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Erstes Kapitel


Clayton war nicht nur im Sommer ein heißes Fleckchen Erde. Doch Ulani liebte dieses Klima, es erinnerte sie an ihren Geburtsort auf Hawaii. Ihre Eltern und sie waren 6 Jahre zuvor nach Clayton gezogen, weil ihr Vater dort von der Arbeit aus hingeschickt wurde. Erst war sie gar nicht begeistert, den Strand und das Meer aufzugeben, aber der Swimmingpool in ihrem Garten und der staubige Boden hatten ihr etwas Heimatgefühl zurückgegeben. Jetzt war sie 19 Jahre alt und es war März 1998. Tags zuvor hatte sie mit ihrer besten Freundin im Kino „E-Mail für dich“ gesehen und so war sie irgendwie noch in einer romantischen Stimmung, als sie ihre Sachen in ihren Wagen lud. Sie hatte einen Ferienjob in Shreveport, Louisiana angenommen um in den Frühlingsferien einer Leidenschaft nachzugehen, der Miss Amerika Wahl. Sie wurde von ihren Freundinnen aufgezogen, dass sie immer noch auf Misswahlen stand, aber sie liebte es einfach und dieser Aushilfsjob hinter den Kulissen war einfach ein Traum, den sie sich nicht entgehen lassen durfte. Ulani war nicht einer dieser übergewichtigen jungen Dinger die sich wünschten so auszusehen wie die Missen der Wahl, sie konnte fast mit Miss Hawaii mithalten, weil sie die Tochter der Miss Hawaii von 1976 war.
„So meine Süße, hast du alles?“, fragte Keala Paia, die aus dem Haus zu ihrer Tochter kam.
„Ich denk‘, ich hab‘ alles. Bist du sicher, dass du die nächsten Wochen ohne mich im Laden klarkommst?“, fragte Ulani und schlug den Kofferraum zu.
„Ich denk‘ schon, aber mach‘ dir darüber keinen Kopf, ich kann auch kurzfristig jemanden einstellen, wenn es zu stressig wird. Genieß du deine zwei Wochen in Louisiana, du hast doch meine Freundin Betsy angerufen, dass du kommst, oder?“, fragte Keala.
„Ja, Mom, sie freut sich, dass ich so lang bei ihr wohne. Ich danke dir, für diese Chance, ich hab echt gedacht, ich müsste die ganze Zeit hier arbeiten und dann haben sie angerufen, ich bin so aufgeregt“, bemerkte Ulani und umarmte ihre Mutter.
„Ja, ich freu‘ mich auch für dich. Es ist so schade, dass dein Dad dich nicht verabschieden kann, du kannst ja noch mal an seinem Büro vorbeifahren und im kurz Auf Widersehen sagen, du hast ihn ja kaum gesehen seit du letzte Woche vom College heimgekommen bist. Ich weiß, du bist jetzt erwachsen, aber benimm‘ dich anständig, ja?“, bat Keala und Ulani lächelte.
„Natürlich Mum, das mach‘ ich doch immer. Ich hab dich lieb“, stieg sie in ihren alten Punto und fuhr los. Ihr Wagen machte seltsame Geräusche, als sie vor der Firma hielt, in der ihr Vater als Steuerprüfer arbeitete.
„Komm‘ schon, Burt, ich will diese Geräusche nicht von dir hören, wir haben noch einen langen Weg vor uns“, tätschelte Ulani das Armaturenbrett, bevor sie ausstieg. Sie trug einen Minirock und ein T-Shirt, weil es ziemlich heiß war. Als sie ein Schild an der Tür der Büroräume saß, schnaufte sie. Sie musste durch die Werkstatt der Firma.
„Hey Schneckchen, beweg deinen Hintern mal zu mir“, tönte ein Arbeiter in ihre Richtung, als sie vorbeiging.
„Aloha Prinzessin, Lust auf einen Tanz auf meinem Feuerstab?“, fragte ein anderer.
Ulani hasste diese Sprüche, aber sie war irgendwie zu schüchtern, um mit einem frechen Spruch zu kontern. Etwas schneller ging sie auf ihren Flipflops zu den Büroräumen.
„Ihr solltet entweder noch einen Eingang in die Büroräume schaffen, oder euren Gorillas Maulkörbe besorgen“, begrüßte sie ihren Vater, als sie in sein Büro kam.
„Ja, entschuldige, die Hitze lässt sie etwas durchdrehen um die Jahreszeit. Wolltest du nicht heute nach Louisiana fahren?“, fragte Kimo, der vertieft in seine Akten war.
„Deshalb bin ich hier, ich wollte mich verabschieden. Was ist mit dem Eingang passiert?“, fragte Ulani und schloss die Tür hinter sich.
„Keine Ahnung, war schon so, als ich gekommen bin. Du solltest dich nicht beschweren, so wie du rum läufst“, sah Kimo seine Tochter an.
„Dad, es hat fast 40°C, mir ist heiß“, erkannte Ulani.
„Ich hoffe, du hast noch Hosen dabei, ich hab‘ gehört die Jungs in Louisiana haben nur Blödsinn im Kopf“, bemerkte Kimo und Ulani rollte mit den Augen.
„Das sagst du von allen Jungs, ja ich hab‘ Hosen dabei. Also, komm‘ her, ich muss jetzt echt los, hab‘ nen langen Weg vor mir“, nahm sie ihren Vater in den Arm.
„Halt‘ an keiner Raststätte, wenn es dunkel ist, und grüß Betsy von mir“, bat Kimo.
„Ja, Dad, werde ich. Hab dich lieb, tschüss“, verabschiedete sich Ulani und ging wieder.
 
Als sie aus der Stadt fuhr, fiel ihr auf, dass sie seit ihrem Umzug nach Clayton nie den Staat verlassen hatte. Aufs College ging sie in Santa Fe und all ihre Freunde waren dort. Das würde eine ganz neue Erfahrung werden.
 
Es war mitten in der Nacht, als sie in Shreveport ankam. Sie war zwar gut durchgekommen, aber sie traute sich irgendwie nicht, bei Betsy so spät noch zu klingeln.
Als sie 15 Minuten der Überlegung draußen gestanden hatte, sprang die Tür auf.
„Wenn du noch länger da draußen stehen bleibst, nimmt dich der Müllwagen mit, der in zwei Stunden hier vorbeikommt“, bemerkte Betsy, die den Kopf aus dem Fenster streckte. Sie war eine typische Frau der Südstaaten.
„Hi, du bist wach? Ich war unentschlossen“, stotterte Ulani, die überrascht war, dass Betsy noch wach war.
„Das hab‘ ich gesehen. Ich schlaf‘ nie so kurz vor den Wahlen, komm‘ rein“, ging sie zur Haustür und öffnete ihr.
Als sie rein kam, sah sie etwas, was sie jetzt wirklich nicht erwartet hatte. Das ganze Haus war voll von hübschen jungen Frauen, die entweder irgendwelche Pailletten an Kleider nähten oder den perfekten Gang übten
„Wusste nicht, dass wir zwei Miss Hawaii dieses Jahr haben“, kam ihr eine junge Frau mit Südstaatenakzent entgegen.
„Nicht ganz, Katie, das ist Ulani, die Tochter ner Freundin, die arbeitet ab morgen hinter den Kulissen, sie ist die Tochter der Miss Hawaii von 1976, also behandelt sie mit Respekt“, bat Betsy und nahm der verwirrten Ulani ihren Koffer ab.
„Ist das ein Hotel?“, fragte Ulani verwirrt.
„Momentan schon, ich unterrichte die Missen, deine Mutter hat dir doch erzählt, dass ich 1976 Miss Louisiana war, oder? Nein, hat sie nicht, wir waren die härtesten Konkurrenten damals in der guten alten Zeit. Miss Alabama, Kopf hoch, das Buch darf nicht runterfallen“, bemerkte Betsy abgelenkt, als sie ins Wohnzimmer war, wo eine andere hübsche, junge Frau gerade ein Buch auf dem Kopf balancierte.
„Ich spreche die Mädchen mit ihrem Staat an, ich kann mir nicht alle Namen merken“, erklärte Betsy und stellte den Koffer vor einem Zimmer ab.
„Und was ist mit Katie?“, fragte Ulani, die immer verwirrter wurde.
„Den Namen meiner Tochter kann ich mir grad‘ noch merken. Wir fahren Morgen um acht Uhr los, du willst sicher noch etwas schlafen“, stieß Betsy die Tür zu dem kleinen Gästezimmer auf.
„Deine Tochter ist Miss Louisiana?“
„Wär ne Schande wenn nicht, bei den Genen. Gute Nacht“, bemerkte Betsy und flitzte ins Wohnzimmer.
„Gute Nacht“, erkannte sie kopfschüttelnd und ging ins Gästezimmer. Noch in ihren Anziehsachen schlief sie auf dem Bett ein. 

Zweites Kapitel


„Ulani, aufwachen, wir fahren in fünfzehn Minuten“, weckte Betsy ihren Gast am nächsten Morgen mit resoluter Stimme.
„Ja, komme“, grummelte sie und stand auf.
„Sieh mal an, wer da aus dem Bett geplumpst ist“, kam ihr Katie entgegen, die im schicken Kostümchen ins Wohnzimmer kam.
„Was ist mit dem Frühstück?“, fragte Ulani noch etwas verschlafen.
„Frühstück? Du bist echt keine Miss, Frühstück is‘ nich‘“, erkannte Miss Alabama und Ulani sah in die Runde. Alle waren sie noch fleißig am Trainieren.
„Du kriegst was in der Stadt, Kleines, zieh‘ das an, wir fahren gleich“, bemerkte Betsy und gab ihr einen Overall auf dem das Miss America Logo war.
„Ja, okay“, bemerkte Ulani und ging in ihr Zimmer um den Overall anzuziehen.
 
Es herrschte ein reges Treiben auf dem Wettbewerbsgelände. Lauter Schönheiten in kurzen Röcken und Männer mit Headsets schwirrten herum.
„Da hinten das Büro ist das Büro des Psychologen, du wirst ihm in den nächsten zwei Wochen assistieren“, erklärte Betsy und zeigte auf eine Tür.
„Warum trage ich einen Overall, wenn ich eine Assistentin bin?“, fragte Ulani, die mit den vielen Eindrücken etwas überfordert war.
„Dass keiner denkt du wärst eine Miss, und die Overalls sind pink, ist doch süß, oder?“, fragte Betsy und lächelte sie an.
„Ja, passt perfekt zu meiner braunen Haut. Wo find ich dich, wenn ich hier fertig bin?“, fragte Ulani und Betsy setzte auch ein Headset an.
„Wähle die 345, das ist meine Durchwahl“, erkannte Betsy.
„Okay, 345. Bye“, ging Ulani zu dem gesagten Büro.
„Hi, ich bin Ulani, Ihre neue Assistentin“, kam Ulani ins Büro.
„Holla, hübsches Fahrgestell. Du könntest eine von denen sein“, konterte der Psychologe und musterte sie.
„Danke, denke ich. Also, was hab ich zu tun?“, konterte Ulani, die sich etwas unwohl fühlte, dass der Mann mittleren Alters sie so genau betrachtete.
„Was so eine Assistentin so macht, Kaffee holen, Akten ablegen, vielleicht mal ein Händchen halten, bis ich zurück bin, du studierst doch Psychologie, oder?“, fragte der Psychiater.
„Ja, Sir, erstes Semester. Hab ich einen Tisch?“, fragte Ulani.
„Wenn man ihn so nennen kann, ja. Da hinten“, erwiderte der Psychiater und zeigte auf einen kleinen weißen Klapptisch im Eck.
„Kommt darauf an, was ich daran tun muss, aber es ist mein erster Arbeitsplatz, also wird es reichen für den Anfang. Wie ist eigentlich Ihr Name?“, fragte Ulani und stellte ihre Tasche auf ihren kleinen Tisch.
„Lesen können Sie wohl nicht, steht an meiner Tür. Ich muss jetzt los, ich hab ein kleines Drama in einer Umkleide, das ich beheben muss. Ich hab‘ heut Morgen drei Termine, die kommen aber erst gegen später. Wenn aber doch jemand reinkommt, Durchwahl 236, das ist mein Pager. Noch Fragen?“, fragte der Psychiater.
„Nein, alles Bestens“, bemerkte Ulani.
„Bestens, bis später“, ging der Psychiater wieder.
„Oh man, ich werde ja hier nur so überhäuft von Liebe. Also, wie ist Ihr Name?“, sah sich Ulani um, um zu sehen, wie der Kerl hieß.
„Dr. Brownswick, geht doch, die Höflichkeit geht im Mediengeschäft ziemlich unter, wie mir scheint. Zumindest weiß ich jetzt, warum ich einen Overall tragen muss, der Kerl ist flink mit seinen Augen“, dachte sie und setzte sich an ihren Schreibtisch.
Sie war gerade mal 10 Minuten an diesem Tisch, als eine Miss rein kam.
„Wo ist Dr. Brownswick? Ich hab einen Nervenzusammenbruch“, bemerkte die Miss, die eigentlich ganz ruhig schien.
„Er ist unterwegs, aber setzen Sie sich, vielleicht kann ich Ihnen helfen“, bat sie ihr freundlich einen Stuhl an.
„Wie kann er weg sein? In der Broschüre steht, er ist 24 Stunden am Tag für unsere seelischen Probleme zuständig“, nörgelte die Miss und schlug genervt ihre langen Beine übereinander.
„Genau das ist das Problem, er hilft gerade einer anderen Miss mit einem richtigen Nervenzusammenbruch, Sie brauchen nur jemand zum Reden. Also, was ist los? Reden Sie mit mir“, bat Ulani und setzte sich neben sie.
„Wer sind Sie?“, fragte die Miss zerstreut.
„Dr. Brownswicks Assistentin, das ist mein erster Tag“, erkannte Ulani.
„Ich würde lieber mit Dr. Brownswick sprechen“, bat die Miss.
„Gut, dann ruf ich ihn an“, erkannte Ulani und wählte die Durchwahl.
„Dr. Brownswick, wir haben eine Klientin“, telefonierte Ulani mit dem Doktor.
„Ich kann hier grad‘ nicht weg“, bemerkte der Doktor und sie hörte ein Klirren.
„Was ist bei Ihnen los?“, fragte Ulani.
„Miss Idaho spielt Naomi Campbell, sie hat ne gute Wurfhand. Schreiben Sie auf, ich brauch‘ eine von diesen Polizei-Demonstrationsschutzschildern. Das ist lebensgefährlich hier. Sie soll in einer Stunde noch mal kommen“, konterte der Doktor und legte wieder auf.
„Er hat grad‘ nicht so viel Zeit, könnten Sie in einer Stunde noch mal kommen?“, fragte Ulani die Miss.
„Na wunderbar, die sollten die Broschüre echt ändern. Ich komme wieder“, ging die Miss genervt aus der Tür.
„Es gibt kein Business wie das Showbusiness, die sind alle verletzlich, aber sie würden lieber sterben, als das zuzugeben“, erkannte ein junger Mann, der durch die offen gebliebene Tür kam. Er trug auch einen Overall und eine Kappe auf der „Crew“ stand.
„Wer bist du, der hauseigene Philosoph?“, fragte sie keck.
„Manchmal, ich gehör‘ zum Aufbauteam. Du bist also die Assistentin von Grabscher Brownswick?“, fragte der junge Mann und kam zu ihrem Tisch.
„Fürchte schon, die hatten wohl kein Geld für einen anständigen Psychologen, was? Ich bin Ulani“, streckte Ulani ihm ihre Hand entgegen.
„Zeb, und ja. Das Equipment dieses Jahr ist echt immens teuer“, entgegnete Zeb und nahm ihre Hand.
„Ist es das nicht jedes Jahr. Du arbeitest schon länger hier?“, fragte Ulani und Zeb setzte sich zu ihr.
„Das ist mein drittes Jahr, ich bin nicht schwul, ich mach‘ das nur, weil ich das Geld brauche und dieser rosa Overall steht dir wirklich besser als mir. Warum trägst du eigentlich einen Overall? Das brauchst du eigentlich nicht“, erkannte Zeb.
„Betsy hat ihn mir gegeben, hab einen Rock angehabt, jetzt wo ich von den flinken Fingern des Doktors erfahre, bin ich ganz froh drum. Irgendwelche Tipps für einen Neuling?“, fragte Ulani und sah ihn an.
„Wenn du Kaffee willst, bring dir deinen eigenen mit, sei immer nett zu den Missen, ich weiß wird hart und ganz wichtig, besorg dir so schnell wie möglich ein Namensschild, die nennen mich immer noch „Du da“ weil ich am Anfang kein Namensschild getragen hab. Sonst kannst du mich immer fragen, ich arbeite in Sektor B. Ich muss jetzt wieder los, war nett dich kennen gelernt zu haben“, erkannte er und ging wieder.
„Gott sei Dank, eine mitfühlende Person. Ich könnte jetzt echt einen Kaffee vertragen“, redete sie mit sich selbst und ging mit einem Becher aus dem Regal nach draußen. Sie fand wirklich keinen Platz, wo sie Kaffee kriegen konnte.
„Ist zwar nicht mehr so heiß, aber schmeckt noch“, kam Zeb mit einer Thermoskanne von hinten an sie ran und schenkte ihr ein.
„Danke Zack, den kann ich jetzt echt gut gebrauchen“, freute sie sich.
„Zeb, mein Name ist Zeb!“
„Tut mir Leid, Zeb, natürlich. Wohnst du hier Zeb?“, fragte Ulani neugierig.
„Ich komm aus Flagstaff, ich fahr jedes Jahr mit meinem Bruder mit zu den Misswahlen, er ist hier der Koordinator der Show. Ach ja, er ist schwul, aber gibt das nicht zu, Idiot, das ist heut‘ zu Tage doch kein Problem mehr. Jeder weiß es, nur er will es nicht wahrhaben. Was auch immer, ist nicht mein Problem. Wenn du noch eine Tasse willst, komm‘ einfach zu mir. Bis später“, ging er weiter.
„So, hier bin ich. Wo ist die Drama Queen?“, kam Dr. Brownswick zurück, als sie eine Weile im Büro gesessen hatte.
„Müsste bald wiederkommen. Ich will ja nicht undankbar klingen, aber ich hab‘ hier so gar nichts zu tun“, erkannte Ulani.
„Ja, klar, ich hab dir auch noch nichts gegeben. Hier sind die Akten der Missen, sortier‘ sie, danach find‘ ich was anderes für dich“, entschied er.
„Ja, danke. Ich kann auch mit den Missen sprechen, ich bin ja Psychologie-Studentin und kann gut mit Leuten“, schlug Ulani vor.
„Das ist zwar lieb gemeint, Kleines, aber so weit bist du noch nicht. Siehst du die Narbe hier hinten in meinem Nacken, da hat mir vor zwei Jahren eine Miss meinen Brieföffner rein gerammt, wäre fast verblutet“, zeigte Dr. Brownswick ihr eine lange Narbe in seinem Nacken.
„Autsch, Sie könnten einen Bodyguard gebrauchen“, erkannte sie überrascht.
„Da kannst du Recht haben, aber das Budget ist ja so klein, weil sie so viel für die Deko ausgeben, das ist fast schon lächerlich. Wenn du Fragen hast was den Beruf des Psychologen angeht, kann ich da gern helfen“, bot sich Dr. Brownswick an und strich dabei über ihre Schulter.
„Danke, Doktor, das wäre nett. Im Moment nicht, danke“, bemerkte sie und rutschte zur Seite.
„Gut, du weißt ja, wo du mich findest“, erkannte der Doktor und sie lächelte gequält.
 
