Klar, aber meld dich, wenn du es dir anders überlegst. Ich sollte sie langsam mal wecken, wir brauchen morgens immer nen bisschen, ich muss ja erst mich anziehen und dann ihr beim Anziehen helfen“, erklärte er.
„Es wird Zeit, dass ich mich wieder selbst anziehe, es ist schlimm genug, dass ich dich mit Bodyguard zum Flughafen bringen muss, ich will das heute wenigstens stehend erledigen“, kam Lindsay etwas gekrümmt nur in Unterwäsche zu ihnen.
„Ich muss dir beim Kleid helfen, oder?“, fragte er schmunzelnd.
„Ja, wenn du so lieb wärst. Man, ich will endlich wieder alles allein machen können“, bemerkte sie verärgert über ihre eigene Unselbstständigkeit.
„Bald wirst du das alles wieder können, denn ich kann dir nicht mehr helfen. Komm, gehen wir ins Schlafzimmer, dann helf ich dir“, entschied er und half ihr sich anzuziehen.


Mit Bob im Schlepptau gingen Zack und die Frauen zum Flughafen.

„Ich hab ihn wieder weggeschickt, er sitzt sicher schon in einem Flieger nach wo auch immer“, erklärte Carmen, als die Frauen nebeneinander vor den Männern herliefen.
„Du bist auch selten dämlich“, kommentierte Lindsay nur.
„Ich hoffe mal, es sprechen die Schmerzen aus dir“, raunzte Carmen.
„Nein, mir geht es gut, aber du weißt, dass er dich liebt und du liebst ihn. Ich glaub nicht, dass ich das jetzt sage, nach all dem Drama was ihr mir in den letzten Monaten aufgetischt habt, aber geh zu ihm und bitte ihn zu bleiben“, bat Lindsay ernst.
„Du kannst mir gar nichts vorschreiben, du klingst schon wie meine Mutter“, murrte Carmen.
„Einer muss es ja mal machen. Geh sofort los und such ihn, bevor er wegfliegt“, wurde sie laut.
„Alles klar bei euch?“, fragte Zack hinter ihnen.
„Ja, alles bestens“, murrte Carmen, drehte sich um und ging zum Counter.
„Was ist mit ihr?“, fragte er verwundert.
„Ich musste mal Tacheles mit ihr reden, nichts weiter. Stützt du mich ein bisschen? Bin jetzt schon ziemlich erschöpft“, bat sie und er tat es.
„Man, was mach ich nur ohne dich“, murmelte sie, als er sie in seinem Terminal zu einer Sitzbank führte.
„Ich hab hier ein Ticket für dich, wir fliegen in zwanzig Minuten, ich freue mich, wenn du mitfliegst, aber bin nicht sauer, wenn du nicht mitwillst“, drückte er ihr plötzlich ein Ticket in die Hand.
„Ich hab doch gewusst, dass du vorhin am Counter nicht nur dein vegetarisches Essen abgeklärt hast. Du setzt mir die Pistole auf die Brust, Zack“, wurde sie wütend.
„Ich liebe dich und will dich nicht verlieren“, gestand er.
„Hat er grade das L-Wort ausgesprochen?“, fragte Lindsay und sah ihren Leibwächter an.
„Ich bin nicht zum Reden angestellt worden, Miss“, erklärte Bob nur.
„Klasse, die perfekte Ausrede für einen Mann. Du zwingst mich jetzt zu etwas, was ich nie machen wollte, Zack, aber es ist vorbei“, trennte sie sich von ihm.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Ich hab dir grad meine Liebe gestanden und du trennst dich von mir?“, fragte er geschockt.
„Ja, das ist mein Ernst. Und nimm deinen Bodyguard mit, ich brauch ihn nicht mehr“, zeterte sie, aber man sah den Schmerz in ihrem Gesicht bei jedem Wort.
„Gut, wie du willst“, murrte er, entriss ihr das Ticket wieder und rauschte davon. Bob blieb einfach bei ihr stehen.
„Ich weiß, dass Sie nicht reden, aber hören können Sie schon, oder?“, fragte Lindsay und sah ihn mit Tränen in den Augen an.
„Von wegen, jetzt brauchen Sie mich am Meisten!“, wollte Bob nicht gehen.
„Klar, jetzt reden Sie. Verziehen Sie sich“, raunzte sie und er schüttelte den Kopf.
„Lassen Sie mich einfach für ein paar Minuten allein, ich bin hinter den Sicherheitsschranken, mir kann hier nichts passieren“, bat sie weinerlich.
„Ich bin da hinten, wenn Sie mich brauchen“, versprach er und ging in ein Eck, wo er sie sehen konnte, sie aber nicht belästigte.

Dreizehntes Kapitel



Sie weinte, während er wegflog. Bob stand ganz schweigsam in seinem Eck und ließ sie allein. Carmen war schon fast eine Stunde weg und in dem Moment wünschte sie so sehr, dass sie an ihrer Seite wäre.
„Können wir jetzt gehen?“, stand sie ganz plötzlich neben ihr und Lindsay sah sie in mit ihren tief verweinten Augen an.
„Oh man, du siehst ihn ja wieder, jetzt übertreib’s nicht“, schien auch Carmen in Liebesdingen kein Glück gehabt zu haben.
„Ich will nur hier weg“, sagte sie nur und stand gestützt auf sie auf.
„Hab ich auch nichts dagegen, er ist schon geflogen, bevor wir hier angekommen sind, es ist endgültig vorbei“, erklärte Carmen tonlos.
„Willkommen im Club, Zack hat das L-Wort verwendet und mir ein Ticket in die Hand gedrückt und ich hab ihn verlassen“, erklärte sie ihre Situation.
„Er hat dich als Lesbe beschimpft?“, verstand Carmen nicht und Lindsay sah sie mit einem vielsagenden Blick an.
„Ach, das andere L-Wort, ja, das hat er mir auch schon gestanden heut Morgen, wir messen hier mit zweierlei Maß wie ich sehe, du hast grad erst zu mir gesagt, ich muss alles riskieren und du kneifst“, schlussfolgerte Carmen.
„Ich hab das für dich gemacht, Carmen, also sei bitte still“, raunzte sie und auf Bob gestützt gingen sie zu ihrem Wagen.

Sechs Monate später wohnten Carmen und Lindsay in Carlisle immer noch im Staate Arkansas und hatten sich dort ein neues Leben aufgebaut. Carmen, die ihre Chemotherapie hinter sich gebracht hatte, wurde langsam wieder gesund und arbeitete im lokalen Frisörsalon das erste Mal seit Jahren wieder als Haarstylistin und Lindsay arbeitete nun in der UPS-Zentrale im Zentrum der Stadt. Sie hatten sich für die Flucht entschieden, nachdem Lindsay sich nicht mehr getraut hatte, ohne Bob das Haus zu verlassen. Da Zack ihn nicht mehr bezahlte, hatten sie eh keine andere Möglichkeit und so zogen sie aus Sicherheitsgründen weg. Die Stadt, in der sie jetzt lebten, unterschied sich nicht sehr von Little Rock, doch sie war ein Neuanfang. Lindsay dachte immer noch fast täglich an Zack und ihre verpasste Chance, aber sie musste weitermachen und er würde auf der Insel auch sein Glück finden, da war sie ganz sicher.


„Man, es wird echt Zeit, dass meine Haare wieder zurückkommen, ich bin der Tücher überdrüssig“, erwiderte Carmen, als sie ihre wenigen Haare, die ihr nach der Therapie geblieben waren mit einem Kopftuch mit Totenköpfen verdeckte.
„Ja, glaub ich dir, es ist komisch, aber ich vermisse die blonde Haarfarbe auch irgendwie“, bemerkte Lindsay, die sich die Haare als Therapie nach Zacks Abreise schokoladenbraun gefärbt hatte.
„Nein, ich färb dir deine Haare nicht schon wieder um, sonst fallen Sie dir auch noch aus“, entschied Lindsay.
„Hab ich ja nicht gesagt, ich sagte nur, dass ich das blond irgendwie vermisse. Kannst du mir die Augenbrauen machen, wenn ich in der Mittagspause vorbeikomme?“, fragte Lindsay.
„Klar, kann ich machen, hast du nen Date, oder warum dieses Theater?“, fragte Carmen frotzelnd.
„Ich will nur für mich gut aussehen, ist das so schwer zu glauben?“, war Lindsay auf das Thema Männer immer noch nicht gut zu sprechen.
„Klar, wollt’s nur wissen, ich glaub, der Sheriff hat ein Auge auf mich geworfen“, entgegnete Carmen, die trotz der harten Therapie ihren Lebenswillen nicht verloren hatte.
„Das ist kein Kunststück, der schielt, egal wo er hinguckt, ein Auge zielt immer auf einen“, frotzelte Lindsay zurück.
„Du hast schon Recht, die Auswahl an Männern ist hier echt begrenzt“, schlussfolgerte Carmen.
„Ich brauch grad keinen Mann, ich genieß meine abstinente Zeit vollkommen“, entschied Lindsay standhaft.
„Wem machst du hier was vor, Lyn, ich höre die Batterie von deinem kleinen Freund jede Nacht brummen“, konterte sie emotionslos.
„Du kannst das hören?“, fragte Lindsay beschämt.
„Ist ja nicht grad das Taj Mahal hier, ich hör dich auch schnarchen, Süße“, fand das Carmen irgendwie amüsant.
„Ich war jetzt zwei Jahre in der Sexbranche, ist schwer seine Gelüste da wieder zu kontrollieren, ich geh ins Badezimmer nächstes Mal, tut mir leid“, entschuldigte sich Lindsay.
„Nein, geht schon, ich sag’s nur. Man, wir haben zwei gute Männer verlassen um in ein Inzuchtverseuchtes Kaff zu ziehen, kluge Entscheidungen treffen wir nicht jeden Tag, oder?“, dachte Carmen laut nach.
„Ich fühl mich hier wohl, etwas untervögelt, aber wohl“, schmunzelte Lindsay, die ihre braune UPS-Uniform trug, die gut zu ihren braunen Haaren aussah.
„Wir gehen am Wochenende aus und suchen uns nen Mann zum Durchvögeln, würd ich mal sagen“, entschied Carmen.
„Klar, können wir machen, soll ich dich im Salon rauslassen?“, fragte Lindsay und zog ihren Zopf durch den hinteren Teil ihrer Mütze.
„Es ist so ein schöner Tag, ich lauf glaub ich mal. Hast du dein Pfefferspray dabei?“, fragte Carmen überprüfend.
„In meinem Gürtel, du musst aufhören, Angst um mich zu haben, er findet uns hier nicht“, versprach Lindsay, schnappte ihre Schlüssel und ging davon.

Zur gleichen Zeit auf Maui schnitt Barbara Shinova, Zacks Mutter Obst, um ihrem Sohn einen Obstsalat zu machen. Er ernährte sich, seit er vom Festland zurückgekehrt war, meistens nur noch flüssig und saß in dem Moment auch grade auf einer Sanddüne mit einer halbleeren Jack Daniels-Flasche in der Hand.

Die Shinova-Mickalsky Familie wohnte direkt am Strand und sie hatten jeden Tag einen wunderschönen Blick aufs Meer, doch die Gedanken, die Zack hatte, waren nicht so schön, während er auf das Meer starrte.
„Zwing ihn dazu, das zu essen“, bat Barbara ihren Lebensgefährten, den alle nur Moon nannten.
„Ich glaub nicht, dass er es essen würde, ich grille seit Wochen direkt neben ihm, aber er hat nicht einmal Hunger bekommen“, entschied Moon und nahm ein Stück Ananas vom Brettchen.
„Deshalb sag ich ja auch, zwing ihn, er hat ziemlich abgenommen, klar, wenn er nichts mehr isst. Übrigens, ich rieche das Fleisch was du da grillst hier drin und als Veganerin ist das echt abstoßend“, konterte Barbara und machte den Salat an.
„Ich stell mich woanders hin, sorry. Du solltest mal nicht als Mutter mit ihm reden sondern als die exzellente Psychologin, die du bist, Barb“, schlug Moon vor.
„Ich mach es auch nicht, wenn du mir Honig um den Bad schmierst, red von Mann zu Mann mit ihm, bitte“, bat Barbara und drückte ihm die Schüssel mit Obstsalat in die Hand.
„Ich hab diese Mann zu Mann-Gespräche, die mein alter Herr mir aufgedrängt hat nie leiden können, ich zwing ihn nicht zum Reden, wenn er nicht will“, konterte Moon.
„Dann bring ihn wenigstens zum Essen und nimm ihm diese Flasche weg, er hat sicher schon einen Alkoholspiegel weit über Eine-Promille“, bat Barbara, küsste ihren Lebensgefährten und entließ ihn mit einem Po-Klatscher. 

„Na, was erzählt dir das Meer heute?“, fragte Moon, als er sich neben seinen Sohn auf den Sandhaufen setzte.
„Pärchen in den Flitterwochen gehören erschossen“, murmelte sein Sohn betrunken.
„Okay, du hattest eindeutig genug“, entschied Moon und entriss ihm die Flasche.
„Hey, das will ich noch trinken“, entgegnete Zack und nahm sich die Flasche wieder. Dabei leerte er fast die ganze Flasche in den Sand.
„Egal, kann mir ne neue Flasche leisten“, war das Zack ziemlich egal.
„Du hast 1,6 Milliarden Dollar, ich weiß, deshalb hast du deinen Laden auch nicht mehr aufgemacht, seit du heimgekommen bist. Ist sie es wert, dass du dein ganzes Leben aufgibst?“, fragte Moon genervt von seinem Adoptivsohn.
„Ich hab Geld wie Heu, ich muss nicht mehr arbeiten“, lallte Zack, der ziemlich arrogant klang. Moon gab ihm dafür einen kräftigen Klaps auf den Hinterkopf.
„Ich hab dich so nicht erzogen, Sohn“, wurde der sonst sehr sanftmütige Moon laut.
„Du hast mich gar nicht erzogen, Moon, Barbara hat mich erzogen“, erkannte Zack altklug.
„Iss das, das hat deine Mutter grade aufwändig gemacht, sonst werde ich langsam wirklich anfangen, dich zu erziehen, wenn du verstehst, was ich meine“, wütete Moon und drückte ihm den Salat in die Hand.
„Ich hab keinen Hunger!“
„Man, das kann ich nicht mehr hören, wenn nur ein Stückchen im Sand landet, schlag ich dich wirklich“, drohte Moon, rappelte sich auf und latschte barfuß zurück zu dem Haus, das Zack ihnen gekauft hatte.

Vierzehntes Kapitel


Zehn Tage später beendete Zack endlich seine Trauerphase und öffnete seinen Surfladen wieder. Er war nüchtern und Matty half ihm alles sauber zu machen.
„Danke, dass du mir hilfst“, bedankte sich Zack, als er die Kasse aufschloss.
„Du hast mir eine Reha finanziert und eine schöne Wohnung, ich helf dir bei allem was du willst“, versprach Matty, der mit den Drogen aufgehört hatte.
„Bin auch stolz auf dich, dass du das durchgezogen hast“, erwiderte Zack und legte die Münzrolle in die Kasse, die er zuvor besorgt hatte.
„Du bist auch schon seit zehn Tagen nüchtern, was hat sich geändert?“, fragte Matty neugierig und fing an den Tresen zu putzen.
„Moon ist laut geworden“, sagte er nur.
„Moon wird nie laut, Moon ist doch die männliche Mutter Theresa“, wunderte sich Matty.
„Eben deswegen ja, ich muss sie vergessen und wieder arbeiten, nicht, dass ich es noch müsste, aber ich hab jetzt sechs Monate rumgegammelt, dass mach ich nicht noch fünfzig Jahre. Ich liebe das Surfen, aber nicht den ganzen Tag“, entgegnete er und half beim Putzen.
„Du standst schon seit sechs Monaten nicht mehr auf dem Bord, wir sollten mal wieder losziehen“, schlug Matty vor.
„Ich war auf dem Bord“, behauptete Zack.
„Stundenlang mitten in der Nacht breitbeinig auf dem Bord im Meer zu sitzen und ins Meer zu starren während du dir einen runterholst ist nicht surfen, mein Freund“, entschied Matty.
„Du hast das gesehen?“, war Zack genauso peinlich berührt über seine Masturbation wie seine Ex tausende Meilen entfernt.
„Ich seh von meiner Wohnung euren Strandabschnitt, danke übrigens nochmal für die Wohnung, falls ich es nicht schon mal gesagt habe“, erklärte er.
„Doch hast du und gern geschehen. Ich will das nicht in Hörweite zu meinen Eltern machen, ich geh woanders hin, versprochen. Warum hab ich nochmal so ein großes Haus gekauft wo auch meine Eltern drin wohnen können?“, fragte Zack.
„Du warst betrunken, nehm ich mal an. Du bist bei mir und meiner Couch immer willkommen, ist ja auch irgendwie deine Wohnung“, schlug Matty vor.
„Dann nehm ich das Angebot heute gerne an“, schmunzelte Zack. Matty sah seinen Kumpel das erste Mal seit Monaten wieder lächeln.
„Da sind deine Zähne ja wieder, ich dachte schon, du wirst jetzt ein brummiger Alki bleiben“, freute sich Matty.
„Auch wenn sie die Liebe meines Lebens war, ich kann mein Leben nicht wegen ihr aufgeben, das tut sie sicher auch nicht. Sie ist weggezogen, hab ich dir das schon erzählt?“, fragte Zack.
„Du spionierst ihr nach?“
„Nein, nicht wirklich, sie ist nur ihren Leibwächter losgeworden und der hat es mir erzählt, ich hab keinen blassen wo sie hin ist. Wie auch immer, sollen wir Surfen gehen, wenn wir hier fertig sind?“, fragte Zack nachdenklich und Matty nickte matt lächelnd.

An diesem Abend kam Lindsay in Begleitung nach Hause. Carmen war noch bei der Arbeit, so machte sie es sich mit ihrem männlichen Begleiter in ihrem Zimmer gemütlich. Als Carmen nach Hause kam, war ihr Begleiter friedlich eingepennt, aber sie lag von Schuldgefühlen geplagt, dass sie Zack irgendwie betrogen hatte neben dem Kerl, den sie erst kennengelernt hatte.
„Lyn, bist du da?“, hörte sie Carmen von draußen. Eilig zog sie ihren Morgenmantel an und ging zu ihr raus.
„Hey, du bist früh“, begrüßte Lindsay sie aufgeschreckt.
„Ich bin eher ziemlich spät dran, was hast du da drin gemacht?“, fragte Carmen verwundert.
„Ein bisschen Dampf abgelassen“, schmunzelte Lindsay und grinste breit.
„Bitte sag mir, dass du ihn nicht dafür bezahlen lässt, sag mir das bitte“, bat Carmen und wurde lauter, als sie das eigentlich wollte.
„Das hast du grad nicht wirklich gefragt, oder?“, wurde Lindsay wütend.
„Komm schon, du bist ein Ex-Callgirl, die Anschuldigung ist gar nicht so unbegründet. Also, wer ist er?“, fragte Carmen cool.
„Ich hab keinen blassen Schimmer, er war der letzte Postkunde auf meiner Route und ich hab ihn gefragt und er hat spontan ja gesagt, ich will den Kerl ja nicht heiraten, nur etwas Dampf ablassen, wie schon gesagt. Ich werde ihn gleich los, versprochen“, versprach sie.
„Mach was du willst, ich koch erst Mal was. Hat es sich wenigstens gelohnt?“, fragte Carmen, während sie zusammen in die Küche gingen.
„War okay, aber ich fühl mich, als würde ich einen Betrug begehen, das ist so dämlich“, erklärte sie und nahm eine Trinkflasche aus dem Kühlschrank um einen großen Schluck zu trinken.
„Wem sagst du das, ich bin immer noch verheiratet, ich hab ihm die Papiere schon vor Monaten geschickt, hab aber noch nichts von ihm gehört. Bis ich die zurückhabe, mach ich nichts. Tut mir leid, ich hab nur Angst, dass du wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällst, schließlich hast du nur für ihm damit aufgehört“, erklärte sie und begann Gemüse zu schnippeln.
„Vergessen was mir passiert ist?“, fragte Lindsay und öffnete ihren Bademantel um ihr ihre lange Narbe vom Brustbein bis zum Bauchnabel zu präsentieren.
„Man, ich weiß zwar nicht, was hier abgeht, aber ich mach gern mit“, kam ihr Bettgenosse aus dem Schlafzimmer. Er trug nur Boxershorts.
„Zieh dich an und verschwinde, Kleiner“, bat Lindsay etwas schroff, zog ihren Mantel fest zusammen und der Kerl ging etwas erschreckt davon.
„Das war jetzt nicht besonders nett“, kommentierte Carmen, als sie das Besteck auf den Tisch legte.
„Und er war nicht besonders gut, ich bleib bei meiner Abstinenz, ganz eindeutig“, war Lindsay trotz ihrer Befriedigung nicht gut drauf.
„Wie du meinst, ich nehm mir nächsten Monat ein paar Tage frei und besuch Harris, um ihn die Papiere endlich unterschreiben zu lassen, ich muss einen Schlussstrich unter die Geschichte setzen. Du solltest das auch tun, Maui ist sicher wunderschön um die Jahreszeit“, schlug Carmen vor.
„Ganz sicher nicht, das hätte er wohl gern, dass ich zu ihm komme, sehe, wie wunderschön es dort ist und bleibe“, bemerkte sie trotzig.
„Manchmal versteh ich dich nicht, du hast nen Kerl, der dir die Sterne vom Himmel holen würde und auf nem ganzen Batzen Geld sitzt und er ist noch auf einer der tollsten Inseln der Erde. Ich wäre schon längst in seinen Armen, wenn ich du wäre“, erklärte Carmen.
„Du hast meinen Segen, mach was du willst“, war es Lindsay egal.
„Ich will ihn nicht, aber du willst ihn immer noch, ich hab dich doch in den letzten Monaten erlebt, es vergeht kein Tag, an dem du nicht an ihn denkst, oder?“, fragte Carmen mitfühlend.
„Ich geh jetzt duschen, halt mir mein Essen bitte auf dem Herd warm“, murrte Lindsay, die auf das Zack-Thema nicht gut zu sprechen war.
„Ganz eindeutig muss ich da was machen“, murmelte Carmen nachdenklich, während sie weiterkochte. 

Fünfzehntes Kapitel


Vier Wochen später schien Lindsay sich wieder in ihrem Liebeskummer zu vergraben und Carmen entschied, sie nach Florida mitzunehmen, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Was Carmen nicht wusste war, dass auch Matty seinen Kumpel aufmuntern wollte und ihn deshalb auch nach Fort Lauderdale zum Surfen mitnahm.

„Ich versteh immer noch nicht, warum wir extra aufs Festland zum Surfen fahren müssen, wenn wir die besten Wellen vor der Haustür haben“, grummelte Zack, der sich auch wieder im Liebeskummer wälzte.
„Wir surfen immer an der gleichen Stelle, ist doch mal Zeit für was Neues, oder?“, fragte Matty aufmunternd.
„Wenn du meinst. Aber wehe, mein teures Board hat nen Kratzer abbekommen“, erwiderte Zack angepisst, während sie zusammen zur Ausgabe liefen, wo sie ihre Bords abholen wollten.
„Du hast ja dem Beamten in Maui deutlich gemacht, dass das Ding verdammt teuer ist. Auf was reitest du eigentlich, auf purem Gold?“, fragte Matty etwas eifersüchtig.
„Das ist reine Eifersucht, mein Freund, ich bin auf dem Ding einfach superschnell“, erklärte Zack.
„Das werden wir ja dann sehen, du bist die Wellen nicht gewöhnt hier, dich mach ich fertig“, entgegnete Matty cool und sie holten ihre Boards ab.

Zur gleichen Zeit fuhren Carmen und Lindsay in Fort Lauderdale ein.


„Es ist verdammt heiß hier“, nörgelte Lindsay.
„Das ist auch Florida, Lyn, hör auf zu meckern“, war Carmen schon ziemlich genervt von ihr.
„Warum bin ich nochmal hier?“, fragte Lindsay.
„Du brauchst keinen Grund um mal ein paar Tage in der Sonne zu liegen, oder?“, fragte Carmen cool.
„Auch wahr, ich sollte das genießen, das ist mein erster Urlaub seit Jahren. Soll ich eigentlich mitkommen, wenn du zu Harris gehst?“, fragte Lindsay freundlicher.
„Nein, das wird schon gehen, danke. Wir fahren jetzt ins Hotel und dann fahr ich zu ihm und du kannst an den Strand oder so“, erklärte Carmen und Lindsay nickte.

Während Lindsay in ihrem sehr sexy Monokini zum Strand ging, fuhr Carmen zu ihrem Ex-Mann. Sie hatte sich nicht angekündigt und sie hoffte, dass er zu Hause war.
„Carmen?“, fragte Mrs. Fulterton erstaunt, als sie ihrer Schwiegertochter die Tür öffnete.
„Hey Josie“, begrüßte Carmen sie etwas nervös.
„Was willst du hier?“, war Josie nicht gut auf sie zu sprechen.
„Er hat nicht unterschrieben und ich will ihn dazu zwingen“, erkannte sie nur kurz.
„Du hättest anrufen sollen“, konterte Josie.
„Er wär abgehauen, wenn ich mich angekündigt hätte“, konterte Carmen.
„Das hätt ich gern gesehen, dein werter Gatte hat seit er vor sechs Monaten zurückgekommen ist, nämlich mein Haus nicht mehr verlassen“, entgegnete Josie verärgert.
„Er geht nicht mehr zur Arbeit?“, fragte Carmen geschockt.
„Das wollt ich damit sagen, ja, er liebt dich sehr und ist an dieser Trennung zerbrochen“, erklärte Josie mit traurigem Blick.
„Das wollte ich nicht“, war Carmen total entsetzt.
„Das hoff ich doch sehr, sonst müsst ich dich glaub ich schlagen. Du solltest wieder gehen, Carmen, du bist hier nicht mehr willkommen“, sagte Josie leise, aber bestimmt.
„Lass mich mit ihm reden“, bat Carmen weinerlich.
„Dass du ihn noch in den Selbstmord treibst, das glaub ich kaum. Geh einfach“, forderte Josie und weinend ging Carmen zum Auto.

Als sie bei Lindsay ankam, legte sie sich wortlos in ihren Schoß und weinte herzzerreißend.

