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Erstes Kapitel


Valy Afina arbeitete in einem Handwerkerladen in Thedford mitten im Bundesstaat Nebraska. Die Stadt war amerikanischer wie es nicht amerikanischer sein konnte und auch Valerica, wie sie ihre Mutter genannt hatte, war Amerikanerin durch und durch. Ganz zum Missfallen ihrer rumänischen Mutter Abby, die mit Weissagungen ihren Lebensunterhalt verdiente. Valy wollte nichts mit dem „Hokuspokus“, wie sie es nannte, zu tun haben, obwohl sie die Gabe ihrer Mutter wohlweislich geerbt hatte.
Während dieser Nacht plagten sie wieder weissagende Träume, die sie immer nur als Albträume bezeichnete.
 
Schweißgebadet riss sie ihre Augen auf. Ihr T-Shirt klebte an ihrem Körper. Erschöpft streifte sie es ab und ging in das Badezimmer ihres Wohnwagens. Sie wohnte in einem Wohnwagenpark gleich neben dem Wagen ihrer Mutter. Sie sah aus dem Fenster, bei ihrer Mutter brannte noch Licht was nicht ungewöhnlich war, denn ihre Mutter schlief wie sie äußerst schlecht. Kopfschüttelnd stieg sie in die Dusche und kühlte ihren Körper ab. Es war Hochsommer in Nebraska und der war wie jedes Jahr unerträglich heiß. Sie war schon eine ganze Weile Single und dies lag auch an ihrer exzentrischen Mutter. Sie war eine hübsche Frau mit langen braungelockten Haaren, doch sie hatte Kleidung an, die schon vor langer Zeit außer Mode gekommen war. Sie war schon in der Schule eine Außenseiterin gewesen und das hatte sich bis zu dem Zeitpunkt nicht geändert.
Nun war sie 29 und langweilte sich in der Kleinstadt in der sie war gewaltig. Nach der Dusche schlurfte sie nur in einem Morgenmantel und Gummistiefeln zu ihrer Mutter.
Mit einem Knarren öffnete sie die Wohnwagen-Tür.
„Wenn ich keine Hellseherin wäre, hätte mich das jetzt zu Tode erschreckt“, kommentierte Abby das plötzliche Auftreten ihrer Tochter. Die Fünfzigjährige saß auf dem Boden, mit geschlossenen Augen, und meditierte.
„Wer sonst soll dich um drei Uhr morgens hier besuchen? Warte, ich will es gar nicht wissen“, entschied Valy und setzte sich aufs Sofa neben ihrer Mutter.
„Max ist schon weg, man, das ist manchmal echt nervig, dass du so nah bei mir wohnst, dass du meine Lover immer Kommen und Gehen siehst“, erklärte ihre Mutter und sah sie nun an.
„Erst Mal, das wollte ich gar nicht wissen und danke, dass du mir noch ein furchtbares Bild ins Hirn gebrannt hast, zweitens, hier stinkt es furchtbar, rauchst du wieder Pot?“, hielt sie ihrer Mutter eine Standpauke.
„Max hat was geraucht, das geht dich auch kaum was an. Hast du wieder Albträume?“, wollte ihre Mutter wissen und stand auf.
„Wann hab ich die mal nicht? Versteh mich nicht falsch, ich bin stolz von Hellsehern abzustammen und alles, aber ich will mal eine Nacht nur einen Sextraum haben“, beschwerte sich Valy wie so oft in letzter Zeit.
„Du musst deine Visionen verstehen lernen, dann jagen sie dir auch keine Angst mehr ein, das hab ich dir schon oft gesagt“, entschied Abby und setzte sich neben ihre Tochter.
„Die Visionen machen mir viel zu viel Angst, dass ich damit umgehen könnte“, gestand sie kleinlaut.
„Glaubst du für mich war es früher ein Spaß? Ich hab Jahre gebraucht um dem Herr zu werden, ich hab dir schon so oft angeboten, dir dabei zu helfen, aber du weigerst dich ja strikt deine Wurzeln anzuerkennen“, hielt sie ihrer Tochter vor.
„Ich bin Amerikanerin, geboren und aufgewachsen in diesem Land. Die Leute reden schon genug, auch ohne unseren Mythos“, erklärte Valy.
„Das ist kein Mythos, wir Roma sind überall anerkannt!“
„Und überall gehasst. Ich will doch nur eine Nacht durchschlafen, dass ich die Schrauben in unserer Auslage nicht immer zwei Mal zählen muss, weil ich zu müde bin, um mich richtig zu konzentrieren!“
„Lass mich dir helfen“, bat ihre Mutter.
„Ich muss echt müde sein, ja, bitte hilf mir“, gab sie nach.
„Fein, ich dachte schon, ich erlebe es nicht, dass du mich um Hilfe bittest. Schließ deine Augen“, begann sie und half ihr in eine Meditation.
„Konzentriere dich auf ein Gesicht, einen Gedanken, was hast du gesehen?“
„Ich sehe einen jungen Mann, seine Gesichtszüge ähneln mir sehr, er will mir etwas sagen, aber keine Worte kommen aus seinem Mund“, erklärte sie ihre Vision.
„Stopp, hör auf“, rief ihre Mutter plötzlich und riss sie aus ihrer Meditation.
„Was? Was ist passiert?“, murmelte sie benommen.
„Gar nichts, du solltest gehen, ich bin müde“, stotterte ihre Mutter und zog sie zur Tür.
„Was soll der Mist? Erklär mir, was los ist“, verstand sie nicht.
„Geh schlafen, ich erklär es dir ein andres Mal“, entgegnete Abby und knallte die Tür vor ihr zu.
„Die hat doch eindeutig auch von dem Pot genascht“, schlussfolgerte sie kopfschüttelnd und schlurfte zurück zu ihrem Wohnwagen.

Zweites Kapitel


Nach einer fast schlaflosen Nacht ging Valy tags drauf aus dem Haus. Da sie noch etwas Zeit hatte, klopfte sie bei ihrer Mutter.
„Ich hab keine Zeit“, würgte ihre Mutter sie gleich ab.
„Nimmst du Drogen?“
„Nicht mehr seid ich mit dir schwanger war. Ich hab gleich einen Kunden, ich hab wirklich keine Zeit“, erklärte Abby und ließ sie rein, aber ohne sie anzusehen.
„Guck mich an, bitte, was ist mit dir los?“
„Gar nichts, ich hab nur keine Zeit. Halt mal“, bat sie und reichte ihr eine Schale.
„Ja, jetzt, aber gestern hab ich doch irgendwas gesehen was dich aufgewühlt hat“, wollte sie wissen.
„Wir reden später mal, jetzt kann ich echt nicht, danke“, bat Abby und nahm die Schale wieder.
„Ich vergess es nicht, bis später“, versprach sie und verließ den Wagen ihrer Mutter wieder.
„Morgen Val, ich hab Post für dich“, riss sie der Postbote aus ihren Gedanken, als sie etwas verloren vor der Tür ihrer Mutter stand.
„Morgen, Sam, danke“, bedankte sie sich und nahm den Brief entgegen.
„Alles klar? Spinnt Abby mal wieder?“
„Nein, alles beim Alten. Ich muss jetzt zur Arbeit, dreh ihr heute nicht den Rücken zu, ich hab keine Ahnung, was die heute geritten hat. Schönen Tag noch“, steckte sie den Brief ein und ging zu ihrem Pick-up.
 
Sie war die erste im Laden und freute sich darüber, sie brauchte noch etwas Zeit, um richtig wach zu werden. Sie öffnete die Registrierkasse und machte die Kaffeemaschine an. In dem Moment kam ihr Boss in den Laden.
„Morgen, Boss, du bist früh dran“, begrüßte sie ihren Chef Dudley freundlich.
„Ja, nur der frühe Vogel fängt den Wurm. Du siehst fertig aus, alles klar bei dir?“
„Schlaf nicht viel in letzter Zeit, tut mir leid“, entschuldigte sie sich.
„Muss dir nicht leid tun, wenn ich so eine Mutter hätte wie deine, dann würd ich auch nicht schlafen können“, wusste er schon, warum seine Angestellte nicht schlafen konnte.
„Hey, so schlimm ist sie nicht. Ich hab nur Albträume in letzter Zeit, mehr nicht. Lass uns arbeiten“, lenkte sie ab und wendete sich ihrer Inventur zu.
 
Als Dudley für die Mittagspause den Laden verlassen hatte setzte sie sich auf einen Schemel hinter der Theke und verspeiste ihren mitgebrachten Bagel. Als die kleine Glocke an der Tür schellte, sah sie auf. Ein Mann mit Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen kam zu ihr an die Kasse. So eine Aufmachung trugen die meisten Männer in der Kleinstadt, die sie bewohnte, aber ihre übersinnlichen Sensoren waren in Alarmbereitschaft.
„Guten Tag, Sir, was brauchen Sie?“, fragte sie höflich, aber mit nervösem Blick.
„Den Inhalt eurer Kasse, aber pronto“, entschied der Mann und hielt ihr eine Waffe vor. In dem Moment wünschte sie sich, sie könnte wirklich so gut hellsehen, wie ihre Mutter es immer behauptete.
„Mein Boss ist grade mit dem Geld zur Bank gegangen“, stotterte sie.
„Lügnerin, er hatte nichts in der Hand, als er vorher wegging“, tönte der Kerl.
„Okay, tut mir leid, ich wollte Sie nicht anlügen, ich muss nur kurz die Kasse aufschließen“, gab sie nach und versuchte mit zittrigen Händen den Schlüssel, den sie um den Hals trug in die Registrierkasse zu stecken, um aufzuschließen.
„Mach schon“, polterte der Kerl und sie bekam die Kasse auf. Weinend überreichte sie ihm die Einnahmen des Tages. Sie kauerte sich panisch unter den Tresen, als der Kerl den Laden noch nach Nützlichem durchsuchte und dann Richtung Tür ging. Statt der Türklingel hörte sie aber einen dumpfen Schlag.
„Geh von mir runter, du Schlampe“, hörte sie den Dieb zetern und sie lugte über den Tresen um zu sehen, was los war.
„Siehst du, so kann man Draht auch verwenden“, hörte sie eine Stimme, die zwar weiblich aber auch dunkel war. Sie wagte sich nach oben. Was sie dort sah, sah sie nicht jeden Tag. Eine junge Frau in ihrem Alter, mit armeegenormter Kurzfrisur und Tarnkleidung, saß auf dem Rücken des Diebes und hatte ihn mit handelsüblichem Draht gefesselt.
„Willst du jetzt nur hier rumstehen, Missy, oder die Bullen rufen?“, rief die Frau, Valy zu und die rief die Polizei.
 
Während die Polizei die Aussage der Frau aufnahm, sah Valy die Frau die ganze Zeit an. Als die Frau ihre Geschichte erzählt hatte, kam sie lässig zu hier hingeschlendert.
„Wenn du mich abchecken willst tut es mir leid, ich hab da schon jemanden“, bemerkte die Frau cool.
„Wo hast du das gelernt?“, konnte Valy nur hervorbringen.
„Kabul, bin erst sechs Wochen aus dem Krieg zurück, wollte eigentlich mit Waffen nichts mehr zu tun haben, aber ich dachte, ich könnte so ne Süße wie dich nicht einfach mit dem Problem allein lassen“, erklärte die Frau und hüpfte ganz lässig auf den Tresen, nahm sich eine Streichholzschachtel aus einer Schale und zündete sich eine Zigarette an.
„Du bist Soldatin?“
„Ich war Soldatin, jetzt bin ich so was wie ne Schmuckdesignerin, du wolltest den Kerl also einfach so mit deinem Geld aus dem Laden gehen lassen, clever war das nicht, oder?“
„Der Kerl hatte ne Waffe!“
„Viele Menschen tragen Waffen und wenn ich mich recht entsinne dürfen das in diesem Bundesstaat fast alle. Ich bin übrigens Garren“, stellte Garren sich vor, steckte sich die Zigarette cool in den Mund und reichte ihr die Hand.
„Dann dank ich dir, Garren, vor allem mein Boss wird dir danken. Kann ich dir irgendwie dafür danken, dass du mich so heldenhaft gerettet hast?“
„Du könntest mir sagen, ob ihr sehr dünnen Draht führt, und was du von Dreiern hältst“, war Garren cool wie Eis und beugte sich anzüglich zu ihr hin.
„Ich steh nicht auf Frauen und ja den haben wir da hinten im Eck bei den Bastelartikeln“, fühlte sie sich unwohl von ihren Anzüglichkeiten.
„Schade, wenn man die ganze 90er Klamotte wegdenkt und das dicke Haargummi bist du echt nen heißer Feger“, entgegnete Garren, sprang wieder vom Tresen und ging in die Ecke für Bastelartikel. In dem Moment kam Valys Boss zurück.
„Was ist hier passiert, alles klar bei dir?“, wollte ihr Boss besorgt wissen.
„Jemand wollte uns ausrauben“, brach Valy plötzlich in Tränen aus.
„Wie viel haben sie mitgenommen?“
„Nichts, die Polizei hat ihn schon vor der Ausgangstür geschnappt“, schniefte sie.
„Sag nicht, dass einer so blöd war unseren Laden zu überfallen während ein Bulle im Laden war!“
„Nicht direkt, die Frau da hat ihn schachmatt gesetzt“, erklärte Valy weiter und zeigte auf Garren die mit der Fluppe im Mundwinkel die Drahtspulen durchwühlte.
„Du warst das doch. Du mit deinen hellseherischen Fähigkeiten hast das kommen sehen und hast ihn überwältigt“, glaubte er ihr nicht.
„Garren, kommst du mal bitte“, rief Valy zu Garren hin und die kam mit einer Drahtspule in der Hand zurück.
„Hab die richtige gefunden, die für meine Ketten passt. Der Herr des Hauses ist zurück, wie ich sehe. Ich hab Ihrer Tochter viel Ärger erspart, keine Ursache“, entschied Garren und knuffte Valys Boss cool an die Schulter.
„Sie ist nicht meine Tochter und wer waren Sie nochmal?“
„Sorry, mein Fehler, ich dachte nur weil sie so ein schüchternes Ding ist und so. Ich bin Garren Huckabee, ich wohn erst ein paar Wochen hier in Kuhmist-City, ich bin aus Fresno hergezogen, weil ich den vollen Landleben-Flash erleben wollte. Was schuld ich dir, Zuckerschnute?“
„Die geht aufs Haus, für Ihre Hilfe. Sie können ruhig öfters mal vorbeischauen und mein Geld retten, vielen Dank“, war auch Valys Boss etwas verwirrt.
„Okeydokey, dann danke ich, wenn du nen Schmuckstück für deinen süßen Hals brauchst, ich hab den Laden die Straße runter rechts gemietet, ich mach auch Wunschanfertigungen. Eine Sicherheitskamera würde hier echt nicht verkehrt sein, nur so als Tipp“, erklärte Garren, musterte Valy wieder und ging von dannen.
„Krieg ich nen Whiskey von der Flasche die du jeden Tag vor mir versteckst?“, musste Valy die Sache erst mal verdauen.
„Kriegst du und ich trinke nur, wenn ich Lust darauf habe“, versprach ihr Boss und schenkte ihr einen Schluck Whiskey in ein Glas ein, was sie hastig trank.
„Du hast ziemlich viel Lust in letzter Zeit, mehr sag ich dazu nicht. Ich mach jetzt Pause, könnte länger dauern“, entgegnete sie, stand von dem Schemel auf, auf dem sie gesessen hatte, und ging Garren hinterher.
 
„Garrett, warte“, rief sie ihr hinterher und Garren drehte sich um.
„Garren, Garrett ist nen Name für nen Kerl, Süße!“
„Sorry, Garren, tut mir leid. Erzählst du mir was vom Irak-Krieg?“
„Ich hab meine halbe Einheit verloren, zwölf Pfund und fast meinen Verstand, jetzt hab ich ne heiße Krankenschwester als Freundin und bastle Mittelalterschmuck für mein Seelenheil, sonst noch Fragen?“
„Du bist ne Lesbe, oder?“
„Blitzmerker, sag mir nicht, dass diesen Kuhkaff unsereins gern vertreibt, wir haben extra nachgeforscht und da hat man uns gesagt, ihr wärt cool mit allem!“
„Sind wir auch, total cool, entschuldige die Frage. Machst du auch Sachen aus Holz?“
„Ja, wieso?“
„Ich bräuchte nen Geschenk für meine Mutter und sie steht auf so was. Kann ich mit dir in den Laden kommen?“
„Klar doch, freu mich doch immer über Kundschaft. Was ist mit deinem Job?“
„Mein Boss ist eh in ein bis zwei Stunden so Hacke Dicht, dass er gar nichts mehr mitkriegt, das geht schon klar“, erklärte sie und folgte ihr.
 
Die beiden Frauen traten in einen etwas vollgestellten Laden. Eine Frau, die Valy ähnlich sah, stand hinter dem Tresen und zählte Geld.
„Da bist du ja wieder, kannst du noch zur Bank gehen? Die Kasse ist ziemlich voll“, entgegnete die Frau und Garren ging zu ihr und küsste sie kurz.
„Kann ich machen, was?“, fragte sie, als sie sie kritisch ansah.
„Wir rauchen also wieder?“
„Nein, ich rauche wieder, du willst ein Baby kriegen und deshalb rauchst du nicht mehr. Wir haben Kundschaft, Chelsea“, entschied Garren und zeigte auf Valy.
„Wie schön, ich bin Chelsea, wie kann ich dir helfen?“, begrüßte Chelsea, Valy.
„Valerica und ich such eine Kette aus Holz für meine Mum“, erklärte Val etwas irritiert von dem lesbischen Pärchen.
„Wir haben schöne Holzsachen, meine Freundin hatte vor kurzem ne ausgiebige Holz-Phase. Die Holzsachen laufen nicht so gut, ich hab sie im Lager, warte kurz“, bat Chelsea und ging ins Lager.
„Du hattest also eine Holz-Phase?“, frotzelte Valy und Garren sah sie böse an.
„Hey, ich mach was Kreatives in meinem Leben“, murrte Garren.
„Wenn es dir über die Scheiße weg hilft die du erlebt hast, will ich nichts gesagt haben. Ihr wollt also ein Kind?“, versuchte sie das Thema zu wechseln.
„Ja, sieht so aus. Wenn du mich jetzt fragst wie das funktionieren soll, hau ich dich“, drohte sie ihr.
„Hey, wir sind hier nicht so hinterwäldlerisch, wie du vielleicht denkst. Ich hätte auch gern ein Kind, aber ich bin unfruchtbar“, gestand Valy.
„Das tut mir leid zu hören, ich bin fruchtbar, möchte aber nicht schwanger werden, ruiniert die Figur“, erklärte Garren.
„Und aus dem Grund muss ich mir die Figur ruinieren lassen. Hier hast du eine Auswahl an Ketten“, mischte sich Chelsea ein und stellte einen Ständer mit Ketten auf den Tresen.
„Die schlichte Kette ist schön, die nehm ich“, wählte sie eine aus.
„Eine Frau, die weiß was sie will, das freut mich, die ist wirklich die Schönste, mach 20 Dollar!“
Valerica nahm ihren Geldbeutel aus der Tasche und reichte ihr das Geld.
„Warum wollte er nicht dein Geld?“
„Wie meinen?“
„Warum hast du deinen Geldbeutel noch?“
„Weiß ich doch nicht, ich bin zumindest froh darüber. Ich sollte dann mal wieder los, irgendjemand muss den Laden ja führen, während sich mein Chef die Kante gibt. Ich lad dich mal zum Kaffee ein, als Dank für die Aktion vorhin. Wünsch euch noch nen schönen Tag“, bedankte sich Valy und ging wieder an ihren Arbeitsplatz.
 
Sofort nach dem nach hauskommen ging sie zu ihrer Mutter.
„Hey, hast du jetzt Zeit?“, begrüßte sie ihre Mutter.
„Eigentlich nicht, aber komm rein“, war Abby immer noch nicht besser auf sie zu sprechen.
„Jetzt reicht mir deine Geheimniskrämerei, was ist mit dir los?“, wurde Valy wütend.
„Setz dich, bitte“, bat ihre Mutter ernst und sie setzte sich verwundert.
„Du bist doch nicht krank, oder?“
„Nein, dafür leb ich viel zu gut. Also, man ist das schwer“, begann sie zu erzählen.
 
„Ich hab nen Bruder“, kommentierte Valy die Geschichte, als Abby fertig war zu erzählen.
„Ja, einen Zwillingsbruder, es gab einen furchtbaren Sorgerechtsstreit, die Richter haben entschieden, dass jeder ein Kind bekommt, das war die furchtbarste Entscheidung meines Lebens, glaub mir“, erzählte Abby weiter.
„Wie konntest du mir so was verschweigen?“, wütete sie erbost und stand auf.
„Ich wollte dir diesen Schmerz ersparen, den ich seit fast 30 Jahren mit mir rumtrage. Sein Name ist Alex!“
„Ich hab einen Zwillingsbruder. Mein ganzes Leben hab ich mir Geschwister gewünscht und jetzt erfahr ich, dass ich sogar einen genetisch gleichen Bruder habe, egal was mit euch war, das haben wir nicht verdient“, konnte sie es nicht verstehen und stürmte aus dem Wohnwagen.
 
Garren fand sie später betrunken mit einer Flasche Wein in einem Gartenstuhl sitzend am Ende des WohnwagenParks.
„N’Abend, nettes Umfeld, in dem du da lebst“, begrüßte Garren sie und setzte sich auf einen Stapel Holz neben sie.
„Willst du mich jetzt aufziehen?“
„Nein, ich will dich aufmuntern, egal was dir zugestoßen ist, gibt es keine Entschuldigung allein zu trinken“, entschied sie.
„Ich hab nen Zwillingsbruder“, lallte sie nur.
„Und der trinkt auch, oder wie?“
„Keine Ahnung, ich hab heut erst erfahren, dass er existiert. Da musst du meine heuchlerische Mutter fragen!“
„Oh je, das klingt gar nicht gut. Komm, wir bringen dich erst mal ins Bett“, kam auch Chelsea zu ihnen und die Frauen zogen sie hoch.
„Ich schlaf nicht mit euch“, murmelte sie und die Frauen hakten sich bei ihr unter.
„Keine Sorge, ich steh nicht so sehr auf Dreier wie meine Süße, vor allem nicht mit betrunkenen Mädchen. Also welcher von diesen hübschen rollenden Metallboxen nennst du dein Eigen?“
„Da müssen wir nen ganze Weile laufen, meiner steht ganz im Westen des Parks“, entgegnete sie.
„Dann sollten wir loslaufen. Denkst du, dein Bruder ist auch son hübscher Kerl wie du? Dann wäre er ein exzellenter Samenspende-Kandidat“, dachte Chelsea laut nach.
„Lass das Chels, wir werden schon jemanden finden, der etwas gebildeter ist“, bat Garren raunzend.
„Hey, jetzt werdet nicht abfällig, vielleicht ist mein Bruder auch ein Nobelpreisträger, wisst ihr das?“
„Das glaub ich eher weniger und du weißt das auch nicht. Jetzt lassen wir dich erst mal deinen Rausch ausschlafen und dann sehen wir weiter“, plante Chelsea und mühsam brachten sie Valy ins Bett.

Drittes Kapitel


„Ich brauche dich, bitte hilf mir“, hörte sie eine Stimme aus der Ferne. Sie schreckte aus dem Schlaf auf und setzte sich auf. Dies bereitete ihr höllische Kopfschmerzen.
„Heilige Scheiße, verdammt“, fluchte sie.
„Man, du hast ganz schöne Schimpfwörter drauf für so nen hübsches Mädchen“, hörte sie Garrens Stimme und panisch griff sie nach ihrer Waffe in der Nachtischschublade und richtete sie gegen sie.
„Sag doch, ihr seid alles Waffennarren. Ich hab die Kugeln rausgenommen, ich bin nicht von gestern“, erklärte Garren und zeigte ihr das Magazin.
„Auf Stalker steh ich gar nicht!“
„Ich auch nicht, sie ist keine Stalkerin. Ist dir übel, oder soll ich dir ein Frühstück machen?“, fragte Chelsea, die mit einem Kaffee in der Hand aus Valys Küche kam.
„Kaffee reicht fürs Erste, danke. Ihr zieht hier aber nicht so eine Misery-Sache durch und brecht mir die Knochen um mich ans Bett zu fesseln, oder?“
„Du bist echt ein zynisches Mädchen, ehrlich. Wir wollen nur nett sein, wir Städter können das auch. Hast du eigentlich auch Klamotten die in diesem Jahrzehnt gekauft worden sind?“, kritisierte Chelsea und stellte ihr den Kaffee hin.
„Na ja, nett ist anders, ich hab halt Lieblingsklamotten die ich schon ne Weile trage. Du schläfst mit ner Frau, die aussieht wie GI-Jane, du dürftest nicht so große Töne spucken“, musterte Valy, Garren.
„Hey, das ist mein Stil, wenigstens hab ich einen. Ich hätte Hunger, was dagegen, wenn mir meine Süße ein paar Eier in die Pfanne schlägt?“, fragte Garren und legte das Magazin auf den Tisch neben sich.
„Habt ihr kein zu Hause, wenn ich mir die Frage erlauben darf?“
„Nen besseres als du, wir dachten nur, dass du Freunde brauchst nach gestern. Ich mach dir auch Spiegeleier, die machen dich munter für die Arbeit. Ich hab mir die Freiheit genommen deinem Chef Bescheid zu sagen, dass du heute nicht kommst“, erklärte Chelsea und ging wieder in die Küche.
„Du hast was? Wer gibt dir das … oh man, weg da, ich muss mich übergeben“, stolperte Valy aus dem Bett und übergab sich in der Spüle.
„Gern geschehen. Geh dich duschen, wenn du fertig bist, steht ein Frühstück für dich bereit“, schmunzelte Chelsea und Garren führte sie ins Badezimmer. Sie war schon halb ausgezogen, als sie bemerkte, dass Garren im Badezimmer stehen blieb.
„Ich bin wieder nüchtern, also egal was du vor hast, die Chance hast du verspielt“, war es Valy unangenehm, sie dabei zu haben.
„Ich pass nur auf, dass du nicht umkippst und dich dabei verletzt!“
„Ah, wenn du meinst, wenn dir dabei einer abgeht, meinetwegen“, war es ihr ziemlich egal. Sie zog sich aus, stieg unter die Dusche und zog den Duschvorhang ruckartig zu. Dabei riss er ab und polterte mit einem riesigen Lärm auf den Boden.
„Na super, ganz hervorragend“, murrte sie und ganz plötzlich überwältigten sie die ganzen Emotionen des vorrangegangen Tages und sie begann herzzerreißend zu weinen.
„Schatz, wir haben eine emotionale Krise hier, da bin ich jetzt ein bisschen überfordert mit“, rief Garren und Valy fiel ihr so nackt wie sie war um den Hals.
„Wie ich sehe hast du ja alles im Griff, komm her, Süße, es wird alles wieder gut, versprochen“, tröstete Chelsea sie und nahm ihrer Freundin, Valy ab.
„Such ihr was zum Anziehen raus, wir kommen gleich raus“, bat Chelsea und wickelte ein Handtuch um ihre Bekannte.
 
„Ich meine, ich hab mich mein Leben lang damit abgefunden, dass mein Dad weg ist, bevor ich mich an ihn erinnern kann, aber jetzt erfahre ich, dass er meinen Bruder mitgenommen hat, mein Fleisch und Blut, meinen engsten Verwandten“, schniefte Valy, als sie mit den beiden später auf dem Bett saß und Kekse in sich reinstopfte, die Chelsea für sie besorgt hatte, dass sie was aß.
„Du solltest ihn finden, er weiß es vermutlich gar nicht“, riet Chelsea ihr.
„Bullshit, wenn sie es ihm sagt, zerstört sie auch noch sein Leben!“
„Warum sollte sie sein Leben zerstören? Jeder Mensch hat das Recht zu erfahren wo er herkommt“, konnte Chelsea die Meinung ihrer Lebensgefährtin nicht akzeptieren.
„Ich weiß wer meine Geschwister waren, wenn ich es nicht gewusst hätte, hätte es mir sicher viel Leid erspart“, schlussfolgerte Garren.
„Wie kannst du so über deine Geschwister reden? Sie sind beide für unser Land gefallen und fehlen uns allen“, war Chelsea erbost.
„Wenn ich sie nicht gekannt hätte, wäre der Schmerz nicht so groß den ich jeden Tag spüre, das wollte ich nur damit sagen“, entgegnete Garren.
„Du hast all deine Geschwister im Krieg verloren? Das ist ja furchtbar!“
„Toll, jetzt hat sogar der Sozialfall Mitleid mit mir, toll gemacht, Chels“, murrte Garren.
„Kannst du mal bitte aufhören, mich einen Assi zu nennen, ich hab ein geregeltes Einkommen und ein normales Leben. Ich wohne in einem Wohnwagen, weil mir das gefällt, klar?“, murrte Valy.
„Ja, lass sie in Ruhe, Kritik kann sie grad gar nicht gebrauchen. Jemand sollte den Laden aufmachen, ich komm hier klar, Süße“, bat Chelsea, Garren zu gehen.
„Sicher, ist mir eh alles zu rührselig hier, ich gehe“, entschied sie und ging zur Arbeit, während sich die beiden anderen Frauen weiter unterhielten.
 
Valy döste grade leicht weg, als es an ihrer Tür klopfte.
„Garren hat es nicht lang ohne mich ausgehalten, was?“, schmunzelte Chelsea und ging zur Tür. Abby staunte nicht schlecht, als eine wildfremde Frau ihr die Tür öffnete.
„Ich will zu meiner Tochter“, erklärte Abby nur.
„Die schläft, ich glaub nicht, dass sie mit Ihnen reden möchte“, bemerkte Chelsea kühl.
„Ich bin wach, lass sie rein“, bat Valy und Chelsea ging aus dem Weg um sie reinzulassen.
„Rebellierst du jetzt mit ner Frau in deinem Bett?“, wollte Abby wissen.
„Nein, ich hab nen Kater und ruh mich aus“, murrte Valy.
„Saufen tust du jetzt auch!“
„Ich musste gestern einiges verdauen, tut mir leid, dass ich da zum Alkohol greife. Ich wurde gestern im Laden überfallen, weißt du das eigentlich? War gestern alles ein bisschen viel“, war Valy immer noch schlecht gelaunt.
„Ja, hab‘s gehört, war nicht der Beste Zeitpunkt, dir die Wahrheit zu sagen. Wurdest du verletzt, geht’s dir gut?“
„Du hast mich viel mehr verletzt. Ich weiß nicht, wie ich mit der Neuigkeit umgehen soll, ich will dich in nächster Zeit nicht sehen“, erklärte Valy und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sicher, aber du kannst immer zu mir kommen, wenn du Fragen hast“, versprach ihre Mutter.
„Das ist übrigens Chelsea, sie und ihre Partnerin haben den kleinen Schmuckladen die Straße runter von dem Heimwerkerladen in dem ich arbeite“, stelle Valy, Chelsea vor.
„Hey, kümmern Sie sich bitte um meine Tochter, solang ich es nicht kann, bitte“, bat Abby, Chelsea.
„Sicher, da können Sie sich auf mich verlassen. Gehen Sie einfach wieder, bitte!“
Abby sah Valy kurz an und ging wieder davon.
„Danke, ich kann sie grade echt nicht gebrauchen. Ich könnte jetzt echt noch Eier vertragen, brätst du mir welche?“
„Sicher, Süße, ruh dich aus, ich mach dir was. Ich ruf nur schnell Garren an und frag sie, wie’s im Laden läuft“, versprach Chelsea und ging telefonierend in die Küche.
 
Nachdem Valy gefrühstückt hatte, konnte sie Chelsea davon überzeugen, dass sie zur Arbeit gehen wollte. Der Überfall vom Tag zuvor lag ihr noch flau im Magen, aber Dudley versprach ihr, dass sie jetzt sicher waren und so konnte sie arbeiten.
Sie hatte ihre Ruhe, bis zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Mutter den Laden betrat.
„Nicht mal einen Tag kannst du mich allein lassen“, murrte sie ihrer Mutter entgegen, als sie gerade eine Bestandsliste schrieb, ohne aufzusehen.
„Du bist echt besser als du denkst, dass du vorausgesehen hast, dass ich komme“, lobte Abby sie.
„Dass du mich nicht überrascht, wenn du kommst, ist nichts übersinnliches und du riechst auch meilenweit nach Patschuli“, murmelte sie etwas gehässig.
„Ich trockne Rosenblüten für ne Kundin, bitte lass uns reden“, bat ihre Mutter.
„Man, du bist echt so stur wie ich, heute Abend sieben Uhr bei mir“, gab sie nach und ihre Mutter ging Richtung Tür.
„Mum, warte, ich hab noch was für dich“, hielt sie ihre Mutter vom Gehen ab und sie kam zurück.
„Du willst mich doch nicht schlagen?
„Auch wenn ich das Bedürfnis danach hätte, nein, ich will dir was schenken“, erklärte Valy und reichte ihr die Kette, die sie gekauft hatte.
„Wenn du mir immer was schenkst, wenn ich was verbockt habe, sollte ich das wohl öfters machen“, schmunzelte Abby, aber Valy sah sie böse an.
„Oder nicht. Die ist wunderschön, wo hast du die gekauft?“
„Aus dem Laden von meiner Bekannten, die du heut Morgen kennengelernt hast. Gut, dass sie dir gefällt“, erklärte sie trocken.
„Mir gefällt doch alles, was du mir schenkst. Also, dann sehen wir uns heut Abend, vielen Dank“, bedankte sich Abby und ließ sie wieder allein.
„Alles klar bei euch? Euer Miteinander ist irgendwie seltsam heute“, kommentierte Dudley die Situation.
„Das ist ein privates Problem, ich möchte nicht darüber reden“, war sie plötzlich einsilbig.
„Klar, kein Thema. Ich bin aber da, wenn du reden willst!“
„Sicher, das weiß ich, danke!“
So arbeiteten sie weiter ohne weitere Komplikationen. Zögerlich ging sie an diesem Abend wieder zu ihrer Mutter.
„Hey, schön dass du kommst“, begrüßte Abby sie.
„Hab’s ja versprochen. Ich komm aber nur rein, wenn du mir wirklich alles erzählst“, handelte sie.
„Sicher, alles was du willst!“
„Gut, dann komm ich rein!“
Abby hatte ihrer Tochter liebevoll ein Abendessen gekocht und hatte einen Ordner mit Unterlagen bereitgelegt.
„Du meinst das wirklich ernst mit dem Ins-Reine-Kommen, was?“, kommentierte sie die Situation.
„Ja, ich hab dir das schon viel zu lange verheimlicht“, entschied Abby.
„Ja, das hast du. Hast du Bilder von ihm da drin?“
„Ich hab nur Babyfotos von ihm, tut mir leid!“
„Du hast keinen Kontakt mehr zu den beiden?“
„Nein, ich hab auch keine Ahnung, wo er im Moment lebt, oder ob dein Vater noch lebt“, erklärte sie und sie setzten sich.
„Du weißt, dass sie noch leben, ich glaub ich kenn deine Gabe so gut“, konterte Valy.
„Ich kann meine Gabe so kontrollieren, dass ich die Verbindung zu beiden vor langer Zeit gekappt habe“, bemerkte Abby und schenkte ihr ein Glas Wasser ein.
„Das geht? Ich will ihn nicht weiter sehen, zeigst du mir, wie das geht?“
„Das ist kein kleiner Zaubertrick, Tochter, ich musste lange trainieren dafür!“
„Dann lehre es mich, bitte!“
„Sicher, eins nach dem anderen, jetzt erzähl ich dir erst mal alles was ich über ihn weiß, bevor du ihn vergessen willst“, bat Abby und öffnete den Ordner, um ihr alles zu zeigen.
„Er sieht mir so ähnlich, er sieht immer noch so aus“, dachte Valy laut nach, als sie das Babyfoto von ihrem Bruder Alex in der Hand hielt.
„Beschreib ihn mir“, war Abby von ihren Worten gefesselt.
„Er sieht unserem Vater sehr ähnlich, ein hübscher Kerl“, wollte Valy irgendwie nicht über ihn reden.
„Geht es ihm gut?“
„Er braucht meine Hilfe, er bittet mich zumindest Nacht für Nacht darum!“
„Du kannst ihn nicht einfach ignorieren, der Bund zwischen euch beiden ist stärker als jede Meditation, du wirst ihm helfen müssen, dass das aufhört“, realisierte ihre Mutter plötzlich.
„Super, jetzt ziehst du mich in deine Welt mit rein, ich will mit dem Hokuspokus nichts zu tun haben, das sag ich immer wieder“, entgegnete sie.
„Unsere Familie bestand schon aus mächtigen Wahrsagern, als hier noch Wilde im Land rumgelaufen sind“, wurde Abby sauer.
„Dann wird es mal Zeit, dass der Mist aufhört“, entschied Valy.
„Valerica Afina, steh endlich zu deinen Wurzeln, verdammt, du bist so mächtig und verplemperst dein Leben in einem Werkzeugladen. Es reicht jetzt“, platzte Abby der Kragen. Sie konnte ihre Verweigerung nicht mehr akzeptieren, sie war eine Erbin einer langen Linie von Hellsehern und versuchte nicht Mal ihre Kräfte zu benutzen.
„Ja, es reicht jetzt, ich muss hier weg“, murrte sie und stürmte davon.

Viertes Kapitel


„Was machst du da?“, fragte Garren kopfschüttelnd, als sie spät an diesem Abend Valy zusah, wie sie ihre Sachen in ihren Wagen lud.
„Nach was sieht’s denn aus? Ich verschwinde hier“, murrte Valy und knallte ihren Kofferraumdeckel zu.
„Wo willst du denn hin?“, mischte sich auch Chelsea ein.
„Ist das hier „Wer wird Millionär? Geht euch nichts an!“
„Du weißt es nicht, oder?“
„Danke für eure Unterstützung in den letzten Tagen und so, aber da muss ich allein durch“, bedankte sich Valy bei den Frauen und setzte sich auf den Fahrersitz. Als sie in den Rückspiegel sah, um auszuparken, bemerkte sie, dass ihre Bekannten sich auf den Rücksitz gesetzt hatten.
„Was soll das denn jetzt?“
„Ich hab deiner Mutter versprochen, dass ich mich um dich kümmere, also tu ich das jetzt hiermit“, erklärte Chelsea.
„Raus aus meinem Auto, ihr Verrückten“, bat sie ernst.
„Ich steig erst aus, wenn du wieder aussteigst!“
„Man, euch werde ich wohl nicht mehr los, was? Meinetwegen, ich fahr bei euch vorbei, ihr packt was und dann fahren wir los“, gab sie nach, weil sie sich grade wirklich einsam fühlte.
 
Mitten in der Nacht verließen die drei Frauen die Stadt, die eigentlich ihre Heimat war.
„Hast du irgendeine Richtlinie wo wir hinfahren könnten?“, fragte Garren, als sie ne Weile gefahren waren.
„Nein, keinen blassen Schimmer!“
„Gut zu wissen dass wir unsere Einnahmeneinbußen nicht umsonst riskieren“, entgegnete Chelsea.
„Hat euch keiner gezwungen mitzufahren“, murrte Valy müde und rieb ihre Augen.
„Nein uns hat keiner gezwungen, aber du brauchst uns. Willst du deinen Bruder suchen? Dann gehen wir ihn suchen“, plante Garren.
„Keine Ahnung, sollte ich? Wo soll ich da anfangen?“
„Wie heißt er denn?“
„Alex, Alexis“, erklärte sie.
„Nen Nachname wäre nicht schlecht!“
„Den kenn ich nicht!“
„Das könnte kompliziert werden!“
„Da sagst du was. Könnte sein, dass ich etwas übereilt abgehauen bin. Wir sollten erst mal rausfinden, wo er ungefähr ist und ihn dann suchen“, schlussfolgerte Valy.
„Die erste richtige Entscheidung des Abends. Halt an, ich fahr zurück“, bat Garren cool, wechselte mit Valy den Platz und düste zurück nach Thedford.
 
Sehr müde kam Valy am nächsten Morgen zur Arbeit. Dudley war schon da und brachte grade eine Überwachungskamera an.
„Hey, hast wohl den Ratschlag von Garren befolgt, sehr gut“, lobte sie ihren Chef.
„Wer?“
„Die Frau die uns vorgestern den Arsch gerettet hat? Ich hab mich etwas mit ihr angefreundet, gestern“, erklärte Valy.
„Ah, wenn’s dir so gefällt“, verstand er das falsch.
„Nein, so mein ich das nicht, sie hat ne Freundin und ich steh immer noch auf Männer“, stotterte sie verlegen.
„Dann tut’s mir leid. Halt mal bitte“, bat er und drückte ihr ein Kabel in die Hand.
„Wo bringst du überall Kameras an?“
„Nur hier an der Kasse, keine Sorge, ich spioniere dir nicht hinterher“, versprach er und nahm das Kabel entgegen.
„Da hab ich keine Sorge, ich vertrau dir. Du willst auch keinem der Polizisten ein Video davon zeigen, wie du hier durch den Laden torkelst“, konterte sie cool.
„Ich bin kein Alkoholiker, Val!“
„Das sagst du!“
„Ich hab kein Alkoholproblem, hör auf damit!“
„Dudley, ich arbeite jetzt fast zehn Jahre für dich, du warst es vielleicht früher nicht, jetzt hast du morgens schon zittrige Hände“, sagte sie ihm endlich mal die Wahrheit.
„Pass auf was du sagst, Missy, ich könnte dein Vater sein, hab Respekt vor mir“, wurde Dudley wütend.
„Ich hab Respekt vor dir und du bist auch eine Art Vaterfigur für mich geworden. Deshalb muss ich dich endlich mal darauf ansprechen“, hatte sie durch die Frauen neugewonnenes Selbstbewusstsein.
„Raus hier!“
„Was?“
„Verschwinde!“
„Meinetwegen, ich will dir nur helfen, vergiss das nicht“, murrte sie, schnappte ihre Tasche und verließ den Laden wieder. Auf der Straße rannte sie in Garren hinein.
„Hey Süße, nicht so schnell, schon wieder Mittagspause?“, fragte Garren gutgelaunt.
„Ja, das wird die längste in meiner Karriere sein, mir ist grad nicht nach Reden, Gar‘, tut mir leid“, war sie kurz angebunden und ging eilig weiter.
„Deine Mutter schon wieder?“, war sie neugierig und folgte Valy.
„Gar‘, ich dachte, du bist der Typ in eurer Beziehung, seit wann bist du so gesprächig?“, wollte sie wirklich nicht reden.
„Du siehst nur wie jemand aus, der reden möchte“, schlussfolgerte Garren.
„Nein, will ich nicht, verschwinde!“
„Okay, jetzt weiß ich ganz sicher, dass du reden willst, ich fahr bei deiner nächsten Flucht sicher nicht mit“, hängte sie sich an ihre Bekannte ran, als die in einen Café ging.
„Einen Kaffee bitte, schwarz, zwei Stück Zucker, was willst du?“, bestellte sie einen Kaffee und drehte sich zu Garren hin.
„Milchkaffee mit Süßstoff“, antwortete Garren ihr hastig, weil Valy etwas geladen schien.
„Ernsthaft? Ich hab dich eher für den schwarz-ohne-Zucker-Typ gehalten“, war sie überrascht.
„Auch wenn ich hart wirke, ich bin immer noch eine Frau“, erklärte Garren und nahm den Kaffee entgegen.
„Ja, tut mir leid, ich bin grad gefeuert worden und bin deshalb nicht so gut drauf“, entschuldigte sich Valy und setzte sich mit ihrem Pappbecher in der Hand an einen Tisch.
„Warte, du bist gefeuert worden von der Schnapsdrossel? Was hast du gemacht, ihm dem Fusel weggetrunken?“, war Garren ungewohnt feinfühlig und setzte sich neben sie.
„Ich hab ihn endlich darauf angesprochen, ich weiß auch nicht, seit gestern ist mir irgendwie der Kragen geplatzt und ich muss alles loswerden, was mir seit Ewigkeiten auf der Seele liegt“, erklärte Valy und schlürfte an ihrem Kaffee.
„Hat dich deinen Job gekostet, wie es aussieht“, kommentierte Garren trocken.
„Ja, sieht so aus, dann hält mich wenigstens nichts davon ab, meinen Bruder zu suchen. Er ist mir übrigens heute Nacht nicht im Traum erschienen, war vermutlich zu müde“, dachte sie laut nach.
„Sei mir nicht böse, aber ich bin nicht so ganz überzeugt von deiner Gabe“, entschied Garren kritisch.
„Dein leiblicher Vater ist abgehauen, da warst du noch ein Baby und deine Mutter hat ein Herzleiden, was zwar harmlos ist, sie aber trotzdem Medikamente dagegen nehmen muss. Dein erstes Kuscheltier hieß Baxter, so wie auch dein erste Hund und deinen ersten Kuss hast du in der siebten Klasse von Terence Malconi bekommen und du hast schon damals gewusst, dass dir das nie gefallen würde“, erzählte Valy etwas aus Garrens Leben, was sie eigentlich nicht wissen konnte.
„Okay, am Anfang hab ich gedacht, Chelsea hätte dir das Zeug erzählt, aber das von Terence weiß nicht mal sie“, staunte Garren.
„Ich bin eine Hellseherin, ob es mir gefällt, oder nicht. Meine Mutter wird gleich anrufen und mir sagen, dass sie stolz auf mich ist, dass ich das endlich einsehe. Sie ist nämlich verdammt gut in dem was sie da macht“, entschied Valy und in dem Moment klingelte ihr Handy.
„Ja Mum, ich werde mit Dudley reden, dass er mich wieder einstellt. Ja, ich hab es endlich gesagt und nein, Koffein ist nicht schlecht für den Körper wenn man die halbe Nacht wach war“, wusste Valy genau, was ihre Mutter fragen wollte.
„Ja, ich komme heute Abend wieder zu dir und diesmal reden wir ohne dass ich schreie. Gut, dass die Kette gut zu deinem pinkfarbenen Top passt, ich muss jetzt auflegen, ich bin nicht allein, bye!“
„Zurückkommend auf die Frage von gestern Abend, die du mir im Wagen gestellt hast, ich weiß genau, warum ich seit der High-School Single bin“, entgegnete sie trocken und nahm wieder einen Schluck Kaffee.
„Ja, das muss ätzend sein für die Männer, wenn die Freundin wirklich alles von einem weiß. Wenn’s dich beruhigt, ich hatte auch keinen Kerl mehr seit der High-School“, schmunzelte Garren.
„Nein, nicht wirklich“, bemerkte sie und lächelte Garren matt an.
„Du könntest auch in unser Team wechseln, wir Frauen wissen gern alles“, schlug Garren vor.
„Hab ich nicht vor, tut mir leid, weiß Chelsea eigentlich, dass du so schamlos fremdflirtest?“
„Ich flirte nicht, ich bin nur nett, kann’s auch lassen“, war Garren beleidigt.
„Tut mir leid, ich hab nicht viele Freunde, ist schön, dass du dich mit mir anfreunden willst. Momentan brauch ich echt ne Freundin“, entschuldigte sie sich.
„Du hast ne Freundin in mir, versprochen und auch in Chelsea. Wir kommen auch aus kaputten Familien, wir haben viel gemeinsam. Du kommst nicht drum herum, mit deiner Mutter über alles zu reden, denn nur mit einem Vornamen können wir deinen Bruder nicht finden“, versprach sie.
„Ich werde sie um alles bitten, was sie weiß. Es ist seltsam, ich hab mir zuvor nie Gedanken über meinen Vater gemacht, ich hab halt gedacht, dass er auch ein Versager und ein Dieb ist, wie es die meisten Männer mit rumänischen Wurzeln sind. Irgendwie weiß ich, dass mein Bruder anders ist, ich weiß auch nicht, vielleicht, weil er wie ich sein muss“, dachte sie laut nach.
„Wir werden ihn finden und dann wirst du dich davon überzeugen können. Ich würde alles geben nur noch einmal mit meinem Bruder reden zu können. Mein Bruder war übrigens Chelseas Verlobter. Sie war Krankenschwester im Lager, wir haben uns in der Zeit nach seinem Tod ineinander verliebt“, erzählte Garren von ihrem Leben, obwohl sie genau wusste, dass ihre Bekannte das schon wusste.
„Du trägst seine Hundemarke um deinen Hals, er muss dir viel bedeutet haben“, schlussfolgerte Valy.
„Ja, das hat er, ich dachte, wenn ich sie so nahe an meinem Herzen trage, würde ich so mutig werden wie er, doch es macht mich eigentlich immer traurig, wenn ich sie ansehe“, erklärte sie und spielte nachdenklich mit ihrer Hundemarke um den Hals herum.
„Vielleicht solltest du sie zusammen mit deinen Marken tragen, das verstärkt die Macht“, schlug Valy vor.
„Ist das so ein Voodoo-Zauber?“
„So in etwa, probiere es einfach aus. Kennst du dich eigentlich mit Internetrecherche und so aus? Ich hatte Computerunterricht in der Schule und alles, aber ich steh oft mit dem Computer auf Kriegsfuß“, bat sie um Hilfe.
„Chelsea ist der Computercrack, ich bin auch nen bisschen unbeholfen. Aber ich kann ziemlich überzeugend am Telefon sein“, schlug sie vor.
„Danke, das würde mir echt helfen. Ich hab nämlich echt keinen blassen Schimmer, wie ich das anfangen soll. Na ja, zumindest hab ich jetzt Zeit für die Suche“, bedankte sie sich und trank den letzten Schluck von ihrem Kaffee.
„Du bist ein cleveres Mädchen, du kannst in jeder Stadt dieses Landes in einem Werkzeugladen arbeiten. Aber du kannst sicher so viel mehr“, sprach sie ihr Mut zu.
„Das glaub ich eher weniger, aber wenn du meinst. Ich sollte jetzt zu meiner Mutter fahren, ich hab irgendwie das Gefühl, dass wir keine Zeit verlieren sollten, ihn zu finden“, entschied sie und stand auf.
„Wieder so ne Eingebung?“
„Du solltest aufhören meine Gabe zu belächeln!“
„Tu ich nicht, das war ernst gemeint, ich bewundere dich für deine Gabe. Ich sollte dann auch mal wieder in den Laden, bevor die Misses noch sauer wird. Ich komm heut Abend mal vorbei und schau nach dir“, versprach Garren und verließ vor ihr das Café wieder. 