Es wurde ein langer Arbeitstag. Als sie Betsy unter ihrer Durchwahl nicht erreichte, ging sie einfach los, sie zu suchen.
Als sie hinter einem Vorhang lang lief, hielt sie ein Sicherheitsbeamter auf.
„Warten Sie, Ausweis“, bemerkte der Sicherheitsbeamte etwas schroff.
„Ich hab noch keinen, ist mein erster Tag“, bemerkte sie stotternd.
„Ohne Ausweis kommen Sie hier nicht weiter, Kleines“, entgegnete der Sicherheitsbeamte.
„Sie gehört zu mir, Bronson, schon gut“, erkannte Zeb, der hinter dem Sicherheitsbeamten stand.
„Ich weiß, die kleine Tunte die sich dein Bruder nennt hat hier was zu sagen, aber schlepp‘ deine Mädels nicht ständig hierher, bitte“, bat Bronson und ließ sie passieren.
„Du hast schon wieder meinen Tag gerettet, danke. Ich suche Betsy“, erkannte Ulani und ging zu Zeb.
„Du kennst Betsy? Sie ist ein Miststück“, erkannte Zeb, der gerade etwas festband.
„Ich wohn‘ momentan bei ihr, sie ist okay, etwas schräg drauf, aber okay. Also, hast du sie gesehen?“, fragte Ulani.
„Sie ist auf der Bühne mit Clifford, am Perfektionieren, wie sie es nennen. Komm‘, ich bring‘ dich zu ihr“, erkannte Zeb und führte sie auf die Bühne.
„Zeb, wie oft hab ich dir gesagt, du sollst Backstage bleiben?“, kam ein Mann mittleren Alters zeternd zu Zeb.
„Du sagst, er will es verstecken? Er sieht aus, als hätten Boy George und Cher ein Kind gezeugt“, erkannte Ulani und Zeb grinste.
„Nein Zeb, ich weiß es ist deine Masche deine Girlies auf die Bühne zu bringen, aber wir brauchen hier absolute Ruhe mit den Mädels“, erkannte Clifford aufgebracht.
„Ja, das hast du mir deutlich klar gemacht, Cliff, die Kleine will zur Drama Queen“, erklärte Zeb.
„Betsy, was soll das, seit wann haben wir zwei Miss Hawaii, findest du das witzig?“, fragte Clifford mit einer schrillen Stimme und Betsy kam zu ihnen.
„Wir können dir vermutlich eine Tüte über den Kopf ziehen, das würde deiner Grazie keinen Abbruch tun. Sie ist die Tochter einer Freundin, sie arbeitet seit heute hier als Assistentin. Du hast noch keinen Ausweis, Kleines, tut mir leid, das hab‘ ich heut‘ im Trubel ganz vergessen. Die Regeln haben sich seit letztem Jahr nicht geändert Cliff, keine Sorge“, nahm Betsy, Ulani zur Seite.
„Sie ist einfach graziös, Betsy, wenn du sie unter deine Fittiche nehmen würdest, wäre sie nächstes Jahr hier dabei“, erklärte Cliff, der angetan war von der jungen Frau vor ihm.
„Ihre Mutter will das nicht, du kennst sie sicher noch, Miss Hawaii von 1976“, erklärte Betsy.
„Keala Hilo, ich wusste doch, ich kenn dieses Gesicht irgendwo her. Gott sei Dank hat bei ihr kein Autohändler aus Detroit in ihrem Genpol mitgewirkt wie bei deiner Tochter, sie ist rein hawaiianisch, das seh‘ ich genau“, war er begeistert.
„Meine Tochter ist Miss Louisiana, vergiss das nicht, Cliff“, erkannte Betsy und sah zu ihrer Tochter.
„Weiter wird sie aber nicht kommen mit dieser Hakennase, meine Liebe, das ist sicher“, entgegnete Cliff und tänzelte zurück zu den Ladies.
„Lass dir nichts einreden, Betsy, Katie ist eine Schönheit, die packt das schon“, entgegnete Ulani beruhigend.
„Ich weiß, dafür werde ich schon sorgen. Er hat aber schon Recht, aus dir könnte man echt was machen“, tätschelte Betsy ihre Wange und ging zurück zu den Missen.
„Ganz sicher nicht, die armen Mädchen haben sicher seit zwei Tagen nichts mehr gegessen, man kann nur warten, bis die erste umkippt. Gibt es eine Möglichkeit, sie da wegzulocken, dass sie mich heimfährt?“, fragte Ulani kopfschüttelnd.
„Das kannst du vergessen. Ich hab‘ jetzt auch Feierabend, ich könnte dich fahren“, schlug Zeb vor.
„Das ist nett, danke, aber ich fahr‘ nicht mit Kerlen irgendwo hin, die ich nicht kenne“, lehnte sie höflich ab.
„Hi, ich bin Zebedee Strickland, bin 20 Jahre alt, komme aus Flagstaff und hab Elton John zum Bruder, was musst du noch wissen?“, fragte Zeb cool.
„Okay, du kannst mich heimfahren“, bemerkte sie und ging mit ihm mit.
 

Drittes Kapitel


Als Betsy an diesem Abend heimkam, erwischte sie ihren Gast auf dem Sofa beim wilden Knutschen mit Zeb.
„Kannst du mir verraten, was du da machst, Zeb?“, zeterte Betsy und die beiden rutschten auseinander.
„Sie haben eine Tochter, Sie müssten das eigentlich wissen“, bemerkte Zeb cool.
„Werde nicht frech, Freundchen, ich hab ihrer Mutter versprochen, dass ich auf sie Acht gebe und damit hat sie vor allem so was gemeint“, erkannte Betsy und zeigte auf die Szene.
„Gott sei Dank bin ich erwachsen, das geht weder meine Eltern noch dich was an. Okay Zeb, ich ruf dich an, du solltest gehen“, bat Ulani und Zeb ging zügig von dannen.
„Ich hoffe, du bist jetzt glücklich, ich wollte nur etwas Spaß. Ich geh ins Bett, ich bin müde“, grummelte Ulani und ging in die Richtung des Gästezimmers.
„Ulani?“, hielt Betsy sie kurz auf.
„Was?“, fragte sie schroff.
„Wenn du Hosen anziehst, kannst du morgen auch ohne den Overall bei der Arbeit erscheinen“, erkannte Betsy.
„Gut, Rosa steht mir so gar nicht. Bis morgen“, knallte sie die Tür hinter sich zu.
 
Am nächsten Morgen stand Ulani zeitig auf und zog eine Jeans und eine biedere Bluse an. Sie wollte verhindern, dass der Doktor was zum Glotzen hatte.
„Du siehst erwachsen aus, richtig seriös. Hier ist dein Ausweis“, bemerkte Betsy und hang ihr den Ausweis um den Hals.
„Danke, vielleicht könntest du mich heute auch so behandeln. Lass mich raten, Frühstück is‘ wieder nich‘?“, fragte Ulani und steckte das Band des Ausweises hinter ihren Kragen.
„Steht auf dem Küchentisch, die Missen sind heut nicht da. Du hast Recht, du bist erwachsen, ich werde deiner Mutter nichts davon erzählen, was da gestern passiert ist“, erkannte Betsy und Ulani setzte sich an den Küchentisch.
„Gut, das will ich dir auch geraten haben. Klasse, Rührei, ich hab‘ Hunger“, entgegnete Ulani und begann zu Essen.
„Ja, du hast wirklich nicht viel zu essen bekommen, ich bin gewohnt nur Missen um mich herum zu haben, die nichts Essen, tut mir leid. Mach‘ dir doch ein Brot zum Mittagessen, ich hab auch noch Hähnchen im Kühlschrank“, erkannte Betsy.
„Danke, klingt gut. Wo ist Katie?“, fragte Ulani mampfend.
„Im Hotel, sie will auch bei den Missen wohnen, frag‘ mich nicht wieso. Irgendwas mit Zusammenhalt oder so. Schmeckt es dir?“, fragte Betsy.
„Ich hab seit zwei Tagen nichts zu essen bekommen, ich würde sogar Hundefutter essen“, entgegnete Ulani essend.
„Tut mir wirklich leid. Wie wäre es, wenn wir beiden heute Abend zusammen essen gehen würden?“, schlug Betsy vor.
„Das musst du nicht aus Schuldgefühlen machen, Betsy, mir geht es gut. Ich kann auch selbst was einkaufen und kochen, du musst mich nicht bemuttern“, erkannte Ulani freundlicher.
„Nein, schon gut, ich hab deiner Mutter versprochen, dass ich für dich sorge, ich werde wieder kochen, ich freu mich doch, wenn jemand mitisst. Katie isst schon seit ihrem 14. Lebensjahr nichts mehr Gescheites. Ich muss verdammt aufpassen, dass sie nicht in die Magersucht abrutscht. Ich weiß, es sieht so aus, als wäre ich einer dieser Eiskunstlaufmütter, aber ich will nur das Beste für sie, ich möchte, dass sie das bekommt was ich nie hatte. Welche Mutter will das nicht?“, fragte Betsy und Ulani hörte auf zu Essen.
„Meine Mutter. Sie wollte mich immer von diesen Wahlen fernhalten, sie ist immer noch nicht begeistert, dass ich mich dafür begeistere. Vermutlich hat sie ihre Zeit im Rampenlicht nicht in guter Erinnerung“, entgegnete Ulani.
„Das glaub ich nicht, sie hat mich ausgestochen damals und ich war eine wahre Schönheit. Doch dann hat sie plötzlich aufgehört, ich weiß auch nicht wieso“, entschied Betsy.
„War das so vor ungefähr 20 Jahren?“, fragte Ulani schlussfolgernd.
„Genau, weißt du, was da passiert ist?“, fragte Betsy neugierig.
„Ja, ich bin passiert, ich werde bald 20 Jahre alt“, erkannte Ulani erklärend.
„Oh ja klar, da musste sie ja heiraten, blöde Sache. Frag‘ mich nur, warum sie es nie bei den Misses Wahlen versucht hat, ich bin drei Mal angetreten“, erklärte Betsy.
„Schön für dich, meine Mutter hat eben mich aufgezogen, statt ihre Tochter bei einer Nanny abzustellen“, erkannte Ulani cool.
„Willst du was damit andeuten?“, fragte Betsy etwas beleidigt.
„Nur ne Feststellung, hier hängen überall Bilder von Katie mit einer Frau, die nicht ihre Mutter ist, und ich glaube nicht, dass du viele Freundinnen hast, so wie du dich im Beruf verhältst. Also kann das nur die Nanny sein, weil du ein Einzelkind bist“, schlussfolgerte Ulani und aß weiter.
„Man, ich hab‘ vergessen, dass du Psychologie studierst, du bist gut“, fühlte sich Betsy ertappt.
„Das sind nur Fakten, das hat nichts mit meinem Studium zu tun. Wir müssen langsam los“, erkannte Ulani und drückte ihr den Teller in die Hand.
„Klar, wird Zeit. Warte am Auto, ich komm‘ gleich“, stotterte Betsy etwas überrumpelt.
„Geht klar, bis gleich“, entgegnete Ulani, nahm ihre Tasche und ging zum Wagen.
 
Als sie an diesem Nachmittag an Zeb vorbeilief, grüßte sie ihn nur und ging weiter. Betsy beobachtete das zufällig.
„Hey, warte mal kurz, Kleines. Was ist mit Zeb und dir? Ist das schon vorbei?“, fragte Betsy verwundert.
„Wenn da was gewesen wäre, schon. Das war ein Flirt, nichts weiter, wir haben uns heut‘ Morgen getroffen und alles besprochen. Ich bin nicht einer deiner Mädchen, die heulend zusammenbricht, wenn so was passiert. Wir sind beide erwachsen“, konterte Ulani gelassen.
„Man, du bist mir ein wenig zu Erwachsen für meinen Geschmack. Wir werden heute Abend Essen gehen und darüber reden“, bat Betsy.
„Meinetwegen, wenn du unbedingt willst. Hol‘ mich im Büro ab“, gab Ulani nach und ging ins Büro zurück.

Viertes Kapitel


Beim Abendessen beim Chinesen sprachen die beide nicht besonders viel miteinander.
„Du willst nicht darüber reden, oder?“, fragte Betsy.
„Nein, nicht wirklich“, war Ulani wortkarg und stocherte mit ihrem Stäbchen in den Nudeln herum.
„Schmeckt es dir nicht?“, fragte Betsy.
„Bin eher ein Fan von indischem Essen, ist aber nett. Was macht Katie heut‘ Abend, ein Tic Tac auslutschen?“, fragte Ulani und Betsy lächelte.
„Hey, du kannst ja witzig sein. Ich hab keine Ahnung was meine Tochter macht, vermutlich hat es was mit ihrem Aussehen zu tun. Du bist so hübsch, du solltest wirklich ne Miss werden“, betrachtete Betsy ihren Gast.
„Nein, ich will wirklich keine Schönheitskönigin werden, danke. Dafür esse ich viel zu gern. Ich werde langsam müde, wir sollten gehen“, schlug Ulani vor, weil sie sich nicht wohl fühlte, wie Betsy sie musterte.
„Sicher, war sicher ein langer Tag für dich. Ich geh‘ kurz zahlen, bleib‘ du einfach hier“, stand Betsy auf und ging zum Tresen.
Ulani fühlte sich unwohl, dass sie ständig auf ihr Aussehen angesprochen wurde in dieser Stadt. In Clayton war sie auch nicht unbeliebt, aber dieses ständige Anstarren war irgendwie gruselig.
Durch die ganze Arbeit verging die Zeit so schnell. Ganz schnell war der Tag der Misswahl gekommen. Hinter den Kulissen rannten alle wie wilde Hühner herum. Ulani war mittendrin im Trubel, weil sie Dr. Brownswick etwas bringen musste. An einer engen Stelle rannte sie in Zeb.
„Hey, wohin so eilig?“, fragte Zeb erfreut sie zu sehen.
„Tut mir leid, ich hab jetzt überhaupt keine Zeit für dich, Dr. Brownswick braucht dringend was. Bis später“, eilte sie von dannen.
„Das hättest du jetzt nicht sagen sollen“, erkannte Zeb in einer seltsamen Stimmlage und sah ihr hinterher.
„Da bist du ja endlich, die schlucken die Pillen wie Bon Bons, ich weiß auch nicht. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie mit dreißig einen Marilyn Monroe mäßigen Abgang machen“, erkannte Dr. Brownswick gestresst und nahm die Schachteln mit Valium entgegen.
„Brauchen Sie einen Kaffee, Sir?“, fragte Ulani höflich.
„Ja, das wäre klasse Süße, schwarz, drei Stück Zucker, das wird ein langer Abend“, bedankte sich Dr. Brownswick und sie ging zum Kaffeeautomaten, weil sie endlich wusste, wo der stand.
Am Kaffeeautomaten stand wieder Zeb.
„Hey, folgst du mir?“, fragte Ulani und ging an den Automaten.
„Wir müssten über uns reden, aber nicht hier“, bat Zeb nervös.
„Ich hab gesagt, ich hab keine Zeit dafür, aber vielleicht nach der Show“, bat Ulani.
„Komm‘ mit“, zerrte Zeb sie hinter einen Vorhang.
„Au, ich hab‘ den Kaffee verschüttet. Ich dachte, das mit uns hätten wir geklärt, da war nichts Besonderes“, wurde Ulani sauer.
„Verzeih‘ mir, bitte“, bat Zeb und zog sie an sich.
„Was machst du, bitte lass‘ mich los“, bat sie.
„Tut mir leid, das kann ich nicht“, erkannte er und drückte ihr ein Tuch ins Gesicht. Eine Minute später lag sie bewusstlos in seinem Arm.
 