„Ich hatte befürchtet, dass du so reagieren würdest, wenn du ihn siehst“, kommentierte Lindsay die Situation, als Carmen sich ausgeweint hatte.
„Ich hab ihn gar nicht gesehen“, schniefte Carmen und setzte sich auf.
„Du wolltest, aber du konntest nicht reingehen“, versuchte Lindsay es zu erraten, doch Carmen schüttelte nur den Kopf.
„Ich bin nicht gut im Raten, sag es mir, bitte“, bat Lindsay und Carmen erzählte ihr, was sie erlebt hatte.
„Klasse, und nun?“, fragte Lindsay nur.
„Ich möchte nur noch nach Hause und vergessen, dass ich hiergewesen bin“, entschied sie.
„Ja, ich kann hier auch nicht abschalten, der Surfer auf dem Board sieht voll aus wie Zack“, erwiderte Lindsay und zeigte aufs Meer heraus. Carmen traute ihren Augen nicht, da surfte wirklich Lindsays Ex.
„Ja, ist ne gewisse Ähnlichkeit da, kann ich nicht verleugnen. Ich möchte etwas allein sein, kommst du ne Weile ohne mich klar?“, fragte Carmen und stand auf.
„Bin ich ja vorhin auch schon, geh du ruhig, wir können uns auch im Hotel treffen, okay?“, schlug Lindsay vor und Carmen nickte.

Als Carmen losging wollte sie nicht allein sein, sie suchte jemanden und fand ihn.
„Was macht ihr hier?“, zischte sie Matty an, der gerade sein Board wachste.
„Das kann ich dich auch fragen, ist sie auch hier?“, fragte Matty, der von seinem Board abließ.
„Da hinten liegt sie, sie hat ihn schon entdeckt, aber sie denkt, dass ihr Gehirn ihr nur einen Streich spielt. Warum seit ihr hier?“, fragte sie erneut.
„Vermutlich aus dem gleichen Grund wie ihr, ich wollte ihn von seinem Liebeskummer ablenken. Was machen wir jetzt, sollen sie aufeinander treffen, oder nicht?“, fragte Matty planend.
„Die Frage stellt sich gleich gar nicht mehr, sie geht in seine Richtung“, stellte Matty fest und Carmen drehte sich ruckartig um.
„Ich muss zu ihr“, stellte sie fest.
„Nein, das ist nicht unsere Sache, das Schicksal hat sie wieder zusammengeführt, ich hoffe, sie machen was draus“, hielt Matty sie mit seiner freien Hand fest.
„Du hast Recht, sie gehören zusammen, da dürfen wir nicht eingreifen. Du bist doch so öko und alles, hast du nen offenes Ohr für meine Probleme?“, fragte sie plötzlich.
„Klar, lass uns in das Café da hinten gehen, da kannst du mir erzählen, was dich bedrückt. Gut siehst du übrigens aus, bist du wieder gesund?“, fragte Matty, während sie zu dem Café gingen.
„Ich bin auf dem Weg der Besserung, danke der Nachfrage, du siehst auch besser aus, nicht mehr so verwirrt“, erkannte Carmen und sah ihm in die Augen.
„Ich kiffe nicht mehr, ich bin jetzt vollkommen klar im Kopf, das ist zwar manchmal ziemlich hart, aber ich komm damit klar. Ich hätte jetzt aber echt Bock auf nen Eis“, entschied er und so gingen die beiden in das Café, während sich Lindsay bedrohlich nah Zack näherte.

Sie watete durch die Fluten, bis sie zu ihm kam. Er saß relaxed auf dem Board und ruhte sich aus.

„Du bist es wirklich“, hörte er die liebliche Stimme seiner Ex.
„Klasse, ich wusste doch, dass in den Muffins von Matty mehr als nur Schokolade drin war, jetzt fantasiere ich, ganz toll und er lässt mich vollgepumpt mit Drogen auch noch Surfen, ein echter Freund, wirklich“, entschied er, ohne sich umzudrehen.
„Drehst du dich bitte mal zu mir um, wenn ich mit dir rede?“, bat sie bestimmt und er drehte langsam den Kopf, als würde er die Illusion verscheuchen, wenn er sich beeilen würde.
„Du stehst nicht unter Drogen, soweit ich weiß, mein ich, ich hätte mir denken können, dass ich auf dich treffe, wenn ich einen Strand besuche, aber ich dachte eigentlich, das wäre wenn ich mit meinem Ehemann auf Maui in meinen Flitterwochen bin“, erklärte sie verwirrt.
„Du bist verheiratet?“, fragte er geschockt.
„Nein, es ist erst sechs Monate her, dass wir uns getrennt haben, ich verlieb mich nicht so schnell wie du, das war rein hypothetisch gedacht. Ich hab tausend Gespräche mit dir geführt in meinen Gedanken, aber jetzt wo ich dich sehe fällt mir nichts ein, was ich dir sagen könnte“, erwiderte sie und er zog ihren Kopf mit einer Hand zu sich und küsste sie leidenschaftlich. Sie spürte das Wasser, was von seiner feuchten Hand auf ihren Rücken herunterlief und das fühlte sich sehr gut an.
„Wir waren auch immer mehr auf dieser Ebene viel besser als beim Reden“, schmunzelte er.
„Genau das war unser Problem, wir haben nicht geredet. Wir können nicht einfach da weitermachen, wo wir aufgehört haben“, erkannte sie und löste sich von seinem Griff.
„Dann reden wir, ich will dich nicht wieder verlieren“, bat er.
„Ich reise heute Nachmittag wieder ab, tut mir leid“, erklärte sie.
„Dann fahr morgen früh und wir gehen heut Abend aus und reden“, hoffte er.
„Meinetwegen, ein Date, wir hatten ja nicht wirklich ein Date während unserer Beziehung. Aber erwarte nicht zu viel“, gab sie nach.
„Klar, das versteh ich. In welchem Hotel seit ihr?“, fragte er vorsichtig.
„In dem Microtel die Straße runter“, erklärte sie.
„Ich hol dich um sieben Uhr ab, okay?“, fragte er.
„Ja, meinetwegen. Bis dann“, erkannte sie und ging wieder aus dem Wasser.

Als sie zurück ins Hotelzimmer kam und nur noch duschen wollte, fand sie Carmen in Fötus-Haltung auf dem Bett liegend.
„Hey Engelchen, wie geht’s dir?“, fragte sie vorsichtig.
„Ich hab sein Leben zerstört“, murmelte Carmen traurig.
„Nein, du liebst ihn nicht mehr und er hat das nicht verkraftet, dich trifft keine Schuld“, versuchte sie sie zu beruhigen.
„Das ist es ja grade, ich liebe ihn noch so sehr, aber ich habe nicht das Recht von ihm zu verlangen mich noch einmal so zu lieben“, jammerte Carmen.
„Ich will ja nichts sagen, aber was ist aus „Einen Schlussstrich darunter setzten“ geworden?“, fragte Lindsay verwundert.
„Als ich gehört hab, wie dreckig es ihm geht wollte ich ihn nur noch in die Arme schließen und nicht mehr loslassen“, gestand Carmen.
„Dann geh zu ihm und sag es ihm und lass dich nicht von der Schreckschraube abhalten, er ist dein Mann, verdammt“, wurde Lindsay laut und bestimmt.
„Du hast also dein altes Selbstbewusstsein wieder, jetzt wo er wieder in dein Leben getreten ist, was?“, stellte Carmen fest und setzte sich auf.
„Du hast uns also gesehen“, schlussfolgerte Lindsay.
„Ja, Matty hat mich davon abgehalten, dich zu stoppen. War das ein Fehler?“, fragte Carmen besorgt.
„Wir gehen heute Abend zusammen aus“, erwiderte Lindsay und rieb sich über die Lippen, während sie verträumt an ihn dachte.
„Ihr habt euch also wiedergefunden, das ist schön für euch. Ich geh jetzt an die Bar, mich betrinken, ruf mich an, wenn ihr mit dem Sex fertig seid“, murmelte Carmen eifersüchtig, rappelte sich auf und ging zur Tür um sie hinter sich zuzuknallen.
„Es muss immer nur um dich gehen, oder?“, rief sie ihr wütend hinterher und setzte sich frustriert aufs Bett.

Sie war grade auf dem Bett etwas eingedöst, als es klopfte.

„Wer ist da?“, rief sie hinaus.
„Harris“, meldete sich Harris von draußen und sie riss die Tür auf.
„Hey, dich hab ich jetzt hier nicht erwartet“, ließ sie ihn rein.
Er trug ein Hawaiihemd, lässige Jeans und einen Drei-Tage-Bart. Alles in allem sah er nicht so aus, als würde es ihm verdammt dreckig gehen.
„Warum? Weil ihr denkt, dass ich in Unterhose vor dem Fernseher sitze und Plätzchenteig in mich reinstopfe?“, fragte er cool.
„So in etwa. Du siehst entspannt aus, geht’s dir gut?“, fragte sie erfreut.
„Mir ging’s lange nicht gut, aber jetzt geb ich Flugstunden und hab ne Wohnung hier in der Nähe, alles in Allem geht’s mir gut, danke“, schien es ihm wirklich gut zu gehen.
„Deine Mutter hat ihr da ne ganz andere Story erzählt“, konterte sie.
„Ja, ich hab ihr aufgetragen, das Carmen zu erzählen, wenn sie hier auftaucht, kindisch, ich weiß, aber ich bin immer noch sauer auf sie“, erklärte er.
„Klasse, sehr erwachsen von dir, eine krebskranke Frau so sehr aufzuregen, gratuliere“, murrte sie.
„Sie hat Krebs?“, fragte er geschockt.
„Du weißt es immer noch nicht? Man, Carmen muss echt mal den Mund aufmachen“, entschied sie kopfschüttelnd.
„Wie krank ist sie?“, fragte er besorgt.
„Sie ist auf dem Weg der Besserung, aber man sollte sie trotzdem noch nicht so stressen“, erwiderte sie gereizt.
„Ich muss zu ihr, wo ist sie?“, fragte er aufgedreht.
„Keine Ahnung, sie wollt sich besaufen, man, es ist schon halb sechs, ich muss mich noch duschen, bevor ich mein Date habe“, erklärte sie.
„Du hast ein Date? Bist du nicht mehr mit Blondie zusammen?“, fragte er erstaunt.
„Ich hab mich von ihm getrennt, als er wegflog, lange Geschichte, ich hab ihn zufällig am Strand getroffen heute und wir wollen reden. Das solltet ihr auch, sie will sich nämlich weniger von dir scheiden lassen, als du denkst“, erkannte sie.
„Hier seh ich wieder die Freundin in dir, die ich früher hatte, wir sind doch immer noch Freunde, oder?“, fragte er.
„Natürlich sind wir noch Freunde!“
„Ich hab auch eine Trennung hinter mich gebracht, du hast mich kein einziges Mal angerufen“, hielt er ihr vor.
„Sie ist meine beste Freundin, versteh das doch“, bat sie.
„Klar, irgendeine Partei musstest du ja ergreifen, aber ich war allein damit, ich hab nicht besonders viele Freunde, was du dir vermutlich denken konntest. Jetzt geh dich fertig machen, du hast was Besseres zu tun, als mir zuzuhören“, grummelte er.
„Nen bisschen Zeit hätt ich noch, wenn du wirklich reden willst“, bot sie ihr offenes Ohr an und setzte sich mit ihm an den Tisch.

Zur gleichen Zeit kam Zack breit grinsend in seinem Hotelzimmer an.

„Hey, kiffst du jetzt wieder? Hättest du mir nicht was abgeben können?“, fragte Matty, der durch die Kanäle zappte.
„Du wirst nicht glauben, was ich grad erlebt habe“, erwiderte er lächelnd.
„Hast du mal wieder eine Welle surfen können?“, frotzelte er.
„Hey, ich bin etwas eingerostet aber ich mach dich nächstes Mal fertig, versprochen. Wo bist du eigentlich abgeblieben, du wolltest doch eigentlich nur ein Board vorbereiten. Sag nicht, dass du wieder Drogen nimmst“, erkannte er besorgt.
„Ich musste Carmen davon abhalten, deine kleine Nixe zu stoppen, dir zu begegnen, gern geschehen“, schmunzelte Matty und grinste breit.
„Man, du weißt es also schon, sie hat zugesagt heut Abend mit mir auszugehen“, erwiderte er glücklich.
„Hältst du das für ne gute Idee?“, fragte Matty kritisch.
„Ich will sie ja nicht fragen, ob sie mich heiratet, nur ein Essen, vielleicht kann ich sie heute überzeugen, mit mir zu kommen“, konterte er zufrieden.
„Wenn du meinst, aber ich halt keine neue sechsmonatige Sauftour von dir durch, klar?“, entschied er ernst.
„Musst du nicht, wenn sie heute nein sagt, fang ich ein neues Leben an“, versprach er.
„Das will ich erst mal sehen, ruf mich wenigstens an, bevor du betrunken in einen Wagen steigst“, bat Matty.
„Du hast echt kein Vertrauen in mich, ich werde ihr heut erfolgreich sein, du wirst sehen“, versprach er und ging duschen.
„Das will ich wirklich sehen, was hältst du davon, wenn Carmen und ich, sie und dich begleiten?“, fragte Matty keck, als er dreist ins Badezimmer kam.
„Von wegen, ihr bleibt uns fern. Du könntest dir heut Nacht auch nen anderen Platz zum Schlafen suchen, wenn das Date gut läuft“, konterte er cool.
„Wir sind also wieder arrogant, klasse, ich mochte den freundlichen Zack lieber. Viel Spaß bei deiner Niederlage, mein Freund“, entgegnete Matty und ließ ihn allein duschen.

In einem legeren Hemd und sauberen Jeans kam Zack eine Stunde später mit einer Rose in der Hand bei Lindsay an. Er strahlte über beide Ohren und konnte kaum erwarten, sie wieder zu sehen. Er fragte an der Rezeption nach ihrem Zimmer und ging nach oben. Er klopfte ein paar Mal, doch sie öffnete ihm nicht. Verwirrt ging er zur Rezeption.

„Entschuldigung, die Dame nach der ich gefragt habe, wo ist die hin?“, fragte er an.
„Ich habe meine Schicht grade erst begonnen, ich weiß es nicht“, erklärte der Mann an der Rezeption freundlich.
„Gut, dann hab ich meine Antwort wohl erhalten. Ich hätte mir denken können, dass es nicht so einfach geht, wie ich das will. Danke für Ihre Zeit“, bedankte er sich und zog geknickt von dannen. Er konnte sie auch nicht anrufen, denn Lindsay hatte mit ihrem Wohnort auch ihre Handynummer samt Handy getauscht. Matty fand seinen Kumpel zwei Stunden später, wie er in gewohnter Pose mit Whiskeyflasche in der Hand auf einer Düne saß.
„Anderer Ort, gleiches Bild, ich will ja nicht sagen, ich hab’s dir gesagt, aber ich hab’s dir gesagt“, erkannte Matty nur.
„Ich hab sie damit überfallen, sie war noch nicht bereit“, murmelte er benommen.
„Ja, vermutlich, was hältst du von Kalifornien? Da gibt es viel heißere Schnecken“, schlug Matty einen Ortswechsel vor.
„Gute Idee, das Risiko besteht da wenigstens nicht, dass ich sie da treffe, hoff ich mal“, erkannte er und auf Matty gestützt ging er zurück ins Hotelzimmer.
„Du hättest schon vor zwei Stunden bei deinem Date sein sollen“, erwiderte Harris, als sie zur gleichen Zeit an Carmens Krankenbett saßen. Carmen hatte viel zu viel getrunken und zusammen mit ihren Medikamenten hatte das zu einem Kreislaufkollaps geführt.
„Ich weiß“, entgegnete Lindsay nur.
„Wie hat er reagiert, als du ihm abgesagt hast?“, fragte Harris mitfühlend.
„Ich konnte ihn nicht anrufen, ich hab seine Nummer nicht auf mein neues Handy übertragen“, erklärte sie nur.
„Warum hast du denn seine Nummer gelöscht?“, verstand er nicht.
„Ihr Männer werdet nie verstehen, wie wir Frauen ticken, oder?“, fragte sie zurück.
„Nicht mal ansatzweise, nein. Und jetzt?“, fragte er weiter.
„Das Schicksal hat wohl gesprochen, wir sind nicht füreinander bestimmt“, dachte sie laut nach.
„Das glaubst du doch selbst nicht, fahr ins Hotel und versuch ihn noch zu erwischen“, bat Harris.
„Er ist eh nicht mehr dort und Carmen braucht mich hier“, entschied sie.
„Du weißt nicht, ob du mit ihm zusammen sein willst, oder?“, verstand er.
„Du hast Unrecht, du verstehst die Frauen, genau das ist mein Problem. Deshalb werde ich morgen wieder abreisen und sie hier bei dir lassen“, erklärte sie.
„Das kannst du nicht machen“, stotterte er.
„Oh doch, das kann ich, wenn sie sich von mir verlassen fühlt, dann ist sie verwundbar und so kannst du sie wieder für dich gewinnen“, plante sie.
„Sie wird dich dafür hassen“, schlussfolgerte er.
„Und dich dafür lieben, ich bin nicht der Liebe wert, das ist schon okay so. Gib ihr nen Kuss von mir, ich werde gleich packen und wegfahren“, erwiderte sie nachdenklich und verließ im Schutz der Nacht erst das Krankenhaus und dann die Stadt.

Sechzehntes Kapitel


Eine Woche später hatte Lindsay immer noch nichts von Carmen gehört, was sie für ein positives Zeichen hielt. Doch dann stand sie plötzlich wieder vor der Tür ihres Apartments.
„Du hältst dich für sehr clever, oder?“, fragte sie nur zur Begrüßung.
„Normalerweise schon, aber der Plan war nicht sehr ausgeklügelt wie ich sehe. Sag mir wenigstens, dass ihr zu einer Lösung gekommen seid, ich bin des Dramas müde“, erkannte Lindsay.
„Wir haben nächtelang nur geredet und beschlossen, zusammen in Florida ein neues Leben zu beginnen“, erkannte Carmen und lächelte glücklich.
„Das ist wunderbar, gratuliere“, sah man nun in ihrem Gesicht die Eifersucht.
„Ich kann dich aber nicht hier allein lassen, deshalb nimm das hier und stell einfach keine Fragen dazu“, bat Carmen und drückte ihr ein Ticket in die Hand.
„Ich hab ihn aufgegeben“, sagte Lindsay nur.
„Nein, du hast dich aufgegeben, er ist dein Harris, das weiß ich, wir wollten dich doch auf Maui besuchen, hast du unseren Plan vergessen?“, fragte sie aufmunternd.
„Bist du sicher, dass ich das tun sollte?“, fragte sie unsicher.
„Das war ein verdammt teures Ticket, ich besteh darauf“, forderte Carmen.
„Du bist die Frau eines Piloten, das hat dich sicher fast nichts gekostet“, schlussfolgerte sie.
„Tu’s einfach, bitte“, bat Carmen.
„Wann fliege ich?“, fragte Lindsay.
„Heute Abend um fünf Uhr, pack das Nötigste zusammen, den Rest kannst du dir nachkaufen, er gibt dir sicher liebend gern das Geld dafür“, freute Carmen sich, dass sie zusagte.
„Er wird verdammt wütend sein, dass ich ihn in Florida sitzen gelassen habe und damals in Little Rock, man, ich hab ihn echt oft verletzt, er muss wirklich der Richtige sein, wenn er mir das alles verzeiht“, dachte sie laut nach.
„Ja, das wird er dir verzeihen. Ich helf dir packen, wir fliegen zusammen, nach Miami, du kannst leider nur über Miami fliegen und ich werde dort von Harris abgeholt, das passt also. Keine Sorge, er wird dich lieben genauso wie du bist. Er wohnt direkt am Strand, die Adresse liegt dem Ticket bei. Ich hatte etwas Zeit diese Woche, Harris hat mich nicht aus dem Bett gelassen, bis ich wieder fit war, deshalb komm ich auch erst so spät. Danke für Alles“, bedankte sich Carmen und umarmte sie herzlich.
„Nein, ich danke dir, wenn es dich nicht gegeben hätte, hätte ich die letzten sechs Monate nicht so überstanden, wie ich es getan habe. Du rufst mich in der Minute an, in der du erfährst, dass du krebsfrei bist, oder?“, fragte sie hoffend.
„Natürlich und du meldest dich, wenn dir Blondie einen Zehnkaräter an den Finger gesteckt hat, klar?“, schmunzelt Carmen.
„Einen Zehnkaräter? Da fällt mir ja der Finger ab. Klar mach ich das und wir kommen euch so oft wie möglich besuchen, er kann es sich ja leisten“, entschied sie. Sie konnte es nun gar nicht mehr abwarten, zu ihm zu kommen, auch wenn sie nicht wusste, wie er auf sie reagieren würde.

Lindsay trug ein hübsches Seidenkleid im griechischen Stil, als sie in Maui landete. Sie war schon eine Weile unterwegs und langsam merkte sie, wie die Erschöpfung sie übermannte. Sie nahm ein Taxi und fuhr bis zum Anwesen von Moon und Barbara. Die Psychologin saß am Strand und meditierte. Lindsay tippte ihr dreist auf die Schulter.

„Ich hoffe, mein Haus steht in Flammen, das wäre der einzige Grund, warum ich mich in meiner Meditation stören lassen würde“, bemerkte Barbara ohne die Augen zu öffnen.
„Wohnt Zackery Brakeshore hier?“, fragte sie nur
„Ja, schon, aber er ist grad in Kalifornien im Urlaub. Sind Sie wieder jemand vom Festland die wieder Millionen für ihn hat?“, fragte sie und sah in Lindsays müde Augen.
„Ich hätte nur mein Herz zu vergeben“, sagte sie nur.
„Ah, schon wieder so ein Groupie, mein Sohn hat sich schon verliebt, er kann sein Herz nicht zweimal verschenken, so einfach wie ihr jungen Dinger euch das vorstellt ist das nicht“, erklärte Barbara und stand aus dem Schneidersitz auf.
„Ich bin kein Groupie, ich bin Lindsay“, bemerkte sie und lächelte sie matt an.
„Sie sind sechs Monate zu spät, Kleines“, sagte Barbara tonlos und latschte Richtung Haus.
„Ich hab meinen Flug verpasst, ein paar Mal“, versuchte sie mit Humor die Stimmung aufzulockern.
„Sie können nicht einfach hier auftauchen, Sie haben eine verstörte Seele zurückgeschickt, er hat jetzt sechs Monate mit Trinken und Weinen zugebracht, er hat sich grade wieder erholt, ich seh nicht zu, wie Sie ihn in den Selbstmord treiben“, entschied sie.
„Ich liebe ihn und will bei ihm sein, mein ganzes Leben und darüber hinaus, aber Sie haben Recht, ich hab ihn nicht mehr verdient“, erwiderte sie und ging traurig von dannen.
„Haben Sie auch den Schmerz gefühlt, den er auch gefühlt hat?“, rief sie ihr plötzlich hinterher.
„Ich weiß nicht, was er gefühlt hat, aber ich hab jeden Tag in den letzten sechs Monaten bereut nicht mit ihm mitgegangen zu sein“, erkannte sie und drehte sich um.
„Magst du Tiere und Kinder?“, fragte Barbara versöhnlich.
„Ich hab als Postbotin ne natürliche Abneigung gegen Hunde, aber ich bin ein großer Katzenfan und ich wollte als Einzelkind immer eine große Familie“, bemerkte sie.
„Willkommen in unserer Familie, Kleines“, begrüßte Barbara sie und umarmte sie mütterlich.
„Danke für die nette Begrüßung, aber ich weiß nicht, ob er mich noch haben will, schließlich hab ich ihn sitzen lassen, zwei Mal, er ist zwar ein geduldiger Mensch, aber seine Geduld vermutlich nicht übermenschlich“, schmunzelte sie.
„Ich hab ihn richtig erzogen, er wird dir verzeihen, keine Sorge. Du siehst erledigt aus, du willst sicher etwas schlafen und duschen“, stellte Barbara fest.
„Ja, ich bin tatsächlich ziemlich müde, ich musste über Miami fliegen. Es ist wirklich schön hier“, erkannte sie und sah aufs Meer hinaus.
„Zack saß jetzt sechs Monate da hinten auf der Düne und hatte ins Nichts gestarrt, das war fast gruselig“, erklärte Barbara.
„Ich will ja nichts sagen, aber du hast echt einen Softie erzogen“, entgegnete Lindsay plötzlich.
„Er ist kein Softie, nur halt ein sehr sensibler Mensch, du hast dich doch auch in diese Eigenschaft verliebt, oder?“, fragte Barbara cool.
„Ja, schon, hast du ne Ahnung wann er heimkommt?“, fragte Lindsay und sah sie wieder an.
„Tut mir leid, Kleines, er hat sich schon seit ner Woche nicht mehr gemeldet, ich hab keine Ahnung, wann er wiederkommt, aber du bist Gast in unserem Haus solang du willst“, versprach Barbara und führte sie ins Haus.
„Hey, wieder ein Groupie?“, fragte Moon, als sie Lindsay an Moon auf dem Sofa vorbeiführte.
„Nein, das ist Lindsay“, erklärte sie nur und ging weiter.
„Ah … warte, Lindsay Lindsay, die Frau, deren Namen er in seinen Albträumen immer gerufen hat?“, fragte Moon und ging hinter ihnen her.
„Genau die selbige, anscheinend ist sie noch planloser in Liebesdenken wie dein werter Sohn“, erklärte Barbara.
„Hallo, ich bin anwesend“, meldete sich Lindsay zu Wort.
„Ja, ich weiß, Schätzchen, tut mir leid, wenn wir reden, sind wir meistens in einer anderen Welt, das wird euch auch passieren, wenn ihr erst Mal 30 Jahre zusammen seid“, entschuldigte sich Barbara und drehte sich zu ihr.
„Ihr seid also nicht …?“, fragte Lindsay.
„Verheiratet? Nein, wir lieben uns auch ohne Trauschein für die Ewigkeit, stimmt’s nicht, Schatz?“, bemerkte Barbara und küsste ihren Freund.
„Meine Eltern werden ausflippen, wenn sie euch kennenlernen“, schmunzelte Lindsay amüsiert.
„Sind sie Spießer?“, fragte Moon.
„Bis zur letzten Haarfaser, aber keine Sorge, ich bin ganz anders“, versprach sie.
„Du bist schon ne Weile von deinen Eltern weg und sprichst nicht mehr mit ihnen, oder?“, fragte Barbara analysierend.
„Lass es Barbe, du probierst keine psychologischen Tricks an ihr, sie muss sich erst mal auf das Gespräch mit Zack einstellen“, bat Moon und Barbara lächelte.
„Da hast du Recht, wieder muss ich mich entschuldigen, meine Kleine, komm ich zeig dir dein Zimmer, na ja, eigentlich ist es seine Wohnung, er wohnt hier mit uns, er hat das Haus vor mehreren Monaten für uns alle gekauft. Wenn dir das nicht passt, findet er sicher was anderes für euch“, erklärte sie und brachte sie in seine Wohnung. Sie war nicht grade aufgeräumt und überall lagen Sachen herum.
„Das hat er jetzt verbrochen, dafür entschuldige ich mich jetzt nicht“, erkannte Barbara und hob eine Handvoll Sachen vom Boden auf.
„Ich räum auf, ist schon gut, meine Wohnung sieht manchmal auch so aus. Ich wäre jetzt gern ein bisschen allein“, bat sie.
„Sicher, ich bezieh nur schnell das Bett neu, er hat in der Woche vor seiner Abreise, gegessen, gesoffen und sonst noch was in diesem Bett gemacht, wirklich eklig“, erkannte Barbara und bezog das Bett neu.
„Man, das Laken muss ich glaub ich verbrennen, Männer sind echt Schweine“, erwiderte Barbara, als sie das verdreckte Etwas in den Händen hielt.
„Da kannst du echt Recht haben, aber trotzdem können wir nicht ohne sie. Das ist echte echt schöne Wohnung und der Blick wird mich jeden Morgen glücklich machen. Es war die richtige Entscheidung hierher zu kommen“, schlussfolgerte sie.
„Ja und er wird dich nicht mehr loslassen, das versprech ich dir und wenn er sich dagegen sträubt werde ich ihn davon überzeugen, ich hab wirklich ein paar psychologische Tricks drauf, hab ja nicht umsonst studiert. So, jetzt kannst du dich ausruhen, ich ruf mal Matty an, vielleicht weiß der, was jetzt Sache ist“, erklärte Barbara und sie legte sich auf das große Bett mit King-Size Matratze.
„Hatte er eigentlich Jemanden in seinem Bett in den letzten Monaten?“, fragte Lindsay plötzlich.
„Nicht das ich wüsste, hast du?“, fragte Barbara.
„Vor ein paar Wochen ja, aber ich kenne den Kerl nicht, nicht mal seinen Namen, das hatte nichts zu bedeuten“, druckste sie herum.
„War er ein Kunde?“, fragte Barbara und setzte sich zu ihr aufs Bett.
„Oh, er hat es dir erzählt, dachte nicht, dass er es tut“, murmelte sie verlegen.
„Hat er auch nicht, nicht mit Absicht zumindest, mein Sohn ist ein fleißiger Redner wenn er erst Mal dicht ist, das solltest du dir merken. Also?“
„Ich bin fast gestorben, als ich ausgestiegen bin, was denkst du?“, fragte sie zurück.
„Ein One-Night-Stand während einer Trennungsphase ist wirklich erlaubt, ich hab’s ihm ja auch empfohlen, aber er wollt davon nichts hören. So, jetzt mach dir keine Gedanken, ruh dich aus und ich ruf Matty an. Wenn er hört, dass du hier bist, nimmt er sicher den nächsten Flieger nach Hause“, versprach Barbara und stand wieder auf.
„Nein, sag ihnen nicht, das ich hier bin, ich will ihn überraschen“, bat Lindsay.
„Du willst nicht, dass er sonst wieder Reißaus nimmt, oder?“, fragte Barbara erkennend.
„Ich hoff du verdienst ein Schweinegeld mit deiner Gabe, du bist echt gut“, lobt Lindsay sie.
„Das hab ich mal, aber dann ist dieser kleine Waisenjunge in mein Leben getreten und hat mich zur Mutter gemacht. Danach hab ich meine Praxis aufgeben und habe mich als Privat-Psychologin selbstständig gemacht. Vor sechs Monaten bin ich in meinen verdienten Ruhestand gegangen“, erzählte Barbara aus ihrem Leben.
„Ja, das war echt wohlverdient, du hast nebenbei auch noch einen wunderbaren Mann erzogen, ein kleines Weichei, aber einen wirklich wundervollen Mann“, schmunzelte Lindsay.
„Hey, du musst anfangen ihn zu respektieren, sonst kann ich dich nicht als Schwiegertochter akzeptieren“, bat Barbara plötzlich ernst.
„Ich scherze doch nur, ich respektiere und liebe ihn mir, als mir lieb ist“, entgegnete sie.
„Gut, wollt nur sichergehen. Jetzt schlaf ein bisschen, später gibt’s Abendessen“, erklärte Barbara und Lindsay döste müde ein.
„Hey Matty, ich bin’s Barbe, mein Sohn geht nicht an sein Handy, alles klar bei euch?“, fragte Barbara, als sie während dem Kochen Matty anrief.
„Er lebt noch“, kommentierte Matty den Zustand seines Kumpels, der vollkommen zu gedröhnt und besoffen auf dem Sofa neben ihm lag.
„Was hast du gemacht?“, fragte sie erkennend.
„Warum soll ich immer was gemacht haben?“, fragte Matty grummelig.
„Matthew, ich war dir eine Mutter, als es deine nicht wahr, du bist mein zweiter Sohn, ich weiß, wenn du was angestellt hast“, schlussfolgerte sie besorgt.
„Ich könnte ihn für einige Stunden allein gelassen haben, aber die Drogen hat er sich selbst besorgt“, entschied er trotzig.
„Wie stoned ist er?“, fragte Barbara, die ihren Sohn schon so kannte.
„Sagen wir mal so, ich muss ihn grad davon abhalten, mein Hemd zu zerkauen“, erkannte Matty und zog die Spitze seines Hemds aus Zacks Mund.
„Wo seid ihr grade?“, fragte Barbara und nun klang sie äußerst besorgt.
„Venice Beach, ich wollt doch nur ein bisschen surfen, er hat sein Zimmer ja nicht verlassen wollen, na ja, außer um Drogen zu kaufen, wie mir scheint. Sobald ich ihn ausgenüchtert habe, kommen wir heim versprochen, er ist in Florida nur auf sie getroffen und sie hat ihn wieder eiskalt verarscht, die kleine Schlampe. Ich weiß nicht, wie ich ihn wieder aufbauen kann und ob ich es überhaupt kann“, erklärte Matty und strich Zack über den Kopf, der auf seinem Schoß eingedöst war.
„Bring ihn erst Mal heim, dann sehen wir weiter“, bat Barbara und legte nachdenklich wieder auf.
„Und, kommen sie heim?“, fragte Moon, der in die Küche kam. Barbara ging nur zu ihm hin und umarmte ihn fest.
„Doch so schlimm, dachte ich mir fast, er hat keine meiner SMS beantwortet. Wann kommen sie?“, fragte Moon weiter.