Fünftes Kapitel


Als Valy zu ihrem Auto kam, sah sie einen riesigen Kratzer auf der Seite ihres Autos.
„Ernsthaft? Für was ist eigentlich meine Gabe gut, wenn ich so was nicht verhindern kann?“, nörgelte sie und ging um ihr Auto herum.
„Das war eine von den Lesben aus dem Esoterik-Laden die Straße runter“, kommentierte der Zeitschriftenhändler ihren Wutausbruch.
„Warum tut sie das? Danke für die Info, Merl“, sagte sie kopfschüttelnd und stapfte die Straße herunter zu Chelsea.
„Was zum Teufel, Chels, was hab ich dir getan?“, kam Valy in den Laden gestürmt und störte Chelsea während einem Verkaufsgespräch.
„Bin gleich bei dir“, entgegnete Chelsea stotternd und mit verschränkten Armen wartete Valy bis die Kundin gegangen war. Als die Tür zugefallen war, schloss Valy die Tür ab und drehte das Schild auf „Geschlossen“.
„Du machst mir Angst, Val!“
„Gut, das hab ich auch vor, ich hab den Wagen grad erst abbezahlt, hast du den Verstand verloren?“, kam sie langsam auf sie zu.
„Valy, ganz ruhig, meine Freundin ist ein Milli-Bisschen eifersüchtig, tut mir leid“, mischte sich Garren ein und stellte sich schützend vor ihre Freundin.
„Ein Milli -bisschen? Ein Milli -bisschen? Mein Wagen sieht aus, als wär nen LKW dran lang geschrammt“, wurde Valy richtig laut.
„Ich lasse das reparieren, beruhig dich“, bat Garren.
„Ja, das wirst du, denn leisten kann ich mir das nämlich nicht mehr, jetzt wo ich keinen Job mehr habe. Ihr seid echt zwei verrückte Weiber. Ich will nichts von Garren außer ihrer Freundschaft, Chelsea und das weißt du auch. Bitte red vorher mit mir, bevor du nächstes Mal was von mir zerstörst“, bat Valy ruhiger.
„Du hast deinen Job verloren?“, fragte Chelsea besorgt.
„Ja, aber daran bin ich allein schuld. Ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid, das ist alles nur etwas viel für mich, ich sollte jetzt wieder gehen“, bemerkte sie nachdenklich und ging wieder zur Tür.
„Du könntest auch bleiben und wir lassen die Tür für heute zu. Wir haben einen super Internetempfang hier und mehr Donuts als wir jemals essen könnten“, schlug Garren vor.
„Klingt nach nem Plan“, stimmt sie zu, drehte sich wieder zu ihnen und folgte ihnen ins Büro.
 
Es war schon dunkel, als Valy an Chelseas Schreibtisch immer noch recherchierte. Lächelnd kam Garren hinter ihr zu ihr und legte ihre Hand auf ihre Schulter. Sie erschreckte sich furchtbar.
„Jesus, Garren, dass ich ne Hellseherin bin heißt nicht, dass ich alles voraussehen kann. Ich krieg noch nen Herzinfarkt“, stotterte sie erschreckt.
„Tut mir leid, ich wollte nur sagen, es funktioniert“, erklärte Garren und Valy drehte sich im Drehstuhl um und zog die Augenbrauen hoch.
„Mehr Informationen, richtig, ich trage meine Hundemarken jetzt zusammen mit denen von meinem Bruder, es fühlt sich besser an, danke für den Tipp“, bedankte sich Garren.
„Ja, meine Mutter erzählt viel wenn der Tag lang ist, aber von Chi hat sie wirklich Ahnung. Man, ist ja schon dunkel, ich sollte mal zu ihr gehen“, entschied sie und stand auf.
„Ja, solltest du, denn wir kommen sonst nicht besonders weiter. Chelsea ist zu Hause und backt nen Kuchen für dich als Entschuldigung“, erklärte Garren und ließ sie aus der Tür gehen.
„Deine Freundin sollte echt mal meinen Seelenklempner aufsuchen, sie hat echt einen Dachschaden, nichts für ungut“, kommentierte Valy, Chelseas Aktionen und nahm ihre Tasche.
„Dir ist schon klar, dass du in einem Satz erwähnst, dass du nen Seelenklempner hast und dass meine Geliebte die Verrückte ist, oder?“
„Ich bin nicht verrückt, ich muss tagtäglich mit seltsamen Visionen leben, das schlägt auf die Psyche. Ich geh aber nicht mehr zu ihm, ich gelte als stabil seit zwei Jahren“, sagte sie stolz.
„Du solltest trotzdem wieder zu ihm gehen, nach allem was du in den letzten Tagen erlebt hast. Ja, ich war auch beim Seelenklempner nach meinem Kriegseinsatz, posttraumatischer Stress wie die das so gern nennen. Ist der Fritze gut? Ich schicke meine Süße nicht zu irgendjemand“, wurde Garren erst sentimental und spielte dann wieder cool.
„Er ist wirklich gut, ich geb dir seine Nummer. Dein Chi fließt echt besser, ich fühl das. Du wirkst auch viel relaxter“, fühlte Valy, Garrens gute Laune.
„Daran ist auch ein bisschen Chelsea Schuld, denn immer wenn sie nen Eifersuchtsschub hatte haben wir danach Sex“, schmunzelte Garren.
„Okay, das waren zu viele Informationen“, entgegnete Valy naserümpfend.
„Hey, du musst echt unsere gleichgeschlechtliche Beziehung akzeptieren lernen wenn du mit uns befreundet bleiben willst“, murrte Garren.
„Ich versuch’s doch, aber ich bin nen Mädchen vom Lande und ihr seid meine ersten lesbischen Freunde. Aber ich bin so froh, dass ihr jetzt grade für mich da seid. Ihr wärt gestern fast mit mir durchgebrannt, obwohl ich gar nicht wusste, wohin ich wollte“, bedankte sich Valy bei hr.
„Ich wusste, dass du umkehren würdest“, gestand Garren.
„Wir sind also auch Hellseherin, teure Freundin?“
„Nein, ich wusste es einfach, das nennt sich Menschenkenntnis. Jetzt geh, bevor deine Mutter noch schläfst, bevor du bei ihr ankommst“, bat Garren und kopfschüttelnd ging Valy davon.
 
Als Abby ihr die Tür öffnete, trug sie Valys Geschenk um den Hals.
„Hey, steht dir gut die Kette“, begrüßte Valy sie.
„Ja, tut sie, danke. Können wir jetzt vernünftig reden?“
„Ja, können wir, tut mir leid, bin ein bisschen ausgetickt neulich, passiert nicht mehr“, versprach Valy.
„Ich weiß, ich wusste, dass du zurückkommst, deshalb hab ich dich nicht aufgehalten“, entschied Abby.
„Ich bin echt viel zu berechenbar geworden. Ich möchte jetzt alles über meine Wurzeln und meine Gabe wissen“, gestand sie.
„Dann erzähl ich dir alles was du wissen willst!“
 
Früh am nächsten Morgen besuchte Valy das Pärchen zu Hause.
„Du weißt schon, dass du jetzt ausschlafen kannst, jetzt wo du arbeitslos bist, oder?“ wollte Garren wissen, die mit wilder Sturmfrisur und nur in Shorts und Unterhemd ihr die Tür öffnete.
„Ich hab jetzt alles was ich brauche“, begrüßte Valy sie nur.
„Nein, du hast sie eher nicht alle beieinander. Kaffee?“, fragte Chelsea, die nicht mehr bekleidet war als ihre Freundin und hinter ihr aus dem Schlafzimmer gekommen war.
„Sagt die Frau, die mein Auto um-dekoriert hat. Kaffee wäre klasse“, entschied sie und kam rein.
„Hast du gar nicht geschlafen?“ fragte Chelsea besorgt, als sie Valys aufgekratztes Verhalten analysierte.
„Ich hab die halbe Nacht mit meiner Mutter geredet und den Rest der Nacht darüber nachgedacht. Ich schlafe wieder, wenn ich ihn gefunden habe“, konterte Valy, die am Küchentisch saß und nervös mit dem Fuß wippte.
„Oder du gibst uns alle Informationen die du über ihn hast, lässt uns unsere Arbeit tun und du gehst schlafen“, schlug Chelsea vor.
„Es ist einfacher, wenn ich dabei bin, mir geht’s gut, ein, zwei Tassen Kaffee und ich bin wieder fit“, versprach Valy.
„Sicher, wenn du meinst, ich mach dir aber vorher erst mal einen Tee“, entschied Chelsea. 10 Minuten später war Valy mit den Schlafmitteln, die Chelsea ihr in den Tee getan hatte, eingeschlafen.
„Sie hat echt noch wenig hellseherische Kräfte, wenn sie das nicht kommen sehen hat. Obwohl du schon manchmal kriminelle Züge an dir hast, sie einfach so zu betäuben, du Kasper“, entgegnete Garren, während sie Valy zusah, wie sie friedlich auf dem Sofa schlief und sie am PC recherchierten.
„Sie braucht Schlaf und den hab ich ihr verschafft. Findest du was in den allgemeinen Sozialnetzwerken?“
„Es gibt einige Alexis Afina darin, wollen wir alle anschreiben und uns als sie ausgeben, oder wie?“
„Ist nen Plan!“
„Sollten wir sie nicht vorher fragen?“
„Ist doch dein Account, tu’s einfach. Wenn es Ärger gibt, sag ihr, dass ich Schuld bin, sie ist sicher immer noch sauer mich. Ich telefoniere mal die Nummern ab, die ich von Valys möglichen Vätern gefunden habe“, plante Chelsea und so recherchierten sie.
 
Fünf Stunden später erwachte Valy wieder.
„Willkommen zurück, Dornrösschen“, begrüßte Garren sie wieder unter den Lebenden.
„Was habt ihr mit mir gemacht?“
„Chelsea hat Kuchen gebacken“, sagte Garren nur.
„Ja, hast du schon gesagt. Deine Freundin ist ein Psychopath, ich hoffe, dir ist das klar“, murmelte sie schlaftrunken.
„Hey, das hab ich gehört, Kuchen?“, mischte sich Chelsea ein, die mit zwei Tellern mit Kuchen aus der Küche kam.
„Du hast mir Drogen in den Tee getan?“
„Das war nur ein leichtes Schlafmittel, das war nur zu deinem Besten“, entschied Chelsea und stellte den Kuchen ab.
„Meinetwegen, frag mich wenigstens nächstes Mal. Ich hab wirklich Schlaf gebraucht, also sollte ich dir dankbar sein. Oh fein, Kuchen“, bemerkte Valy gelassen und machte sich über den Kuchen her.
„Sie hat schon ne Überdosis von uns, dass sie das gar nicht stört. Wenn wir grade beim Beichten sind, wir haben alle Alexis‘ Afinas bei Facebook angeschrieben in Hoffnung den Richtigen zu finden“, gestand Garren.
„Gut, schon was gehört?“
„Wirklich? Siehst du, sie ist nicht sauer!“
„Warum sollte ich sauer sein, wenn es hilft ist es immer gut, also?“
„Ist erst ein paar Stunden her, wir müssen einfach abwarten. Während wir warten unterhalten wir uns ein wenig. Was für einen Typ Mann können wir für dich suchen, wenn wir grad schon so fleißig bei der Recherche sind?“, fragte Chelsea plötzlich und sah Valy an.
„Ich brauch keinen Mann“, behauptete sie.
„Ah, glaub ich nicht. Ich halte dich für den Löffelchen-Stellung-Typ also denk ich, wir brauchen einen Langweiler für dich“, plante Chelsea.
„Entschuldige mal, das kannst du doch nicht einfach so behaupten“, stotterte sie.
„Hattest du schon Mal Sex außerhalb des Schlafzimmers?“
„Äh nein!“
„Außerhalb des Betts?“
„Auf was willst du hinaus, Chels?“
„Ich sag doch, der muss schon ein echter Spießer sein. Bei den Alexis Brogans die ich angeschrieben haben, waren paar nette Kerle dabei, vielleicht ist einer davon dein Mann fürs Leben“, schlussfolgerte Garren.
„Mit einem Kerl zu schlafen der den gleichen Namen wie der Bruder hat ist viel zu schräg!“
„Man, den Spießer müssen wir dir echt austreiben. Aber erst Mal fahren wir nach Reno“, entgegnete Chelsea und drehte den Laptop herum, so dass sie ein Bild sehen konnten. Die Ähnlichkeit mit Valy war verblüffend.
„Die vielen Stunden die ich in diesem Portal verbracht habe und er war immer schon da“, wurde Valy melancholisch und fasste auf den Bildschirm.
„Wir sollten wirklich dahin!“
„Auf was warten wir dann noch?“, fragte sie aufgekratzt und klappte den Bildschirm zu.

Sechstes Kapitel


Abby sah ihrer Tochter zu, wie sie zwei Koffer in den Wagen packte und zu ihr gelaufen kam.
„Willst du da wirklich hin? Ich meine, es sind fast 30 Jahre und er weiß es sicher auch nicht“, wollte sie ihre Tochter aufhalten.
„Er ruft mich um Hilfe, da kann ich nur helfen“, entschied Valy.
„Du kannst dir das doch auch nur einbilden. Du solltest ihn wenigstens vorher anrufen, vielleicht ist er es auch nicht“, ließ sie nicht locker und Valy zeigte ihr das Bild, was Chelsea ihr von Alexis ausgedruckt hatte. Gerührt nahm sie das Bild sanft in ihre Hand.
„Das ist er, er sieht genauso aus, wie sein Vater“, schluchzte Abby.
„Willst du vielleicht mitkommen?“, fragte Valy überrascht von Abbys emotionalem Ausbruch.
„Nein, einer von uns muss ja Geld verdienen, gib ihm nen Kuss von mir“, bat Abby und umarmte ihre Tochter stürmisch.
„Ja, okay“, entgegnete Abby verwirrt und stieg in den Wagen.
„Meine Mutter zeigt Emotionen, das erste Zeichen des Weltuntergangs“, murmelte sie vor sich hin und drehte sich um, um rückwärts aus der Straße zu fahren.
„Es ist auch ihr Sohn, lass sie doch“, verteidigte Chelsea, Abby.
„Sicher, kann sie ruhig, ist nur seltsam. Wir wechseln uns mit dem Fahren ab, ich meld mich, wenn ich müde werde, okay?“, bat sie und das Paar sagte zu.
 
Nach einer Übernachtung in einem Motel fuhren die Frauen abends drauf in Reno ein.
„Wir sollten ne Runde Poker spielen gehen, während sie auf Familienbesuch ist“, schlug Garren vor, als sie vor einem Motel hielten.
„Nach dem Vegas-Debakel von 2008 ganz sicher nicht, mein Schatz. Wir begleiten sie“, entschied Chelsea streng.
„Will ich wissen, was 2008 in Vegas war?“
„Sagen wir mal so, wir zahlen immer noch einen Kredit ab. Wir sollten erst Mal schlafen gehen und morgen in aller Frische zu ihm hin. Garren, Geldbeutel“, bat Chelsea bestimmend.
„Vergiss es“, grummelte Garren.
„Einen Monat Sexsperre“, drohte Chelsea ihr.
„Das ist Reno, ich krieg hier überall Sex“, entgegnete Garren und Chelsea griff beherzt in die Gesäßtasche ihrer Freundin und holte den Geldbeutel heraus.
„Dann viel Spaß dabei, ohne Geld“, entgegnete sie cool und ging Richtung Anmeldung.
Valy ging breit grinsend an Garren vorbei, die verdattert dort stehen blieb.
„Ich hab immer gedacht, dass du die Hosen anhast in der Beziehung, hab mich wohl getäuscht“, frotzelte Valy, die sich beim Laufen umgedreht hatte.
„Danke Val, das musste jetzt echt nicht sein. Ich schlafe heute mit dir in einem Bett“, entschied Garren.
„In deinen Träumen, Gar“, konterte Valy.
„Die haben nur noch ein Doppelbett frei, wir werden heute alle in einem Bett schlafen müssen“, erklärte Chelsea, als sie zu ihnen zurückkam.
„Man, jetzt warst du aber schnell!“
„Ja, das bist du ja sonst immer!“
„Wenn ich gewusst hätte, dass ihr euch ständig streitet, hätte ich euch nicht mitgenommen“, murrte Valy, schnappte sich den Schlüssel aus Chelseas Hand und stapfte voran zum Motelzimmer.
„Wir streiten doch nicht, die verträgt ja gar nichts“, schmunzelte Garren verwundert, nahm die Hand ihrer Freundin und ging mit ihr ins Hotelzimmer.
 
In dieser Nacht, als Valy zwischen den beiden Frauen schlief träumte sie sehr intensiv von Alexis. Sie wachte auf, als Garren sie hart in die Seite boxte.
„Au, was sollte das?“, murmelte Valy.
„Du quatscht im Schlaf und ich möchte ohne Dolby Surround schlafen“, bat Garren.
„Tut mir leid, ich geh duschen“, entschuldigte sich Valy, stieg über die schlafende Chelsea und ging ins Badezimmer. Als die Dusche anging, wurde Chelsea auch wach.
„Was ist das denn jetzt?“, grummelte Chelsea müde.
„Keine Ahnung, sie ist deine Freundin!“
„Deine wohl auch und sie hält mich für verrückt. Muss sie jetzt duschen, weil sie mit zwei Lesben in einem Bett schlafen musste, oder wie?“
„Es hat gefühlte siebzig Grad hier drin, mir ist nur heiß“, erklärte Valy, die nur im Handtuch bekleidet zurück zu ihnen kam.
„Warum hast du nicht gesagt, dass du dich einfach mal nackt präsentieren willst, da haben wir nichts gegen“, flirtete Garren.
„Man, guckt mich nicht so an, ich will mir nur ein anderes T-Shirt aus dem Koffer holen. Schlaft einfach weiter“, erklärte sie und ging flink mit einem T-Shirt und einer Shorts in der Hand zurück ins Badezimmer.
 
Am späten Vormittag standen alle drei vor der Haustür der Adresse die er auf seinem Account angegeben hat.
„Eigentlich belächle ich ja Leute, die ihre ganzen Daten online stellen, aber momentan ist das echt von Vorteil für uns“, kommentierte Garren, als sie wie erstarrt alle auf einem Fleck standen.
„Ich kann das nicht!“, sagte Valy plötzlich.
„Das ist jetzt nicht ihr Ernst, oder?“, fragte Garren und sah Chelsea an.
„Dafür sind wir ja da, dass du das durchziehst. Komm, das packst du schon“, versprach Chelsea und nahm ihre Hand.
„Du hast Recht, diese Träume müssen endlich aufhören, ich bin so übermüdet“, entschied sie und klingelte. Mit einem Lächeln auf den Lippen erschien ein Mann mit europäischen Wurzeln an der Tür. Sein Lächeln erstarb, als er Valy sah. Er fluchte etwas auf Rumänisch und knallte die Tür wieder vor ihrer Nase zu.
„Will ich wissen was er grad gesagt hat?“, fragte Garren trocken.
„Oh nein, willst du nicht“, entschied Valy verdattert.
„Das ist dann wohl dein Dad gewesen“, fand auch Chelsea wieder Worte.
„Keine Ahnung, vermutlich. Gehen wir“, bat Valy und ging ein paar Schritte zurück.
„Was hat er gesagt, dass es dich so abschreckt?“, wollte Chelsea wissen.
„Das kann ich nicht wiederholen, tut mir leid!“
„Wir sind zwei Tage hierher gefahren, so schnell geben wir nicht auf“, entschied Garren und klingelte erneut.
„Entschuldigung, ich war nur überrascht dich zu sehen“, machte ihr Vater ihr wieder die Tür auf.
„Bist du Radu, mein Dad?“, fragte Valy hoffend.
„Ja, der bin ich, du siehst deiner Mutter so verdammt ähnlich“, entgegnete Radu freundlich.
„Ja, das hast du auf Rumänisch sehr klar ausgedrückt“, schlussfolgerte sie.
„Du hast das verstanden?“
„Ja, natürlich hab ich das verstanden, Mum hat mich bis zu meinem siebten Lebensjahr nur auf Rumänisch angesprochen“, erklärte sie.
„Wirklich?“
„Ja, aber dann kam ich in die Schule und hab dann nicht mehr Rumänisch gesprochen. Aber das hab ich gut verstanden!“
„Dann entschuldige meine Worte. Ich will ja nicht undankbar sein, dass du mich endlich treffen willst, aber ich lese in dir, dass du wegen Alexis da bist“, konterte Radu cool.
„Du bist auch ein Wahrsager?“, verstand sie nicht.
„Ich bin sogar noch besser als deine Mutter, aber ich mache kein Geld aus meiner Gabe. Alexis ist nicht hier, schon ne ganze Weile nicht mehr. Meine Freundin, die mit mir Alexis aufgezogen hat, hat mich schon vor 15 Jahren verlassen und Alexis mitgenommen. Er war regelmäßig bei mir, aber ich hab ihn schon ne Weile nicht mehr gesehen. Warum hast du gedacht, dass du ihn hier finden kannst?“, wunderte sich Radu.
„Alexis hat diese Adresse im Internet angegeben“, erklärte sie.
„Das erklärt so einige komische Leute, die hier schon rumgehangen sind. Ich geb dir die Nummer von seiner Mutter, vielleicht weiß die, wo Alexis ist“, schlug Radu vor und schrieb ihr die Nummer auf.
„Danke, das ist wirklich lieb von dir. Es ist so schön, dich kennenzulernen, Mum hat mir erst vor ein paar Tagen erzählt, dass ich einen Bruder habe!“
„Sie hat dir die Wahrheit nie erzählt?“
„Du hast Alexis auch nicht erzählt, dass ich existiere, oder?“
„Ich hab’s deiner Mutter versprochen, ich rede nicht mit ihr, aber ich habe sie mal geliebt und habe immer noch Respekt vor ihr, auch wenn das nicht so aussieht“, erklärte er weiter.
„Das ist schön zu hören. Hier hast du meine Nummer, ich wohne in Nebraska, aber du kannst mich ruhig mal anrufen“, entgegnete sie und schrieb ihm ihre Handynummer auf.
„Das ist lieb, danke. Wie geht es deiner Mutter?“
„Sie ist wie immer, nervig und trotzdem liebevoll. Danke für die Nummer, das sind übrigens meine Freundinnen Chelsea und Garren“, stellte sie die anderen vor.
„Sehr erfreut. Hast du grade gesagt, du kommst aus Nebraska? Man, Abby hat’s echt weit weg verschlagen von Vegas“, entschied Radu überrascht.
„Sie kommt aus Vegas?“
„Wir sind damals aus Bukarest in unseren Flitterwochen dorthin und haben uns in die Stadt verliebt. Du weißt nicht, dass du in Vegas geboren bist?“
„Mum hat mir anscheinend noch mehr verheimlicht, ich sollte eigentlich nicht mehr überrascht sein. Vor allem mit meiner Gabe, ich bin eher überrascht, dass ich das nicht vorher herausgefunden habe“, dachte sie laut nach.
„Du also auch?“
„Mit zwei Wahrsagern in der Familie, natürlich, so wie Alexis sicher auch“, schlussfolgerte sie.
„Nein, Alex hat die Gabe nie besessen!“
„Er muss sie haben, er hat mich mental um Hilfe gebeten“, erklärte sie.
„Das hat er? Dann muss die Gabe ihn inzwischen getroffen haben. Ich hoffe, er macht nicht so viel Unsinn damit, so wie ich damals“, dachte er laut nach.
„Ich will ihn zumindest finden!“
„Dann ruf meine Ex an, sie wohnt hier in der Stadt, ruf sie aber vorher an“, riet er ihr.
„Mach ich, danke. Mum hat übrigens nie mehr geheiratet“, sagte sie ihm und ging zur Tür.
„Nach allem was ich erlebt habe, würde ich das auch nicht mehr tun, ich versteh sie schon. Sag ihr Grüße von mir“, bat er und sie nickte und nahm den Türgriff in die Hand.
„Das kann nicht euer Ernst sein! Ihr seid Vater und Tochter und habt euch noch nie gesehen, ein bisschen mehr Emotionen haben ich hier schon erwartet“, mischte sich Chelsea ein.
„Wenn du Drama willst, guck dir ne Seifenoper an, Chels‘, wir haben keine Beziehung zueinander und das ändern wir auch nicht. Jetzt kommt“, entschied sie cool und ging mit den anderen Frauen wieder raus.
„Süß dein Dad, für nen alten Mann“, kommentierte Garren, als sie zum Wagen gingen.
„Was war das denn jetzt für ein Kommentar?“
„Wollt ich nur sagen, dein Bruder ist auch nen Schnuckelchen!“
„Sie ist bi, oder?“, wollte Valy von Garren wissen.
„Sie war mit nem Kerl verlobt, ich dachte nur, ich hätte sie inzwischen ganz umgepolt, ich hab wohl falsch gedacht“, konterte Garren cool.
„Hört ihr mal auf? Das war ein ganz neutraler Kommentar, ohne irgendeine sexuelle Anziehungskraft. Das war dein Dad, Val, lässt dich das ganz kalt?“, konnte Chelsea nicht verstehen, wie emotionslos s Val reagierte.
„Das war mein genetischer Erzeuger, für meinen Dad hätte er wenigstens bei einem Spiel dabei sein müssen, in dem ich ein Maskottchen war“, entschied sie trocken.
„Du warst ein Maskottchen? Oh du armer kleiner Nerd“, frotzelte Garren.
„Ich war gern Maskottchen, lass mich raten, Leichtathletikteam?“
„Ich hab nen Rekord im 500m-Lauf damals an meiner Schule aufgestellt, hör auf meine Gedanken zu lesen“, bat Garren trotzig.
„Hab ich nicht, war nur gut geraten. So, dann mal auf zum Stiefmonster, vielleicht weiß sie wo Alexis ist“, bemerkte sie und stieg in den Wagen.
 
Eine halbe Stunde später standen sie vor dem nächsten Haus und wieder war Valy wie erstarrt.
„Val, wenn du das bei jedem Haus machst, zu dem wir gehen, sind wir Weihnachten noch nicht zu Hause. Jetzt klingel schon“, bat Garren, die sich lässig auf einen großen Stein am Hauseingang gesetzt hatte.
„Gib mir ne Minute, bitte“, bat Valy nervös und Chelsea klingelte.
„So, Minute rum“, entschied Chelsea und die Tür sprang auf. Eine Frau in Abbys Alter mit schickem Kostüm öffnete ihr.
„Ja?“, fragte die Frau etwas naserümpfend über Valys Aussehen.
„Mrs Afina?“, fragte sie vorsichtig.
„So heiß ich schon lang nicht mehr, ich bin Mrs Brogan“, erklärte die Frau.
„Bevor sie anfangen zu reden, Sie sind nicht schon wieder so eine Frau, die behauptet, die Mutter des Kindes meines Sohnes zu sein, oder? Ich hab schon genug von euch Tussen abgewimmelt“, war Mrs Brogan ziemlich arrogant.
„Ich bin Valerica, seine Zwillingschwester“, erklärte sie.
„Okay, das ist mal ne neue Masche, die hab ich bis jetzt noch nicht gehört“, belächelte sie die Aussage ihres Gastes.
„Radu hat Ihnen auch nichts von mir erzählt, hätte ich mir denken können. Also, wo ist er?“
„Mein Stiefsohn ist seit fast zwei Jahren im West Hills Krankenhaus in der psychiatrischen Klinik, aber das wissen Sie sicher, schließlich wollen Sie auch was vom Erbe abhaben“, entschied Mrs Brogan.
„Tut mir leid, ich hab leider keine Ahnung, von was Sie reden“, verstand sie nicht.
„Verschwinden Sie einfach, lassen Sie meinen Sohn einfach in Ruhe von uns gehen“, sagte Mrs Brogan verärgert und knallte die Tür wieder zu.
„Wir hätten anrufen sollen“, schlussfolgerte Garren.
„Er liegt im Sterben“, war Valy entsetzt.
„Das tut mir leid, Schätzchen“, entgegnete Chelsea und umarmte die weinerliche Valy.
„Ich komme zu spät“, murmelte Valy.
„Dann müssen wir so schnell wie möglich zu ihm“, entschied Garren.
„Ja, lass uns dorthin fahren“, schniefte Valy und so ging die Fahrt weiter.
Sie kamen aber nicht weit, Mrs Brogan hatte in der Psychiatrie angerufen, in der er lag und hatte den Ärzten gesagt, dass sie nicht zu ihm durfte.
Valy weinte. Sie war nie ein sehr emotionaler Mensch gewesen, doch jetzt musste sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen.
„Wir finden einen Weg, dein Bruder zu sehen, glaub mir“, versprach Chelsea, die Valys Kopf auf ihrem Schoß liegen hatte und ihr durchs Haar strich.
„Vielleicht ist es dann schon zu spät und ich hab ihm nicht geholfen“, schluchzte Valy.
„Wir nehmen uns einen Anwalt“, schlug Garren vor.
„Super, klasse Idee, von welchen Millionen willst du den bezahlen?“, fragte Valy und setzte sich auf.
„Wir kratzen das Geld schon zusammen, irgendwie“, versprach auch Chelsea und griff zu ihrem Handy.

Siebtes Kapitel


Die Träume von Alexis wurden Nacht für Nacht intensiver. Nach drei schlaflosen Nächten fanden die Frauen endlich einen Familienrechtsanwalt, den sie sich leisten konnten.
„Wir haben einen Anwalt“, erklärte Chelsea, als sie aufgelegt hatte und Valy schreckte aus ihrem Dämmerzustand auf.
„Tut mir leid, ich hab dich geweckt“, entschuldigte sich Chelsea.
„Schon gut, du hast jemanden? Wie schnell kann er was bewirken?“, schöpfte sie Hoffnung.
„Er will sich gleich mit uns treffen, er ist ein hübscher Kerl, also mach dich frisch“, bat Chelsea planend.
„Ich kann jetzt wirklich nicht über mein Liebesleben nachdenken, Chels!“
„Tu’s einfach, bitte. Garren zieh dir was Schickes an, wir gehen geschäftliches regeln“, übernahm Chelsea die Kontrolle und so saßen die drei Frauen feingemacht in einem Anwaltsbüro.
„So hab ich mir den Trip hierher nicht vorgestellt“, murmelte Valy müde.
„Ich weiß Süße, ich weiß. Aber er hat versprochen, dass er dir helfen kann“, versprach Chelsea.
„Mir wären ein paar starke Schlafmittel grade auch ne große Hilfe“, erwiderte sie wenig begeistert.
„Ich kann ja Bourbone empfehlen, hilft bei mir immer“, entschied eine Stimme hinter ihr und sie sah in die blauen Augen eines jungen Mannes im Billiganzug.
„Sie müssen Mr. Wood sein“, begrüßte Chelsea ihn und schüttelte ihm die Hand.
„Nein, Mr. Wood ist mein Vater, ich bin Grayson“, begrüßte Grayson seine Kunden freundlich.
„Also Grayson, genug des Smalltalks, was können Sie machen?“, drängte Garren.
„Jetzt lass den Mann erst Mal hinsetzen, Garren“, bat Chelsea bestimmend.
„Danke, zu freundlich. Oh man, da sieht aber einer fertig aus, keine Sorge, ich bin gut in meinem Job“, sah er Valy an.
„Wenn Sie nen guten Job machen würden, müssten sie keinen Anzug von der Stange tragen“, schlussfolgerte Valy erschöpft.
„Val, nicht den netten Anwalt sauer machen“, bat Chelsea streng.
„Ich werde nicht so schnell sauer, keine Sorge. Also, schauen wir mal Ihren Fall an, Sie wollen das Besuchsrecht für Ihren kranken Bruder erwirken, den Sie noch nie gesehen haben, seh ich das richtig?“, schaute sich Grayson ihren Fall an.
„Wie Sie das sagen klingt das irgendwie blöde“, murrte Valy.
„Wir kriegen das hin, Sie werden ihn nochmal sehen, bevor er stirbt, versprochen“, versprach Grayson und lächelte sie an.
„Das ist alles so surreal, es ist keine Woche her, da hab ich erfahren, dass ich einen Bruder habe und jetzt soll ich ihn gleich wieder verlieren“, bemerkte sie traurig.
„Dagegen kann ich leider nichts tun, ich kann Ihnen nur helfen, sich anständig von ihm zu verabschieden. So, dann benötige ich jetzt noch Ihre Geburtsurkunde, dass ich beweisen kann, dass Sie wirklich mit ihm verwandt sind“, plante Grayson und Valy wurde bleich.
„Die haben Sie nicht, oder? Ja, Ihr Fall wäre sonst zu einfach“, murrte Grayson, der nicht mehr lächelte.
„Ich bin in Vegas geboren, wie ich auch erst vor kurzem erfahren habe, dort müssten wir die Geburtsurkunde bekommen, mit etwas Glück steht darin auch, dass ich einen Zwillingsbruder habe“, erklärte sie ihm.
„Ja, die muss ich anfordern, dass wird aber ne Weile dauern“, erklärte er weiter.
„Dann machen Sie das, aber pronto. Wir wissen nicht mal was er hat, also auch nicht, wie lang er noch hat“, entgegnete Garren.
„Ich tu mein Bestes, ich brauche dann nur noch Ihren Personalausweis, dass ich Klage einreichen kann“, bat Grayson und Valy gab ihm ihren Ausweis.
„Man, Sie sehen echt viel jünger aus als Sie sind“, sagte er plötzlich.
„Macht der mich grade an?“, wollte Valy von Garren wissen.
„Ich bin ne Lesbe, woher soll ich das wissen?“
„Das war nur nen Kompliment, Miss Afina“, stotterte er verlegen.
„Okay, dann Dankeschön“, bedankte sie sich genauso verlegen.
„Ihr seid so süß, ihr würdet echt ein tolles Paar abgeben“, bemerkte Chelsea plötzlich in die Stille, die entstanden war.
„Tut mir leid, meine Freundin hier ist eine verkappte Heiratsvermittlerin, ignoriere Sie sie einfach, bitte“, wurde Valy rot vor Scharm.
„Kenn ich, meine Schwester versucht das auch ständig bei mir. Also, das wäre dann alles fürs Erste, Sie wohnen im Holiday Inn in der Innenstadt, richtig?“, entgegnete er, ohne von der Akte aufzusehen.
„Ja, das ist richtig“, war sie erleichtert, dass er das locker nahm und entspannte.
„Okay, dann hab ich alles fürs Erste. Danke fürs Herkommen, ich meld mich sofort wenn ich was weiß“, bedankte sich Grayson bei den Damen fürs Kommen, schüttelte allen die Hand und entließ sie wieder.
„Warum machst du so was? Das war so peinlich“, jammerte Valy, als sie zum Wagen liefen.
„Ich hab da was zwischen euch gesehen und musste eingreifen“, entschied Chelsea.
„Ich hab grad andere Sachen im Kopf als die Liebe“, nörgelte sie, doch in dem Moment kam Grayson zu ihnen geeilt.
„Miss Afina“, rief er und sie hielt an.
„Vielleicht kommt die Liebe auch zu dir gerannt“, schmunzelte Chelsea und Grayson kam bei ihnen an.
„Miss Afina, Sie wollten doch nicht ohne Ihren Ausweis verschwinden, oder?“, flirtete Grayson mit ihr.
„Nein, eigentlich nicht, danke, ich schlafe seit Tagen nicht mehr und bin ein bisschen durcheinander“, bedankte sie sich.
„Alkohol hilft immer, versprochen. Legen Sie sich einfach nochmal schlafen, ich melde mich, wenn ich was habe“, schlug er vor.
„Sie könnte sicher besser schlafen, wenn sie nicht so einsam wäre“, mischte sich Chelsea ein und Valy warf ihr einen bösen Blick zu.
„Ich muss mich nochmal entschuldigen, meine Freundin hat viel zu viel Zeit für so’n Blödsinn. Vielen Dank nochmal“, entschuldigte sie sich noch Mal und zog Chelsea weg.
„Was ist dein Problem? Er ist jung, hat nen guten Job und anscheinend keine Beziehung“, verstand Chelsea nicht, als sie in den Wagen gestiegen waren.
„Verdammt, ich hab keine Zeit für den Mist, lass es einfach, bitte“, wurde Valy laut.
„Meinetwegen, man könnte echt denken, du gehörst in unser Team, so wie du dich dagegen wehrst“, verstand Chelsea nicht.
„Können wir uns erst Mal darum kümmern dass ich meinen Bruder sehen kann?“
„Sicher, tut mir leid. Ich hätte nie Idee, wie ich in die Psychiatrie zu ihm komme, aber die könnten mich aber mit meiner psychiatrischen Vorgeschichte für ne Weile dabehalten“, plante Chelsea.
„Nein, das wirst du nicht tun, auf keinen Fall“, war Garren dagegen.
„Das sag ich doch auch, wenn du einmal für verrückt erklärt wirst gibt es kein Zurück mehr“, erkannte Valy.
„Da spricht wohl eine aus Erfahrung“, frotzelte Garren.
„Ja, könnte sein dass ich das eine oder andere Mal wegen meiner Visionen abgestempelt worden bin, deshalb hab ich das auch nie wieder gemacht. Hier wird niemand die Geisteskranke spielen, wir sind alle schon seltsam genug. Wir werden das alles auf ganz legale Weise hinkriegen, irgendwie. Man, warum sagen Sie mir nicht, was er hat, ist ja nicht so, dass ich ihn retten könnte“, dachte sie laut nach.
 
Es war schon dunkel, als es an der Motelzimmer-Tür klopfte, dass sie bewohnten.
„Haben wir was beim Zimmerservice bestellt?“, fragte Garren.
„Das ist ein „20 Dollar die Nacht“-Hotel, das glaub ich eher weniger“, schmunzelte Chelsea, die Valy grade zusah, wie sie halbschlafend ein Buch las.
„Ich mach auf“, entgegnete Garren, zog ihre Waffe aus ihrem Armeerucksack, steckte sie in den hinteren Hosenbund und ging zur Tür.
„Du hast deine Waffe dabei?“, moserte Chelsea.
„Wir sind drei Frauen allein in Reno, das ist für solche Situationen wie jetzt“, entschied Garren, zog ihre Bluse über die Waffe und öffnete die Tür.
„Guten Abend, die Damen“, begrüßte Grayson sie freundlich.
„Es ist nur der Bürokrat“, erklärte Garren und ließ ihn rein.
„Was ist denn aus „Ärger nicht den netten Anwalt“ geworden?“, fühlte sich Grayson angegriffen.
„Ich hab PMS und bin müde“, entgegnete sie und ging zum Bett zurück. Als er aufs Bett stieg, sah er ihre Waffe.
„Dann will ich eine bewaffnete Frau mit PMS nicht verärgern. Ich wollte nur schnell das vorbeibringen“, konterte er cool und zog eine Flasche Bourbone aus einer Ledertasche.
„Alkohol, cool, den können wir gut gebrauchen“, freute sich Chelsea und nahm die Flasche entgegen.
„Ich brauche meine Mandantin fit und ausgeschlafen und Alkohol hilft da meistens. Halten Sie mich jetzt bitte nicht für einen Alkoholiker, ich schlafe eigentlich sonst sehr gut. Ich müsste mit meiner Mandantin kurz allein sprechen“, bat Grayson und Chelsea stupste die dösende Valy an.
„Was?“, fragte sie verschlafen.
„Mr. Wood ist da“, bemerkte sie sanft.
„Warum ist er hier?“, fragte sie und richtete verwirrt ihre Haare.
„Er will uns alle betrunken machen und vorher noch etwas mit dir flirten“, konterte Garren cool.
„Na ja, so ganz richtig ist das nicht. Ich muss mit Ihnen reden, Miss Afina“, verteidigte er sich.
„Sicher, gehen wir raus“, entschied Valy und ging mit ihm vor die Tür.
„Ich hab ziemlich viel rumtelefoniert, es gibt keine Geburtsurkunde von Ihnen aus Las Vegas“, kam Grayson gleich auf den Punkt.
„Dann bin ich wohl auch dort nicht geboren, mich wundert gar nichts mehr“, sagte sie ohne viel Gefühl in der Stimme.
„Sie müssen unter seltsamen Umständen aufgewachsen sein, wenn Sie nicht wissen, wo sie geboren sind“, schlussfolgerte Grayson.
„Ich bin mit einer liebevollen Mutter aufgewachsen, meine Eltern haben sich getrennt als ich noch ein Baby war und ich hab erst vor einer Woche dass ich einen Bruder habe und dass meine Eltern einen riesigen Sorgerechtsstreit hatten. Sie brauchen diese Geburtsurkunde, richtig? Aber wen soll ich fragen, wenn mich beide Elternteile anlügen?“, dachte sie betrübt nach.
„Was ist mit Ihren Großeltern, irgendjemand, der sagen kann, wo Sie geboren sind?“, versuchte Grayson zu helfen.
„Nein, ich kenne meine Großeltern genauso wenig, aber ich denke nicht, dass sie noch leben und wenn dann nur in Rumänien. Gibt es nicht eine andere Art das rauszufinden, einen DNA-Test, oder so?“, überlegte sie.
„Das könnten wir schon machen, aber das ist ganz sicher nicht in Ihrem Budget“, erklärte er.
„Ich will ihn doch nur sehen, ich möchte keinen Cent von seinem Geld, wo auch immer der das her hat“, war sie fast am Aufgeben.
„Ich habe einen Bekannten der für mich Vaterschaftstests macht, vielleicht kann der was unter der Hand machen. Wir bräuchten nur ein DNA-Profil von Ihnen und ihm“, fiel ihm was ein.
„Wir haben einen Clown gefrühstückt, was? Wie soll ich an ein DNA-Profil von ihm kommen, wenn ich nicht an ihn rankomme?“
„Auch wahr, vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit dass sie in seine Wohnung oder so kommen und ein paar Haare aus seiner Bürste klauen können“, plante er weiter.
„Ich wüsste nicht mal von seine Wohnung wäre“, entgegnete sie.
„Ja, auch ne blöde Idee!“
„Ich könnte reinkommen“, hörten sie plötzlich Chelseas Stimme.
„Chels, weißt du nicht, dass es unhöflich ist, andere Leute zu belauschen?“, wollte Valy ertappt wissen.
„Nicht, wenn die Lauschende einen Plan hat“, bemerkte sie und schloss das Fenster, aus dem sie sie belauscht hatte wieder und kam zu ihnen raus.
„Ich kenne die Frauen auch erst ne Woche, verzeihen Sie nochmal“, entschuldigte sich Valy höflich.
„Hör endlich auf, die ständig zu entschuldigen, so peinlich sind wir nicht. Ich hab meine Ausbildung als Krankenschwester in einer Psychiatrie gemacht. Die sind dort immer ständig unterbesetzt, weil das keine Krankenschwester machen will. Wenn du ein DNA-Profil machen willst wird das ne Weile dauern, wir müssen von irgendwas leben“, schlug Chelsea vor.
„Als Ihr Anwalt hab ich das nicht gehört, aber das klingt nach ner Idee“, sah auch Grayson darin Potential.
„Was ist denn hier los? Startet hier die Party ohne mich?“, kam auch Garren heraus. Sie hatte die Bourbone-Flasche schon geöffnet und was getrunken.
„Das können wir auch von dir sagen, ich brauch jetzt auch dringend nen Schluck“, entgegnete Valy und nahm einen großen Schluck aus der Flasche.
„Mach langsam, Süße, das ist harter Tobak“, bat Garren.
„Gar‘, ich komm vom Land, ich war das erste Mal volltrunken bevor ich auf der High-School war“, entschied sie und nahm noch einen Schluck.
„Ich kann Sie leider nicht mehr verteidigen, ich muss Sie jetzt unbedingt haben“, murmelte Grayson und sie nahm noch einen Schluck.
„Ich geh dann mal ins Bett“, sagte sie nur und ging mit der Flasche in der Hand zurück ins Motelzimmer.
„Das war wirklich unpassend, verzeihen Sie“, entschuldigte sich Grayson beschämt.
„Muss Ihnen nicht peinlich sein, wir haben grade das gleiche gedacht. Sie ist sonst nicht so, sie muss erst mal ein paar Stunden schlafen. Ich melde mich bei Ihnen wenn ich die Stelle habe“, erklärte Chelsea, klopfte ihm auf die Schulter und ging hinter Valy in den Raum.
„Weiber, die muss einer verstehen, oder?“, knuffte Garren ihm an die Schulter und ging hinter den anderen her.
„Das wird echt noch lustig mit denen“, bemerkte Grayson kopfschüttelnd und ging die Treppe herunter zu seinem Wagen, der unter dem Balkon stand, auf dem sie gestanden hatten.