Als sie wieder zu Bewusstsein kam, lag sie mit offener Hose und wilder Frisur auf dem Boden hinter dem Vorhang. Von weitem hörte sie, wie die Gewinnerin durchgesagt wurde. Sie musste also mindestens 3 Stunden ohnmächtig gewesen sein. Sie begann zu weinen. Verschwommen sah sie, wie eine Person zu ihr kam.
„Bitte, tu mir nichts, bitte“, flehte sie weinend.
„Ulani, bist du das, ich bin es Dr. Brownswick, was ist dir passiert, Kind?“, fragte der Arzt fürsorglich.
„Ich weiß es nicht“, schluchzte sie und der Doktor half ihr auf.
„Setz‘ dich da hin, ich werde einen Arzt holen“, versprach er und setzte sie auf einen Stuhl.
 
„Okay, Sie wurden nicht vergewaltigt, Miss Paia, das können wir ausschließen. Wir haben einen hohen Anteil am HcG-Hormon in ihrem Blut festgestellt, sie wollen eine Eizelle spenden oder schwanger werden?“, fragte die Ärztin, als sie Ulani später untersuchte.
„Nein, ganz sicher nicht. Warum habe ich ein Hormonpräparat im Körper, das versteh‘ ich nicht. Haben Sie ihn schon gefangen?“, fragte Ulani durcheinander.
„Wir sind zu seiner Wohnung gefahren, haben ihn aber nicht mehr angetroffen. Es ist seltsam, er hatte bis heute eine reine Weste, Vergewaltiger fallen sonst früher als Spanner oder so auf, aber der Kerl nicht. Er hat nicht mal einen Strafzettel, und da es in Ihrem Fall nicht wirklich um eine Vergewaltigung geht, haben wir keine Beweismittel um ihn zu verhaften. Tut mir leid, dass ich Ihnen keine besseren Nachrichten geben kann“, erklärte eine Polizistin in Zivil, die bei der Untersuchung anwesend war.
„Heißt das, der kommt damit durch?“, fragte Ulani weinerlich.
„Sieht so aus, Miss Paia, aber wir gehen dem nach. Können wir jemand anrufen, der Sie abholt?“, fragte die Polizistin.
„Nein, ich bin nicht von hier, ich werde in zwei Tagen nach Hause fahren, finden Sie den Mistkerl, das ist alles was ich will“, bat Ulani.
„Sicher, das werden wir. Es tut mir leid, dass Sie so schlechte Erinnerungen aus unserer Stadt mitnehmen, ich versichere Ihnen, dass das noch nie passiert ist“, erklärte die Polizistin.
„Passen Sie bloß auf die anderen Mädchen auf, solang er noch frei ist. Könnten Sie mich jetzt zu meiner Bekannten fahren, ich würde gern schlafen“, bat Ulani und nahm ihre Hose, die neben dem Untersuchungstisch lag und zog sie an.
„Sie müssen noch die Entlassungspapiere unterschreiben, dann können Sie von mir aus gehen. Sie sollten trotzdem bei Ihnen zu Hause psychologische Hilfe in Anspruch nehmen“, erkannte die Ärztin und Ulani zog ihre Bluse an.
„Ich werde selbst Psychologin, ich komm schon klar damit“, erwiderte Ulani und tat ihre Uhr um.
„Es kann trotzdem nicht schaden, da lernen Sie noch was. Hier haben Sie noch ein Rezept für ein Medikament, das ihren Hormonspiegel wieder senken soll, ich hab echt keine Ahnung, wie das in Ihren Körper gekommen ist“, erkannte die Ärztin.
„Kann so was auch durch eine Flüssigkeit verabreicht werden?“, fragte Ulani und schlüpfte in ihre Flip Flops.
„Ja, es sind ziemlich alle Verabreichungsmethoden möglich, fällt Ihnen was ein?“, fragte die Ärztin und die Polizistin zückte ihren Bleistift.
„Nein, im Moment ist das nur ne Ahnung, ich melde mich, wenn mir es einfällt“, band sie ihre Haare hoch.
„Sie melden sich auch, wenn er bei Ihnen auftaucht, bitte“, bat die Polizistin.
„Natürlich Officer, obwohl ich nicht denke, dass er weiß, wo er mich finden wird“, entschied sie und nahm ihre Tasche.

Fünftes Kapitel

 


„Verdammt, wo warst du Kind, ich hab dich gesucht bei der Arbeit, warst du schon wieder bei Zeb?“, fragte Betsy, als sie vor der Tür stand.
„Du hast es nicht mal mitbekommen, das überrascht mich nicht. Ich geh‘ ins Bett, ich muss morgen noch ne Menge tun“, nörgelte Ulani und ging in die Richtung ihres Gästezimmers.
„Warte mal, bist du von der Polizei gebracht worden? Was hast du gemacht?“, fragte Betsy, als sie aus dem Fenster sah.
„Frag‘ deinen Koordinator. Gute Nacht“, bemerkte Ulani und ging ins Gästezimmer.
Eine Stunde später klopfte jemand sanft an ihre Tür.
„Ich schlafe“, rief Ulani, die auf ihrem Bett saß und lernte.
„Tut mir leid, dass ich nicht auf dich aufgepasst hab“, entschuldigte sich Betsy und öffnete die Tür.
„Ich bin erwachsen, ich komm damit klar“, versprach Ulani und Betsy kam zu ihr.
„Ich hatte heute nur meine Tochter im Kopf, ich hab‘ dich vernachlässigt, tut mir leid. Ich hab‘ grad rum telefoniert, da hab ich erfahren, was dir passiert ist. Ich hab nicht gewusst, was für ein Freak Zeb ist, ich kenn‘ ihn seit Jahren, er ist sonst ein guter Junge. Ich würde das eher seinem Bruder zutrauen. Das ist echt ganz merkwürdig. Lernst du?“, fragte Betsy und setzte sich zu ihr aufs Bett.
„Ja, ich hab viel weniger gelernt als ich hier geplant hatte, ich schreib‘ nach den Frühlingsferien eine Klausur. Man, es ist schon ziemlich spät, es ist verdammt spät, man es ist schon halb drei, ich sollte schlafen“, legte sie ihren Bleistift weg.
„Du kannst nicht schlafen oder? Das konnte ich damals auch nicht, einige Tage lang. Du spürst seine Hände die ganze Zeit, du kannst nicht genug duschen. Ich war damals etwas jünger als du jetzt, aber das war nicht weniger schlimm“, erklärte Betsy.
„Ich wurde nicht vergewaltigt, nicht so richtig, ich wurde eher angegriffen. Tut mir leid für dich“, konterte Ulani müde.
„Ist fast 30 Jahre her, inzwischen kann ich wieder schlafen. Vor allem auch deswegen“, zog sie eine Waffe aus ihrem hinteren Hosenbund.
„Man, das ist eine Waffe, das hab ich bei dir jetzt echt nicht erwartet“, war Ulani überrascht.
„Ich hab als Erstes an meinem 18. Geburtstag das Ding besorgt. Mein Mann war fast nie zu Hause, ich hab‘ eigentlich schon immer allein gelebt, auch als Katie dann kam und mein Mann uns verließ. Leg sie heute Nacht an deinen Nachttisch, knall‘ bloß keinen damit ab“, bat Betsy und legte Ulanis Lernzeug zur Seite, dass sie sich hinlegen konnte.
„So war das alles nicht geplant, ich wollte meine ersten Frühlingsferien lieber mit etwas verbringen was mir Spaß macht, anstatt in Fort Lauderdale oder Mexiko vergewaltigt zu werden. War wohl die falsche Wahl, was?“, fragte Ulani zusammen gekauert und begann zu weinen.
„Hey, komm‘ her, ganz ruhig, es wird alles wieder gut“, setzte sich Betsy aufs Gästebett und hielt Ulanis Kopf in ihrem Schoß, bis sie eingeschlafen war.
 
„Hey, du musst nicht hier sein, Kleines, ich schaff‘ das schon alleine“, entgegnete Dr. Brownswick, als sie am nächsten Tag im Büro half.
„Ich muss was tun, sonst denke ich zu viel nach. Ich hab Ihnen noch gar nicht gedankt, dass Sie mir gestern geholfen haben“, bemerkte Ulani etwas durcheinander.
„Ich konnte ja nicht viel tun. Aber ich kann dir nachher in der Funktion des psychologischen Beraters zur Seite stehen, wenn du das willst“, erkannte der Doktor.
„Danke für das Angebot, aber Betsy macht heut‘ Abend eine kleine Abschiedsfeier / Feier für die Verlierer in ihrem Haus, und ich muss vorher noch viel besorgen“, erkannte Ulani.
„Du musst aber in Behandlung gehen, ich hab schon stärkere Frauen an so was zerbrechen sehen. Wir haben veranlasst, dass Zeb keine Einrichtungen der Gesellschaft mehr betreten darf. Cliff Strickland ist seit gestern auch abgetaucht, aber er ist so, er taucht immer ab, sobald die Show gelaufen ist. Vielleicht steckt auch er dahinter, er ist so seltsam. Du hast ihn ja kennen gelernt. Okay, war nur ein Angebot“, erwiderte Dr. Brownswick und sie bedankte sich.
 
Am Abend feierten sie im Garten von Betsys Haus eine Party. Es war eigentlich eine angenehme Stimmung, bis Cliff Strickland die Party betrat.
„Was macht der denn hier, ich hatte ihn doch ausgeladen“, bemerkte Betsy gereizt und Ulani ging erschreckt einen Schritt zurück, als sie Cliff sah.
„Cliff, ich dachte ich hätte mich klar ausgedrückt, ich will dich hier nicht haben“, ging Betsy auf Cliff zu.
„Du bist so ein Scherzkeks, also echt. Also, wo sind die Mädels?“, entgegnete Cliff amüsiert.
„Das war kein Witz, verzieh‘ dich“, bat Betsy mit ernstem Ton.
„Langsam ist das nicht mehr witzig, Betsy, du machst mir Angst“, belächelte Cliff die Situation.
„Wo ist Zeb, wo ist dein Bruder?“, fragte Betsy.
„Er ist gestern Abend nach Hause gefahren, er wollte mit meinem Vater angeln fahren, das macht er eigentlich immer. Was hat er gemacht?“, fragte Cliff unwissend.
„Verschwinde einfach, Cliff, tu mir bitte den Gefallen“, bat Betsy und Cliff ging kopfschüttelnd zurück zu seinem Wagen.
„Danke, ich fühl‘ mich einfach nicht wohl in seiner Anwesenheit, ich weiß nicht wieso. Okay Mädels, davon lassen wir uns doch nicht die Stimmung vermiesen, oder?“, erkannte Ulani in die Runde und die Feier konnte weiter gehen.
 
Tags drauf packte sie ihre Sachen wieder, um wieder nach Hause zu fahren. Obwohl es immer noch heiß war, war sie mit langer Hose und dünnem Pullover bekleidet.
„Hey, ich hab dir noch was zum Essen eingepackt, wird ne lange Reise für dich. Sag‘ deiner Mutter, dass es mir leid tut, was hier mit dir passiert ist“, erkannte Betsy, die zu ihr zum Auto kam und ihr eine Tüte reichte.
„Ich werde ihnen nichts sagen, ist ja nichts passiert. Danke, da spar‘ ich ein bisschen Geld. Ich ruf‘ dich an, wenn ich zu Hause bin, danke, dass du mich aufgenommen hast“, umarmte sie ihre Bekannte und stieg in ihren Wagen.
 
Auf halber Strecke machte sie Rast. Sie stand an der Kasse an und betrachtete einen Mann der an dem Kaffeeautomaten der Raststätte stand.
„Der Kaffee, natürlich“, bemerkte sie laut und die Leute drehten sich zu ihr um.
Sie trat aus der Schlange aus, legte den Schokoriegel zurück, den sie kaufen wollte, und ging zu einer Telefonzelle.
„Officer Sanchez, ich weiß jetzt, wie ich die Hormone ohne mein Wissen genommen haben kann, glaub‘ ich“, rief sie die Polizistin an, die sie tags zuvor befragt hatte.
„Das ist eine gute Nachricht, also?“, fragte die junge Polizistin erfreut.
„Kaffee. Er hat mir ständig seinen Kaffee angeboten, ich hab mir nie was dabei gedacht“, erklärte sie.
„Danke, das erklärt das wie, aber immer noch nicht das Wieso. Das finde ich schon raus, Miss Paia, sind Sie schon wieder zu Hause?“, fragte die Polizistin.
„Auf dem Weg dahin. Okay, das wollte ich ihnen nur sagen, auf Wiedersehen“, legte sie nachdenklich wieder auf.
Auf dem ganzen restlichen Weg nach Hause dachte sie darüber nach, wie sie das vor ihren Eltern geheim halten konnte, was auch immer da gewesen war. Sie fühlte sich unwohl bei Berührungen und war ziemlich schreckhaft. Aber es war ja nur eine Woche, dann ging sie wieder ins Wohnheim am College. 

Sechstes Kapitel

 


10 Jahre später, genau am 10. März 2008 wachte Ulani Paia in ihrem Bett in ihrem Apartment auf. Sie wohnte jetzt mit ihrem Schäferhund Ludwig und ihrer Katze Freud in Santa Fe. Sie war nach langem Studium eine erfolgreiche Psychologin mit ihrer eigenen Praxis. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz vor acht Uhr morgens. Ludwig schlief noch zu ihren Füßen und Freud machte Lärm in der Küche.
„Freud, du musst mir nicht immer demonstrieren, dass ich dich vernachlässige, ich hab genug Schuldgefühle“, murmelte sie und ging in die Küche, in der ihr Kater den Vorratsschrank auf den Kopf stellte.
„Hey Kleiner, ich hab die Katzennahrung nach oben gestellt, ich bin doch nicht blöd. Ich geb‘ dir was, Moment“, nahm sie Ihren zwei Jahre alten schwarzen Kater in den Arm und kramte eine Dose Katzennahrung aus dem Schrank, um sie ihm aufzumachen.
Freud machte sich genüsslich drüber her. Sie hatte die Katzennahrung noch gar nicht richtig verstaut, als auch Ludwig aus dem Schlafzimmer angetrabt kam.
„Du kleiner Fresser, du kommst drei Mal so schnell zum Essen wie du mich vor bösen Menschen beschützen sollst, was bist du denn für ein Wachhund?“, bemerkte sie kopfschüttelnd. Ludwig war ein ehemaliger Polizeihund, er verstand sie nicht, er verstand eigentlich nur deutsche Angriffsbefehle.
„Ludwig, Platz“, bat Ulani in deutscher Sprache und Ludwig setzte sich auf seine Hinterbeine.
„Zumindest machst du das noch. Toll gemacht, Freud, jetzt muss ich auch noch aufräumen, ich bin eh schon spät dran“, redete sie mit ihrem Kater und räumte das Zeug wieder in den Schrank.
 