„Wenn er ausgenüchtert ist, das dauert vermutlich ein wenig. Erinnerst du dich noch an deinen ersten LSD-Trip 1982 in New York und wie du standhaft behauptet hast, der DJ wäre dein verstorbener Vater? Damals hatte ich dich erst kennengelernt, ich hätte dich wegen dem fast verlassen und hab es sechs Wochen danach selbst ausprobiert. Ich bin fast vor einen Bus gerannt und wir haben danach den Drogen abgeschworen. Haben wir ihm die falschen Werte übermittelt? Denkt er, dass Drogen cool sind, oder was?“, dachte Barbara laut nach und Moon küsste sie sanft.

„Du hast ihn wunderbar erzogen, er musste einen Schmerz nur mit was Stärkerem stillen, ich meld ihn in ner Reha an, ich muss ein paar Anrufe machen“, versprach Moon und ging zurück ins Wohnzimmer. Barbaras gute Stimmung, dass Lindsay da war, war verflogen und großer Sorge gewichen.

Siebzehntes Kapitel


Während des Abendessens schwiegen Zacks Eltern und Lindsay fühlte sich unwohl.
„Ihr fühlt euch nicht wohl dabei, dass ich hier bin, oder?“, fragte Lindsay und sie sahen beide von ihrem Essen auf.
„Nein, Kleines, wir freuen uns, dass du da bist“, versprach Barbara.
„Aber irgendwas ist doch“, stellte sie fest.
„Nein, wir reden nie während dem Essen, das ist alles“, erkannte Moon, doch er log ziemlich schlecht.
„Okay, dann schweigen wir, kein Problem“, erwiderte sie und aß schweigend weiter.
„Zack geht es gar nicht gut“, platzte es aus Moon heraus.
„Moon!“ zischte Barbara ihrem Freund entgegen.
„Was ist mit ihm? Ist er krank?“, fragte Lindsay besorgt.
„Liebeskrank, ja und vollkommen zu gedröhnt“, gestand Moon.
„Man, langsam weiß ich, woher Zack sein Plappermaul hat“, war Barbara nicht begeistert dass Moon erzählte, was er gehört hatte.
„Und das alles wegen mir?“, begann Lindsay zu weinen.
„Nein Kleines, das hat er früher schon gemacht“, versprach Barbara.
„Aber sie hat schon irgendwie schuld daran, dass er wieder damit angefangen hat“, fügte Moon hinzu.
„Holst du mal den Nachtisch, bitte?“, bat Barbara und Moon stand auf und ging davon.
„Er hat mir erzählt, dass er früher gekifft hat, aber so was, ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann“, schniefte Lindsay.
„Noch weiß er nicht, dass du zurück zu ihm gekommen bist, du kannst immer noch abspringen“, schlug Barbara vor.
„Von wegen, ich gehe nirgendwo mehr hin, er braucht uns jetzt alle. Wann kommt er heim?“, fragte sie planend und versuchte sich zusammen zu reißen.
„In ein paar Tagen vermutlich, wir bringen ihn aber erst Mal in eine Reha, das er den ganzen Scheiß vier Wochen ausdiskutieren und ausnüchtern kann“, erklärte Moon und kam mit drei Creme Brülées zurück.
„Ja, das ist vermutlich das Beste. Man, das sieht echt gut aus, aber mir ist nicht mehr nach Essen“, erkannte Lindsay und ging zurück ins Zimmer um sich richtig auszuheulen.

Vier Tage danach kam Matty mit einem sehr blassen Zack in Maui an. Barbara zog den Kopf ihres Sohnes etwas ruppig nach oben und sah in seine erschöpften, blutunterlaufenden Augen.
„Ich glaub, du hast mir den falschen mitgebracht“, kommentierte Barbara zu Matty und Zack zog eine Ray Ban-Sonnenbrille auf.
„Alles cool, Barbe, mir geht’s gut“, behauptete Zack, der wieder auf dem Boden der Tatsachen zu sein schien.
„Ja, das seh ich, komm mit“, entschied Moon und zog seinen Sohn davon.
„Das ist aber nicht der Weg nach Hause“, erkannte Zack, als sie ne Weile gefahren waren.
„Nein, ist es nicht“, sagte Matty nur, der ungewohnt still für seine ausgelassene Art war.
„Wo bringt ihr mich hin?“, reagierte Zack panisch.
„Ich wollte eigentlich abstimmen, dass wir dich alle gemeinsam von einer Brücke schmeißen, aber deine Eltern wollen es mit Reha versuchen, erklärte Matty cool.
„Ich brauch keine Reha, ich bin nicht süchtig, nur traurig“, murrte er trotzig.
„Du hast die ganze Woche Charlie Sheen gespielt, das wird dir gut gehen, wir bringen dich ins SunBridge, dar war Steven Tyler letztes Jahr, das ist echt Luxus“, versprach Matty beruhigend.
„Ich brauch keine Reha und ich hatte in den letzten Monaten genug Luxus, ich will einfach nur heim, bitte“, bat Zack.
„Ich kann dir auch eine reinhauen, dass du nichts mitkriegst, aber das wäre in deinem Zustand ziemlich übel für dich“, entschied Matty und Zack blieb ruhig.

Vier Wochen später holten sie ihn wieder ab. Er wusste immer noch nichts von Lindsays Anwesenheit, aber sie waren sich sicher, dass sie ihrem Sohn eine Überraschung zumuten konnten.
„Ach ja, wir haben ein Hausmädchen eingestellt, eine wirklich hübsche, junge Frau und wir haben nichts dagegen, wenn du sie ab und zu mal vögelst“, erklärte Moon, als er mit Barbara voran zum Haus ging und die Jungs hinterherschlenderten.
„Das war sogar für meinen Vater ein echt bizarrer Kommentar“, entgegnete Zack, der sein Lächeln wiedergefunden zu haben schien und auch sonst einen erholten Eindruck machte, obwohl die Wochen die hinter ihm lagen nicht immer einfach für ihn gewesen waren.
„Da kannst du Recht haben, mein Freund, also, wenn du sie nicht willst, bei mir kann sie auch gern die Kajüte schrubben, wenn du verstehst was ich meine“, kommentierte auch Matty.
„Okay, ich bin eindeutig zu nüchtern für euch Freaks“, erklärte Zack amüsiert und folgte seinen Eltern ins Haus.
„Die Kleine macht grad deine Wohnung sauber, dass du in ein angenehmes Klima zurückkehrst, amüsier dich ruhig mit ihr“, schmunzelte Moon.
„Langsam werdet ihr mir echt zu gruselig, ich geh jetzt hoch und stell meine Sachen in mein Zimmer und entschuldige mich bei der armen Frau für eure seltsamen Anwandlungen“, entschied er und ging die Treppen hoch. Lindsay wischte grade einen eingetrockneten Cola-Flecken aus dem Teppich als er breitbeinig in der Eingangstür seiner Wohnung stand.
„Lindsay?“, fragte er und ihm fiel vor lauter Schreck die Tasche aus der Hand und knallte mit einem Rumps auf den Boden.
„Hey du“, brachte sie nur hervor. Sie versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten, war er verärgert oder entsetzt? Würde er sie jetzt gleich an die Luft setzen? Sie konnte in seinem Gesicht so gar nicht lesen. Ganz unerwartet drückte er sie gegen die Bambuswand seines Wohnzimmers und begann sie stürmisch zu küssen.
„Man, du hast meine Anspannung sofort gelöst. Gut siehst du aus“, brachte sie nur hervor und zog ihren Rock, den er mit seinen Händen beim Küssen etwas hochgezogen hatte wieder herunter.
„Du bist also hierhergekommen, als du gehört hast, dass ich in Reha bin“, stellte er fest.
„Nein, ich bin schon davor da gewesen, ich wollte bei dir bleiben, für immer“, versprach sie und ergriff mit ihren beiden Händen seinen Kopf.
„Was ist dann in Florida passiert?“, fragte er nach.
„Carmen hat ihren Liebeskummer in Alkohol ertränkt und hat sich auf Grund der Wechselwirkung mit ihren Medikamenten fast selbst umgebracht. Ich wollte dich anrufen, aber ich hab deine Nummer gelöscht, ich weiß, das kann man nicht verstehen, ist so ne Frauensache“, erklärte sie stockend.
„Das Löschen der Nummer minimiert das Risiko, dass man ihn oder sie dann doch wieder anruft, meine Mutter ist ne Seelenklempnerin, schon vergessen?“, weinte er fast vor Glück sie zu sehen.
„Ja, richtig und du konntest mich nicht erreichen, weil meine Nummer eine Alte ist, ich hab alles hinter mir gelassen, als ich aus Little Rock weg bin“, erklärte sie.
„Kann ich verstehen. Ich habe gedacht, dass du mich nicht mehr wolltest und bin abgestürzt, nicht sehr männlich, ich weiß, deshalb zögerst du auch, ich bin dir nicht Mann genug, oder?“, fragte er unsicher.
„Du bist der Mann, den ich liebe und wenn du bei der Geburt unseres ersten Kindes in Ohnmacht fällst liebe ich dich umso mehr“, gestand sie und küsste ihn leidenschaftlich zurück.
„Du liebst mich?“, fragte er mit Tränen in den Augen.
„Ja, tu ich, ich war mir nie sicher, bis grade, ich geh nirgendwo mehr hin, versprochen“, fing auch sie an zu weinen.
„Und ich muss dir glaub ich nicht sagen, wie sehr ich dich liebe“, erwiderte er und zog sie zum Bett.

Drei Stunden später saß Matty auf einer Campingliege an dem Privatstrand, der an das Haus grenzte und las eine Surfer-Zeitschrift.
„Hey, sind Sie immer noch zu Gange?“, fragte Moon, als er Hand in Hand mit Barbara zu ihm kam.
„Ich glaub echt nicht, wie lang die durchhalten können, wenn die so weitermachen stöhnen sie bald nicht mehr „Ich komme“ sondern „Ich gehe“, konterte Matty ohne aufzusehen.
„Du hast lang an dem Spruch gesessen, oder?“, fragte Barbara und er sah auf.
„Hatte ja lang genug Zeit dafür. Gibt’s noch Abendessen, oder nicht? Sonst fahr ich in meine Wohnung“, erwiderte Matty cool.
„Ich koch was, aber ich zwinge sie nicht, damit aufzuhören, was sie da machen, wir haben es ja auch grade getan“, erklärte Barbara.
„Danke, das musst ich jetzt nicht wirklich wissen. Ich geh heim, wenn Zack diesen Sexmarathon ohne Herzinfarkt übersteht, sagt ihm, er soll mich anrufen“, erkannte Matty, stellte seine Beine auf beide Seiten der Liege, stand auf und lief zu seiner Wohnung.
„Wir müssen ihm ne Frau besorgen“, schlussfolgerte Barbara plötzlich.
„Äh nein, wir ganz sicher nicht, wir könnten ihn höchstens davon überzeugen, seine Haare zu schneiden, die Haare sind jetzt eindeutig zu lang. War schön übrigens vorhin, ich wollt schon seit wir hier wohnen Sex am Strand haben, wir hatten aber nie die Gelegenheit“, konterte Barbara säuselnd.
„Ja, das gleich neben ihnen zu machen wär auch viel zu schräg gewesen. Wir sollten den Rauchmelder auslösen, vielleicht lassen sie dann voneinander“, schlug Moon vor.
„Du bist echt fies, aber das könnt funktionieren“, schmunzelte Barbara und folgte ihm ins Haus.

Achtzehntes Kapitel


Nur in ein Laken gewickelt saß das Liebespaar den Tag drauf auf dem Liegestuhl und sahen sich eng umschlungen den Sonnenaufgang an.
„Morgen, ihr lebt also noch“, begrüßte Matty sie, als er mit seinem Surfbrett und offenen Haaren nur in Shorts zu ihnen kam. Lindsay hatte ihn noch nie oben ohne gesehen, für einen ehemaligen Junkie war er echt muskulös.
„Hey, wir sind beide jung und gesund, wir halten so einiges aus. Du bist früh dran mit Surfen, die Flut ist noch gar nicht richtig“, bemerkte Zack, der ziemlich liebestrunken schien.
„Ich kann auf alles reiten. Seid ihr darunter nackt?“, musterte Matty sie.
„Wir müssen doch ausnutzen, dass das hier ein Privatstrand ist. Wir ziehen uns gleich an, versprochen. Viel Spaß beim Surfen“, bemerkte Lindsay cool.
„Tut euch keinen Zwang an, ich lag hier auch schon mal nackt zum Sonnenbaden“, erwiderte Matty und ging zum Wasser.
„Okay, jetzt muss ich duschen, das soll er bitte nicht mehr machen, wenn ich hier bin. Kommst du mit?“, fragte sie säuselnd.
„Ich bin nicht Superman, Baby, dusch du mal allein, ich bleib noch ein bisschen hier sitzen“, entgegnete sie und sie ging nackt wie Gott sie schuf zurück ins Haus.
„Morgen“, begrüßte Barbara sie, die auf einem Sessel im Wohnzimmer saß und die Tageszeitung las.
„Morgen, ich hab vergessen, dass du schon ziemlich früh in Ruhe die Zeitung liest“, entgegnete sie peinlich berührt.
„Du musst dich deines Körpers nicht schämen, du hast einen tollen Körper“, entschied sie und gab ihr ihre Bluse, die sie über einem T-Shirt trug.
„Danke, wirklich peinlich, ich geh jetzt duschen“, zog sie die Bluse über und ging zur Treppe.
„Muss dir nicht peinlich sein, wirklich nicht. Bist du glücklich, Lyn?“, fragte Barbara plötzlich.
„Ja, das bin ich, ich, das erste Mal vollkommen in meinem Leben. Danke, dass du in den letzten vier Wochen eine Therapeutin und Freundin für mich warst“, sagte sie lächelnd und ging zu der geräumigen Dusche, in der sie mit Zack auch gut Platz gehabt hätte.
„Man, ich hab mit dir echt einen Glücksgriff gemacht, ich könnt mich an den Luxus in diesem Haus echt gewöhnen“, schmunzelte Lindsay, als sie zum Frühstück runterkam und auf den Schoß ihres Freundes kletterte, wie sie es früher bei ihrem Vater gemacht hatte.
„Könnt ihr nicht zwei Stühle benutzen?“, grummelte Matty, der ein Croissant mampfte.
„Du solltest dir echt ne Freundin suchen, du brauchst mal wieder Sex“, schlussfolgerte Barbara.
„Das von der einzigen Mutterfigur zu hören, die ich jemals hatte, ist irgendwie schräg“, entschied Matty.
„Wenn du dir ne Freundin suchst hör ich damit auf“, versprach Barbara.
„Ganz eindeutig bist du meine Mutter. Ich geh mir nen richtigen Kaffee kaufen, ich kann nicht nur Tee trinken“, bemerkte Matty und zog von dannen.
„Wir suchen ihm ne Freundin, versprochen. Man, sieht das gut aus, ich sterbe vor Hunger“, erwiderte Lindsay und griff auch nach einem Croissant.
„Das glaub ich dir gern, ihr habt ja gestern sicher 2000 Kalorien abgearbeitet“, schmunzelte Barbara.
„Weißt du noch, als ich gesagt habe, dass es schön ist, dass hier alle so offen sind?“, fragte Lindsay plötzlich.
„Ja, und?“
„Über mein Sexleben will ich mit dir nicht sprechen“, erwiderte Lindsay.
„Das hast du vorher doch auch getan“, wunderte sich Barbara.
„Du redest mit meiner Mutter über unser Sexleben?“, fragte Zack verwundert.
„Nicht genau über den Sex mit dir, sie war von meinem Berufsfeld fasziniert und wollte paar Sachen wissen, nur auf professioneller Ebene natürlich“, erklärte sie.
„Weiß sie, wie viele Sexpartner du hattest?“, fragte er etwas unsicher.
„Oh Gott nein, das weiß ich doch selbst gar nicht“, schmunzelte Lindsay und Zack sah sie jetzt kritisch an.
„Hey, du liebst ein Ex-Callgirl, Jungfrau war ich vor dir nicht und das wusstest du“, entschied sie cool.
„Ja, die Tatsache versuch ich zu verdrängen, danke“, erwiderte Zack murmelnd.
„Das liegt hinter mir, das weißt du doch und du warst herausragend der beste Liebhaber den ich jemals hatte“, versprach sie.
„Lügt sie?“, wendete sich Zack zu seiner Mutter.
„Nein, tut sie nicht!“
„Sagst du das nur weil du mit ihr befreundet bist?“, fragte Zack kritisch.
„Man, ich dachte man könnte die Verschwörungstheorien deines Vaters nicht übertrumpfen, sind die vier Stunden Sex letzte Nacht nicht Beweis genug dass sie dich anziehend findet?“, konterte Barbara cool.
„Das waren doch keine vier Stunden“, behauptete er und sah Lindsay an, die grinste.
„Man, ich bin echt gut drauf gewesen, hab ich dich überfordert, Liebes?“, fragte er wieder überrascht.
„Jeden Tag könnt ich das nicht, aber es war echt genial. Reden wir jetzt wieder offen über Sex, oder was?“, fragte Lindsay und wendete sich zu Moon, der bis jetzt geschwiegen hatte.
„Mir ist das ja egal“, murmelte er nur.
„Ach, scheiß drauf, neues Leben, neue Einstellung, 156, ja, ich weiß noch wie viele Männer ich hatte“, platzte es aus ihr heraus.
„Man, das sind ganzschön viele“, stotterte Zack.
„Tja, du wolltest es wissen. Ich geh etwas joggen“, konterte sie, stand von seinem Schoß auf und verließ das Haus.

Sie war keine 200m gejoggt, als sie auf Matty stieß, der sein Bord wachste.
„Hey, lässt dich unser Romeo mal was allein machen?“, neckte Matty sie.
„Haha, sehr witzig. Dein Kumpel ist ja so was von eifersüchtig“, stellte sie fest.
„Er liebt dich, da hat er einen Grund eifersüchtig zu sein, wenn du mit anderen Kerlen schläfst“, entschied Matty cool.
„Ich schlaf nicht mit anderen Kerlen, wie kommst du denn auf den Mist?“
„Ich hab keinen blassen weswegen ihr streitet, war nur geraten, aber gut wie ich sehe“, schmunzelte er.
„Er versteht einfach nicht, dass ich eine Vergangenheit habe, aber das wirklich zu Ende ist“, erkannte sie.
„Ist es wirklich zu Ende?“, fragte Matty nach.
„Wie kannst du mich das noch fragen, nach all dem was mir zugestoßen ist?“, fragte sie wütend.
„Die Wunden sind sicher verheilt, die emotionalen und die körperlichen, du hast doch sicher wieder den Drang danach, gib’s doch zu“, schlussfolgerte er.
„Hältst du das für verheilt?“, fragte sie und zog ruckartig ihr T-Shirt aus, dass sie nur im BH vor ihm stand.
„Tut mir leid, ich war ständig stoned als ich bei euch war, ich hab vergessen, wie schlimm es dich erwischt hast“, erkannte er stockend, als er ihre zwar verheilte, aber sehr lange Narbe betrachtete.
„Ja, schön für dich, ich werde es niemals vergessen. Dein bester Freund wird der einzige Mann sein, den ich noch in mein Bett lassen werde, ist das klar geworden?“, fragte sie ernst und er nickte stumm
„Gut, dann ist ja alles klar. Jetzt mach weiter, mit was auch immer du da machst“, entschied sie und nahm ihm das Wachs aus der Hand. Es roch nach Waldbeeren. Auf dem Stück war „Sex Wax“ gedruckt und sie musste schmunzelnd an das erste Mal denken, an dem Zack sie getroffen hatte.
„Ich kann das aber nur weitermachen, wenn du mir das Wachs zurückgibst“, entschied er und sie gab es ihm zurück.
„Riecht gut, das Wachs“, erwiderte sie nur nachdenklich und zog ihr T-Shirt wieder an.
„Ja, hab ich von Zack gemopst, verrat ihm das nicht. Er ist sehr eigen mit seinen Sachen, er geht mit allem eine tiefe Bindung ein. Das gilt für sein materielles Zeug und die Leute, die er liebt. Das macht in einerseits zu einem wundervollen Menschen und andererseits zu einem echt nervigen Gesellen“, erwiderte Matty cool.
„Ich weiß jetzt gar nicht, ob ich dich dafür umarmen oder schlagen soll“, konterte Zack, der zu ihnen stieß.
„Bitte das Erste. Du lässt sie nicht mehr allein, oder?“, fragte Matty, der etwas überrumpelt von seinem Auftreten war.
„Natürlich nicht, willst du allein sein, Süße?“, fragte er seine Freundin und sah sie an.
„Nein, nicht mehr. Bringst du mir das Surfen bei?“, fragte sie und er küsste sie.
„Klar, ich hab meine Surf-Lehrer-Prüfung ja nicht umsonst gemacht. Aber nicht heute, ich muss ein paar Sachen erledigen. Kommst du da mit?“, fragte er hoffend.
„Sicher, was musst du denn machen?“, fragte sie und hakte sich bei ihm ein.
„Hat was mit meiner Reha zu tun, ich hätt dich nur gern dabei“, bat er.
„Klar, mach ich doch gern. Können wir uns auf dem Weg dahin etwas unterhalten, ich weiß gar nichts von dir, fällt mir grad auf“, erwiderte sie und ging mit ihm davon.