Achtes Kapitel


Die Wüstensonne brannte in ihren Augen und ein großer Kater durchströmte ihren Kopf.
Ihr Körper glühte und sie zog das Laken von ihm.
„Das ist aber ein angenehmer Anblick“, hörte sie Garrens Stimme. In dem Moment bemerkte sie, dass sie nackt war und peinlich berührt zog sie das Laken wieder über ihren Körper.
„Was zum Henker habt ihr mit mir gemacht?“, stotterte sie.
„Gar nichts, du hast dich ganz allein ausgezogen nachdem du die Flasche leer gemacht hast. Zumindest hast du durchgeschlafen“, erklärte Chelsea, die auf dem andren Bett saß und in einen Schundroman vertieft war.
„Das würde ich eher ein Alkoholkoma nennen, aber ich fühl mich irgendwie erholt. Zumindest hatte ich keinen Traum heute Nacht. Willst du das wirklich durchziehen, ich mein das mit dem Job in der Klapse?“, fragte Valy und stand in das Laken gewickelt auf.
„Das weißt du also noch? Ja, ich werde da heute mal hinfahren und nachfragen, kann aber nichts versprechen. Übrigens dein Anwalt ist dir schon total verfallen!“
„Ich geh jetzt duschen, genießt den Anblick nochmal, ab Morgen hab ich mein eigenes Zimmer“, ließ sie das Laken fallen und ging nackt wie Gott sie geschaffen hatte ins Badezimmer.
„Was hat die immer? Sie ist doch diejenige, die sich immer entblößen muss“, schmunzelte Garren und setzte sich neben ihre Lebensgefährtin.
„Sollten wir ihr erzählen, dass wir gestern nen flotten Dreier hatten?“, wollte Garren wissen.
„Nein, das behalten wir lieber für uns, sonst wäre sie noch verwirrt und wir wollen sie ja mit dem süßen Anwalt verkuppeln“, entschied Chelsea.
„Übertreib’s aber nicht, sie hat grad andere Probleme, einige davon. Warum lügen ihre Eltern sie an? Was ist das für ein seltsames Geheimnis ihrer Geburt?“
„Vielleicht waren die beiden nur eine Hausgeburt und deshalb gibt es keinen Eintrag im Geburtsregister, nicht alles ist ein Mysterium, Schätzchen“, belächelte Chelsea die Theorie ihrer Freundin.
„Zwillinge zu Hause zu gebären, so dumm ist nicht mal Abby“, entschied Garren.
„Gibt es nen Grund, warum ich nach deinem Zitronenparfüm rieche?“, rief Valy aus dem Badezimmer.
„Du wolltest es gestern unbedingt im Suff benutzen“, log Chelsea ziemlich schlecht.
„Ihr zwei habt meinen betrunkenen Zustand ausgenutzt, oder?“
„Schon möglich“, sagte Garren die Wahrheit und bekam einen Klatscher von ihrer Freundin auf die Brust.
„Solang ihr euren Spaß hattet, wie auch immer“, entschied sie und schwieg wieder.
„Oh man, ihr muss es echt dreckig gehen, wenn sie das kalt lässt. War übrigens schön letzte Nacht, das sollten wir mal wieder wiederholen“, entgegnete Chelsea und begann Garrens Nacken zu küssen.
„Ja, wir sollten unsere Beziehung noch genießen, bevor wir Kinder bekommen“, entschied sie und küsste sie leidenschaftlich.
„Habt ihr gestern nicht schon genug gehabt? Ich brauch was zu essen, wollt ihr auch was?“, wollte Valy wissen, als sie angezogen an dem knutschenden Pärchen vorbei ging.
„Wir sollten alle in das Diner die Straße runter gehen, ist dir nicht übel?“, schlug Chelsea vor.
„Ne, hab nur Kopfschmerzen, wir sollten Aspirin kaufen gehen. Man, ich hab jetzt richtig Hunger auf Rührei“, entschied Valy und ging an die Tür.
„Haben wir einen kleinen Nervenzusammenbruch, Miss Afina?“, verstand Chelsea ihre Laune nicht.
„Nein, mir geht’s gut, alles wird gut“, versicherte Valy und ging zuerst nach Draußen.
„Ja, sie ist ganz eindeutig reif für die Klapse. Macht sie das vielleicht extra um in die Klinik zu kommen?“
„Dann vertraut sie mir aber echt nicht. Ich bin schon ne Weile aus der Pflege raus, bin mal gespannt, was sich in den letzten Jahren verändert hat“, dachte Chelsea laut nach.
„Wir reden also nicht darüber, dass sie den Verstand verliert?“
„Sie verliert ihren Verstand nicht, sie hat nur nen Kater, mehr nicht. Lass uns gehen“, bat Chelsea und ging auch aus der Tür. Valy übergab sich grade auf dem Parkplatz.
„Armes Mäuschen, sie hat es lang ausgehalten. Holst du der Kleinen mal zum Trinken?“, bat Chelsea, Garren und die stapfte zur nächsten Tankstelle.
„Dabei mag ich nicht Mal Bourbone“, murmelte Valy und mundabwischend setzte sich auf einen Bürgersteig.
„Ich hab mich von vielen Alkoholika übergeben die ich nicht mochte, keine Sorge, da bist du nicht die einzige. Du spielst hier nicht die Verrückte um in die Klinik zu gelangen, oder“
„Du kannst das viel besser, lass es uns erst auf legale Weise probieren. Ich empfinde Sympathie für Grayson“, gestand Valy plötzlich.
„Du empfindest Sympathie? Sind wir hier bei der Sesamstraße? Du bist rattenscharf auf ihn“, schmunzelte Chelsea amüsiert über ihre unschuldigen Worte.
„Meine sexuellen Bedürfnisse habt ihr ja letzte Nacht anscheinend gestillt, ich mag ihn einfach“, druckste sie herum.
„Ist ne Schande, dass du dich nicht daran erinnerst, war echt heiß letzte Nacht“, entgegnete Chelsea.
„Das wird aber nicht mehr passieren!“
„Schon klar, war trotzdem nett. Was machen wir jetzt mit euch Turteltäubchen?“, wollte sie wissen.
„Gar nichts, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt“, konterte sie und stand wieder auf.
„Die Liebe hat nie den richtigen Zeitpunkt, wenn du ihn magst musst du ihn dir schnappen. Ich habe auch viel Kritik entgegennehmen müssen, als ich sechs Monate nach dem Tod meines Verlobten seine Schwester gedatet habe. Meine Mutter ist aus allen Wolken gefallen, sie wusste nichts von meinen bi-Vorlieben, ich ehrlich gesagt auch nicht wirklich. Jetzt liebe ich sie, mehr als ich je jemanden anders lieben könnte. Vielleicht ist er derjenige der dich durch diese Tragödie führt, so wie sie mich damals“, erzählte Chelsea.
„Das hast du schön gesagt, hier ist dein Wasser“, kam Garren zurück und gab Valy eine Flasche Wasser.
„Danke, der Bourbone brennt ganz schön nach. Wir können trotzdem was Essen gehen ein bisschen Toast und Ei kriege ich schon runter“, entschied sie.
„Braves Mädchen, gehen wir“, freute sich Chelsea und brachte sie zu dem Diner.
 
Als sie in dem Diner saßen und frühstückten, kam Grayson hinein. Als er die Frauen sah, ging er eilig davon.
„Okay, das war jetzt schräg“, kommentierte Valy. Die anderen hatten ihn nicht gesehen, weil sie mit dem Rücken zu der Tür saßen.
„Ja, das Spiegelei schmeckt echt seltsam“, entschied Garren essend.
„Meins nicht!“ bemerkte Chelsea.
„Das Ei ist wirklich eklig, aber das meinte ich nicht. Grayson ist grad reingekommen und gleich wieder abgehauen“, erklärte Valy.
„Vielleicht wollt er nicht mit uns über die Arbeit sprechen“, dachte Chelsea laut nach.
„Seltsamer Kerl“, entgegnete Garren mit vollem Mund.
„Unsere Kleine hat sich verknallt“, bemerkte Chelsea und Valy stand auf und ging zu Grayson.
„Mr. Wood, Grayson, warten Sie“, rief sie ihm hinterher und er beschleunigte seinen Gang.
„Was ist los, bleiben Sie bitte stehen“, bat sie verwundert und er blieb stehen.
„Ah, hey, ich hab Sie nicht gesehen“, entschuldigte sich Grayson, doch sein Blick verriet, dass er ihr auswich.
„Was ist seit gestern passiert? Hab ich Sie gestern betrunken angerufen? Ich entschuldige mich vielmals dafür“, entschuldigte sie sich.
„Sind Sie lesbisch?“, platzte es aus ihm heraus.
„Nein, wieso kommen Sie denn darauf?“, stotterte sie ertappt.
„Ich war gestern Abend nochmal bei Ihnen im Motel. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mal mit mir ausgehen. Da hab ich gehört, was für einen Spaß sie zu dritt hatten“, druckste er herum und sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
„Ich war so betrunken und hab keine Ahnung mehr was passiert ist, die andren haben mir es grade erst erzählt. Das war ein Ausrutscher, ich bin eigentlich ziemlich hetero und würde gern mit Ihnen ausgehen“, versprach sie versichernd.
„Ich will aber nicht in irgendwas reingeraten, was kompliziert ist, kompliziert hatte ich in den letzten Jahren genug“, wollte er sicher gehen.
„Wir sind nur Freundinnen, die etwas Spaß hatten, mehr nicht. Aber ich verstehe gut, wenn Sie mich nur noch beruflich sehen wollen“, erkannte sie traurig.
„Ich kann Sie beruflich nicht mehr vertreten …“, begann er.
„Das versteh ich nicht, Sie sind doch nicht so ‘n Homophob-Idiot, denn dann will ich Sie eh nicht mehr sehen“, wurde sie wütend.
„Lassen Sie mich auch mal ausreden? Ich kann sie beruflich nicht mehr vertreten, wenn ich mit Ihnen ausgehe“, beendete er seine Aussage und sie lächelte ihn an.
„Manchmal sollte ich die Leute wirklich ausreden lassen“, schmunzelte sie und kam näher zu ihm.
„Ja, das sollten Sie. Wie wär’s heute Abend um acht Uhr, ich hol Sie ab?“, schlug er vor.
„Das klingt sehr gut, ich freu mich darauf. Sie können wirklich reinkommen, wir sind alle cool“, entgegnete sie.
„Nach gestern Abend wohl eher nicht, trotzdem danke für die Einladung. Ich geh dann mal wieder ins Büro und such einen Ersatz für Sie, der Sie vertreten kann. Bis heute Abend“, verabschiedete er sich und ging lächelnd davon.
Verträumt ging Valy zurück zu den anderen.
„Du weißt schon, dass es unhöflich ist, einfach so zu verschwinden, oder?“, kritisierte Garren sie, als sie sich hinsetzte.
„Ah, ich hol mir noch einen Erdbeermilchshake, will noch jemand einen?“, fragte sie und stand wieder auf.
„Einen mit Banane, bitte. Du willst uns nicht erzählen, was da grade mit Grayson passiert ist?“, fragte Chelsea neugierig.
„Nein, nicht wirklich. Du auch, Gar‘?“
„Ich bin Laktose-Intolerant, also eher weniger!“
„Interessant, okay dann keinen Milchshake für dich. Bin gleich wieder da“, entschied sie und ging an den Tresen.
„Ich will glaub ich doch lieber Vanille, ich geh zu ihr!“, realisierte Chelsea plötzlich und ging zu Valy.
„Warum bist du so schweigsam?“, sprach Chelsea sie am Tresen an.
„Hab viel zu verarbeiten nach letzter Nacht“, erkannte Valy nachdenklich.
„Einmal Sex mit einer Frau zu haben macht dich nicht lesbisch“, entschied Chelsea und die Bedienung am Tresen sah die beiden grinsend an.
„Einen Vanilleshake für mich, bitte“, bestellte Chelsea und die Frau ging davon.
„Ich weiß, sonst wäre ich es schon seit der High-School“, beantwortete Valy ihre Aussage.
„Du hattest Sex mit ner Frau bevor ich ihn hatte?“
„Ich bin bei einer freidenkenden Hellseherin und ohne Vater aufgewachsen, was denkst du?“, schmunzelte sie und grinste breit.
„Ja, die Experimente in der Jugend, das waren schöne Zeiten. Du hattest schon bestellt, jetzt haben wir drei Shakes“, betrachtete Valy die drei Shakes auf dem Tresen.
„Ich trink auch zwei, ich hab in den letzten Tagen viel zu wenig gegessen“, entschied sie, nahm die beiden Shakes und ging wieder zum Platz zurück.
„Da hat aber eine was vor, verträgst du so viel Eis grad überhaupt?“, wunderte sich Garren.
„Geht schon. Ich hab heut Abend ein Date“, gestand Valy und grinste breit.
„Da liegt der Hase im Pfeffer, ich hab doch gemerkt, dass deine Laune besser geworden ist. Wie geht das jetzt weiter? Er kann dich nicht weiter vertreten“, schlussfolgerte Garren.
„Er sucht einen Ersatz und wir treffen uns heute um acht Uhr“, erklärte sie.
„Schön, schön. Das wird dich ein wenig ablenken von allem dem hier. Was wirst du anziehen?“, plante Chelsea erfreut.
„Jeans und Bluse halt!“
„Nein, du musst dich sexy anziehen!“
„Auf keinen Fall!“
„Die Regeln für Verabredungen haben sich seit deiner Highschool-Zeit geändert, meine Süße. Du musst dich anziehen wie eine Nutte um dich dann wie eine Nonne zu benehmen“, entschied sie.
„Ich will ja nicht sagen, aber ich rate mal dass deine einzigen Dates mit deinem Verlobten und mit ihr waren“, schlussfolgerte Valy.
„Ist immer süß wie sie sagt „Ich rate mal“, obwohl sie es genau weiß“, fühlte sich Chelsea angegriffen.
„Nein, das war wirklich geraten und hat gleich einen wunden Punkt getroffen, wie ich sehe. Ich zieh mich weder wie ne Nutte an noch verhalt ich mich wie ne Nonne, er hat sich in mich verguckt, als ich drei Tage nicht geschlafen hatte, da nimmt er mich so wie ich bin“, entschied sie standhaft.
„Gut, aber nur eine Regel für heut Abend, beende seine Sätze nicht, dass ist echt verdächtig“, entschied Chelsea.
„Ich werde ihn reden lassen, schon klar. Man, ich hab tatsächlich heut Abend nen Date, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ich weiß echt gar nicht mehr, wie man sich bei einem Date verhält“, wurde sie jetzt schon nervös.
„Erst Mal müssen wir dich zum Waxing schicken, wir stehen ja auf au-nature, aber die Männer wollen kein Haare beim Sex haben“, plante Chelsea.
„Man, nach heute Nacht kennen wir uns viel zu gut, so viel zum Nutten-Image, euch kenn ich auch ja auch kaum länger als ihn“, schlussfolgerte sie.
„Wir sind Schwestern, bei uns ist es was anders, uns kannst du vertrauen“, versprach Garren.
„Du hast irgend ne Art von Post-Traumatischem-Stress und bei Chels‘ sind nen paar Sicherungen durchgebrannt, seid mir nicht böse, aber so vertrauenswürdig seid ihr nicht!“
„Du bist ganz schön frech, Missy“, raunzte Garren.
„Aber Recht hat sie schon damit“, entschied Chelsea kleinlaut.
„Ja, schon irgendwie, aber wir sind vertrauenswürdig, glaub mir“, versprach Garren.
„Ich weiß, ich ärgere euch doch nur etwas“, schmunzelte sie.
„Es ist so seltsam, ich könnte grade gleichzeitig heulen und die Welt umarmen, du hast mich doch nicht schon wieder mit Drogen vollgepumpt, Chels?“
„Ich hab dir nur Aspirin gegeben, versprochen. Du bist einfach nur verknallt, Süße und ich freu mich für dich“, entgegnete Chelsea.
„Du kannst mit ihm nicht zusammenkommen“, mischte sich Garren plötzlich ein.
„Hey, misch dich da nicht ein, Gar‘!“
„Wir brauchen ihn als Anwalt, ihr Liebesleben muss warten“, entschied Garren.
„Ich habe mich damit abgefunden dass du nicht romantisch bist und mir niemals Blumen mitbringen würdest, aber halt dich aus ihrem Liebesleben bitte raus“, bat Chelsea ernst.
„Das sag ich doch auch, halt dich da raus!“
„Dann geh halt mit ihm aus, aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“, entschied Garren.
„Ich bin selbst groß und kann meine Fehler allein machen. Er kann ja kaum der einzige billige Anwalt in Reno sein“, schlussfolgerte sie.
 
Mit einem schicken Kleid an, was sie von Chelsea geliehen hatte, stand sie vor der Tür, als Grayson vorfuhr. Er lächelte als er sie sah und sie lächelte ihn auch an.
„Sie sehen wunderschön aus“, machte er ihr ein Kompliment.
„Vielen Dank, Sie auch“, bedankte sie sich und er hielt ihr die Autotür auf.
„Ein Gentleman, wie ich sehe, gefällt mir. Wo gehen wir hin?“, wollte sie schmunzelnd wissen und stieg ein.
„Das klappt ja sehr gut bis jetzt“, war Chelsea erfreut, als sie das Pärchen vom Motelzimmer aus betrachtete.
„Ich denke immer noch, dass es ein Fehler ist, Lust auf Sex?“, fragte Garren cool.
„Nein, danke, wir haben heute Migräne“, murrte Chelsea und legte sich auf eins der Einzelbetten.
 
Grayson fuhr mit ihr zu einem netten kleinen Restaurant wo sie einen angenehmen Abend verbrachten. Doch Grayson merkte schnell, dass Valy mit ihren Gedanken woanders war.
„Langweile ich Sie?“, fragte Grayson und sie schreckte auf.
„Nein, tut mir leid, die Geschichte von Ihrem Onkel ist wirklich interessant“, bemerkte sie nachdenklich und an seinem Gesichtsausdruck konnte sie sehen, dass er noch gar nichts darüber gesagt hatte.
„Das haben sie noch gar nicht erzählt, oder?“, fragte sie peinlich berührt.
„Nicht wirklich, woher wissen Sie, was ich sagen wollte?“
„Das ist ein bisschen peinlich!“
„Klingt nach ner interessanteren Story als das Treffen meines Onkels mit Carrot-Top, also erzählen Sie“, war er von ihrer Gabe fasziniert.
„Ich wollte das eigentlich nicht am ersten Date damit anfangen, aber ich bin Hellseherin“, sagte sie kleinlaut und er grinste breit.
„Ich mein das Ernst, ich hab das dritte Auge, wie man so schön sagt“, erklärte sie weiter.
„Ja, klar!“
„Ihre Mutter heißt Sabrina, Mädchenname Wilkinson, geboren wurden Sie in Tempa, Florida, College in Boston, erste Berufserfahrung in einer kleinen Kanzlei nicht weit weg von hier und ich find meine Brüste auch das schönste an meinem Körper“, zählte sie auf, was sie von ihm las und sein Lächeln erstarb.
„Man, ich hab das immer für Hokuspokus gehalten!“
„Und jetzt wollen Sie sich mit einer dummen Ausrede aus dem Staub machen“, schlussfolgerte sie.
„Nein, wieso?“, war er überrascht.
„Weil das immer so ist, entschuldigen Sie mich, ich hab Ihre Zeit verschwendet“, stand sie ruckartig auf und wollte gehen, doch er hielt ihren Arm fest.
„Ich will aber nicht, dass Sie gehen“, bat er liebevoll.
„Sie schockiert meine Gabe gar nicht?“
„Nein, warum sollte sie? Ich find das echt faszinierend, Sie sind wie ein wandelnder Lügendetektor“, konterte er cool.
„Toll, jetzt bin ich ein Freak!“
„Man, sind Sie unsicher, das ist Reno, wir sind alle irgendwie Freaks, ich mag Sie, Valerica, wirklich, ich mach mich echt nicht über Sie lustig, das würde ich nie tun“, ließ er ihren Arm wieder los.
„Wirklich? Das klingt fast zu gut um wahr zu sein“, glaubte sie ihm nicht.
„Können wir noch nen Nachtisch bestellen und Sie erzählen mir mehr von meinem Leben?“, fragte er schmunzelnd und sie nickte.
 
„Sie sind wieder zurück“, weckte Chelsea ihre Freundin, als Grayson spät am Abend vor dem Motel vorfuhr. Sie hatte wie eine wachende Mutter am Fenster sitzend auf Valy gewartet.
„Und deswegen weckst du mich, spinnst du?“, murmelte Garren genervt.
„Man, dein Mangel an romantischem Interesse ist fast kriminell. Komm her, ich glaub, sie küssen sich gleich“, bat sie und augenrollend stand Garren auf und kam zu ihr.
 
„Wir werden beobachtet“, schmunzelte Grayson, als er ganz nah Backe an Backe mit Valy im Auto saß und sie küssen wollte.
Valy drehte ihren Kopf und sah ihre Freundinnen am Fenster stehen.
„Ignorier sie einfach“, bat sie, drehte sich wieder zu ihm hin und gab ihm einen stürmischen Kuss.
„Das war echt schön“, murmelte Grayson benommen.
„Ja, fand ich auch, das sollten wir wiederholen. Ich sollte aber jetzt gehen und meinen Freundinnen eine Standpauke halten“, verabschiedete sie sich, küsste ihn nochmal kurz und stieg aus.
 
Als sie den Schlüssel im Schloss umdrehte, rannten die Frauen schnell ins Bett und stellten sich schlafend.
„Netter Versuch, ich hab euch gesehen“, entgegnete sie cool und machte das Licht an.
„Wir wollten nicht spionieren“, entschuldigte sich Chelsea.
„Doch, wolltet ihr, aber ist schon okay, es lief gut, wie ihr schon gesehen habt. Ich werde ihn wiedersehen, auch wenn das jemand in diesem Raum nicht gefällt“, entschied sie und sah Garren an.
„Mir doch egal, ich wurde von Chels aus dem Schlaf gerissen, ich geh jetzt wieder schlafen“, war das Garren ziemlich egal und schlurfte wieder ins Bett.
„Sie ist nicht grade erfreut, wenn sie geweckt wird, oder?“
„Wenn ich sie wecke und dann nicht mit ihr schlafe, ist sie immer so drauf“, konterte Chelsea cool.
„Okay, wieder zu vield Informationen. Ich geh duschen, leg dich wieder hin, wir reden morgen“, bat sie Chelsea und die kuschelte sich wieder an Garren.

Neuntes Kapitel


Als sie am nächsten Tag bei Grayson im Büro saßen, konnte das Pärchen nicht die Augen voneinander lassen.
„Könnt ihr das lassen, bevor ich kotzen muss?“, gefiel das Garren nicht.
„Ja, wir sollten professionell damit umgehen, bis ich einen Ersatz für dich gefunden habe. Wie sieht es auf der Spionage-Mission aus?“, plante Grayson und sah Chelsea an.
„Ne Freundin von mir schickt mir meine Unterlagen zu, die ich für die Bewerbung brauche, das dauert ne Weile. Ich kann nicht genau sagen, dass das funktioniert“, entschied Chelsea.
„Wir schauen mal, wir müssen immer noch die Frage klären, wo du jetzt überhaupt geboren bist. Kannst du nicht deine Kräfte an deinem Vater anwenden?“, plante Grayson und sah Valy verliebt an.
„Ich hab’s versucht, er ist besser als ich, vermutlich kann er mich aus seinen Gedanken fern halten. Ich muss ihn wohl oder übel darum bitten, dass er es mir sagt“, bemerkte sie nachdenklich.
„Ich kann auch zu ihm gehen und ihm ein bisschen Druck machen, ich bin ziemlich überzeugend“, schlug er vor.
„Ja, hab ich gestern gemerkt“, schmunzelte sie.
„Okay, ich versuche da nichts unanständiges raus zu lesen“, murmelte Garren.
„Wir haben nur geredet, du bist die einzige, die dabei an irgendwas Perverses denkt!“
„Na ja, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Ich hab gestern einige Zeit im Internet gesucht, ihre Mutter ist so eine Öko-Tante, ist es möglich, dass die beiden zu Hause geboren sind?“
„Wenn das so wäre muss ich deine Mutter echt mal kennenlernen und meinen Respekt aussprechen“, entschied Grayson cool.
„Wenn sie das wirklich gemacht hat, hab ich auch ein ganz anderes Bild von ihr. Was machen wir in dem Fall? Ich bin doch irgendwo geboren, auch wenn das niemand aufgeschrieben hat“, war sie unsicher.
„Du kennst ja die Bürokratie, du kannst viel erzählen solang es nicht bewiesen werden kann. Ich muss auch nur auf dein Wort vertrauen, dass du wirklich die Zwillingsschwester unseres Casino-Millionärs bist“, erklärte er.
„Er hat seine Millionen mit Poker-Spielen verdient? Natürlich, er ist der Sohn von zwei mächtigen Hellsehern, wenn ich so nahm am Glückspiel gewohnt hätte, hätte ich vermutlich auch den ein oder anderen Dollar damit verdient“, dachte sie laut nach.
„Du denkst, er hat geschummelt?“
„Das, oder er ist ein verdammt guter Spieler, ich tendiere aber eher zum Ersten. Ist echt ne Schande, dass er seinen Reichtum nicht auskosten kann“, wurde sie wieder traurig.
„Wenn das noch durchkommt, bevor er stirbt, gibt es ne Chance, dass du auch was vom Erbe abkriegst“, entgegnete er.
„Ich will sein Geld nicht, ich will ihn nur kennenlernen und ihm helfen“, fühlte sie sich gekränkt.
„Sicher, wollte es nur sagen, sollte nicht beleidigend klingen. Gehen wir heut Abend ins Kino?“, wollte er wissen und Garren sah ihn böse an.
„Sicher, das gehört nicht hierhin, tut mir leid. Ich fühl mich etwas hilflos, ich hab keine Ahnung, wie ich euch helfen sollte“, gestand er.
„Bezahlen wir Sie eigentlich für dieses Consulting?“
„Nein, das ist ein persönliches Treffen mit meiner Freundin und ihren Schwestern. Ihr seid Schwestern, falls mein Chef euch fragt“, erklärte er und sie nickten.
„Ein Gratis-Consulting, langsam fang ich an, den Kerl zu mögen“, entschied Garren und grinste.
„Danke, denk ich. Jemand Kaffee?“, fragte Grayson und stand nervös auf.
„Ich nicht, danke, ich will fit werden, um schwanger zu werden. Ich bin schon 34, ich muss meinen Körper dafür trainieren“, erklärte Chelsea und Grayson sah sie verwirrt an.
„Durch eine Samenspende, wir haben noch keine Möglichkeit gefunden, wie zwei Frauen ein Kind zeugen können, Jungchen“, frotzelte sie.
„Ah, schon nen Termin für die Befruchtung?“, führte er Small-Talk.
„Wir sind zu pleite für ein Baby, momentan“, sagte Garren traurig und ergriff die Hand ihrer Freundin.
„Das tut mir leid zu hören, ich würde ja helfen, aber ich hab selbst Schwierigkeiten, meine Gene zu verbreiten“, entgegnete er.
„Dann passt ihr ja gut zusammen, Val und du, da sie ja unfruchtbar ist und so“, konterte Chelsea.
„Ich bin nicht unfruchtbar“, sagte Val plötzlich.
„Aber das hast du doch gesagt!“
„Ich hab gelogen, ich wollte euch nicht die Leihmutterschaft abschlagen müssen“, entschuldigte sie sich.
„Ich hab auch gelogen, ich bin ziemlich fruchtbar“, sagte auch Grayson.
„Ah, wenn du meinst. Ihr müsst uns nicht anlügen, wir hatten nicht vor, euch um irgendwas zu bitten“, fühlte sich Chelsea missverstanden.
„Tut mir leid, ich hab was angenommen, was nicht gestimmt hat, das passiert mir nicht so häufig“, bemerkte sie und lächelte matt.
„Schon gut, wir versuchen es schon so lange dass wir schon viele Sachen gehört haben. Entschuldigt mich“, entgegnete Chelsea, stand auf und ging einfach davon.
„Sie nimmt es sehr schwer, das hat schon zu lange gedauert. Ich bin auch schuld daran, ich geh mit ihr was Essen um sie zu beruhigen, tut nichts, wach ich auch nicht machen würde“, bat Garren und ging ihr hinterher.
„Muss echt schwer sein, Babys sind ja gerade ja überall in den Medien. Ich hab in den nächsten Stunden keine Klienten, ich werde mit dir zu deinem Dad fahren, was hältst du davon?“, wollte er wissen und sie nickte.
 
„Unsere Beziehung geht schneller voran als ich dachte, das ist unser zweiter Tag und ich lern schon deinen Vater kennen“, schlussfolgerte er, als sie vor Radus Haus hielten.
„Wenn es dich beruhigt, ich kenn ihn auch erst ein paar Tage“, schmunzelte sie und sie stiegen aus.
„Du bist echt zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben getreten, ich kann grad jede emotionale Unterstützung gebrauchen, die ich kriegen kann“, bedankte sie sich bei ihm und ließ ihre Hand in seine gleiten.
„Ich bin für dich da, keine Sorge. Wir sollten trotzdem seriös zu deinem Vater gehen, nur als Anwalt und Klientin, dann ist er vielleicht eingeschüchtert und sagt eher die Wahrheit“, schlug er vor und ließ ihre Hand wieder los.
„Klar, können wir machen, ist vielleicht besser so“, reagierte sie etwas wirsch und ging voran an die Tür.
„Das kannst du doch jetzt kaum in den falschen Hals bekommen haben, ich mag dich wirklich gern“, versuchte er sie zu besänftigen.
„Nein, ich versteh schon, Anwalt, Klientin, schon klar“, entschied sie und klingelte. Es war später morgen, aber sie wusste irgendwie, dass er zu Hause war.
„Hey, ich hab gehofft, dass du wieder kommst“, begrüßte Radu sie freundlich.
„Tut mir leid, Dad, das ich hier so unangekündigt auftauche, aber du hast mich angelogen“, kam sie gleich zum Punkt.
„Du bist eine Hellseherin, ich kann dich nicht anlügen. Übrigens schön, dass du mich Dad nennst“, fand er ihre Aussage amüsant.
„Wir sind nicht in Vegas geboren“, sagt sie ernst und mit lauter Stimme.
„Doch, seid ihr, warum sollte ich dich deswegen anlügen?“, fragte er verwundert.
„Mein Anwalt hat recherchiert, es gibt keine Geburtsunterlagen über uns“, wurde sie richtig wütend.
„Ihr seid auch nicht auf konventionelle Weise geboren, ihr seid in einem Van in der Wüste kurz vor Vegas geboren. Wir haben euch nie in ein Krankenhaus gebracht, wir waren so jung und naiv, warum brauchst du deine Geburtsurkunde?“
„Du weißt genau wieso, ich will ihn sehen und deine Ex will mich nicht zu ihm lassen“, erklärte er.
„Ich verstehe nicht, er ist erwachsen, warum hält sie dich davon ab?“
„Er ist schwer krank und sie hat die Kontrolle über sein Leben und seine Finanzen“, erklärte sie etwas ruhiger.
„Diese gierige Hexe, sie hat es also endlich geschafft“, murmelte Radu.
„Okay, das musst du mir erklären!“
„Ich weiß, dass er gewonnen hat, war ja überall in den Zeitungen. Ich habe aber nie nach Geld gefragt, auch wenn ich nie viel Geld hatte. Meine Ex hingegen wollte immer mehr Geld scheffeln. Wie krank ist er denn?“
„Ich weiß es nicht, ich komm ja nicht zu ihm hin und diese Frau ist ja nicht grade gesprächig. Das ist übrigens Grayson, mein Anwalt“, stellte sie Grayson vor.
„Du kannst ruhig sagen, dass du mit ihm schläfst, Hellseher, schon vergessen?“
„Ich schlaf nicht mit ihm, noch nicht zumindest, klar, ist Blödsinn einen Hellseher anzulügen. Er ist trotzdem ein Anwalt für Familienrecht. Ich will meinen Bruder nur sehen und ich musste legale Schritte einleiten“, erklärte sie.
„Wird er sterben?“, musste Radu schlucken.
„Ich hab das dumme Gefühl dass er in Todesgefahr ist und ich ihm helfen muss, das kann ich aber nicht, weil mir keiner glaubt, dass ich seine Schwester bin und nicht nur Geld scheffeln will“, begann sie zu weinen.
„Ich komm auch nicht an ihn ran, ich habe in der Vergangenheit einige Fehler gemacht, deshalb ist er nicht bei mir aufgewachsen“, erklärte er und Grayson nahm sie in den Arm.
„Tut mir leid, dass ich so emotional reagiere, ich weiß auch nicht, was ständig mit mir los ist“, schniefte sie.
„Du hast eine emotionale Verbindung zu ihm, als Hellseherin ist dieser Bund noch viel stärker. Meine Großmutter hat mir damals all diese Sachen beigebracht. Ich kann dir helfen, Kontakt zu ihm aufzunehmen“, schlug er vor.
„Das könntest du? Vielleicht kann er mir sagen, was hier los ist“, nahm sie das Angebot an.
„Was muss ich tun?“, wollte auch Grayson helfen.
„Das klingt zwar etwas harsch, aber du lenkst sie zu sehr ab, Junge, du solltest gehen“, entschied Radu trocken.
„Nein, er soll bleiben“, bat sie.
„Nein, ich sollte wirklich gehen, ich ruf dich an, verbring etwas Zeit mit deinem Dad“, erklärte Grayson, küsste sie kurz und verließ das Haus wieder.
„Er scheint nen netter Kerl zu sein, dein Freund. Also, setz dich aufs Sofa“, bat Radu und sie setzte sich unsicher auf ein etwas schäbiges Sofa im Eck.
„Ich muss nicht irgendwelche Drogen nehmen, oder?“
„Deine Mutter macht das also immer noch? Ziemlich schlampige Arbeit von ihr. Nein, du musst keine Drogen nehmen, wenn du nur halb so gut bist wie deine Mutter oder ich, wirst du das gut hinkriegen, auch ohne Drogen“, schmunzelte er.
„Da bin ich echt mal gespannt, ich hab meine Wurzeln ziemlich vernachlässigt, ich weiß nicht, ob ich das kann“, war sie unsicher.
„Ich leite dich da durch, keine Sorge. Jetzt musst du erst mal runterkommen, deine Gedanken sammeln, dich auf ihn konzentrieren“, erklärte Radu.
„Das sagt sich so einfach, ich kenn ihn gar nicht“, wusste sie nicht, was sie tun sollte.
„Sicher, könnte schwierig werden, ich hab ein paar Sachen von ihm behalten, die können dir helfen. Es sind ziemlich alte Sachen, aber die werden es tun“, plante er.
„Du liebst ihn sehr, oder?“, schlussfolgerte sie, als er eine Kiste mit altem Spielzeug aus dem Schrank holte.
„Er ist mein Sohn, natürlich tu ich das, dich liebe ich natürlich auch, aber ihm hab ich die Windeln wechseln können“, sagt er liebevoll.
„Versteh schon, dass du mir jetzt hilfst, ist auch eine tolle väterliche Geste. Mit dir das zu machen ist nicht so anstrengend, Mum kann so strikt bei der Einhaltung von diesen ganzen Regeln sein“, wurde sie lockerer.
„Ich bin auch ziemlich streng bei der Einhaltung von diesen Dingen, nur so klappt das alles. So, nimm seinen Stoffelefanten in die Hand, riech daran, vielleicht nimmst du noch was von seinem Geruch wahr. Der Rest kommt von ganz alleine“, plante er und so machten sie eine der tiefsten Meditationen, die sie je gemacht hatte.
 
Etwas benommen torkelte Valy an diesem Nachmittag zu ihrem Hotelzimmer, wo ihr Vater sie abgesetzt hatte. Sie hatte Kontakt zu ihm aufnehmen können, doch er war viel kränker, als sie sich das vorgestellt hatte. Er lag im Koma und so konnte sie Bruchstücke von ihm erfahren. Es war möglich, dass sie nicht mehr rechtzeitig zu ihm kam, bevor er starb.
 
Als sie sich aufs Bett setzte, dachte sie, dass sie allein war, bis sie ein grummeln neben ihr vernahm.
„Entschuldige Gar, ich dacht, ihr wärt noch weg“, entschuldigte sich Valy benommen.
„Sie ist weg, ich bin hier“, sprach Garren in Rätseln und kroch unter der Decke hervor. Sie hatte geweint.
„Was heißt das?“
„Sie hat mich verlassen, ich muss dir echt viel erklären für ne Hellseherin, ist dir dass schon mal aufgefallen? Ich will schlafen“, wollte sie nicht reden.
„Sicher, schlaf weiter, ich geh sie suchen“, versprach Valy und stand wieder auf.
„Sie ist sicher schon über die Staatsgrenze, mach dir die Mühe nicht. Wie war’s mit deinem Lover?“
„Ich hab den Tag mit meinem Vater verbracht, aber das ist jetzt nicht wichtig. Was ist passiert?“
„Das was schon vor langem passieren musste, wir haben uns wegen der Baby-Sache so in die Haare gekriegt, dass wir beschlossen haben uns zu trennen. Ich musste einsehen, dass ich mit meinen Schulden unsere Zukunftsvisionen ruiniert habe. Vielleicht trifft sie jetzt eine reiche Frau, die ihr den Kinderwunsch erfüllen kann“, entgegnete sie traurig.
„Blödsinn, ihr beide gehört zusammen, ihr ist das Geld sicher egal“, konterte sie versprechend.
„Nein, ist es nicht, sonst wär sie noch hier. Ich hab es nicht anders verdient, schon gut“, gab sie auf.
„Niemand hat so etwas verdient. Komm her“, bat sie liebevoll und legte Garrens Kopf auf ihren Schoß.
„Sie war die einzige Person, die mir wichtig war, nachdem mein Bruder gestorben ist“, begann sie zu weinen.
„Ich bin für dich da, ganz ruhig. Es wird alles gut“, versprach sie.
„Diese Scheiße will ich jetzt gar nicht hören. Ich bin weg“, entschied Garren frustriert, rappelte sich auf und ging aus der Tür.
„Klasse, als hätte ich nicht schon genug Probleme“, murmelte sie, stand auf und ging ihr hinterher. Ihr Wagen war weg.
„Jetzt klaut sie mir auch noch meinen Wagen, der Tag wird immer besser“, sagte sie kopfschüttelnd zu sich selbst und wählte Graysons Nummer.
„Gray, ich brauch dich“, meldete sie sich nur bei ihrem Freund.
„Bin gleich bei dir“, versprach er nur und sie legte wieder auf.
10 Minuten später kam er mit einer Flasche Wein in der Hand zu ihr.
„Was hast du mit dem Wein vor?“, wunderte sie sich und er begann ihren Nacken zu küssen.
„Du brauchst mich, hast du gesagt, ich dachte, du willst Sex“, verstand er nicht.
„In welcher Welt ist ein Hilfeschrei ein Code zum Sex?“, fragte sie und drückte ihn mit der flachen Hand weg.
„Es ist ein Code in Reno, Süße. Du brauchst also meine Hilfe?“
„Mein Bruder liegt im Sterben, Chelsea hat Garren verlassen und jetzt ist Garren mit meinem Wagen weg“, erklärte sie die Lage.
„Du brauchst eindeutig meine Hilfe, Schätzchen, komm her“, entgegnete er und drückte sie an sich. Dabei griff er ihr an den Hintern.
„Du bist echt notgeil, was? Es war wohl ein Fehler, dich um Hilfe zu bitten“, war sie gekränkt und riss seine Hände von ihrem Hintern.
„Tut mir echt leid, mein letztes Mal ist schon ne Weile her, ja, ich bin etwas notgeil, aber ich versuch mich zusammenzureißen. Wo ist sie?“, entschuldigte er sich ehrlich und setzte sein „braves-Jungen-Gesicht“ auf.
„Ich denke, ich weiß wo sie hin ist, aber ich brauch jemanden der mich fährt“, erklärte sie trocken.
„Dann steig ein“, sagte er nur und sie liefen zum Wagen.
„Es tut mir leid, ich bin nur grade nicht in der Stimmung“, entschuldigte sie ihre Stimmung.
„Versteh ich doch, jetzt lass sie uns erst mal suchen. Also, wo ist sie?“, wollte er wissen und fuhr los.
„Lass dich überraschen“, bat sie und brachte ihn zu dem Ort, den sie meinte.

Zehntes Kapitel


Die Slottmaschinen klirrten, als sie Hand in Hand durch das Kasino gingen.
„Bist du sicher, dass sie genau in diesem Kasino ist?“, fragte Grayson, der sich sichtlich unwohl im Kasino fühlte.
„Du bist nicht häufig in Kasinos, oder?“
„Du ja auch nicht. Nein, ist nicht so mein Metier. Also?“
„Sie ist da hinten“, erklärte sie und zeigte auf eine Slottmaschine, an der Garren saß und mit einer Fluppe im Mund und einer Bierflasche in der Hand, an ihm spielte.
„Du solltest für die Polizei arbeiten, du bist echt gut“, schlussfolgerte er und zog sie zur Maschine.
„Seit ich heut mit meinem Dad die Meditation gemacht habe, ist mir alles viel klarer geworden und ich weiß jetzt, auf was ich mich konzentrieren muss“, erklärte sie und stellte sich breitbeinig neben Garren.
„Deine Gabe nervt gewaltig, weißt du das eigentlich?“, war sie nicht begeistert davon, dass sie sie gefunden hatten.
„Willst du noch mehr Schulden machen, oder was?“
„Mit den 20 Mäusen die deine Handtasche hergegeben hat, kann ich mich wohl kaum in Unkosten stürzen“, entschied sie cool.
„Okay, das reicht, nicht nur dass du meinen Wagen geklaut hast, jetzt warst du auch noch an meiner Handtasche“, wurde Valy wütend, zog ihr die Zigarette aus dem Mund und zerrte sie von der Maschine weg.
„Hey, ich kann dich mit Leichtigkeit umbringen mit dem kleinen Finger“, zeterte Garren, der gar nicht gefiel, wie sie sie behandelte.
„Dann mach’s doch, viel Spaß dabei. Hast du schon alles verspielt, was ich hatte oder können wir uns morgen noch nen Frühstück leisten?“
Garren riss sich los, griff in ihre Tasche und drückte Valy ein paar Dollarscheine und ein paar Münzen in die Hand.
„Anscheinend frühstückst du morgen nichts, gehen wir“, war Valy harsch und stieß sie sanft aber mit Nachdruck Richtung Ausgang.
„Was ist denn in dich gefahren?“, war Grayson eingeschüchtert von ihr.
„Ich würde eher sagen, wer ist in sie gefahren, tut mir leid, dass ich das tun muss, Süße“, entschied Garren plötzlich und würgte Valy so lang, bis sie ohnmächtig wurde.
„Was zum Henker machst du?“, war er entsetzt.
„Erklär ich dir später, hilf mir, sie in ihren Wagen zu bringen“, bat sie und Grayson lud sie auf die Arme.
„Erklär mir es am besten gleich, begeh ich irgendeine Straftat grade?“, verstand Grayson nicht, als er hinter ihr herlief.
„Man, ihr passt echt perfekt zusammen, ihr seid beide solche Weicheier, ich kenn mich nicht aus mit diesem ganzem Hokuspokus von ihr, aber ich glaub, sie ist von der Seele ihres Bruders besessen“, erklärte Garren und schloss die Tür des Wagens auf, dass er sie auf den Rücksitz legen konnte.
„Du hattest echt schon zu viele Biere!“
„Ernsthaft, ich kenn sie erst ein paar Tage, aber Valy würde niemals mit mir so reden. Aber Alexis würde das, ich kenne seine Stiefmutter und bin ziemlich sicher, dass er gelernt hat, sich verbal durchzusetzen. Wir bringen sie zu ihrem Dad, der muss reparieren, was er da kaputt gemacht hat“, plante sie und stieg auf den Fahrersitz.
„Du bist doch besoffen, ich mach das“, entschied er und schob sie auf den Beifahrersitz.
„Wenn du meinst, aber ich hab nicht mal mein erstes Bier austrinken können“, konterte sie und sie fuhren zu Radu.
Radu staunte nicht schlecht, als Grayson mit Valy auf den Armen und Garren an diesem Abend vor seiner Tür standen.
„Verdammt, das hatte ich befürchtet“, wusste er schon, was los war.
„Ich will ja nichts sagen, aber warum haben Sie es dann gemacht?“
„Ich wollte ihr helfen, kommt erst mal rein“, bat er und ließ sie rein.
„Nette Hilfe, sie ist von ihrem Zombie-Bruder besessen“, war Garren nicht begeistert.
„Zombie Bruder, das ist ein bisschen pietätlos, finden Sie nicht?“
„Ja, tut mir Leid, aber Sie verstehen, was ich damit meine!“
„Ja, ich verstehe, was Sie meinen, legen Sie sie hier hin, Grayson“, bat er planend und er legte sie ab.
„Was machen Sie jetzt mit ihr?“, wollte Garren genau wissen, was er tat.
„Die Prozedur wird kräftezerrend für sie sein und ich brauch jemanden, der sie mit Flüssigkeiten versorgt. Ich will dich nicht schon wieder ausschließen, Junge, aber wenn du meine Tochter magst, solltest du nicht dabei sein“, erklärte Radu.
„Wir das so eine Art Exorzismus, so wie in dem Film?“
„Ja, so in etwa. Glaubst du, du packst das, Kleines?“, fragte Radu und drehte sich zu Garren.
„Ich bin eine knallharte Ex-Soldatin, das war ne blöde Frage“, konterte sie cool.
„Gut, dann bring sie in mein Schlafzimmer“, plante Radu und Garren zog Valy auf die Arme und trug sie ins Schlafzimmer.
„Verdammt, ist die stark, ich sollte sie lieber nicht sauer machen. Kann ich hier draußen warten?“, sah Grayson ihr hinterher.
„Ja, das sollten wir echt nicht tun, klar, mi casa es su casa, kannst dich auch ruhig aus dem Kühlschrank bedienen, mach nur nicht das Eis leer, dass brauch ich nachher vermutlich noch“, entgegnete er und ging zu Garren ins Schlafzimmer.
„Ich will’s gar nicht wissen, glaub ich“, dachte er laut nach und pflanzte sich auf das gemütliche Sofa. Kurz danach war er erschöpft eingeschlafen.
Der junge Anwalt wurde wach, als er laute rumänische Schimpfworte vernahm. Er blinzelte und sah in die beißenden Sonnenstrahlen.
„Mum und Dad streiten sich übers Telefon“, hörte sie die lockere, ruhige Stimme seiner Freundin.
„Oh man, wie lang hab ich geschlafen?“, wollte er wissen.
„Keine Ahnung, ist aber schon fast Mittag. Dein Boss denkt, dass du krank bist. Das war vielleicht ne Nacht, oder?“, schien sie relaxt und ausgelassen.
„Da sagst du was. Wieder alles klar im Oberstübchen?“
„Scheint so, das war vielleicht ne seltsame Erfahrung, die Seele meines Bruders ist verdammt stark, ich hoffe, er hat nichts getan, was unsere Beziehung gefährden könnte“, hoffte sie.
„Nein, er war nur etwas distanziert gestern und jetzt weiß ich auch wieso“, schmunzelte er.
„Nein, das war noch ich, mein Bruder hat mich erst im Kasino übernommen, das ganze Flickerlicht hat mich wohl umgepolt. Ich will das mit uns langsam angehen“, erklärte sie.
„Klar, das war auch ziemlich unpassend, gestern, tut mir Leid nochmal. Deine Eltern reden wieder miteinander, das ist doch gut, oder?“, lenkte er ab.
„Wenn sie weniger streiten würden, wäre mir das noch rechter. Die beiden würden so gut zusammenpassen“, entschied sie.
„Verkuppele sie bloß nicht, dass ist beim letzten Mal anscheinend verdammt schief gegangen“, riet er ihr.
„Ich sag nur, sie würden zusammenpassen. Garren ist zum Hotel gefahren und holt unsere Sachen, wir bleiben bei meinem Vater, da können wir uns nen besseren Anwalt leisten, nichts für ungut“, erklärte sie.
„Schon gut, ich küsse dich lieber, als dich zu vertreten, denn dein Fall ist jetzt schon ziemlich kompliziert“, schmunzelte er und zog sie zu sich aufs Sofa, wo sie wild rumknutschten. Als die rumänischen Schimpfworte aufhörten, drückte Grayson sie sanft weg.
„Ich komm klar, mach ruhig weiter“, sagte sie außer Atem.
„Bitte nicht auf meinem Sofa, deine Mutter will mit dir reden“, mischte sich Radu ein, der neben ihnen vor dem Sofa stand.
„Da muss ich rangehen, bleib so schön“, küsste sie ihn kurz, kniete sich hin, stand auf und ging in die Küche. Radu sah Grayson kritisch an.
„Hey, sie wollte mich verführen“, verteidigte er sich.
„Hab nichts gesagt. Ich hab Würstchen und Eier gemacht, Hunger?“, spielte Radu den Coolen und Grayson setzte sich auf.
„Ich ess nichts cholesterinreiches zum Frühstück“, entgegnete er.
„Ihr Amerikaner und eure Spleens. Ich hab Bagels da und vielleicht auch nen Apfel“, kritisierte er den Freund seiner Tochter.
„Ich hab einen hohen Cholesterinspiegel, ist genetisch, das ist kein Spleen“, verteidigte er sich.
„Du bist nen bisschen jung dafür, was? Vielleicht hab ich ja auch etwas Frischkäse und Kräuter da“, konterte Radu und ging in die Küche um ihm was zum Essen zu machen.
Als er zurückkam, lag Valy wieder in Graysons Armen.
„Das fängt langsam an, mich zu nerven, Pfoten von meiner Tochter, Junge“, bat Radu und stellte ihm einen Teller mit einem Bagel und eine Schale mit Apfelmus hin.
„Auch wenn ich froh bin, dass ich unter deinem Dach bleiben kann für ne Weile, führ dich nicht wie mein Vater auf, denn das bist du nicht“, reagierte Valy wieder ungewöhnlich.
„Alex?“, fragte Radu vorsichtig.
„Nein, Alex ist weg, das sind meine Worte. Warum hast du damals ihn gewählt und nicht mich? Hab ich mehr geschrien als er, oder wie lief das?“, wollte sie endlich Klarheit.
„Wie kannst du mich so was fragen? Das war die schwerste Entscheidung die ich jemals fällen musste, es verging kein Tag, an dem ich nicht an dich denken musste. Ich werde meinen Sohn verlieren, nachdem ich ihn schon vor Jahren verloren habe, lass mich jetzt nicht auch noch im Stich“, wurde er emotional.
„Tut mir leid, war ne lange Nacht, sicher war das für dich schwer. Ich werde nicht gehen, auch wenn das hier alles total schiefläuft, ich hab dich gefunden und lass dich nicht mehr gehen“, erklärte sie mit sanfter Stimme und ergriff die Hände ihres Vaters.
„Okay, jetzt weiß ich eindeutig, dass du wieder da bist, Alex hätte so was nie zu mir gesagt“, war er gerührt.
„Seid ihr im Streit auseinander gegangen?“, wollte sie wissen.
„Er hat sich auf die Seite meiner Ex geschlagen damals bei der Scheidung, ich würde ihm gern sagen, dass ich ihm das verzeihe, aber so wie du auch, komm ich nicht an ihn ran“, wurde er traurig.
„Das werden wir ändern, Dad, ich weiß zwar noch nicht wie, aber ich weiß, dass wir das schaffen“, entgegnete sie nachdenklich und Radu sah Grayson an, der nur den Kopf schüttelte.
„Hat der grade hinter meinem Rücken den Kopf geschüttelt?“, fragte sie schroff und Radu schüttelte hektisch den Kopf.
„Danke für eure tolle Unterstützung“, murrte sie und stand auf.
„Schätzchen, komm her, du weißt wie wir das meinen, die Lage ist momentan ziemlich aussichtslos“, versuchte Grayson sie zu beruhigen.
„Ich muss hier raus“, platzte ihr der Kragen und sie stürmte aus der Tür.
„Oh man, das wird noch lustig mit ihr, was?“, fragte Radu cool.
„Sie sind eins, vor allem nach diesem Hokuspokus was du mit ihr veranstaltet hast, sie leidet sehr mit ihm“, verteidigte Grayson seine Freundin.
„Das sind meine Kinder, glaubst du ich weiß das nicht? Ich versuche cool zu wirken, aber ich könnte den ganzen Tag nur heulen“, erklärte Radu auch verärgert.
„Tut mir leid, ich sollte aufhören unnötig rumzusitzen und ins Büro gehen. Kümmer du dich um deine Tochter und lass sie einfach fühlen, dass du da bist“, bat Grayson, stand auf und ging nach draußen.
„Hey, ich geh ins Büro, ich komm heut Abend wieder“, erklärte er Valy, als er an ihr vorbei ging.
„Meinetwegen, tu was du nicht lassen kannst“, war sie wortkarg.
„Ich bemüh mich wirklich, dir zu helfen, aber ich bin immer noch Anfänger in meinem Beruf“, entschuldigte sich Grayson nur und ging zu seinem Wagen. Valy saß nachdenklich auf der Bank vor dem Haus ihres Vaters bis Garren wiederkam.
„Hey, was hockst du hier draußen? Hast du schon genug von deinem Vater?“
„So in etwa. Hast du noch alle Sachen von mir dabei, oder hast du wieder was für Glückspiele versetzt?“, war sie schlecht gelaunt.
„Ich hab doch gesagt, dass es mir Leid tut. Ich hab meinen Geldbeutel wieder und geb dir dein Geld zurück. Hast du Zoff mit Grayson, oder was ist los?“
„Die beiden glauben nicht daran, dass das alles hier gut ausgeht, die nerven einfach!“
„Ja, so was kann echt nerven, aber ich steh zu dir. Jetzt komm wieder mit rein“, versprach er und ging mit ihr zur Tür. In dem Moment klingelte ihr Telefon.
„Ja?“, fragte sie mit dem Handy zwischen die Schulter und das Ohr geklemmt. Sie lauschte dem Telefonat und plötzlich rutschte das Telefon von ihrer Schulter und auf dem Boden. Sie stotterte nur „Oh mein Gott“ ein paar Mal und eilte zu Valys Wagen.
„Was ist los?“, eilte Valy ihr hinterher.
„Chels hat … Chels hat“, stotterte sie nur.
„Was hat Chelsea gemacht? Sprich ganze Sätze, bitte!“
„Das war das Zentralkrankenhaus, Chelsea hat versucht sich umzubringen“, erklärte sie stockend.
„Was? Wir müssen sofort zu ihr“, war sie schockiert und sie eilten ins Krankenhaus.