„Ich weiß, ich weiß, ich bin spät, mal wieder“, eilte Ulani in ihre Praxis an ihrer Sprechstundenhilfe vorbei.
„Sechs Leute haben schon angerufen, alles furchtbare Notfälle, ich glaub nicht so daran“, gab Missy, ihre Sprechstundenhilfe, ihr einen Stapel mit Nachrichten.
„Klasse, ich hatte so gehofft, das wird ein ruhiger Tag heute. Danke“, ging sie in ihr Büro. Dort saß ein Mann Mitte dreißig im schicken Anzug.
„Hallo, ich wusste gar nicht, dass ich jetzt auch Laufkundschaft betreue“, stellte sie sich vor den Mann.
„Du wirst älter, aber bist trotzdem noch ne Schönheit, dir stehen die langen Haare aber besser“, erkannte er Mann und Ulani fuhr durch ihren kurzen Bob.
„Tut mir leid, ich hab keinen blassen Schimmer, wer Sie sind“, bemerkte Ulani verwundert.
„Okay, vielleicht hilft dir das „Schätzchen, du bist so eine Schönheit, herrlich“, spielte der Mann schwul.
„Nein, nicht du, du hast mich nicht gefunden“, stotterte sie und eilte zu ihrem Schreibtisch um ihre Waffe herauszuziehen.
„Du bist echt schwer zu finden gewesen, hab ein paar Wochen gebraucht“, erkannte Cliff und stand auf um zu ihr zu gehen.
„Was auch immer du willst, du wirst es hier nicht finden“, legte sie nervös die Waffe in seine Richtung vor sich.
„Man, Mädchen, das ist eine echte Knarre, was willst du damit? Pack‘ die weg“, wurde Cliff nervös.
„Ich schütze mich vor Vergewaltigern. Denk nicht, dass ich nicht damit umgehen kann“, bemerkte sie mit ernster Stimme.
„Hör‘ mich bitte an, bevor du mir eine Kugel in den Bauch jagst, bitte“, bat Cliff.
„Eine Minute“, gab sie nach.
„Okay, ich mach’s kurz, Zeb ist schwerkrank, wir brauchen deine Hilfe“, erklärte Cliff.
„Oh man, du glaubst mir nicht, wie egal mir das gerade ist“, erkannte Ulani kühl.
„Du kannst nicht so kalt sein. Zeb ist in Ordnung, er war co-abhängig von mir damals, er hat für mich alles getan, als er damals gesehen hat, was ich gemacht hab‘, ist er abgehauen“, erklärte Cliff.
„Okay, die Minute ist rum“, legte sie die Waffe in ihre Hand.
„Kleines, ich war ein anderer Mensch damals, wir beide waren anders. Ich war ein komischer Kauz, der Elton John gespielt hat um Erfolg zu haben. Ich hab dir damals Eizellen entnommen, ich wollte das perfekte Kind erschaffen, ich war lang in Therapie um das behandeln zu lassen. Dieser Vorfall auf der Abschiedsparty damals hat mich verändert“, erklärte Cliff ruhig.
„Du bist echt krank, das wirst du immer sein, das bis du immer noch. Du bist ein Perverser, diese Nacht vor 10 Jahren hat mein Leben auch verändert. Ich hab ständig Angst, verdammt ich muss mit einer Waffe in der Schublade praktizieren, weil ich Angst habe, dass mich jemand betäubt und vergewaltigt. Ich hab drei Jahre gebraucht, um wieder eine sexuelle Beziehung zu einem Mann aufbauen zu können, ich hab zwei Therapeuten, dabei bin ich selber eine ausgebildete Psychologin, du verstehst mein Problem“, wütete sie und löste die Sicherung.
„Man, du meinst das wirklich ernst. Also, ich bin noch ein paar Tage in der Stadt, lies‘ das, das wollte ich dir nur geben. Bitte lies es, es ist wirklich wichtig“, bat Cliff und ging mit seinen Händen an seiner Brust rückwärts aus ihrem Büro.
Ulani sicherte ihre Waffe wieder. Ihre Hände zitterten. Sie hätte nicht gedacht, dass dieses Widersehen sie so mitnehmen würde.
„Hey Boss, wer war das gerade? Hey, was willst du mit deiner Waffe, hat der Kerl dich bedroht?“, fragte Missy, die zu ihr reinkam.
„Nein, nicht wirklich, ich hab mich nur bedroht gefühlt. Ich weiß auch nicht. Tu mir bitte nen Gefallen, machst du einen Ausdruck von dem Foto des Mannes, der grad‘ da war, die Webcam war doch an, oder?“, fragte Ulani und packte die Waffe weg.
„Ja, Big Brother überwachte mich die ganze Zeit. Was soll ich dann damit machen?“, fragte Missy.
„Häng‘ es auf, dass es auch Tracy sieht, wenn sie nachher kommt, lasst den Kerl nicht mehr hier rein, verstanden“, bat Ulani und drehte den Brief, den Cliff auf den Tisch gelegt hatte nachdenklich in ihrer Hand herum.
„Klar Boss, tut mir leid, ich lass‘ keine Leute mehr in dein Büro, bevor ich dich gefragt hab‘“, entschuldigte sich Missy und ging zur Tür.
„Missy?“
„Ja?“
„Wenn er hier wieder auftaucht und davon schwafelt, wie schön du bist und so, knall‘ ihn ab“, bat Ulani. Sie sah ihre Sprechstundenhilfe an. Sie war so jung, wie sie damals war und auch eine hübsche junge Frau.
„Geht klar, Boss“, bemerkte Missy und ging wieder an ihren Schreibtisch.
Sie legte den Brief ein paar Mal zur Seite, nippte an ihrem Kaffee, nahm den Brief wieder auf und legte ihn wieder hin. Als sie nach der Mittagspause zurück an ihren Tisch kam, nahm sie sich ein Herz und öffnete den Brief. Darin war ein Bild eines Mädchens und ein Brief.
 
Darin stand:
 
Liebe Ulani
 
Ich weiß, es ist lange her, aber vielleicht erinnerst du dich noch an mich. Ich kann nicht beschreiben, wie leid mir das alles tut was damals passiert ist. Doch ich bin ein anderer heute, ich bin jetzt 30 Jahre alt und ich will noch nicht sterben. Doch das könnte bald passieren, denn ich bin krank. Ich brauche dringend die Spende eines Blutsverwandten, ich habe zwei kaputte Nieren. Ich weiß, du fragst dich sicher, was hat das mit mir zu tun? Es hat viel mit dir zu tun. Denn du bist die Mutter des Mädchens auf dem Foto, ich weiß, dass ist sehr seltsam. Aber damals vor zehn Jahren hat mein kranker Bruder eine Eizelle bei dir entnommen und einfrieren lassen. Ich weiß, ich hab‘ genau so viel Schuld daran, schließlich hab ich ihm geholfen. Ich denke, dass du immer noch nicht weißt, warum das was mit meiner Gesundheit zu tun hat. Kiele, deine Tochter ist auch meine Tochter, du weißt ja, wie abhängig ich damals von meinem Bruder war, er hat mich dazu überredet, mein Sperma zu spenden. Kiele ist von einer Leihmutter ausgetragen worden, aber sie sieht dir so ähnlich. Okay, damit komme ich zum Problem, Kieles Leihmutter ist vor einem Jahr mit Kiele abgehauen, als sie von dem Umständen erfahren hat. Ich halt‘ es ihr nicht vor, es ist alles sehr verrückt. Cliff hat den HIV-Virus, ich weiß ausgleichende Gerechtigkeit, zwei Bösewichte sind krank, aber ich mach jetzt schon fast ein Jahr Dialyse ich hab keine Energie mehr dazu. Bitte finde meine Kiele für mich, sie ist meine letzte Rettung
 
Zeb
 
„Missy“, sprach Ulani durch die Gegensprechanlage.
„Ja, Boss!“
„Ich brauch einen Drink, sofort“, bat Ulani total verwirrt.
„Es ist vier Uhr nachmittags, Kleines“, erkannte Missy.
„Einen doppelten Drink, du hast Recht, ist spät genug. Du kannst dir auch einen pitschern, wenn dir der Sinn danach steht“, bemerkte sie abwesend.
„Hey, ich mach‘ mir Sorgen um dich, alles klar?“, fragte Missy, die zurück in ihr Zimmer kam.
„Komm‘ mal rein, bitte“, bat Ulani und Missy schloss die Tür hinter sich.
„Schlechte Nachrichten?“, wollte Missy wissen.
„Schon irgendwie. Setz‘ dich“, entgegnete Ulani.
„Du willst mich nicht feuern, oder?“, fragte Missy nervös.
„Nein, ich wäre verloren ohne dich. Ich hab ne Tochter“, gestand Ulani und schob ihr das Bild hin.
„Süß, wieso weiß ich von ihr nichts?“
„Ich wusste bis heute auch nicht, dass ich ne Tochter habe“, druckste Ulani herum.
„Okay, das ist unmöglich Kleines, außer sie ist die Tochter deines Freundes, aber dafür sieht sie dir zu ähnlich. Also noch mal für jemanden der kein College von innen gesehen hat, wie ist das möglich?“, fragte Missy, während sie das Bild betrachtete.
„Ich hab damals im College Eizellen gespendet, daraus ist irgendwie ein Kind entstanden“, log Ulani.
„Man, das ist echt scharf, so was hab‘ ich schon mal in ner Serie gesehen, da taucht die Teenagertochter bei der Mutter auf, ich hab vergessen wie die Serie hieß, aber ich weiß  noch, dass ich sie danach nicht mehr geguckt habe, weil mir die Geschichte nicht gefallen hat“, konterte Missy.
„Das ist aber nicht Fernsehen, das ist Realität. Ich muss dieses Kind finden, du hast doch einen Bruder beim CIA, FBI oder so, könnte er sie für mich aufspüren?“, fragte Ulani.
„Mein Bruder ist bei der Heimatschutzbehörde, der sorgt dafür, dass du dich hier sicher fühlst, okay blödes Beispiel, das tust du ja nicht. Aber ich kann ihn mal fragen, ob er was tun kann. Man, auf den Schreck brauchen wir echt was Starkes, wie wär’s wenn wir heut die Termine absagen die noch anstehen und ins Moth gehen?“, schlug Missy vor.
„Ja, machen wir das“, bemerkte Ulani immer noch total durcheinander und Missy brachte sie raus.

Siebtes Kapitel

 


„Man, das ist echt heftig, das erklärt deine Paranoia. Ich würde ihn verrecken lassen“, bemerkte Missy, als ihr Ulani nach ein paar Drinks die Wahrheit sagte.
„Werde ich auch, ich will sie nur kennen lernen, das arme Ding, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll“, erkannte Ulani und rührte mit ihrem Drinkstäbchen in ihrem Getränk herum.
„Lass‘ sie doch in Ruhe, sie ist bei ihrer Mutter, sie hat sicher ein tolles Leben“, bemerkte Missy.
„Du hast Recht, ich sollte nach Flagstaff reisen und ihn besuchen“, entschied Ulani und sah ihre Freundin an.
„Entschuldige, hab ich was nicht mitgekriegt? Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich grad‘ gesagt habe“, wunderte sich Missy.
„Das weiß ich schon, aber das hab‘ ich grad beschlossen“, erkannte Ulani und stand auf.
„Das ist absolut verrückt, ich hoffe das weißt du“, entschied Missy kopfschüttelnd.
„Es gibt nen Grund, warum ich zwei Therapeuten hab‘. Was ist, kommst du mit?“, fragte Ulani und legte das Geld auf den Tresen.
„Irgendjemand muss die Praxis weiterführen, am besten du, weil es dich überhaupt nichts angeht“, bemerkte Missy und bezahlte schnell bevor sie ihrer Freundin hinterherging.
„Es geht mich sehr wohl was an, dieser Vorfall hat mein Leben völlig verändert, ich muss das endlich hinter mir lassen“, erklärte Ulani und zog ihre Stöckelschuhe aus, weil sie auf dem Asphalt damit nicht laufen konnte.
„Das verstehe ich schon, aber du versuchst das seit 10 Jahren abzuschütteln, denkst du wirklich, ihm wieder zu begegnen hilft dabei?“, fragte Missy und ging ihr hinterher.
„Ich bin 10 Jahre lang vor meiner Vergangenheit weggerannt, das muss aufhören“, konterte Ulani standhaft.
„Gut, wenn du das willst, komm‘ ich mit dir. Aber was wird aus der Praxis und deinen Tieren?“, fragte Missy.
„Ich nehm‘ Ludwig mit, er muss mich beschützen, Freud lass‘ ich bei ner Freundin, ich danke dir“, freute sich Ulani und umarmte ihre Freundin.
„Ich muss echt einen an der Klatsche haben, da mitzumachen“, erkannte Missy.
„Dann passen wir ideal zusammen. Ist das okay, wenn wir morgen schon fahren?“, fragte Ulani und rief mit dem Handy ein Taxi.
„Vorher würde ich aber sichergehen, dass er noch da wohnt, wo du hinfährst, nur so als Idee“, setzte sich Missy auf eine Treppenstufe.
„Ist keine schlechte Idee, verschieben wir das aufs Wochenende. Ich glaub, ich kann nicht mehr rational denken, das war eindeutig zu viel Tequila“, bemerkte Ulani, als sie das Taxi gerufen hatte und setzte sich neben sie.
„Das würde mich auch umhauen, wenn ich so was erfahren hätte. Wen würde das nicht umhauen. Ich werde dir morgen einen Termin bei deinem Therapeuten machen, das musst du mit ihm besprechen, du hast so gute Fortschritte gemacht in letzter Zeit“, erkannte Missy.
„Du hörst dich an wie meine Mutter“, nörgelte Ulani.
„Das war ein Kompliment, Dummbatz, wird Zeit, dass du ins Bett kommst“, konterte Missy und Ulani lehnte sich an ihre Schulter.
„Weißt du eigentlich, dass du die einzige Person in meinem Umfeld bist, die weiß, was mir damals passiert ist? Ich wollte das verdrängen, das hab ich auch fast, aber dann kam dieser Kerl heute in meine Praxis, in mein Leben, warum tut er das?“, fragte Ulani weinerlich.
„Geh zu deinem Therapeuten, er wird dir helfen können. Aber ausheulen kannst du dich bei mir gern“, schmunzelte Missy und drückte Ulanis Kopf an ihre Schulter, während sie weinte.
 
„Also, Miss Paia, Sie wissen für eine Kollegin hab‘ ich immer Zeit. Was ist Ihr Problem?“, fragte ihr Psychologe, als sie sich am nächsten Morgen einen Platz auf seinem Sofa suchte.
„Das ist ein heikles Thema. Wir haben jetzt schon Jahre damit verbracht, meine Gefühle zu sortieren, aber nie wirklich über das Thema gesprochen. Ich denke, es ist Zeit dazu“, begann sie zu erzählen.
„Sehr interessant, das ist wirklich eine sehr heikle Situation. Aber Sie haben Recht, Sie müssen sich dem Problem stellen, sonst werden Sie es nie los. Aber Sie sollten nicht allein dorthin, nehmen Sie jemanden mit, einen Freund, eine Freundin, mit der sie darüber sprechen können, wie Sie sich fühlen“, schlug ihr Therapeut vor.
„Ich wollte meine Sprechstundenhilfe mitnehmen. Sie ist die engste Vertraute die ich im Moment habe“, schlug Ulani vor.
„Gut, das hört sich gut an. Ich werde etwas rumtelefonieren, ich kann Ihnen für die Zeit eine Vertretung für Ihre Praxis besorgen“, erkannte ihr Therapeut.
„Das wäre klasse, danke. Ich bin jetzt schon eine ganze Weile in Behandlung bei Ihnen, nennen Sie mich doch bitte Ulani“, bat Ulani.
„Dann bin ich Roger für Sie. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, dass Sie mir das erzählt haben“, erwiderte Roger.
„Danke, Roger. Ich bin froh, das mal erzählt zu haben. Haben Sie noch irgendwelche Tipps, wie ich auf ihn zugehen soll?“, fragte Ulani.
„Nur eine, bringen Sie ihn nicht um, sonst muss ich eine Aussage über Ihren Geisteszustand vor Gericht machen und da hab ich jetzt überhaupt keine Zeit dazu“, witzelte Roger.
„Sie sind immer noch nicht begeistert davon, dass ich eine Waffe trage, oder?“, fragte Ulani augenrollend.
„Ob ich nicht begeistert bin, dass einer meiner labilen Patientinnen mit einer kleinkalibrigen Waffe in der Handtasche rumläuft? Lassen Sie mich überlegen, schon irgendwie“, konterte Roger cool.
„Ich erschieß‘ mich nicht mit der Waffe, das hatten wir doch schon“, nörgelte Ulani.
„Eine Waffe bleibt eine Waffe, Ulani. Denken Sie nicht, dass wir jetzt soweit sind, die Waffe zu Hause zu lassen?“, fragte Roger.
„Nicht heute, Doc, nicht heute. Ich werde versprechen, dass ich ihn nicht abknalle. Nicht, wenn ich nicht muss“, versprach Ulani.
„Das beruhigt mich überhaupt nicht. Okay, die fünfundvierzig Minuten sind um, kann ich Sie so gehen lassen?“, fragte Roger und Ulani stand auf.
„Ja, das hat mir geholfen, danke. Wie schnell können Sie mir ne Vertretung beschaffen, ich würde ihn gern noch instruieren, bevor ich fahre“, erkannte Ulani.
„Ich könnte so in drei bis vier Tagen jemanden haben“, erklärte Roger.
„Das wäre perfekt, schicken Sie ihn in meine Praxis“, erkannte sie und nahm ihre Tasche.
„Ich fühl mich nicht wohl, Sie gehen zu lassen“, entschied Roger.
„Ich komm‘ ja wieder, keine Sorge“, erkannte Ulani belächelnd und verließ das Sprechzimmer wieder.
 