Neunzehntes Kapitel


„Erster Kuss?“, fragte Lindsay, als sie in seinem Cabrio zu dem Ort fuhren, wo er hinwollte.
„Susanna, 7. Klasse“, entgegnete er.
„Erstes Mal?“
„Susanna, auch 7. Klasse“, konterte er schmunzelnd.
„Du warst erst vierzehn bei deinem ersten Mal?“, fragte sie überrascht.
„Na ja, fast fünfzehn, du?“
„Ganz normal, ich war 18 und es war nach dem Abschlussball!“
„Ernsthaft?“
„Hast du gedacht, dass ich auch schon als Teenager so promiskuitiv war? Ich war eher ein Spätzünder, ich hab erst vor ein paar Jahren den Spaß am Sex entdeckt, meinen ersten Kuss hatte ich erst mit 17“, erklärte sie.
„Das ist doch schön, ich war dafür etwas frühreif, meine Mutter hat mich irgendwie verkorkst“, erklärte er und bog um die Ecke.
„Bitte sag mir, dass Barbara nichts mit deinem ersten Mal zu tun hat“, hoffte sie geschockt.
„Entschuldige mal, so verkorkst bin ich dann doch nicht, sie hat mit mir nur offen über alles geredet, das ist alles. Erste Schwangerschaftsfurcht?“, fragte er weiter.
„Gepinkelt auf einen Test hab ich das erste Mal mit fünfzehn, sehr sinnlos, denn ich war ja noch Jungfrau, das erste Mal ernsthaft hab ich das mit 20 gemacht, negativ, falls es dich interessiert, bei dir?“, fragte sie.
„Susanna, da war ich 21, ja, ich war ne ganze Weile mit ihr zusammen, aber sie ist jetzt mit ihrem Geschichtsprofessor verheiratet und wohnt in New Jersey“, erklärte er.
„Ich mach mir darüber keine Sorgen, ich bin ganz sicher heißer als sie“, erkannte Lindsay cool.
„Ja, Schatz, das bist du, du bist ne 12, sie nur ne 8“, erklärte er versichernd.
„Genau das wollte ich hören. Also, wo genau sind wir hier?“, wollte sie wissen und er drehte sich zu ihr hin.
„Das ist die erste Station auf meiner „Entschuldigung“-Tour, ist leider ein Schritt in meinem 12-Punkte-Plan. Du wirst einige Sachen hören, die dich vielleicht verstören werden, ich hoffe, du bleibst trotzdem bei mir“, erklärte er stockend.
„Du kennst ja auch meine nicht so hellen Stunden, es wäre heuchlerisch, wenn ich dich wegen ein paar Jungen-Streichen im Rausch verlassen würde, oder?“, fragte sie und lächelte ihn an.
„Okay, wollt’s nur gesagt haben“, entschied er und stieg aus.
„So schlimm kann’s doch gar nicht sein“, behauptete sie und nahm seine Hand, als sie zum ersten Haus gingen.
Zögerlich klingelte Zack und die Tür sprang auf.
„Ja?“, fragte ein älterer Mann mit Brille, der ihnen die Tür öffnete.
„Verzeihen Sie die Störung, Sir, da gibt es etwas, was ich Ihnen sagen sollte, als ich letzten Monat auf einer Party in ihrer Nachbarschaft gewesen bin, hab ich auf dem Heimweg in ihren Garten gekotzt“, beichtete er seine Untat.
„Ja, ich weiß, Sohn, ich hab Sie damals auch darauf angesprochen, aber Sie sind weggerannt“, erklärte der Kerl nicht zu sehr verärgert.
„Das tut mir sehr leid, ich habe ein Alkohol- und Drogenproblem und bin momentan in Behandlung“, erklärte Zack.
„Passen Sie auf, dass ihr Freund das nicht mehr macht?“, wendete sich der Kerl mit väterlicher Stimme an Lindsay und die nickte stumm.
„Sie müssen eine starke Frau sein, wenn Sie das durchhalten, meine erste Frau hat mich damals verlassen, als ich aus Vietnam drogensüchtig zurückkam“, entschied der Kerl.
„Ja, das ist sie, vielen Dank für Ihr Verständnis, Sir, wenn ich irgendwas für Sie tun kann, Ihren Rasen mähen oder so, melden Sie sich bei mir, bitte“, bat Zack und reichte ihm die Karte, die er für seine Auftritte auf dem Festland machen lassen hatte.
„Ich werde vielleicht darauf zurückkommen, ich danke Ihnen für Ihre Ehrlichkeit, auch wenn Sie das tun müssen. Hier, ich leite ein AA-Meeting in der Stadthalle, wir treffen uns Immer Mittwoch-Abends, wär schön, wenn Sie mal dorthin kommen würden“, erklärte der Mann und reichte ihm einen Flyer, den er neben der Tür liegen hatte.
„Danke, sehr gern, vielen Dank nochmal“, erwiderte er und der Kerl schloss die Tür wieder vor ihm.
„Siehst du, so schlimm war das doch gar nicht“, ermunterte sie ihn.
„Das war noch das leichteste“, konterte Zack und atmete tief durch.
„So schlimme Sachen kannst du doch gar nicht gemacht haben“, schmunzelte sie, aber sie sollte noch ihr blaues Wunder erleben.

Zwei Stunden später saß sie etwas geschockt neben ihm im Wagen.
„Und wo ist der Gartenzwerg jetzt?“, fragte sie und starrte dabei auf die Straße.
„Ich hab keinen blassen Schimmer“, entschied er beschämt.
„Und der Kerl, den du mit einer Flasche beworfen hast? Warum hat der dich nicht verklagt?“, fragte sie weiter.
„Ein großzügiger Scheck, es ist wirklich einfacher im Leben, wenn man Geld hat. Ich glaube, wir haben jetzt alle“, erklärte er und ließ den Motor seines Wagens an.
„Ist es jetzt unangebracht, wenn ich jetzt sage, dass ich jetzt nen Drink gebrauchen könnte?“, fragte sie und sah ihn an.
„Bisschen schon, wie wär’s stattdessen mit nem schöngebrauten Tee in meinem Lieblingscafé?“, fragte er und sie nickte.
„Brian“, realisierte Zack plötzlich, als sie ihren Tee in dem Café tranken.
„Oh man, sag mir nicht, wir haben jemanden vergessen“, erwiderte sie erschöpft.
„Nein, Brian könnte den Gartenzwerg haben“, bemerkte er nur und nippte an seinem Tee.
„Und Brian ist nen Freund von dir?“, fragte sie neugierig.
„Äh, so in etwa, ich war immer glücklich ihn zu sehen“, bemerke er einsilbig.
„Du hast den Gartenzwerg von einer Familie geklaut und deinem Drogendealer gegeben?“, realisierte sie, was er sagen wollte.
„Das war ein seltener Gartenzwerg, er hat ihn gern genommen, denke ich, ich war nicht mehr ganz nüchtern, als ich ihn übergeben habe, deshalb ist das ja nur ne Vermutung“, erklärte er.
„Du hast mehr Geld als Gott, warum zum Teufel hast du deine Drogen mit einem Gartenzwerg bezahlt“, schmunzelte Lindsay, die versuchte die Sache amüsant zu sehen.
„Wie ich sagte, ich hatte vermutlich fast drei Promille im Blut und war nicht mehr so ganz zurechnungsfähig. Wie auch immer, der Zwerg ist weg, ich hab die Familie schon großzügig bezahlt, ich sollte das mit den Drogen und dem Alkohol echt lassen, sonst hab ich bald kein Geld mehr“, erwiderte er auch matt lächelnd.
„Oder du landest im Knast, oder beides, du hattest ein Schweineglück dass dich keiner von den Leuten angezeigt hat. Wenn wir grad so ehrlich sind, ich muss dir auch was gestehen“, begann sie plötzlich ihm die Affäre zu beichten.
„Ich weiß Süße, du hattest jemanden während unserer Trennung“, erkannte er ruhig.
„Du weißt es? Woher?“, fragte sie überrascht.
„Du bist zwei Mal mittendrin eingepennt gestern“, sagte er cool.
„Das hast du gemerkt“, erwiderte sie beschämt.
„Ich hatte nicht so viele Sexpartner wie du, mir fällt das auf, ja“, erwiderte er.
„Ich hab es gleich danach bereut, ich hatte es einfach nötig, versteh das bitte“, bat sie weinerlich.
„Warum weinst du, Baby? Ich versteh das doch“, versprach er und ergriff ihre Hand.
„Warum verstehst du das so einfach. Ich hab dich betrogen“, begann sie zu weinen.
„Ich kann nicht sagen, dass mir das Bild von dir mit einem anderen Mann gefällt, aber wir waren getrennt, du hattest deine Gelüste, schon gut“, war er richtig nett zu ihr.
„Nein, das hab ich nicht verdient, wirklich nicht“, schniefte sie.
„Doch, das hast du, dein Leben wird jetzt besser sein, jetzt wo ich bei dir bin“, versprach er, nahm ihr Gesicht liebevoll in seine Hände und küsste sie sanft.
„Das wird mir grad etwas viel, ich brauch etwas Zeit für mich, ich ruf dich an, wenn ich länger weg bin“, stand sie überstürzt auf und verließ das Café in Eile.

Zwanzigstes Kapitel


Die Sonne ging schon am Horizont unter, als Lindsay sich neben Zack setzte, der wie so oft grüblerisch auf einem Sandhügel saß und ins Meer starrte. Wortlos nahm sie seine rechte Hand in ihre Hände.
„Hey, ich dachte schon, du wärst wieder weg“, freute er sich, sie zu sehen und küsste ihre Hand.
„Ich bin etwas ausgeflippt, tut mir leid, aber ich verlasse diese Insel nur noch mit dir, das schwöre ich dir“, versprach sie und küsste ihn kurz.
„Nach heute ist das kein Wunder, ich hatte auch ein oder zwei Mal Zweifel an mir selbst, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe, welcher Mensch mit Verstand verkauft einen Gartenzwerg für Drogen, sag mir das?“, dachte er laut nach.
„Mein sehr betrunkener und bekiffter Freund, wir mir scheint. Wir werden einfach dafür sorgen, dass das niemals mehr passiert. Wie besorgt ist Barbara?“, fragte sie und sah zum Haus, wo in der Küche ein schwaches Licht brannte.
„Ganz normale Mutter-Besorgnis, nichts Besonderes, sie hat nur für mindestens zwanzig Personen gekocht, das ist die Italienerin in ihr. Ich hab übrigens irische Vorfahren, ich meine von meinen leiblichen Eltern, ich hab in der Klinik viel über sie nachgedacht, gilt dein Versprechen noch, mir zu helfen mehr über meine leibliche Familie rauszufinden?“, fragte er hoffend.
„Klar, wir Iren müssen zusammenhalten, mein Großvater kam aus Cork in dieses Land“, schmunzelte sie und er grinste.
„Dann hoffen wir mal, dass unsere Kinder nicht rothaarig werden. Es ist so traumhaft schön hier, es fühlt sich immer noch so an als wär das alles ein Traum“, erwiderte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter, während sie in den weinroten Sonnenuntergang sah.
„Für mich ist das nichts mehr besonderes, aber ihn mit dir zu sehen ist schon toll“, erklärte er und sie setzte sich auf seinen Schoß und begann ihn leidenschaftlich zu küssen. Als sie grade wild knutschend auf der Sanddüne lagen, kam Matty zu ihnen.
„Ich will eure „Blaue-Lagune“-Phantasie ja nicht stören, aber Barbara lässt anfragen, ob ihr noch was anderes in den Mund nehmen wollt als eure Zungen“, entgegnete er und Zack sah ihn genervt an.
„War nur so ne Frage. Also ich bin dann mal wieder drin, es liegen Kondome unter dem Stein da hinten, aber die braten schon ne Weile in der Sonne vor sich hin, also ist nicht mehr so sehr Verlass darauf“, entschied Matty und verschwand wieder.
„Tut mir leid, er verhält sich wie ein fünfjähriger manchmal“, entschuldigte sich Zack bei ihr und küsste ihren Hals weiter.
„Ich muss mich auch entschuldigen, ich hab schon irgendwie ziemlich Hunger“, entschuldigte sie sich und er kniete sich hin.
„Klar, du hast ja schon ne Weile nichts mehr gegessen, mir hat er auch irgendwie die Stimmung versaut. Lass uns Reingehen“, bemerkte er und zog sie hoch.

Arm in Arm kamen sie in die geräumige Küche, wo Barbara grade frischgebackene Brötchen aus dem Ofen holte.

„Oh Gott sei Dank, du bist wieder da“, sagte Barbara nur und umarmte Lindsay stürmisch.
„Ich hau doch nicht mehr ab, ich brauchte nur etwas Zeit für mich“, versprach sie.
„Genau das wollte ich hören. Nimm dir nen Teller, ich hab Spagetti gemacht“, bat sie und lud ihr einen großen Haufen Nudeln auf den Teller, den sie genommen hatte.
„Spagetti hat ich lang nicht mehr, lecker“, erwiderte sie erfreut und setzte sich an den Tisch, nachdem sie Soße dazu bekommen hatte.
„Sie ist nicht weg, Barbe“, sagte Zack erleichtert und küsste den Kopf seiner AdoptivMutter.
„Ich werde sie ans Bett fesseln wenn sie nochmal versucht wegzulaufen“, erkannte Barbara nicht ganz ernsthaft.
„Du wusstest, dass sie auf dem Festland jemand anderes hatte, oder?“, fragte er plötzlich.
„Ja, hat sie mir gebeichtet, das war nichts, hat sie mir zumindest gesagt“, erklärte sie versprechend.
„Denk ich auch, sie nimmt das schwerer als ich, deshalb ist sie auch verschwunden“, erklärte er und nahm sich auch Spagetti.
„Sie braucht noch etwas, ihr altes Leben abzulegen, doch wir werden ihr dabei helfen, Stück für Stück“, versprach sie und ging mit ihm ins Esszimmer, wo schon Matty und Moon mit ihr zusammen am Tischsaßen.
„Da seid ihr ja endlich, ich hab Kohldampf“, begrüßte Matty die beiden.
„Zwingt dich keiner zu warten, Matt, nen Guten“, forderte Barbara sie auf zu Essen und so begannen sie zu essen.

Mitten in der Nacht wurde das Liebespaar von einer lauten Sirene geweckt.

„Was ist das denn?“, murmelte Lindsay schlaftrunken.
„Steh auf“, bat er und sprang aus dem Bett.
„Es ist mitten in der Nacht“, war sie nicht bereit aufzustehen.
„Verdammt, warum musst du so ein Morgenmuffel sein“, nörgelte er und zog sie auf seine Arme.
„Auch wenn ich deine leidenschaftlichen Anwandelungen nett finde, ich möchte schlafen“, murrte sie und er trug sie wortlos aus dem Raum und die Treppen hinunter.
„Das hatten wir echt lang nicht mehr“, erwiderte Moon, der in einem Led-Zeppelin- T-Shirt und Shorts aus deren Schlafzimmer kam.
„Sind die Taschen noch unter der Treppe?“, fragte Matty planend, der auch bei ihnen geschlafen hatte.
„Ich hoff mal schon, man wir hätten das besser planen sollen. Das ist ne Tsunami-Warnung, Schatz, ein Tsunami kommt auf die Insel zu“, erklärte Zack und setzte Lindsay ab.
„Was? Ein Tsunami? So einer wie in Thailand damals?“, fragte sie erschreckt.
„Wir sollten nicht vom Schlimmsten ausgehen, wir sollten nur hier verschwinden. Du hast ja nicht besonders viel an, Kind, hier“, entgegnete Barbara und warf Lindsay einen Pullover hin, den sie schnell überzog, weil Matty sie schon lüstern anglotzte.
„Früher hättest du für den Anblick viel Geld hinblättern müssen, Lustmolch. Wo fahren wir denn hin?“, fragte Lindsay, die sich etwas fehl am Platz fühlte.
„Erst Mal weg, keine Sorge, das kann auch nur ein Fehlalarm sein“, erklärte Zack und sie eilten zum Auto. Auf einem Hügel außerhalb der Gefahrenzone hörten sie im Radio von dem Einschlag den der Tsunami in Japan angerichtet hatte. Eng umschlungen an Zack gelehnt lauschte sie den Nachrichten und verdrückte ein paar Tränchen.
„Das wird hier nicht passieren, unser Haus wird stehen bleiben, keine Sorge“, versuchte Zack sie zu beruhigen.
„Sie gehen von ein bis zwei Metern aus und das ist ein gut gebautes Holzhaus, das wird nur mal wieder die Fenster im oberen Stockwerk vom Sand befreien“, erklärte Barbara, die lässig auf dem Beifahrerrsitz saß und den Nachrichten lauschte, während die anderen in die dunkle Nacht starrten.

Die kleine Gruppe wurde wieder geweckt, als die Sonne aufging. Sie waren irgendwann in dieser Nacht erschöpft eingeschlafen gewesen.
„Oh man, ich bin zu alt um im Auto zu schlafen, letztes Mal hab ich das echt besser weggesteckt“, murrte Moon, der mit seiner Lebensgefährtin auf dem Schoß sitzend  erwachte.
„Wie sieht das Meer aus?“, fragte Zack, Matty durch das geöffnete Fenster, der mit Lindsay an sich gekuschelt auf dem Rücksitz geschlafen hatte.
„Normal, wie ich das von hier aus sehen kann. Wir können glaub ich wieder zurück“, entgegnete Matty und Zack weckte seine Freundin sanft.
„Ist es vorbei?“, fragte sie hoffend.
„Das werden wir gleich sehen, ich fahre“, entschied Zack und kletterte auf den Fahrersitz.
„Lass mich aber noch einsteigen, Bruder“, bat Matty und quetschte sich neben Lindsay auf den Rücksitz.

Als sie das Haus wieder betraten atmeten sie auf. Alles war noch an seinem Fleck, der Strand war nur etwas mit Wasser bedeckt.
„Verdammt, mein Surfbrett lag draußen, das ist jetzt sicher irgendwo in Japan“, ärgerte sich Zack plötzlich.
„Nein, lag es nicht, ich hab es ausgeliehen ohne zu fragen, es liegt bei mir zu Hause, tut mir leid“, entschuldigte sich Matty kleinlaut und Zack stellte sich breitbeinig vor seinen Kumpel.
„Ich sag doch, es tut mir leid“, murrte Matty und Zack küsste ihn stürmisch auf die Wange.
„Vielen Dank, dass du so frech warst“, bedankte er sich und sah in das verdutzte Gesicht seines Kumpels.
„Immer wieder gern. Man, wir haben echt Glück gehabt, das hätte echt schief gehen können“, erwiderte Matty und sah aus dem Fenster. Das Meer sah wieder ganz ruhig aus.
„Man, auf den Wellen zu reiten wär sicher geil gewesen“, dachte Zack laut nach.
„Du bist schon ein bisschen krank, mein Süßer, ich hoffe das weißt du“, konterte Lindsay, die sich wieder gefasst zu haben schien.
„Ein bisschen schon, ja. Du wirst das auch noch merken, wenn du mal auf dem Brett stehst, das ist einfach ein Abenteuer. Ich brauch ne Dusche, kommst du mit?“, fragte er und sie grinste.
„Ja, das klingt gut“, bemerkte sie schmunzelnd und ging mit ihm nach oben.
„Wie können die jetzt an Sex denken?“, nörgelte Matty.
„Du brauchst echt auch mal ne Frau, Matt, du wirst langsam echt verbittert“, entschied Barbara und klopfte ihrem Ziehsohn auf die Schulter.
„Ich kann mir ja nicht mal ne Nutte leisten, also bleibt das wohl nen Traum. Ich werde mal in meiner Wohnung nach dem Rechten sehen, auch wenn ich nicht glaube, dass da oben was hingekommen ist“, murmelte Matty betrübt und verließ das Haus.

„Es geschehen noch Zeichen und Wunder, da muss es einen Tsunami geben, dass er unser Haus mal verlässt“, erwiderte Moon und umarmte seine Freundin von hinten.
„Apropos Haus verlassen, wenn unsere Turteltauben ihre Sexsession weiterführen wollen, können wir ja mal zu den Stevensons fahren und unsere Hilfe anbieten. Ich muss davor nur mal dringend auf die Toilette“, entgegnete Barbara, löste sich von ihm und ging zum Badezimmer.
„Hey Leute, kann ich nochmal schnell ins Bad bevor ihr loslegt?“, rief Barbara etwas später ins Badezimmer.
„Wir haben drei Toiletten, Barbe, das ist jetzt nicht dein Ernst“, murrte Zack von drinnen.
„Bitte, die anderen sind belegt“, bat sie.
„Das glaubst du ja selbst nicht, lass uns allein, Mum“, entgegnete Zack und Barbara war sprachlos.
„Hast du mich grad Mum genannt?“, fragte sie verdattert.
„Sorry, kommt nicht wieder vor“, versprach er.
„Du hast mich Mum genannt“, schniefte Barbara.
„Du willst uns unbedingt die Stimmung vermiesen, kann das sein?“, fragte Lindsay die ganz überraschend in ihrem Kimono neben ihr stand.
„Du bist ja draußen“, erschreckte sich Barbara fürchterlich.
„Ich hab mich ausgezogen, der Pullover von dir roch nach dir und das hat ihn abgetörnt“, erklärte sie.
„Warum schließt du dann ab, Junge?“, fragte Barbara und Zack schloss die Tür auf.
„Das du mich nicht nervst, vielleicht?“, fragte Zack zurück, der nur in Shorts bekleidet an die Tür kam.
„Es hat zwar 20 Jahre gedauert, aber ich bin glücklich, dass du mich jetzt Mum nennst“, konterte Barbara und umarmte ihn glücklich.
„Tut mir leid, Schatz, die Stimmung ist weg“, musste Zack mit Bedauern feststellen.
„Du weißt gar nicht, was ich alles anstellen kann, das die Stimmung wiederkommt. Wenn du uns jetzt entschuldigt, ich beglücke jetzt deinen Sohn“, säuselte Lindsay, zog ihn ins Badezimmer und ließ Barbara einfach so stehen.
„Aber ich muss immer noch aufs Klo“, murmelte sie etwas irritiert.
„Verschwinde, Barbe, bitte“, rief Zack nur und Barbara ging kopfschüttelnd davon.

Einundzwanzigestes Kapitel


An diesem Nachmittag holte Zack sein Surfbrett bei Matty ab und Lindsay rief Carmen an.
„Hey, ich wollt dich auch schon anrufen, das sah ja böse aus in den Nachrichten, alles klar bei euch?“, fragte Carmen, die erfreut war von ihr zu hören.
„Ja, war ein Schreck heute Nacht, aber es ist alles noch dran. Ich glaube er hat seine Süchte nur ausgetauscht, ich komm gar nicht mehr aus dem Schlafzimmer raus, ich bin echt erschöpft und das muss was heißen aus dem Mund einer Professionellen“, erklärte Lindsay und setzte sich auf die Treppe zum Strand.
„Beschwerst du dich grad über zu viel Sex bei einer Totkranken?“, fragte Carmen skeptisch.
„Geht’s dir Schlechter?“, fragte sie erschreckt.
„Nein, alles beim Alten, ich hab nächste Woche wieder eine Untersuchung, ich wollte dich nur mal wieder aus deinem Liebesrausch rausholen, die gefällt doch das Ganze, oder?“, fragte Carmen schmunzelnd.
„Ich musste ihm einen Blasen dass er endlich aufgegeben hat, das ist wirklich nicht witzig“, murrte sie.
„Das war doch wohl nicht das erste Mal für dich“, konterte Carmen.
„Leider nicht, aber die anderen Male wurde ich dafür zumindest fürstlich bezahlt, das mach ich echt nicht gern“, erklärte sie knatschig.
„Du hast nen Milliardär als Lover, beim nächsten Mal wünsch dir nen Auto von ihm“, witzelte Carmen.
„Gar keine schlechte Idee, sollte ich mal versuchen. Und wie geht’s dir in Florida?“, fragte sie neugierig.
„Ist immer sehr heiß hier, aber wem sag ich das. Wir wollen zweite Flitterwochen machen, können wir zu euch kommen?“, fragte sie hoffend.
„Sicher, ich würd mich freuen dich zu sehen, sagt mir einfach, wann ihr kommen wollt und ich sprech das mit Zack ab. Also immer noch alles paletti zwischen euch beiden?“, fragte Lindsay.
„Ja, anscheinend hat die Tatsache, dass er mich fast verloren hätte endlich für Klarheit gesorgt, wir wollen es übrigens mit Kindern versuchen wenn ich meine Chemo rum habe, ich hoff mal, dass die mir nicht alles wegverstrahlt haben“, gestand Carmen.
„Das ist ja wunderbar, ja, das wünsch ich dir. Ich hab ihn vorhin zu Matty gehen lassen, er ist nicht grad stabil gerade, ich geh jetzt zu seiner Wohnung“, konterte sie und stand wieder auf.
„Ich kann mir gar nicht vorstellen mit nem Süchtigen zusammenzuleben, ja geh zu ihm, wenn du dir Sorgen machst. Ich meld mich, wenn wir wirklich anreisen. Pass auf dich auf, Kleines“, verabschiedete sie sich und Lindsay legte wieder auf.