Elftes Kapitel


Sprachlos saßen die beiden Frauen am späten Nachmittag bei Chelsea am Krankenbett. Sie hatte versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden, doch sie war Gott sei Dank nicht erfolgreich gewesen. Sie hatte Medikamente bekommen und schlief noch. Garren hielt liebevoll ihre Hand und wartete, dass sie wieder aufwachte.
„Ich hab nie gedacht, dass sie das so aufregen würde, sonst hätte ich nie mit ihr so gestritten“, versuchte Garren ihren wirren Gedanken im Kopf einen Sinn zu geben.
„Gib dir nicht die Schuld, sie ist eine labile Frau und sie lebt noch, ihr fahrt wieder heim, wenn sie rauskommt und arbeitet an eurer Beziehung, ihr liebt euch, das kann ich genau sehen, ihr dürft nicht so schnell aufgeben“, entschied Valy und Garren nickte müde.
„Willst du nen Kaffee?“, fragte Valy plötzlich, als sie eine Weile weiter geschwiegen hatten.
„Ja, bitte“, stimmte Garren zu und Valy ging aus dem Zimmer der Intensivstation. Eine unbekannte Macht zog sie in ein Zimmer, wo ein junger Mann mit einem Schlauch im Mund dalag. Er war so mysteriös vertraut und sie musste sofort an Alex denken. Sie ging näher an ihn ran und ihre Knie wurden weich, als sie ihn erkannte. Es war tatsächlich Alex.
„Alex?“, hauchte sie, obwohl sie genau wusste, dass er sie nicht hören konnte. Er sah ihr so ähnlich und sie konnte auch etwas von Abby in ihm sehen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, dass sie jetzt wirklich vor ihm stand, ohne dass sie jemand davon abhielt.
„Was machen Sie hier drin?“, hörte sie plötzlich die Stimme einer Krankenschwester.
„Gar nichts, ich bin schon weg“, druckste sie herum und eilte an ihr vorbei aus der Tür.
 
„Ich glaub, ich weiß jetzt, warum sie das gemacht hat“, erklärte sie später Garren, als sie sich wieder zu ihr setzte.
„Sei mir nicht böse, aber ich kann deine Hellseher-Sache grade nicht vertragen!“
„Ich meins ernst, ich hab grad Alex gesehen“, erklärte sie weiter.
„Du hast deinen Bruder gesehen? In einer Vision oder wie?“
„Nein, live und in Farbe, er liegt nur ein paar Zimmer weiter“, war sie vollkommen aufgelöst.
„Quatsch, da musst du dich getäuscht haben“, hörte sie ihr richtig zu.
„Ich weiß doch, was ich gesehen habe, geh selbst hin und sieh es dir an“, bat sie mit ernster Stimme.
„Okay, ich glaub’s dir. Sie hat’s also wirklich getan, das erklärt die einfachen Schnitte, die sie gemacht hat, sie wollte nicht sterben, nur ins Krankenhaus kommen. Wie hat sie das gewusst?“, war Garren verärgert über Chelseas Verhalten.
„Ich hab keine Ahnung, irgendwie muss sie es rausgefunden haben. Was machen wir jetzt?
„Frag mich was Besseres, vielleicht können wir ihm ein bisschen Haare abschneiden“, konterte sie.
„Ich hab keine Schere dabei und es wäre ziemlich auffällig wenn ich sie ihm ausreiße. Man, jetzt sind wir so nah dran und können nichts machen“, war sie frustriert.
„Ich reiß ihm die Haare aus, ich spiel die Verrückte, ich leb seit Jahren mit ner Verrückten zusammen, ich hab mir einiges abgeguckt“, schlug sie vor.
„Ich muss echt verzweifelt sein, aber ja, mach das bitte, ich bleib hier bei ihr“, stimmte sie zu und Garren ließ die Hand ihrer Freundin los und ging zu Alex.
Das Ende vom Lied war, dass Garren vom Sicherheitsdienst herausbegleitet wurde. Doch sie hatte ein Bündel von Alexs‘ eh schon wenigen Haare in ihre Faust verkeilt.
„Tut mir leid, ich hab’s ein wenig übertrieben, wie geht’s ihr?“, wollte Garren wissen, als die beiden Frauen telefonierten.
„Sie ist wach, sie bringen sie morgen in eine psychiatrische Klinik wo sie sie für 30 Tagen unterbringen wollen. Anscheinend ist das die gleiche Klinik, in der auch mein Bruder war. Keine Ahnung, ob das nur Zufall ist oder geplant, aber meine hellseherischen Fähigkeiten schreien eindeutig nach einem geplanten Akt. Es ist eine Schande, dass du sie nicht sehen kannst, aber ich hab ihr erklärt, was du gemacht hast und sie ist stolz auf dich“, erklärte Valy.
„Sag ihr, dass sie verrückt war, dass zu machen, dass ich sie aber trotz allem sehr liebe. Ich werde sie besuchen kommen, sobald sie Besuch empfangen darf“, bat Garren.
„Ich bin schon wieder draußen, wir dürfen in den nächsten zwei Tagen nicht mit ihr reden, danach kann sie Besuch empfangen. Hast du die Haare Grayson weitergeben?“
„Er kommt in einer halben Stunde zu deinem Dad, bist du dann auch da?“
„Ja, ich bin gleich da, ich muss mich noch bei ihm entschuldigen, weil ich so ruppig zu ihm war. Bin gleich da“, erklärte sie und legte wieder auf.
 
Valy kam ziemlich gleichzeitig mit Grayson an. Sie stieg aus und kam zu seinem Wagen, aus dem er gerade ausstieg.
„Hey“, begrüßte sie ihn zögerlich.
„Hey, wie geht’s dir?“, fragte er liebevoll und sie drückte sich an seine Brust.
„Ich muss meine Organe wieder sortieren, aber mein Herz ist glaub ich wieder da wo es hingehört“, erkannte sie und genoss die Wärme seines Körpers.
„Das glaub ich dir. Dir ist schon klar, dass wir die Haare vor Gericht nie benutzen können, oder?“
„Ja, das weiß ich, aber ich will wissen, ob er wirklich mein Bruder ist, ich hab in letzter Zeit so viele Lügen gehört. Seit ich ihn gesehen hab, weiß ich aber genau, dass er mein Bruder ist, ich will es nur schriftlich haben“, entgegnete sie nachdenklich.
„Sicher, ich tu was ich machen kann. Garren hat echt Glück, dass sie nicht die Polizei gerufen haben“, entgegnete er und ging Hand in Hand mit ihr zur Haustür.
„Das seid ihr ja, kommt rein“, bat Garren, die ihnen die Tür öffnete.
„Na, hast du dich aus deiner Zwangsjacke befreit?“, frotzelte Grayson.
„Witzig, zumindest hab ich was getan. Ich hab die Haare schon eingepackt“, entschied sie und gab ihm eine Frischhaltetüte mit seinen Haaren drin.
„Man, das ist ein ganz schönes Bündel, ich hoffe nur, der arme Kerl hat davon nichts mitbekommen“, betrachtete Grayson die Haarmenge.
„Seine Haare rauszureißen ging irgendwie einfach, er hat mächtig Haarausfall“, erzählte sie von ihrer Attacke auf Alex.
„Er hat Krebs“, schlussfolgerte Radu, der zu ihnen kam.
„So ne hellseherische Sache?“, wunderte sich Garren.
„Nein, ich denke es mir, wir kommen aus ner Familie mit kräftigem Haar, er ist krank und er hat Haarausfall, das kommt meistens nur von Chemo-Therapie“, schlussfolgerte er.
„Der arme Kerl, es ist so unfair, ich sollte in seinen letzten Tagen an seinem Bett sitzen und ihm beistehen“, dachte sie nach.
„Ja, das solltest du, ich werde das so schnell wie möglich untersuchen lassen. Habt ihr heute schon was gegessen?“, fragte Grayson hilfsbereit und die Frauen schüttelten den Kopf.
„Dann bestell ich uns was, ich hab auch ziemlich Hunger, irgendwelche Allergien?“, plante Grayson und als alle ihre Allergien gesagt hatten, bestellte er chinesisch.
 
„Ich will ja nichts sagen, aber Chelsea ist schon etwas verrückt, oder?“, fragte Grayson, als sie zusammen zu Abend aßen.
„Ist sie schon, aber sie hat uns viel weiter gebracht. Was hast du heute so erreicht?“, wollte Garren gereizt wissen.
„Ich beantrage ne Geburtsurkunde für Valy zum Beispiel“, murrte Grayson.
„Das kannst du?“, fragte Valy überrascht.
„Ich versuche es, ist nicht einfach, da ihr ja nicht in einem Krankenhaus oder so geboren wurdest“, entschied er.
„Ja, das könnte echt schwierig werden. Das Essen ist echt gut, dein Lieblingschinese?“, fragte Valy und Grayson nickte.
„Hellseherei oder geraten?“
„Geraten, aber ich bestell auch immer nur bei meinem Lieblingschinesen. Du musst meinem Vater die Nummer aufschreiben, denn so schnell werden wir hier nicht verschwinden“, bemerkte sie und aß ihre Plastikverpackung leer.
„Kann ich machen und auch wenn das furchtbare Umstände sind, bin ich froh, dass ihr hier seid“, konterte Grayson zufrieden und Valy lehnte sich an seine Brust.
„Das kann ich leider nicht sagen, aber ich bin trotzdem froh, dich so gefunden zu haben“, antwortete sie und küsste ihn kurz über ihre Schulter.
„Okay, genug Rumgeturtel für mich, ich geh schlafen“, stand Garren vom Schneidersitz auf, in dem sie alle saßen und ging Richtung Schlafzimmer.
„Sie hat Liebeskummer, lass sie einfach. Ich hoffe sie schläft diese Nacht endlich mal wieder, dass ich auch schlafen kann. Apropos, das war ein langer Tag, ich sollte auch schlafen gehen“, entschied sie und stand auch auf.
„Sicher, ruh dich aus, ich geh nochmal ins Büro und recherchiere nochmal. Ich ruf dich morgen an, bevor ich zur Arbeit gehe“, versprach Grayson, stand auch auf, küsste sie kurz und ging zu seinem Wagen.
„Er mag dich wirklich, ich spüre tiefe Gefühle für dich in seinem Kopf, pass aber auf, meine Süße“, bat Radu väterlich.
„Werde ich schon, keine Sorge. Gute Nacht, Dad“, sagte sie ihm ruhig Gute Nacht und ging zu Garren.
„Tut mir leid, ich wollte nicht so rumturteln vor dir“, entschuldigte sich Valy, als sie sich zu Garren aufs Bett setzte.
„Schon gut, ich freu mich ja für dich. Ich würde sie so gern bei mir haben heute, sie braucht mich doch“, wurde Garren melancholisch.
„Ich weiß, meine Süße, ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr das für mich gemacht habt, obwohl ihr mich gar nicht kennt“, war auch Valy nachdenklich.
„Du bist eine von uns, wir kennen dich besser als du denkst“, wurde Garren wage.
„Ich werde mein Leben lang bereuen, dass ich mit euch geschlafen habe, oder?“
„Das mein ich nicht, wir sind alle Außenseiter die nur geliebt werden wollen und das verdammt nochmal auch verdient haben. Wenn meine Kleine aus der Klapse kommt fahr ich mit ihr nach Des Moines und mach sie zu einer ehrbaren Frau. Wir leben schon viel zu lange in wilder Ehe“, dachte Garren laut nach.
„Klingt nach nem Plan, das solltest du wirklich machen. So könnt ihr auch besser ein Kind adoptieren, denn es gibt viele arme Kinder aus China die so tolle Mütter wie euch verdient haben. Jetzt ruh dich aus, du kannst nur gestärkt für sie da sein“, erklärte sie und Garren kuschelte sich ins Kissen.
 
„Valerica“, hörte Valy tief in dieser Nacht jemanden flüstern.
„Lass mich schlafen, Gar“, murmelte sie schläfrig.
„Ich hab nichts gesagt, Val, lass mich schlafen“, bat Garren murrend und Valy setzte sich auf. Sie war wohl die einzige, die das Flüstern hören konnte. Sie ließ Garren weiterschlafen und ging der Stimme nach. Die Stimme führte sie ins Badezimmer. Eine verschwommene Silhouette erschien in dem großen Wandspiegel.
„Da bist du ja endlich, es ist nicht grade einfach dass hier zu machen“, sprach die Silhouette. Die Stimme klang so vertraut.
„Alex?“, fragte sie vorsichtig.
„Duh, wir sind einer von der schnellen Sorte, wer von unserer Familie könnte das sonst machen“, sprach Alex. Seine Stimme klang verzerrt, aber durchdringend.
„Du musst echt angepisst sein, dass wir dir die Haare rausgerissen haben, aber ich will die Wahrheit wissen“, entschuldigte sie sich.
„Du wusstest schon die ganze Zeit, dass wir Zwillinge sind und du fühlst es jeden Tag. Ich bin hier um dir zu sagen, dass du mich aufgeben sollst“, erklärte er.
„Nein, fang jetzt nicht damit an, du hast mich um Hilfe gebeten und ich helfe dir“, blieb sie standhaft.
„Ich sterbe, Schwesterchen, du bist zu spät“, sagte er liebevoll.
„Ich möchte dich sehen, wenn ich dich schon nicht retten kann“, bemerkte sie mit zittriger Stimme.
„Meine Stiefmutter wird dich nicht an mich ranlassen, sie ist eine Schlampe, die an mein Geld will“, erklärte er.
„Ja, das haben wir schon festgestellt, warum warst du in der Klapse?“
„Das fragst du nicht ernsthaft, oder? Ich hab kräftige Visionen seit meinem ersten Bartwuchs, mein Stiefmonster dachte es wäre besser für alle, dass ich lieber Therapien machen sollte. Mit 21 hab ich meine Chance genutzt und bin ausgestiegen aus dieser Familie und hab mein Glück erfolgreich beim Poker gefunden, na ja, der Krebs war aber einer anderen Meinung was mein Glück betrifft“, erzählte er weiter.
„Was für ein Krebs bringt dich denn um, wenn ich die blöde Frage erlauben darf?“, fragte sie keck.
„Leukämie, ist festgestellt worden als ne Kopfwunde von mir nicht richtig geheilt ist. Ist erst acht Monate her, hat mich ziemlich schnell fertig gemacht, der Mistkrebs, als mein Stiefmonster gemerkt hat, dass ich nicht überleben werde hat sie mich als unzurechnungsfähig erklären lassen und in die Klapse gesteckt. Tja, die liebe Familie“, bemerkte er cool.
„Wir sind deine Familie, Mum, Dad und ich und wir sind die einzigen, die nicht an dich dran kommen in deinen letzten Tagen“, sagte sie mit einer Träne im Auge. In dem Moment sprang die Tür auf und Garren kam mit ihren Socken fast von ihren Füßen gerutscht ins Badezimmer geschlurft.
„Wenn du mich schon weckst kannst du mich auch pinkeln lassen“, entgegnete sie, öffnete ihre Schlafhose und stellte sich vor die Toilette.
„Was machst du da?“
„Pinkeln, sieht man doch. Willst du mir zuschauen, oder wie?“, war sie schlecht gelaunt.
„Aber du bist ne Frau!“
„Bist du sicher?“, fragte sie keck und begann im Stehen zu pinkeln. Valy schreckte auf, sie hatte das alles geträumt. Stürmisch weckte sie Garren.
„Wenn du jetzt Sex von mir willst, schlag ich dich“, war Garren nicht begeistert, geweckt zu werden.
„Hast du nen Schwanz?“
„Man, ich dachte, ich hätte lang genug mit ner Verrückten in einem Bett übernachtet um schon alles gehört zu haben, du hast mit mir geschlafen, du weißt, wie ich da unten aussehe, sonst noch irgendwelche Verrücktheiten?“, murmelte sie schläfrig ohne die Augen zu öffnen.
„Ich war volltrunken und ihr hättet mir viel erzählen können“, entschied sie. Beherzt nahm Garren Valys Hand und legte sie in ihren eigenen Schoß.
„Kein Schwanz, siehst du? Können wir jetzt weiterschlafen?“, fragte sie und drückte die Hand wieder weg.
„Ja, sorry, hatte nen wirren Traum. Schlaf weiter“, bat sie und Garren drehte sich brummelnd zur Seite und schnarchte weiter. Valy musste ihre Gedanken sammeln. Hatte sie jetzt eine Vision oder nur einen wirren Traum gehabt? Sie zwang sich wieder zu schlafen und döste auch bald wieder ein.

Zwölftes Kapitel


Beim gemeinsamen Frühstück mit Garren und Grayson im Dinner starrte Valy ihre Freundin ungewohnt lange an.
„Was?“, fragte Garren genervt.
„Gar nichts!“
„Ich glaub deine Freundin steht auf mich, Gray“, konterte Garren und sah Grayson an.
„Ich hab nur über was nachgedacht, sei nicht so eingebildet, Gar‘“, entschied sie ruppig.
„Sei nicht so frech, sie macht ne schwere Zeit durch“, raunzte Grayson.
„Ich hab schlecht geschlafen, tut mir leid. Ich glaub, ich hatte eine Vision von meinem Bruder“, weihte sie sie ein.
„War es schön?“
„Er hat sich verabschiedet, also eher weniger“, entschied sie nachdenklich.
„Er gibt auf? Nach allem was wir für ihn auf uns genommen haben?“, fragte Garren frustriert.
„Anscheinend, er hat Leukämie“, erklärte sie weiter.
„Oh man, du könntest ihn wirklich retten“, dachte Garren laut nach und Grayson sah sie verärgert an.
„Was? Hab ich was nicht mitgekriegt?“
„Du könntest ihm Knochenmark spenden, du bist ja genetisch identisch und das vergrößert seine Heilungschancen insgemein. Was, Greg? Sie sollte es wissen“, erklärte Garren.
„Ich könnte ihn retten und kann es nicht?“, stammelte sie nachdenklich.
„Ich werde versuchen einen gerichtlichen Beschluss oder so zu bekommen, wegen Dringlichkeit oder so“, erklärte Grayson.
„Du magst ja deinen Spaß mit ihm haben, aber eine anwaltliche Ausdrucksweise hat er nicht“, entgegnete Garren.
„Ich kann mich auch gewillt ausdrücken, teure Freundin, aber ich hab vermutlich noch weniger geschlafen als ihr. So viele Gesetzesbücher wie ich letzte Nacht gewälzt habe, hab ich nicht mal während meines Studiums durchsucht!“
„Und, was rausgefunden?“
„Bin dabei eingepennt, tut mir leid!“
„Schon gut, trotzdem danke“, war Valy in Gedanken.
„Ich hab auch mal nen Traum von meinem Bruder gehabt nachdem er gestorben ist. Er hat mich beim Backen gestört und hat mich im Militärdrillton angebrüllt, warum ich backe statt unserem Land zu dienen. Echt schräg“, entgegnete Garren nachdenklich.
„Ich kann mich dich gar nicht in der Küche vorstellen“, konterte Valy frotzelnd.
„Ich mich auch nicht, ich hab noch nie irgendwas gebacken und das wusste er. Ich träume mehr von ihm, seit ich seine Hundemarken zusammen mit meinen Marken trage. Hat das was zu bedeuten?“, war auch Garren plötzlich gedankenversunken.
„Keine Ahnung, du verarbeitest das vermutlich endlich, das ist gut, das ist sehr gut“, entschied sie.
„Ich hab lang nicht mehr von ihm geträumt, kannst du mir vielleicht zeigen, wie man das macht?“, wollte sie wissen.
„Ich wünschte ich würde nicht von meinem Bruder träumen, ich kann dir das nicht zeigen, tut mir leid“, entgegnete sie.
„Schade, ich würde gern mal wieder von ihm träumen, ich geh mal auf die Toilette“, erwiderte sie, stand auf und ging Richtung Toiletten.
„Ich geh dann auch mal“, entschied Valy und ging ihr hinterher.
Garren blieb stehen, als sie sah, dass Valy ihr folgte.
„Was tust du da?“
„Ich geh aufs Klo!“
„Okay, ist zwar seltsam, aber Ladies first“, wunderte sich Garren und ließ sie voran durch die Tür gehen.
„Sitzt du?“, fragte Valy, als die beiden in den Kabinen saßen.
„Was ist los mit dir? Natürlich sitze ich!“
„Ich hab letzte Nacht geträumt, du würdest im Stehen pinkeln, weil du nen Kerl bist!“
„Ich bin kein Kerl, daran werde ich auch jeden Monat erinnert. Was träumst du denn für’n Scheiß?“
„Weiß auch nicht, sorry. Bist du eigentlich immer noch so schlecht auf Grayson zu sprechen?“, wollte Valy wissen.
„Er ist okay, willst du wirklich auf der Toilette mit mir darüber reden?“
„Das brannte mir nur grad auf der Seele. Er wird schon nen Anwalt für mich finden, der mir helfen kann, hoffe ich. Man, das ist alles viel komplizierter, als ich mir das jemals hätte vorstellen können. Ich mag Grayson, aber ich kann mich irgendwie grade nicht auf ihn konzentrieren. Glaubst du, er versteht das?“, fragte sie nachdenklich.
„Denke schon, er ist ein netter Kerl. Aber deswegen brauchen wir nen guten Anwalt, ein Arschloch, der uns auf die schmutzige Art weiterbringt, denn auf die ehrliche Weise kommen wir hier nicht weit“, plante Garren.
„Ein Arschloch können wir uns nicht leisten, teure Freundin“, erinnerte sie sie wieder daran.
„Schade dass wir Chels nicht hierhaben, die ist ein Arschloch-Magnet“, konterte Garren und tätigte die Spülung.
„Sie war mit deinem Bruder verlobt!“
„Ich liebte meinen Bruder, Gott habe ihn selig, aber er war ein Arschloch par excellence“, schmunzelte Garren und kam aus der Kabine.
„Ernsthaft. Wart ihr Zwillinge?“, frotzelte Valy und kam auch raus.
„Bei dir gab es wohl Clown zum Frühstück. Ich bin nett und umgänglich“, murrte sie und wusch ihre Hände.
„Du hattest wohl eher den Clown, du bist ganz schön anstrengend manchmal“, schmunzelte sie.
„Du bist manchmal auch anstrengend, das sind wir alle. Also, wo angeln wir uns jetzt nen Arschloch?“
„In jeder Bar der Stadt nehm ich mal an, aber die meisten davon sind nicht Anwälte, denk ich mal. Man, du bist wohl die einzige Frau der Welt, die ein Problem damit hat, dass ihr Freund kein Arschloch ist. Lass uns wieder rausgehen, der denkt sonst noch was von uns“, bat Garren und sie gingen zusammen raus.
„Hey, da seid ihr ja wieder, alles klar?“, wollte Grayson wissen, als sie sich wieder an den Tisch setzten.
„Ich hatte ein emotionales Ungleichgewicht und Valy hat mir geholfen“, log Garren.
„Ah, das heißt übersetzt?“
„Ich musste flennen wie ein Mädchen, können wir bitte nicht weiter darauf eingehen?“, fragte Garren und räusperte sich.
„Klar, nein, müssen wir nicht. Wollt ihr noch was? Sonst fahr ich wieder ins Büro“, bemerkte er und trank seinen Kaffee aus.
„Nein, wir sind fertig, danke, geh du ruhig ins Büro. Nein, warte, du musst uns noch zu meinem Vater fahren“, entgegnete sie planend.
„Hatte ich auch vor, dann müssen wir aber jetzt gehen“, entschied er.
„Ja, gehen wir!“
 
Valy döste grade auf dem Sofa ihres Vaters, als ihr Handy klingelte.
„Hey Süße, ich bin’s“, war Grayson am Telefon.
„Hey, hab grad etwas gedöst, was gibt’s?“
„Sorry, wollte dich nicht wecken. Ich hab ne gute Nachricht“, klang er erfreut.
„Ja? Was gibt’s?“
„Ich hab ne Geburtsurkunde für dich“, präsentierte Grayson die Nachricht.
„Wirklich? Wie ist das möglich?“
„Ich hab ne Krankenschwester gefunden, die euch damals nach eurer Geburt untersucht hat. Dein Dad war wohl so bekifft, dass er das wohl vergessen hat. Sie hat einen Arzt aufgetrieben, der eine Geburtsurkunde ausstellen konnte. Er schickt es mir her“, erklärte er.
„Oh man, ich liebe dich … dafür, ich möchte dich echt küssen grade, aber du bist weit weg“, sagte sie stürmisch.
„Geh mal an die Tür“, bat er und plötzlich klopfte es.
„Du rufst doch vom Büro aus an!“
„Ich hab mein Telefon umgeleitet auf mein Handy, ich wollte dein Gesicht sehen, wenn ich’s dir sage. Mach die Tür auf“, schmunzelte er und sie öffnete ihm die Tür.
Garren mampfte Cornflakes, während sie zusah, wie das Pärchen eng umschlungen vor der Tür rumknutschte.
„Hey, du hast die Cornflakes leer gemacht“, kam Radu zu ihr hin.
„Ja, ich weiß, ich kauf neue. Ihr Heten seid schon etwas eklig wenn ihr rumknutscht, oder?“, betrachtete sie die Situation.
„Ist ne Weile her bei mir, meine Tochter so zu sehen ist schon eklig irgendwie. Ich will ja nichts sagen, aber sollte der Kerl nicht Akten wälzen anstatt den Petting-Tango mit meiner Tochter zu tanzen?“
„Keiner sagt mehr Petting, alter Mann und ehrlich gesagt hat heutzutage auch keiner Petting mehr. Ich spritz sie mal etwas mit dem Gartenschlauch ab, vielleicht lassen sie dann voneinander ab“, entgegnete Garren und ging nach draußen. Sie räusperte sich, die störte das aber nicht.
„Leute, wir haben noch was zu tun“, bat Garren sie, aufzuhören.
„Er hat meine Geburtsurkunde, jetzt kann ich endlich offiziell Klage einreichen“, erklärte Valy freudestrahlend und drehte sich zu ihr hin.
„Dann mach das, Romeo, zack zack“, forderte Garren, aber Grayson küsste Valys Hals weiter während sie mit dem Rücken zu ihm stand.
„Ich hab ne Waffe, Jungchen und weiß damit umzugehen!“
„Bin schon weg, gehen wir heut Abend essen?“, fragte Grayson, Valy und die sagte zu.
„Dann ruh dich noch etwas aus, bye“, schmunzelte und ging verträumt zum Wagen.
„Oh man, ich brauch ne kalte Dusche“, stammelte Valy benommen und ging zurück ins Haus.
„Wir haben echt nen Problem, wenn die beiden so abgelenkt sind“, mischte sich Radu ein, als sie wieder zu ihm reinkam.
„Dann müssen wir das halt in die Hand nehmen. Wo zum Henker hat der Kerl jetzt eine Geburtsurkunde her? Ich war damals so high, dass ich mich nicht mal daran erinnere, keine Ahnung, wer da was aufgeschrieben haben kann“, wunderte sich Radu.
„Du warst stoned?“
„Hey, war nicht meine hellste Stunde, das war auch einer der Gründe warum das mit Abby und mir nicht geklappt hat. Jetzt bin ich ein anderer Mensch, ich liebe meinen Job und hab mein Leben eigentlich ziemlich im Griff. Doch das mit Alex lässt mich ganz schön straucheln!“
„Klar, versteh ich gut, das mit Chelsea war auch nen Schock für mich, auch wenn sie das nur gemacht hat um uns zu helfen. Ich hatte ständig Angst, dass sie das tun würde seit dem Tod von Laurence“, entschied sie nachdenklich.
„Laurence war dein Bruder, oder?“
„Ja, das war er, ist dein Hellseher-Radar grade in der Werkstatt?“, fragte sie und spielte mit ihren Hundemarken herum.
„Das wusste ich natürlich, aber ich wollte nur höflich sein und Konversation betreiben. Du vermisst ihn sehr?“
„Jeden Tag, aber das Leben muss weitergehen. Ich dachte, ich würde mit Chelsea wieder glücklich werden, aber das Leben ist nicht so einfach wie im Fernsehen“, entschied sie und setzte sich aufs Sofa.
„Wem sagst du das. Aber wir haben was erreicht heute, darüber sollten wir froh sein. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen“, entschied er und sie lächelte matt.
 
In den nächsten Tagen kam wirklich Bewegung in ihre Situation. Grayson konnte Klage einreichen und sie bekamen einen Anhörungstermin. Am Ende der Woche konnten sie auch endlich Chelsea in der Klinik besuchen.
Laute Schreie halten durch die Gänge, als Garren und Valy zu Chelseas Zimmer gingen. Erschreckt ergriff die nervöse Garren, Valys Hand.
„Ist schon unheimlich hier, was? Ich bin da, keine Sorge“, sprach sie ihr Mut zu und zog sie leicht zu dem Raum weiter.
 
Chelsea saß strickend am Fenster und sah sie mit trüben Augen an.
„Seid ihr jetzt zusammen, oder wie?“, sagte sie nur und es war kein Gefühl in ihrer Stimme.
„Baby, du weißt ich liebe nur dich und das wäre Grayson nicht so recht, glaub ich“, begrüßte Garren sie liebevoll, ließ Valys Hand los und kam zu Chelsea. Als sie ihre Freundin küssen wollte, hielt sie sie aber davon ab.
„Wir sind nicht mehr zusammen, Gar‘, das ändert mein selbstloser Akt auch nicht“, entschied sie trocken.
„Sicher, tut mir leid, wie geht es dir?“, war Garren enttäuscht von ihrer Kälte.
„Ich sitze am Esstisch neben Abraham Lincoln und einem Geist, was denkst du denn?“
„Was?“
„Der eine hält sich für Abraham Lincoln, der andere für jemanden, der schon tot ist, ich will hier raus, Leute“, bat sie weinerlich.
„Ich weiß, Süße, ich weiß, wir werden dich hier rausholen, aber jetzt musst du erst Mal gesund werden“, bat Valy und kniete sich zu ihr hin.
„Ich bin gesund!“
„Du hast versucht dich umzubringen und versuchst verzweifelt ein Kind zu bekommen, so sehr, dass du alles um dich vergisst. Du musst neue Prioritäten setzen und das kannst du hier am besten“, entgegnete Garren.
„Ich stricke einen Pullover, ich hab seit meinen Nerdy-Zeiten vor 15 Jahren nicht mehr gestrickt, das waren nicht die besten Jahre meines Lebens, da wollte ich eigentlich nicht mehr hin“, konterte sie.
„Das wirst du auch nicht, wir haben dir ein paar Bücher mitgebracht, die dreißig Tage werden ganz schnell vorbei sein“, versprach Garren gefühlvoll.
„Du bist froh, dass ich hier bin, oder? Du wolltest mich schon immer in die Klapse stecken, das stimmt doch, oder?“, wurde Chelsea wütend.
„Ich hab dir mal ne Therapie vorgeschlagen, ich wollte dich nie in die Klapse stecken, warum sagst du so was Furchtbares?“
„Bitte geh einfach“, bat Chelsea weinerlich.
„Aber, Schatz!“
„Bitte!“
„Bitte geh raus, ich komm dann nach“, bat auch Valy und mit traurigen Hundeblick verschwand Garren aus dem Zimmer.
„Sie liebt dich, Chels und wollte vermutlich nur dein bestes“, versuchte Valy, Garren zu verteidigen.
„Genau deswegen kann ich sie nicht mehr sehen, sie verdient was Besseres als ne Verrückte Frau, die vermutlich niemals schwanger wird“, entschied sie bitterlich weinend.
„Was für ein Blödsinn, nur zu zweit seid ihr stark, nur zu zweit könnt ihr mir durch meine Verhandlung helfen und mir nach dem Tod meines Bruder die Hand halten“, entschied Valy ernst.
„Ich bin grade nicht stark genug für diese ganze Sache, ich steig aus, tut mir leid“, gab Chelsea auf.
„Dann hab ich dich falsch eingeschätzt, tut mir leid. Viel Erfolg mit deinem weiteren Leben, Feigling“, murrte Valy enttäuscht und stürmte aus der Tür. Dabei rannte sie gegen einen jungen Mann in Pfleger-Uniform.
„Hey, warum so stürmisch, Süße?“, sagte er cool und lächelte sie an.
„Danke für das Kompliment, aber an schnellem Sex hab ich kein Interesse“, konterte sie in Gedanken und ging weiter.
„Sie sind Alexs Schwester, oder? Ich hab immer gewusst, dass er nicht zu den anderen Freaks hier gehört“, schlussfolgerte der junge Pfleger.
„Sie kennen meinen Bruder?“
„Wir haben uns ein wenig angefreundet, er ist ein charmanter junger Mann, wenn er nicht seine Visionen hat. Es ist wirklich traurig, dass er ins Koma gefallen ist. Warum sind Sie denn hier? Er ist doch im Krankenhaus seit ein paar Tagen“, wollte er wissen.
„Ich darf nicht zu ihm, ist ne lange Geschichte, ich hab eigentlich grade ne Freundin besucht, das ist noch ne längere Geschichte, Chelsea Galaz, kümmern Sie sich um sie, ich kann es nicht. Bye“, erklärte sie und ging weiter. Garren wartete auf sie auf einer Bank in der Eingangshalle.
„Hey“, sagte sie nur und setzte sich zu ihr hin. Garren hatte ihren Kopf gesenkt und ihre Hände auf ihrem Kopf gefaltet.
„Warum tut sie das? Ich liebe sie doch“, wimmerte sie und sah auf. Sie hatte geweint und immer noch rollten Tränen über ihre Wangen.
„Lass sie einfach ihre Gedanken sammeln, wir können momentan ohne sie besser kämpfen, doch wir holen sie hier wieder raus, versprochen“, entschied Valy.
„Ich kann ohne sie nicht so kämpfen wie ich das sollte“, jammerte Garren.
„Wir müssen es einfach, für sie und für meinen Bruder. Ich habe grade einen Pfleger getroffen, der meinen Bruder kennt und mit ihm befreundet ist, er wird auf sie aufpassen“, erklärte Valy und legte den Arm auf Garrens Schulter.
„Hier laufen jede Menge Leute rum, die sich für Präsidenten oder Fabelwesen halten, woher weißt du, dass er nicht nur denkt, er wäre ein Pfleger?“
„Ich kann Gedanken lesen, schon vergessen? Ich kann Verrückte und Normale auseinanderhalten. Lass uns hier verschwinden, die Gedanken von den Leuten hier sind echt verstörend. Wir kommen wieder, versprochen“, zog sie ihre Freundin hoch und ging mit ihr nach draußen.
 
Nachdem sie die verstörte Garren bei ihrem Vater abgeladen hatte, ging sie in Graysons Mittagspause mit ihm ein Kostüm für ihre Verhandlung shoppen.
„Alles klar mit dir, du bist so still?“, fragte Grayson, als sie durch die Gänge eines Kleidergeschäfts gingen.
„Hab viel im Kopf grad und mit deinen versauten Gedanken noch mehr, halt deine Gedanken im Zaum, junger Mann“, bat sie und er zog sie an sich.
„Ich will dich, jetzt sofort“, flirtete er heftig.
„Wir sind grade erst hier angekommen“, schmunzelte sie.
„Komm mit“, bat er und zog sie in eine leere Umkleidekabine.
„Was machst du?“, fragte sie und er zog sein Shirt aus.
„Ich hab Sex mit dir“, entgegnete er und zog ihr ihr Oberteil aus.
„Wir sind hier in der Öffentlichkeit!“
„Das war schon immer ne Fantasie von mir“, säuselte er und küsste ihren Nacken.
„Bist du laut dabei?“, fragte sie planend.
„Schon irgendwie“, flüsterte er und sie steckte ihm ihr Halstuch in den Mund, bevor sie einen Quickie in der Umkleidekabine hatten.
„Oh man, ich wollte immer, dass mein erstes Mal was Besonderes wird“, entgegnete sie, als sie ihre Sachen wieder richtete.
„Was?“, fragte er, als er sich das Halstuch aus dem Mund gezogen hatte.
„Kleiner Scherz, ich hab deine Gedanken gelesen, du hattest die Befürchtung, dass das mein erstes Mal war, war es nicht, keine Sorge. Man, das hat jetzt echt gut getan, du hast mich echt gedankenfrei gevögelt“, atmete sie schwer und steckte ihr Tuch in ihre Tasche.
„Gemein, ich bin froh, dass es dir gefallen hat. Jetzt kann ich mich auch wieder auf das Shoppen konzentrieren“, entgegnete er und küsste sie lange.
„Ich auch, lass uns gehen, bevor die noch de Polizei rufen“, bemerkte sie und zog ihn aus der Kabine. Eine Frau neben der Kabine sah sie mit verachtendem Blick an.
„Hätten Sie auch gern gehabt, was? Tja, der ist meiner“, schepperte sie der Frau entgegen und zog ihn weiter.
„Die hat vielleicht geguckt, ganz schön frech, gefällt mir. Also, was suchst du?“, schmunzelte er und sie suchten ihr ein Kostüm aus.
 
Spät an diesem Abend kam sie nach Hause zurück. Radu wartete schon auf sie.
„Hey, wo warst du?“, fragte Radu streng.
„Ein Kostüm für die Anhörung kaufen, hab ich doch gesagt, hab ich irgendwelche Ausgehzeiten überschritten?“, fragte sie amüsiert.
„Garren weint schon den ganzen Abend, ich weiß nicht, wie ich sie trösten soll“, war Radu schlecht auf sie zu sprechen.
„Ich hab nen bisschen die Zeit vergessen, tut mir leid, ich geh zu ihr, guck mich nicht so an, ich bin fast dreißig Jahre alt“, murrte sie und ging zu Garren ins Zimmer. Die sah sich einen Liebesfilm auf DVD an.
„Was guckst du dir an?“, fragte sie und legte sich zu ihr aufs Bett.
„Schlaflos in Seattle, war der einzige gute Film, den dein Vater da hatte. Ich tu schon den ganzen Abend so, als würde ich flennen, dass Radu mich in Ruhe lässt. Wo warst du, ist verdammt spät“, erklärte sie tonlos und starrte auf den Fernseher.
„Einkaufen und was mit Grayson essen, ich hab nen Leben, dafür muss ich mich nicht entschuldigen“, entschied sie und zog ihre Jacke aus.
„Der Sex war auch gut, nehm ich an?“, fragte Garren und schaltete den Fernseher aus.
„Woher weißt du das schon wieder?“
„Dein T-Shirt ist verkehrtherum und du hast so ein süffisantes Grinsen auf den Lippen, dass mir schlecht wird“, schlussfolgerte Garren.
„Das T-Shirt hab ich nachdem ich eine Bluse probiert hab falsch wieder angezogen, der Rest stimmt aber. Ich hatte mal ungewöhnlichen Standardsex in einer Umkleide und es war der Wahnsinn“, schwärmte sie.
„Schön für dich, ich schlaf jetzt“, war Garren nicht zum Reden zumute und sie drehte sich zur Seite.
„Ich hätte dich heut nicht allein lassen sollen, tut mir leid“, entschuldigte sich Valy.
„Du musst auch mal dein Leben leben, schon gut. Es ist spät und ich will wirklich schlafen“, bat Garren.
„Sicher, dann schlaf, ich bin noch ziemlich aufgekratzt, ich werde noch was zum Trinken holen“, war Valy aufgedreht und ging in die Küche. Dort saß Radu und spielte Solitär auf dem klapprigen Küchentisch.
„Hey, dachte nicht, dass du noch wach bleibst“, war sie etwas erschreckt von ihm.
„Du solltest deine Fähigkeiten echt trainieren“, sagte er nur.
„Bist du sauer, dass ich Sex hatte? Ich bin eine erwachsene Frau, weißt du?“
„Schon klar, aber nen bisschen warten hättest du damit schon können“, entgegnete er und legte eine Karte.
„Was ist dein Problem? Seit ein paar Tagen bist du schon so komisch!“
„Warum kommt er nicht zu mir?“
„Was?“
„Er ist mein Sohn, warum kommt er nicht zu mir in meinen Visionen? Was hab ich ihm getan?“, zeterte er.
„Das ist dein ganzes Problem? Du bist eifersüchtig? Ich weiß es nicht, Dad, ich wünschte manchmal, ich würde nicht von ihm träumen, er verabschiedet sich immer nur“, war sie erleichtert, endlich zu erfahren, was mit ihm los war.
„Wie kannst du nur so etwas sagen? Ich würde alles geben um nur fünf Minuten mit ihm reden zu können“, wurde er wütend.
„Warum kannst du das nicht? Warum kannst du mich mit ihm sprechen lassen, aber du selbst kannst es nicht?“
„Vielleicht will ich es nicht? Vielleicht ist es einfach zu schmerzhaft für mich, hast du daran mal gedacht?“
„Dann sei nicht eifersüchtig auf meine Visionen, lass sie zu“, entschied sie und setzte sich zu ihm hin.
„Ich bin nicht so stark wie du“, wurde er kleinlaut.
„Ich helf dir dabei, nimm meine Hände“, bat sie und streckte ihm ihre Hände entgegen.
„Jetzt?“
„Das bringt dich doch um den Schlaf, trau dich“, sagte sie liebevoll und er ergriff ihre Hände. Sie döste fast ein, während sie mit ihm eine Vision teilte. Erschöpft schlief sie mit einer seiner Hände in ihrer Hand ein.

Dreizehntes Kapitel


Garren schlürfte an ihrem Tee und lehnte sich an den Tresen. Sie fragte sich, wieso Vater und Tochter am Küchentisch geschlafen hatten.
„Morgen, was macht ihr da eigentlich?“, weckte sie Valy.
„Was ist passiert?“, murmelte Valy benommen und zog ihre Hand aus der ihres Vaters.
„Sag du es mir, du hättest schon bei mir im Bett liegen können, auch wenn ich gestern etwas stinkig war“, schien es Garren besser zu gehen.
„Ich hab mit Radu eine Seance abgehalten, er wollte mit meinem Bruder reden, das hat mich wohl mehr erschöpft als ich dachte. Ich hab meine körperlichen Aktivitäten nicht mit eingeplant bei meiner Kräfteeinteilung. Gehen wir raus und lassen ihn schlafen“, bat Valy und ging mit ihr ins Wohnzimmer.
„Ja, du hattest Sex, ich hab’s verstanden“, murmelte Garren und setzte sich aufs Sofa.
„Tut mir leid, ist ne Weile her gewesen, ich dachte, wir Frauen reden darüber“, wunderte sie sich.
„Nur ihr Heten macht das, wir Lesben haben ihn lieber“, schmunzelte Garren.
„Ach so, man lernt immer wieder was dazu. Man, ich hab nen Hellseher-Kater, das zecht immer“, bemerkte Valy ihre Kopfschmerzen.
„Solang Alex nicht wieder deinen Körper übernimmt, mach was du nicht lassen kannst. Geht’s deinem Dad gut?“
„Denk schon, ich geh lieber zu ihm. Ich mach Pancakes zum Frühstück, willst du auch welche?“
„Immer doch, danke!“
 
Schmunzelnd ging Valy zu ihrem Vater und weckte ihn. Doch er war nicht wach zu kriegen. Panisch misste sie seinen Puls und konnte nur einen schwachen feststellen.
„Garren, ruf einen Notarzt“, rief sie und zog ihren Vater auf den Boden.
 