„Okay, was hast du rausgefunden?“, fragte Ulani, als sie nach ihrer Sitzung wieder ins Büro kam.
„Ich mag keine Muffins mit Mohn drauf“, entgegnete Missy und warf ihren Muffin weg.
„Nette Erkenntnis, aber ich meine wegen Zeb“, erkannte Ulani und kam zu ihr an den PC.
„Ich hab mich schlau gemacht, er wohnt immer noch in Flagstaff, aber wie es aussieht ist er abgetaucht, sein Boss hat ihn seit einer Weile nicht mehr gesehen und er hat auch keine Familie, entweder er ist ein Eigenbrötler, oder ein Psychopath“, las Missy die Notizen vor, die sie gemacht hatte.
„Vielleicht ist er auch nur todkrank und zieht sich deshalb zurück“, entschied Ulani.
„Verteidigst du ihn plötzlich, was ist los, hat Dr. Abrams dir eine Schocktherapie verpasst?“, fragte Missy amüsiert.
„Nein, aber ich hatte damals einen kleinen Flirt mit ihm und ich kenn‘ ihn ein bisschen“, entschied Ulani verlegen.
„Das hast du irgendwie unter den Tisch gekehrt“, erkannte Missy erstaunt.
„Klar, das sieht auch nicht so gut aus, das sieht aus, als hätte er mich rumkriegen wollen und ich hätte plötzlich rum gezickt“, erkannte Ulani.
„Das hätte ich nie gedacht“, erkannte Missy.
„Es war ja keine richtige Vergewaltigung, es war eher ein Raub, wenn man das so nennen kann, ich weiß auch nicht. Ich hab ihn gehasst damals, das kannst du dir gar nicht vorstellen, aber jetzt wo ich weiß, dass er krank ist, fällt mir wieder ein, wie süß und zärtlich er damals war“, erkannte Ulani und setzte sich nachdenklich auf die Tischkante.
„Das ist nur menschlich. Aber du darfst dich davon nicht beeinflussen lassen“, erklärte Missy.
„Werde ich nicht, wenn du dabei bist, kann ich rational bleiben. Du kommst doch mit, oder?“, fragte Ulani ruhig.
„Sicher, was machen wir mit der Praxis?“
„Dr. Abrams findet mir einen Ersatz, wenn du dann so lieb bist und Tracy einarbeitest, sie arbeitet ja sonst nur während du Urlaub machst, aber sie macht das doch gut, oder?“, fragte Ulani und stand wieder auf.
„Sicher, sie ist gut, das mach‘ ich. Wann fahren wir jetzt?“, fragte Missy und nahm den Kalender.
„Ist Freitag okay?“, fragte Ulani.
„Heut‘ ist Mittwoch, Kleines“, konterte Missy.
„Okay, dann Montag. Hast du ne Adresse, zu der wir fahren können?“, fragte Ulani und Missy gab ihr einen Zettel.
„Ich finde ihn schon, ist schon seltsam, das sein Chef nicht weiß, dass er krank ist“, überlegte Ulani laut.
„Das werden wir dann rausfinden. Ich ruf‘ Tracy an, vielleicht kann sie heute noch vorbeikommen“, griff Missy zum Telefon.
„Danke, das ist nett. Bist du ein Engel und bringst mir danach bitte nen Kaffee?“, fragte Ulani und hing ihre Jacke an den Haken.
„Sicher, das gehört ja zu meinem Job. Aber ich mach’s trotzdem gern. Hast du schon was gegessen?“, fragte Missy.
„Nein, du hast Recht, ich hab schon ziemlichen Hunger. Kannst du ne Pizza bestellen, so wie immer?“, bat Ulani und ging in ihr Büro.

Achtes Kapitel

 


Ulani schreckte von ihrer Arbeit auf, als ihr Metalldetektor an der Tür zu klingeln begann.
Nervös nahm sie ihre Waffe und steckte sie hinten in ihre Hose um nach vorne zu gehen.
Im Flur stand ein junger Mann, der etwas verwirrt drein blickte.
„Ist nur ein Vollidiot, Boss, keine Gefahr“, erkannte Missy und machte dem jungen Mann ein Zeichen, dass sie die Waffe haben wollte. Der junge Mann trug einen schicken Anzug.
„Das grenzt an Beamtenbeleidigung, kleine Schwester“, gab er ihr die Waffe.
„Verzeihung Agent, du bist trotzdem ein Idiot, du weißt, dass wir hier einen Metalldetektor haben“, erwiderte Missy und verstaute seine Waffe.
„Dann müssen Sie der sagenumworbene Russell Mansfield sein, wir haben telefoniert, ich bin Ulani Paia“, begrüßte Ulani ihren Gast freundlich.
„Ja, der bin ich, verzeihen Sie, ich hatte wirklich vergessen, dass Sie so etwas haben. Dabei hab‘ ich das Ding selbst überprüft. Ich hab gehört, dass Sie ein Problem aus der Vergangenheit haben, wobei Sie Hilfe brauchen könnten“, erklärte Russ.
„Ja, Sie hätten aber nicht extra dafür herkommen müssen, kommen Sie mit in mein Büro“, erkannte Ulani und führte ihn rein.
„Ich hab grad ein paar Stunden Freizeit, ich bin für heut’ freigestellt. Stör‘ ich Sie gerade beim Essen?“, fragte Russ, der die Pizzaschachtel sah und Ulani räumte sie weg.
„Nein, bin fertig. Pizza Hawaii, ich weiß eine Hawaiianerin isst Pizza Hawaii was für ein Klischee, aber ich liebe Ananas“, erkannte Ulani und legte ihre Waffe auf den Tisch, um sitzen zu können.
„Was ist das?“, fragte Russ verwundert.
„Ich will ja nichts sagen, aber wenn Sie das nicht wissen, sind Sie vielleicht im falschen Job“, konterte Ulani und nahm einen Schluck Wasser.
„Nicht sehr witzig. Wofür brauchen Sie die?“
„Für meinen Selbstschutz. Wie wir gesehen haben, war das auch nötig. So, wie können Sie mir helfen?“, entgegnete Ulani und räumte die Waffe weg.
„Man, ich dachte in meinem Beruf wird man paranoid, aber das ist echt heftig. Zeigen Sie mir mal den Brief und das Foto“, bat Russ und Ulani schloss ihre oberste Schublade auf, um den Brief herauszunehmen.
„Wie alt sagten Sie, wäre der Schreiber dieses Briefes?“, fragte Russ, als er den Brief gelesen hatte.
„30, steht doch drin“, bemerkte Ulani verwundert.
„Das hat kein Mann geschrieben und so alt ist die Frau auch nicht“, erkannte Russ und legte den Brief hin um das Foto anzusehen.
„Das hat er nicht geschrieben?“, fragte Ulani.
„Nein, hat er nicht. Und das Foto ist auch ne gute Arbeit, aber kein Original. Sieht aus wie aus zwei Fotos zusammengestellt, wir haben die Software auch um Kinder von Terroristen aufzuspüren. Das ist ein Nepp, tut mir leid“, erklärte Russ.
„Danke, dass sie mir das gesagt haben, Sie haben mich vor einem großen Fehler bewahrt“, bemerkte Ulani tonlos.
„Immer wieder gern. Sie haben erwähnt, der Kerl ist noch in der Stadt?“, fragte Russ und Ulani gab ihm die Karte die er von Cliff bekommen hat.
„Ich hab ne Nummer“, erkannte sie.
„Rufen Sie ihn an, machen Sie ein Treffen aus, ich werde mitkommen“, schlug Russ vor.
„Ich will Ihnen nicht die Zeit stehlen“, entschied sie.
„Ich bin eh grad‘ für ne Woche freigestellt, ich hab‘ Zeit“, erkannte Russ.
„Werden Sie nicht nur freigestellt, wenn Sie jemanden abgeknallt haben? … Oh verstehe. Wollen Sie darüber reden?“
„Ich hab Ihnen grad‘ geholfen, da können Sie mir auch helfen. Soll ich mich hinlegen?“, fragte er.
„Wie Sie wollen. Ist Ihre Entscheidung“, erkannte sie.
„Ich bleib‘ lieber hier sitzen“, erwiderte er.
„Gut, dann fangen Sie an zu erzählen“, bat sie und er tat dies.
 
„Okay, wir treffen ihn morgen früh hier“, erkannte Ulani, als sie mit Cliff telefoniert hatte.
„Ich komm‘ dann morgen früh noch mal. Ich bedanke mich für Ihre Zeit“, bemerkte Russ.
„Nein, ich danke Ihnen. Wir sehen uns morgen“, erkannte Ulani und er ging wieder.
„Flirtest du da etwa mit meinem Bruder?“, fragte Missy, die mit einer Tasse Kaffee zu ihr ins Büro kam.
„Wird echt Zeit für den Kaffee, gib her“, bemerkte Ulani ertappt und Missy stellte ihr grinsend den Kaffee hin.
„Du siehst verwirrt aus, alles klar?“, fragte Missy, als sie sah, dass Ulani in Gedanken war.
„Du musst Tracy nicht anrufen, unsere Reise ist gestrichen“, entgegnete Ulani, ohne von ihrer Akte aufzusehen, die sie für Russ anlegte.
„Muss ich das jetzt verstehen?“
„Dieser Brief, das alles ist nur eine Verarsche, dein Bruder hat mich gerade aufgeklärt, dieser Brief, diese fiktive Tochter, alles falsch, alles gelogen“, ließ sie den Brief und das Foto durch den Aktenvernichter.
„Aber er ist verschwunden!“, schlussfolgerte Missy.
„Er ist vermutlich nur nicht zur Arbeit erschienen, er ist einfach ein Versager. Mach dir keinen Kopf, lass uns einfach weitermachen, als wäre nichts passiert“, schlug Missy vor.
„Ich hab‘ ihn morgen hier her eingeladen, ich will wissen, was da los ist“, erklärte Ulani.
„Nein, tu das nicht, das ist sicher, was er will“, riet Missy ihrer Freundin.
„Und ich will wissen, warum er mich so quält, das ist alles was ich wissen will“, erklärte Ulani.
„Wenn du das willst, bin ich dabei. Kommt Russ auch?“, fragte Missy mit einem neckischen Unterton.
„Ja, er kommt auch, er ist ein Spezialist in Befragungen, er kann mir sagen, ob er lügt, oder nicht“, erkannte Ulani.
„Das du ihn wiedersehen willst, hat damit gar nichts zu tun, oder?“
„Ich will ihn nicht wiedersehen“, stotterte Ulani.
„Warum lädst du ihn dann ein?“
„Das ist rein beruflich, nichts weiter“, behauptete Ulani.
„Gut, wie du meinst. Nur eins dazu, ich wär‘ gern deine Schwägerin“, erwiderte Missy.
„Missy, geh wieder an die Arbeit“, grummelte Ulani.
„Bin schon weg. Trag was rotes morgen, mein Bruder liebt rot“, erkannte Missy und ging wieder an ihren Schreibtisch.
 
Zeitig kam Ulani einen Tag später zur Arbeit.
„Morgen, nett der Pullover, so schön rot“, schmunzelte Missy, als Ulani ihre Jacke im Ausgangsbereich auf den Haken hängte.
„Ich mag auch rot und heute ist es etwas frisch“, behauptete Ulani.
„Ja, natürlich, sicher. Wann kommt er?“, fragte Missy.
„Russ müsste jeden Moment da sein, Cliff kommt in einer halben Stunde“, erklärte Ulani.
„Gut, soll ich nen Kaffee machen?“, fragte Missy.
„Das fehlt grad‘ noch, dem Kerl noch was anzubieten. Bring‘ ihn nur rein“, bemerkte Ulani und ging in ihr Büro. 10 Minuten später klopfte es an ihrer Tür.
„Herein“, erwiderte Ulani in Gedanken.
„Hey, da bin ich“, begrüßte Russ sie.
„Russell, kommen Sie rein. Ich bin grad‘ dabei Ihre Akte anzulegen“, sah Ulani auf.
„Das ist nen Scherz oder? Ich hab nicht vor regelmäßig zum Seelenklempner zu rennen“, bemerkte Russ und Ulani schloss die Akte.
„Einmal die Woche reicht für den Anfang. An welchem Tag können Sie?“, fragte Ulani planend.
„Gar nicht? Da hab ich echt keine Zeit dazu, ich arbeite sieben Tage die Woche“, entgegnete Russ ausredend.
„Freitags, Achtzehn Uhr?“, fragte Ulani ohne auf ihn zu hören.
„Sie lassen nicht locker, oder?“
„Ist der Termin okay?“
„Ja, das kann ich einrichten, meinetwegen“, grummelte er.
„Gut, dann sprechen wir morgen weiter über ihre Probleme. Heute geht es aber um mich, wie sollen wir vorgehen?“, erkannte sie.
„Netter Pullover, ist meine Lieblingsfarbe“, erwiderte Russ flirtend.
„Ja, meine auch. Aber bleiben Sie sachlich“, bat Ulani.
„Was ist los? Bin ich zu forsch?“, fragte Russ.
„Nein, tut mir leid, bin nur nervös“, erklärte sie.
„Sicher, verständlich. Okay, wir gehen so vor…“, begann Russ zu erklären.
 
Zwei Stunden später saßen sie immer noch da, ohne dass er gekommen war.
„Der Idiot ist nicht gekommen, war schon fast klar“, murrte sie.
„Wir sollten ihn besuchen gehen“, schlug Russ vor.
„Wir wissen nicht, wo er ist, sonst hätte ich ihn schon längst aufgesucht“, erkannte Ulani frustriert.
„Hier, Motel 6 in der Cerillos Straße“, legte Russ ihr ein Stück Papier hin.
„Woher haben Sie das?“, fragte Ulani erstaunt.
„Ich arbeite für den Staat, schon vergessen, also, gehen wir?“, fragte Russ und ging zur Tür.
„Was heißt wir, Sie wollen mit?“, fragte Ulani.
„Natürlich, ich lass‘ Sie doch nicht allein‘ dahin gehen“, bemerkte Russ und streckte ihr seine Hand entgegen.
„Okay, wenn er nicht zu uns kommt, gehen wir halt zu ihm“, entschied sie und legte ihre Hand in seine, dass er sie aus dem Stuhl ziehen konnte.
 
„Ich bin froh, dass Sie dabei sind, ich hab jetzt schon etwas Schiss“, erkannte Ulani, als sie vor dem Zimmer im Motel 6 standen.
„Bereit?“
„Ja, klopfen Sie“, bat sie und er klopfte. Keine Reaktion. Nach zwei Minuten drehte sich Russ zum Geländer der Terrasse auf der sie standen.
„Sein Wagen ist noch da, er müsste da sein“, entgegnete Russ schlussfolgernd.
„Woher wissen Sie jetzt schon wieder was sein Auto, ach so, richtig Yoda des Staates“, schmunzelte sie.
„Sie könnten doch so tun, als wäre dort drin Bin Ladens Bruder oder so, dann könnten Sie dort rein preschen“, überlegte Ulani laut.
„Ich bin gerade außer Dienst, das ist Hausfriedensbruch“, erkannte Russ ernst.
„Oh man, dumme Bürokratie. Dann geh ich wieder an die Rezeption und hol‘ den Kerl her, zum Aufschließen“, entgegnete Ulani und trottete zur Rezeption zurück.
Der Hausmeister schloss ihnen die Tür auf. Ein modriger Geruch kam ihnen entgegen.
„Oh man, die sollen doch regelmäßig lüften, stinkt das hier drin“, erkannte der Kerl und ging mit ihnen rein.
„Dieser Geruch kommt nicht vom zum wenig lüften“, erkannte Russ, der den Geruch zu gut kannte.
„Oh man, ich glaub, ich weiß, warum er nicht gekommen ist“, erkannte Ulani, die im Schlafzimmer war. Cliff lag tot auf dem Bauch vor dem Bett.