„Ich sag dir, das war so geil, du hattest Recht, das muss man mal erlebt haben“, prahlte Zack auf der Terrasse über sein sexuelles Erlebnis mit Lindsay.
„Ich kann echt kaum glauben, dass das das erste Mal für dich war, du hast echt zu viele Emanzen gedatet, Junge“, konterte Matty, der bessere Laune bekommen hatte.
„Das hab ich jetzt auch nicht gewusst, das erklärt, warum es dich so scharf gemacht hat“, warf Lindsay ein, die bei den beiden angekommen war.
„Lyn, hey, ich hab dich gar nicht reinkommen sehen“, stotterte Zack, dem das sichtlich peinlich war.
„Hey, wir wollten doch offen reden, ich hab schon Kerle damit angeben gehört, da lag ich noch daneben, keine Sorge, das stört mich nicht. Aber hör auf den armen Kerl damit zu quälen, das ist wie ihm ein Schnitzel vorzuhalten um es dann selbst zu essen“, bat Lindsay und setzte sich auf seinen Schoß.
„Bis grade eben kam ich damit klar, aber jetzt seh ich wieder Romeo und Julia rumturteln und krieg zu viel. Ich geh surfen“, stand er auf und verschwand.
„Hey du, wir haben es noch nicht in meinem Bett hier getan“, säuselte er und begann ihren Nacken zu küssen.
„Nein Zack, es reicht langsam, du kompensierst eine Sucht mit einer anderen, ich bin nicht hier um deine Sexsklavin zu spielen, außer du bezahlst mich dafür“, entschied sie und stand wieder auf.
„Gefällt es dir nicht?“, fragte er unsicher.
„Doch, zuerst schon, doch heut Morgen bin ich dann plötzlich wieder Mandy geworden und Mandy wollte ich bei dir nie sein“, realisierte sie und lief dabei hin und her.
„Ich hab Mandy heute nicht gesehen, ich hab in deine Augen gesehen und da warst nur du“, versprach er liebevoll.
„Du bist echt so kitschig manchmal. Mandy hat dir einen geblasen, ich kann das eigentlich nicht ab“, gestand sie.
„Es war nett, ich brauch das aber nicht unbedingt“, erwiderte er und stand auf.
„Lügner, dir hat es gefallen, das hab ich doch gesehen, aber ich möchte Geschenke von dir für Geschenke von mir, wenn du verstehst was ich meine“, handelte sie versöhnlich.
„Dein Wagen wird Ende der Woche geliefert, aber du musst mir nichts schenken, nur wenn du es willst, natürlich. Keine Sorge, es ist ein praktischer Wagen, kein Angeber-Wagen wie meiner“, konterte er cool.
„Du musst mir auch nichts schenken, deine Liebe zu mir ist mir schon Geschenk genug. Doch jetzt lenk nicht ab, du benutzt unser Liebesleben dazu, nicht an deine anderen Gelüste denken zu müssen und das gefällt mir nicht“, erwiderte sie und er packte sie an den Armen.
„Das ist überhaupt nicht wahr“, behauptete er.
„Ah, das seh ich, du kannst keine fünf Minuten die Finger von mir lassen“, schlussfolgerte sie und er ließ ihre Arme ruckartig los.
„Ich mag dich sehr und so süchtig war ich nicht, dass ich kompensieren muss. Ich hatte ja erst grad begonnen die Kontrolle zu verlieren, ich hab kein Interesse mehr an dem Zeug, versprochen“, erklärte er stockend.
„Gut, wenn du dich belügen willst, schön, ich bin allergisch auf Lügen. Ich werde mir ein Hotelzimmer nehmen, solang bist du kapiert hast, was du bist und was du willst“, entschied sie ernst und ging polternd die Stufen der Apartmentwohnung wieder herunter. Er ging ihr eilig hinterher.
„Nein, tu das nicht, ich hab ein Problem und habe Angst ohne dich die Kontrolle zu verlieren, bitte bleib“, bat er flehend.
„War das so schwer? Man, ich hab es echt noch drauf Männer zu manipulieren, ich dachte, das wäre in den letzten sechs Monaten verloren gegangen“, entgegnete sie plötzlich trocken und grinste ihm breit ins Gesicht, als sie sich auf der letzten Treppenstufe zu ihm umgedreht hatte.
„Ich wusste, dass du nicht so kalt sein kannst, du liebst den Sex mit mir doch, oder?“, fragte er und grinste auch. Aber ihr Lächeln erstarb.
„Nein, das war ernst gemeint, ich bin kein Karnickel, du kannst mich nicht immer bespringen wenn du lieber was trinken wollen würdest. Ich möchte die Insel erkunden, auch gern mit dir, ich will dich besser kennenlernen und Matty und deine Eltern und ich möchte wieder arbeiten“, erkannte sie mit großen Gesten.
„Du willst wieder als Callgirl arbeiten?“, fragte er entsetzt.
„Äh, nein“, bemerkte sie und zog mit einer Hand ihr Hemd so hoch, dass er ihre Narbe deutlich sah.
„Als Postbotin, klar, sorry, klar, natürlich kannst du das, wenn du das willst, ich kann dir auch die Insel zeigen, ich kenn mich hier sehr gut aus. Bitte erschreck mich nur nicht mehr so, ich hab dich doch grad erst wiederbekommen“, erkannte er und nahm sie in den Arm.

Sie verbrachten ein paar ruhige Wochen auf der Insel bis sie plötzlich einen ungebetenen Gast bekamen. Ein Hubschrauber kreiste um ihr Haus herum und Moon packte seine Schrotflinte.

„Was hast du vor, Moon, den Hubschrauber abschießen?“, fragte Zack, der hinter seinem Adoptiv-Vater herrannte.
„Das ist mein Anwesen, das Recht hab ich dazu“, murrte Moon und trat heraus.
„Kannst du deine fünfzehn Minuten bitte ohne Schrotflinte ausleben, wär das möglich?“, fragte Zack und entriss seinem Vater die Waffe.
„Sie landen hier“, moserte Moon.
„Dann lass sie landen, es werden keine mordenden Agenten sein, keine Sorge“, schmunzelte Zack und stellte die Schrotflinte weg. Der Hubschrauber wedelte sehr viel Sand auf  und Zack ins Gesicht und er musste seine Augen schließen. Moon zog ihn etwas weg und der Hubschrauber landete auf einer Sanddüne.
„Sie sind gelandet, du kannst die Augen wieder aufmachen“, erklärte Moon und er blinzelte in die Sonne.
„Hey Schönling, überrascht?“, fragte Carmen, die vom Beifahrersitz des Hubschraubers ausstieg.
„Carmen, hey, ganz schön, Linienflugzeuge sind euch zu simpel, was?“, freute sich Zack Lindsays beste Freundin zu sehen und ging zu ihr hin.
„Mein Mann wollte mir die Insel von oben zeigen und wir haben am Flughafen einen Hubschrauber gechartert. Ich hoffe, wir haben niemanden geweckt, ist ja noch ziemlich früh“, umarmte Carmen ihn.
„Wir haben meditiert und die Mädels sind einkaufen, schon okay. Schön, dass ihr uns besuchen kommt, Lindsay hatte gestern Abend bisschen Heimweh. Ich ruf sie gleich an, Moon könntest du unsere Gäste bitte reinbringen ohne die Schrotflinte zu benutzen?“, bat Zack und Moon brachte sie ins Haus.


Da Lindsay und Barbara in der Nähe einkaufen waren lief Zack zu ihnen hin. Für einen Moment betrachtete er Lindsay, wie sie zufrieden an Orangen roch und sie in einen Korb legte. Er schlich sich von hinten an sie heran und begann ihren Nacken zu küssen.
„Nicht jetzt Matt, Zack ist sicher schon auf dem Weg hierher“, tat sie so, als würde sie Matt erwarten.
„Was?“, fragte er entsetzt und drehte sie etwas ruppig um.
„Du riechst meilenweit nach Patschuli, mein Schatz, es ist mir ein Leichtes, dich zu ärgern“, schmunzelte sie.
„Ja, ich hab was für die Meditation verbrannt, du bist ganz schön frech, du weißt genau, dass ich die Freundschaft zwischen Matty und dir etwas kritisch betrachte. Ich wollte euch nur sagen, dass wir Gäste haben, Harris und Carmen haben grade mit einem Hubschrauber einen James-Bond-mäßigen Auftritt hingelegt“, berichtete er ihr und nahm ihr den schweren Einkaufskorb ab.
„Carmen ist hier? Das ist ja toll, sie hatte was angekündigt, aber ich hab nie gedacht, dass sie plötzlich hier auftauchen würden. Die haben euch sicher zu Tode erschreckt, tut mir leid“, war sie ganz aus dem Häuschen.
„Die haben mich nur in meiner tiefen Mediation unterbrochen, Moon wollte sie mit ner Schrotflinte vom Himmel holen, Gott sei Dank hab ich die Kugeln schon vor Jahren aus der Flinte entfernt“, erklärte er.
„Und was ist, wenn wirklich mal ein Verbrecher vor der Tür steht?“, mischte sich Barbara ein, die zu ihnen kam.
„Die Kugeln kleben in einer Schachtel in der obersten Schublade links in der Kommode an der Haustür, ich wusst ja wo sie sind und jetzt du auch, du kennst ihn ja etwas länger als ich, du weißt doch, wie ich das meine“, erkannte er herumdrucksend.
„Gute Idee, sag ich da nur, nur nächstes Mal weih mich gleich ein. So, willst du uns beim Tragen helfen, das ist nett, danke“, entschied Barbara und gab ihm auch ihren Einkaufskorb, der schon ziemlich voll war.
„Wir haben Besuch“, sagte er nur.
„Ja, Matty hat mir grad ne SMS geschrieben, dass vor unserem Haus ein Hubschrauber gelandet ist. Einer von deinen Käufern?“, fragte Barbara und ging mit ihnen zur Kasse.
„Nein, Lyns Freundin Carmen mit ihrem Piloten-Mann, hab gar nicht gewusst, dass man Hubschrauber auch ohne Piloten mieten kann“, erklärte er weiter und Barbara zahlte die Waren.
„Du bist nen Mann mit Geld, du müsstest langsam wissen, dass man alles mit Geld mieten kann“, entgegnete Barbara und die anderen beiden sahen einander an.
„Sorry, das war falsch ausgedrückt“, entgegnete Barbara zu Lindsay.
„Kein Thema, er hat mich damals gemietet, das stimmt schon so, aber ich hab mich damals in ihn verliebt, also war es ne gute Sache“, erwiderte sie.
„Ich hab mich in dich verliebt, als ich dein Bild auf eurer Internetseite gesehen habe“, gestand er.
„Du wusstest wer ich bin, bevor du mich kennengelernt hast?“, fragte sie überrascht.
„Es gab nicht viele Callgirl-Service in eurer Stadt, ich hab an dem Morgen, an dem du zu mir gekommen bist eine Begleiterin gesucht und du stachst mir ins Auge. Da ich in die Öffentlichkeit musste hab ich Recherche zu dir betrieben und dann bist du plötzlich vor mir gestanden, ja, Zufälle gibt’s“, erklärte er.
„Danke, dass du damals keine verdächtigen Kommentare abgelassen hast“, bedankte sie sich.
„Ich hab ihn ja auch zu einem Gentleman erzogen“, lobte Barbara ihn und klopfte ihrem Sohn auf die Schulter, während sie zum Haus liefen.
„Ein Gentleman der eine Nutte angeheuert hat, seine Freundin zu spielen, die sich dann sinnlos betrunken und übergeben hat und die er dann nur in Unterwäsche aus der Limo geschmissen hat“, erinnerte Lindsay an ihre Begegnung.
„Das hab ich meiner Mutter nicht erzählt“, murmelte er verlegen.
„Zu Recht, du hast sie fast nackt da allein stehen lassen?“, fragte Barbara verärgert.
„Ja, schon irgendwie, ich hab mich aber gleich am nächsten Tag persönlich entschuldigt, wie ein Gentleman. Ich war so nervös an dem Abend und trotzdem war ich nüchtern, weil ich zu viel Angst hatte, irgendwas falsch zu machen. Diese ganze High-Society ist nichts für mich, ich hasse Anzüge und lange Meetings“, dachte er laut nach.

„Das hast du ja jetzt hinter dir, keine Sorge, meinetwegen brauchst du nie wieder einen Anzug tragen. Ich hab dich übrigens so gehasst, also du mich da allein gelassen hast, denn mein Notfall-Set hat alles beinhaltet, nur kein Ersatzkleid“, schmunzelte sie.
„Du bist in Unterwäsche nach Hause gelaufen? Das wusste ich nicht, tut mir leid“, entgegnete er.
„Ich hab mir ein Shirt gekauft von dem Geld was ich noch hatte und hab Carmen angerufen, dass sie mich abholt, sie hatte ihren Spaß an dem Abend, im Gegensatz zu mir“, konterte sie und sah zum Haus, in dem sich ihre Freundin eingeladen hatte.
„Wir werden in die Wohnung ziehen, solang sie hier sind, dann können sie unser Bett haben“, schlug Zack vor und legte den Arm um sie.
„Das ist ne gute Idee, das sag ich ihnen, danke. Ich frag mich, wie’s ihr geht, sie kämpft ja immer noch mit dem Krebs“, dachte sie laut nach.
„Ich fand, sie sah gut aus für ne kranke Frau, ich glaub, sie packt das“, versprach er.
„Das hoffe ich so sehr, sie ist die einzige Freundin, die mir geblieben ist“, entgegnete sie und er schloss die Tür auf.
„Ich werde alles Geld was ich aufbringen kann, aufbringen um ihr zu helfen“, erklärte er und sie gingen hinein.
„Du hast doch schon die ganze Behandlung bezahlt, mein Schatz, mehr kannst du auch nicht machen. Ich will ein paar Stunden allein mit ihr verbringen, wenn das okay für dich ist. Du kannst ja mit Harris ne Runde mit dem Hubschrauber drehen, du hast deine Insel sicher noch nicht von oben gesehen“, bat sie.
„Keine schlechte Idee, das Ding kann eh nicht für immer da stehen bleiben. Moon, wir sind zurück“, rief er und Lindsay und Carmen kreischten wie Schulmädchen, als sie sich in die Arme fielen.
„Man, ich hab nen Flashback von meiner Ex-Freundin aus der fünften Klasse, die hat auch immer so offen ihre Emotionen gezeigt. Waren die beiden schon immer so?“, fragte Moon amüsiert zu Harris der neben ihm die Treppen herunterkam.
„Ja, so ziemlich, aber ich bin glücklich sie so zu sehen. Ich bring den Hubschrauber zurück, will jemand mitkommen?“, fragte Harris und die Männer gingen mit ihm mit.

Zweiundzwanzigstes Kapitel


An diesem Abend saßen die beiden Freundinnen nebeneinander auf der Terrasse des Holzhauses und betrachteten ihre Männer, wie sie grillten.

„Dieser Moment ist fast zu perfekt um wahr zu sein, ich könnte für immer hier sitzen. Ich bin hierhergekommen um dir die Nachricht persönlich zu überbringen. Ich bin krebsfrei“, gestand Carmen plötzlich.
„Wirklich? Warum rückst du jetzt erst damit heraus, komm her“, war Lindsay hellauf begeistert und zog Carmen sitzend an sich.
„Ich hab es bis jetzt nur Harris gesagt, ich habe Angst, dass die Enttäuschung umso größer ist, wenn der Krebs eines Tages zurückkommt und alle eigentlich denken, dass ich gesund bin“, erklärte sie.
„Dieser Mistkrebs kommt nicht zurück, hörst du, du willst ein Kind und ich möchte Patentante werden, der kann uns gestohlen bleiben“, machte sie ihr Mut.
„Du hast Recht, ich nehm auch schon Hormone um die Chancen zu verbessern, natürlich ist das mit meinen Ärzten abgesprochen. Wie läuft es mit Zack und dir, will er immer noch so viel?“, fragte Carmen um etwas vom Thema abzulenken.
„Ich hab ihn auf Entzug gesetzt, ja, noch einen, der arme Kerl macht einiges mit, aber wir können nur sicher sein, dass das nicht nur eine körperliche Beziehung ist, wenn wir uns richtig kennenlernen. Was ich aber immer noch nicht weiß ist, wie er bei Moon und Barbara gelandet ist“, erwiderte sie.
„Barbara ist da, frag sie doch“, schlug Carmen vor.
„Ja, das sollte ich wirklich machen, kann ich dich kurz allein lassen?“, fragte Lindsay und stand auf.
„Auch für länger, ich fühl mich wohl hier“, konterte sie und Lindsay ging zu Barbara, die die Salate vorbereitete.
„Hey, kann ich dich mal was fragen?“, fragte Lindsay und setzte sich neben Barbara auf die Küchenablage.
„Klasse, jetzt fängst du auch noch damit an, das versuche ich Zack schon abzugewöhnen, seit ich ihn kenne“, kritisierte sie sie und sie rutschte wieder vom Tresen herunter.
„Tut mir leid, ich setz mich auf einen Stuhl. Aber wenn wir grade beim Thema sind, wie alt war er, als er zu euch kam?“, fragte sie weiter und setzte sich auf einen Stuhl.
„Er war fast drei, wir haben ihn aus dem Waisenhaus gerettet, du hättest ihn sehen müssen, sein kleiner Körper übersäht mit blauen Flecken, dieses Waisenhaus war die Hölle für ihn, er musste lange in Therapie, bis er das überwunden hatte. Ich hätte niemals gedacht, dass er aus so einem reichen Elternhaus kommt, das war ein richtiger Schock für mich, als er es erfahren hat. Wir lebten damals in Arkansas, ich komm auch ursprünglich daher. Als meine Mutter dann ein paar Monate später starb, hat uns nichts mehr dort gehalten und wir sind auf Hawaii gezogen. Meine Großmutter mütterlicherseits war eine von diesen unbesungenen Helden von Pearl Harbour und sie hat immer davon erzählt, als ich ein Kind war. Es waren auch Horrorstorys dabei, natürlich, jede Schulkind weiß ja, was hier passiert ist, aber sie erzählte mir auch von den wunderbaren Erinnerungen und den wunderschönen Stränden. Ich dachte damals, dieser Ort wäre der Beste für Zack um gesund zu werden und ich hatte Recht. Schau dir an, was aus ihm für ein toller Mann geworden ist“, erwiderte sie stolz und sah zu Zack, wie er grillte und selbstbewusst mit Harris plauderte.
„Ja, das ist er, ich wollte ihm immer dabei helfen, seine Verwandten zu finden, aber jetzt weiß ich nicht mehr genau. Welche Familie lässt es zu, dass ihr Familenmitglied in einem Waisenhaus fast draufgeht, sag mir das!“, dachte sie laut nach.
„Mein Vater war Senator von Arkansas“, gestand Barbara plötzlich.
„Ich wusste doch, dass mir der Nachname Shinova was sagt, das war lang vor der Zeit bevor mein Dad Senator von Louisiana wurde“, konterte sie belächelnd.
„Dein Dad ist jetzt Senator von Louisiana?“, fragte Barbara verblüfft.
„Er war es, als ich ein Teenager war, ich glaub, das ist auch nen Grund, warum ich keinen Kontakt mehr zu ihnen hatte, das wäre blamabel für sie geworden, wenn die Presse das rausgefunden hätte. Ich muss sie trotzdem mal besuchen gehen, irgendwann, sind schließlich meine Eltern“, entschied sie.
„Du wirst sicher wieder gut mit ihnen stehen, wenn sie hören, dass du den Enkel des ehemaligen Senators von Arkansas heiratest“, versprach Barbara und Lindsay hustete stark, weil sie sich verschluckt hatte.
„Barbe, du weißt, ich mag deinen Sohn sehr, aber red ihm bloß nicht ein, dass wir beide schon heiraten sollten“, keuchte sie und Barbara gab ihr ein Glas mit Wasser.
„Ich hab nicht morgen gesagt, Kleines, ihr solltet euch erst mal richtig kennenlernen. Deine Freundin sieht echt gut aus, für jemanden, der krank ist“, versuchte Barbara das Thema zu wechseln.
„Sie hat mir grad gesagt, dass sie krebsfrei ist“, erzählte Lindsay lächelnd.
„Das ist toll, das macht diesen Abend noch perfekter.  Nimm mal, ich glaub, wir können jetzt essen“, erwiderte sie und drückte ihr eine Schale mit Salat in die Hand.
„Ja, ich fühle dass hier nichts schlimmes passieren könnte“, entgegnete sie zufrieden und ging mit ihr nach draußen.

Lindsays Leben war fast perfekt, dachte sie, aber tags drauf hatte die Ruhe ein Ende, als Annie, Zacks nervige Anwältin vor ihrer Tür stand.

„Wer ist sie? Sie ist ja nur Titten auf Beinen“, flüsterte Carmen, Lindsay entgegen, als sie zusahen, wie sich Zack mit Annie in einem Eck unterhielt, während sie frühstückten.
„Das ist Annie, seine Anwältin“, sagte Lindsay nur.
„Du musst sie los werden, sie sieht viel zu gut aus für jemanden, der mit deinem Kerl zusammenarbeitet“, entschied Carmen.
„Ich mach mir keine Sorgen, sie hatten zwar mal was, aber das ist vorbei. Ich ärgere mich nur, dass ich ihm jetzt grad den Sex verweigere, er könnte es sich woanders holen“, dachte Lindsay laut nach.
„Also machst du dir doch Sorgen“, schlussfolgerte Carmen.
„Annie, wollen Sie nen Kaffee?“, rief Lindsay den beiden entgegen.
„Ich trinke keinen Kaffee mehr, danke“, bedankte sich Annie höflich.
„Dann einen Tee vielleicht?“, wollte sie weiter wissen.
„Im Moment brauch ich nichts, danke“, entschied Annie und wendete sich wieder zu Zack.
„Warum ist sie hier?“, befragte Carmen sie weiter.
„Nerv mich nicht, ich weiß es nicht. Ich geh mich anziehen“, murrte Lindsay und ging nach oben. Carmen folgte ihr.
„Ich hab dich aufgestachelt, sie ist nur beruflich da, keine Sorge“, versuchte Carmen ihre Freundin zu beruhigen.
„Ich vertrau ihm ja, aber diesem blonden Frettchen vertrau ich nicht, sie will ihn zurück, ganz eindeutig“, entschied sie, während sie sich ganz schamfrei neben ihrer Freundin umzog.
„Dann sag ihm, dass er sie feuern soll, so einfach ist das. Es gibt sicher sehr gute Anwälte hier auf der Insel“, riet Carmen ihr.
„Das kann ich nicht machen, ohne dass er denkt, dass ich nur eifersüchtig bin. Welche Bluse bringt meine Brüste am besten zur Geltung?“, fragte Lindsay und zeigte ihrer Freundin zwei Blusen.
„Die Blaue, du willst ihn ablenken, keine schlechte Idee. Hast du deinen schwarzen Minirock mitgenommen?“, plante Carmen.
„Ohne den verreise ich nicht, natürlich, super, ja, der passt perfekt, danke. Der wird nicht die Augen von mir lassen können“, besserte sich Lindsays Laune, als sie sich aufreizend für ihren Freund anzog.

Sexy schlug sie ihr Bein von einer Seite zur anderen, als sie am Küchentisch mit ihnen saß. Zack war so vertieft in die Unterlagen vor sich, dass er seine Freundin gar nicht bemerkte.
„Okay, ich bin eindeutig abgemeldet, supi. Ich muss irgendwas Teures kaufen, für das er bezahlen muss, kommst du mit?“, fragte sie frustriert.
„Dafür ist doch ne beste Freundin da, gehen wir“, bemerkte Carmen, die Zacks Verhalten auch nicht verstehen konnte und sie gingen zur Tür.
„Wo gehst du hin, Schätzchen?“, fragte Zack plötzlich.
„Shoppen, dann könnt ihr ungestört eure Sachen machen“, erklärte sie nur.
„Du beobachtest Frau Flinke Finger für mich, verstanden?“, bat Lindsay, Harris, der an der Tür saß und ein Buch las.
„Sicher doch, Schätzchen, ich wünsch euch viel Spaß“, erwiderte Harris abgelenkt und kopfschüttelnd gingen die Frauen von dannen.
„Also, was willst du kaufen?“, fragte Carmen, als sie vor der Tür standen.
„Ich geh doch nicht weg, dein Mann ist kein guter Anstandswauwau, ich lass die beiden sicher nicht allein“, bemerkte sie trotzig und setzte sich auf den Gartenstuhl.
„Von wegen, du kneifst jetzt nicht. Die werden nichts tun, ich hätte nie damit anfangen sollen. Es ist ein wunderschöner Tag, lass uns gehen“, zog sie ihre Freundin hoch und schob sie zum Wagen.

Als sie durch die Stadt bummelten, kam ihnen Matty mit einem Beutel Orangen in der Hand entgegen.

„Hey, die siamesischen Zwillinge haben sich anscheinend getrennt. Lässt dich Zack mal aus seinen Klauen?“, begrüßte er sie freundlich.
„Scheint so und du kaufst Orangen?“, fragte sie und deutete lustlos auf den Orangenbeutel.
„Was los, Ärger im Paradies?“, fragte Matty neckend.
„Blondie ist zurück“, sagte sie mit einem verächtlichen Raunen.
„Muss ich wissen, was du damit meinst, Prinzessin?“, fragte Matty cool.
„Annie ist heut Morgen hier angekommen“, murrte sie.
„Anne Margreth Thatcher, die eiserne Lady? Die wollt ich schon lang mal flachgelegt haben“, dachte Matty laut nach.
„Tu dir keinen Zwang an, dann ist sie wenigstens von meinem Kerl weg“, konterte Lindsay und er sah, dass sie wirklich nicht gut auf die hübsche Anwältin zu sprechen war.
„Du musst doch nicht eifersüchtig sein, Schönheit, du bist doch viel hübscher als die Eisprinzessin“, versprach Matty freundlich.
„Danke, aber sie hatte ihn schon und will ihn wiederhaben“, erkannte sie unsicher.
„Dein Prinz ist schon voll auf der „Für immer und ewig“-Schiene bei dir, die böse Hexe ist Geschichte, glaub mir“, versprach Matty und bot ihr eine Orange aus seinem Korb an.
„Okay, egal welche Drogen du gerade geraucht hast, du solltest nicht zurück ins Haus kommen, bevor der Rausch vergangen ist“, entgegnete sie und nahm sich die saftige Orange.
„Ich bin clean, wir Surfer reden halt so“, verteidigte er seine gute Laune.
„Gut, hör auf damit, das irritiert mich“, bat Lindsay und schälte die Orange.
„Ja, ich werde jetzt wieder anständig reden, ich hab nur grad sechs Tage im Surf-Shop gearbeitet und die Leute dort reden nur so“, erklärte er.
„Schon gut, man adaptiert schnell sein Umfeld, ich hab auch schnell so geredet wie meine Kolleginnen bei meinem Nacht-Job“, erkannte Lindsay verständnisvoll.
„Irgendwann in naher Zukunft musst du mir mal alle Details von deinem Nachtleben erzählen“, bemerkte er.
„Nicht mal, wenn ich sturzbetrunken wäre, Dude. Kommst du heut Abend zum Abendessen zu uns?“, fragte sie cool.
„Wenn Blondie dabei ist, gern. Ich komm nach der Arbeit direkt hin. Euch noch einen schönen Tag“, erwiderte er und ging weiter. 

Als Lindsay vollbepackt mit Einkaufstaschen zurückkam, musste sie dringend aus ihrem engen Rock und ihren Stöckelschuhe raus. Als sie in ihr Schlafzimmer kam, kamen verdächtige Geräusche aus dem Zimmer. Schockiert ging sie zurück und aus der Haustür. Gedanken schwirrten durch ihren Kopf. Es konnten nicht Harris und Carmen sein, denn die waren unten. Er hatte es wirklich gewagt, sie in ihrem Liebesnest zu betrügen. Sie stürmte aus dem Haus, sie wollte Feuer mit Feuer bekämpfen. Sie wollte ihn mit Matty betrügen. Stolpernd hetzte sie die Treppenstufen zu seiner Wohnung hoch. Kräftig klopfte sie an seiner Haustür. Die Tür wurde aufgerissen und Zack stand vor ihr.