Diesmal war es Garren, die Valys Hand drückte, als die beiden Frauen in der Halle des Krankenhauses saßen.
„Das ist meine Schuld“, murmelte Valy nur.
„Nein, ist es nicht, er wusste, was er tut!“
„Ich hab ihn dazu gedrängt und er liegt deswegen jetzt im Koma“, begann sie zu weinen.
„Er hat jahrelang Drogen und Alkohol in sich reingepumpt, das musste mal passieren“, sagte Garren nur und Valy sah sie verärgert an.
„Tut mir leid, ich wollte damit nur sagen dass du die Schuld nicht bei dir suchen solltest. Er wird wieder, versprochen“, versprach Garren.
„So wie Alex wieder wird? Vor zwei Wochen wusste ich nichts von Radu oder Alex und jetzt könnte ich sie beide verlieren“, dachte sie laut nach.
„Du wirst sie nicht verlieren, das lass ich nicht zu“, hörte sie plötzlich Abbys Stimme und sie sah in die Richtung der Stimme.
„Mum? Warum bist du hier?“, war sie überrascht sie zu sehen.
„Dein Freund hat mich angerufen und mir ein Ticket am Flughafen hinterlegt. Er war mein Mann und du brauchst meine Unterstützung“, erklärte sie nur.
„Ich glaub zwar nicht, dass ich das sage, aber ich bin so froh, dass du da bist“, stand Valy auf und umarmte ihre Mutter.
„Ich kann auch wieder gehen“, murrte Abby.
„Nein, bitte bleib hier“, drückte Valy ihre Mutter fest an sich.
„Sicher, dafür bin ich doch da. Wann wolltest du mir eigentlich sagen, dass du in ner Beziehung bist?“, wollte Abby wissen und ließ sie wieder los.
„Äh, das ist noch ziemlich frisch und ich wollte dich erst auf ihn loslassen, wenn er nicht schreiend wegrennen kann“, erklärte sie trocken.
„Ich weiß, dass er schon Radu kennengelernt hat, also verträgt er mich auch. Du bist echt überrascht gewesen, mich zu sehen, was ist los?“
„Es ist fünf Uhr nachmittags, ich hab an einem Küchentisch gepennt und heute noch nichts gegessen, entschuldige, dass ich nicht die Hellseher-Königin bin, heute“, entgegnete sie müde.
„Wollt’s nur gesagt haben. Ich besorg dir was zu essen, bleib einfach hier sitzen. Hey Garren, tut mir Leid wegen Chelsea und dir“, begrüßte sie auch Garren.
„Danke, Abby, lieb von dir, aber ich hol sie mir zurück, egal was es kostet“, sagte Garren siegessicher.
„Ich weiß, das wirst du auch. Ich muss zu Alex“, war Abby abgelenkt.
„Viel Glück damit, wir versuchen seit Tagen nichts anderes“, entschied Valy müde.
„Ich bin seine Mutter, sie müssen mich zu ihm lassen“, entschied Abby.
 
Zwanzig Minuten später saßen sie alle in der Kantine des Krankenhauses.
„Ich kann nicht glauben, dass sie mich nicht zu ihm gelassen haben“, war Abby verwirrt.
„Du bist nicht mehr seine Mutter und ich bin nicht seine Schwester, er hat eine andere Familie und die will ihn auch nur beschützen“, schlussfolgerte Valy und stocherte in ihrem Salat herum.
„Die wollen doch nur an sein Geld ran, du hast selbst gesagt, dass er das dir in einer Vision übermittelt hat“, erklärte Garren.
„Danke, Gar‘, ich wollte meine Mutter nur etwas aufmuntern“, zischte Valy.
„Tut mir leid, aber stimmt doch. Wo steckt eigentlich dein kleiner Loverboy?“
„Willst du eigentlich helfen oder nur rumstänkern heute? Er ist noch bei der Arbeit, er kommt später hierher. Willst du nicht zu Dad rein? Er ist zwar im Koma, aber er freut sich sicher, dass du da bist“, widmete sich Valy erst Garren und dann ihrer Mutter.
„Er ist nicht in einem Koma, das ist die Definition, die die Ärzte für seinen Visionszustand erdacht haben, er wacht wieder auf, wenn er das will“, entschied Abby ruhig.
„Anscheinend will er aber nicht da raus, wie lang kann er das aushalten?“
„Als du mal im Sommercamp warst, war ich zwei Wochen in einer Vision gefangen, keine Sorge, ihm wird’s gut gehen“, versprach Abby.
„Versuchst du grad mich anzulügen, Mum?“
„Deine Gabe kommt anscheinend wieder zurück, ich hab auch keine Ahnung was mit ihm ist, na gut, ich geh zu ihm, bring sie dazu, was zu essen, anstatt in ihrem Essen nur rumzustochern“, bat Abby, stand auf und ging zu ihrem Ex.
 
„Ich will zu Alex“, erkannte Valy plötzlich, als sie länger in ihrem Essen rumgestochert hatte.
„Ist das nicht unser stetiges Thema hier? Wir kommen nicht an ihn ran“, entgegnete Garren genervt.
„Wie gut sind deine Diebeskünste?“
„Ich klaue keinen Koma-Patienten!“
„Hoffentlich nicht, wir brauchen nur OP-Kleidung“, plante Valy.
„Ich bin letztes Mal rausgeflogen, ich werde wohl kaum nochmal in seine Nähe kommen“, entschied Garren.
„Auch wahr. Ich werde mir selbst OP-Kleidung besorgen“, entschied Valy.
„Wie willst du denn das machen?“
„Du unterschätzt meine Künste immer wieder, teure Freundin. Jetzt wo ich nichts mehr zu verlieren habe, versuche ich alles um ihm zu helfen“, sagte sie mit komischen Unterton in der Stimme und stand auf.
„Du weißt, im Knast kannst du ihm nicht helfen, oder?“
„Ich komm nicht in den Knast, dafür bin ich viel zu gut“, schlussfolgerte sie und ging davon.
„Oh man, das wird nicht gut enden“, dachte Garren laut nach und folgte ihr.
 
Mit Herzklopfen ging sie durch die Notaufnahme. Sie hatte mit viel Überzeugungskraft ein OP-Kittel bekommen und trug eine Maske. Sie schob die Tür zu seinem Zimmer auf. Der Pfleger aus der Nervenheilanstalt saß an seinem Bett und hielt seine Hand, ließ sie aber los, als er sie sah.
„Ich weiß, ich darf nicht hier drin sein, tut mir leid“, erkannte der Pfleger panisch.
„Ich doch genauso wenig. Ihr beiden wart mehr als Freunde, oder?“, schlussfolgerte sie und zog ihre Maske ab.
„Sie dürften doch gar nicht hier sein, oder?“
„Dito, lieben Sie ihn?“
„Ja, aber ich hab nie die Chance gehabt, es ihm zu sagen. Jetzt ist es zu spät“, entschied er traurig.
„Wie heißt du?“
„Duncan Leroy, ich schleich mich schon seit Tagen heimlich hier rein, seine geldgierige Mutter lässt mich ja nicht an ihn ran, ich denke, sie hat was gegen Schwule“, stellte Duncan sich vor.
„Denk ich nicht, sie ist sicher nur geldgierig, na ja, vielleicht auch schwulenfeindlich, ich kenn sie eigentlich gar nicht. Man, wir sind wohl die einzigen Menschen, die sich wirklich um ihn sorgen und wir dürften nicht hier sein. Ich könnte ihn vermutlich sogar retten, aber ich bin ja nicht seine Familie“, erklärte sie.
„Wie meinst du das?“
„Ich bin seine Zwillingsschwester, ich könnte sicher Knochenmark spenden“, erklärte sie.
„Das ist nicht fair, er stirbt, obwohl er leben könnte“, war Duncan betrübt.
„Wir müssen das jetzt in die Hand nehmen, zapf mir Blut ab!“
„Was?“
„Du hast doch ne medizinische Ausbildung, zapf mir Blut ab“, entschied sie standhaft.
„Zu welchem Zweck?“
„Ich zwinge sie mein Blut zu testen, ob ich passend dafür bin, ihm Knochenmark zu spenden. Also, leg los, ich weiß nicht, wie lang ich hier bleiben kann“, bat sie ernst.
„Meinetwegen, wenn ich ihn damit retten kann, kremple deinen Ärmel hoch“, entschied Duncan hektisch und zog eine Spritze aus einer Schublade.
„Ich glaub nicht, dass ich das mache“, dachte sie laut nach und er tupfte ihren Arm mit Desinfektionsmittel ab und nahm ihr Blut ab.
„Au“, jammerte sie.
„Ist ne Weile her, tut mir leid, und jetzt?“
„Gib mir die Ampulle, jetzt geb ich sie einem Arzt in die Hand. Ich liebe dich, Alex, halt durch“, plante sie, küsste Alex sanft auf den Kopf und ging davon.
„Da bist du, was hast du da an?“, zischte Garren, als sie Valy auf dem Gang abpasste.
„OP-Kleidung, siehst du doch, ich hab keine Zeit, also lass mich los“, murmelte sie und riss sich von ihr los.
„Was hast du da in der Hand?“
„Sind wir hier bei Jeopardy? Nicht dein Problem“, war sie wortkarg.
„Ist das eine Ampulle mit Blut?“
„Der Kandidat erhält hundert Punkte. Ich muss das zu einem Arzt bringen, ich hab die Schnauze voll zu warten“, entschied sie und ging ein paar Schritte.
„Hast du dir selbst Blut abgenommen? Weißt du, wie gefährlich das ist?“, wollte sie wissen.
„Ich hab das für sie gemacht“, mischte sich Duncan ein, der hinter Valy her gekommen war.
„Wer ist er?“
„Duncan!“
„Wer ist Duncan?“
„Der Lover meines Bruders, mein Bruder spielt anscheinend in eurem Team“, erklärte sie kurz.
„Gut für ihn, du lässt dir von nem Fremden Blut abnehmen, das ist noch verrückter, langsam aber sicher denke ich, dass sie die falsche Frau in die Klapse gesteckt haben“, entschied sie.
„Er ist ein Krankenpfleger und kann das, bleib bei ihm, ich komm gleich wieder“, forderte Valy und ließ sie da einfach stehen.
„Hast du sie auf diese hirnrissige Idee gebracht, Prinzessin?“
„Hey, werde nicht frech, ich bin mehr Mann als du es jäh sein wolltest. Ich liebe Alex und du Chelsea, und wir beide kommen nicht an sie ran, wir haben mehr gemeinsam als du denkst“, entgegnete Duncan cool.
„Wie geht es meiner Kleinen?“, wurde Garrens Stimme sanfter.
„Gut soweit, sie liest und schläft viel. Sie liebt dich wirklich, aber sie ist genauso stur wie ich es war, ihre Gefühle frei auszudrücken. Jetzt stirbt er ohne dass er es erfährt“, erklärte er traurig.
„Nicht wenn ich das verhindern kann, ich hab mein Blut abgegeben, sie werden es testen“, bemerkte Valy, die zu ihnen zurückkam.
„Gut, schön für dich, können wir jetzt gehen?“, wollte Garren verschwinden.
„Ich will noch zu meinem Dad“, erwiderte sie.
„Das hoff ich mal, ich hab schon gedacht, dass du das nicht mehr machen willst. Kommt er mit, oder was?“, fragte Garren, als sie weiter liefen und Duncan ihnen folgte.
„Er gehört jetzt zu unserer verrückten Familie, irgendwie, lass ihn mitkommen. Man, mein Arm tut vielleicht weh“, bat sie und rieb sich den Arm.
„Tut mir leid, ich sollte das mal wieder üben. Du zählst mich wirklich zu deiner Familie?“, war Duncan gerührt.
„Sicher, wenn du wirklich verliebt in ihn bist, wie du sagst, gehörst du zu uns. Du hast auch den Mut aufgebracht, jeden Tag hier rein zu schleichen, das hat meinen Respekt verdient. Ich sollte dich vorwarnen, meine Mum ist da und sie ist sehr speziell“, erklärte Valy, während sie zu Radus Krankenzimmer liefen.
„Ist sie altbacken und voll von Vorurteilen?“
„Eher im Gegenteil, aber sie ist schwierig, du wirst schon sehen. Du bist übrigens ein hübscher Kerl, ne Schande für die Frauenwelt, echt“, machte sie ihm ein Kompliment.
„Ja, tut mir leid, ich steh nicht auf dich“, schmunzelte Duncan.
„Gut zu wissen, meinem Freund wär das sicher auch nicht recht, wenn das so wäre. Wo steckt der eigentlich?“, fragte sie sich selbst und damit auch die andren.
„Keine Ahnung, ist ja nicht mal sechs Uhr. Hey, guck dir das an“, kommentierte Garren was sie dort sah. Abby saß am Bett ihres Ex-Mannes und hielt liebevoll seine Hand.
„Ein bekanntes Bild, ist erst ein paar Tage her, dass du so da gesessen hast und Chelseas Hand gehalten hast“, entgegnete Valy.
„Ja, vertane Liebesmüh, wie sich rausgestellt hat. Vielleicht bekommen die beiden da drin ja eine zweite Chance. Bleib erst mal draußen, Gaymeo, wir brauchen nen bisschen Zeit für uns“, bat Garren cool.
„Ehrlich gesagt möchte ich da allein rein, auch ohne dich Gar‘ und sei lieb“, forderte sie sie auf, draußen zu bleiben und schloss die Tür vor ihr.
„Na ja, so sehr Familie sind wir dann doch nicht. Kaffee?“, fühlte sich Garren etwas ausgeschlossen und Duncan nickte.
„Gut, dann gehen wir in die Cafeteria zurück, komm!“
Valy setzte sich ans Fenster des Krankenzimmers und sah ihre Mutter an.
„Er sieht immer noch so gut aus wie vor dreißig Jahren“, sagte Abby nur.
„Ja, er sieht Alex so ähnlich, dem richtigen Alex, nicht diesem leblosen Körper, der dort in der Notaufnahme liegt“, entschied sie.
„Muss ich das verstehen?“
„Ich hatte mehrere lebhafte Visionen von Alex, ich konnte mich richtig mit ihm unterhalten“, erklärte sie.
„Wirklich? Dass muss schön sein, sich mit ihm zu unterhalten“, lauschte Abby ihren Worten.
„Er verabschiedet sich immer nur, so schön ist das nicht. Deshalb hab ich das jetzt in die Hand genommen, sie haben jetzt mein Blut und ich zwing sie dazu es zu testen. Wenn ich ihn retten kann, werde ich das tun“, sagte sie standhaft.
„Ich bin stolz auf dich und gleichzeitig besorgt um deine Psyche“, schmunzelte Abby.
„Mir geht’s gut, mir ging’s nie besser. Nein, das war gelogen, seit du mir das mit Alex gebeichtet hast, wollte ich nichts mehr als ihn kennen zu lernen, aber bald werden mir nur die Visionen bleiben“, erwiderte sie erst mit starker und dann mit weinerlicher Stimme.
„Red nicht so, wir werden wieder eine Familie sein, sobald dein Vater wieder aufwacht, wird alles wieder gut. Komm her“, bat sie liebevoll und zog ihre Tochter an sich.

Vierzehntes Kapitel


„Hast du den Verstand verloren?“, donnerte Grayson, als er eine Stunde später zu den Frauen in den Raum kam. Diese erschreckten sich fürchterlich.
„Heilige Maria Mutter Gottes, Junge, geht’s noch?“, fluchte Abby ihm entgegen.
„Tut mir leid, Ma’am, ich wusste nicht, dass Sie hier sind“, stotterte Grayson, als er Abby sah.
„Wo soll ich sonst sein? Ich hoff mal schwer, dass du nicht der Kerl bist, der mit meiner Tochter schläft, sonst müsste ich echt dein Gemächt verfluchen“, entschied sie kritisch.
„Lass deine Flüche bei dir, Mutter, das ist mein Freund und leider immer noch mein Anwalt, der anscheinend erfahren hat, was ich vorhin gemacht habe“, bat Valy trocken.
„Mir gefällt der Stolz in deiner Stimme nicht, du hast echt Mist gebaut, Missy!“
„Ich musste was tun, das alles hier gerät außer Kontrolle!“
„Ja, dank dir, jetzt können wir deinen Fall vergessen, danke, ich hab mir die Nächte um die Ohren gehauen, jetzt ist alles umsonst“, war er wirklich wütend.
„Er stirbt, Gray, jeden Tag ein bisschen“, versuchte sie sich zu verteidigen.
„Dank deinen Aktionen wird er ohne dich an seiner Seite sterben, ich hoffe, du bist stolz auf dich“, schnaubte er.
„Mum, leg los, verfluch ihn“, war jetzt auch Valy stinkig auf ihn.
„Moment, keiner verflucht hier irgendjemanden, kann man hier nicht mal in Ruhe ausschlafen?“, hörten sie plötzlich Radus Stimme.
„Dad, warst du das?“, fragte Valy überrascht und drehte sich zum Krankenbett ihres Vaters.
„Was ist passiert und warum schreit ihr euch an?“
„Ich hätte dich nicht zu dieser Seance überreden sollen, das hat dich voll ausgeknockt“, erklärte Valy.
„Mach dir keine Vorwürfe, das konntest du nicht wissen. Guck mich nicht so besorgt an, mir geht’s gut“, bat er.
„Ich hol einen Arzt, der soll dich untersuchen“, erklärte Abby.
„Abigail?“, bemerkte Radu, das seine Ex da war.
„Ich lass deine Tochter in dieser Situation doch nicht allein. Alt bist du geworden, Radu“, entgegnete Abby und kam zu ihm hin.
„Ich will ja nichts sagen, Abby, du aber auch“, schmunzelte er und sie berührte sanft sein Gesicht.
„Ja, die Zeit kann man wohl doch nicht besiegen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass unser Sohn so krank ist?“, wollte sie wissen.
„Ich weiß es auch erst seit ein paar Tagen. Hast du ihn schon gesehen?“
„Nein, kann ich nicht, wie du auch, deine Tochter hat sich einen Fauxpaux erlaubt und hat sich reingeschlichen, deshalb der Streit“, erklärte Abby und sah Valy an.
„Er streitet sich nicht mit mir wegen meiner Reinschleicherei, er streitet sich mit mir, weil ich die Ärzte gezwungen habe, mein Blut zu untersuchen, das ich ihn retten kann“, erklärte Valy.
„Was hast du getan? Hast du den Verstand verloren?“
„Nein, ich seh das erste Mal klar, so wird das funktionieren, das musst du auch einsehen, Gray, Gray?“, entschied sie und drehte sich herum. Gray war gegangen.
„Entschuldigt mich kurz“, bat Valy und eilte ihm hinterher.
 
„Gray, warte, Gray“, rief sie ihm hinterher, doch er blieb nicht stehen.
„Bitte Gray, ich hätte das mit dir absprechen sollen, tut mir leid“, bettelte sie, doch er ging einfach durch die Außentür und ließ sie dort stehen.
 
Eine Woche später

Während Duncan, Garren und Valy ihrem Liebeskummer freien Lauf ließen und sich die Nächte mit Bier und falschen Entscheidungen um die Ohren schlugen, engagierten Valy und Radu einen neuen Anwalt.
„Du musst dich mit Gray versöhnen“, entschied Garren, als die drei in einer Bar saßen und sich mal wieder volllaufen ließen.
„Äh … nein!“
„Du musst aber!“
„Warum muss ich?“
„Der neue Anwalt ist ein sexistischer, homophober Rassist und ein Arschloch“, erklärte Garren und Duncan stimmte ihr zu.
„Ihr müsst nicht mit ihm schlafen und wir wollten doch immer nen Arschloch!“
„Wenn er mich noch einmal Schnucki nennt, kastriere ich ihn“, entschied Garren ernst.
„Lass die Finger von ihm, wir dürfen das nicht nochmal versauen“, murrte Duncan.
„Sie hat das versaut, nicht ich“, gab sie Valy die Schuld.
„Danke Gar‘, damit baust du mich voll auf!“
„Tut mir leid, wir sollten nicht streiten, der Kerl macht mich nur wahnsinnig“, bat Garren sanfter.
„Mich auch, glaub mir, und wenn wir ne andere Wahl hätten, würden wir seinen Rassistenarsch feuern, aber er ist unsere einzige Chance“, entschied Valy.
„Er muss doch wissen, dass du verzweifelt bist, er hat dich viel zu schnell aufgegeben“, mischte sich Duncan ins Gespräch ein.
„Sag mir was, was ich noch nicht weiß, könnt ihr jetzt aufhören, über ihn zu reden, ich versuch ihn mir grad aus dem Hirn zu saufen“, bat Valy und trank noch einen Schluck aus der Bierflasche.
„Grayson …“, begann Garren wieder.
„Gar‘, hör auf ihn zu erwähnen!“
„Wollte nur sagen, dass er grad durch die Tür reinspaziert“, konterte sie cool.
„Bitte sag mir, dass er eine heiße Blondine am Arm hat, dann kann ich mich endlich in der Toilette aufhängen“, murrte sie sarkastisch, die mit dem Rücken zur Tür saß.
„Nein, er ist mit deinem Anwalt unterwegs“, sagte Duncan nur.
„Was? Was hat er mit dem zu schaffen?“
„Du bist die Hellseherin, was weiß ich!“
„Ich bin betrunken, da bin ich ein bisschen abgelenkt. Kommen sie zu uns hin?“
„Jup!“
„Ich bin weg“, wollte sie nur weg und stand eilig auf. Dabei stolperte sie aber über ihre Handtasche und landete auf ihren Knien.
„Alles klar?“, wollte Garren ihr hochhelfen, doch Grayson und ihr neuer Anwalt Tyson waren schon bei ihnen angekommen.
„Toll, egal welchen Karma-Gott ich auch verärgert haben muss, ich hoffe, er ist mit Cookies zu besänftigen“, grummelte sie und rappelte sich auf.
„Ist das eine neue Verteidigungsstrategie, die ich noch nicht kenne?“, fragte Tyson cool.
„Meine Freundin hat Recht, man trifft echt auf Arschlöcher, wenn man in eine Bar geht. Ich ruf mir nen Taxi, kommt jemand mit?“, wollte Valy wissen und Duncan stand auf.
„Sicher, Süße, gehen wir“, schloss sich Duncan ihr an.
„Du hast also schon jemand neues? Hast ja nicht lang gebraucht“, fand auch Grayson Worte.
„Wüsste nicht, dass dich das was anginge, komm Duncan, die Luft ist mir hier zu stickig“, war Valy genauso sauer wie betrunken und torkelte an Duncans Arm nach draußen.
Grayson packte Garren am Arm.
„Ist er ihr neuer Freund?“, wollte Grayson besorgt wissen.
„Nein, ist er nicht und ich würde meinen Arm loslassen, ich kann dich noch verprügeln, auch wenn ich einem im Tee habe“, drohte sie ihm und er ließ schnell ihren Arm wieder los.
„Langsam versteh ich, was du über die Ladies erzählt hast. Sie fragen sich sicher, was ich mit Ihrem ehemaligen Anwalt zu tun habe“, wendete sich Tyson an Garren.
„Nein, interessiert mich auch nicht. Ich muss jetzt, sonst fahren die beiden ohne mich“, entschied sie cool und wankte auch nach draußen.
„Also, warum ist er mit ihm hierhergekommen?“, fragte Valy, als die drei auf ein Taxi warteten.
„Ich bin nicht deine Sekretärin, keine Ahnung“, entgegnete Garren, die breitbeinig auf der Treppe der Bar saß.
„Warum machst du mich immer an? Ich hab dir nichts getan“, begann Valy plötzlich zu weinen.
„Du kannst nicht von „Verärgerter-Besoffener“ zu „Sentimentaler Besoffener“ wechseln, das geht doch nicht“, wusste Garren nicht, wie sie darauf reagieren sollte.
„Mein Leben geht den Bach runter und keiner hilft mir“, ging Valy auf die Knie.
„Süße, steh vom Boden auf, ich helfe dir, denn du hast das richtige getan, auch wenn die andren das nicht so sehen“, zog Duncan sie hoch und drückte sie an sich.
„Warum kannst du nicht hetero sein?“, schluchzte sie.
„Weil wir uns sonst nie kennengelernt hätten, das ist ein Paradoxon. Hey, da kommt ja das Taxi, lass uns heimfahren und unseren Rausch ausschlafen“, sah er das Taxi und drückte sie auf den Rücksitz.
„Kommst du? Sonst fahren wir ohne dich“, rief er zu Garren und die stand grummelnd auf und stieg auch ein.
 
Das Bellen eines Hundes weckte Valy tags drauf.
„Oh man, Bruno muss mal raus“, hörte sie Duncans Stimme und sie drehte ihren Kopf. Sie lag zwischen Duncan und Garren ins Duncans Bett in seiner Wohnung.
„Stell endlich deinen Köter ab, sonst musst du heut noch einen Hund beerdigen“, stöhnte Garren.
„Sag das nicht mal sarkastisch, Gar, er ist mein Ein und Alles. Bin ja schon mit ihm weg“, raunzte Duncan, rappelte sich auf und ging zu seinem Hund. Das Bellen verstummte und Valy atmete auf.
„Gott sei Dank, wie kommen wir hier her?“, wollte Valy wissen.
„Taxi, man, hast du nen Filmriss?“
„Sonst würd ich nicht fragen. Warum tun mir die Knie weh?“
„Du bist gestolpert, direkt vor Grays Füße“, erklärte Garren amüsiert.
„Bitte sag mir, dass du nen Witz machst!“
„Hast du mich jemals Witze machen sehen?“
„Oh Gott, was hat er da gemacht?“
„Keine Ahnung, er war nur mit Tyson dort, er hat seinen Spaß gehabt mit deinem betrunkenen Tänzchen“, frotzelte Garren.
„Es reicht mir, ich pack meine Sachen und fahr zurück nach Hause, das ist nicht mehr mein Kampf hier“, gab sie auf und stand auf, um ihre Schuhe zu suchen.
„Von wegen, du gibst hier nicht auf, das lass ich nicht zu“, beschloss Garren und stand auch auf, was ihren Kopf pochen ließ.
„Oh man, wir sollten das mit dem Alkohol wirklich lassen, wir brauchen unsere Konzentration jetzt“, versuchte sie ihre Gedanken zu sammeln und gab Valy ihre Flip Flops.
„Danke, aber es ist vorbei, ich hab nichts mehr die Energie weiter zu machen“, gab sie auf und zog ihre Schuhe an.
„Ich kann dich nicht zwingen zu bleiben“, ließ sie sie gehen.
Als Valy im Taxi zu ihrem Vater saß, klingelte ihr Handy.
„Miss Afina, Dr. Middlebrock vom Saint-Marys-Krankenhaus. Sie hatten mich gebeten, mich zu melden, wenn Sie kompatibel für Mr. Brogan sind. Sie sind kompatibel, ich würde Sie bitten so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu kommen, dass wir Sie für die Operation vorbereiten können“, bat der Mediziner.
„Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen das sagen soll, aber ich kann nicht zu Ihnen kommen. Ich darf nicht in die Nähe meines Bruders“, erklärte sie.
„Ich weiß, ich hatte schon einen netten Besuch von seiner Stiefmutter, Sie müssen nicht in seine Nähe, ich werde dafür sorgen, dass Sie als anonymer Spender auftreten“, versicherte der Arzt ihr.
„Ich muss das mit meinem Anwalt absprechen, aber bereiten Sie schon alles vor“, bat sie und legte wieder auf.
„Fahrer, zum Tyler Way, bitte“, bat sie den Taxifahrer und der fuhr sie zu Tyson.
Tyson saß in seinem Büro und musterte sie, als sie mit zerwühlten Klamotten und wilder Frisur vor ihm stand.
„Na, Nacht durchgemacht?“
„War noch nicht zu Hause, ich muss was mit Ihnen bereden“, sagte sie kurz.
„Setzen Sie sich“, bat er ihr einen Platz an und sie setzte sich müde.
„Ich hab grad nen Anruf bekommen…“, begann sie.
„Warten Sie, bevor sie weiterreden, es geht nicht um Gray, oder?“
„Nein, es geht nicht um Gray, was haben Sie mit meinem Ex zu schaffen?“
„Wir sind Freunde, Sie haben uns gestern zusammen gesehen, ich dachte, Sie wollten darüber reden!“
„Ich hab nen Filmriss nach gestern, er war also auch da gestern, war ja klar, dass er bei meinem peinlichsten Moment auch dabei war. Aber ich möchte nicht über ihn reden, es geht um meinen Bluttest“, erklärte sie.
„Bitte sagen Sie nicht, dass Sie noch nen Test gemacht haben, ohne das mit mir abzusprechen“, murrte Tyson.
„Können Sie mich mal ausreden lassen? Danke! Ich wollte sagen, dass das Krankenhaus angerufen hat, ich bin eine passende Spenderin!“
„Das ist toll und auch verdammt kompliziert. Mrs Brogan ist sein Vormund ohne ihre Einstimmung gibt es keine OP“, fasste er die Lage zusammen.
„Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen würden, ich muss zu ihr und mit ihr reden, wenn Sie nur einen Funken Gefühl in ihrem eiskalten Herz hat, wird sie mich anhören“, plante sie. Selbstbewusstsein war nach dem erfreulichen Anruf in ihre Seele zurückgekehrt.
„Sie wollen also nicht nur die Karriere meines Verbindungsbruders ins Wanken bringen, sondern auch meine, Gray hat Sie echt richtig beschrieben“, kommentierte er ihr starkes Auftreten.
„Saufbrüder seid ihr also, interessant. Kommen Sie mit mir mit?“
„Ja, aber wir sollten Sie aufsuchen, wenn Sie nicht nach Wodka stinken“, riet er ihr und sie roch an ihrer Jacke.
„Auch wahr, tut mir leid, dass ich hier so aufgetaucht bin, aber wir spielen hier auf Zeit“, entschuldigte sie sich.
„Kein Problem, in Ihrer Situation versteh ich vollkommen, wenn Sie etwas neben der Spur sind, bleiben Sie aber bitte vor Gericht nüchtern“, bat er.
„Super, jetzt halten Sie mich für ne Alkoholikerin, die Sache wird immer lustiger. Treffen wir uns in zwei Stunden vor dem Haus von Mrs Brogan?“, wollte sie wissen und er nickte.
„Er vermisst Sie, er würde es zwar nie zugeben, aber er tut es“, sagte er plötzlich, als sie zur Tür ging.
„Er hat eine seltsame Art das zu zeigen, das können Sie ihm ruhig sagen. Ich muss jetzt echt duschen, danke für Ihre Zeit“, bedankte sich Valy und ging wieder nach draußen um mit einem Taxi heimzufahren.
Garren wartete dort schon auf sie.
„Wo warst du? Ich hab mir Sorgen gemacht“, begrüßte Garren sie, als sie ihr die Tür öffnete.
„Bei meinem Anwalt, musste was klären!“
„So wie du aussiehst?“
„Er hat mich gestern schon so gesehen, was soll’s. Ich bin wieder dabei!“
„Dachte ich mir schon, du hast diese Woche schon drei Mal aufgegeben und bist immer wieder zurückgekommen. Also, was musstest du mit dem Arschloch besprechen?“
„Nicht jetzt, ich muss erst Mal ne Weile duschen und mich umziehen. Sind meine Eltern da?“
„Gott sei Dank nicht, Sie sollten dich nicht so sehen. Komm rein“, bat Garren und zog sie rein.
„Du hast genauso einen Kater!“
„Aber ich leide mit Stil, das ist der Unterschied. Geh duschen, dann reden wir“, plante Garren und Valy trottete zum Badezimmer.
„Dumme Idee, ganz dumme Idee“, kommentierte Garren, als sie zusammen mit Tyson vor dem Haus der Brogans standen.
„Warum kommt sie nochmal mit?“, wollte Tyson wissen.
„Sie ist stärker als ich?“
„Meinetwegen, aber sie hält die Klappe!“
„Ich halt die Klappe, man, sind wir ernst heute!“
„Wir müssen sie um sein Leben anbetteln, das ist ernst“, entschied Valy.
„Ja, ich bin jetzt ernst. Was ist, wenn Sie nein sagt?“
„Dann müssen wir schnellst möglichst vor Gericht gehen, das kann auch zu spät sein“, erklärte Tyson besorgt.
„Tyson, erkenn ich da so was wie Mitgefühl in Ihrer Stimme?“
„Ich bin nett und umgänglich, im Privaten zumindest, im Job muss ich ein Arsch sein, das hat Gray nicht so drauf, ich weiß“, versprach Tyson und klingelte.
„Gray wird hier nicht erwähnt, ja?“
„Sorry, mein Fehler, nein, er wird nicht erwähnt. Psst, sie kommt“, bat Tyson und die Tür sprang auf.
„Du schon wieder, du hast dir jetzt wohl nen anderen Anwalt besorgt, beeindruckend. Was willst du?“, fragte Mrs Brogan trocken und Valy erzählte ihr alles.
„Nein, vergiss es“, blieb sie stur.
„Dann sehen wir uns vor Gericht“, entschied Valy wütend und stürmte heraus.
„Das was sie gesagt hat“, kommentierte Tyson das Auftreten seiner Mandantin cool und ging ihr hinterher.
„Diese Frau regt mich so auf, wer hat sie eigentlich zur gottverdammten Königin der Welt erkoren?“, tobte Valy, als sie am Auto angekommen war.
„Irgendein versoffener Richter, scheint mir. Wir gehen vor Gericht, das wird noch diese Woche passieren, dafür sorge ich“, sagte er kämpferisch.
„Danke, melden Sie sich, wenn ich vor Gericht muss, mehr will ich nicht wissen“, sagte sie nur und ging die Straße entlang.
„Wo will sie jetzt hin?“, wunderte sich Tyson.
„Lassen Sie sie einfach gehen, sie braucht jetzt Zeit für sich. Wie gut sind Sie eigentlich mit Gray befreundet?“
„Ziemlich gut, wieso?“
„Wir werden die beiden jetzt wieder zusammenbringen, denn sie braucht ihn jetzt“, entschied Garren.
„Dann viel Spaß, die beiden sind ziemliche Sturköpfe“, hielt sich Tyson aus der Sache raus.
„Hey, ich hab wir gesagt, da halten Sie sich nicht raus, rufen Sie ihn sofort an und sagen ihm, dass Sie mit ihm reden wollen und ich geh ihr hinterher. Wird’s bald“, befahl sie und ging Valy hinterher.
„Klasse, was soll ich eigentlich noch machen?“, grummelte Tyson und griff nach seinem Smartphone.
 
„Was machen wir hier? Mir ist echt nicht nach ausgehen, ich hab noch nen furchtbaren Kater“, jammerte Valy, als Garren sie ein paar Stunden später überredet hatte, das Hotelzimmer, dass sie jetzt wieder bewohnten zu verlassen, um in ein Café zu gehen.
„Ich hab auch Liebeskummer und nen Kater, kannst du mal fünf Minuten nicht rumnörgeln?“, bat Garren.
„Tut mir leid, ich reg mich nur so über die Frau auf. Wie kann sie das Alex antun? Sie hat ihn doch mit aufgezogen, fühlt sie überhaupt nichts für ihn?“
„Das kann ich leider nicht beantworten, ich war nie mit Leuten zusammen, die viel Geld hatten oder wollten. Hey, da drüben ist Tyson und Grayson ist auch bei ihm“, bemerkte sie wie geplant die Jungs.
„Ich muss los“, wollte Valy wieder gehen, doch spürte plötzlich kalten Stahl, als sie aufstehen wollte. Garren drückte ihr unter dem Tisch ihre Waffe an den Bauch.
„Tut mir leid, dass ich das tun muss, aber du bleibst hier“, sagte Garren ernst.
„Bitte sag mir, dass das nur dein Vibrator ist“, war Valy geschockt von Garrens Verhalten.
„Ich brauch son Ding nicht, ich hab ein ausgefülltes Sexleben, du winkst sie jetzt her“, befahl Garren und mit zittriger Hand winkte sie die Männer her.
„Braves Mädchen, jetzt lächle“, bat Garren und Valy lächelte gezwungen.
„Geht doch, tut mir leid, dass ich das tun musste“, entschuldigte sich Garren und steckte ihre Waffe in ihre Tasche zurück.
„Hey, das ist ja eine schöne Überraschung, Sie hier zu treffen“, begrüßte Tyson sie.
„Ich bin auch ein Anwalt, ich erkenne eine Lüge, auch wenn sie gut geplant ist“, sagte Grayson nur.
„Setzt euch doch“, bat Valy und sie musste sich zwingen, ihre Stimme nicht zittern zu lassen.
„Danke“, sagte Grayson nur und setzte sich hin.
„Wir holen mal den Café, unterhaltet euch solange“, bat Garren und ging mit Tyson davon.
„Die beiden sind unglaublich“, kommentierte Valy die unangenehme Situation.
„Wir sollten wirklich mal reden“, entschied Grayson.
„Ja, das sollten wir. Es tut mir leid, dass ich nicht mit dir abgesprochen habe, was ich geplant habe, aber das war eher ne spontane und nicht sehr kluge Entscheidung. Ich weiß jetzt, dass ich ihn retten kann aber seine Mutter mir das Recht verwehrt, ihm zu helfen“, erklärte Valy ruhig.
„Tut mir leid, dass zu hören. Wie ich Tyson kenne, ist er aber dran, dass zu ändern. Er ist ein Spitzenanwalt, deshalb hab ich ihn auch für dich ausgesucht“, bemerkte er und lächelte matt.
„Du hast ihn für mich ausgesucht?“
„Na ja, eigentlich hab ich ihn deinen Eltern vorgeschlagen, aber sie wären blöd gewesen, ihn nicht zu nehmen. Ich bin kein guter Anwalt und ich hab dir die Schuld gegeben, dass wir im Fall nicht weitergekommen sind, anstatt sie bei mir zu suchen“, entschuldigte er sich.
„Ich bin zu weit gegangen, schon gut. Ich brauch dich, jetzt mehr als zuvor, bitte bleib jetzt an meiner Seite“, sagte sie liebevoll.
„Okay, aber ich hab nur eine Regel!“
„Ich höre jetzt auf das, was mein Anwalt sagt?“
„Genau das. Du kannst deinen Bruder retten?“
„Ich bin kompatibel, ich könnte ihm Knochenmark spenden, aber Mrs Brogan lässt mich nicht. Deshalb gehen wir noch diese Woche vor Gericht“, erzählte sie ihm.
„Dann bin ich dabei“, versprach er und ergriff ihre Hand.

Fünfzehntes Kapitel


Nervös strich Valy ihren schicken Rock glatt und setzte sich an den Tisch im Gerichtssaal. Sie drehte sich um und machte einen prüfenden Blick zu Grayson, der sie matt anlächelte.
„Sind Sie soweit?“, fragte Tyson und sie nickte, als sie sich wieder zu ihm gedreht hatte.
 
Die Minuten, die Valy auf dem Stuhl der Anklägerin saß kamen ihr wie Stunden vor. Sie hörten diverse Plädoyers und mussten dann für eine geschlagene Stunde vor dem Gerichtssaal warten.
„Das geht schon viel zu lange, das heißt doch nichts Gutes, oder?“, fragte Valy nervös, die ihre Hände knetete.
„Lang ist immer besser, lang heißt, dass noch entschieden wird“, versprach Grayson, der neben ihr saß und nahm ihre Hand in seine.
„Tyson war gut da drin“, erkannte Garren, die im schicken Hosenanzug ihr gegenüber saß.
„Ja, das war er. Er war sogar sehr gut, wir gewinnen das, versprochen“, machte Grayson ihr Mut und in dem Moment kam Tyson aus dem Gerichtssaal und Valy bohrte ihre Fingernägel in Graysons Hand.
„Schatz, Au, lass los, bitte“, bat Grayson und zog ihre Hand von seiner.
„Tut mir Leid, Süßer. Also, was ist das Urteil, Tyson?“, fragte sie zittrig.
„Du musst sofort weg“, erklärte er in Rätseln.
„Hat sie jetzt ne Unterlassung-Verfügung bewirkt, oder was?“
„Nein, wir müssen dich ins Krankenhaus bringen, dass sie dich für die Knochenmarkspende vorbereiten können“, präsentierte er die guten Neuigkeit und sie fiel ihm freudestrahlend um den Hals.
„Einen kleinen Wehmutstropfen gibt es trotzdem. Du darfst ihm das Knochenmark spenden, aber sonst darfst du keinen Kontakt mehr zu ihm aufnehmen“, fügte er hinzu.
„War klar, dass sie mir das noch reindrücken musste, solang ich ihn retten kann, meinetwegen“, entschied sie und ging mit den anderen ins Krankenhaus.
 
Nachdenklich zog Valy ihren Rock und ihre Bluse aus. Es war ein kleiner Sieg, den sie erreicht hatte und es war nicht sicher, dass ihre Spende noch rechtzeitig kam.
„Du bist vermutlich froh, aus den Sachen rauszukommen“, riss Garren sie aus ihren Gedanken.
„Du bist vermutlich mehr froh darüber, dass ich mich ausziehe als ich, musst du mir dabei zusehen?“
„Mein Sexualleben ist doch nicht so prickelnd, wie ich behaupte, gönn mir den Spaß. Wo ist dein kleiner Lover?“, wollte sie wissen.
„Er versucht vor Gericht die Unterlassungsverfügung anzufechten, ich hab ihm zwar gesagt, dass muss er nicht, aber er wollte es unbedingt machen. Ich hoffe, er kommt bald zurück, ich hab ziemlich Schiss vor der Prozedur“, gestand sie und setzte sich auf das Krankenbett.
„Ich bleib bei dir, bis er wiederkommt, versprochen. Ich kann zwar kein Blut sehen, aber ich guck einfach nicht hin“, schmunzelte sie und half ihr, ihren Krankenkittel anzuziehen.
„So Ms Afina, wir spritzen Ihnen jetzt einen Wachstumsfaktor, der ihre Stammzellen anregt. Das machen wir fünf Tage. Nächste Woche legen wir Ihnen dann einen venösen Zugang und leiten ihr Blut in diesen kleinen Kasten hier und dann wieder zurück in den Körper. Dabei werden Sie ein Hochgefühl erleben, ähnlich dem Blutdoping. Das wird ne ganze Weile dauern, aber wir haben hier einen Fernseher und jede Menge Zeitschriften für Sie. Danach entnehmen wir wieder ein Liter Blut aus Ihrem Beckenkamm, dabei sind Sie unter Narkose, keine Sorge. Wir müssen dabei ein bisschen schneiden, das kann ein paar Tage schmerzen, sonst werden Sie keine Schäden davontragen. Haben Sie alles verstanden?“, fragte die Ärztin, die zu ihnen kam und Garren wurde blass.
„Ja, alles verstanden. Das ist ein kleines Opfer dafür, dass mein Bruder leben kann“, entschied sie und lehnte sich zurück.
„Ja, da haben Sie Recht. Ist mit Ihrer Freundin alles in Ordnung?“, wollte die Ärztin wissen.
„Sie kann kein Blut sehen, das ist alles. Du musst nicht hier bleiben, Gar‘, ich komm schon klar“, schmunzelte Valy und Garren ging eilig davon.
„Für ne Armee-Soldatin ist sie echt zart besaitet manchmal. Ich weiß, Sie dürfen es mir nicht sagen, aber wie geht es ihm?“, wollte sie etwas von ihrem Bruder erfahren.
„Ihm geht’s unverändert, ich hoffe, Sie ändern das mit Ihrer Spende“, erklärte die Ärztin nachdenklich.
„Das hoffe ich auch. Jetzt legen Sie schon los, wir dürfen keine Zeit verlieren“, bat sie und sie legten los.
 
Eine Woche später wurde sie operiert. Sie freute sich, endlich aus dem Krankenbett rauszukommen.
„Tut mir leid für dich, dass er nicht erfahren wird, dass du ihm das Leben gerettet hast“, erkannte Grayson, als er sie handhaltend zum OP begleitete.
„Schon gut, zumindest wird er leben. Wartest du draußen auf mich?“
„Nichts wird mich davon abhalten. Ich weiß, dass kommt viel zu früh, aber ich liebe dich, das solltest du wissen, falls irgendwas passiert“, gestand er und sie zog ihn zu sich herunter und küsste ihn lang.
„Wenn ich da wieder rausspaziere, sage ich dir, was ich für dich empfinde. Sag Garren, ich hab sie auch lieb und sie soll für Chelsea kämpfen, das Leben ist viel zu kurz für Kompromisse“, bat sie und ließ seine Hand los, bevor sie in den OP geschoben wurde.
 