Neuntes Kapitel


„Fass ihn nicht an, du hinterlässt Spuren“, bat Guss sofort.
„Werd ich nicht, ich muss ihn nicht anfassen um zu erkennen, dass er tot ist. Müssen wir die Polizei anrufen, oder reichst du? Übrigens, seit wann duzen wir uns?“, fragte Ulani etwas verstört.
„Wir haben grade zusammen eine Leiche gefunden, ich denke, das schweißt zusammen“, erkannte Russ und lächelte. Ihr war aber nicht zum Lächeln zumute.
„Ich ruf die Polizei an, oh man, das hab ich jetzt nicht erwartet“, erkannte Russ und Ulani zog die Bettdecke vom Bett herunter auf die Leiche.
„Es kommt gleich jemand. Was hast du gemacht?“, fragte Russ, als er aus dem Nebenzimmer zurückkam.
„Ich hab ihn zwar gehasst, aber ich hab ihn gekannt und er hat etwas Würde verdient. Ich hab ihn nicht angefasst“, erkannte Ulani versprechend.
„Ich will nur nicht, dass du verdächtigt wirst, du könntest als Verdächtige in Frage kommen, du mochtest ihn nicht besonders, das ist ein Motiv“, erklärte Russ und wischte Ulanis Hände mit einem Tuch ab.
„Woher weißt du, dass ich ihn nicht getötet habe?“, fragte Ulani und er steckte das Tuch weg.
„Sagen wir so, ich weiß es einfach“, bemerkte Russ mysteriös.
„Du lässt mich überwachen, oder? Ich wusste doch, dass mich jemand verfolgt hat gestern, zumindest weiß ich jetzt, dass ich nicht an Verfolgungswahn leide“, erkannte sie und ging mit leeren Augen wieder nach draußen.
„Musst du dich übergeben?“, fragte Russ, als Ulani am Geländer nach Luft rang.
„Äh nein“, spielte sie stark, aber übergab sich nur sekundenspäter über das Geländer.
„Du hast das lang durchgehalten, du bist stärker, als du denkst. Ich hol dir ein Glas Wasser“, erkannte er und gab ihr das Tuch, dass sie sich den Mund abwischen konnte.
Als die Polizei eintraf, war auch Missy dabei.
„Hey, hier bist du. Du siehst fertig aus“, kniete sich Missy zu Ulani, die an das Geländer gelehnt am Boden saß.
„Man, ich hab‘ glaub ich das Essen der letzten drei Tage ausgekotzt, hast du schon mal ne Leiche gesehen?“, fragte Ulani und Missy setzte sich neben sie.
„Nur die, die ich in mein Bett gelassen hab‘“, bemerkte Missy sarkastisch.
„Wo ist Russ? Er hat mich angerufen und gesagt, du bräuchtest mich vermutlich hier“, erklärte Missy und Ulani lehnte sich wieder an ihre Schulter.
„Ich weiß nicht, welches Gefühl seltsamer ist, dass ich so betroffen bin, oder dass es mich so beruhigt, dass er endlich tot ist“, erwiderte Ulani tonlos.
„Diese Gefühle sind vollkommen normal“, erkannte Missy.
„Hey, das ist mein Text, ich bin die Therapeutin“, schmunzelte Ulani.
„Aber ich arbeite für eine verdammt gute Therapeutin, da lernt man einiges. Wo ist dieser Nichtsnutz überhaupt? Wie kann er dich so allein lassen?“, sah sich Missy nach ihrem Bruder um.
„Ich hab was zu Trinken besorgt, das ist wirklich ein Wüstenstaat hier, ich musste ziemlich rumrennen, bis ich was gefunden hab‘“, erkannte Russ, der mit einer Flasche Wasser in der Hand zurückkam.
„Oh danke, bist ein Schatz. Das brauch ich dringend“, nahm sie das Wasser entgegen und trank es.
„Hast du deine Waffe dabei?“, fragte Russ und sah sich zu den Polizisten um.
„Ja, ich geh nie ohne aus, wieso?“
„Gib mir deine Tasche“, bat er und bekam sie.
„Ich darf die dabei haben, du aber nicht“, steckte er ihre Waffe hinten in seine Hose.
„Ich hab einen Waffenschein dafür“, murrte sie.
„Ich weiß, macht sich trotzdem nicht gut“, entschied er und schloss sein Jackett wieder.
„Du sorgst dich um mich, das ist nett, aber lass‘ das bitte, ich kann für mich selbst sorgen“, bat sie bestimmt.
„Gut, schön zu hören, aber du bist die beste Freundin meiner Schwester, also beschütze ich dich auch. Komm‘ hoch, die Polizei will sicher gleich mit dir sprechen wollen“, zog Russ sie wieder hoch.
„Wieso? Ich hab doch nichts getan“, erkannte sie verwirrt.
„Aber du hast die Leiche gefunden, Kleines, da haben sie die eine oder andere Frage. Ich geh mit ihr rein, entsorg‘ du lieber dieses furchtbare Ding von hier“, erkannte Missy und brachte Ulani rein, während Russ zu seinem Auto ging.
„Okay, das wäre erst mal alles, Miss Raia, aber bleiben Sie in der Nähe für weitere Fragen“, bat der Polizist der sie befragt hatte.
„Ja, ich bleibe in der Stadt. Kann ich jetzt gehen? Das war ein echt verrückter Tag“, erkannte Ulani müde.
„Ja, Sie können gehen, wir melden uns, wenn wir was erfahren“, entschied der Polizist und Missy ging mit ihr nach draußen.
„Was willst du jetzt machen?“, fragte Missy, als sie zu Russ‘ Wagen liefen.
„Du hältst mich eh schon für verrückt, da wird dich jetzt mein nächster Schritt nicht überraschen. Es gibt nur eine Person, die meine Fragen jetzt beantworten kann und zu der muss ich jetzt gehen“, bemerkte Ulani geheimnisvoll.
„Aber du wirst erst deine Termine wahrnehmen heute, bevor du deine geheime Mission antrittst. In einer Stunde warten die AA auf dich“, erkannte Missy und sie lehnten sich an seinen Wagen.
„Du gehst zu den Anonymen Alkoholikern?“, fragte Russ, der zu ihnen gestoßen war.
Ulani schreckte zusammen.
„Verdammt Russ, du kannst vielleicht denken, dass ich gerade etwas schreckhaft bin, du kannst dich doch nicht so anschleichen“, erkannte Ulani und schlug ihm gegen die Schulter.
„Tut mir leid, hab nicht nachgedacht. Du bist also auch noch alkoholabhängig?“, erkannte Russ und Ulani verdrehte die Augen.
„So krank bin ich dann doch nicht, ich leite eine Gruppe, Dummbeutel, einmal im Monat, man das hatte ich ganz vergessen, ist gut, dass ich einen wandelnden Terminkalender immer in meiner Nähe hab. Ich hab schon das letzte Mal den Termin meinem Kollegen geben müssen, weil ich Ludwig zum Arzt bringen musste. Da muss ich heut‘ unbedingt hin. Wie spät haben wir’s eigentlich?“, fragte Ulani planend.
„Bist du sicher, dass du das heut hinkriegst?“, fragte Russ besorgt.
„Was hab ich dir gesagt Russell? Ich bin ein großes Mädchen, ich schaff‘ das. Morgen früh fahr‘ ich nach Flagstaff, wer kommt mit mir mit?“, fragte Ulani standhaft.
„Was wollen wir denn in Flagstaff?“, fragte Russ unwissend.
„Mit meiner Vergangenheit abschließen, mehr kann ich momentan nicht dazu sagen“, erkannte Ulani.
„Ich hab noch 12 Ferientage, ich wollte schon immer Mal nach Flagstaff“, schmunzelte Russ.
„Kleiner Lügner, aber ist nett, danke. Missy?“, fragte sie ihre Freundin.
„Ich glaub‘ ich bleib hier, muss ja einer die Praxis zusammenhalten, ich ruf morgen deinen Kollegen an, dass er dich vertritt, bis dahin leg‘ ich die Termine um“, erkannte Missy.
„Missy, Tracy ist gut, lass sie das machen. Gönn‘ dir doch auch mal Urlaub, musst ja nicht mit mir mitkommen“, schlug Ulani vor.
„Du willst also, das ich mitkomme, oder?“, fragte Missy erkennend.
„Ja, bitte!“
„Dann komm ich mit“, entschied Missy.
„Genau das wollte ich hören, lass‘ uns fahren“, stieg Ulani in Russ‘ Wagen ein.
„Ich bin mit meinem Wagen da, ihr müsst wohl oder übel allein fahren“, konterte Missy schmunzelnd und verdächtig grinsend und stieß sich vom Wagen ab um zu gehen.
„Die Kleine scheint uns verkuppeln zu wollen“, schlussfolgerte Russ, als er auch einstieg.
„Du bist viel zu jung für mich, Jungchen“, bemerkte Ulani abschätzig und schnallte sich an.
„Hey, ich bin 24 Jahre alt“, moserte Russ.
„Ich war auch mal 24, als ich mit dem College fertig war“, frotzelte sie.
„Das kann ja nur ein paar Jahre her sein“, entschied er.
„Ja, sechs, ich bin im Januar 30 geworden, du wusstest gar nicht, wie alt ich bin, irgendwie süß“, erkannte Ulani amüsiert.
„Ist mir egal ob du 5 oder 50 Jahre älter bist als ich, ich find‘ dich trotzdem scharf“, flirtete Russ mit ihr.
„Wenn das nicht so dreist wäre, wäre diese Aussage fast süß gewesen“, schlussfolgerte sie.
„Du lässt dich nicht so schnell einlullen, oder?“, fragte Russ etwas enttäuscht.
„Nicht wirklich. Aber du hast einen guten Ansatz. Das du mit mir mitkommen willst, ist auch sehr nett, zwar wieder ein heroischer Akt um mich zu schützen, aber es gibt nicht mehr so viele Helden heut zu Tage, bewahr‘ dir das“, bemerkte sie.
„Wenn du jetzt noch sagst, lass uns doch gute Freunde sein, dann schrei‘ ich“, murrte er und sie nahm seinen Kopf in ihre rechte Hand und küsste ihn kurz.
„Reicht dir das fürs Erste, können wir jetzt fahren?“, fragte sie und er grinste.
„Ja, wir können fahren. Du bist echt eine seltsame Frau, aber mit dir wird es sicher nicht langweilig“, erkannte er erfreut und fuhr los.
„Das war dann wohl auch ein Kompliment, du gibst Frauen nicht so oft Komplimente, oder?“, fragte Ulani und sah aus dem Fenster.
„Ich treffe eigentlich nur die Frauen in meiner Arbeit und bei denen muss man Angst haben, dass sie dir bei einem Kompliment die Waffe an die Schläfe halten“, bemerkte Russ.
„Was hat die Polizei gesagt, hat er sich umgebracht?“, fragte Ulani plötzlich.
„Wie kommst du da drauf?“, fragte Russ und sie sah ihn an.
„Er war bei mir, ich hab mit ihm gesprochen, ich hab gefühlt, dass er depressiv ist, ich hab‘ ihn zwar ziemlich abgewimmelt, aber ich kann aus Gesichter lesen, das hab ich extra im College gelernt. Also?“
„Sie wissen es noch nicht. Warum willst du wirklich nach Flagstaff?“, fragte Russ und hielt vor der Praxis.
„Ich will es einfach wissen, oder würdest du nicht wissen wollen, was los ist, wenn du einen Brief bekommen würdest, in dem behauptet wird, dass du der Vater eines Kindes bist und der Bote Tags später tot ist?“, fragte Ulani und stieg aus.
„Aber das ist alles erfunden, ich dachte das hätten wir geklärt“, erkannte Russ und lief ihr hinterher zum Eingang.
„Davon wird es auch nicht besser, ich hab einen ganzen Kopf voller Fragezeichen, man das ist 10 Jahre her, ich dachte, ich hab das endlich verarbeitet. Warum ist er zu mir gekommen, warum lässt er mich nicht mit dem Scheiß allein?“, wurde sie wütend.
„Na ja genau genommen tut er das jetzt auch“, bemerkte Russ.
„Du bist echt nicht hilfreich, dieser Kommentar war jetzt vollkommen überflüssig“, zog sie ihre Karte an der Tür durch und diese ging auf.
„Für deinen Sicherheitsfimmel benutzt du für dein Büro ein ziemlich leicht knackbaren Mechanismus an der Tür“, schlussfolgerte Russ und Ulani ging rein. Er hinterher.
Vor ihrem Büro blieb sie stehen und drehte sich um.
„Du bist süß und alles, aber jetzt grade kann ich dich gar nicht ab. Ich ruf‘ dich später an wegen morgen, aber im Moment will ich nur allein sein“, bemerkte Ulani trocken und stieß die Tür zu ihrem Büro, die nur angelehnt war, mit der Hacke auf.
„Das ist grad‘ ein Moment in dem du nicht allein sein solltest“, bemerkte Russ.
„Muss ich dir erst eine Waffe an die Schläfe halten, dass du kapierst, das ich will dass du hier verschwindest?“, fragte Ulani und Russ küsste sie auf die Stirn.
„Tu bloß nichts dummes, wenn du was brauchst, ruf‘ mich bitte sofort an“, bat Russ und ließ sie allein.

Zehntes Kapitel


Am Abend ging sie wie geplant zu ihrer Gruppe. Sie hatte zwei Mal geduscht vorher, aber die Sachen die ihr gerade durch den Kopf gingen ließen sich nicht abwaschen.
„Okay danke Susan, das war sehr mutig von dir, darüber zu sprechen. Wie ich sehe haben wir heute Abend ein paar neue Gesichter, willkommen bei uns“, erkannte Ulani, als sie gerade die Rede einer Teilnehmerin bei der Versammlung angehört hatte.
„Wir machen jetzt 10 Minuten Pause, nehmt euch Kaffee und Kuchen, wenn ihr Fragen wegen eines Termins in meiner Praxis habt, meine Assistentin sitzt da hinten und wird eure Fragen gern beantworten“, ging sie von der Bühne und ging zu jemandem, den sie bei ihrem Blick in die Runde erkannt hatte.
„Was machst du hier?“, fragte sie Russ, der sich in einer der letzten Ecke hingesetzt hatte.
„Ich hab ein Alkoholproblem“, bemerkte Russ ernst.
„Wann hast du mit dem Trinken angefangen, als du 12 warst?“, fragte sie skeptisch.
„Mit 13, war schwer wieder runter zu kommen von Limonade“, scherzte er.
„Heut‘ ist wohl dein Tag der unpassenden Bemerkungen, oder?“, fragte Ulani und rieb sich müde die Augen.
„Hältst du noch durch?“, fragte er liebevoll.
„Ja, kein Problem!“
„Ja, so siehst du aus. Ich hol‘ dir nen Kaffee, setz‘ dich kurz“, bat er und sie tat das ohne zu widersprechen.
„Mein Bruder kümmert sich echt süß um dich“, kam Missy zu ihr und setzte sich neben sie.
„Hab ich nicht gesagt, du sollst die Termine entgegen nehmen?“, fragte Ulani und rieb sich die Augen.
„Wie lang machen wir das hier schon zusammen?“
„Ich weiß nicht, so zwei Jahre?“
„Und wie viele Termine wollten die Leute in den letzten zwei Jahren bei uns machen?“
„Keine Ahnung, du machst die Termine!“
„Keinen einzigen. Wird Zeit diese Art von Werbung zu begraben“, entschied Missy.
„Wenn du meinst. Hast du Tracy und den Doktor erreicht?“, fragte Ulani.
„Ja, Tracy kommt ab Morgen, der Doc ab Montag, wir können morgen los“, erkannte Missy.
„Gut, das ist gut. Ich hab ein Problem, Missy, ich glaub, ich verknall‘ mich grad in deinen Bruder“, gestand Ulani und sah zu Russ, der in der Nähe stand und sich unterhielt.
„Das ist doch schön, ich hab immer gedacht, dass ihr ein gutes Team abgeben würdet, ist es der Altersunterschied? Die sechs Jahre sind doch gar nichts, ich bin auf den Abschlussball mit einem 15-jährigen gegangen“, erkannte Missy.
„Es geht nicht darum, es ist nicht die richtige Zeit für einen Kerl in meinem Leben“, entschied Ulani.
„Es ist genau der richtige Zeitpunkt dafür, genau jetzt brauchst du einen starken Mann an deiner Seite“, erwiderte Missy standhaft.
„Und das muss unbedingt dein Bruder sein?“
„Seit ich bei dir angefangen hab‘, wollt‘ ich dich als Schwester haben, jetzt können wir Schwägerinnen werden“, bemerkte Missy erfreut.
„Jetzt mal halblang, ich kenn‘ deinen Bruder erst knapp zwei Tage“, entgegnete Ulani hüstelnd.
„Aber du verknallst dich in ihn, das ist der beste Weg zu einer Hochzeit, oder?“, fragte Missy und bekam einen bösen Blick von ihrer Chefin zugeworfen.
„Oder auch nicht, freut mich trotzdem für dich. Ich geh mal wieder und lass euch allein, vielleicht kommt ja doch noch irgendeine einsame Seele an unseren Infostand“, stand Missy wieder auf und ließ sie allein.
 