„Du … du bist hier“, war sie total verwirrt.
„Wir wohnen hier solang deine Freunde da sind, das weißt du doch. Alles klar?“, fragte er verwundert.
„Ich dachte dass du und Annie in unserem Bett…“, war sie total verwirrt.
„Wie kannst du nur so was denken?“, wurde er wütend.
„Sie will dich zurück und sie hat so überzeugende Argumente“, sagte sie kleinlaut.
„Verdammt, was muss ich noch tun, dass du realisiert, wie sehr ich dich liebe?“, fragte er erst mit verärgerter und dann mit sanfter Stimme.

Lindsay starrte ihn erst an und küsste ihn dann stürmisch. Das führte dazu, dass sie alle Regeln brach und mit ihm eine leidenschaftliche Nacht verbrachte. Sie wurden geweckt, als jemand gegen ihre Tür klopfte.

„Zack, mir gehen die Kondome aus, du hast doch sicher welche übrig, jetzt wo die Misses dich nicht ranlässt“, hörten sie Mattys nervige Stimme.
„Unter der Spüle im Badezimmer ist eine Familienpackung, ich hab schon geschlafen, Dude“, murrte Zack ihm entgegen.
„Es ist erst halb neun, warum schläfst du schon?“, fragte er weiter.
„Ich war einfach müde, nervst du mich jetzt nicht weiter, bitte?“, rief Zack.
„Klar, sorry, muss ätzend sein, auf Sex verzichten zu müssen. Ich hab übrigens jede Sauerei mit ihr gemacht, die deine Kleine mit dir macht, wenn du verstehst, was ich meine“, erkannte Matty gutgelaunt.
„Ich bin auch hier, Matt“, mischte sich Lindsay ins Gespräch ein.
„Hey Süße, du warst nicht sehr standhaft, was?“, rief Matty ihr entgegen.
„Sagt der Kerl, der jede Sauerei mit Zacks Anwältin machen darf. Du willst uns unbedingt wach halten, oder?“, fragte Lindsay, die nur in Zacks Surfer-T-Shirt zu ihm kam.
„Tut mir leid, Süße, bin wohl etwas aufgedreht, grade, ich muss auch wieder zurück, ich will meine Süße ja nicht warten lassen“, schmunzelte er und nahm sich die Kondome.
„Im Schrank in der untersten Schublade sind frische Laken, bezieh das Bett bitte neu, wenn ihr fertig seid“, bat Lindsay.
„Das sag ich doch auch. Ich bin jetzt wach, ich mach uns Gambas, ich hab Hunger“, stand auch Zack auf und ging nur mit Shorts an in die Küchenzeile.
„Wusste gar nicht, dass du mich loswerden willst“, konterte Lindsay cool.
„Du magst keine Schalentiere?“, wunderte sich Zack.
„Ich mag sie schon, aber sie mögen mich nicht. Ich bin hochallergisch gegen Schalentiere, mein Süßer“, konterte sie.
„Tut mir Leid wusste ich nicht. Ich kenn dich wohl nicht so gut, wie ich dachte. Bist du noch irgendwas anderes allergisch?“, wollte er wissen und holte ein Steak aus dem Gefrierfach.
„Penicillin, aber das weißt du sicher schon, du warst ja solang mit mir im Krankenhaus“, entgegnete sie.
„Ja, das weiß ich, hab’s mir aber für den Notfall nochmal aufgeschrieben. Sind Steak, Erbsen und Reis gut?“, fragte er.
„Klingt gut, danke. Es tut mir so leid, dass ich gedacht habe, dass du sofort Annie bespringst, wenn ich dich mit ihr alleine lasse. Ich bin manchmal sehr eifersüchtig, das ist was, was du auch nicht über mich weißt“, versuchte sie sich zu entschuldigen.
„Sie hat mich gefragt, ob ich mit ihr schlafe, ich hab sie abgewiesen, wie ich es schon so oft machen musste. Du hattest schon irgendwie Recht mit deiner Furcht“, erklärte er.
„Ich will nicht, dass sie dich weiter vertritt“, bat sie.
„Ich werde den Anwalt wechseln, wenn du das willst. Sie ist nur hierhergekommen, weil ich eine Million Dollar für Japan spenden will“, erklärte er.
„Man, es muss toll sein, so viel Geld zu haben“, dachte sie laut nach.
„Es öffnet Türen, aber du weißt, dass mir Geld nichts bedeutet. Dieses Geld hat mir nur Ärger gebracht, na ja, außer dir, aber ich hatte zu viel Geld und zu viel Zeit, dass ich drogensüchtig wurde und dich fast verloren habe“, erkannte er.
„Das hatte aber nichts mit dem Geld zu tun, nur allein mit mir. Ich war mein halbes Leben beziehungsunfähig, du hast das geändert, aber einige Sachen aus meiner Vergangenheit werden trotzdem in Zukunft noch für Reibereien sorgen“, sagte sie ehrlich.
„Danke für deine Ehrlichkeit, wir kriegen das hin, versprochen. Was machen unsere Gäste eigentlich grade?“, fragte er und umarmte sie.
„Ehrlich gesagt, keine Ahnung“, erwiderte sie und grinste.
„Wir sollten sie zum Essen rüber holen, sie müssen sicher die ganze Zeit dem Liebesgeflüster von Annie und Matty lauschen und ich weiß, wie laut er ist, ich hab zu lang mit ihm zusammengewohnt“, schmunzelte er und als er den Reis aufgesetzt hatte, ging er Hand in Hand mit ihr zum Haus zurück. Sie erwischten Harris und Carmen auf dem Sofa.
„Oh man, gut dass Mum und Dad für ein paar Tage weggefahren sind, das ist ja das reinste Bordell hier“, bemerkte Zack angeekelt und zog sie wieder nach draußen.
„Zu ihrer Verteidigung, ihr Bett ist belegt gewesen. Liebe liegt wohl überall hier in der Luft, das macht die Insel. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich das nicht erlebt hätte, wenn ich bei dieser Attacke gestorben wäre. Das war so knapp, ich musste in den letzten Tagen viel darüber nachdenken“, erwiderte Lindsay und setzte sich auf den Campingstuhl vor der Tür.
„Ich hab in der Reha auch viel darüber nachgedacht. Ich hätte auch nicht mehr leben wollen, wenn du nicht mehr da gewesen wärst“, bemerkte er und kniete sich auf einem Knie zu ihr herunter.
„Was tust du da?“, fragte sie überrascht.
„Heirate mich, mein Schatz“, machte er ihr plötzlich einen Antrag.
„Nein, nicht jetzt, du wolltest mich mit Schalentieren umbringen“, war das einzige, was sie herausbringen konnte.
„Du bist mein Leben, Lyn, ohne dich wäre ich nicht clean geworden und meine Mutter ist ganz vernarrt in dich“, zählte er all die tollen Sachen auf, die sie ihm beschert hatte.
„Das ist ja alles schön und gut, aber wir sind erst ein paar Tage wieder zusammen, du hast ja nicht mal einen Ring für mich“, blieb sie realistisch, obwohl die Situation sehr romantisch war.
„Du willst mich also nicht heiraten“, erwiderte er betrübt.
„Doch, schon irgendwann, nur nicht jetzt“, stotterte sie überfordert.
„Also nicht, ich hab mir schon gedacht, dass ich dich mehr liebe, als du mich“, realisierte er und stand wieder auf.
„Tu das nicht, mach mir keine Schuldgefühle, ich hab dir grade gesagt, dass ich Probleme mit Beziehungen habe. Ich hab alles aufgegeben, um hierher zu kommen um bei dir zu sein“, erwiderte sie ärgerlich.
„Ist ja nicht so, dass du hier am Hungertuch nagst“, bemerkte er auch verärgert.
„Weißt du was? Leck mich“, murrte sie und stapfte durch den Sand davon.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Eine Woche später saß Lindsay am Fenster der Maschine, die sie zurück aufs Festland brachte. Ihre beste Freundin und ihr Mann saßen neben ihr und unterhielten sich. Sie hörte ihr Gespräch nur im Hintergrund, sie war viel zu sehr in Gedanken, um ihnen wirklich zu lauschen. Sie war noch in derselben Nacht ihres Streits in ein Hotel gezogen und hatte ihn seitdem nicht mehr gesprochen. Sie rannte wieder davon, wie so oft in ihrem Leben, doch sie konnte ihm keine Antwort geben.

„Alles klar bei dir, Süße?“, fragte Carmen und riss sie aus ihren Gedanken.
„Ja, bin nur müde. Danke, dass du mir den Flug bezahlst, Harris“, bedankte sich Lindsay tonlos.
„Keine Ursache, Süße, du bleibst solang bei uns, bis du wieder Fuß fassen kannst. Florida wird dir gefallen“, versprach Harris und sie lächelte matt.

Sieben Monate nach ihrer Rückkehr aufs Festland arbeitete Lindsay als Fahrerin bei einem bekannten Paketservice. Sie hatte ihr Leben wieder einigermaßen im Griff und es gab auch einen guten Grund, jeden Tag aufzustehen. Sie erwartete ein Kind, doch es war weder von Zack noch von einem anderen Partner. Carmens Chance ein Kind zu erwarten war als sehr gering eingeschätzt worden, so hatte sich Lindsay als Leihmutter angeboten und wurde gleich bei der ersten künstlichen Befruchtung schwanger. Sie war jetzt im vierten Monat und man konnte inzwischen durch ihre enge Uniform den Babybauch sehen. Carmen rief sie ständig an um nachzufragen, ob sie ihre Medikamente richtig nahm oder sich genug ausruhte. Ihr ging es gut, die Schwangerschaft machte sie sogar noch schöner, das sagte Harris zumindest immer. Sie wohnte noch bei dem Ehepaar, manchmal waren sie etwas anstrengend, aber sie fühlte sich recht wohl bei ihnen.
„Ja Carmen, ich hab was gegessen, keine Sorge, deinem Baby geht’s prächtig. Ich hab in einer halben Stunde Feierabend und dann komm ich heim“, versprach sie und lud ihre Lieferung mit einer Hebebühne auf einen Wagen. Sie vermied es, schwer zu heben, weil die Frauenärztin ihr davon abgeraten hatte.
Als sie die Tür der Ladefläche schließen wollte, fiel ein kleines Päckchen herunter. Sie hob es auf und sah darauf. Es war Surfwachs und sie musste an ihn denken. Sie hatte durch die Schwangerschaft eine Ablenkung, doch sie musste immer noch viel an ihn denken. Nachdenklich legte sie das Päckchen weg und schloss die Tür.
„Schmeckt dir das Essen nicht?“, fragte Carmen verwundert, als sie zu Abend aßen und Lindsay in ihrem Essen herumstocherte.
„Mir ist nen bisschen übel“, murmelte sie.
„Ich dachte, das hätten wir hinter uns“, erwiderte Carmen besorgt.
„Es ist keine Morgenübelkeit, mir ist einfach nur übel“, war sie nicht zum Reden aufgelegt.
„Soll ich dir nen Tee machen?“, fragte Carmen.
„Ich geh ins Bett, geht schon“, entschied Lindsay und stand auf.
„Irgendwas ist doch mit dir“, wunderte sich Harris.
„Lasst mich doch einfach ins Bett gehen, ihr behandelt mich wie ein Kind, ich bin eure Leihmutter, nicht eure Tochter“, bat sie schroff und ging in ihr Zimmer.
„Was ist los?“, fragte Carmen liebevoll und setzte sich neben sie aufs Bett, als sie zu Lindsay ins Zimmer kam.
„Ich vermisse ihn einfach so sehr“, dachte sie laut nach und starrte gegen die Wand.
„Geh nicht weg, bitte, tu mir das nicht an“, bat Carmen flehend.
„Ich trag dein Kind unter dem Herzen, ich gehe nirgendwo hin. Ich darf ihn trotzdem vermissen, oder?“, fragte sie tonlos.
„Sicher, ich hab mich schon gefragt, wann du endlich deine Gefühle zulässt. Du bereust deinen Weggang, oder?“, wollte sie wissen.
„Ja, jeden Tag, aber jetzt ist es eh zu spät. Ich hab’s versaut, Carmen, total versaut“, begann sie zu weinen.
„Ja, das hast du, aber das können wir jetzt auch nicht mehr ändern. Es tut mir Leid dass ich dich so behandle, wie ich dich behandle, aber ich wünsche dir das Kind so sehr und will nichts dazwischen kommen lassen“, erklärte Carmen.
„Dem Baby geht’s gut, das versprech ich dir. Ich möchte arbeiten, denn allein zu Hause werde ich wahnsinnig“, erklärte sie.
„Ja, ich versteh das gut, pass einfach beim Arbeiten auf, dann muss ich mir nicht immer solche Sorgen machen“, erklärte Carmen.
„Ich benutze immer die Hebebühne und mein Chef gibt mir immer die nicht so schweren Pakete. Dieses Kind wird wunderschön sein und von ganzem Herzen geliebt werden, von ihren oder seinen Eltern und ihrer oder seiner Tante Lindsay“, entgegnete Lindsay und fasste sich an den Bauch.
„Ja, das ist richtig. Kann ich dir irgendwas Gutes tun? Du siehst erschöpft aus“, bemerkte Carmen mitfühlend.
„Ich könnte ne Fußmassage vertragen“, erwiderte sie und schniefte.
„Kriegst du, das hast du echt verdient. Willst du deine Eltern mal besuchen, am besten, bevor sie merken, dass du schwanger bist und zu viele Fragen stellen?“, schlug Carmen vor und gab ihre eine Fußmassage.
„Ich will sie mit ihm zusammen besuchen gehen, ich will ihnen zeigen, dass mein Leben nicht so beschissen ist“, entgegnete sie nachdenklich.
„Dein Leben ist nicht beschissen, du hast nen guten Job und Freunde die dich lieben und du wirst ein Kind bekommen“, erklärte sie versichernd.
„Ja, dein Kind“, erwiderte Lindsay.
„Bereust du das auch?“, fragte Carmen erschreckt.
„Nein, auf keinen Fall, es waren zwar anstrengende Monate, aber jetzt beginnt es mir langsam Spaß zu machen“, versprach sie.
„Ja, deine Übelkeit hätte ich dir gern abgenommen, du tatst mir echt Leid. Ich weiß nicht, wie ich dir zeigen kann, wie viel mir bedeutet, was du für mich machst“, erwiderte Carmen.
„Wenn ich noch mehr Fett ansetze, zahlst du mir ne Fettabsaugung“, witzelte sie.
„Du siehst toll aus, so richtig schön weiblich“, versprach Carmen.
„Nach dieser Schwangerschaft kann ich eindeutig nie mehr mit Sex mein Geld verdienen“, bemerkte Lindsay.
„Das will ich dir auch geraten haben, ich will dich nie wieder in einem Krankenbett liegen sehen, außer wenn du mein Kind bekommst“, bat sie.
„Ich hab über eine Wassergeburt nachgedacht, das ist nicht so stressig fürs Kind“, erkannte Lindsay.
„Du hast dir ja richtig Gedanken gemacht, das wollte ich dir eigentlich auch vorschlagen, ich wollte aber nicht zu überführsorglich klingen“, erkannte Carmen.
„Du kannst mir alle Tipps geben, die du willst, übertreib es nur nicht, ja?“, bat sie und Carmen nickte.
„Ich schränke es ein, versprochen. Du kannst ihn doch anrufen und dich entschuldigen“, schlug Carmen vor.
„Du bist witzig, was soll ich sagen, wenn er mich fragt, was ich grade mache? Ich spiele lebender Brutkasten für Carmen und Harris?“, wollte sie wissen.
„Okay, das könnte schwierig werden, da hast du Recht. Okay, reden wir über was anderes. Hast du nen Ideen für nen Namen?“, wollte Carmen sie ablenken.
„Für einen Namen sind wir noch etwas früh dran, ich fand aber Luca immer schön“, dachte Lindsay laut nach.
„Nein, den Namen wirst du dir für dein Kind aufheben, für Zack und dein Kind“, erwiderte Carmen liebevoll.
„Das mit Zack und mir wird nichts mehr, du kannst den Namen ruhig haben, ist ja auch irgendwie mein Kind“, entschied sie.
„Red nicht so, er ist dein Prinz und ihr gehört zusammen, wenn ihr euch endlich mal zusammenreißen könnt“, bat Carmen.
„Du liest zu viele Schundromane, ich hab ihn einmal zu oft vergrault, er hat schneller aufgeben als die andren Male, er liebt mich nicht mehr“, begann sie wieder zu weinen.
„Doch, das tut er“, gestand Carmen plötzlich.
„Carmen, was hast du gemacht?“, fragte Lindsay kritisch.
„Ich hab möglicherweise die ganze Zeit über mit ihm Kontakt gehalten“, murmelte Carmen ertappt.
„Carm‘, wie geht es ihm?“, fragte sie erst wütend und dann neugierig.
„Er ist clean geblieben, wenn du das wissen wolltest“, bemerkte sie nur und Lindsay atmete tief durch.
„Gut, ich hab mir schon Sorgen gemacht. Weiß er von na ja … der Sache?“, wollte Lindsay neugierig wissen.
„Nein, das musst du ihm schon selber sagen, er vermisst dich auch furchtbar, er hat Annie gefeuert, hat er mir erzählt“, erklärte sie weiter.
„Warum erzählst du mir das? Jetzt würd ich am liebsten in den nächsten Flieger steigen und ihn umarmen“, nörgelte sie und zog ihre Füße zurück.
„Du wolltest es wissen. Ich könnte ihm sagen, dass es dir nicht gut geht, dann würde er sicher sofort hierher kommen“, schlug sie vor.
„Carmen, Brutkasten, schon vergessen?“, erinnerte Lindsay sie an ihren Zustand.
„Auch Schwangere können Sex haben“, schlussfolgerte Carmen.
„Das weiß ich, Carm, aber jetzt kann ich nicht mit ihm zusammen sein“, entschied sie.
„Sicher, wie du willst. Willst du jetzt nicht doch noch einen Tee?“, wollte Carmen wissen und stand auf.
„Ja, danke“, bedankte sich Lindsay. Als Carmen mit einer dampfenden Tasse Tee zurückkam, war ihre Freundin bereits eingeschlafen. Liebevoll deckte sie sie zu und ging wieder aus dem Zimmer.

Vierundzwanzigstes Kapitel


Die Monate vergingen und Lindsays Schwangerschaft verlief weiter gut. Dann kam der Zeitpunkt, am dem sie in den Mutterschutz ging. Eines Morgens, sie kam grad von ihrer letzten Untersuchung vor der Geburt, stand plötzlich Booker vor ihr.
„Hey Prinzessin, du dachtest doch nicht, dass ich dich in Ruhe lassen würde, oder?“, fragte Booker mit einem seltsamen Ton in der Stimme. Lindsay hoffte, sie würde nur träumen, doch er zückte ein Messer und zerrte sie in seinen Wagen.

Zum gleichen Zeitpunkt kam Zack bei dem Ehepaar an. Lindsay war die letzten Tage ziemlich schlecht drauf gewesen und sie wollten ihn mit ihr reden lassen.
„Hey, danke, dass du konntest“, begrüßte Carmen ihn mit einer Umarmung.
„Du hättest mich viel früher anrufen sollen. Warum ist sie so schlecht drauf? Hat sie Probleme bei der Arbeit?“, wollte Zack wissen und kam in die Wohnung.
„Sie ist schwanger, Zack“, gestand Carmen plötzlich.
„Von mir?“, fragte er gerührt.
„Nein, mein Freund, von mir“, bemerkte Harris stolz grinsend. Sein Grinsen verging ihm aber schnell, als Zack ihn an seiner Kehle gegen die Wand drückte.
„Sie ist unsere Leihmutter, lässt du bitte meinen Mann wieder los?“, bat Carmen und Zack ließ ihn frei.
„Man, ich dachte nicht, dass du so ein „Hau drauf ich stell fragen erst nachher“-Typ bist“, keuchte Harris.
„Tut mir leid, ich bin etwas empfindlich, was sie angeht. Wie weit ist sie?“, entschuldigte sich Zack.
„Das Kind kommt in vier Wochen. Sie wollte nicht, dass ich es dir sage“, erklärte Carmen.
„Wo ist sie?“, fragte er und sah sich um.
„Sie müsste gleich heimkommen, sie hat heut ihre letzte Untersuchung“, erklärte Carmen weiter und sie gingen ins Wohnzimmer.

Nach einer halben Stunde wurde Carmen ungeduldig.
„Wo steckt sie?“, fragte sie ihren Mann.
„Du darfst sie anrufen“, entschied Harris und Carmen sprang auf um in der Küche zu telefonieren.
„Sie muss nach Erlaubnis fragen, wenn sie telefonieren will?“, fragte Zack erstaunt.
„Die Regel hat sie selbst aufgestellt, sie hat Lyn in den Wahnsinn getrieben und da hab ich ihre Telefonier-Privilegien etwas eingeschränkt“, erklärte er schmunzelnd.
„Verständlich. Wenn sie wirklich schwanger ist, sind Stimmungsschwankungen doch ganz normal, oder? Warum habt ihr mich wirklich hergeholt?“, wollte Zack wissen.
„Ich muss gestehen, wir wollen euch wieder vereinen, wir dachten, so hochschwanger wird sie kaum weglaufen und ihr könnt endlich richtig reden“, erklärte Harris.
„Ihr könnt sie nicht zwingen zu bleiben, na ja, eigentlich habt ihr das ja schon, aber ihr könnt sie nicht zwingen, bei mir zu bleiben. Sie hat ihre Entscheidung getroffen“, bemerkte er traurig.
„Sie bereut es jeden Tag, ich hab sie sogar sagen hören, dass sie dich heiraten möchte, okay, sie hat sich grade übergeben, als sie es gesagt hat, also würde ich nichts darauf geben, aber sie liebt dich von ganzem Herzen, glaub mir“, erkannte Harris.
„Ihr hättet sie nicht davon überzeugen sollen, dass sie für euch ein Kind austrägt. Nicht in ihrer Situation“, entschied Zack ernst.
„Sie hat uns fast dazu gedrängt, sie wollte das unbedingt machen. Sie geht nicht dran“, bemerkte Carmen, die mit ihrem Handy in der Hand und besorgtem Blick zurück zu ihnen kam.
„Okay, deine Sorge ist begründet, wir fahren zur Ärztin, mal sehen, was da schief gelaufen ist“, erwiderte Harris und in Zacks Mietwagen fuhren sie zur Ärztin. Sie fanden Carmens Wagen, den Lindsay auch benutzte, verlassen und offen vor.
„Oh mein Gott“, sagte Carmen panisch und untersuchte den Wagen.
„Vielleicht ist sie ja noch in der Praxis und hat nur vergessen das Auto zumachen. Kommt“, beruhigte Harris sie und sie gingen zusammen in die Praxis.
„Mrs Fulteron, ich hab mich schon gefragt, warum Sie diesmal nicht dabei waren, Miss Kennedy ist schon weg, wenn Sie sie suchen“, begrüßte die Sprechstundenhilfe sie freundlich.
„Wie lange ist sie schon weg?“, fragte Carmen stockend.
„Keine Ahnung, so eine halbe, Dreiviertelstunde, wieso?“, wollte die junge Frau wissen.
„Ihr Auto steht noch draußen und die Tür steht auf… ist die Frau Doktor noch da?“, wollte Carmen nervös wissen.
„Sie ist vor einer Viertelstunde gegangen, sie hatte eine Hausgeburt. Was ist los?“, wurde die Frau jetzt auch nervös.
„Sie ist verschwunden, meine hochschwangere beste Freundin ist verschwunden“, wurde Carmen immer nervöser.
„Ich ruf die Polizei“, erwiderte die Sprechstundenhilfe und griff zum Telefon.
„Er hat sie gefunden“, bemerkte Carmen tonlos.
„Wer hat sie gefunden?“, wollte Zack wissen.
„Du weißt schon, derjenige, weswegen sie im Krankenhaus war“, bemerkte Harris flüsternd, dass die Sprechstundenhilfe es nicht hörte.
„Nein, der kann sie nicht hier gefunden haben, oder?“, fragte Zack nervös.
„Wo soll sie sonst sein? Sie hat keine anderen Feinde“, mischte sich auch Carmen ein.
„Kann sie weggelaufen sein? Ihr habt doch gesagt, sie wäre schlecht draufgewesen“, wollte Zack wissen.
„Sie wäre mit dem Wagen weggefahren, sie ist nicht mehr so gut zu Fuß“, bemerkte Harris.
„Die Polizei wird sie finden, keine Sorge“, versprach Harris und umarmte seine Frau.
„Ich kann nicht solange warten, ich werde sie suchen gehen“, war Zack total durcheinander. Er stieg in seinen Wagen und fuhr einfach weg.
„Hat er uns grad stehen lassen?“, realisierte Harris kopfschüttelnd.
„Sie ist sein Leben, er will sie finden und das wird er“, bemerkte Carmen, die etwas unter Schock stand und Harris drückte sie noch fester an sich, während er ihren Kopf küsste.

Zur gleichen Zeit wurde Lindsay über den Strand gezerrt. Dafür, dass Booker eine Weile gebraucht haben musste um sie zu finden, war er jetzt ziemlich planlos.
„Bitte, wenn du mich töten willst, mach es jetzt, denn ich kann nicht mehr weitergehen“, bemerkte sie mit starker Stimme, obwohl ihr nur zum Heulen zumute war.
„Halt die Klappe“, brüllte Booker sie an.
„Du hast mich lang genug kontrolliert, du musst mich schon töten, wenn du mich weiter unter Kontrolle haben willst“, bemerkte sie, um ihn zu verwirren. Sie wollte nicht sterben, nicht ohne Zack gesagt zu haben, dass sie seine Frau werden wollte.
„Ich werde niemals getrennt von dir sein“, sagte er plötzlich und sie schloss die Augen.
„Tut mir leid, Luca, du hattest nie eine Chance“, redete sie mit ihrer ungeborenen Tochter und bereitete sich auf den Tod vor. Sie spürte wie eine warme Flüssigkeit auf sie spritzte. Sie fühlte nichts, vielleicht war sie ja so mit Adrenalin vollgepumpt, dass sie nichts spüren konnte. Sie öffnete die Augen. Booker kniete neben ihr, er hatte sich selbst die Kehle durchgeschnitten. Sie drückte ihm die Wunde am Hals ab, doch er war nicht mehr zu retten. Sie waren unter einer Brücke und waren so gut versteckt. Er starb in ihren Armen. Sie konnte nicht aufstehen, sie war zu erschöpft, er hatte sie sicher kilometerweit gezerrt. Sie brüllte mit aller Kraft nach Hilfe. Zehn Minuten später, die ihr wie Stunden vorkamen, kam ein Rettungsschwimmer zu ihnen. Er rief die Polizei und die brachten sie in ein Krankenhaus.

Es vergingen zwanzig Minuten bis Harris und Carmen zu ihr gebracht wurden.
„Lindsay, Süße, Gott sei Dank“, bemerkte Carmen mit Tränen in den Augen und umarmte Lindsay, die nur einen Krankenhauskittel trug.
„Deine Tochter ist eine Kämpferin, ihr geht’s besser als mir gerade. Hör auf zu weinen, mir geht’s gut, wir müssen nie wieder Angst haben“, begann auch Lindsay zu weinen. Als sie die Umarmung von ihrer Freundin löste, sah sie Zack lässig im Türrahmen gelehnt stehen.
„Hey“, sagte er nur und sie reckte die Arme ihm entgegen und er umarmte sie wortlos.