Hektisches Treiben vor dem OP ließ Grayson aufschrecken.
„Was ist hier los?“, fragte Garren einen der Pfleger, bekam aber keine Antwort.
Valy kämpfte zur gleichen Zeit im OP um ihr Leben. Sie hatte ein falsches Betäubungsmittel bekommen und ihr fiel das Atmen schwer.
In ihrem Kampf hatte sie eine Vision von Alex. Beide saßen auf einer roten Karo-Decke auf einer saftigen grünen Wiese.
„Bin ich tot?“, fragte sie ihn und ihre Stimme hallte.
„Das ist nicht der Himmel, Dummerchen, das ist dein Unterbewusstsein“, erklärte Alex sanft.
„Was machst du in meinem Unterbewusstein?“
„Ich bin schon ne Weile hier, wie sollte ich sonst mit dir reden können. Ich werde mich vermutlich nicht mehr daran erinnern, dass du mich gerettet hast, wenn ich aufwachen sollte, also danke ich dir jetzt schon dafür“, bedankte er sich für ihre Hilfe.
„Gern geschehen und alles. Nochmal zurück zu meinem Unterbewusstsein, sterbe ich grade?“
„Ist grade in der Schwebe, wir sind hier an einem wunderschönen Ort, willst du da jetzt wirklich drüber nachdenken?“
„Ich bin in Lebensgefahr, schwer, nicht darüber nachzudenken“, bemerkte sie und er zog ihren Kopf auf seinen Schoß.
„Unser beider Leben ist grade in Gefahr, lass uns einfach die Zeit zusammen genießen, bitte“, bat er und fuhr ihr durch die Haare.
„Weiß Duncan, wie du empfindest?“
„Du hast ihn also kennengelernt“, war ihm das peinlich.
„Das muss dir nicht peinlich sein, du bist schwul, meine besten Freundinnen sind lesbisch, das ist vollkommen okay. Duncan ist ein wirklich lieber Kerl, ich mag ihn echt“, erklärte sie.
„Wirst du für ihn da sein, wenn ich es nicht mehr kann?“, hoffte er.
„Sicher, er gehört zur Familie. Ich werde dich niemals im richtigen Leben sehen, dein Stiefmonster hält dich für verrückt und verbietet mir den Umgang mit dir“, sagte sie traurig.
„Ich werde dich finden, egal wie lang es dauert“, versprach er und die Landschaft verschwand und sie hörte das Piepsen ihres erhöhten Herzschlags.
„Hey, da sind Sie ja wieder, Kleines, Sie haben uns einen richtigen Schrecken eingejagt“, hörte sie die Stimme Ihrer Ärztin. Sie lag immer noch auf dem Rücken, wo sie sie hingedreht hatten.
„Wo bin ich?“, fragte sie verwirrt.
„Im OP, Sie hatten eine allergische Reaktion, aber jetzt geht’s wieder. Bleiben Sie einfach ruhig liegen, wir sind gleich fertig, wir müssen nur schnell zunähen“, sagte die Ärztin mit sanfter Stimme und strich ihr sanft über das Haar.
Als Valy auf dem Bauch liegend aus dem OP gerollt kam, kam sofort Grayson zu ihnen und kniete sich zu ihr hin.
„Valy, geht’s dir gut?“, fragte er besorgt.
„Dad, bist du das?“, fragte sie benommen.
„Nein, ich bin’s Grayson“, erklärte er verwirrt.
„Sag Gray, dass ich ihn auch liebe, wenn du ihn siehst“, murmelte sie.
„Sicher, werd ich machen. Was ist mit ihr, Doc?“, war Grayson um seine Freundin besorgt.
„Wir haben ihr Valium gegeben, wir konnten sie nicht mehr betäuben, weil sie darauf schlecht reagiert hat, wir mussten sie noch nähen und sie musste ruhig liegen bleiben“, erklärte die Ärztin.
„Das war also los, deshalb war da drin so viel Theater. Wird sie wieder?“, hoffte er und zog ihre Hand an seine Brust.
„Sie hat’s überlebt, jetzt können wir nur abwarten, ob er gut darauf anspricht. Sie wird heut noch wieder aufstehen können, sie ist nur ein bisschen high grade“, erklärte die Ärztin und er ließ ihre Hand wieder los und ließ sie sie ins Zimmer rollen.
Zwei Stunden später konnte sie schon wieder im Bett sitzen.
„Du gibst einen süßen Drogi ab“, schmunzelte Grayson, der ihr gegenüber auf einem Stuhl saß.
„Ich hab richtig Hunger, das war ziemlich anstrengend für meinen Körper. Ich könnte für nen gutes Steak einen Mord begehen“, entschied sie und er kam zu ihr hin.
„Das ist der Cold Turkey, das ist uns allem schon mal passiert. Ich werde dir gleich was zum Essen besorgen“, erklärte Garren, die zu ihnen kam.
„Mir noch nicht, ist auch nicht zu empfehlen. Ist alles gut gegangen?“, wollte sie wissen.
„Du bist noch hier, also ja. Wollt ihr allein sein, oder so?“, wollte Garren wissen.
„Zwei Wochen mit einer Hellseherin und schon kann sie es auch. Ich brauch dringend was zu essen“, bat Valy.
„Ich besorg dir was, bin gleich wieder da“, entschied sie und verschwand wieder.
„Sie kann sich ruhig etwas Zeit lassen, sie war ganz schön anstrengend, während du im OP warst. Weißt du noch, was du zu mir gesagt hast, als du aus dem OP raus bist?“
„Nicht so wirklich, war’s was Wichtiges?“
„Keine Ahnung, ob’s für dich wichtig war, für mich war’s“, konterte er und lächelte sie an.
„Ich stand ziemlich unter Drogen, also erwarte nicht so viel von einer Liebeserklärung“, schmunzelte sie, aber er machte ein ernstes Gesicht.
„Super, da steh ich einmal unter Drogen und sag so was. Das war meine erste Liebeserklärung an einen Mann, ich hoffe, es war nicht zu schnulzig“, entgegnete sie und er lächelte wieder.
„Du hast das also ernst gemeint?“
„Sicher, sonst hätte ich es doch nicht gesagt“, säuselte sie und er küsste sie sanft.
„Na, ihr Süßen, stören wir?“, platzten Abby und Radu ins Krankenzimmer.
„Ich muss schon sagen, für Hellseher hab ihr ein echt schlechtes Timing. Ich lass die traute Familie auch mal alleine, ich besorg mir mal nen Kaffee“, ließ er sie mit ihren Eltern allein.
„Es gibt anscheinend mehr zwischen Himmel und Erde, was wir uns vorstellen können und Sachen die wir nicht vorrausehen konnten. Geht’s dir gut, Tochter?“, fragte Abby und umarmte sie.
„Ich hab einen Mann der mich liebt und meine Eltern scheinen anscheinend wieder zusammen zu sein, was kann ich mir mehr wünschen“, entschied sie zufrieden.
„Wenn Alex noch bei uns wäre, das wäre schön!“
„Du wolltest ihn doch nicht erwähnen, während sie sich erholt!“
„Tut mir leid, aber das Leben ist nicht fair, unsere Kleine ist heute fast draufgegangen um Alex zu retten und keiner würdigt das“, war Radu verärgert.
„Ich konnte mit Alex reden, schon gut, er hat sich bedankt und das ist mir Dank genug“, schlussfolgerte Valy zufrieden.
„Du hast mit ihm gesprochen. Während deines Herzstillstands?“
„Ja, ich würde ihn gern in Fleisch und Blut umarmen, aber das ist anscheinend nicht möglich!“
„Eines Tages, Süße, eines Tages. Morgen kommst du hier raus, dann fahren wir nach Hause und alles wird wieder gut“, versprach Abby.
„Nach Hause? Ich bin jetzt hier zu Hause“, behauptete Valy.
„Blödsinn, du bist in Nebraska zu Hause, nicht hier in diesem Sündenpfuhl“, entschied Abby ernst.
„Der Sündenpfuhl ist mein zu Hause, also etwas Respekt“, bat Radu.
„Ihr seid also nicht wieder zusammen?“, wollte Abby von ihren Eltern wissen.
„Oh Gott nein, das wäre dreißig Jahre zu spät, wir haben uns aber wieder angenähert und versuchen Freunde zu sein. Er ist aber kein Grund, dass ich auf irgendeine Art und Weise in Klein-Vegas bleiben würde. Gray ist eine kleine Affäre, aber genauso wenig ein Grund hier zu bleiben“, entschied Abby trocken. In dem Moment stand Grayson in der Tür und hörte, was Abby sagte. Er stieß sich vom Türrahmen ab und ging wieder.
„Super gemacht, Mum, du hast genau gewusst, dass er dort steht. Ich muss ihm hinterher“, grummelte sie und versuchte aufzustehen.
„Von wegen, Banane, du hattest einen Herzstillstand und eine riesige Nadel im Rücken, du musst mindestens 24 Stunden liegen bleiben“, entschied Radu und drückte sie zurück ins Bett.
„Hab ich schon gesagt, wie froh ich bin, dass ihr da seid?“, fragte sie sarkastisch und Radu tätschelte sanft ihre Backe.
„Schön zu hören. Jetzt ruh dich aus, ihr habt morgen eine lange Reise vor euch“, bat er liebevoll und ließ sie wieder allein.
„Verschwinde“, murmelte Valy plötzlich.
„Was hast du gesagt, Schätzchen?“
„Verschwinde aus meinem Zimmer“, sagte sie etwas lauter.
„Aber, Valerica!“
„Mein ganzes Leben hast du meine Beziehungen zerstört, aber jetzt nicht mehr. Ich werde hier bleiben, du musst allein zurückfahren“, entschied sie mit starker Stimme.
„Ich bin so stolz auf dich“, sagte Abby plötzlich und Valy fiel die Kinnlade runter.
„Fast dreißig Jahre musste ich warten und endlich machst du mal die Klappe auf und sagst mir, was du willst. Du liebst ihn und musst dafür kämpfen“, erklärte sie mit stolzer Stimme.
„Du gibst uns also deinen Segen?“
„Du brauchst meinen Segen nicht, du tust einfach, was du willst“, konterte sie.
„Ja, das tu ich, es fühlt sich richtig an. Wenn ich mich nicht durchgesetzt hätte, hätte ich nicht spenden können, ich werde ihm das Leben retten, das seh ich ganz genau“, erklärte sie mit starker Stimme.
„Du hast eine Vision von der Zukunft?“
„Ja, habe ich, so klar war es noch nie zuvor, das macht mir eine Gänsehaut“, sagte sie mit zittriger Stimme.
„Du lässt deine Visionen endlich zu, ich werde stolzer und stolzer auf dich“, war Abby begeistert.
„Das macht mir auch Angst, ich will das nicht sehen, mach, das es aufhört“, bat sie plötzlich verängstigt.
„Lass es zu, es gehört zu deiner Bestimmung“, mischte sich auch Radu ein.
„Ich sehe meine Hochzeit, ich trage ein Kleid mit Spitzenärmeln und sitze in einem großen Holzhaus und da kommt mein Ehe…“, begann sie und plötzlich fiel sie in Ohnmacht.
„Ich hol ihre Ärztin“, eilte Radu davon.

Sechzehntes Kapitel


Valy blinzelte in die Sonne. Ihr Kopf brummte und ihre Lippen waren trocken. Sie wollte sich die Haare aus dem Gesicht streichen, doch jemand hielt ihre rechte Hand fest. Sanft strich sie mit ihrem Daumen die Hand, weil sie dachte, dass Grayson ihre Hand hielt.
„Hey, du bist wach“, hörte sie Garrens Stimme, die an der Hand hing.
„Wo ist er?“, wollte sie wissen.
„Wer, Süße?“
„Gray“, sagte Valy leise.
„Die verrückte Alte hat ihn mit ihren blöden Sprüchen verjagt, ich versuch ihn schon länger zu erreichen, er hat aber das Handy aus. Deine Eltern hab ich auch mal auf die Strafbank versetzt, sie haben dich zu sehr aufgeregt in deinem Zustand“, erklärte Garren.
„Du bist eine echte Freundin“, murmelte Valy benommen.
„Ich weiß, sie kommen nicht mehr an dich ran, wenn du das nicht willst“, versprach Garren.
„Sie haben mir nichts getan, ich hatte nur eine heftige Vision, das ist alles“, erklärte Valy.
„Versuch das zu unterlassen in nächster Zeit, dein Herz macht das nicht so sehr mit“, bat Garren besorgt.
„Hab ich einen Herzschaden?“, fragte sie erschreckt.
„Nein, du bist nur schwach, das wird schon wieder. Du wirst doch nicht wirklich wieder nach Nebraska zurück und mich hier allein lassen, oder?“
„Nein, ich bleibe hier, ganz sicher, wenn nicht für dich, dann wegen ihm. Anscheinend hat aber Mum wieder nen Kerl von mir vergrault, sie hat ne Gabe dafür. Er ist übrigens zu Hause, er geht nur nicht ans Telefon“, erklärte Valy.
„Du wirst immer besser, oder bild ich mir das ein?“
„Scheint so, aber eigentlich will ich das nicht, ich wollte nicht wissen, wie mein Hochzeitskleid aussieht, trotzdem hab ich meinen Hochzeitstag klar und deutlich vor mir gesehen“, dachte sie laut nach.
„Wenn Chels jetzt hier wäre, würde sie sagen, wie romantisch das ist, ich hab aber keine romantische Ader, wie du weißt. War er es? War Grayson dein Ehemann?“, wollte sie wissen.
„Keine Ahnung, bin in Ohnmacht gefallen, bevor ich es gesehen habe. Mein Ohnmachtsanfall verlängert meinen Aufenthalt hier, oder?“, fragte sie traurig.
„Ich hab sie davon überzeugen können, dass ich dich überwache, dass du zu Hause Ruhe hast, du kannst immer noch morgen gehen“, versprach Garren.
„Gut, denn ich halte das nicht länger hier drin aus, ich hasse Krankenhäuser“, atmete sie auf.
„Du bist nicht mal in einem geboren, das glaub ich dir gern. Was soll ich deinen Eltern sagen?“
„Sag ihnen, mir geht’s gut, Mum kann nach Hause fahren, wenn sie will, ich bleib aber hier und Dad soll sich keinen Kopf machen, er hat mich nicht gepusht, zumindest nicht zu viel“, bat Valy.
„Sag ich ihm. Jetzt schlaf ein bisschen, dass du morgen fit genug bist für deine Entlassung“, verabschiedete sie sich, ließ Valys Hand los und ging davon. Valy döste wieder weg.
 
Am nächsten Morgen wurde Valy entlassen. Garren holte sie ab und fuhr sie ins Hotel.
„Ich hab heute Nachmittag nen Termin mit einem Makler für ne Wohnung, ist doch okay, das wir zusammenziehen, oder?“, erzählte Garren, was sie plante.
„Ja, klingt gut, du willst also auch hier bleiben!“
„Solang sie hier ist, werde ich hier nicht weggehen. Apropos weggehen, deine Mum ist schon wieder auf dem Heimweg, sie lässt ausrichten, dass sie stolz auf dich ist und dass du weißt, was sie damit meint“, entgegnete Garren und Valy lächelte.
„Ja, das weiß ich. Wo fährst du eigentlich hin?“, wunderte sich Valy, dass Garren einen Umweg machte.
„Wir fahren zu Graysons Büro“, sagte Garren nur.
„Wieso? Was hab ich dir getan?“
„Du musst ihm sagen, dass du nicht gehst, er denkt nämlich, dass er dich verloren hat“, entschied Garren.
„Dir ist schon klar, dass du grade Chelseas Rolle übernimmst, oder?“
„Ja, sie hat wohl mehr Einfluss auf mich, als mir lieb ist. Sie kommt übrigens nächste Woche wieder raus, keine Ahnung, was sie für ihre Zukunft plant“, erklärte Garren nachdenklich.
„Ich werde nochmal zu ihr gehen und mit ihr reden, wenn du mein Liebesleben schon kitten willst, versuch ich’s bei deinem. Hast du eigentlich was von Duncan gehört in letzter Zeit?“
„Ich hab gestern Abend mit ihm telefoniert, er lässt dir seine Genesungswünsche ausrichten, er fand das nicht angebracht, ins Krankenhaus zu kommen. Er freut sich auch, das du bleibst, ich glaub, er hat nicht viele Freunde“, antwortete sie ihr und hielt vor dem Industriegebäude an, in dem die Kanzlei von Grayson war.
„So, wir gehen jetzt da rein, ob es dir gefällt, oder nicht“, entschied Garren stur.
„Du bist ganz schön einschüchternd manchmal, ich hab nicht gesagt, dass ich es nicht mache. Hilf mir bitte aus dem Wagen“, bat sie und Garren hielt sie an der Hüfte fest, als sie in das Gebäude gingen.
„Ich sollte meine Sekretärin echt feuern“, murmelte Grayson, als die Frauen vor seiner Bürotür standen.
„Sie war auf der Toilette, lass ihr ihren Job. Ich bring dir jemanden“, erklärte Garren und half Valy hinzusitzen.
„Alles klar bei dir?“, fragte Grayson, Valy mit liebevoller Stimme.
„Es fühlt sich an wie ein furchtbarer Muskelkater im Rücken, danke der Nachfrage. Ich wollte dir was sagen“, begann Valy.
„Du musst es nicht sagen, ich verstehe, dass du wieder heimmusst, wir wussten, dass der Tag kommt“, sagte er traurig.
„Ah, wir sind auch Hellseher, wie schön“, entschied sie sarkastisch.
„Dafür muss ich keine besonderen Kräfte haben“, murrte er.
„Schade, dass du die nicht hast, sonst wüsstest du, dass ich hier bleibe“, entschied sie mit starker Stimme.
„Du bleibst hier?“
„Sagte ich doch grade, meine Mutter ist schon wieder auf dem Heimweg, ohne mich“, erklärte sie und lächelte ihn an.
„Du bleibst hier, wegen mir?“, war er gerührt.
„Ja, Dummerchen, wegen dir, weil ich dich liebe, das hab ich ernst gemeint, ich sag Sachen nicht einfach so“, entschied sie und er kam zu ihr hin.
„Ich lass euch beide mal allein, ich glaub, deine Sekretärin steht auf mich, ich will mal schnell hallo sagen“, schmunzelte Garren und ließ den beiden ihre Privatsphäre.
„Du bleibst also wirklich hier“, wollte er ganz sicher gehen und kniete sich vor ihr hin.
„Bitte sag mir jetzt nicht, dass du mir einen Heiratsantrag machen willst, eine Vision von meiner Hochzeit reicht mir“, war sie verwirrt.
„Nein, ich knie mich nur hin, dass du nicht aufstehen musst. Warte mal, was war mit der Vision von deiner Hochzeit?“
„Lange Geschichte. Ich hab mir lang genug das Leben von meiner Mutter diktieren lassen, die ganze Geschichte mit meinem Bruder hat mir mal wieder gezeigt, wie kurz doch das Leben sein kann und das ich keinen Moment mehr verschenken will“, erklärte sie und er nahm liebevoll ihren Kopf in seine Hände und küsste sie lange und intensiv.
„Das sag ich doch auch, ich zieh mit Garren zusammen, die bleibt nämlich auch wegen der Liebe hier!“
„Wegen meiner Sekretärin?“
„Wegen Chelsea, die beiden gehören zusammen, ganz eindeutig. Wir werden zusammen unsere Kinder aufziehen in einen großen Holzhaus und meine Eltern werden auch bei uns wohnen und du wirst deine eigene Kanzlei aufmachen und ich werde den kleinen Blumenladen haben, den ich immer schon aufmachen wollte und wir werden alle sehr glücklich sein…“, hatte sie wieder eine Vision und begann während ihrer Erzählung bitterlich zu weinen.
„Warum weinst du, Schätzchen, das ist doch ein wunderschöner Gedanke, Schatz?“, versuchte er sie zu trösten und sie fiel ihm plötzlich ohnmächtig in die Arme. Ihr Gewicht ließ ihn auf den Rücken fallen.
„Die Süße ist leider hetero, stör ich euch irgendwie?“, fragte Garren verwundert, als sie ihre Freunde übereinander liegend erwischte, als sie zurückkam.
„Hilf mir mal bitte“, bat Grayson außer Atem, weil sie auf seiner Brust lag.
„Süße, du erdrückst deinen Freund grad, geh runter von ihm, bitte“, versuchte Garren amüsiert, sie runter zu ziehen, doch dann bemerkte sie, dass Valy bewusstlos war.
„Was hast du mit ihr gemacht?“, raunzte Garren erschreckt.
„Was soll ich gemacht haben? Sie ist ohnmächtig, wir müssen ihr helfen, aber das kann ich nicht, wenn ich hier liege wie ein Käfer“, bat er auch besorgt und sie zog Valy zu sich.
„Das kann nicht angehen, sie hat ihr Leben riskiert für ihn und jetzt geht sie noch wegen ihm drauf“, malte Garren den Teufel an die Wand.
„Ich geh nicht drauf, ich bin nur etwas schwach“, wurde Valy wieder wach.
„Etwas schwach? Du fällst ständig in Ohnmacht“, schlussfolgerte Grayson besorgt und half ihr wieder auf den Stuhl.
„Das sind die blöden Visionen, sie sind seit meinem Beinahe-Tod so intensiv, dass ich ohnmächtig werde“, murmelte sie und Grayson küsste sanft ihren Kopf.
„Du weißt, ich liebe dich mit all deinen liebevollen Marotten, aber kann man das irgendwie abstellen?“, wollte Grayson wissen.
„Hast du ihre Gabe grad eine Marotte genannt?“, raunzte Garren ihm entgegen.
„Entschuldige!“
„Schon gut, ich bin auch nicht grad gut auf meine Gabe zu sprechen. Ich wünschte manchmal, es gäbe einen Ausschalter dafür, ich versteh langsam, warum Alex in der Klapse gelandet ist, wenn er so was erlebt hat wie ich. Er hatte nicht die richtigen Leute um sich rum, so wie ich es habe“, dachte sie laut nach.
„Wir sollten zu deinem Vater fahren, der kann dir sicher helfen, obwohl letztes Mal ist das ja furchtbar schief gegangen“, schlussfolgerte Garren.
„Nein, mein Dad ist ein bisschen zu viel begeistert von meiner Gabe, das will ich ohne ihn regeln“, bat Valy.
„Klar, dann fahren wir erst Mal ins Hotel und du ruhst dich aus“, entschied Garren.
„Gib mir noch ein paar Minuten!“
„Sicher, solang du willst. Ich hol dir was zu trinken, bleib einfach sitzen. Pass auf sie auf, ja?“, sagte sie zu Grayson und ging wieder aus dem Raum.
„Was passiert da mit mir?“, fragte Valy, doch ihr Freund wusste keine Antwort.
 
„Willst du vielleicht nen Tee?“, fragte Garren, als sie ihre Freundin im Hotelzimmer bemutterte.
„Mir geht’s gut, wirklich, setz dich bitte kurz zu mir“, bat Valy und zog sie zu sich aufs Bett.
„Ich will sie nicht verlieren, aber sie wird nach Nebraska zurückkehren, wenn sie aus der Klinik raus ist“, gestand Garren plötzlich.
„Und du willst ihr hinterher ziehen?“
„Ich weiß es nicht, es ist so viel passiert zwischen uns, wir können das glaub ich nicht mehr kitten“, war sie betrübt.
„Muss ich dir wieder in den Arsch treten? In deiner Brust schlägt ein Kämpferherz, was sehr enttäuscht sein wird, wenn du nicht für das kämpfst, was du in deinem Leben brauchst. Sobald es mir besser geht, holen wir sie raus und sperren sie solang ein, bis sie zur Vernunft kommt“, plante Valy.
„Ich bin doch eigentlich die Person, die Frauen mit Waffengewalt zu ihrem Glück zwingen muss, entschuldige übrigens nochmal dafür“, schmunzelte Garren.
„Schon gut, hat ja funktioniert, ohne ihn hätte ich vermutlich nicht den Mut aufgebracht, das alles hier durchzustehen. Ihr beide gehört zusammen, Ende der Geschichte“, entschied sie standhaft.
„Der Zug ist abgefahren, lass es einfach, Val“, bat Garren.
„Gut, wie du meinst. Ich möchte jetzt etwas schlafen“, wusste Valy nicht mehr, was sie sagen sollte.
„Sicher, ich werde ein paar Sachen einkaufen gehen und mich dann mit der Maklerin treffen“, erklärte Garren.
„Okay, unterschreib aber nichts ohne mich, bitte“, bat Valy murmelnd, während sie eindöste.
„Sicher, tu ich nicht. Erhol dich einfach und ruf mich an, wenn du noch was brauchst und ruf bitte nen Krankenwagen falls es dir mies geht“, forderte sie.
„Momentan fühl ich mich wohl“, war Valy schon fast eingeschlafen.
„Das ist gut, hab dich lieb, Süße“, entgegnete Garren, küsste Valys Kopf und ging aus dem Haus.
 
Nach einem tiefen und langen Schlaf ohne Visionen erwachte Valy erholt und mit einem Lächeln. Sie erinnerte sich an die gute Tat, die sie getan hatte und wie sie dafür gekämpft hatte.
Sie schaute auf ihr Handy. Es war lautlos gestellt gewesen und Grayson hatte mehrere Male angerufen. Sie dachte an sein tolles Lächeln und rief ihn an.
„Hey Baby“, rief sie ihn an.
„Hey, warum nimmst du nicht ab? Ich hab mir ziemliche Sorgen um dich gemacht“, hörte sie seine besorgte Stimme am Telefon.
„Ich hab geschlafen, warum hast du nicht Garren angerufen?“
„Ihr Handy ist ausgeschalten, ist sie nicht bei dir?“, wollte er wissen.
„Bin grad erst aufgewacht, Moment“, bat sie und stand auf um zur Tür zu gehen. Ihr Auto stand vor dem Motelzimmer, Garren war aber nicht da.
„Wo ist sie?“, machte sich Valy Sorgen.
„Ich weiß es nicht, tut mir leid, denkst du, sie ist wieder beim Glückspielen?“
„Ich hoffe nicht, meine Handtasche ist noch da und mein Geld auch. Was macht sie jetzt schon wieder? Ich ruf Duncan an, ich ruf dich nachher zurück“, plante sie und legte wieder auf.
„Hey Val, wie geht’s dir? Bin bei der Arbeit und ist grad ein bisschen schlecht“, meldete sich Duncan.
„Ja, ich mach kurz, hast du Garren in den letzten Stunden gesprochen?“, wollte sie wissen.
„Nein, ich hab euch beide seit langem nicht mehr gesprochen? Irgendwas nicht in Ordnung?“
„Das weiß ich noch nicht so genau, ich hab ein paar Stunden geschlafen und jetzt scheint sie verschwunden zu sein. Meld dich, wenn du was von ihr hörst oder wenn dir einfällt, wo sie sein könnte“, bat sie.
„Kann es vielleicht an Chelseas Entlassung liegen?“
„Chelsea ist draußen aus der Klapse? Seit wann?“
„Zwei Tage, ich wollte euch eigentlich nicht sagen, wegen ihrer Vorgeschichte und so. Sie wollte zurück nach Hause fahren, Chelsea mein ich jetzt“, gestand er.
„Dann wissen wir ja, wo Garren ist. Man, ich bin eigentlich nicht fit genug, um so eine lange Reise zu machen“, murmelte sie vor sich hin.
„Du bist grad operiert worden, du bleibst schön hier“, forderte er ernst.
„Sie sollte ihr nicht allein entgegentreten. Sag Grayson, dass ich ihn liebe, aber ich muss das tun“, bat sie und legte wieder auf. Duncan rief sie sofort zurück, aber sie warf ihre Sachen auf den Rücksitz und folgte ihrer Freundin zurück nach Nebraska.
 
Da sie noch ziemlich geschwächt war, brauchte sie ziemlich lange bis nach Hause. Die Treppe zu dem Wohnwagen ihrer Mutter ging sie mit letzter Kraft hoch. Sie hatte keiner ihrer Eltern von ihrem Plan erzählt und sie hoffte inständig, dass ihre Mutter zu Hause war. Sie setzte sich auf die letzte Stufe und klopfte mit letzter Kraft an die Tür.
„Wenn ich keine Hellseherin wäre, wäre ich jetzt sauer, dass du mir verschwiegen hast, was du machen willst. Du siehst nicht gut aus, Tochter“, begrüßte Abby ihre erschöpfte Tochter und die kippte besinnungslos zur Seite.
„Garren, hilf mir mal bitte, sie ist da“, rief sie in den Wohnwagen und Garren kam Abby zur Hilfe.
„Hast du das jetzt gewusst, weil sie deine Tochter ist, oder weil du es vorausgesehen hast?“, fragte Garren, während sie ihre Bekannte zum Bett ihrer Mutter trug.
„Ich wusste es nicht ganz genau, die Liebe zu Grayson ist ziemlich stark, die Freundschaft zu dir ist wohl nur stärker“, konterte Abby und legte das Kissen zurecht, dass Garren sie ablegen konnte.
„Es ist für mich so ungewohnt, so freundschaftlich behandelt zu werden, sie hat das alles nur wegen mir gemacht?“, war Garren gerührt.
„Meine Tochter liebt mit ganzem Herzen, lass es zu. Hilf mir, sie umzudrehen, ich will mir ihre Wunde ansehen“, bat Abby und sie drehten sie um.
„Die Wunde sieht gut aus, warum ist sie dann so schwach?“, wollte Abby wissen und Garren zog die Augenbrauen hoch.
„Hey, wir Hellseher können auch Fragen stellen. Verschweigst du mir was?“
„Sie kann mit ihren Visionen nicht so umgehen, wie sie möchte, ihr ist das sicher peinlich“, druckste Garren herum.
„Ich hatte auch solche Probleme wie sie, als ich jünger war, ich war viel jünger als sie jetzt, doch sie lässt ihre Visionen grad erst zu. Wir können ihr dabei helfen, keine Sorge. Jetzt muss sie sich erst Mal erholen und du solltest endlich zu deiner Ex gehen, dafür bist du doch zurückgekommen, oder?“, schlussfolgerte Abby.
„Ich dachte, du gibst mir Asyl ohne dass ich darum bitten muss“, war Garren nicht begeistert.
„Ich war gestern etwas zu sanft zu dir, das muss sich jetzt ändern. Zieh dir ein schönes Kleid an, kauf frische Blumen und geh zu ihr hin“, forderte Abby.
„Hast du mich jemals in einem Kleid gesehen?“
„Leider nicht, ich hab ein paar schöne im Schrank hängen, die dir passen könnten“, schlug Abby zu.
„Ich werde ein paar Kleider probieren, aber das bleibt unter uns“, entschied Garren trocken.
„Sicher, ich lass dich allein“, versprach Abby und schloss die Tür hinter sich.
Zögerlich ging Garren zum Schrank und zog ein schönes Tupfen-Kleid heraus.
„Chels‘, ich hoffe, das weißt du zu würdigen“, redete sie mit sich selbst und zog ihr grünes T-Shirt aus.
„Das Tattoo kenn ich doch“, hörte sie Valys Stimme und drehte sich um.
„Da bist du ja wieder, du Idiotin“, begrüßte Garren ihre Freundin.
„Gern geschehen!“
„Du bist grade erst operiert worden und hast deinen Freund verlassen!“
„Sag ja, gern geschehen. Hat er hier angerufen?“
„Während ich hier war, nicht. Du hast ihm nicht gesagt, dass du gehst?“
„Nein, nicht wirklich. Bin ich schon wieder ohnmächtig geworden?“
„Sieht so aus, aber das war auch zu viel für dich. Hattest du Visionen?“
„Ehrlich gesagt schon seit gestern nicht mehr, warum hast du kein T-Shirt an?“
„Ich wollte nen Kleid anziehen!“
„Komischer Zeitpunkt für einen Witz!“
„Ich mach keine Witze, die Liebe bringt mich dazu, ein Kleid anzuziehen“, erklärte sie und zog auch ihre Hose aus.
„Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Das ist ein schönes Kleid, weiß meine Mutter, dass du ihren Kleiderschrank plünderst?“
„War ja ihre Idee. Ich glaub, das letzte Mal als ich nen Kleid angezogen hab, war vor meinem Abschlussball“, dachte sie laut nach und zog das Kleid über.
„Mann oder Frau?“
„Wie meinen?“
„Mit wem bist du zum Abschlussball gegangen?“
„Jarod Masterson, mein Freund von der 9. bis zur 11. Klasse, ich war als junge Frau ziemlich spießig, ich wurde erst nach dem Abschluss in der Kadettenschule so hart. Man, das fühlt sich komisch an, obwohl ich ne gute Figur darin mache“, entschied Garren, als sie sich im Spiegel betrachtete.
„Ja, das tust du, ich würd dich so nehmen“, schmunzelte Valy.
„Dann lass uns doch zusammenkommen, jetzt wo wir beide wieder Single sind“, entschied Garren.
„Immer noch hetero und immer noch mit ihm zusammen, tut mir leid!“
„Du bist hierher geflüchtet, du bist nicht mehr mit ihm zusammen, mein Schatz“, mischte sich Abby ein, die wieder in ihr Zimmer kam.
„Ich sollte ihn anrufen“, sagte sie nur.
„Brauchst du nicht, ich hab ihn schon angerufen und ihm alles erklärt“, entgegnete Abby cool.
„Mal wieder eine völlig unpassende Einmischung von deiner Seite“, entschied Valy.
„Da hat sie mal ein paar Tage mit nem Anwalt verbracht und schon kann sie nicht mehr gescheit sagen was sie will“, kritisierte Abby ihre Tochter.
„Was soll der Scheiß, das ist mein Leben!“
„Schon besser, ich misch mich nicht ein, ich hab niemanden angerufen, wollte nur wissen, ob deine Stärke von ein paar Tagen noch da ist. Ist sie anscheinend, gut zu wissen. Ich bring dir dein Telefon“, konterte Abby und Valy atmete tief durch.
„Ganz ruhig, Val, du solltest dich nicht aufregen“, bat Garren.
„Ja, du musst dich beruhigen, sonst werden deine Visionen zu stark“, riet ihr auch ihre Mutter.
„Sag mir nicht was ich zu … oh verdammt, es geht wieder los“, fühlte sie wieder eine Vision kommen und wurde von ihr durchströmt. Geschwächt fiel sie aufs Kissen zurück.
„So geht das schon seit Tagen, du musst ihr dringend helfen, so kann sie nicht weiterleben“, bat Garren besorgt und setzte sich zu ihr.
„Ich kann so schon weiterleben, er ist wach“, erklärte Valy und öffnete wieder die Augen.
„Du bist nicht ohnmächtig?“
„Du klingst fast enttäuscht!“
„Bin ich nicht, ich freu mich darüber, ist wirklich nicht gut, wenn du immer ohnmächtig wirst. Hast du gesehen, was ich denke, dass du gesehen hast?“, wollte Abby wissen.
„Mein Bruder hat das Koma verlassen“, erklärte sie und Abby umarmte sie glücklich.

Siebzehntes Kapitel


Als Valy wieder fitter war, half sie Garren sich hübsch für ihr Treffen mit Chelsea zu machen.
„Du willst mich jetzt eher schön machen, als dich mit dem Thema Alex oder Grayson auseinander zu setzen?“, wollte Garren wissen, als Valy ihr das Gesicht puderte.
„Ja, sieht so aus“, entschied sie.
„Wenn du ihn nicht anrufst, wirst du ihn verlieren“, schlussfolgerte Garren.
„Dann ist ja gut, dass ich das gemacht habe, bevor ich mich in ihn verliebt habe“, konterte sie trocken.
„Du hast dich schon in ihn verliebt, meine Süße!“
„Blödsinn!“
„Red dir das bloß ein, wenn es dich schlafen lässt. Man, ich seh aus wie ne Frau, mach das Make-up nicht zu stark, bitte“, bat Garren, die sich im Spiegel betrachtete.
„Du bist eine schöne Frau, das will ich nur unterstreichen. So, fertig, du wirst sie noch im Bett haben, bevor du hallo gesagt hast, glaub mir“, bestaunte Valy ihre Arbeit.
„Ich sollte ein Foto von mir machen und meiner Mutter schicken, die denkt nämlich immer, ich würde verwahrlosen“, dachte Garren laut nach.
„Du solltest mit Chelsea zusammen ein Bild machen, dann sieht sie, was für einen guten Frauengeschmack du hast“, schlug Valy vor.
„Sie wird mich nie zurücknehmen“, verlor Garren wieder ihren Mut.
„Doch, das wird sie, jetzt hör damit auf. So, du solltest jetzt gehen, bevor du dir noch mehr Blödsinn einredest“, bat Valy und zog sie hoch.
„Du hast Recht, ich sollte gehen … und du solltest Grayson anrufen, sonst sind deine Argumente ziemlich scheinheilig, oder?“
„Da hast du Recht, ich ruf ihn an. Jetzt geh“, drängte Valy sie Richtung Ausgang. Als sie die Tür des Wohnwagens aufmachte, stand ein ihr bekannter Anwalt vor ihr.
 
„Hey, du bist einfach abgehauen“, begrüßte Tyson sie.
„Hab ich gegen irgendein Gesetz verstoßen, als ich abgehauen bin?“
„Nur das ungeschriebene Gesetz dass man seinen Freund nicht einfach so verlässt, er schickt mich“, sagte Tyson mysteriös.
„Ich will hier ja nicht kleinlich werden, aber warum ist er nicht selbst gekommen?“, wollte Valy wissen.
„Er konnte nicht freinehmen, ich bin da flexibler. Hier wohnst du also“, war Tyson so steif wie immer.
„Das ist der Wagen meiner Mum und das weißt du auch, sonst wärst du nicht hier her gekommen. Versteh mich nicht falsch, aber ich möchte das nicht mit dir besprechen“, blieb sie genauso gefühlskalt.
„Dann kann ich ja Gray ausrichten, dass das teure Flugticket und der Leihwagen gut angelegtes Geld waren“, entschied er sarkastisch.
„Ich wollte ihn grad anrufen, ich hab dich nicht gezwungen, hierher zu kommen!“
„Kann ich wenigstens mal schnell auf die Toilette bevor ich wieder zum Flughafen fahre?“, war Tyson genervt.
„Sicher, komm rein. Tut mir leid, war ne lange Reise hierher, aber meine Freundin brauchte meine Hilfe“, war sie netter und ließ ihn rein.
„Du hast sie um gestylt, das war ja ein wichtiger Notfall!“
„Ich sollte jetzt nicht gehen“, wollte Garren nicht gehen.
„Von wegen, du gehst zu ihr hin“, bat Valy ernst.
„Ich wollte eigentlich nicht allein dorthin gehen“, war sie unsicher.
„Dann warte kurz auf mich. Ich will auch nicht allein hier bleiben!“
„Ich tu dir nichts“, versprach Tyson.
„Das meinte ich auch nicht so. Setz dich hin, lass uns reden“, entschied Valy und sie setzten sich hin.
„Ich muss wirklich mal, das war nicht nur so ein Spruch“, warf er ein.
„Den Gang lang, links. Lass dich von meiner Mum nicht stören, die meditiert eine Tür weiter“, erklärte Valy und er ging davon.
„Was willst du jetzt machen? Er hat seinen Laufburschen geschickt“, schlussfolgerte Garren.
„Was fragst du mich? Ich will nicht mit meinem Anwalt über meine Gefühle Grayson gegenüber reden, wenn ich welche hätte“, war Valy jetzt die Unsichere.
„Fahr mit ihm mit, du gehörst nach Reno, du hast das Leben hier hinter dir gelassen“, bat Garren plötzlich.
„Ich will dich nicht allein lassen!“
„Du lässt mich nicht allein, ich komm schon klar und ich werde mich auch um deine Mutter kümmern“, machte Garren ein Versprechen.
„Erst bring ich dich wieder mit deiner Freundin zusammen, dann folge ich meinem Herzen“, sagte sie zu und Garren lächelte.
„So Ladies, da bin ich wieder. Ich weiß, dass das seltsam ist, aber er mag dich wirklich, Val und möchte dich nicht verlieren“, begann er sie davon zu überzeugen.
„Schon klar, ich komm mit dir zurück“, sagte sie nur.
„Man, so schnell hab ich noch nie jemanden überzeugen können. Bist du sicher?“
„Sonst hätt ich es nicht gesagt, oder? Aber da gibt es etwas, was ich vorher noch machen muss“, entgegnete sie und lächelte ihn an.
„Klar, ruf mich einfach an, wenn du fahren willst. Ich ruf ihn an und erzähl ihm die gute Nachricht. Dabei hatte ich ein so gutes Schlussplädoyer verfasst“, freute sich Tyson und verließ den Wagen wieder.
„Können wir jetzt gehen? Mein Mut schwindet von Minute zu Minute“, bat Garren und stand wieder auf.
„Sicher, lass uns gehen“, schmunzelte Valy und folgte ihr zu dem Laden, in dem Chelsea stand und Ketten verkaufte. Sie hatten während ihrer Abwesenheit einer Freundin den Laden überlassen und so waren die Erlöseinbußen klein gewesen.
„Sie ist so wunderschön“, betrachtete Garren ihre Ex-Freundin vom Auto aus.
„Damit solltest du anfangen, aber wir sollten echt mal reingehen“, bat Valy, denn sie saßen schon eine Weile im Auto.
„Okay, ich bin soweit!“
„Dann los!“
 
Nervös ging Garren voran in ihren Laden. Die Klingel an der Tür erschreckte sie. Chelsea sah auf.
„Du bist spät“, kommentierte Chelsea ihre Ankunft.
„Ich bin spät?“, verstand sie nicht.
„Du bist doch schon vorgestern zurückgekommen, oder?“
„Ich hab vergessen, dass wir hier in einer Kleinstadt wohnen, da machen Gerüchte schnell die Runde. Du siehst wunderschön aus, heute“, begrüßte sie Chelsea.
„Ich würd ja sagen, du auch, aber ich weiß, dass du das hasst!“
„Ich hab mir ein Kleid angezogen, ein paar Komplimente könnten nicht schaden“, sagte sie trocken.
„Du siehst sehr hübsch aus“, machte Chelsea ihr ein Kompliment.
„Ich lass euch beide dann mal allein“, entschied Valy und ließ ihnen ihre Privatsphäre.
 
An ihren Wagen gelehnt sah sie Garren und Chelsea zu, wie sie sich langsam wieder annäherten.
„Glaubst du, sie packen es?“, hörte sie plötzlich Tysons Stimme.
„Ich hoffe es. Hast du ihn erreicht?“, wollte sie wissen.
„Ich muss dir was gestehen“, gestand er.
„Er hasst mich und will mich nicht zurück?“
„Keine Ahnung, ich bin aus eigenen Stücken hierhergekommen, er weiß nicht, das ich hier bin“, erklärte er.
„Warum bist du dann hier?“
„Ich hab mich in dich verliebt, Val“, gestand Tyson und stellte sich vor sie.
„Nein, tu mir das nicht an, ich liebe ihn“, bat sie erschreckt.
„Gut zu wissen, war nur ein Test, ich wollte wissen, ob es sich lohnt, dich ihm zurückzubringen“, sagte er und grinste breit.
„Was soll der Mist, Ty? Glaubst du, ich kann nach all dem was ich erlebt habe, so was grad vertragen?“, fragte sie erleichtert und schlug ihm mit der flachen Hand auf die Brust.
„Sorry, das musste sein. Sollen wir dann fahren?“ Valy sah noch einmal zu ihren Freundinnen und nickte dann zufrieden.
„Gut, was ist mit deinem Wagen?“
„Hast du was zu schreiben?“, fragte Valy und er gab ihr was zu Schreiben. Sie klemmte einen Zettel hinter die Sonnenblende, schulterte ihre Reisetasche und fuhr mit ihm zum Flughafen.
 
Während des Flugs zurück nach Reno wurde Valy immer nervöser.
„Was ist, wenn er mir nicht verzeiht? Ich hätte ihn anrufen sollen!“
„Wenn er dir nicht verzeiht, kannst du immer noch zu deiner Mutter zurückkehren, aber ich hab deine Heimat gesehen, du kannst es besser treffen“, schlussfolgerte er.
„Hey, ich hatte ne gute Kindheit, aber du hast Recht, dahin sollte ich nicht mehr zurück. Hast du gehört, dass mein Bruder aufgewacht ist?“, führte sie Smalltalk.
„Nein, woher weißt du das?“, fragte er verwundert und sie zeigte auf ihren Kopf.
„Richtig, deine Visionen“, tat er das als Lappalie ab.
„Muss ich dir Details deiner Kindheit vor Mr. Lavenetti hier präsentieren, dass du mir glaubst?“, fragte sie kritisch und der Mann mit Zeitung, der neben ihr saß sah von seiner Zeitung auf.
„Heißen Sie Lavanetti?“, fragte Tyson, den Mann und der nickte verwundert.
„Okay, ich glaub dir!“
„Gut, ich bin nämlich nicht fit genug für Hellseherei, seinen Namen hab ich auf seiner Tasche gelesen“, schmunzelte sie und er grinste auch.
 
Erschöpft kamen die beiden wieder in Reno an. Es war schon dunkel und die Lichter der Stadt wiesen ihnen den Weg bis zu Graysons Wohnung.
„Irgendwie ist es seltsam, ich liebe ihn, war aber noch nie in seiner Wohnung“, dachte sie laut nach, als sie in die Straße in der Grayson wohnte einfuhren.
„Woher weißt du dann, dass er hier wohnt?“, fragte Tyson und Valy sah ihn an.
„Richtig, Hellseherin, muss ich mich wohl erst mal dran gewöhnen. So, wir sind da, nervös?“, wollte er wissen.
„Schon etwas. Er ist ziemlich sauer auf mich“, war sie nervös.
„Er wird sich wieder beruhigen, wenn er dich sieht und das sag ich jetzt ohne hellseherische Kräfte“, versprach Tyson.
„Das hoff ich mal. Ich klingel jetzt“, war sie nicht sehr gesprächig und klingelte mit zittrigen Händen. Niemand öffnete.
„Ich schließ auf, vermutlich ist er besoffen eingeschlafen“, entschied Tyson und benutzte den Ersatzschüssel um aufzuschließen.
„Gray, Kumpel, ich bin’s, ich hab mir Sorgen um dich gemacht“, rief Tyson in die dunkle Wohnung.
„Ich würd nen Schritt zur Seite gehen“, sagte Valy trocken, die neben ihm zur Tür reingekommen war.
„Wieso?“, fragte Tyson verwundert, aber als er einen Schritt zur Seite gegangen war, flog eine halbleere Whiskeyflasche in seine Richtung und verfehlte ihn knapp.
„Deswegen, er ist noch nicht im Alkoholkoma, wie es aussieht“, hatte Valy irgendwie die Ruhe weg.
„Grayson Tobias Wood, hast du den Verstand verloren?“, rief Tyson ihm hin.
„Ty, bist du das?“, erkannte Gray ihn.
„Hab ich doch gesagt, Mensch, ich hab jemanden mitgebracht“, fluchte Tyson, der sich zu Tode erschreckt hatte.
„Mir ist jetzt wirklich nach Gästen“, murmelte Grayson, der ziemlich getankt hatte.
„Kann ich wenigstens das Licht anmachen, dass ich dich sehen kann?“
„Mir ist nicht nach Licht!“
„Was hast du gesagt? Du hättest nichts lieber als gleißendes Halogen-Licht? Ja, find ich auch“, hörte Tyson nicht auf sein Gejammer und schaltete das Licht an.
„Bastard“, fluchte Grayson. Er lag auf dem Rücken auf seinem Sofa und starrte an die Decke.
„Ich hab das jetzt nicht gehört, nachdem ich 12 Stunden unterwegs war, um deine Freundin zurückzuholen. Die steht übrigens neben mir, also versuch die Schimpfworte wieder wegzupacken“, bat er ernst und Grayson setzte sich ruckartig auf.
„Du bist wieder da“, stotterte er.
„Ja, ich bin wieder da. Ich würd ja sagen, du siehst gut aus, aber ich lüg nicht“, musterte er sie. Er trug nur Boxershorts, einen Socken und einen Drei-Tage-Bart.
„Du bist zu mir zurückgehrt“, sagte er weinerlich und fiel ihr um den Hals.
Valy wusste nicht genau, was sie tun sollte. Er stank widerlich.
„Komm, Schätzchen, ich bring dich ins Bett, danke Ty fürs Herbringen, ich schaff es von hier aus“, bedankte sich Valy und Tyson ließ sie allein. Nachdem sich Grayson über Valy übergeben hatte, stellte sie sich und ihn unter die Dusche, zog ihm eine neue Boxershorts und sich ein T-Shirt von ihm an und legte sich zu ihm ins Bett. Sie wollte die Stunden genießen, die sie mit ihm hatte, sie wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er wieder nüchtern wurde. Sie zog seine Hand zu sich und versuchte zu schlafen. Sein warmer Körper beruhigte sie und sie fühlte sich wohl. 

Achtzehntes Kapitel


Das Klingeln ihres Handys weckte sie. Auf dem Display stand Garrens Nummer.
Graysons Arm lag immer noch auf ihrem Körper und er wurde von ihrem nervigen Klingelton auch wach. Sanft schob sie den Arm weg und ging ins Badezimmer.
„Hey Gar, wie geht’s dir?“, freute sie sich von ihr zu hören.
„Du hättest dich verabschieden können“, sagte sie nur.
„Tut mir leid, wie lief’s denn bei dir?“, wollte sie wissen.
„Wir kriegen das hin, dank dir und bei euch?“
„Er war gestern zu hacke dicht um mit mir zu reden, jetzt schläft er noch, ich bin nervös, was er sagen wird“, erklärte sie.
„Es ist noch früh, lass ihn erst mal ausschlafen. Deine Mutter meint, du sollst dich umdrehen, ich weiß nicht, was das bedeutet“, entgegnete sie und Valy drehte sich um. Grayson stand mit beiden Armen an den Türrahmen gestützt hinter ihr.
„Wenn du mich nicht kotzen sehen willst, würd ich jetzt rausgehen“, entschied er mit blassem Gesicht.
„Du hast mir gestern schon auf meine Lieblingsseidenbluse gekotzt, schon gut“, schmunzelte sie und klappte ihm cool die Toilettenbrille hoch.
„Bitte geh raus“, bat er mit ernster Stimme.
„Sicher, ich setz Kaffee auf“, war sie erschreckt von seinem harschen Ton und zuckte zusammen, als er die Tür hinter sich zuschlug als sie draußen stand.
 
Nachdem Grayson eine ganze Weile im Bad gewesen war, ging sie nachsehen.
„Du bist immer noch da?“, fragte er tonlos.
„Alles draußen?“, wusste sie nicht genau, was sie sagen sollte.
„Sieht so aus. Wie bist du hier reingekommen?“
„Tyson hat mich reingelassen, du willst mich nicht hierhaben, oder?“, war sie unsicher.
„Nein, will ich nicht!“
„Ich zieh mich an und bin dann schon weg. Es kann nen paar Minuten dauern, bis ich ein Taxi gerufen habe“, sah sie ein, dass sie ihn verloren hatte.
„Hat es sich wenigstens gelohnt?“, wollte er nur noch wissen.
„Ja, sie sind wieder zusammen. Ich bin gleich weg“, erkannte sie, zog vor dem auf dem Boden vor der Toilette sitzendem Grayson ihr T-Shirt aus und drehte ihm den Rücken zu. Sie trug auch nur eine Panty.
„Du hast ja ein riesiges Tattoo auf dem Rücken“, sah er ihr Tribal-Tattoo an, was von ihrem linken Schulterknochen bis zu ihrer rechten Hüfte verlief.
„Ja, ich bin mit achtzehn mit einem Tattookünstler gegangen. Ich muss das nachstechen lassen, wenn die Narbe von der Spende verheilt ist, die haben mir in meinem Kunstwerk rumgehunzt“, erklärte sie und drehte sich zu ihm herum.
„Deine Brüste sind perfekt“, flirtete er plötzlich.
„Du musst dich schon mal entscheiden, rein oder raus“, war sie verwirrt. Er stand auf und umarmte sie. Dabei spürte sie seine kalten Hände auf ihrem Rücken, was sie erregte. Sie spürte auch seine Erregung, als er fest an sie gepresst dort stand.
„Mir wäre rein und raus recht“, hauchte er und fuhr mit seinen Händen langsam ihre Rippen hoch bis zu ihren Brüsten.
„Das ging leichter, als ich vorausgesehen habe“, säuselte sie und zog ihre Pantys aus. Langsam ging sie Schritt für Schritt zu seinem Bett und legte sich auf dem Rücken darauf.
„Man, du bist so scharf“, schnaufte er, als er zu ihr aufs Bett kletterte.
Valy nutzte das erste Mal in ihrem Leben ihren Körper um zu bekommen was sie wollte. Sie wollte diesen Mann nicht verlieren und so tat sie alles, was er sich von ihr wünschte.
 