Tags drauf trafen sich die drei in Ulanis Büro.
„Wir haben da noch ein kleines aber nicht gerade unbedeutendes Problem“, erkannte Ulani, die am Schreibtisch saß.
„Wir haben grad‘ so einige Probleme, kannst du nicht spezifischer werden?“, fragte Missy, die gerade Akten sortierte.
„Ich darf die Stadt nicht verlassen“, entgegnete sie.
„Wenn du mit mir unterwegs bist, besteht keine Fluchtgefahr, ich werde mit dem zuständigen Polizisten sprechen, das wird kein Problem sein“, erkannte Russ.
„Wenn ich dich nicht hätt‘, danke. Wann kommt Tracy?“, fragte Ulani und legte ihre Akte weg.
„In etwa einer halben Stunde. Mit welchem Wagen fahren wir?“, fragte Missy.
„Mit meinem. Ich lass‘ Freud bei einer Freundin, Ludwig nehm ich mit, auch wenn ich einen starken Beschützer an meiner Seite hab, auf Ludwig kann ich immer vertrauen, er ist seit über 5 Jahren immer an meiner Seite“, entgegnete Ulani und kraulte mit dem nackten Fuß Ludwig, der unter dem Tisch döste.
„Klar, wie du dich wohlfühlst. War der schon die ganze Zeit da?“, fragte Russ verwundert.
„Er ist meistens hier, er hasst es allein zu Hause zu sein. Die letzten Tage hatte ich ihn aber zu Hause gelassen, weil er sich noch von einer Krankheit erholt hat. Hast du etwa Angst vor Hunden?“, fragte Ulani amüsiert.
„Nein, natürlich nicht. Ich arbeite ständig mit Hunden zusammen. Er ist nur so seltsam still“, bemerkte Russ.
„Er hat eine kleine Identitätskrise, er hält sich für einen Goldfisch“, witzelte Ulani und Russ lächelte.
„Was ist eigentlich mit ihm passiert, wie krank war er?“, fragte Russ neugierig.
„Jetzt wo du es ansprichst, er hatte eine Vergiftung, das ist mit den neuen Umständen schon irgendwie verdächtig. Mir fällt grad‘ auch ein, dass ich mich in letzter Zeit beobachtet gefühlt habe, ich bin eh etwas sensibel durch meine Vorbelastung bei so etwas, ich dachte eigentlich immer, ich bilde mir das ein, aber seit gestern …“, überlegte Ulani laut.
„Vielleicht war das auch Cliff, der dich beobachtet hat, bis er dich angesprochen hat“, erkannte Missy.
„Warum hätte er das tun sollen? Er war ein präsenter Mensch, ich kannte ihn zwar nicht besonders gut, aber er war kein Typ, der schüchtern war, glaub ich zumindest, ach ich weiß auch nicht, er kam mir auch ganz anders vor, als er zu mir kam, irgendwie ich weiß nicht … hetero“, bemerkte sie herumdrucksend.
„Clifford war sicher hetero, meine Süße“, erkannte Russ.
„Will ich wissen, woher du das weißt?“, fragte Ulani und zog die Stirn in Falten.
„Ich glaub‘ nicht, dass ein homosexueller Mann Penthouse und Hustler liest wegen der Werkzeugtipps. Es lagen ein ganzer Stapel von diesen Heften im Hotelzimmer“, entgegnete Russ und lächelte sie breit an.
„Er hat gesagt, er hat damals etwas auf Show gemacht, er war vermutlich ein ganz anderer Mensch als er vorgegeben hat zu sein. Aber er ist tot und das ist auch gut so. Vielleicht bekommen wir in Flagstaff Antworten, ich hoffe nur nicht auf Fragen, auf die ich die Antwort nicht wissen will. Danke, dass ihr mitkommt“, entschied sie und stand auf.
„Ist doch Ehrensache, wir wollen dir doch helfen. Lass uns fahren, es ist schwachsinnig noch länger zu warten“, entgegnete Russ und Missy nahm Ludwigs Leine um den Hund hintern den anderen hinterher zu führen.
 
Spät an diesem Abend kamen sie in einem Motel an, in dem sie die Nacht verbringen wollten.
„Also wie sieht’s aus, wollt ihr diese Nacht allein sein, oder reicht ein Zimmer?“, fragte Missy, als sie zur Anmeldung des Motels liefen, drehte sich um und sah in die angesäuselten Gesichter ihrer Begleiter.
„Was? Ich möchte Nichten und Neffen, fragen kostet ja nichts, okay ein Zimmer, ist eh billiger“, erwiderte Missy und drehte sich wieder um, um das Zimmer zu buchen.
„Hast du vorher schon mal daran gedacht, nach Zeb zu suchen?“, fragte Missy, die dem Pärchen gegenüber auf dem Bett saß, als sie ein Zimmer hatten.
„Ob ich mir schon überlegt hab, wie es sich anfühlt, das kalte Eisen der Waffe in der Hand zu halten und ihm ein riesiges Loch in sein Gesicht zu schießen, wenn ich ihn wiedersehe? So ein, zwei Mal“, bemerkte Ulani und Russ rutschte etwas von ihr weg, weil sie an ihm gelehnt auf dem Bett saß.
„Süßer, ich hab‘ daran gedacht, aber ich würde niemanden töten, ehrlich nicht“, versprach sie und rutschte wieder näher an ihn heran.
„Das will ich dir geraten haben, gib mir deine Waffe“, bat er ruhig.
„Wirklich nicht“, schmunzelte sie.
„Du hast einen Polizisten und einen Schäferhund bei dir, du brauchst keine Waffe“, entschied er und genervt zog Ulani ihre Waffe aus ihrer Tasche und gab sie ihm.
„Braves Mädchen, wir sollten jetzt schlafen, wir wollen morgen früh los“, entschied er und verstaute die Waffe im Safe.

Elftes Kapitel


„Okay, wenn wir in dem Tempo weiterkommen, sind wir in zwei Stunden in Flagstaff. Schon ne Ahnung, was du da machen willst? Ich meine, keiner weiß wo sich dein Ex-Lover aufhält“, erkannte Missy, als sie mit der Landkarte auf der Motorhaube auf einem Rastplatz ihre weiteren Pläne besprachen.
„Ich fühl‘ mich nicht wohl dabei, dass du ihn meinen Ex-Lover nennst!“, entschied Ulani.
„Wie soll ich ihn sonst nennen, deinen Flirt der dir Eizellen geklaut hat?“, fragte Missy und Ulani sah sie kritisch an.
„Okay Ex-Lover ist gar nicht so schlecht. Ich denke, wir sollten erst mal zu seinem Boss fahren, ihn fragen, ob er wieder aufgetaucht ist, oder von wo er sich gemeldet hat oder so ähnlich. Ach, ich weiß auch nicht, je mehr Antworten ich suche umso mehr Fragen stellen sich. Ich bin echt froh, dass ihr dabei seid, ich wüsste nicht, was ich tun würde“, erkannte Ulani.
„Etwas, was dir 20 Jahre bis lebenslänglich einbringen würde“, erklärte Russ cool.
„Kannst du mal damit aufhören? Ich werde niemanden töten“, murrte Ulani.
„Dann ist ja gut. Okay, fahren wir weiter“, erwiderte Russ und stieg wieder ein.
 
Etwas später trafen sie dann auch in Flagstaff ein. Missy buchte für sie ein Zimmer und Ulani hängte sich gleich ans Telefon um Zebs Chef zu erreichen.
„Ja, Mr. Breadcrumb, danke für die Information, dem werde ich nachgehen“, legte Ulani ihr Handy wieder auf.
„Er sagte nur, er müsste mal aus der Stadt weg, klasse, er ist nicht mehr hier, was für ein Reinfall“, erkannte Ulani enttäuscht und ging zum Auto.
„Hey, wo willst du hin?“, fragte Missy und ging ihr hinterher.
„Nach Hause, das bringt doch nichts“, entschied sie.
„Von wegen, ich hab grad nicht umsonst rumtelefoniert, wir werden erst mal ins Hotel gehen. Du gibst doch nicht etwa schon auf? Wir haben grad erst angefangen“, bat Missy und ging zur Fahrertür.
„Hey, wer ist die Chefin von uns beiden?“, fragte Ulani.
„Heute sind wir im Urlaub, heut‘ hab‘ ich das Sagen“, entschied Missy.
„Ich glaub‘ zwar nicht, dass ich das jetzt sag‘, aber mein Schwesterherz hat Recht, du hast einen Agent und eine Frau dabei, die für ihr Leben gern telefoniert, wir werden hier nicht weggehen, bis wir ihn gefunden haben“, bemerkte Russ und stieg auch ein.
„Hab‘ ich erwähnt, dass ich froh bin, dass ihr hier seid?“, fragte Ulani.
„Ja?“
„Dann nehme ich’s zurück, es nervt“, erkannte Ulani genervt und lehnte sich zurück.
„Du wirst uns noch dafür danken, glaub‘ mir. Mir fällt zwar auch grad‘ nichts ein, was wir machen könnten, aber wir werden das hinkriegen. An meiner Siegesrede muss ich noch arbeiten, oder?“, fragte Missy und fuhr los.
„Ja, ganz eindeutig. Er hat sicher Freunde oder? Wir sollten bei seiner Arbeit mal rumfragen, irgendjemand muss doch was wissen“, schlug Russ vor.
„Wie du meinst, ich will mir nur nicht vorstellen, dass er Freunde hatte oder eine Familie, die er die ganze Zeit über seine Vergangenheit angelogen hat“, entgegnete Ulani nachdenklich.
„Was unterscheidet ihn dann von dir? Deine Familie weiß es nicht und ich auch erst seit ein paar Tagen“, konterte Missy.
„Untersteh‘ dich, mich mit dem Kerl zu vergleichen, ich hab das aus Scham getan, er ist einfach nur ein Monster“, konterte Ulani gereizt.
„Hast du die Adresse hier? Dann könnten wir gleich zu der Firma fahren“, erwiderte Russ.
„Ja, hier ist sie. Ich hab immer mehr das Gefühl, dass hier her kommen eine echt blöde Idee war“, entschied Ulani und gab Russ einen Zettel.
„Versuchen wir erst das, du kannst heut‘ Abend immer noch Trübsal blasen“, konterte Missy und bog um die Ecke.
 
20 Minuten später waren sie in der Firma, in der Zeb arbeitete. Er war ein einfacher Arbeiter in einer Autoproduktion.
„Zeb? Eigentlich ein netter Kerl, ruhig, nicht auffällig. Ich arbeite nicht viel mit ihm zusammen“, erkannte ein Arbeiter.
„Danke, Sir, kennen Sie jemanden, der öfters mit ihm arbeitet? Jemand der mit ihm befreundet ist?“, fragte Ulani.
„Nicht dass ich wüsste, tut mir leid“, erkannte der Mann.
„Trotzdem danke“, ging sie zu Missy.
„Es ist fast so, als würde der Kerl nicht existieren, ich hab jetzt mit fünf Männern geredet, keiner kennt ihn so richtig, nur flüchtig. Scheint so, er will nicht so viele Spuren hinterlassen. Ich hab noch ne Idee, wir könnten seinen Boss fragen, ob er uns seine Heimadresse gibt“, erwiderte Missy und sah durch die Glasscheibe ins Büro des Chefs.
„Er darf diese privaten Informationen nicht rausgeben“, erwiderte Russ.
„Einem Agent der Heimatschutzbehörde schon, du wedelst nur kurz mit dem Ausweis und schon haben wir die Adresse“, erkannte Missy.
Russ öffnete sein Jackett.
„Ich hab weder Ausweis noch Knarre dabei, ich bin freigestellt, schon vergessen“, entschied er und schloss sein Jackett wieder.
„Warum tust du das? Du schläfst doch sonst mit dem Zeug“, erkannte Missy und boxte ihm in die Seite.
„Au, ich kann ihn ja nett fragen, das muss nicht immer mit dienstlicher Autorität passieren“, erkannte Russ und rieb sich seinen Arm.
„Gut, dann tu das, er wird dir nichts sagen, davon kannst du ausgehen“, konterte Missy und Ulani setzte sich müde auf einen Stuhl.
„Ich werde zu ihm gehen, ich kann echt charmant sein, wenn ich will, das klappt schon“, erkannte Russ und lächelte matt.
„Das glaub‘ ich, wir warten hier auf dich“, erwiderte Ulani und Missy setzte sich neben sie, während Russ zum Büro lief.
„Ist echt paradox, ich wollte den Kerl eigentlich nie wieder sehen und jetzt suche ich ihn. Ich hoffe, das ist bald vorbei“, erkannte Ulani in Gedanken.
„Hey, Sie sind sicher Kieles Mutter, holen Sie Zeb von der Arbeit ab?“, stupste ein Mann Ulani plötzlich von der Seite an.
„Nein, da müssen Sie mich verwechseln“, bemerkte Ulani verwirrt.
„Entschuldigen Sie, Sie sehen seiner Tochter nur so ähnlich, okay dann bis dann“, wollte er weiter gehen, Ulani hielt aber seinen Arm fest.
„Zeb ist vor ein paar Tagen abgetaucht, ich bin auf der Suche nach ihm, ne Ahnung, wo er sein könnte?“, fragte Ulani ernst.
„Er ist doch nicht mit seiner Tochter abgehauen, oder? Er hat in letzter Zeit immer davon gesprochen seiner Tochter ihre Wurzeln zu zeigen, keine Ahnung was er damit gemeint hat, hab‘ ihn nie gefragt“, konterte der Mann.
„Das hilft mir weiter, danke, wenn er sich bei Ihnen meldet, rufen Sie mich an“, bat Ulani und überreichte ihm ihre Visitenkarte.
„Psychotherapeutin, ah, Ihr Ex hätte echt mal ne Therapie nötig. Ich melde mich, versprochen“, entschied der Mann und ging wieder.
„Das ist so eine Frage, auf die ich keine Antwort wollte. Dieses Bild ist eine Fälschung, aber die Tochter ist real. Sie ist bei ihm, warum soll ich sie suchen? Hat sie vielleicht den Brief geschrieben? Warum hat sie das getan? Oh Gott, mir schwirren so viele Fragen im Kopf herum“, fragte Ulani weinerlich.
„Du hast sie noch nicht gesehen, vielleicht tischt er seinen Kollegen die Tochtergeschichte mit dem Bild auch auf. Wir werden ihn finden und ausquetschen, Russ wird die Adresse kriegen“, beruhigte Missy ihre Freundin.
„Danke, dass du mir die Rationalität gibst, die mir grad‘ zu fehlen scheint“, entgegnete Ulani.
„Einer muss ja jetzt rational denken, hey, er kommt zurück“, bemerkte Russ und sah wie sein Bruder zurückkam.
„Ich musste dem Kerl ein Märchen auftischen, was sogar Hans Christian Andersen vor Neid erblassen lassen würde, aber ich hab die Adresse. Lasst uns fahren“, erwiderte Russ erfreut.
„Alles klar bei dir?“, fragte Russ, Ulani, die abwesend schien.
„Ja, alles Bestens, wie immer bist du der Held des Tages“, erkannte Ulani abwesend und hakte sich bei ihm ein.
 
Sie fuhren zu der Adresse, die Russ bekommen hatte.
„Also, er ist mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zu Hause, aber wir werden trotzdem klingeln“, erklärte Russ, als sie vor dem Haus im Auto saßen. Das Haus, das Zeb bewohnte war ein typisches kleines Familienhaus. Ein Mädchenfahrrad stand am Eingang, auf dem Briefkasten stand sein Nachnahme.
„Sieht aus, als hätte er eine Familie und Kinder“, erkannte Russ.
„Ja, sieht so aus. Ich geh‘ alleine, ich mach ein unauffälliges Zeichen, wenn ich Hilfe brauche“, erkannte Ulani und Russ betastete ihre Hüfte.
„Süßer, in der Stimmung bin ich grad‘ überhaupt nicht“, sah sie ihn verwundert an.
„Ich check dich nur auf Waffen, nur zur Vorsicht, ich mach sicher nichts unanständiges, wenn meine kleine Schwester dabei ist“, erkannte Russ und Ulani küsste ihn kurz.
„Das reicht mir schon, was ich sehen muss. Also was ist dein Zeichen, wenn du Hilfe brauchst?“, fragte Missy.
„Ich weiß nicht, ich schrei‘ wie am Spieß?“, fragte Ulani vorschlagend.
„In welcher Weise ist das unauffällig?“, fragte Russ verwundert.
„Egal, es ist wirksam. Ich nehme Ludwig mit, wenn du mir schon keine Waffen erlaubst. Bin gleich wieder da“, nahm sie ihren Hund und ging zur Tür.
Sie klingelte. Eine Frau in ihrem Alter öffnete ihr.
„Hi, wohnt ein Zebedee Strickland hier?“, fragte sie die Frau höflich.
„Ja, eigentlich schon. Sie müssen Kieles Mutter sein, ich bin die Frau, deren Leben er zerstört hat“, stellte sich die Frau vor und ließ sie rein.

Zwölftes Kapitel


„Dann sind wir wohl Leidensgenossinnen, mein Leben ist auch nicht gerade eine rosige Blumenwiese seit er aus meinem Leben verschwunden ist. Sie müssen dann wohl die Leihmutter sein, die Kiele ausgetragen hat“, stellte Ulani fest.
„Wie meinen Sie das? Ich dachte Sie wären Kieles leibliche Mutter. Ich bin Grace Kim, seine ehemalige Lebensgefährtin. Er hat die letzten sechs Monate bei mir gelebt, zusammen mit Kiele. Wir haben früher hier zusammen gelebt, aber vor etwa 2 Jahren haben wir uns getrennt. Zeb ist ein Nomade, er reist eigentlich nur herum, Kiele ist immer dabei, das arme Kind war schon in duzenden von Schulen. Als er vor einigen Tagen wieder aufgebrochen ist, hat mich das nicht sehr überrascht. Sind Sie sicher, dass Sie nicht ihre leibliche Mutter sind? Die Kleine sieht Ihnen so ähnlich“, musterte Grace ihren Gast.
„Äh ja, das ist ein bisschen kompliziert, ich hab die Eizellen gespendet, meine DNA ist wohl ganz schön dominant. Haben Sie ne Ahnung, wo er hingefahren ist?“, fragte Ulani.
„An den Kerl muss man schon einen Peilsender hängen, dass man ihn findet, ich frag‘ mich immer noch, wie er es 4 Jahre hier ausgehalten hat. Warum wollen Sie ihn finden?“, fragte Grace.
„Ich will mit meiner Vergangenheit abschließen, lange Geschichte. Das klingt zwar seltsam, aber könnte ich seine Sachen durchsuchen, um herauszufinden wo er ist?“, fragte Ulani.
„Sicher, versuchen Sie ihr Glück, ich war nicht erfolgreich“, erkannte Grace.
„Das ist zwar ne blöde Frage, aber haben Sie Kiele jemals gesehen?“, fragte Ulani.
„Ich hab sie vier Jahre ins Bett gebracht, natürlich!“
„Ja, dumme Frage. Wo ist sein Zimmer?“, fragte Ulani und wurde von Grace dorthin geführt.
 