Sie weinte in seinen Armen, bis sie nicht mehr weinen konnte.
„Tut mir leid, dass ich nicht für dich da war“, entschuldigte sich Zack, als sie an diesem Abend nach ihrer Entlassung mit ihr auf dem Sofa in ihrer Wohnung saßen. Sie saßen nicht wirklich nah beieinander, keiner von ihnen wusste, wie er auf den andren reagieren sollte.
„Ich bin doch weggelaufen, du hättest das nicht verhindern können. Als ich dachte, dass ich sterbe hab ich an nichts anderes als an dich denken können“, gestand sie.
„Und als ich gehört habe, dass du vermisst wirst, wollte ich dich sofort finden und nie wieder loslassen“, bemerkte er und streckte seine Hand zu ihr, die sie ergriff.
„Carmen hat mir viel von deinem Leben hier erzählt, eine große Sache hat sie aber ausgelassen“, erwiderte er und sie legte seine Hand auf ihren kugelrunden Bauch.
„Du solltest mich nicht so sehen“, bemerkte sie.
„Ich finde, du bist wunderschön und ich kann es kaum erwarten, dass du mal mit unserem Kind schwanger bist“, gestand er plötzlich.
„Ich bin froh, wenn dieser Satansbraten erst mal aus mir raus ist, wenn du wirklich Kinder mit mir willst, musst du dich noch gedulden“, schmunzelte sie.
„Heiratest du mich?“, fragte er erneut.
„Ja, das tu ich“, sagte sie endlich und er zog sie an sich, um sie leidenschaftlich zu küssen.
„Hey, passt auf meine Tochter auf, wenn ihr das tut. Ich will euch nicht stören, aber die Polizei hat grad angerufen, sie hätten noch ein paar Fragen an dich“, störte Harris sie, der aus der Küche zu ihnen kam.
„Krieg ich Ärger?“, fragte sie besorgt.
„Nein, Schätzchen, warum solltest du? Sie müssen dir nur Fragen zu deiner Beziehung zu Booker stellen, nichts weiter“, beruhigte Harris sie.
„Nichts weiter? Ich muss hier, wo ich eigentlich neu anfangen wollte, den Polizisten erklären, dass ich früher mal ne Hure war, das ist schon ne große Sache“, murrte sie.
„Ich bin bei dir, sie können dir gar nichts“, versprach Zack und half ihr hoch.
„Danke, du bist immer da, wenn ich dich brauche“, bedankte sie sich und nahm seine Hand.
„Das werde ich jetzt auch für den Rest deines Lebens sein. Gehen wir, das wird alles nicht so schlimm werden, wie du dir das vorstellst“, versprach er und sie fuhren zur Polizei.
„Also, woher kannten Sie Ihren Angreifer?“, fragte der Polizist, als sie in einem Besprechungsraum saßen und sie griff nach Zacks Hand.
„Vor über einem Jahr hab ich für ihn gearbeitet, ich war eine Begleiterin“, erklärte sie stockend.
„Können Sie da spezifischer werden?“, fragte der Polizist.
„Eine Nutte, ein Callgirl, ein Freudenmädchen, ich hab für Geld meine Beine breit gemacht, wollen Sie es noch spezifischer?“, fragte sie grummelnd.
„Nein, das war ziemlich klar, Madam, ich wollte sie nicht beleidigen“, stotterte der Polizist überrumpelt.
„Das Madam hat viel mehr wehgetan“, murmelte sie grummelig.
„Das war nicht beleidigend gemeint, das war nur höflich, weil Sie verheiratet sind und so“, entschuldigte sich der Polizist.
„Ich bin nicht verheiratet, noch nicht. Was wollen Sie von mir wissen? Er hat mich verschleppt und dann selbst umgebracht, mehr kann ich Ihnen da nicht erzählen“, erwiderte sie.
„Sie haben das Messer also nicht angefasst? Wir werden keine Fingerabdrücke von Ihnen darauf finden?“, wollte der Polizist weiter wissen.
„Was wollen Sie damit sagen, dass nur weil ich in einem früheren Leben eine Nutte war ich meinen Zuhälter getötet habe?“, fragte sie und stand erbost auf. In ihrer Aufregung platzte ihre Fruchtblase.
„Oh oh“, bemerkte sie.
„Was?“, fragte Zack verwundert.
„Meine Fruchtblase ist grad geplatzt“, murmelte sie und schnaufte.
„Tut mir leid, Officer, ich muss meine Verlobte ins Krankenhaus bringen“, entgegnete Zack und sprang auf.
„Sicher, wir sind hier auch fertig, viel Glück Ihnen beiden mit allem. Es war Selbstmord, mehr wollte ich nicht wissen, danke für Ihr Kommen“, erwiderte der Polizist und ließ sie gehen.
„Schaffst du es ins Auto, oder soll ich einen Krankenwagen rufen?“, fragte er fürsorglich, als sie zum Wagen gingen.
„Das pack ich schon, wir sollten nur langsam fahren“, bemerkte sie und atmete tief ein.
„Klar, mach dir keine Sorgen, alles wird gut“, versprach er und fuhr sie ins Krankenhaus.

Fünfundzwanzigstes Kapitel


Als sie eine halbe Stunde im Krankenhaus waren, kamen Harris und Carmen zu ihnen.
„Hey, was machst du für Sachen? Du bist doch zu früh dran“, bemerkte Carmen aufgedreht, als sie zu Lindsay kam, die schon mitten in der Geburt war.
„Sag das deiner Tochter“, schnaufte Lindsay angestrengt.
„Sie sind also die leibliche Mutter. Ihrem Baby geht’s gut, sie ist so weit entwickelt, dass sie keine Probleme mehr nach der Geburt kriegen wird. Also, es ist Zeit für den Kreissaal, wer möchte mit?“, fragte die Ärztin, die Lindsay untersuchte.
„Das haben wir gar nicht besprochen. Wen willst du dabei haben?“, fragte Carmen, Lindsay.
„Carmen soll dabei sein und nur sie, tut mir leid, Jungs“, forderte Lindsay.
„Sicher, das versteh ich doch. Ich liebe dich, ich warte draußen auf dich“, bemerkte Zack, küsste sie und die Männer sahen zu wie Carmen dem Krankenbett hinterher in den Kreissaal lief.

Es war schon fast Mitternacht, als Carmen freudestrahlend mit ihrer Tochter, gewickelt in ein rosa Deckchen, zu den Männern kam.
„Darf ich euch Marie Lindsay Fulterton vorstellen?“, fragte sie glücklich und zeigten ihnen ihre Tochter.
„Wie geht’s Lindsay?“, fragte Zack, der total durcheinander schien.
„Ihr geht’s gut, sie lässt ausrichten, dass Harris und ich keinerlei Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke mehr von ihr zu erwarten haben“, schmunzelte sie und übergab ihre Tochter an ihren Mann.
„Sie sieht genauso aus wie du“, kamen Harris die Tränen.
„Sie ist auch meine Tochter. Sie ist doch perfekt, oder?“, fragte Carmen. Die jungen Eltern bemerkten gar nicht, wie Zack sich davonschlich und zu seiner Freundin ins Zimmer ging. Sie schlief und so setzte er sich nur an ihr Bett und hielt ihre Hand. Dabei schlief er erschöpft ein. 

Mit Hüftschmerzen wachte Lindsay Kennedy tags drauf auf. Für einen Moment dachte sie, sie hätte den Tag zuvor nur geträumt, doch dann fühlte sie Zacks Hand in ihrer und ein Gefühl von Freude überkam sie. Sie zog seine Hand an ihren Mund und küsste sie. Davon wurde er wach.
„Hey, du bist ja wieder wach. Wie fühlst du dich?“, fragte er liebevoll und küsste sie sanft.
„Als hätte ich grad nen Kind aus mir rausgepresst. Man, ich hätte mir die ganze Sache echt ein bisschen länger überlegen sollen“, murmelte sie erschöpft.
„Hast du die Kleine mal im Arm gehalten? Sie ist so süß“, schwärmte Zack.
„Nein, Carmen war die erste, die sie gehalten hat, sie soll sich nicht an meinen Geruch gewöhnen“, erklärte sie.
„Du hast für die beiden ein Wunder vollbracht, ich hoffe das weißt du“, entgegnete er stolz.
„Ja, das weiß ich, aber das mach ich nie wieder“, entschied sie.
„Das musst du auch nicht, du hast uns ein perfektes Exemplar geschenkt. Du siehst echt fertig aus, teure Freundin“, versprach Carmen, die zu ihr kam.
„Danke für die Blumen. Na, hast du deine Tochter schon verloren?“, fragte sie sarkastisch.
„Sie ist bei Harris, keine Sorge. So, du bist den Bauch los, jetzt kannst du hin, wo auch immer du hinwillst“, erwiderte sie etwas traurig.
„Ich möchte hier bleiben, tut mir leid, Zack“, sagte sie plötzlich.
„Das muss dir nicht leid tun ich bleibe wo du bleiben willst. Du musst nirgendwo mehr hinrennen“, erwiderte er.
„Wirklich? Du bleibst hier?“, fragte sie überrascht.
„Ich möchte dich heiraten und bis zum Ende meines Lebens bei dir bleiben, egal wo. In Miami kann man auch genial surfen“, schmunzelte er und sie beugte sich vor um ihn zu küssen. Dabei schmerzten ihre Hüfte und ihr Unterleib.
„Oh verflucht, ich hoffe, der Schmerz lässt irgendwann mal nach. Ich würd sie gern mal halten, wenn ich darf“, bat sie und küsste ihn kurz.
„Sicher, ich hab schon befürchtet, du würdest das gar nicht wollen. Ich hol Harris her, sprecht ihr beiden euch mal aus“, bat Carmen und ging wieder raus.
„Du willst wirklich bei mir bleiben?“, fragte sie gerührt.
„Ich mach dir doch keinen Antrag und verschwinde dann einfach so wieder. Auf Hawaii hab ich immer nur getrauert, gesoffen und gekifft, hier ist der richtige Platz für einen Neuanfang“, entgegnete er.
„Du hast wieder gekifft und getrunken?“, fragte sie enttäuscht.
„Nein, ich mein früher natürlich, ich bin clean geblieben seit meiner Reha. Ich will endlich meine Verwandten finden und du sollst dabei sein“, erklärte er seine Zukunftsabsichten.
„Sicher, das hab ich dir doch immer versprochen. Wie ist das eigentlich mit Matty und der eisernen Lady ausgegangen?“, wollte sie wissen und er half ihr in einen Rollstuhl.
„Sie war sofort weg, als ich sie als Anwältin entlassen habe, Matty hat das nicht sehr getroffene sie war nicht seine große Liebe gewesen. Er war auch in einer Klinik, nachdem du weg bist und hat dort eine nette Krankenschwester kennengelernt. Sie wohnen jetzt schon zusammen. Ihm geht’s gut und meinen Eltern auch. Wir Zeit, sich von ihnen zu lösen, sie sind schon ziemlich anhänglich. Was hältst du von einer Fünf-Zimmer-Wohnung in der Nähe des Strandes?“, wollte er wissen.

„Klingt nach nem Plan. Glaub aber nicht, dass du mich in nächster Zeit im Bikini sehen wirst“, schmunzelte sie.
„Du siehst total heiß aus, gerade“, flirtete er.
„Süßer, ich bin untenrum total taub, ich bin jetzt grad nicht in der Stimmung“, bat sie.
„Das war nur ein Kompliment, mein Schatz, ich denk mir, dass dir grad nicht danach ist. Wir werden richtig schön ausgehen und ich mach dir einen richtigen Antrag, wenn du hier rauskommst, okay?“, wollte er wissen und sie nickte.
„Hey, da ist unsere Prinzessin“, kam Carmen mit Marie im Arm zu ihnen zurück.
„Sie ist so winzig“, schluchzte Lindsay gerührt und nahm Marie in die Arme.
„Ihr geht’s aber prächtig, keine Sorge. Sie hat den gestrigen Tag toll überstanden, sie wird mal eine toughe Frau werden, so wie ihre Tante Lindsay. Ist doch okay, dass ich sie Marie nenne, oder?“, wollte Carmen wissen und Lindsay küsste die Stirn von Marie.
„Das ist ein wunderschöner Name, der gefällt mir auch. Er passt perfekt zu dem kleinen Zwerg. Wie machen wir das jetzt? Soll ich sie stillen, oder soll ich die Milch abpumpen und ihr füttert sie?“, plante sie.
„Das zweite, sonst musst du ja immer in der Nähe bleiben. Oder wir füttern sie gleich mit Babynahrung, da müssen wir ihr aber Vitamine zu füttern“, plante Carmen.
„Ich pumpe die Milch ab, so lang wie ich kann, wir müssen einfach in der Nähe von euch ne Wohnung mieten. Das klappt schon irgendwie“, versprach Lindsay und ganz plötzlich fing sie an zu weinen.
„Was ist los, Schätzchen?“, fragte Zack besorgt.
„Ich weiß es nicht, ich bin eigentlich nicht traurig“, schluchzte sie.
„Das sind nur deine Hormone, keine Sorge, das haben wir schon länger ausgehalten, das werden wir jetzt auch durchstehen“, konterte Harris, der hinter seiner Frau hergekommen war und Lindsay sah beide böse an.
„War schön euch kennengelernt zu haben, Leute“, schmunzelte Zack, der den Blick von seiner Freundin schon kannte.
„Ich habe euer Kind für euch neun Monate im Bauch gehabt, da kann ich etwas emotional werden, oder?“, wurde sie laut.
„Ich bring dann mal das unschuldige Kind in Sicherheit“, entgegnete Zack und ging mit Marie auf dem Arm nach draußen.
„Deine Eltern haben Unrecht, du siehst genauso aus wie Lindsay. Sie ist sonst nicht so, na ja emotional, sie wird die all die tollen Dinge beibringen, die du wissen musst. Wenn du zu uns zu Besuch kommst, wirst du in einem riesigen Garten spielen können, das verspreche ich dir. Denn dein Onkel Zack hat nämlich jede Menge Geld und kann dir so einige coole Geburtstagsgeschenke kaufen“, redete er mit Marie, während er sich vor der Tür auf eine Bank setzte.
„Du verwöhnst meine Kleine nicht mehr als ich das tue, verstanden“, erwiderte Harris, der sich neben ihn setzte.
„Verstanden. Heult sie noch?“, fragte Zack und sah zur Tür, hinter der seine Freundin war.
„Ja, das wird noch ne Weile so gehen, denke ich, du musst sie wirklich lieben, wenn du das aushältst“, schmunzelte Harris und nahm ihm seine Tochter wieder ab.
„Ja, das tu ich und so schlimm ist das gar nicht. Man, ich hab so einiges erwartet, als ich hierher geflogen bin, dass ich jetzt die Hormonschwankungen von meiner Freundin ertragen muss gehörte nicht dazu“, dachte Zack laut nach.
„Ja, glaub ich dir. Du hast Angst, dass sie sich das mit dem Heiratsantrag annehmen nur gemacht hat, weil sie hormonell etwas überfordert ist, oder?“, wollte Harris mitfühlend wissen.
„Ja, ein bisschen, sie ist grad nicht die Lindsay die ich kenne“, bemerkte er nachdenklich.
„Lindsay verändert sich ständig, als ich sie kennenlernte war sie ein schüchternes Ding, dann hat sie Vorteil aus ihrer Schönheit gezogen und wurde Begleiterin und ihr Charakter änderte sich irgendwie ins Negative und jetzt hat sie dich und jetzt ist sie genau die Lindsay, die ich liebe und schätze“, erklärte Harris.
„Ich wusste gar nicht, welchen Einfluss ich auf sie hatte“, konterte er überrascht.
„Du hattest den größten und besten Einfluss auf sie und ich hoffe das bleibt auch so. Wenn du nicht gewesen wärst, hätten Carmen und ich jetzt nicht unsere kleine Prinzessin, du hast ihr Herz geöffnet und na ja, ein bisschen ihren Verstand vernebelt, denn die alte Lindsay hätte das nie getan“, entgegnete Harris schmunzelnd.
„Doch, das hätte sie, du kennst sie nur nicht so gut wie ich das tue. Können wir die Kleine wiederhaben, sie will das Kind länger als zwei Minuten halten“, bemerkte Carmen, die zu ihnen kam.
„Klar, nimm sie. Tut mir Leid wir spinnen hier nur etwas herum. Hat sie sich beruhigt?“, fragte Zack entschuldigend.
„Ja, zumindest soweit, dass ihr wieder reinkönnt. Sie hat vermutlich ein wenig postnatale Depressionen, ich spreche die Ärztin darauf an. Ich bin nur froh, dass ich das nicht durchmachen muss. Bitte sagt ihr das nicht. So, mein Engelchen, gehen wir zurück zu Tante Lindsay bevor sie wieder weint“, entgegnete Carmen, nahm das Baby auf ihren Arm und verließ die Männer wieder.
„Postnatale Depressionen, das klingt aber nicht gut“, erkannte Zack besorgt.
„Meine Frau übertreibt ein bisschen, sie ist nur etwas überfordert, das wird schon wieder gut“, konterte Harris.

Lindsay hatte wirklich postnatale Depressionen, doch mit Medikamenten bekam sie das gut in den Griff. Sie bezog ein kleines Haus mit Zack und arbeitete weiter beim Paketdienst. Zack machte einen kleinen Surfer-Laden am Strand auf und Lindsay besuchte so oft wie sie konnte die kleine Marie. Als Lindsay sich hübsch genug dazu fühlte ging sie das erste Mal in zehn Jahren ihre Eltern besuchen. Doch diesmal hatte sie einen gut aussehenden Milliardär im Schlepptau und einen hochkarätigen Ring am Finger. Trotzdem war sie furchtbar nervös als sie in Alexandria im malerischen Staat Louisiana einfuhren.
„Nett hier“, kommentierte Zack, als sie in ihre alte Straße einbogen.
„Das kann nur jemand sagen, der hier nicht aufgewachsen ist. Willkommen in der Hochburg von Vorurteilen und gutem Essen“, erwiderte sie nervös und sie hielten vor ihrem Elternhaus.
„Oh man, ich glaub, ich kann das nicht“, murmelte sie plötzlich.
„Wir sind grad zwei Tage gefahren, jetzt gehen wir auch da rein. Ich werde sie mit meinem Charme umhauen“, versprach er. Er hatte wieder längere Haare, die er ordentlich zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Er trug einen seiner guten Anzüge, er wollte wirklich Eindruck schinden.
„Ja, das wirst du. Wenn sie fragen, wann wir heiraten, was sagen wir dann?“, fragte sie, als sie aus dem schicken Sportwagen stiegen, den sie sich geleistet hatten.
„Wir sagen einfach, wir haben noch keinen Termin, wir sind ja erst vier Monate verlobt. Außer du willst nen Termin ausmachen“, bemerkte er und sie nahm seine Hand.
„Nein, lassen wir es langsam angehen. Bis du nicht nervös?“, fragte Lindsay, als sie seine warme Hand in ihrer fühlte.
„Doch, furchtbar, aber mir geht’s besser, wenn ich bei dir bin. Hast du die Flasche Wein?“, fragte er und sie nickte.
„Dann lass uns gehen“, erwiderte er und ging voran. Sie wurde bei jedem Schritt nervöser.
„Sie sind deine Eltern, sie werden sich für dich freuen“, versprach er liebevoll und sie klingelte mit zitternder Hand.
„Ja?“, fragte ihre Mutter, als sie die Tür öffnete.
„Hallo Mutter“, begrüßte Lindsay ihre Mutter kühl.
„Lindsay?“, fragte ihre Mutter überrascht.
„Ja, ich bin’s, ist ne Weile her“, bemerkte sie trocken.
„Zehn Jahre ist mehr als ne Weile. Was bringt dich hier her?“, fragte ihre Mutter genauso kühl.
„Ich werde heiraten, Mum“, sagte sie nur und sah Zack an.
„Schön für dich, was geht mich das an?“, war ihre Mutter abweisend.
„Ich hätte nicht hierher kommen sollen, tut mir leid für die Störung“, bemerkte Lindsay enttäuscht und wollte wieder zum Auto gehen. Zack hielt sie aber davon ab, indem er ihre Hand festhielt.
„Wir gehen hier nicht weg, bis Sie Ihre Tochter angehört haben“, bemerkte Zack mit einer starken Stimme, die sie noch nicht von ihm kannte.
„Höfliche Menschen stellen sich erst Mal vor, bevor sie einen kritisieren“, kritisierte ihre Mutter ihren Besucher.
„Zackery Brakeshore, Ma‘am“, stellte er sich höflich vor.
„Geht doch, Junge, ich bin Gwen. Kommt rein“, erkannte sie cool und ließ die beiden rein.

Sechsundzwanzigstes Kapitel


Sich anschweigend saßen die Kennedy-Frauen sich im Wohnzimmer gegenüber.

„Sie haben ein schönes Haus“, durchbrach Zack die Mauer des Schweigens.
„Ist von meinem Urgroßvater erbaut worden“, erklärte Gwen und schenkte ihm frischgepressten Eistee nach.
„Sieht toll aus“, bemerkte er nur.
„Wollt ihr euch jetzt den ganzen Abend über Häuser unterhalten?“, mischte sich Lindsay ins Gespräch ein.
„Du kannst dich ruhig an dem Gespräch beteiligen, Tochter“, konterte Gwen.
„Du starrst mich an, als würden meine Haare in Flammen stehen, da bin ich etwas eingeschüchtert“, erklärte sie kleinlaut.
„Ich will mir dein Aussehen einprägen, für den Fall dass du wieder zehn Jahre verschwindest“, konterte Gwen.
„Es tut mir leid, Mum“, entschuldigte sie sich ehrlich.
„Du hättest dich mal melden können, wir hätten dich auch nicht in deinem freidenkerischen Leben gestört“, erklärte Gwen.
„Ich war zu bockig, ich kann mich nicht genug entschuldigen“, entschuldigte sie sich weiter.
„Zumindest bist du jetzt hier um uns an einem wichtigen Punkt in deinem Leben teilhaben zu lassen. Wie habt ihr euch denn kennengelernt?“, fragte Gwen versöhnlich und die beiden sahen sich fragend an.
„Sie hat mir ein Päckchen geliefert“, erklärte Zack und küsste Lindsays Hand.
„Ich weiß, wie du dein Geld verdient hast, Tochter“, sagte Gwen plötzlich.
„Ein Privatdetektiv, nehm ich mal an. Endlich kann ich Carmen sagen, dass ich nicht unter Verfolgungswahn leide und das mich wirklich jemand verfolgt hat“, reagierte Lindsay cool, obwohl sie erschreckt war, dass ihre Mutter von ihrer Jugendsünde wusste.
„Ist Carmen eine deiner Kolleginnen?“, versuchte Gwen genauso cool mit dem Thema umzugehen.
„Carmen ist meine beste Freundin, sie hat mich damals aufgenommen, als ich nach Arkansas kam“, erklärte sie.
„Du wohnst aber nicht mehr in Arkansas, der Privatdetektiv hat dort deine Spur verloren“, bemerkte ihre Mutter.
„Ich bin ein paar Mal umgezogen, ich hab meine Jugendsünde aufgegeben und hatte einen hartnäckigen Verfolger. Wir wohnen jetzt in Miami und ich bin Postbotin, das war ich auch tagsüber während ich als Begleiterin gearbeitet habe“, erzählte Lindsay von ihrem Leben der letzten zehn Jahre.
„Du bist jetzt also draußen?“, fragte ihre Mutter nach.
„Ja, schon fast zwei Jahre, ich will mir mit Zack endlich ein richtiges Leben aufbauen“, erklärte sie zufrieden.
„Das ist schön, du siehst auch glücklich aus. Wie lang wollt ihr mir eigentlich das Kind verschweigen?“, fragte Gwen plötzlich.
„Der Privatdetektiv hat mich wohl wieder aufgespürt, was?“, frotzelte sie.
„Nein, du gibst Milch“, bemerkte ihre Mutter cool.
„Verdammt, die Ärztin hat gesagt, das hört auf, wenn ich nicht mehr pumpe. Entschuldigt mich, bitte“, erwiderte Lindsay peinlich berührt und ging zum Wagen, um sich ein Ersatz-T-Shirt aus dem Koffer zu holen.
„Ist es dein Kind?“, fragte Gwen, Zack keck.
„Nein!“, sagte er nur.
„Von einem Freier?“
„Sie kennen Ihre Tochter wohl nicht so gut, oder?“, war Zack entsetzt von den Vorwürfen von Gwen.
„Nicht mehr, nein. Muss ich es aus dir rausquetschen?“, wollte Gwen es unbedingt wissen.
„Wir sollten auf Lindsay warten“, fühlte sich Zack etwas überfordert von ihrer Fragerei.
„Ich hab nen Waffenschein, Jungchen“, wollte es Gwen unbedingt wissen.
„Ich hab für Carmen als Leihmutter ein Kind ausgetragen, Mum, hör auf, meinen Verlobten zu bedrängen“, bemerkte Lindsay, die ins Haus zurückkam.
„Wie bist du jetzt wieder reingekommen?“, wunderte sich Gwen.
„Der Schlüssel unter dem Stein ist immer noch da, manche Dinge ändern sich hier anscheinend nicht“, konterte Lindsay und setzte sich wieder neben Zack.
„Du hast für deine beste Freundin ein Kind ausgetragen?“, war Gwen überrascht.
„Sie hatte Krebs und kann keine Kinder mehr bekommen, was dagegen?“, fragte Lindsay schroff.
„Du sagst immer noch zu allem ja, oder?“, schlussfolgerte ihre Mutter.
„Sie ist meine beste Freundin und ihr Mann und sie haben sich so sehr ein Kind gewünscht. Ich hab’s ihnen vorgeschlagen, nicht andersrum“, murmelte Lindsay.
„Ich finde, sie hat was mutiges getan und ich bin stolz auf sie“, mischte sich Zack ein.
„Du hast da nichts dagegen gehabt?“
„Wir waren getrennt, als ich mich dafür entschieden habe, aber er war bei der Geburt dabei“, erklärte Lindsay.
„Versteh ich das richtig? Du hast ein Kind geboren, aber ich werde nicht Großmutter?“
„Ja, so in etwa, du wirst sie bei der Hochzeit sehen, wenn Dad und du kommen wollen. Wo ist er überhaupt?“, wollte sie wissen.
„Wir sind schon fast sechs Jahre geschieden, war das Beste für uns beide. Er kommt aber sicher auch gern, wir verstehen uns besser als vorher“, erklärte ihre Mutter.
„Du und er sind geschieden?“, fragte Lindsay entsetzt.
„Das sagte ich doch grade. Er lebt jetzt in der Innenstadt, ich schreib dir seine Adresse auf, wenn du es ihm auch persönlich sagen willst“, erklärte ihr Mutter. Sie ging sehr trocken mit dem Thema um, aber Lindsay kannte sie nicht anders.
„Eine Telefonnummer wäre mir lieber, ich muss in drei Tagen wieder bei der Arbeit sein“, entgegnete Lindsay genauso trocken.
„Guck mich nicht so an, ich bin glücklich, ich hab vor fünf Jahren ein Kind adoptiert, dein Bruder ist jetzt schon fünfzehn und manchmal eine echte Nervensäge“, erklärte ihre Mutter stolz.
„Ich hab einen Bruder?“, wollte Lindsay gerührt wissen.
„Er heißt Sawyer, dein Dad hat mir noch geholfen, das mit der Adoption über die Bühne zu bringen bevor wir geschieden wurden. Er ist grad in der Schule“, erklärte Gwen.
„Wir werden ein bisschen bleiben, ich hoffe, ich werde ihn kennenlernen“, bemerkte Lindsay. Sie war ihr ganzes Leben ein Einzelkind gewesen und konnte ihr Glück kaum fassen.
„Sicher, bleibt doch heut Abend zum Abendessen. Tut mir leid, dass ich vorhin so ruppig war, ich hatte wohl mehr Ärger in mir angestaut, als ich dachte“, entschuldigte sich ihre Mutter und lächelte sie, zum ersten Mal seit sie ins Haus gekommen waren, an.
„Schon gut, das hatte ich schon erwartet. Dass du jetzt ein Familienmensch bist und so wie meine zukünftige Schwiegermutter eine arme Seele adoptiert hast aber nicht“, entgegnete Lindsay erfreut.
„Deine Mutter hat auch jemand adoptiert? Du hast also auch Geschwister?“, fragte Gwen neugierig.
„Nein, er wurde adoptiert, Mutter. Seine Mutter ist eine gute Freundin von mir, du wirst sie vermutlich hassen, sie ist eine Alternativ-Psychologin mit einem Hippie-Freund. Du musst sie nicht mögen, sei einfach höflich, wenn du ihr begegnest“, bat Lindsay.
„Ich bin nicht mehr die Frau, die ich vor zehn Jahren war, meine besten Freunde sind Dexter und Max, ein schwules Pärchen was die Straße runter wohnt“, erklärte sie lächelnd.
„Gut, das ist schön zu hören. Ihr habt vermutlich auch viel zu bereden, ihr Vater war in den 70ern Senator von Arkansas“, erklärte Lindsay.
„Wirklich? Dann stammt sie auch aus einem reichen Elternhaus, nehm ich an?“, wollte Gwen wissen.
„Ja, aber das hat sie hinter sich gelassen, aber wir sind recht vermögend, mein leiblicher Großvater ist vor eineinhalb Jahren gestorben und hat mir ne höllische Menge Geld vererbt“, erklärte Zack, der sich ins Gespräch einmischte.
„Das erklärt die Monster-Karre, die du da hast, wenn ich das in eurem Jugend-Slang ausdrücken darf“, schmunzelte Gwen.
„Ich hab das Ding bar bezahlt, wenn du das damit wissen willst. Ich spar aber auch nen Menge Geld, zwei Studiengänge für zukünftige Kinder hab ich schon angelegt“, konterte er.
„Wenn ihr grad von Kindern sprecht, habt ihr ein Bild von dem Kind was du geboren hast? Ich weiß, es ist nicht mein Enkelkind, soviel hab ich verstanden, aber ich würd sie trotzdem als solche ansehen, wenn das okay ist“, bat Gwen plötzlich.
„Carmens Mutter ist tot und Harris Mutter ist eine herzlose Hexe, also haben sie sicher nichts dagegen“, erwiderte sie liebevoll und zeigte ihr ein Bild von Marie auf ihrem Smartphone.
„Sie sieht dir so ähnlich“, erwiderte sie mit einer Träne in den Augen.
„Ja, ich weiß, lass das bloß nicht ihre Eltern wissen“, bemerkte sie auch mit Tränen in den Augen.
„Werde ich nicht, keine Sorge. Kann ich ein Bild von Sawyer sehen?“
„Sicher, hier, das ist er. Er ist so ein hübscher Kerl, es wird nicht mehr lang dauern und er wird Mädchen nach Hause mitbringen“, erklärte sie und nahm ein Bild von dem Tisch neben sich.
„Ja, ganz sicher, ich kann kaum erwarten, ihn kennen zu lernen. Und Dad ist im Leben dieses Jungen existent? Ich meine im Vergleich zu meinem Leben“, bemerkte sie und klang dabei ungewollt vorwurfsvoll.
„Dein Dad musste ein Amt bekleiden, da bist du eben etwas zu kurz gekommen. Nein, ich zieh ihn allein groß, aber sein Football-Coach ist eine Vaterfigur für ihn. Man, ich höre mich an wie eine Vorstadt-Mutter“, erkannte Gwen. Sie schien mit sich im Reinen zu sein.
„Toll, schön für dich“, war Lindsay plötzlich ziemlich eifersüchtig.
„Sie war keine gute Mutter, jetzt will sie das für diesen Jungen sein, respektiere das“, bat Zack plötzlich ernst.
„Hast du mir grad widersprochen? Dass hast du nicht mehr gemacht, seit die Sache passiert ist“, wunderte sich Lindsay und sah ihn an.
„Es wurde auch mal Zeit dazu, du bist manchmal schon so wie deine Mutter“, erwiderte Zack und nun sahen ihn beide Frauen mit einem gewissen Blick an.
„Okay, ich halt jetzt wieder die Klappe“, bemerkte er kleinlaut und die Frauen unterhielten sich weiter.