Als sie auf seinem Bett eindöste, zog er sich an und ging zur Arbeit. Ein mulmiges Gefühl schlich sich plötzlich in ihrem Kopf ein, als sie von dem Geräusch seines Wagens wach wurde. Nutzte sie ihn aus? Er wollte doch eigentlich, dass sie verschwand, nun hatte er ihr solch tolle Worte ins Ohr geflüstert. Sie wickelte sich in das Bettlaken, ging zu ihrer Handtasche und rief Garren an.
„Ich fühl mich schlecht“, sagte sie nur, als sie abnahm.
„Ich wusste doch, die Flugreise war nicht gut für dich“, war Garren besorgt.
„Nein, gesundheitlich geht es mir gut, sogar sehr gut, er wollte mich nicht mehr haben und ich hab ihn verführt“, gestand sie.
„Hola Schwester, gratuliere, du bist jetzt offiziell eine Frau“, lobte Garren sie.
„Das ist nichts lobenswertes, ich will jetzt am Liebsten gehen, ich fühle mich wie eine Hure“, sagte sie weinerlich.
„Jetzt beruhig dich, er liebt dich und du liebst ihn, ein bisschen Körpereinsatz kann da nicht schaden. Wo ist er?“
„Bei der Arbeit, bitte sei mir nicht böse, aber ich brauche jetzt mal den Rat von Chels“, bat Valy.
„Sicher, Kleines, ich geb sie dir. Ganz ruhig, er bleibt bei dir, keine Sorge“, beruhigte Garren sie und gab das Telefon weiter.
 
„Hey Süße, ich bin ja schon etwas stinkig, dass du nicht mal in den Laden reingekommen bist, als du zu Hause warst. Warum weinst du?“, begrüßte Chelsea sie freundlich und sie erzählte Chelsea alles.
„Süße, da musst du doch nicht weinen, das war das Richtige und das weißt du auch ohne deine Gabe. Jetzt erzähl mal, Valymaus, wie war der Sex? Wieder Blümchen oder ausgefallen?“
„Blümchen war es auf keinen Fall, wir hatten echt guten Sex. Ich muss aber mit ihm reden, wenn er heimkommt“, schlussfolgerte sie.
„Ja, das solltest du. Jetzt zieh dich erst mal an, geh etwas spazieren und dann wirst du ihm lächelnd begegnen, verstanden?“, forderte sie sanft, aber bestimmt.
„Woher weißt du, dass ich nicht angezogen bin?“
„Du hast deine Gaben, ich hab meine, ich weiß es einfach. Ich hab dich lieb, Kleines und ich kann dir nicht genug danken, dass du sie mir zurückgebracht hast“, bedankte sich Chelsea. Sie wirkte gelassen und glücklich.
„Gern geschehen, reißt euch jetzt zusammen, ich hab Spione, ich lass das überprüfen“, freute sich Valy sie so glücklich zu sehen.
„Sicher, das tun wir. Du meldest dich aber, wenn du mit ihm geredet hast, bitte“, bat sie und Valy versprach dies.
 
Nach einem langen Arbeitstag kam Grayson Wood an diesem Abend nach Hause. Valy knipste das Licht an, als er im dunklen Wohnzimmer am Sofa vorbeikam. Grayson erschreckte sich furchtbar und fluchte auf Jiddisch.
„Wood ist ein jüdischer Name?“, begrüßte Valy ihn.
„Nein, Holz ist ein deutscher Name, der Name wurde nach der Einwanderung meines Urgroßvaters umgeändert. Ich hab vergessen, dass du noch hier bist“, erklärte er.
„Tut mir leid, hätte ich gehen sollen?“, war sie unsicher.
„Sei nicht albern, du bist doch keine Prostituierte. Ich hätte danach noch mit dir reden sollen, ich hatte nur ein wichtiges Treffen mit einem Klienten. Danke, dass du geblieben bist, wir müssen dringend reden“, sagte er ernst und setzte sich zu ihr hin.
„Ja, das sollten wir“, stimmte sie ihm zu und so redeten sie das erste Mal seit ihrer Begegnung über alles was sie belastete.
 
„Garren hat wirklich ein Kleid getragen? Das hätte ich gern gesehen“, belächelte Grayson ihre Erzählung, als sie später an diesem Abend an ihn gelehnt mit auf dem Sofa saß.
„Ja, ich hätte wirklich ein Foto machen sollen, das wird sie sicher nie wieder machen. Bist du nicht müde?“, wollte sie wissen und kuschelte sich an seine Brust.
„Eigentlich schon, aber ich will noch nicht schlafen gehen. Ich musste mich heut echt zusammenreißen, nicht all meinen Kollegen von unserm Sexerlebnis zu erzählen“, gestand er und küsste sie sanft.
„Und trotzdem hast du es getan!“
„Ich kann dich nicht anlügen, vergess ich immer wieder!“
„Ich hab’s nicht gewusst, Tyson hat mir vorhin ne SMS geschrieben, dass du damit angibst und er vermutet, dass du mich betrügst, weil ich kaum zu solchen Sachen fähig sein kann“, entgegnete sie schmunzelnd.
„Du bist nicht sauer?“
„Ich fühl mich eher geschmeichelt, ich bin ja sonst immer nur das brave Mädchen, mit mir prahlt sonst kein Mann“, sagte sie stolz.
„Dann warst du mit den falschen Männern zusammen, du bist eine unglaubliche Frau, bärenstark und trotzdem sanft, liebevoll und trotzdem kannst du kämpfen, wenn du es brauchst. Dein Bruder wird wieder gesund, weil du nicht aufgegeben hast“, lobte er sie.
„Er ist aufgewacht, das heißt aber nicht, dass er gesund wird“, dachte sie laut nach.
„Er wird gesund werden und dann wird er zu uns ziehen und geht nicht wieder in diese Klinik zurück“, plante Grayson.
„Das ist echt lieb, aber wenn es wirklich möglich wäre, dass er zu uns ziehen könnte, würde er es nicht tun. Er ist Millionär und will sicher nicht mit seiner Schwester und ihrem Freund zusammenwohnen“, schlussfolgerte sie.
„Das werden wir dann sehen, Tyson, der kleine Streber, tüftelt an was, was uns alle zufrieden stellen wird“, versprach er.
„Ich wusste doch, der Blödmann verschweigt mir was, er hat ständig seine Körpersprache eingeschränkt und nur an Sex gedacht, er hat mich den ganzen Flug über wahnsinnig gemacht“, schmunzelte sie.
„An Sex denkt er ständig, das ist normal, er ist ein Perversling“, erkannte er und grinste breit.
„Er ist kein Perversling, das macht ihr Männer doch immer. Du ja auch grade, hab ich dich heut Morgen nicht genug befriedigt?“
„Wir Männer sind doch nie befriedigt, auch so nen Makel von uns. Keine Sorge, ich bin auch viel zu müde dafür. Aber ich sollte jetzt wirklich schlafen gehen, wird nen langer Tag morgen“, entschied er und stand auf.
„Sicher, ich telefoniere nur schnell mit den Mädels und komm dann auch ins Bett“, versprach sie.
„Valerica?“
„Ja?“
„Ich bin so froh, dass du dich für uns entschieden hast“, sagte er zufrieden.
„Ja, ich auch, ich komm wirklich gleich zu dir“, versprach sie und er ging ins Schlafzimmer.
Wie versprochen rief sie noch einmal Garren an.
„Du musst nichts sagen, deine Mutter hat mir schon die Details erzählt. Wir sitzen grade zusammen vor ihrem Wohnwagen und quatschen“, meldete sich Garren.
„Sag ihr, dass sie das lassen und sich ein Leben anschaffen soll. Aber ich kann euch noch was Tolles erzählen, Tyson versucht es zu bewirken, dass ich zu meinem Bruder kann“, erzählte sie.
„Ah, super!“
„Das wisst ihr auch schon, man, ist sie gut!“
„Dein Rechtsverdreher hat heut bei deiner Mutter angerufen und es ihr erklärt, sie brauchen nun ne Blutprobe von deiner Mutter“, erklärte Garren.
„Dann viel Spaß, Mum hat furchtbare Angst vor Nadeln“, schmunzelte Valy.
„Ja, hat sie auch schon gesagt, sie will sich vorher selbst hypnotisieren, ich geh mit zum Arzt, das will ich live sehen. Bist du glücklich, Kleine?“, wollte Garren wissen.
„Ja, im Moment bin ich es, du?“
„Ich sitze an einem lauen Sommerabend mit meiner Freundin und deiner Mutter in einem Wohnwagenpark und will nicht schreiend wegrennen, das muss echt was heißen“, schmunzelte sie.
„Das heißt, du bist zu betrunken um aufzustehen“, witzelte Valy.
„Das könnte es auch sein. Die anderen richten dir ihre Grüße aus und sie freuen sich auch für dich!“
„Schön zu hören, drück sie schön von uns. Ich geh jetzt zu einem hübschen Kerl ins Bett, ich kann es kaum erwarten“, schmunzelte Valy und stand auf.
„Tu das, schlaf gut, du kommst doch Thanksgiving hierher zurück, oder?“
„Ich komm schon früher mal her, keine Sorge. Gute Nacht!“
Als Valy zu ihm ins Bett kam, schlief er schon.
„Armer Kerl, war nen langer Tag. So, mein schlafender Prinz, dann komm ich mal ins Bett“, dachte sie laut nach und kuschelte sich in seinen Arm. Zufrieden grunzend zog er sie an sich. Sie fühlte sich in diesem Moment so wohl wie lang nicht mehr, ihr Glück wäre nur noch mit ihrem Bruder perfekt, doch das würde sich noch einstellen, das sah sie schon voraus.

Neunzehntes Kapitel


Die Tage drauf war Grayson viel im Büro und Valy suchte sich einen Job in einem Lebensmittelladen. Nachdem sie am Ende ihrer Woche ihre Schicht beendet hatte, stand Duncan neben ihrem Mietwagen.
„Nette Karre, zumindest besser als dein alter Wagen. Warum meldest du dich nicht mehr?“, schien Duncan betrunken zu sein.
„Ich kauf mir einen eigenen Wagen, wenn ich den Alten in Nebraska verkauft bekommen habe. Was gibt’s zu feiern?“, fragte sie etwas sarkastisch.
„Ich war mal wieder bei seiner Mutter, das Stiefmonster hat mich mal wieder mit ihren schwulenfeindlichen Tiraden beleidigt, ich kann das nicht mehr Val, ich kann nicht mehr für ihn kämpfen“, erklärte Duncan und stützte sich mit einer Hand auf ihrer Motorhaube ab.
„Diese Hexe geht mir so auf den Sack, tut mir leid für dich, ich werde mit Gray reden, da muss man doch gesetzlich irgendwas tun können“, versprach sie.
„Nein, kann man nicht, nicht wenn die Familie dagegen ist. Ich kämpfe diesen Kampf schon viel länger als du, ich kann nicht mehr“, entschied er.
„Dann gib doch auf, wenn er dir so wenig bedeutet, dass du aufgeben willst, tu das doch“, versuchte sie ihn zu reizen.
„Du hast Recht, du hast so Recht“, sagte er weinerlich und fiel ihr um den Hals.
„Super, wenn du richtig voll bist wirst du zum hetero, wie mir scheint. Wenn du kotzen willst, mach das jetzt, ich will den Leihwagen nicht reinigen lassen müssen“, bat sie.
„Ich muss nicht kotzen, warum bist du so fies?“
„Ich bin doch nicht fies, ich sag nur die Wahrheit. Jetzt komm, wir haben nen Sofa, wo du dich ausnüchtern kannst“, erklärte sie und öffnete die Fahrertür, nachdem er sie losgelassen hatte. In dem Moment kotzte er ihr genau auf die Jacke.
„Man, warum könnt ihr nicht auf was kotzen, was ich gut waschen kann? Jetzt alles draußen?“, fragte sie trocken und er nickte.
„Gut, setz dich rein, ich leg meine Jacke in den Kofferraum, sonst muss ich mich von dem Geruch auch noch übergeben“, bat sie und er ließ sich auf den Rücksitz fallen, während sie zum Kofferraum ging.
„Hey, hier bist du“, hörte sie plötzlich eine männliche Stimme und vor lauter Schreck nahm sie den Schraubenschlüssel im Kofferraum und wollte auf den Mann einschlagen.
„Hey, ich bin’s Ty, ich dachte, ich kann eine Hellseherin nicht erschrecken, tut mir leid“, zuckte Tyson zusammen und sie stoppte den Schlag.
„War abgelenkt, tut mir leid. Woher weißt du, dass ich hier bin?“
„Gray hat mir erzählt wo du arbeitest, ihm tut es leid, dass er so lang arbeiten muss, er wollte, dass ich dich mal zum Essen ausführe und er wollte dann später dazu stoßen. Was stinkt hier so Gotts erbärmlich?“
„Ich wurde mal wieder angekotzt, ich will das echt nicht zur Gewohnheit werden lassen. Ich muss jemanden nach Hause bringen, sag meinem Süßen vielen Dank, aber ich kann heute nicht“, bedankte sie sich und klappte den Kofferraumdeckel wieder zu.
„Wer ist dein Freund?“
„Duncan, er hatte wieder eine nette Begegnung mit dem Stiefmonster und hat ein Tief. Sag ihm vielen Dank, ich werde was für uns kochen. Du kannst auch mitkommen, wenn du willst“, plante sie.
„Das ist was zwischen euch, haltet mich da raus. Ich ruf dich morgen mal an, ich hab beruflich noch ein paar Sachen zu besprechen“, war er plötzlich wortkarg und ging davon.
„Man, als ich mir Männer im Leben gewünscht habe, hab ich so was damit nicht gemeint“, sagte sie kopfschüttelnd und rief ihren Freund an.
„Hey Süßer, Ty war grad bei mir wegen heute Abend, warum er mich nicht anrufen konnte, versteh ich nicht so ganz, wie auch immer, ich kann heut nicht, ich muss Duncan beistehen, er schläft heut Nacht bei uns, wenn das okay ist“, erklärte sie Grayson.
„Ich komm dann erst gegen 10 Uhr heim, ab nächste Woche hab ich dann mehr Zeit für dich, versprochen“, war er nicht sauer.
„Sicher, wie du meinst. Ich muss jetzt auch los, wir sehen uns zu Hause“, entgegnete sie nachdenklich und legte wieder auf.
„So, Dr. Wodka, fahren wir dich heim“, redete sie mit Duncan, der aber auf dem Beifahrersitz eingeschlafen war.
„War ja klar. Ich trag dich nirgendwo hin, Schnarchbär, dass das klar ist“, murmelte sie genervt und setzte sich ans Steuer.
 
Erschöpft lud Valy ihren Kumpel ein paar Minuten später auf dem Sofa ihres Freundes ab.
Sie betrachtete das schnarchende Etwas ein paar Minuten und rief dann ihren Vater an.
„Du bist schon ne Weile wieder in der Stadt, hättest dich ruhig mal melden können“, kritisierte Radu sie, als er abnahm.
„Heut ist echt ein „Ich kotz dich an“-Tag, wortwörtlich, ich könnte deine Hilfe brauchen, Dad“, bat sie trocken.
„Er schläft doch, soll ich ihn wecken, oder wie?“
„Ach, vergiss es, ich komm morgen nach der Arbeit mal zu dir“, sagte sie traurig und legte wieder auf.
„Hey, kann ich mich noch um entscheiden und in euer Team kommen?“, rief sie Garren an.
„Probleme mit den Kerlen?“, fragte Garren besorgt.
„Duncan hat mich vollgekotzt, Gray arbeitet lieber als mit mir zusammen zu sein, Tyson spielt sein Laufbursche und mein Dad will mir nicht helfen, alles in allem kann ich sagen, ja“, zählte sie auf, was sie in den letzten Minuten erlebt hatte.
„Was ist denn bei dir los? Du musst dein Karma reinigen, bevor es über dir zusammenbricht“, entgegnete Garren.
„Und du hast anscheinend auch gekifft, was ist heute los?“
„Bitte leg nicht auf, deine Mutter hat mir das vorgesagt, ich hab keine Ahnung, was das soll. Okay, schläft Duncan?“
„Ja, tief und fest!“
„Gut, dann gehst du jetzt in die Küche, nimmst dir den Wein aus dem Kühlschrank, schenkst dir ein großes Glas ein und trinkst es. Dann geht’s dir gleich besser“, versprach sie und Valy tat es.
„Oh ja, viel besser, danke. Was machen wir jetzt mit Duncan? Ich kann ihm nicht mehr helfen“, sagte sie erschöpft.
„Du wirst ihm helfen können, so wie du mir und dir selbst geholfen hast!“
„Ich glaub seine Probleme liegen tiefer als unsere, er ist verliebt in einen Kerl, der vermutlich gar nichts von seinem Glück weiß und noch auf der Schwelle zwischen Leben und Tod steht, und dann ist ja noch das Stiefmonster, die ihn nicht in seine Nähe lässt“, schlussfolgerte Valy.
„Ja, das klingt nach Problemen. Ich kann dir da leider auch nicht helfen“, entschuldigte sich Garren.
„Das hab ich mir schon fast gedacht, trotzdem danke, vielleicht besauf ich mich auch nur, dann ist mir alles auch egal“, bedankte sie sich und legte wieder auf.
Valy deckte Duncan zu, stellte ihm einen Eimer hin und ging unter die Dusche. Mitten während des Duschens durchfuhr sie wieder eine heftige Vision. Sie stolperte nach hinten, knallte mit dem Kopf gegen die Fliesen und sackte besinnungslos zusammen.
 
Mit starken Kopfschmerzen erwachte Valerica Afina in einem weißen Bett.
„Oh man, nicht schon wieder Krankenhaus“, murmelte sie vor sich hin.
„Wenn du nicht so tollpatschig wärst, hätten wir das vermeiden können“, hörte sie die liebevolle Stimme ihres Freundes.
„Ich war nicht tollpatschig, ich hatte mal wieder eine Vision, ich hab’s langsam so satt“, erklärte sie und versuchte sich aufzusetzen, doch ihr Kopf tat ihr zu sehr weh.
„Wenn du nicht so bockig wärst und es zulassen würdest, könnte ich dir helfen“, hörte sie auch Radus Stimme.
„Du meinst wie letztes Mal, als ich vom Geist meines Bruders besessen war?“
„Das passiert mir nicht mehr, versprochen, du hättest mir gestern sagen sollen, dass deine Probleme mit deinen Visionen zusammenhängen, dann wär ich gekommen!“
„Mir ging es nur um Duncan, ich hatte eigentlich keine Probleme mit meinen Visionen ehrlich gesagt hatte ich lang keine mehr, ich hab mich schon sicher gefühlt“, entschied sie.
„Du verdrängst schon wieder und dann passiert das!“
„Ich verdräng hier gar nichts. Ich will mit meinen Visionen umgehen, wenn sie mich nicht immer so umhauen würden, wäre ich vielleicht sanfter gestimmt“, erklärte sie.
„Ich kann dir helfen, versprochen. Jetzt musst du erst mal über Nacht hier drin bleiben, du kennst das ja schon“, entschied Radu.
„Ja, zu genüge. Duncan, was ist mit ihm?“
„Er schläft seinen Rausch noch aus, der arme Kerl. Wir müssen ihm helfen“, plante Grayson hilfsbereit.
„Wenn ich nur wüsste wie. Soll ich vielleicht noch mal mit dem Stiefmonster reden?“, plante sie, obwohl ihr Hirn dabei ziemlich schmerzte.
„Ich werde mit meiner Ex reden“, sagte Radu plötzlich.
„Ich will ja nichts sagen, aber beim letzten Gespräch mit ihr warst du nicht sehr erfolgreich!“
„Du wolltest auch schon längst mit ihr geredet haben, daraus ist ja auch nichts geworden“, kritisierte ihr Vater sie.
„Du hast Angst vor ihr, ich hab Angst vor ihr, das ist ja inzwischen klar geworden, oder?“
„Ihr habt sie schon vor Gericht besiegt, ihr müsste keine Angst mehr vor ihr haben“, entschied Grayson ernst und in dem Moment klingelte sein Handy. Der nervige Klingelton bereitete Valy Schmerzen.
„Tut mir leid Schätzchen, ich geh raus. Sie soll liegen bleiben“, bat Grayson und ging nach draußen.
Sie war grad wieder etwas eingedöst, als Grayson in ihr Zimmer gestürmt kam und jemanden hinter sich herzog.
„Verdammt, warum könnt ihr Klienten nicht mal auf das hören, was ich sage“, zeterte er dabei.
„Oh man, mein Kopf, leiser bitte“, jammerte sein Opfer. Es war Duncan.
„Das sag ich doch auch, was ist hier los?“, wollte sie wissen.
„Dein Kumpel ist schon wieder ins Zimmer seines Lovers geschlichen, obwohl ihm das verboten ist. Das Stiefmonster hat mich aufgebracht angerufen und mich gefragt, ob ich meinen Job eigentlich kann, das ist ne Blamage für deine Familie und meine Kanzlei“, fluchte Grayson verärgert.
„Dein Ruf ist dir echt zu heilig, mein Süßer“, wurde Duncan frech und Grayson stieß ihn unsanft zu Boden.
„Gray“, raunzte Valy laut.
„Was? Er ist frech!“
„Er ist verkatert und kann nicht klar denken und ich übrigens auch nicht. Was würdest du in seinem Fall tun? Wenn ich da liegen würde? Würdest du so schnell aufgeben?“, hielt sie ihm eine Standpauke.
„Ich würde das zumindest mit meinem Anwalt absprechen, ich wurde das letzte Mal schon im Büro belächelt, jetzt werde ich vermutlich noch gefeuert“, war er nicht zu beruhigen.
„Er ist also dein Klient, wegen dem du die ganze Nacht arbeiten musst?“
„Ja, tut mir leid, ich konnte es dir nicht sagen, Schweigepflicht und so. Du wusstest es aber schon längst, oder?“, schlussfolgerte er.
„Ja, tut mir leid, ich kann das nicht steuern. Kannst du ihm bitte jetzt aufhelfen, er ist nur verliebt und möchte mit ihm zusammen sein. Wenn du nur ein bisschen Mitgefühl hättest, würdest du das verstehen“, entgegnete sie.
„Das hab ich jetzt überhört, ich vertrete ihn hier pro bono, obwohl dieser Fall nicht direkt ein Familienrechtsfall ist. Komm hoch, Dunc‘, tut mir leid, ich bin etwas überarbeitet“, entschuldigte sich Grayson und zog Duncan hoch.
„Dad, kannst du mit Gray bitte mal nen Kaffee trinken gehen? Ich will mit Duncan ne Weile allein reden“, wendete sich Valy an ihren Vater der die ganze Zeit keinen Ton von sich gegeben hatte.
„Sicher, Kleines, ruf mich an, wenn ihr fertig seid. Komm Rambo, ich glaub nen Kräutertee würde deine schwarze Aura auch mal wieder weißer machen“, forderte Radu, Gray auf mit ihm zu gehen und der folgte ihm brav.
 
„So, jetzt sind wir allein. Obwohl mir grade jede zwei Minuten ein Güterzug durch den Kopf rauscht möchte ich mit dir reden“, bat Valy und streckte Duncan ihre Hand entgegen.
„Was ist denn mit dir passiert? Hat er das getan?“, realisierte Duncan, dass sie in einem Krankenbett lag.
„Nein, oh Gott, nein, wie kommst du denn da drauf? Okay, er hat dich etwas hart angefasst, ihm ist sein Job halt wichtig, aber mir wird er nichts tun, niemals. Ich hab gestern unter der Dusche eine Vision gehabt und hab mir den Kopf ziemlich heftig angeschlagen“, erklärte sie und er setzte sich zu ihr.
„Was machst du auch für Sachen. In wessen Wohnung bin ich da eigentlich vorhin aufgewacht?“
„Das war meine Wohnung, Grays Wohnung, unsere Wohnung, lange Geschichte, erzähl ich dir ein anderes Mal. Jetzt will ich wissen was los ist. Erst lauerst du mir gestern auf, dann kotzt du mich volltrunken an und jetzt legst du dich auch noch mit dem letzten Menschen an, der dir wirklich helfen könnte“, schlussfolgerte sie.
„Wie bin ich denn in deine Wohnung gekommen?“
„Ich hab dich mit meinem magischen Zauberstab dahin gezaubert, was denkst du denn?“, fragte sie sarkastisch.
„Danke, sonst wäre ich vermutlich letzte Nacht noch im Knast gelandet. Ich hab dich vollgekotzt? Das tut mir leid, ich lass das reinigen. Woher wusste ich, wo ich dich finden kann?“
„Keine Ahnung, frag mich was Besseres. Ich hab die Jacke eingeweicht, geht schon, danke. Du warst also bei meinem Bruder?“
„Ich konnte mich mit ihm unterhalten, er sieht noch nicht gut aus, aber wir haben uns geküsst, er will mit mir zusammen sein“, erklärte Duncan und begann wieder zu weinen.
„Das ist nicht fair, wir müssen eure Situation schleunigst ändern, doch dafür musst du meinen Freund seinen Job machen lassen. Keine solchen Aktionen mehr, hörst du mich? Auch wenn es schwer fällt, jetzt weißt du, dass er auch so empfindet, wie du, jetzt können wir nur noch abwarten“, plante sie.
„Ich muss nur jede Chance nutzen, wir wissen nicht, ob du sein Leben gerettet hast. Doch dass er aus dem Koma raus ist, ist ein gutes Zeichen“, schniefte er.
„Sicher, doch bitte halt dich jetzt bedeckt. Oh man, ich muss jetzt wieder schlafen, mein Kopf hämmert vielleicht. Geh jetzt bitte nach Hause, dusch dich und geh zur Arbeit. Verdammt, meine Arbeit, ich muss meinen Chef anrufen und ihm sagen, dass ich heut nicht komme“, realisierte sie.
„Das mach ich, gib mir seine Nummer“, versprach Duncan und Valy schrieb ihm den Supermarkt auf, in dem sie arbeitete.
„Das ist der Supermarkt auf der sechsten Straße, oder?“
„Ja, wieso?“
„Jetzt weiß ich auch, woher ich wusste wo du gestern warst!“
„Dein Cousin ist mein Boss, Sachen gibt’s!“, sah sie, was er sagen wollte, was ziemlich im Hirn schmerzte.
„Oh man, Hellseherei mit Gehirnerschütterung ist noch fieser als Hellseherei bei nem Kater. Ich muss jetzt schlafen“, murmelte sie benommen.
„Sicher, ruh dich aus, ich bin sofort hier weg“
 
Zwei Tage später durfte Valy wieder raus aus dem Krankenhaus, was sie sehr begrüßte.
„Danke, dass du mit Duncan geredet hast, er sieht anscheinend jetzt ein, dass er sich daraus halten muss, wenn wir gewinnen wollen. Obwohl das mit dem Gewinnen ja so eine Sache ist, sie als seine Stiefmutter hat da mehr Chancen als sein „Ich denke, er liebt mich“-Lover“, bedankte sich Grayson bei ihr, als sie in die Wohnung fuhren.
„Bei mir war es ja auch aussichtslos, doch diese Narbe an meinem Rücken deutet darauf hin, dass Wunder passieren können“, entschied sie siegessicher.
„Das war auch Tyson, der hat das gemanagt, er ist einfach gut in dem was er macht, ich bin nur ein Loser, auf den seine Klienten anscheinend nicht hören wollen“, sagte er bedrückt.
„Red dir das bloß nicht ein, du bist ein guter Anwalt!“
„Na ja, mein Chef denkt da anders, ich muss endlich mal wieder einen Fall gewinnen. Ich bereue fast, dass ich Duncans Fall angenommen habe. Den kann ich nicht gewinnen!“
„Dann gewinnst du den Nächsten, ich seh eine rosige Zukunft für dich!“
„Wirklich, das siehst du?“
„Ja, das sehe ich voraus!“
„Lügst du mich grad an?“
„Ich seh seit meinem Unfall gar nichts mehr, scheint, mein Gehirn hat mehr abbekommen, als mir lieb ist“, gestand sie.
„Das tut mir leid!“
„Muss es nicht, ist vielleicht besser so. Ich muss morgen wieder arbeiten und es ist wesentlich einfacher, die Kasse zu bedienen, wenn man nicht immer weiß, was die Leute von einem denken“, schlussfolgerte sie.
„Ja, vermutlich, aber vielleicht kriegst du ja deine Kräfte wieder, wenn die Schwellung in deinem Gehirn wieder weg ist. Bist du sicher, dass du wieder arbeiten kannst morgen?“
„Ja, denk schon. Ich bin so froh, dass Tyson mich hierher zurück gebracht hat, ich hätte sonst einen großen Fehler begangen“, dachte sie laut nach.
„Ty hat dich hierher zurückgebracht?“
„Tut mir leid, ich dachte, er hätte es dir erzählt, er ist bei meiner Mutter aufgetaucht und hat mir vorgelogen, er käme von dir. Wir sind dann zurückgeflogen“, erklärte sie stockend.
„Du wolltest gar nicht zurückkommen?“
„Doch, schon, irgendwie, ich weiß es nicht. Was wichtig ist, ist dass ich jetzt hier bin, oder?“
„Ja, du hast Recht. Ty ist auch seit Tagen so seltsam zu mir, ist noch was passiert, was ich wissen sollte?“
„Du meinst außer der Tatsache, dass du ihn mit einer leeren Flasche erschlagen wolltest?“
„Wollte ich? Das erklärt den Alkoholgeruch, der immer noch in unserer Wohnung rumschwirrt“, bemerkte er trocken.
„Du kannst von Glück reden, dass ich hellsehen kann, ich konnte ihn frühzeitig warnen, er ist deshalb etwas verwirrt, vermutlich“, erklärte sie.
„Ich kann kaum glauben, dass er das für mich getan hat. Wir sind befreundet, ja, aber wir sind nicht eng befreundet, dachte ich eigentlich. Ich muss mich nachher bei ihm entschuldigen. Bist du glücklich hier?“, war er verwirrt, dass sie nicht aus eigenen Stücken zu ihm zurückgekehrt war.
„Ja, Schätzchen, dass bin ich, ich bin bei dir was mein größtes Glück auf der Welt ist und ich kann in Alexs Nähe sein, ohne wirklich in seiner Nähe zu sein. Guck mich nicht so an, ich hätte dir das nicht sagen sollen, ich hab gedacht, du wüsstest es“, war sie auch besorgt, dass er dachte, dass sie gezwungen worden war, zu ihm zu kommen.
„Du versuchst aber nicht in seine Nähe zu schleichen wie der Rosa Prinz, oder?“, hoffte er.
„Nein, da musst du dir auch keine Sorgen machen, höchstens Tyson, das war ein Scherz, ich konnte ihm geben, was er braucht, alles andere ist jetzt unwichtig. Obwohl ich mich frage, warum das Stiefmonster noch nicht tot umgefallen ist, obwohl ich ihr schon einige Flüche auf den Hals gehetzt habe“, dachte sie laut nach und er sah sie besorgt an.
„Was? Wenn ich das Zeug schon von meiner Mutter gelernt habe, muss ich es auch einsetzen. Es funktioniert ja nicht, keine Sorge“, versprach sie und in dem Moment klingelte ihr Handy. Ein Schmerz durchfuhr ihr Hirn, die grellen Töne schmerzten noch am Meisten.
„Man, das muss ich eindeutig lautlos stellen, das ist ätzend“, murmelte sie und nahm ab.
„Hallo, Tochter!“
„Hey Dad, was gibt’s?“
„Du wolltest doch wissen, warum die Flüche nicht funktionieren!“
„Ja, man, bist du gut!“
„Ich hab das Haus mit einem Schutzzauber belegt, eigentlich damals für Alexs Schutz, aber es schützt sie auch, wenn sie sich darin befindet“, erklärte er.
„Super, dann hab ich mir die ganze Mühe umsonst gemacht. Ja, ich lass es, gegen deine Kräfte komm ich eh nicht an“, entschied sie und legte wieder auf.
„Mich gruselt es echt vor den Kräften meines Vaters, der ist echt noch besser als meine Mutter. Dabei hat meine Mutter immer gesagt, dass rumänische Männer ihre Kräfte nur dafür benutzen, zu stehlen und zu betrügen, wie es aussieht hat sie zu 50% Recht. Das Karma hat sich wohl an Alex gerächt, deshalb ist er krank geworden“, dachte sie laut nach.
„Ist das Karma nicht eine buddistische Glaubenseinheit?“
„Hey, ich bin zwar katholisch erzogen worden, aber ich verfluche auch Leute, alles ist möglich“, versicherte sie.
„Hast du mich auch verflucht?“, fragte er vorsichtig.
„Während meiner Sauftouren sicher ein, zweimal, aber nicht ernsthaft, dir wird nichts schrumpfen oder abfallen“, schmunzelte sie.
„Gut zu wissen, einige Sachen brauchst du ja an meinem Körper auch“, sagte er trocken.
„Oh ja, vor allem ein Teil. Wenn ich wieder einigermaßen fit bin, gönnen wir uns mal wieder ein wildes Schäferstündchen, wie neulich, ich vermisse deine Nähe“, erklärte sie.
„Ich auch deine, das mit Duncan wird noch ne Weile dauern, tut mir leid“, entschuldigte er sich.
„Sicher, ich weiß ja jetzt, für was es gut ist. Ich glaub, du wirst jetzt Ruhe vor ihm haben, ich hab ihm glaub ich eingetrichtert, dass Abstand am besten ist“, entgegnete sie und er lächelte erleichtert.
„Gut, denn ich geb mir echt wahnsinnsmühe mit seinem Fall, wir wissen ja immer noch nicht, ob dein Knochenmark geholfen hat und ob er noch lange hat. Nur eins weiß ich und wehe du erzählst das weiter. Sobald Alex transportfähig ist, wird er wieder zurück in die Psychiatrische Klinik gebracht“, gestand er.
„Nein, da darf er nicht mehr hin, er ist doch nur dort wegen seiner Visionen und der Tatsache, dass das Stiefmonster ihm nie beigebracht hat, damit umzugehen“, war sie entsetzt.
„Er hat ne Million mit seinen Kräften gemacht, versteh mich nicht falsch, aber ich glaube, er hat seine Kräfte sehr gut unter Kontrolle“, entschied er.
„Irgendwie hat sie es trotzdem geschafft, ihn für wahnsinnig erklären zu lassen. Kommst du irgendwie an das Gutachten dran?“, wollte sie wissen.
„Ich schon, aber ich kann es dir nicht geben“, druckste er herum.
„Schon klar, was steht denn da drin?“
„Das darf ich dir auch nicht sagen, ich kann nur so viel sagen, sie ist ne gute Anwältin!“
„Das Stiefmonster ist ne Anwältin? Das erklärt so einiges“, schlussfolgerte sie.
„Sie ist nicht nur eine Anwältin, sie ist ein Hai, die schlimmste Sorte von uns. Manche von uns streben danach, manche wollen nie so werden, wie ich zum Beispiel“, erklärte er.
„Das hoffe ich, ich möchte nicht mit einem Hai zusammen sein. Wo fahren wir eigentlich hin?“, bemerkte sie plötzlich, dass sie länger gefahren waren, wie normalerweise.
„Wir fahren zu Duncan, ich treff ihn lieber bei sich zu Hause, er ist nicht besonders gern gesehen in meiner Kanzlei“, antwortete er ihr.
„Ja, denk ich mir, aber was hab ich da zu suchen?“
„Du bist seine Freundin, ich kann nicht vernünftig mit ihm reden“, entschied er.
„Du hast doch nicht etwa Angst vor ihm, oder?“, frotzelte sie.
„Nein, ich bin nur etwas eingeschüchtert durch diverse Ereignisse, die dir bekannt sein sollten. Bitte hilf mir“, bat er kleinlaut.
„Sicher, tu ich doch gern. Hilf mir raus, bitte“, bat sie, als er ausgestiegen war und an die Beifahrertür kam.
„Was macht dein Kopf?“, wollte er wissen und schlug ihren Arm um sie.
„Ich hab ne Schwellung im Hirn und ne Gehirnerschütterung, was denkst du?“
„Ja, blöde Frage. Aber geht’s?“
„Muss halt. Gehen wir rein, bevor ich mich übergeben muss“, bat sie.
„Tut mir leid, halt ich deinen Bauch zu fest?“, war er besorgt.
„Ein bisschen, aber ich übergeb mich ja wegen allem, ich bin nicht schwanger, keine Sorge“, erklärte sie und er lächelte sie an.
„Wär auch nicht schlimm, wenn’s so wäre“, sagte er nur.
„Okay, keinen Sex, bis ich meine Pille wieder nehme, ganz eindeutig. Woher weißt du, dass er da ist?“, war sie verwirrt und er klingelte an der Wohnungstür.
„Er musste seinen Job in der Klinik aufgeben, da Alex da ja wieder reinkommt!“
„Man, ich dachte immer, ich kann die Frau nicht noch mehr hassen, falsch gedacht“, murmelte sie und die Tür wurde aufgerissen.
„Du bist spät dran“, raunzte Duncan, Grayson entgegen.
„Dir auch einen schönen guten Morgen, mein Lieber. Ich hab Valy noch aus der Klinik geholt“, begrüßte Grayson ihn trocken.
„Toilette?“, fragte Valy nur, der wirklich übel war.
„Erste Tür links!“
„Danke“, eilte sie zur Toilette und übergab sich dort.
„Schwanger?“, fragte Duncan, Grayson.
„Gehirnerschütterung!“
„Stimmt, Glück gehabt, was?“, knuffte Duncan, Grayson in die Seite.
„Mit deinen Stimmungsschwankungen könntest du leicht als Patient in die Klinik kommen“
„Warum bist du eigentlich hier?“
„Val, dein Kumpel ist gemein zu mir“, rief Grayson zu seiner Freundin.
„Wenn er es wäre, ist es sicher gerechtfertigt. So, der eklige Krankenhausfraß ist wieder draußen“, kam Valy mit bleichem Gesicht zu ihnen zurück.
„Wie geht’s dir?“
„Ging schon mal besser. Wie geht’s dir denn? Ich hab gehört, dass du jetzt wieder stempeln gehen musst“, ging Valy trotz der Übelkeit, die sie durchströmte auf Duncans Gefühle ein. Wortlos fiel er ihr um den Hals. Als er zu weinen begann, ließ Grayson sie allein. Als Duncan sich beruhigt hatte, kam er wieder.
„Tut mir leid das ist ne schwere Zeit für dich, ich muss netter zu dir sein. Können wir jetzt anfangen?“, fragte Grayson vorsichtig.
„Sicher, bin so weit, ich hab echt ziemliche Gefühlsschwankungen in letzter Zeit. Valy, leg dich doch ein bisschen in mein Bett, wir wecken dich, wenn wir fertig sind“, entschied Duncan und so war es abgemacht.
 
Valy träumte von Alex. Es war keine Vision, er sprach nicht mit ihr, er war nur dort und das war ein schönes Gefühl. Sie schlug ihre Augen auf. Grayson saß neben dem Bett auf einem Stuhl und betrachtete sie.
„Schön, wie du im Schlaf lächelst“, sagte er nur.
„Das ist irgendwie gruselig“, murmelte sie.
„Tut mir leid ich seh dir nur gern beim Schlafen zu. Ich bin hier fertig, wir können heimfahren“, erklärte er freundlich.
„Gut, obwohl Duncans Bett sehr bequem ist, will er sicher selbst drin schlafen irgendwann. Trägst du mich zum Wagen?“, hoffte sie und er lud sie auf die Arme.
„Lass das aber nicht zur Gewohnheit werden, ich würde dich zwar durch die ganze Welt tragen, aber das würde mein Rücken nicht mitmachen“, schmunzelte er und trug sie zum Wagen.
Obwohl sie nicht verhütete, schlief Valy in dieser Nacht mit ihrem Freund. Sie hoffte, nicht schwanger zu werden, denn das würde grade nicht in ihr Leben passen. Es war fast Mitternacht, als Grayson plötzlich aufstand und ans Telefon ging.
Verwirrt rief Valy, Chelsea an.
„Na, kannst nicht schlafen?“, fragte Chelsea freundlich.
„Was bedeutet dass, wenn mein Freund mitten in der Nacht meinen besten Freund anruft?“
„Spielt er an sich rum, während er telefoniert?“
„Wäh, nein!“
„Dann telefoniert er nur mit deinem besten Freund, du kannst doch seine Gedanken lesen, dachte ich!“
„Lange Geschichte, erzähl es nicht meiner Mum, aber ich hatte nen kleinen Unfall und bin jetzt meine Gabe los“, gestand sie.
„Deine Mutter hat die Gabe, die weiß es sicher schon. Noch irgendwelche essentiellen Fragen des Lebens oder kann ich jetzt weiterschlafen?“
„Sicher, tut mir leid dass ich dich geweckt habe. Sag allen einen schönen Gruß“, entschuldigte sie ich und legte wieder auf.
Valy zog ein T-Shirt über und kam zu ihm hin. Lasziv setzte sie sich auf seinen Schoß, während er am Schreibtisch telefonierte.
„Ich muss auflegen, Valy will nen Nachschub“, erklärte Grayson schmunzelnd und legte sein Handy weg.
„Eigentlich bin ich bedient, ich vermiss dich nur im Bett. Warum rufst du Duncan mitten in der Nacht an?“, wollte sie wissen.
„Wird ne Überraschung, mir ist nur was eingefallen, was vieles ändern wird“, sagte er mysteriös.
„Okay, seltsam, nicht lesen zu können, was du denkst. So wie du grinst, ist es was Gutes, also freu ich mich“, sagte sie säuselnd und begann ihn zu küssen.
„Du willst also doch nen Nachschlag“, flirtete er und trug sie zurück zum Bett, während sie ihre Beine um seine Hüfte geschlungen hatte.

Zwanzigstes Kapitel


Als sie am nächsten Morgen wieder wach wurde, war er schon weg. Sie schlüpfte in ihre Dienstkleidung und ging zur Arbeit.
Sie hatte wirklich Schwierigkeiten sich mit den Kopfschmerzen zu konzentrieren. Sie freute sich schon, ihn am Abend wieder zu sehen und seine gute Nachricht zu hören.
 
Als er nach Hause kam, ging sie sofort zu ihm hin.
„Und?“
„Ich fühl mich schlecht!“
„Was ist denn das für eine Antwort?“
„Ich hab heute etwas getan, was ziemlich fies ist, aber mich gewinnen lässt“, entgegnete er nur.
„Süßer, ich bin keine Seherin mehr, mehr Informationen bitte“, bat sie.
„Ich hab heute vor Gericht eine Klage gegen Mrs Brogan erreicht, wegen unterlassener Hilfeleistung“, erklärte er stockend.
„Wegen unterlassener Hilfeleistung?“
„Sie hat uns fast davon abgehalten, sein Leben zu retten, so werde ich das im Richter verkaufen. Das ist fies und ich fühl mich wie ein Hai“, war er ganz durcheinander.
„Manchmal muss man halt ein Hai sein, das heißt aber nicht, dass du für immer einer sein musst“, beruhigte sie ihn.
„Das wird mir vermutlich die Karriere retten, aber mein Karma wird schwer darunter leiden“, dachte er laut nach.
„Du bist echt ein Genie, sag nie wieder, dass du kein guter Anwalt bist“, sagte sie stolz.
„Hör auf stolz auf mich zu sein, das ist nicht richtig“, fühlte er sich schlecht und sie küsste ihn sanft.
„Ich werde immer stolz auf dich sein, egal was du machst. Jetzt komm, wir sollten feiern“, wollte sie ihn aufmuntern.
„Mir ist nicht nach feiern, ich ruf schnell Duncan an und sag ihm Bescheid“, entgegnete er abgelenkt, ging in sein Arbeitszimmer und ließ sie allein zurück.
 
Zehn Tage später begleitete Valy ihren Bekannten zum Gericht. Mrs Brogan sah sie an, als wäre sie der Teufel höchstpersönlich.
„Ignorier sie einfach“, bat Grayson, der sich zu ihr drehte.
„Mach ich, du auch, mach deinen Job“, sagte sie ermutigend und die Verhandlung konnte beginnen.
 
Die Verhandlung zog sich in die Länge und es konnte erst nach Stunden ein Urteil gefällt werden. Duncan schluchzte auf der Ankläger-Bank, als man das Urteil verlass. Sie hatten es wirklich geschafft, die toughe Anwältin zum Schweigen zu bringen. Sie kam mit einer Bewährungsstrafe davon, verlor aber ihre Kontrolle über Alex. Sein Vermögen verwaltete nun ein gerichtlicher Verwalter und jeder hatte jetzt wieder freien Zugang zu Alexs Krankenbett.
„Wir haben’s geschafft, wir haben’s tatsächlich geschafft“, schluchzte Duncan, als er allein im Gerichtssaal saß. Valy kam lächelnd zu ihm.
„Glaub es ruhig, ich schlafe mit einem echt gewitzten Anwalt“, schmunzelte sie.
„Was machen wir jetzt?“, wusste Duncan gar nicht, was er machen sollte.
„Jetzt gehen wir zu Alex“, entschied sie und zog ihn hoch.
 
„Ich will ja nicht drängen, aber wir sitzen hier schon eine Weile“, nörgelte Grayson als er eine Stunde später vor Alexs Krankenzimmer saß und zusammen mit seiner Freundin zusah, wie Duncan den Mut aufzubringen versuchte, reinzugehen.
„Ist schon etwas schwierig für ihn, lass ihn doch. Du musst ins Büro zurück, oder?“
„Eigentlich schon!“
„Dann geh, ich komm schon irgendwie heim.“
„Tut mir leid, aber mein Chef wollt noch mit mir reden“, erklärte er.
„Sicher, danke, dass du gewartet hast, bis später“, bedankte sie sich, küsste ihn kurz und er ließ sie allein. Valy ging zu Duncan hin und legte ihre Hände auf seine Schultern.
„Komm, es wird Zeit“, bat sie ruhig aber bestimmt.
„Was ist, wenn er mich nicht mehr will?“, fragte er unsicher.
„Red keinen Blödsinn, jetzt geh rein“, drängte sie ihn und schob ihn hinein.
Sie wollte die beiden Verliebten allein lassen, wenn sie ehrlich zu sich war, wollte sie Alex eigentlich gar nicht sehen. Zu dem Zeitpunkt zumindest nicht.
„Schatz, warte“, rief Valy, Grayson entgegen, als sie bei ihm angekommen war.
„Hey, wo willst du hin?“
„Ich weiß es nicht, ich kann nicht“, sagte sie verwirrt.
„Sag mir nicht, dass ich jetzt siebzig Stunden gearbeitet habe diese Woche dass du jetzt kneifst“, entgegnete er leicht verärgert.
„Ich kenn ihn gar nicht“, druckste sie herum.
„Genau deswegen musst du da rein, du musst ihn endlich kennen lernen, du warst schon von ihm besessen, das ist doch ein Zeichen, oder?“, fragte er sanfter.
„Was soll ich ihm sagen?“
„Das weißt du dann schon, wenn du ihn siehst. Ich kann leider nicht mitkommen, ich muss jetzt wirklich los“, hatte er es eilig.
„Okay, ich geh da wieder rein. Du holst mich aber später ab, oder?“, war sie ganz aufgelöst.
„Komm her“, nahm er sie liebevoll in den Arm.
„Danke jetzt geht’s mir besser. Jetzt geh, ich bin gespannt, was dein Chef sagt“, löste sie sich von ihm, küsste ihn kurz und sah ihm zu, wie er wegfuhr.
 