An diesem Abend lernte Lindsay ihren kleinen Bruder kennen und sie verstand sich auf Anhieb mit ihm. Es war ein schönerer Ausflug, als sie sich vorgestellt hatte und mit einem Lächeln auf den Lippen fuhr sie mit ihrem Verlobten wieder nach Florida.

„Ich möchte mindestens einen meiner leiblichen Verwandten bei unserer Hochzeit dabei haben. Ich werde den Privatdetektiv engagieren, den deine Mutter engagiert hatte um dich zu finden. Und wenn er nichts findet, haben wir schon eine tolle Familie, die sich für uns freut“, erklärte Zack.

„Genauso seh ich das auch. Es war gut zu ihr zu fahren, auch wenn es schade ist, dass meine Eltern geschieden sind. Aber meine Mutter scheint glücklich zu sein, also bin ich es auch für sie. Sawyer wird ihr in den nächsten Jahren so sehr auf die Nerven gehen dass wir öfters mal zu Besuch kommen müssen um das mitanzusehen“, schmunzelte sie.

„Lass sie doch, sie war dir keine gute Mutter, aber sie will es bei ihm besser machen“, bat er.
„Warum konnte sie nicht die Übermutter sein, als ich klein war? Ich hab zu meiner ehemaligen Nanny ein besseres Verhältnis als zu ihr“, machte sie ihrem Frust Luft.
„Du hast mir nie was von deiner Nanny erzählt“, bemerkte er verwundert.
„Das war metaphorisch gemeint, ich mochte meine Nanny nicht wirklich“, erwiderte sie.
„Ah, okay, gab es irgendjemanden in deiner Vergangenheit den du bei der Hochzeit dabei haben willst? Du redest nie über deine Jugend, durch den Besuch bei deiner Mutter hab ich einen kleinen Einblick erhalten, aber da klafft immer noch eine riesige Lücke in deinem Lebenslauf“, bemerkte er. Er hatte Recht, sie hatten viel geredet in den Monaten zuvor, doch nie über ihre Kindheit und Jugend.
„Ich war eine von den beliebten Kids, ich hatte immer viele Freunde gehabt, doch dann ging mein Dad in die Politik und ich wurde von allem abgekapselt. Meine Freunde verließen mich und die erste Freundin, die ich danach fand war Carmen. Alles in allem hatte ich eine gute und dann eine einsame Kindheit. Na ja, eigentlich hatte ich nur eine einsame Kindheit, deshalb red ich selten darüber“, erklärte sie stockend.
„Ich wurde von meinem Vater verprügelt und kam mit zwei Jahren ins Waisenhaus, schlimmer als meine Kindheit kann deine kaum gewesen sein“, entschied er.
„Ja, ich vergesse immer was du durchgemacht hast, tut mir leid. Wir lassen unsere Vergangenheit hinter uns würd ich sagen und sehen in eine schönere Zukunft“, schlug sie vor und er nickte.

Als Zack an diesem Abend im Hotel unter der Dusche stand, rief Barbara, Lindsay auf ihrem Handy an.


„Hey, Mum“, begrüßte Lindsay sie freundlich.
„Ich bin‘s, Barbara“, war Barbara verwirrt.
„Ja, ich weiß, ich wollte nur mal schauen, wie sich das anhört“, erklärte sie.
„Ach so, das fühlt sich komisch an, lass das“, bat sie.
„Klar, sorry, also was gibt’s?“, fragte sie schmunzelnd.
„Wir haben ein Problem“, sagte Barbara nur.
„Oh man, das klingt nicht gut, was ist los?“, fragte sie besorgt.
„Wir mussten Matty gestern zurück in die Klinik bringen“, gestand Barbara und Lindsay senkte ihren Kopf und schloss ihre Augen.
„Verdammt, warum rufst du uns erst jetzt an?“, fragte sie emotionslos.
„Ich wusste wie nervös Zack vor dem Gespräch mit deinen Eltern war, ich wollte ihn damit bis jetzt verschonen. Ist er grad bei dir?“, wollte sie wissen.
„Nein, er ist unter der Dusche. Wie schlimm ist es?“, wollte sie wissen.
„Es war ein Alkoholabsturz, es hätte schlimmer sein können, 30 Tage werden es wohl wieder werden“, erklärte Barbara tonlos.
„Willst du es ihm sagen, oder ich?“, plante Lindsay.
„Sag du es ihm und lass ihn in nächster Zeit nicht allein. Er soll nicht hierherkommen, sorg dafür, er ist noch nicht stark genug dafür“, bat Barbara und Lindsay versprach es ihr.
„So, jetzt riech ich wieder gut, du kannst jetzt wieder alle Sauereien mit mir machen, die du willst“, erwiderte Zack gut gelaunt, als er Minuten später aus dem Badezimmer kam mit nichts außer einem Handtuch bekleidet. Seine wieder schulterlangen Haare tropften über seine nackte Brust und in dem Moment wusste sie, dass sie diesen Mann nehmen musste. Er würde sich später immer noch genug Sorgen über seinen besten Freund machen können.

Siebenundzwanzigstes Kapitel


Sie waren schon fast wieder in Miami angekommen, als Lindsay endlich mit der Wahrheit rausrückte.

„Warum sagst du mir das erst jetzt? Ich muss sofort zu ihm fliegen“,  bemerkte er und machte einen gewagten Fahrstreifenwechsel um in die Richtung des Flughafens zu fahren.
„Nein, du bleibst schön hier, deine Mutter will dich nicht dabei haben“, entschied sie ernst.
„Er ist mein bester Freund, er war damals für mich da und ich bin jedes Mal aufs Neue für ihn da. Das musst du nicht verstehen“, entschied er mit besorgtem Blick.
„Ich kann dich diesmal nicht begleiten“, sagte sie nur.
„Ich weiß, ich muss das auch allein machen, keine Sorge, ich packe das, ich werde keinen Moment ohne meine Eltern verbringen, du musst dir überhaupt keine Sorgen machen“, versprach er.
„Deine Mutter ist diejenige, die sich Sorgen macht und sie ist die Therapeutin“, erklärte sie und sah ihn an.
„Ich habe viel zu viel zu verlieren um wieder irgendwelchen Drogen zu verfallen.  Ich werde etwa einen Monat weg sein, sag das Lloyd, er müsste allein mit dem Laden klarkommen, sonst musst du ihm halt im Laden helfen, wenn du Zeit dazu hast“, plante er, während er zum Flughafen fuhr.
„Ja, mach ich, ich kann dich nicht aufhalten, oder?“, fragte sie besorgt.
„Nein, kannst du nicht, aber danke für den Versuch. Ich komm wieder zurück versprochen, ich lass mein Baby in deine Obhut, da muss ich ja zurückkommen“, schmunzelte er.
„Ich glaube, wenn du mich einmal so liebst wie dieses Surfbrett können wir heiraten“, bemerkte sie cool.
„Ich liebe euch beide gleich“, entschied er und küsste sie, als er am Flughafen gehalten hatte.
„Gut zu wissen. Sag deinen Eltern und Matty einen schönen Gruß und sag deine Mutter ich hab’s versucht“, bemerkte sie, umarmte ihn noch einmal fest und ließ ihn ziehen.

Allein kam sie in ihr Haus am Strand zurück. Das Haus schien plötzlich so riesig zu sein ohne ihn. Da sie am nächsten Tag wieder arbeiten musste ging sie zeitig schlafen. Viel früher als der Wecker sie wecken sollte, weckte das Telefon sie.
„Schatz, bist du das?“, murmelte sie verschlafen ins Telefon ohne draufzusehen.
„Nein, ich bin’s, Carmen, hab ich dich geweckt?“, fragte Carmen am anderen Ende der Leitung.
„Nein, du weißt doch, dass ich um fünf Uhr dreißig morgens immer Yoga mache“, bemerkte sie sarkastisch.
„Sorry, ich dachte, vielleicht bist du schon wach, Marie lässt mich nicht schlafen“,  erklärte Carmen, die müde klang.
„Dir ist schon klar das, obwohl ich dieses Kind geboren habe, nicht wach sein muss wenn sie wach ist, oder?“, fragte Lindsay und setzte sich auf.
„Tut mir leid, ich verpeil oft die Zeit weil ich so wenig schlafe. Ich lass dich weiterschlafen“, entschied Carmen.
„Nein, jetzt bin ich wach, schon gut. Wir könnten die Taufe besprechen, wenn wir schon beide wach sind“, entgegnete Lindsay.
„Erzähl mir erst mal wie dein Trip war. Wie war es, deine Mutter wiederzusehen?“, wollte Carmen wissen und Lindsay erzählte ihr, was passiert war.
„Man, dann hast du ganz schön viel erlebt in den letzten Tagen. Ist Zack geflüchtet, oder warum ist er nicht bei dir?“, wollte Carmen wissen.
„Matty hatte einen Rückfall, er ist noch gestern Nacht heimgeflogen“, erklärte Lindsay und machte das Licht an.
„Oh man, Alkohol oder Drogen oder beides?“, fragte Carmen besorgt.
„Gott sei Dank nur der Alkohol, das ist leichter in den Griff zu kriegen. Du hättest ihn nicht gehen lassen“, erwiderte Carmen.
„Danke, das weiß ich, aber ich konnte ihn nicht aufhalten“, murrte Lindsay.
„Mach dir keine Sorgen, seine Mutter wird sich gut um ihn kümmern. Komm doch zu uns zum Frühstück und dann reden wir weiter“, schlug Carmen vor und Lindsay versprach zu ihnen zu kommen.

Zur gleichen Zeit kam Zack bei seinem Elternhaus an. Die Sonne ging langsam auf und er genoss für einen Moment diesen magischen Augenblick. Er hatte seiner Mutter nicht gesagt, dass er kommen wollte und hatte auch die halbe Nacht auf dem Flughafen in Miami verbracht, bis er fliegen konnte. Er schrieb seiner Verlobten schnell eine SMS und klopfte dann an der Tür.

„Deine Verlobte muss echt noch lernen, dir was zu verbieten“, begrüßte Barbara ihren Sohn, als sie ihm die Tür aufmachte.
„Sie hat versucht es mir auszureden aber ich musste hierher kommen“, bemerkte er erschöpft. Ohne darauf zu antworten umarmte sie ihren Sohn einfach.
„Danke, dass du gekommen bist. Man, warum könnt ihr beiden nicht einfach zu mir kommen, wenn ihr Probleme habt?“, fragte sie und ließ ihn rein.
„Weil wir Männer sind, das weißt du doch. Was ist passiert?“, wollte er wissen und sie setzten sich aufs Sofa.
„Sie hat ihn betrogen“, konterte sie nur trocken.
„Schlampe“, stieß er nur hervor und Barbara sah ihn böse an.
„Was? Stimmt doch“, entschied er cool.
„Sag ihm das bloß nicht, er hat echt heftigen Liebeskummer, ganz offensichtlich, sonst hätte er nicht wieder getrunken. Und, wie geht’s dir nach deinem Treffen mit den Schwiegereltern?“, wollte sie wissen.
„War okay, sie sind zwar jetzt geschieden und ich krieg einen Schwager, aber das ist jetzt nebensächlich. Wir können ihn in den ersten Tagen nicht besuchen, oder?“, wollte er abgelenkt wissen.
„Ja, das stimmt, deshalb wollte ich auch nicht, dass du kommst. Du hast Lindsay ganz alleingelassen?“, wollte sie wissen.
„Sie muss heut wieder arbeiten, sie sagt aber Grüße. Ich muss hier auch noch einiges regeln, wie sieht es mit der Wohnung aus? Wird er dort wieder hinkommen, wenn er aus der Klinik rauskommt? Oder wird sie jetzt da drin bleiben? Er geht doch nicht zu ihr zurück, oder?“, plante er.
„Weiß ich nicht, ich denke, sie ist noch drin momentan. Du bist der Besitzer der Wohnung, du kannst machen, was du willst“, entschied ihre Mutter.
„Ich hätte große Lust, rüber zu gehen und sie einfach rauszuschmeißen“, murmelte er wütend.
„Dann tu das, wenn’s dir dann besser geht“, entgegnete seine Mutter.
„Willst du mir das nicht ausreden?“, war er verwundert.
„Nein, schmeiß sie raus“, entschied sie ernst.
„Dann mach ich das. Ich geh sofort zu ihr. Wenn Lyn anruft, sag ihr, ich ruf sie zurück“, bemerkte er und ging wieder aus dem Haus.

Als Zack an seiner alten Wohnung ankam, machte Mattys Freundin Justine ihm die Tür auf.

„Wusste doch, dass du irgendwann hier auftauchst“, bemerkte Justine trocken.
„Ich geb dir zwei Wochen, dann bist du hier raus“, bemerkte er nur.
„Das kannst du nicht machen“, erwiderte sie schroff.
„Meine Wohnung, meine Regeln. Für Nutten gibt es hier keinen Platz“, erwiderte er kühl.
„Deine Verlobte hat hier doch auch übernachtet, oder?“, bemerkte sie lässig.
„Das nimmst du zurück“, wurde er wütend.
„Warum? Das entspricht doch der Wahrheit“, wurde sie richtig gemein.
„Du kannst von Glück reden, dass ich dazu erzogen wurde keine Frauen zu schlagen. Zwei Wochen und jetzt hab ich auch kein Mitleid mehr, wenn du meine Verlobte beleidigst“, wütete er und ging wieder davon.
„Fühlst du dich jetzt besser?“, fragte Barbara, als er zurückkam.
„Sie ist so eine Hexe, ich war kurz davor sie zu schlagen. Es ist echt das Beste, dass die beiden jetzt getrennt sind, sind sie doch, oder?“
„Wie ich schon gesagt habe, keine Ahnung. Ruf erst mal deine Süße an und sag ihr, dass du gut angekommen bist, dann mach ich dir ein Frühstück. Moon schläft noch, er freut sich aber sicher auch, dich zu sehen. Wie geht es Lindsay und ihrer Tochter?“, plapperte Barbara.
„Es ist nicht ihre Tochter, es ist Carmens Tochter“, entschied er.„Aber sie ist aus ihr rausgeplumpst, also ist sie auch ihre Tochter irgendwie. Also?“
„Marie geht’s gut, danke der Nachfrage, sie wird nicht deine Enkelin sein, wenn wir verheiratet sind, das ist dir klar, oder?“
„Ja, das weiß ich, deine zukünftige Schwiegermutter hat aber was anderes zu hören gekriegt, richtig?“
„Man, ich hab deine psychologischen Analysen vermisst, ja, wir haben ihr erzählt, dass sie Oma spielen kann, wenn sie will. Aber nur um sie zu besänftigen, sie wohnt zu weit weg um in ihrem Leben präsent zu sein. Du ja auch, wir können dir aber regelmäßig Bilder schicken, wenn du das willst“, erklärte er.
„Nein, schon gut. Aber ein Bild würd ich schon von ihr sehen, wenn das möglich wäre“, erwiderte sie.
„Ich sag Lindsay, sie soll dir nen Bild aufs Handy schicken. Ich ruf sie dann mal an, sie macht sich sicher schon Sorgen um mich“, erkannte er und griff zum Telefon.
„Mum, kommst du mal ins Wohnzimmer, bitte?“, bat Zack, als er mit Lindsay per Webcam chattete.
„Ja, was gibt’s?“, fragte Barbara und kam mit einem Teller belegter Bagels zu ihm.
„Ich hab was Besseres als ein Foto für dich“, bemerkte er und sie setzte sich neben ihn. Auf dem Bildschirm war Lindsay zu sehen, die die kleine Marie im Arm hielt.
„Sie ist ja so süß, hi Lyn“, bemerkte Barbara mit Tränen in den Augen.
„Hi Barbe, darf ich dir Marie vorstellen?“, begrüßte Lindsay sie und hielt Marie näher an die Kamera.
„Sie ist ein bisschen proper“, kommentierte Barbara gerührt.
„Ja, sie steht gut im Futter, Carmen meint es ein wenig gut, ich muss mal mit ihr darüber reden. Ich könnte das stundenlang mit euch machen, aber ich muss heim um mich umzuziehen, ich muss in einer Stunde bei der Arbeit sein. Wir reden heut Abend nochmal, ich wollt sie dir nur mal zeigen. Haltet die Ohren steif, ich denk an euch“, erwiderte sie und sie verabschiedeten sich.

Einen Monat später kam Zack rechtzeitig zu Maries Taufe zurück. Er hatte Matty mitgebracht, er sollte nun bei Lindsay und ihm wohnen, er musste es ihr nur irgendwie schonend beibringen. In zwei schicken Anzügen standen die Männer an diesem Morgen vor der Kirche. Beide waren nicht sehr religiös, aber die steinernen Mauern der Kirche schüchterten sie schon ein.
„Morgen, wollt ihr nicht reingehen?“, fragte plötzlich eine Stimme und ihnen wurde je eine Hand auf die Schulter gelegt. Es war Lindsay.
„Wir haben auf dich gewartet. Gut siehst du aus“, schmunzelte Zack und küsste sie leidenschaftlich.
„Krieg ich auch so ne Begrüßung?“, schmunzelte Matty und sie umarmte den Kumpel ihres Verlobten.
„Nur über meine Leiche, Bruder. Lasst uns reingehen“, bat Zack und die drei gingen gut gelaunt in die Kirche.

Sechs Monate später standen die Männer wieder vor dieser Kirche, doch diesmal warteten sie auf eine Braut. Lindsay fuhr mit Carmen und Barbara in einer Limousine vor. Sie stieg wunderschön in einem fließenden weißen Kleid aus dem Wagen. Sie hatte Rosen in ihre langen Haare geflochten und sah auch sonst wie eine Göttin aus, fand zumindest ihr Verlobter, als er sie das erste Mal so sah.
„Da sind sie ja endlich, die Leute drinnen werden schon ungeduldig“, erkannte Harris, der mit der immer größer werdenden Marie auf dem Arm zu den Männern kam.
„Auf so einen Anblick wartet man gern länger. Schaut euch unsere Frauen an, sind sie nicht wunderschön?“, bemerkte Zack, der verliebt seine Braut anstarrte.
„Okay, da eine davon meine Ziehmutter ist, sag ich da jetzt nichts dazu. Aber sie sehen alle wirklich toll aus. Nimm deine Braut, Bruder und bring sie in die Kirche, wir warten dort auf dich“, witzelte Matty und die anderen gingen rein, während Lindsay und Zack draußen stehen blieben.
„Bist du bereit?“, fragte er und streckte ihr seine Hand entgegen.
„Ich war nie bereiter. Matty zieht aber aus, wenn wir verheiratet sind, oder?“, wollte sie nur noch wissen.
„Ich hab ihm schon ne Wohnung in der Stadt besorgt, wir haben eindeutig zu wenig Sex, seit er bei uns wohnt. Noch irgendwelche letzten Fragen?“, wollte er amüsiert wissen.
„Bist du nervös?“, fragte sie.
„Ja, furchtbar, dabei sollte ich das gar nicht sein, ich heirate die Frau meiner Träume“, bemerkte er und küsste sie sanft.

„Das beruhigt mich jetzt auch ein wenig. Es ist echt schade, dass keiner deiner leiblichen Verwandten heute dabei sein kann“, entgegnete sie und ging mit ihm zum Eingangstor.
„Ich find es nicht schade, denn wenn wir jetzt da rein gehen schau dir an, wen ich jetzt um mich habe, ich brauche keine leiblichen Verwandten denn ich bin reich, reich an einer Familie, die, egal was kommt zu uns stehen wird“, bemerkte er und stieß das Tor auf. Die Leute standen für das Brautpaar auf, sie gingen an Carmen und Harris vorbei, die nie glücklicher ausgesehen hatten, an Lindsays Eltern, die Sawyer in ihrer Mitte sitzen hatten und sich wirklich gut zu verstehen schienen und zu guter letzte Matty, Barbara und Moon, die sich in ihren Ausgehklamotten nicht so wohl zu fühlen schienen, aber lächelten, als die beiden an ihnen vorbei kamen.
„Du hast Recht, wir haben alles, was wir brauchen. Bereit, Mr. Kennedy?“, fragte sie keck und stellte sich an den Altar.
„Mr. Kennedy?“, fragte er verwundert.
„Du sagst doch, ich soll öfters mal nein sagen und ich sag jetzt nein zu deinen Nachnamen. Ist das okay für dich?“, wollte sie wissen.
„Ich hatte in meinem Leben so viele verschiedene Nachnamen, ist schön einen Namen anzunehmen, den ich mein ganzes Leben behalten werde. Zack Kennedy klingt gut“, schmunzelte er und stellte sich auch an den Altar.
„Alter, du bist schon so unter ihrem Pantoffel“, witzelte Matty und Zack puffte ihm in die Seite.

Die Hochzeit verlief sehr romantisch und die Feier danach war trotz dem Mangel an Alkohol ein reißendes Fest. Zack und Lindsay hatten mit ihrer Familiengründung endlich ihre verdiente Ruhe gefunden, die sie gebraucht hatten um ihr Leben in den Griff zu bekommen. Zack lehrte Lindsay öfters mal nein zu sagen und bereute dies bei jedem Abwasch, den er für sie machen musste.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.09.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
The sun upon the rocks, And the breakers on the bar; And a line of tossing shadows Where the royal palm trees are; The brilliant, cloud-filled heav'n, The strong voiced wind roaring by, And the blazing red hibiscus, And a lazy, deep "lanai"; A soft, liquid sound of singing, As the day draws nigh to night, While the purple darkness deepens-- All these things are my delight.

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