Als Valy zum Krankenzimmer zurückkam, kam Duncan gerade wieder aus dem Zimmer.
„Hey, wo warst du?“, fragte Duncan.
„Ich hab mich noch von meinem Freund verabschiedet. Du gehst schon wieder?“
„Ich wollte dich nur reinholen, er fragt nach dir“, erklärte er.
„Ich hab Angst“, gestand sie.
„Er ist dein Bruder!“
„Genau deswegen!“
„Komm, das ist auch dein Sieg“, bat er liebevoll und schob sie sanft ins Zimmer.
Alexis Brogan saß bleich, aber lächelnd in seinem Krankenbett.
„Da ist sie ja, die Heldin des Tages“, begrüßte Alex sie schwach.
„Hallo Bruder“, begrüßte sie ihn unter Tränen.
„Du siehst noch schöner aus als in meinen Visionen“, bestaunte er seine Zwillingsschwester.
„Ich würd ja sagen, du auch, aber unsere Mutter hat mir beigebracht, nicht zu lügen“, schmunzelte sie schniefend und kam zögerlich zu ihm hin.
„Ich hab’s verdient“, gestand er plötzlich.
„Was meinst du?“
„Meine Krankheit, ich bin kein guter Mensch“, sagte er nachdenklich.
„Schlimmer als deine Stiefmutter kannst du kaum sein“, witzelte Valy.
„Du musst mich sicher für verrückt halten, dass ich dieser Frau mein Vermögen anvertraut habe!“
„Ein bisschen schon. Apropos verrückt, wie bist du in der Klapse gelandet?“, fragte sie dreist.
„Du kommst gleich auf den Punkt, du hast die Visionen doch auch, ich hab’s nicht mehr ausgehalten“, erklärte er.
„Meine Mutter hat mir beigebracht damit umzugehen!“
„Du musstest nicht zur Therapie?“
„Schon, früher, aber ich hab meine Gabe auch irgendwie verdrängt, sie kam erst in den letzten Wochen zum Vorschein. Deine Eltern haben dir nicht dabei geholfen, damit klar zu kommen, aber deine richtige Familie wird das jetzt tun. Jetzt musst du erst mal gesund werden“, versprach sie.
„Ich hab Leute um ihr Geld gebracht!“
„Geld spenden reinigt die Seele, glaub mir. Hast du deine Visionen benutzt, um zu betrügen?“, fragte sie und er nickte beschämt.
„Dann wird es wohl eine große Spende werden. Die rumänischen Männer sind wohl doch ein bisschen Betrüger, doch du kannst dein Leben jetzt noch umkrempeln und die Chance nutzen“, entschied sie liebevoll.
„Ich hab das College abgebrochen, um Profi-Spieler zu werden“, gestand er.
„Ich hab meinen letzten Job aufgegeben, um hier herzukommen, wir kriegen das schon hin“, versicherte sie.
„Dein Boss hat dich rausgeschmissen!“
„Richtig, zwei Wochen ohne Kräfte und schon vergisst man, dass andere ihre Kräfte noch haben“, sagte sie kleinlaut.
„Ich wollte ja nichts sagen, aber ich kann dich grad nicht lesen. Was ist passiert?“, fragte Alex und sie erzählte ihm, was passiert war.
„Das ist heftig, ist mir auch mal passiert, aber ich hab meine Gabe dabei nicht verloren“, entgegnete er.
„Vielleicht krieg ich sie ja wieder, ich hab sie immer verdrängt, jetzt vermiss ich sie irgendwie. Es ist so schön, dich endlich kennen zu lernen, ich hab nicht gedacht, dass ich dich noch lebend sehen würde!“
„Ich auch nicht, ich würd dich gern umarmen, wenn das okay ist“, bat er.
„Du hast meinen Körper in Besitz genommen, da musst du nicht mehr fragen“, entschied er und drückte sie fest an sich.
„Wegen dem, das tut mir leid ich hab meine Chance genutzt, ich wollte noch was regeln, bevor ich sterbe. Ich hoffe, ich kann das jetzt machen“, entschuldigte er sich.
„Das werden wir sehen, du bist wieder aufgewacht, das ist ein gutes Zeichen“, mischte Duncan sich ein und Alex streckte ihm seine Hand entgegen.
„Ich kann echt kaum glauben, dass ihr euch gefunden habt“, bemerkte sie plötzlich.
„Hat der kleine Bauern-Trampel eine homophobe Ader?“, fragte Duncan cool.
„Red kein Scheiß, Dunc, ich bin nur etwas eifersüchtig, dass mein Bruder nen heißeren Kerl als ich abgekriegt hat“, schmunzelte sie und knuffte Duncan in die Seite.
„Danke für das Kompliment, deiner ist aber auch zum Anbeißen. Apropos, wo steckt denn der Hübsche?“, wollte Duncan wissen.
„Bei seinem Chef, ich hoffe mal, dass er nicht gefeuert wird“, dachte sie laut nach.
„Er wird nicht gefeuert“, versprach Alex.
„Siehst du das, oder sagst du das nur so?“
„Ich sag das nur so, ich bin noch zu schwach für Visionen. Ich sollte jetzt etwas schlafen“, entschied er müde.
„Sicher, schlaf dich aus, solang du nicht wieder ins Koma purzelst. Wir kommen morgen wieder“, versprach sie, küsste ihn auf die Backe und verließ sein Krankenzimmer wieder.
„Hallo Tochter“, hörte sie plötzlich die Stimme ihrer Mutter und erschreckte sich furchtbar. Sie stieß ein rumänisches Fluchwort aus.
„Ich hab dich echt das fluchen gelehrt, ich hab dich erschreckt, Verzeihung!“
„Ja, das hast du, das wird mir in nächster Zeit immer öfters passieren. Was machst du hier?“
„Ich hab mich gleich in den nächsten Flieger gesetzt, als ich es erfahren habe. Ich will zu ihm“, entgegnete sie.
„Sicher, du hast doch nicht irgendwas verkauft, um hierher zu kommen, oder?“
„Nein, die Mädels haben mir das Geld geliehen diesmal. Warst du schon drin?“
„Ja, grad eben, er sieht noch krank aus, aber zumindest konnte ich mit ihm reden. Er wird sich sicher freuen, dich zu sehen. Sein Freund ist auch da drin, also sei nett“, bat sie und ging weiter.
 
Valy, die sich für die Verhandlung freigenommen hatte, beschloss für Grayson sein Lieblingsessen zu kochen. Denn egal wie das Gespräch mit seinem Chef ausging, er wollte sicher etwas Angenehmes haben, wenn er heimkam.
Sie tat grade die Nudeln in den Topf, als er den Schlüssel im Schloss rumdrehte.
„Hey Liebling, du bist zu Hause“, begrüßte Valy ihn freundlich.
„Ich bin in einem 50-er Jahre Film gelandet“, sagte er breit grinsend, als er seine Freundin in Schürze und Kleid sah, dass sie zur Verhandlung angezogen hatte.
„Sei nicht so frech, ich hab dir dein Lieblingsessen gekocht“, entgegnete sie auch lächelnd.
„Spagetti al forno?“
„Rostbraten und Kartoffelbrei, hab ich das falsch gelesen?“, war sie verwirrt.
„Ich verarsch dich doch nur, ich weiß doch genau, dass du weißt, was ich gern esse. Dachte ich zumindest. Vielen Dank“, bedankte er sich mit einem sanften Kuss.
„Es ist also alles gut gelaufen?“, wollte sie wissen.
„Ja, scheint so, ihm gefiel mein Einfall sehr, was mir nicht wirklich geschmeichelt hat“, erklärte er nachdenklich.
„Du wirst nicht gleich zum bösen Hai, wenn du mal nicht ganz nach den Regeln spielst. Es war ja für ne gute Sache. Jetzt komm, ich hab Hunger und du sicher auch“, versprach sie und so aßen sie friedlich zu Abend.
 
Sechs Monate später
 
Erschöpft stand Valy an diesem Nachmittag an der Kasse. Als sie eine Flasche Wein über den Scanner zog, sah sie auf, um nachzusehen, ob die Person, die ihn kaufte alt genug war. Es war Alex, der sie anlächelte.
„Du siehst erschöpft aus, Schwesterherz“, begrüßte er sie freundlich. Er sah gut aus, seine Haare waren wieder gut gewachsen und er hatte eine rosige Farbe im Gesicht.
„Du bist eindeutig alt genug für Alkohol“, schmunzelte sie.
„Das wird mein erster Schluck Alkohol seit über einem Jahr, ich hoffe, der Wein ist hier gut“, entgegnete er.
„Keine Ahnung, ich hoffe es. Man, siehst du gut aus, echt eine Schande, dass du auf Kerle stehst“, musterte sie ihn.
„Tut mir leid, Süße, ich bin schon vergeben. Es ist schon verrückt, da muss ich erst fast abkratzen, um mich endlich zu outen“, entschied er.
„Du hast dich erst vor sechs Monaten geoutet?“
„Ja, als ich ihn getroffen habe. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, was du alles für mich getan hast, ich bin gesund und du hast Duncan nicht aufgeben lassen“, bedankte er sich.
„Wir haben uns gegenseitig gestärkt. Wie geht es euch denn so?“, wollte sie erfreut wissen.
„Gut, gut, er ist wieder in der Klapse beschäftigt und ich hab mich wieder im College eingeschrieben, ich will endlich was Sinnvolles mit meinem Talent anstellen und Börsenmanagement studieren“, schmunzelte er.
„Das ist super, gratuliere. Warum haben wir uns eigentlich in den letzten Monaten nicht gesehen?“
„Keine Ahnung, das sollten wir ändern. Du solltest mit Gray mal zum Essen zu uns kommen, ich ruf dich an“, entschied er und sie packte ihm die Lebensmittel ein.
„Das wäre toll, sag ihm nen Gruß. Wenn der Wein nicht schmeckt, bring ihn zurück, ich kann das schon irgendwie regeln“, versprach sie.
„Nach einem Jahr ohne Alkohol, wird er sicher schmecken. Du solltest es ihm erzählen, er freut sich sicher“, sagte er nur und sie fasste sich nachdenklich auf den Bauch, während sie zusah, wie ihr kerngesunder Bruder den Laden verließ. Sie hatte den Abend zuvor erfahren, dass sie von Grayson schwanger war und hatte es noch niemandem erzählt. Sie hatte anscheinend zu gut darüber nachgedacht, dass er ihre Gedanken gut lesen konnte.
 
„Schmeckt dir dein Essen nicht?“, wollte Grayson wissen, als sie am Abend zusammen beim Abendessen saßen.
„Ich hab heute Alex getroffen“, sagte sie nur.
„Wie geht’s ihm?“
„Sehr gut, er sieht super aus. Er hat uns zum Essen eingeladen“, war sie nicht gesprächig.
„Schön, wirst du dann auch so wenig reden wie heute?“
„Tut mir leid ich musste über was Nachdenken“, entschuldigte sie sich.
„Ich mag den Namen Rufus“, schmunzelte er und sah sie mit einem vielsagenden Blick an.
„Meiner Mutter müsste man einen Maulkorb verpassen“, murmelte sie ertappt.
„Sie hatte die Befürchtung, du würdest es mir nicht erzählen, ich freu mich doch“, entschied er.
„Weiß ich doch, wir sind nur erst so kurz zusammen“, war sie unsicher.
„Ich unterstütze dich in allem, was du machen wirst, egal was es ist“
„Ich will dieses Kind bekommen!“
„Dann bekommen wir dieses Kind!“
„Ich hoffe, meine Mutter hat es nicht schon Chelsea erzählt, ich will es ihr persönlich sagen, nach allem, was sie durchgemacht hat. Ich werde ein paar Tage frei nehmen und zu ihnen fahren. Begleitest du mich?“, hoffte sie.
„Kann ich machen“
„Vielleicht nehmen wir auch die Jungs mit, sie sollen meine Heimat kennenlernen“, schlug sie vor.
„Das klingt gut, das machen wir so“, entschied er.
 
Zwei Wochen später fuhren sie zusammen mit Alex und Duncan nach Thedford.
„Ich mag den Namen Rufus auch“, entgegnete sie nach einigen Minuten des Schweigens.
„Es ist zwei Wochen her, dass ich den Namen erwähnt habe, warum kommst du jetzt darauf?“
„Wollte es nur sagen, wir bekommen nämlich einen Sohn“, verriet sie.
„Du hast es vorausgesehen?“, fragte Gray, Alex.
„Nein, eigentlich nicht. Du hast es ihm also nicht gesagt?“
„Habt ihr beiden wieder Geheimnisse?“, fragte Grayson kritisch.
„Ich hab vor nem Monat oder so wieder Visionen gekriegt“, gestand Valy ihrem Freund.
„Und das sollte ich nicht erfahren weil?“
„Du warst nicht mehr verkrampft, als du wusstest, dass ich deine Gedanken nicht lesen kann. Ich wollte, dass das so bleibt“, gestand sie.
„Ich werde in ne Familie von Hellsehern reinheiraten, da muss ich mich an so manche Sachen gewöhnen“, schmunzelte er.
„Wir heiraten also?“, fragte sie.
„Du bist eine Frau vom Lande, das ist doch so üblich, wenn man eine von euch geschwängert hat, oder?“
„Ich bin kein Kind vom Lande, du musst gar nichts, mein Süßer. Sollte das nen Antrag werden?“, war sie über seine Worte amüsiert.
„Wird sie ja sagen?“, fragte Gray, Alex.
„Ja Kumpel, das wird sie“, versprach Alex.
„Danke, Bruderherz!“
„Immer wieder gern!“
„Wenn du schon so auf alte Traditionen pochst, solltest du meinen Dad um meine Hand bitten“, schlussfolgerte Valy cool.
„Das ist nicht dein Ernst, er wird doch wissen was ich will bevor ich durch die Tür komme“, grummelte er.
„Ja, Strafe muss sein“, frotzelte sie und lächelte ihn an. Er lächelte zurück.
 
Sie kamen gut durch und waren bald in Thedford angekommen. Abby wartete schon auf sie.
„Da seid ihr ja, ich kann kaum glauben, dass ich den Tag noch erlebe, an dem meine beiden Kinder mich gemeinsam besuchen kommen. Dieser stattliche junge Mann vor mir kann doch kaum das Häuflein Elend sein, dass ich vor sechs Monaten im Krankenhaus besucht habe“, begrüßte sie ihren Sohn mit einer Umarmung.
„Ich erkenne mich selbst nicht wieder, ich lag schon auf dem Sterbebett, jetzt strotze ich vor Leben“, war er glücklich.
„Oh ja, das tust du. Tut mir leid, Kleines, ich bin auch froh dich zu sehen“, begrüßte sie auch ihre Tochter.
„Ich seh eindeutig nicht so gut aus wie er, schon gut. Dad ist hier?“, fragte sie.
„Ja, ich dachte, er macht diese Familie komplett, er ist schon vor ein paar Tagen hier hergekommen, weil er wusste, dass ihr kommen würdet. Er gibt übrigens seine Zustimmung zu eurer Hochzeit“, erklärte sie.
„Ich muss hier wohl gar nichts mehr sagen“, murrte Grayson.
„Dürfen schon, müssen nicht“, schmunzelte Alex und klopfte ihm auf die Schulter.
„Ich hol dann mal das Gepäck aus dem Auto“, murrte Grayson und trottete zum Wagen.
„Bitte versucht mal fünf Minuten nicht so freakig zu sein“, bat Valy ernst.
„Hat sie grad das böse F-Wort benutzt?“, fragte Abby die anderen.
„Kommt darauf an, was du mit dem F-Wort meinst. Ich bin nie ein Freak genannt worden, ich hab meine Gabe ja auch als Talent getarnt. Wir sollten das wirklich runter schrauben, auch wegen meinem Süßen“, entschied Alex und nahm die Hand seines Freundes sanft in seine.
„Sicher, kommt erst mal rein“, versprach Abby und ließ sie in ihren Wagen.
„Du wohnst hier?“, war Alex etwas verwirrt über die einfache Behausung ihrer Mutter.
„Ja, das tu ich, was dagegen?“
„Nein, ich find nur traurig, dass ich im Luxus gelebt habe und der Frau, die versucht hat mich zu töten, auch ein Leben in Luxus gegönnt habe, doch meiner leiblichen Mutter war das nicht vergönnt“, dachte er laut nach.
„Auch wenn du es nicht glaubst, ich lebe gern so, ich hab’s nicht so mit Schnickschnack“, entschied sie und sie nahmen Platz.
„Brauchst du Geld, Mum?“
„Nein, brauch ich nicht, du kannst hellsehen, aber nicht zuhören, wie mir scheint“, fühlte sich Abby ertappt.
„Ich glaub, ich versteh jetzt besser, warum dass mit dir und Dad nicht funktioniert hat. Ich werde dir einen Scheck ausstellen, nimm das Geld an oder lass es sein“, erwiderte Alex, zog sein Scheckheft raus, schrieb eine Zahl darauf, rollte es zusammen und steckte es in eine leere Vase.
„Du warst zu lange mit Snobs zusammen, aber ich treib dir die Arroganz noch aus“, entschied Abby, zündete ein Streichholz an und schmiss es in die Vase mit dem Scheck.
„Deine Mum ist richtig cool, Süßer“, mischte sich Duncan ein.
„Sie ist genauso dickköpfig wie Val, würd ich mal sagen. Okay, du willst kein Geld, das versteh ich, sag einfach Bescheid, falls du deine Meinung änderst. Tut mir leid, dass ich so unhöflich war“, entschuldigte sich Alex.
„Schon gut, jemand Tee?“
„Ich hätte gern eine Tasse Schwarztee, wenn Sie haben“, bat Duncan höflich.
„Sicher, nenn mich ruhig Abby, du gehörst zu unserer Familie“, entgegnete Abby und ging in die Küchenzeile.
„Ich gehör zu eurer Familie?“, fragte Duncan gerührt.
„Das sag ich doch ständig, mein Süßer, jetzt glaubst du es endlich. Machst du mir auch einen Schwarztee, Mum?“, bat sie ihre Mutter.
„Das Teein ist schlecht für’s Baby, ich mach dir nen Kamillentee“, entschied Abby.
„Okay, das wird noch lustig mit deinen Tipps zur Schwangerschaft, oder?“
„Ihr seid doch gut gelungen, oder?“, wollte sie wissen.
„Du hast uns in der Wüste ohne medizinscher Hilfe zur Welt gebracht, du bist nicht grade die Expertin in Kinderfragen“, war Valy genervt von ihren Ratschlägen.
„Du hast was?“, war das für Alex eine Neuigkeit.
„Schön, wenn man was erfährt, was man nicht sehen kann, was? Unsere zugekifften Kiffer-Eltern haben gedacht, dass wäre groovy, denk ich mal“, erklärte Valy.
„Ich war nicht bekifft damals, ich war schwanger, Frechdachs, Radu war voll stoned, das ist richtig, wir wollten uns noch vor der Geburt ein schönes Wochenende gönnen und sind von Wehen überrascht worden. Ziemlich lächerlich für zwei Hellseher, was?“, erzählte sie vom Abend der Geburt der Zwillinge.
„Nein, das macht euch nur menschlicher. Zumindest habt ihr es geschafft, uns noch zu einer Krankenschwester zu bringen“, entschied Valy.
„Schwester Mary-Beth, die hatte ich ganz vergessen. Von ihr hast du die Geburtsurkunde fürs Gericht, oder?“, wollte Abby wissen.
„Ja, eigentlich hat Grayson sie gefunden, er ist wunderbar und ich möchte ihn heiraten“, sagte sie plötzlich.
„Du bist schwanger von ihm, das ist das Mindeste“, mischte sich Alex ein.
„Das mit dem Snob austreiben wird noch ne Weile dauern, was?“, frotzelte Valy.
„Oh ja, ganz eindeutig, ich heirate ihn, weil ich ihn liebe, nicht, weil ich schwanger bin“, entgegnete sie.
„Was mitzureden hab ich dann aber doch, oder“, fragte Grayson, der auch zu ihnen stieß.
„Wir haben entschieden, dass wir nicht hellsehen, wenn du es nicht willst“, versprach Valy.
„Ist ja nicht so, als würdet ihr das einfach so ausschalten können“, war er immer noch nicht begeistert von einer Familie mit Hellsehern.
„Es gibt nen Trank, der unsere Kräfte blockieren kann“, gestand Abby.
„Was?“, konnte Valy nicht glauben, was sie da hörte.
„Es gibt für jede Gelegenheit einen Trank, ich verdien nur meinen Lebensunterhalt mit meiner Gabe und hab nicht die Absicht gehabt, den jemals zu brauen. Aber es ist ein Streitpunkt zwischen euch und so solltet ihr es machen“, entschied Abby.
„Ich will nichts trinken, was dem Baby schaden könnte“, bemerkte Valy stur.
„Ich werde ihn trinken“, sagte Alex plötzlich.
„Was?“
„Ich hab fast ein Jahr Chemotherapie hinter mich gebracht, da wird mir so ein kleiner Trank nichts ausmachen“, schmunzelte er.
„Wenn er ihn trinkt, werde ich ihn auch trinken“, sagte auch Abby zu.
„Dann verlierst du deinen Lebensunterhalt“, war das Valy nicht so recht.
„Ich hab doch einen reichen Sohn, das kann ich vertragen“, schmunzelte sie.
„Das würdet ihr für mich tun?“, war Grayson gerührt.
„Du bist Familie, sicher machen wir das“, versprach Abby.
„Wie schmeckt das Zeug eigentlich?“, wollte Alex wissen.
„Verdammt bitter, aber mit zwei Löffeln Zucker geht’s“, hörten sie plötzlich die Stimme von Radu. Ihr Vater stand nur in Shorts bekleidet mit einer Kaffeetasse in der Hand aus dem Schlafzimmer.
„Du solltest doch im Schlafzimmer bleiben, bis ich es ihnen erzählt habe“, murmelte Abby ertappt.
„Oh man, das Bild krieg ich nie wieder aus dem Kopf“, war Valy angeekelt.
„Ihr habt nicht gewusst, dass euer Vater eure Mutter vögelt?“, prustete Duncan amüsiert.
„Ihr habt Absinth getrunken, das erklärt deine verwirrenden Gedanken, man, ihr seid gut“, schlussfolgerte Valy.
„Also, wer will als Nächstes?“, hielte Radu ihnen die Kaffeetasse hin.
„Du trinkst das Zeug schon?“
„Ist unabhängig von euch, ich wollte meine Kräfte loswerden, zumindest so lange, wie ihr hier seid, wegen Grayson und Duncan“, entschied Radu.
„Das ist wirklich nett, könntest du dir nur was anziehen, bitte?“, bat Valy und Radu trottete in seinem Absinth-Rausch wieder ins Schlafzimmer.
„Warum bist du nicht stoned?“, wendete sich Valy an ihre Mutter.
„Ich bin stoned, ich seh eure Auren, ich hab mich nur so oft mit Mittelchen vollgedröhnt, dass ich damit klar komme. So, ich hab’s schon auf dem Herd, wer will als Erster?“
„Alter vor Schönheit, Mum!“
„Ganz schön frech, Jungchen, okay, ich fang an, deinen Dad hat es ja nicht umgebracht“, entschied sie und nahm eine Tasse des Tranks.
„Danke, erst willst du Sex und dann missbrauchst du mich als Versuchskaninchen, sehr nett“, murrte Radu und trank den letzten Schluck aus der Tasse.
„So war das nicht gemeint, siehst du, nicht gefährlich …“, begann sie zu trinken.
„…aber verdammt bitter“, fügte sie hinzu und trank einen Schluck Honig hinterher aus einem Honigspender.
„Hab ich doch gesagt. Du hast Honig da?“
„Ja, und?“
„Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den genommen, ich dachte, du wärst so ne Öko-Tante“, schlussfolgerte er.
„Auch Öko-Tanten haben Honig. Ja, so ist es besser, so Sohn, du bist dran“, reichte sie ihrem Sohn eine volle Tasse, in die sie Honig getan hatte.
„Wie lang hält das an?“, wollte er wissen, bevor er trank.
„Ein paar Stunden, ich muss morgen nochmal was machen. Na, schmeckt’s?“
„Ein großer Schluck von wäh, würd ich sagen. Wann wirkt das?“
„Es dauert ein paar Minuten. Ich koch solang was, macht es euch draußen gemütlich, ich glaub, hier drin ist es ein bisschen eng für uns alle“, bat Abby und die andren gingen wieder raus.
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass Mum so lebt?“, fragte Alex, als er um den Wohnwagen rumging.
„Sie lebt gern so, du Snob, da gab es nicht viel zu erzählen. Der Wohnwagen da drüben ist übrigens meiner, ich hab hier auch gern gelebt“, entschied Valy aufgebracht.
„Du hast auch hier gelebt? Der Wohnwagen ist deiner?“
„Ja, ich hab lang gespart für den. Ich zeig ihn euch, wenn ihr nicht weiter rumkritisiert“, bat sie und Alex nickte stumm.
Nachdenklich fuhr Grayson über das selbstgemachte Metallherz, dass Valy an ihren Trailer genagelt hatte.
„Hab ich selbst gemacht, in einem Metallverarbeitungskurs, gefällt’s dir?“
„Ja, ist wunderschön, bist du sicher, dass du auf Männer stehst?“, frotzelte er und sie boxte ihm grinsend in die Seite, bevor sie die Haustür aufschloss.
Ein modriger Geruch kam ihnen entgegen.
„Na, irgendwelche Leichen im Keller vergraben?“
„Noch nicht. Hab wohl ein paar Lebensmittel vergammeln lassen“, witzelte sie und öffnete alle Fenster.
„Ich werde mal die Sachen suchen, die rumgammeln, setzt euch doch bitte“, bat sie und ihre Gäste setzten sich in die kleine Sitzecke.
„Kartoffeln im Schrank, Zwiebeln im Nebenraum, Eier im Kühlschrank“, zählte Alex auf.
„Das Zeug wirkt anscheinend noch nicht. Ich hab noch meine Kräfte, ich weiß, Zwei Mal Bier, einmal Wasser, kommen sofort“, entgegnete sie und ging in die Küche.
„Das wird echt lustig, wenn sie die einzige ist, die das Wochenende über hellsehen kann“, schlussfolgerte Duncan.
„Nein, ganz im Gegenteil, das wird echt ne Erfahrung und ne Erlösung. Ist gar nicht so schlimm in so nem Wohnwagen, hat was von Urlaub“, entschied Alex.
„Ich weiß, das sollte ein Kompliment werden, klingt aber immer noch snobistisch. Ich schmeiß dass schnell alles weg, hier euer Bier und das Wasser“, kam Valy an ihnen vorbei und gab ihnen die drei Flaschen.
„Hey, nicht alles was ich sage ist snobistisch, ist wirklich schön hier, du hast es dir schön eingerichtet. Hast du mir nen Glas?“
„Trink es aus der Flasche, Bruderherz. Bin gleich wieder da“, bat sie schnippisch und verschwand mit einer vollen Mülltüte nach draußen.
„Ihr zankt euch schon wie richtige Geschwister, echt süß“, schmunzelte Duncan und Alex ging zu einem Schrank um sich ein Glas zu holen.
„Ja, ist toll, nicht? Wir sind kurz vor unserem ersten richtigen Streit. Ich will echt nicht wie ein Snob klingen, ich krieg das nur so schlecht aus meinem Verhalten raus“, erklärte er traurig und kam mit dem Glas in der Hand zurück zu ihnen. Ganz plötzlich torkelte er und kippte zur Seite. Er schlug dabei das Glas auf dem Boden auf und es zerbrach in seiner Hand.
„Schatz?“, rief Duncan panisch und kniete sich zum hin.
„Valy“, schrie Grayson nach draußen.

Einundzwanzigstes Kapitel


Duncan sah erst Abby böse an und dann Valy. Alex lag in einem Krankenbett, seine Hand vernäht und verbunden und schlief.
„Deine Mutter hat fast meinen Freund gekillt“, raunzte Duncan.
„Er hat es freiwillig getrunken“, verteidigte sie ihre Mutter, die am Fenster saß.
„Er lebt doch noch, sie mussten ihm nur den Magen auspumpen, das ist mir im College vier Mal im Monat passiert“, erklärte Grayson, der Valys Hand hielt.
„Du hast dir jede Woche den Magen auspumpen lassen?“
„Ja, ich war in einer Verbindung, duh“, schmunzelte er und sie grinste matt.
„Mir geht es gut, eurem Vater geht es gut, ich weiß auch nicht, was da los ist“, murmelte Abby vor sich hin.
„Ich bin nur froh, dass ich das nicht getrunken habe. Jetzt hör auf, mich so anzusehen, Dunc‘, ihm geht’s gut“, bat Valy ernst.
„Er ist fast verblutet!“
„Ich hab ihm gesagt, er soll kein Glas nehmen, das ist seine eigene Schuld“, bemerkte sie trocken und Duncan stand auf und verließ das Zimmer.
„Ich geh zu ihm“, erklärte Valy und ging ihm nach.
Duncan saß gegen die Wand gelehnt und weinte.
„Hey Süßer, ihm geht’s gut“, tröstete Valy ihn und rutschte zu ihm auf den Boden herunter.
„Ich kann nicht aufhören zu zittern, ich hab ihn vor einem halben Jahr fast verloren, das soll nicht wieder passieren“, war er vollkommen aufgelöst.
„Es war nur eine Lebensmittelvergiftung, er ist gesund“, versprach Valy und legte den Arm auf seine Schulter. Schluchzend lehnte er sich an sie. Als sie zurückkamen, war Alex wieder wach.
„Hey, da bist du ja wieder, wie geht’s dir?“, fragte Valy liebevoll, als sie zu ihm kam.
„Was ist passiert?“, fragte Alex und fuhr mit seiner verbundenen Hand über sein Gesicht.
„Du hast den Trank wohl nicht so gut vertragen, beim Fallen hast du dir die Hand aufgeschnitten. Du darfst vermutlich heut Abend wieder raus, es tut mir leid dass das passiert ist“, entschuldigte sich Valy und kam zu seinem Bett.
„Nein, das lag nicht an dem Trank“, sagte Alex nur.
„Was?“
„Ich bin ein Idiot“, sagte er kleinlaut.
„Ja, bist du, aber das bist du schon länger. Was verschweigst du uns?“, entgegnete sie trocken.
„Ich könnte rein theoretisch ein paar dubiose blaue Pillen im Internet bestellt haben, um die Potenz zu steigern“, murmelte er.
„Du Hornochse, ich hab gedacht du würdest sterben, du Idiot“, ärgerte sich Duncan und schlug ihm auf den Arm.
„Au, das ist doch häusliche Gewalt, oder?“, jammerte Alex.
„Nicht, wenn du es verdient hast, Kumpel. Lassen wir die Jungs mal alleine, ich hab langsam echt ziemlichen Hunger, ich lad euch alle zum Essen ein“, merkte Grayson, dass sie die Männer allein lassen mussten und so ging er mit Valy und seiner zukünftigen Schwiegermutter davon.
„Irgendwie bin ich beruhigt, dass dein Bruder Hilfsmittelchen braucht beim Sex, ich hab mich schon minderwertig gefühlt, nachdem wir die beiden bei ihren Sexeskapaden belauscht hatten“, schmatzte Grayson, als sie zusammen in einem Diner saßen und was aßen.
Hältst du das für ein gutes Thema für ein Gespräch, bei dem meine Mutter dabei ist?“
„Du bist schwanger, sie weiß, dass wir Sex hatten, irgendwann!“
„Chelsea“, sagte Valy plötzlich
„Mit der hattest du auch Sex, ja, ja!“
„Das meinte ich nicht und nein, das wusste meine Mutter nicht, ich bin hierhergekommen, um ihr das mit dem Baby persönlich zu sagen, ich muss zu ihr“, entschied sie und stand auf.
„Jetzt?“
„Nein, nächste Woche, ja, jetzt, könnt ihr nen Taxi nehmen?“, wollte sie wissen.
„Sicher, fahr du zu ihr, wir kommen klar“, entgegnete Abby und Valy ging davon.
 
Valy ging vor dem Laden der beiden Frauen auf und ab.
Nach einer Weile hörte sie die Türklingeln schellen, als sie grad dem Laden den Rücken zugedreht hatte.
„Chels‘ lässt anfragen, ob du da draußen nen Kaffee möchtest, wir setzen grade einen auf“, begrüßte Garren ihre Freundin und die drehte sich zu ihr hin.
„Ihr habt mich gesehen?“
„Ja, haben wir, kommst du jetzt rein, oder nicht?“
„Ja, sorry, komm schon“, versprach sie und kam mit ihr in den Laden. Der Laden war leer und Chelsea arbeitete grade an einer Kette.
„Wurde auch mal Zeit, dass du mal wieder heimkommst, wie geht’s dir?“, begrüßte Chelsea sie herzlich.
„Ich hab euch was zu erzählen“, begann sie.
„Du hast dich verlobt? Nein, das ist es nicht, du bist schwanger, oder?“, riet Garren.
„Bei dem ersten bin ich mir nicht so sicher, aber das Zweite stimmt“, sagte sie vorsichtig.
„Okay, jetzt bin ich verwirrt“, entschied Chelsea.
„Ich bin schwanger, dass wollt ich dir persönlich sagen, bevor du es von meiner Mutter erfährst“, druckste sie herum.
„Das ist doch toll. Wir freuen uns doch darüber, oder?“
„Ja, eigentlich schon, aber wegen deiner ganzen Situation“, war Valy das Gespräch unangenehm.
„Wir werden doch Patentanten, oder?“
„Sicher!“
„Dann haben wir doch kein Problem. Was meinst du mit, du bist nicht ganz sicher, ob du verlobt bist, oder nicht?“
„Gray ist das irgendwie von meiner Familie aufgedrängt worden, irgendwie. Ich warte noch auf einen Antrag“, erklärte sie.
„Sag ihm, wenn er sich weigert, kriegt er meine Kampfkunst zu spüren. Wo ist der Sperminator eigentlich? Ist er nicht mitgekommen?“
„Doch, er isst grad zu Abend mit meiner Mutter, lange Geschichte. Und wie geht’s euch denn so?“
„Wir haben Ernst gemacht, wir heiraten jetzt ganz offiziell“, platzte Chelsea mit der Neuigkeit heraus und zeigte ihren Verlobungsring, den auch Garren trug.
„Gratuliere, ihr beiden, das ist wirklich ernst. Wann wolltet ihr mir das sagen?“
„Man, wir haben gehofft, dass du das mit deinen hellseherischen Fähigkeiten rausfindest, dann hätten wir uns ne Karte gespart“, entschied Garren.
„Wirklich nett, ich kann nicht alles, wie ihr wisst. Aber ich freu mich so für euch, braucht ihr ne Trauzeugin?“, wollte sie wissen.
„Eigentlich nicht!“
„Was?“
„Natürlich bist du die Trauzeugin, Dummerchen, wie geht’s eigentlich deinem Bruder?“
„Sehr gut, na ja, bis heute Morgen, er hat Viagra aus dem Internet bestellt und ist heute umgekippt. Sein Freund gibt ihm grad ne Standpauke. Er kommt heut Abend vermutlich wieder raus. Es wäre schön, wenn ihr euch mal endlich offiziell kennenlernt. Verdammt, wir haben Duncan ganz ohne Auto im Krankenhaus gelassen“, stellte sie fest.
„Das ist hier ein Kaff, der findet schon heim. Dein Bruder hat also Potenzprobleme?“
„Keine Ahnung, vielleicht nimmt er sie auch wegen dem Kick, ist zumindest selten dämlich. Läuft euer Geschäft gut?“, führte sie Smalltalk.
„Ja, geht, in letzter Zeit ist es ruhig. Ich mach dir eine Kette aus Rosenquarz, das ist gut für die Liebe und hält Strahlung vom Baby ab. Guck mich nicht so an, ich freu mich doch für dich“, bat Chelsea und Valy setzte sich zu ihr hin.
 
Valy hatte grade ihre neue Kette angelegt, als Duncan in der Tür des Ladens stand.
„Hey, habt ihr nicht was vergessen?“, war Duncan nicht glücklich.
„Du hattest Recht, er hat allein nach Hause gefunden“, kommentierte Valy die Szene.
„Das ist alles, was du mir zu sagen hast? Ich bin vier Meilen hierher gelaufen“, war er stinkig.
„Äh… tut mir leid?“, druckste sie herum.
„Das hoff ich mal sehr!“
„Wie geht’s ihm?“, wollte sie wissen.
„Er kommt morgen früh wieder raus, mir geht’s übrigens auch gut, danke der Nachfrage“, schien er erschöpft.
„Willst du was trinken?“, wollte Chelsea wissen.
„Ja, bitte, wenigstens einer ist nett zu mir“, murrte er.
„Hey, ich bin auch immer nett zu dir, das war nen langer Tag für alle. Setz dich doch hin, bitte“, bat Valy und er setzte sich neben sie.
 
Tags drauf konnten sie Alex wieder mit nach Hause nehmen. Da Abby zu faul war für alle zu kochen, aßen alle zusammen in einem Restaurant.
„Valy, kannst du deinem Lover verbieten, mich so süffisant anzugrinsen?“, murrte Alex, als Grayson nicht aufhörte, ihn anzugrinsen.
„Wie grins ich dich denn an?“, frotzelte er.
„Als wüsstest du, dass ich Viagra brauche um meinen Partner zu befriedigen und zu feige war, die in der Apotheke zu kaufen“, sagte er beschämt.
„Das hast du gesagt“, konterte er cool.
„Und dieses Riesenbaby wird der Vater meines Kindes“, sagte Valy kopfschüttelnd.
„Und mein Schwager“, fügte Alex hinzu.
„Das ist noch ein offenes Thema, aber ja, vermutlich“, entschied Valy.
„Darf ich den Antrag noch machen, oder wird das über meinen Kopf entschieden?“, war Grayson immer noch sensibel bei dem Thema.
„Sicher, keiner wird mehr darüber reden, das ist eine Sache zwischen Gray und mir, klar?“, bat Valy und alle nickten.
 
„Valy, du solltest die Toilette aufsuchen“, riet ihr Vater ihr plötzlich, als sie beim Nachtisch saßen.
„Was ist das denn für ein Ratschlag?“
„Wenn du nicht gleich zur Toilette gehst, wirst du über den ganzen Tisch kotzen“, erklärte er nur.
„Okay, bei so viel Irrsinn in der Familie ist es echt seltsam, dass ich so, oh Gott, entschuldigt mich“, wurde ihr plötzlich kotzübel und sie rannte zu den Toiletten.
„Habt ihr nicht was getrunken um die Visionen im Zaum zu halten?“, wollte Garren wissen, als sie an die Toilettentür gelehnt zuhörte, wie sich Valy übergab.
„Glaubst du wirklich, ich will das jetzt mit dir diskutieren?“, murmelte Valy und kam kreidebleich aus der Kabine.
„Sorry, alles draußen?“
„Ja, sieht so aus. Der Trank hört vermutlich auf zu wirken, um auf deine Frage zurückzukommen. Man, ich hoffe diese Morgenübelkeit wird nicht zu einer regulären Sache, ganz schön ätzend“, entgegnete sie und wischte sich den Mund ab.
„Ich würde alles dafür geben, die zu kriegen, du hast uns irgendwie allen den Appetit verdorben“, kam Chelsea zu ihnen.
„Tut mir leid mir ist grad zu übel um Mitleid mit deiner Kinderlosigkeit zu haben“, entschuldigte sich Valy.
„Ich hab dir nen Soda bestellt, das hilft dir. Komm, Schatz“, sagte Chelsea und zog ihre Verlobte aus dem Raum.
„Chels‘, sei nicht so, tut mir leid“, entschuldigte sich Valy und ging ihnen hinterher.
„Warum bist du hierhergekommen? Warum musst du mir dein Glück unter die Nase reiben?“, wütete Chelsea. Trotz ihres Glücks mit Garren schien sie nicht ihren Frieden gefunden zu haben.
„Hey, was treibt ihr jetzt schon wieder?“, stieß Alex zu ihnen.
„Deine blöde Schwester muss mir auf dem Silbertablett präsentieren, dass sie schwanger ist, dass ist los“, war Chelsea angepisst.
„Sie ist es einfach, ich will ja nicht dreist wirken, aber habt ihr es schon mal mit künstlicher Befruchtung versucht?“, wollte Duncan wissen.
„Wir können uns keinen weiteren Versuch leisten, Alex, also lass es sein“, bat Chelsea traurig.
„Ich kann euch dabei helfen, finanziell und materiell“, konterte Alex cool.
„Wie meinst du das?“
„Ich bin ein Egomane, wie ihr wisst, ich hab ne Menge Sperma einfrieren lassen, bevor ich die Chemotherapie begonnen habe“, machte er deutlich.
„Du willst uns dein Sperma geben?“
„Nicht alles, aber so viel ihr halt braucht um schwanger zu werden“, erklärte er und Chelsea fiel ihm glücklich um den Hals.
„Warum tust du das?“, war auch Garren den Tränen nahe.
„Ihr habt mir meine Schwester genau in dem Moment in mein Leben gebracht, als ich sie am meisten brauchte. Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Ich muss das natürlich noch mit meiner besseren Hälfte absprechen, aber er stimmt mir sicher zu“, erklärte er und Garren umarmte ihn auch.

Zweiundzwanzigstes Kapitel


Garren sah Duncan kritisch an. Danach sah sie Valy an.
„Der hat doch den Arsch offen“, murrte sie ihr entgegen.
„Er hat gute Argumente“, war sie auf seiner Seite.
„Das ist mein Körper“, maulte sie.
„Ja, weiß ich doch, aber denk daran, dass würde uns komplett zu einer Familie machen“, handelte Valy.
„Bitte Schatz, tu’s für mich“, bat Chelsea flehend.
„Na gut, ich mach’s, aber wenn ich dabei fett werde, töte ich euch alle“, stimmte sie zu.
„Klingt fair. Also, dann ist es abgemacht, ihr bekommt mein Erbgut, dafür tragt ihr nen Kind für uns aus, wenn wir ein Kind wollen“, fasste Alex ihre halbstündige Diskussion nochmal in der Runde zusammen.
„Ja, so machen wir’s, man, dann werden all unsere Kinder Hellseher, das wird nen Spaß, die aufzuziehen“, schmunzelte Chelsea und sah in die Runde.
„Ja, das wird noch lustig, zumindest macht uns Valy dann alles vor und wir können es dann besser machen“, entschied Alex und Valy grinste.
„Jetzt müssen wir erst mal eine Hochzeit planen“, plante Valy und Grayson sah sie an.
„Nicht unsere Hochzeit, Chelseas und Garrens, wird schwierig werden, alle nach Des Moines zu schaffen, wollt ihr es kleinhalten? Sonst müssten wir das ein bisschen aufschieben“, plante sie weiter.
„Klein klingt gut, meine Eltern würden eh nicht zu der Hochzeit der Schwester meines früheren Verlobten kommen und mit ihren Eltern will ich gar nicht anfangen. Unsere Gästeliste beinhaltet also nur euch und unsere zwei Mitarbeiterinnen. Was haltet ihr von nächstem März?“, plante Chelsea.
„Vier Monate sind knapp begrenzt, aber das krieg ich hin“, versprach Valy.
„Warum willst du das planen?“
„Ich will ja nichts sagen, aber ihr wollt doch, dass die Hochzeit schön wird, oder?“, fragte Valy keck.
„Okay, du bist offiziell gefeuert als Hochzeitsplanerin, teure Freundin“, entschied Garren cool.
„Gut, hab auch andere Sachen zu tun“, grummelte sie.
„Jetzt sei nicht eingeschnappt, du darfst nur nicht vollkommen die Kontrolle über unsere Hochzeit haben“, entschied sie.
„Das hab ich nicht gesagt, tut mir leid, ich wurde etwas von meinen Hormonen überwältigt. Man, ich muss mich schon wieder übergeben, ich glaub, ich geh nach Hause“, wirkte sie verwirrt und verließ die gemütliche Runde einfach.
 
Grayson fand sie später auf der Veranda ihres Wohnwagens, in eine Decke gewickelt und auf der alten Couch, die davor stand, ein Buch lesend.
„Hey, geht’s dir besser?“, wollte er liebevoll wissen.
„Körperlich ja, emotional ist es noch in der Schwebe“, murmelte sie, ohne aufzusehen.
„Du hast vermutlich die Emphatischen Fähigkeiten von deinem Dad geerbt, das überfordert dich wohl alles“, schlussfolgerte er.
„Ich bin kein Emphat, oder?“, dachte sie laut nach.
„Das würde deine hormonellen Gefühlsausbrüche in den letzten Wochen erklären, denn du bist verdammt emotional, mehr als eine Schwangere in diesem Schwangerschaftszeitraum sein sollte!“
„Du hast Recht, das ist eigentlich erst, seit ich schwanger … warte, der kleine Furz in meinem Bauch hat die Gabe, es ist doch eigentlich noch gar nicht richtig lebensfähig, wie kann das sein?“
„Da fragst du den falschen, das würde unser Leben echt interessant werden lassen, denn wie erklärst du deiner dreijährigen Tochter oder deinem dreijährigen Sohn, dass sie oder er die Gefühle von anderen fühlen kann?“
„So, wie ich es gelernt habe, wir werden unser Kind zur Seite nehmen und ihm oder ihr alles erklären. Ich kann es noch kaum glauben, dass wir Eltern werden“, sagte sie mit sanfter Stimme und zog ihn zu sich auf das durchgesessene Sofa.
„Ich auch nicht und dabei kennst du nicht mal meine Eltern“, schmunzelte er.
„Das sollten wir endlich mal ändern. Du kannst mich dann als deine Verlobte vorstellen, denn ich mach dir jetzt einen Heiratsantrag“, sagte sie und zog ihm einen selbstgemachten Armreif über den Arm.
„Was ist das?“, fragte er und lächelte sie an.
„Ein Verlobungsarmband, ich hab es grad gemacht, tut mir leid, in meinem Kopf hat es mehr Sinn ergeben“, entgegnete sie herumdrucksend.
„Es ist wunderschön, du hast echt Talent, du solltest vielleicht selbst Schmuck herstellen und von Chelsea verkaufen lassen“, schlug er vor.
„Das meinst du wirklich ernst. Man, bist du verknallt in mich“, frotzelte er.
„Das ist nicht die Antwort, die ich erwartet habe!“
„Natürlich will ich dich heiraten, du Dummie, das wollte ich schon am ersten Tag, als du in die Kanzlei gekommen bist“, entschied er glücklich und küsste sie stürmisch.
Am nächsten Morgen fuhren sie wieder heim. Als sie an einem Holzhaus vorbeikamen, bat Valy plötzlich laut, dass Grayson anhalten sollte.
„Was? Ist dir wieder übel?“, fragte Grayson erschreckt und bremste auf dem Seitenstreifen.
„Nein, ich hab grad unser Haus gesehen“, entschied sie, stieg aus dem Wagen und lief zurück zu dem Holzhaus.
„Toll, ganz toll und mich haben sie in die Klapse gesteckt. Ich geh sie holen“, konterte Alex und ging ihr hinterher.
„Schwesterherz, was machst du da? Es ist gefährlich auf der Straße, komm wieder ins Auto“, bat Alex, als er sie eingeholt hatte.
„Das ist das Haus aus meiner Vision, hier werden wir alle zusammen leben“, erklärte Valy und starrte das Haus an.
„Nicht heute, wie mir scheint, denn in dem Haus leben Leute. Jetzt komm“, bat er und zog sie weg.
„War das mal wieder einer der verrückten Momente?“, wollte Duncan wissen, als sie wieder im Wagen saßen.
„Nur ne Vision der Zukunft, jetzt können wir weiterfahren“, entschied sie nur und kopfschüttelnd fuhr Grayson weiter.
 
Einige Monate später
 
Das Wetter in Des Moines war perfekt, als das Pärchen Chelsea und Garren aus dem Standesamt schritten. Sie sahen so glücklich aus, sie hatten endlich den Schritt gewagt. Valy begann zu weinen, als sie sie rauskommen sah. Die Empathie in ihren Körper hatte sie zusammen mit den Schwangerschaftshormonen zu einem weinerlichen Wrack gemacht.
„Hey Süße, nicht wieder weinen, alles ist gut“, versuchte Chelsea sie aufzumuntern und umarmte sie herzlich. Sie trug ein wunderschönes weißes Kleid, sowie Garren es auch tat.
„Es ist nur so wundervoll“, schluchzte sie.
„Ja, ist es. Jetzt hör auf zu weinen, sonst denken die Leute noch, du wolltest nicht, dass wir heiraten“, entgegnete sie fürsorglich.
„Sie ist nicht ganz sie selbst momentan, wir freuen uns beide wirklich sehr. Chelsea, du siehst auch wunderbar aus, die Schwangerschaft steht dir echt gut“, entschuldigte Grayson seine Verlobte.
„Danke, Valy sieht aber viel schöner aus heute“, bedankte sich Chelsea. Valy sah wirklich gut aus, die Schwangerschaft tat ihr wirklich gut.
„Wir kennen uns jetzt schon ein Jahr und du denkst immer noch, dass du mich belügen kannst“, schmunzelte Valy.
„Du siehst wirklich gut aus, ehrlich. So, jetzt gehen wir einen trinken, zumindest die, die es noch können, was?“, frotzelte Garren und so gingen sie an Abby und Radu vorbei zu Duncan und Alex, die an der Straße schon auf sie warteten.
„Zeit hier zu verschwinden, was?“, begrüßte Alex sie.
„Oh ja, das war viel zu trocken hier, Zeit für Party“, entschied Garren und sie stiegen alle in eine Limousine, die auf sie wartete.
 
Noch ein paar Monate später kam Radu Alex Wood zur Welt. Der wundervolle kleine Junge sollte in einem schönen Holzhaus aufwachsen, zusammen mit seinen Tanten Chelsea und Garren, ihrer Tochter Joey und seinen Onkeln, die einen kleinen Jungen aus Taiwan adoptiert hatten, nachdem sie sich zwei Jahre nach Garren und Chelsea und ein halbes Jahr nach Alex und Grayson das Ja-Wort gegeben hatten.

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Tag der Veröffentlichung: 12.01.2013

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