„Er ist ein Nomade, ja ganz toll, ist ja ganz toll für ein Kind. Ich kann auch nichts finden, tut mir leid. Alles klar bei dir?“, fragte Missy, als sie zusammen auf dem Hotelbett saßen und durchgingen, was Ulani mitgenommen hatte.
„Ich hab ne Tochter, ich hab tatsächlich ne Tochter“, erwiderte Ulani und sah die Bilder an, die sie von Kiele mitgenommen hatte.
„Was sollte das dann, mit diesem falschen Foto, wenn er richtige Fotos hat? Das ergibt alles immer noch keinen Sinn“, nahm Russ ein anderes Bild auf. Er saß hinter Ulani und die lehnte sich müde an seine Brust.
„Hat eins der Dinge die wir in den letzten Tagen herausgefunden haben, Sinn ergeben? Also rekapitulieren wir noch mal, Clifford Strickland kommt in mein Büro, sagt, dass er ein anderer Mensch ist und meine Hilfe braucht um seinen Bruder zu retten. Kurz danach find ich ihn erschossen in einem Motel-Zimmer. Er hinterlässt mir einen Brief, der von einem Mädchen geschrieben wurde, zusammen mit einem falschen Bild meiner Tochter, die wie sich herausstellt, wirklich existiert, darin steht, dass er schwer krank ist, obwohl nichts in seinem Lebensstil darauf hin weißt. Er geht regelmäßig ins Fitnesscenter, ich hab‘ in seinen Sachen die Rechnungen gefunden. Seine Kollegen denken, dass er ein allein erziehender Vater ist, seine ehemalige Lebensgefährtin kennt seinen Bruder nicht, der mich darum gebeten hat, ihm zu helfen. Wenn ich in einer Geschichte stecken würde, würde ich sagen, der Autor hat sich ziemlich in ungereimte Fakten vernetzt“, erkannte Ulani.
„Hat Zebs Kollege nicht gesagt, er wollte seiner Tochter ihre Wurzeln zeigen?“, fragte Missy plötzlich.
„Ja, aber was meint er damit, fährt er zu seinen Eltern mit ihr?“
„Ich glaub‘ eher, er meint die Wurzeln ihrer Mutter, deine Wurzeln“, schlussfolgerte Russ.
„Ich wurde auf Honalo geboren, heißt dass, sie sind auf Hawaii?“, fragte Ulani.
„Oh ja Hawaii, da wollt‘ ich schon lange hin“, freute sich Missy und Ulani fasste sich an die Stirn.
„Und ihr fragt euch, warum ich zwei Therapeuten brauche, ich hoffe, das beantwortet eure Frage. Ich ruf meine Eltern an, vielleicht hat er sich bei ihnen Informationen über meinen Geburtsort eingeholt, ich steig‘ in keinen Flieger, bis ich weiß, dass er wirklich dorthin geflogen ist. Man, das ist echt ätzend“, murrte Ulani und griff zu ihrem Handy.
„Hi, Mum, hey, ja ich weiß, ich hab lang nicht mehr angerufen. Die Frage kommt sicher etwas seltsam rüber, aber hat sich in den letzten Tagen ein Mann bei dir gemeldet, so in meinem Alter und wollte wissen, wo ich geboren wurde?“, fragte Ulani vorsichtig, als sie ihre Mutter erreichte.
„Du meinst deinen Ex-Freund mit deiner Tochter? Wie konntest du uns verschweigen, dass du ein Kind hast?“, fragte ihre Mutter aufgebracht und Ulani schwieg.
„Mum, ich bin jede zwei Wochen beim Essen bei euch, wie hätte ich euch ein Kind verschweigen können?“, versuchte Ulani zu erklären.
„Lüg‘ mich nicht an, ich hab deine Tochter gesehen“, war ihre Mutter echt aufgebracht.
„Hast du ihnen gesagt, wo ich geboren wurde?“, fragte Ulani ruhig.
„Ja, die Kleine soll ja was über ihre Mutter erfahren. Erklärst du es mir bitte?“, bat ihre Mutter.
„Ich bin grad in Arizona, Mum, aber sobald ich wieder daheim bin, komm‘ ich zu euch und erklär‘ euch alles. Ich hab‘ euch lieb“, legte sie wieder auf.
„Alles klar?“, fragte Missy und Ulani schmiss vor lauter Frust ihr Handy gegen die Wand.
„Ich hoffe, der Kerl kratzt wirklich ab, dann muss ich ihn nicht umbringen, verdammt“, fluchte Ulani und setzte sich frustriert wieder aufs Bett, von dem sie aufgestanden war.
„Ich glaub, du könntest auch gut einen Aggressionsbewältigungskurs vertragen“, hielt Russ seine Freundin an den Schultern fest.
„Wenn du deine Hände behalten willst, dann solltest du mich loslassen“, zischte sie und Russ zog seine Hände ruckartig zurück.
„Ich muss hier raus“, erkannte sie genervt und verschwand aus dem Zimmer.
„Sie ist überfordert im Moment, das muss nichts heißen. Lass‘ sie gehen“, erkannte Missy, während sie die Einzelteile von Ulanis Handy aufsammelte.
„Das wäre ich auch. Wie sieht das Handy aus?“, fragte Russ, der das ziemlich locker sah.
„Ich werde ihr ein neues kaufen gehen, sie kann nicht ohne ein Handy leben, vor allem nicht jetzt. Bring‘ sie dazu, etwas zu schlafen, das wird ihr helfen. Ich hab vorhin hier in der Nähe einen Handyladen gesehen, bin gleich wieder da“, bemerkte Missy und schmiss das Handy in den Mülleimer.
„Du musst das nicht machen“, erkannte Russ.
„Ich bin ihre Assistentin und ich mach‘ es gern“, erkannte sie und ging weg.
Russ fand Ulani auf dem Boden des Flurs, wo sie kauernd saß.
„Er hat es meinen Eltern gesagt, er hat wirklich die hirnrissige Idee gehabt, meine Eltern einzuweihen. Ich hab ihnen nie gesagt, was damals passiert ist, wie soll ich ihnen das erklären?“, bemerkte Ulani und fuhr  mit ihren Händen durch ihre Haare.
„Eins nach dem anderen, erst mal finden wir den Idioten. Das mit dem Aggressionsbewältigungskurs war ein Scherz, das brauchst du nicht“, beruhigte Russ seine Freundin.
„So Unrecht hast du gar nicht, der ganze Hass, der sich in den letzten Jahren bei mir aufgestaut hat, ich bin ziemlich aggressiv geworden, das hast du ja gesehen“, bemerkte Ulani nachdenklich.
„Nein, aggressiv bist du nicht, da hab ich echt schon schlimmere Wutausbrüche gesehen, selbst von meiner Schwester. Dein Schmerz ist ziemlich verständlich. Komm‘, du musst etwas schlafen, du siehst müde aus“, zog Russ sie hoch.
„Ich glaub‘, ich kann nicht schlafen“, bemerkte sie, aber sie war wirklich müde.
„Leg‘ dich einfach ab, dann wirst du schon müde. Ich hab‘ übrigens auch schon mal ein Handy zertrümmert, die Dinger halten echt nichts aus. Ich zieh‘ dir die Schuhe aus, setz‘ dich hin“, bat Russ liebevoll und sie setzte sich müde hin.
„Wo ist Missy?“, fragte Ulani etwas daneben.
„Sie kauft dir ein neues Handy, sie meint, du brauchst wohl eins“, erkannte Russ und zog ihr die Chucks aus, die sie trug.
„Das muss sie nicht tun“, erkannte sie.
„Hab‘ ich auch gesagt, aber sie ist manchmal ein bisschen zu hilfsbereit. Schlaf‘ jetzt, morgen ist sicher alles besser“, bemerkte er und sie legte sich ins Bett.
„Das hoffe ich, denn heut‘ ist irgendwie alles Mist. Nimmst du mich in den Arm, bis ich eingeschlafen bin?“, fragte Ulani und Russ legte sich neben sie.
„Sicher, schlaf‘ einfach“, nahm er sie in den Arm und schnell waren beide eingeschlafen.

Dreizehntes Kapitel


Von einem schrillen Klingelton wurde Ulani tags drauf wach. Sie lag im Arm eines Mannes. Sie hatte erst vor kurzem wieder akzeptiert, dass dies keinen Stressfaktor darstellen musste.
„Entschuldige, wollt‘ dich nicht wecken, ich stell‘ dir nur grad einen angenehmen Klingelton ein. Der gehört ganz eindeutig nicht dazu, findest du nicht? Ich hätte echt ein eigenes Zimmer genommen, wenn gewusst hätte, dass ihr so süß zusammen aussehen ausseht, wenn ihr schlaft“, bemerkte Missy, die mit einem Handy rumspielte.
„Wie lang hab‘ ich geschlafen?“, fragte Ulani und löste sich von Russ.
„Weiß nicht, wann du eingeschlafen bist, aber es ist fast Mittag. Du hast echt Schlaf gebraucht“, erwiderte Missy und Ulani stand auf.
„Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich so gut schlafen könnte. Ist das ein Handy für mich?“, fragte Ulani und bekam es gereicht.
„Das ist so ein Outdoor-Handy, das kannst du ruhig mal gegen die Wand schmeißen, wenn dir danach ist. Ist zwar nicht das schönste Handy, aber echt für alles nützlich. Ich hab den Flughafen angerufen, wir können heut‘ Nachmittag fliegen, wenn du willst“, entgegnete Missy und Ulani ging ins Badezimmer.
„Ich weiß nicht, lass‘ mich erst mal duschen. Weck‘ deinen Bruder auf, er schläft echt wie ein Toter“, erwiderte Ulani abwesend und schloss die Badezimmertür hinter sich.
„Hey Schlafmütze, steh‘ auf, es ist spät genug“, stupste Missy die Füße ihres Bruders an, die immer noch in seinen Schuhen steckten.
„Man, hat dir eigentlich schon jemand gesagt, dass du eine fiese helle Stimme hast?“, grummelte Russ schlaftrunken und setzte sich auf. Seine Haare waren ganz zerzaust und standen zu allen Seiten ab.
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du viel zu viel Haarschaum benutzt?“, fragte Missy und zog ihn leicht an seinen Haaren.
„Wo ist sie?“, fragte Russ und zog seine Jacke aus, die er immer noch trug.
„Duschen, würde dir auch nicht schaden, aber nicht zusammen mit ihr, dafür ist der Kaffee hier nicht stark genug, dass ich das mit anhören will“, entschied sie.
„Du bist eindeutig zu versaut für dein Alter, ich hab dich wohl zu oft mit meinen perversen Kumpels allein gelassen. Ich werde Frühstück besorgen gehen, buch‘ du einen Flug“, erkannte Russ und ging zur Tür.
„Sollten wir das nicht mit ihr besprechen?“, fragte Missy.
„Wir sollten gerade für sie entscheiden, denn sie kann das gerade nicht“, bemerkte Russ und verließ den Raum.
„Sie ist mein Boss, ich hör‘ auf sie“, redete Missy mit sich selbst und setzte sich auf ihr Bett.
„Hey, wo ist Russ?“, fragte Ulani, als sie zurück aus dem Bad kam.
„Ihr beide seid so süß, ihr könnt einfach nicht ohne einander sein. Er ist Frühstück kaufen. Hat die Dusche geholfen?“, fragte Missy und trocknete Ulanis Haare mit einem Handtuch, während ihre Chefin immer noch etwas teilnahmslos auf dem Bett saß.
„Etwas, zumindest bin ich sauber. Wann bist du eigentlich von meiner Sprechstundenhilfe zu meiner persönlichen Assistentin aufgestiegen?“, fragte Ulani und sah nach hinten zu Missy.
„Aufstieg würde ich das nicht nennen, nein im Ernst, in den nächsten Tagen bin ich nur deine Freundin, die sich einfühlsam um dich kümmert. Mein Bruder will dich übergehen in unseren nächsten Schritten“, gestand Missy und begann Ulanis Haare zu kämmen.
„Das traut er sich nur, weil er mir die Waffe weggenommen hat. Danke für deine Ehrlichkeit. Ich bin nicht gelähmt, danke“, nahm Ulani ihrer Freundin die Bürste aus der Hand und bürstete ihre Haare selbst.
„Entschuldige, hab’s wohl übertrieben. Glaubst du, Russ weiß, dass du nur Bio-Produkte isst?“, fragte Missy und Ulani sah sich im Spiegel an.
„Wenn nicht, wär‘ ich enttäuscht, denn er weiß ja sonst immer alles. Ich werde alt“, erkannte Ulani und zog an ihrem Gesicht herum.
„Ah, Einbildung ist auch ne Art von Bildung. Du siehst toll aus, wenn ich es nicht wüsste, würde ich nie denken, dass du 31 wirst im Herbst“, erkannte Missy und Ulani kämmte ihre Haare ins Gesicht.
„Das ist nicht die Aufmunterung, die ich gebrauchen kann. Wehe, du planst ne Geburtstagsparty für mich, dann kannst du einen Tag später stempeln gehen“, grummelte Ulani trübsinnig.
„Hab‘ ich nicht vor, ich weiß wie du tickst. Komm‘ her, du siehst wirklich klasse aus, das wollte ich nur dazu sagen“, erkannte Missy und wischte Ulani die Haare aus dem Gesicht.
„Wie soll ich das meiner Mutter erklären, wir haben uns geschworen immer ehrlich zu sein, aber ich kann ihr nicht die Wahrheit sagen“, bemerkte Ulani traurig.
„Du bist eine herausragende Therapeutin, erfind einfach was, dass sie sich besser fühlt“, bemerkte Russ, als er zurückkam mit zwei Tüten in der Hand.
„Wenn du denkst, dass ich nur Lügengeschichten verzapfe bei meinen Sitzungen, brauchst du gar nicht mehr zu mir zu kommen“, grummelte Ulani.
„Deine Laune ist noch nicht besser, wie ich sehe. Vielleicht hebt das deine Laune“, drückte Russ ihr ein Körner-Bagel mit Käse und einen Kaffee in die Hand.
„Ist das biologisch?“, fragte Ulani.
„Das ist doch das Gleiche wie vegetarisch, oder?“, fragte Russ unschlüssig.
„Äh, ja, beinahe. Zumindest ist es kein fettiger Speck, danke“, entgegnete sie und kaute lustlos auf ihrem trockenen Bagel herum.
„Ich kann dir auch noch was anderes besorgen“, bemerkte Russ.
„Nein, es macht satt, das reicht mir, danke“, begrüßte sie ihren Freund mit einem Kuss.
„Man, du stinkst, geh‘ dich duschen“, bat sie.
„Sofort, Milady. Danach erklärst du mir den Unterschied zwischen Bio-Ernährung und vegetarischer Ernährung, okay?“, bemerkte er und ging ins Badezimmer.
„Ich freu‘ mich so, du wirst meine Schwägerin“, erwiderte Missy begeistert.
„Missy, das ist nicht mehr als ein Flirt im Moment, du interpretierst da viel zu viel hinein“, bestritt Ulani es.
„Wie du meinst, ich find‘ es trotzdem schön. Soll ich jetzt was buchen? Wir müssen uns bald entscheiden, wenn wir zusammen sitzen wollen“, erkannte Missy.
„Wer hat gesagt, dass du neben uns sitzen darfst?“, fragte Ulani gespielt ernst.
„Klar, sicher“, bemerkte Missy.
„Das war ein Scherz, natürlich sitzt du neben uns. Das wäre lieb, wenn du drei Plätze nach Honalo buchen könntest, egal welche Klasse, bin nicht wählerisch“, verbesserte Ulani sich und Missy atmete auf.
„Missy, du glaubst doch nicht ernsthaft, ich halt‘ mich für was Besseres“, entschied Ulani und band ihre Haare zu einem sehr kurzen Zopf zusammen.
„Was weiß ich, was in deinem kranken Kopf vorgeht“, schmunzelte Missy und bekam eine Kopfnuss.
„Au, Freak!“
„Sei bloß still, sonst verdonnere ich dich noch zu ein paar Therapiesitzungen bei mir. Man, ich hab gar nichts für Hawaii eingepackt, was zieh‘ ich denn an?“, bemerkte Ulani und sah in ihren Koffer.
„Mehr als das Handtuch, was du gerade trägst, sonst kommt mein Bruder noch auf Gedanken“, schmunzelte Missy.
„Kann ja sein, dass ich das will“, konterte Ulani keck.
„Uh, so genau wollt‘ ich es eigentlich gar nicht wissen“, entschied Missy angeekelt.
„Du willst doch, dass wir Schwägerinnen werden, da gehört Sex auch dazu“, bemerkte Ulani rational.
„Man, du liest eindeutig zu viel Freud. Du bist schon genauso seltsam wie er es war. Kannst du dich noch an die Insel erinnern, ist es schön da?“, fragte Missy, während Ulani sich umzog.
„Es ist ein schönes Fleckchen Erde, ich war seit meinem Weggang nicht mehr da, ich wollte eigentlich schon lang mal hin, vor allem weil meine Großmutter noch da lebt“, erkannte Ulani und zog sich Unterwäsche an.
„Du hast deine Oma seit 20 Jahre nicht mehr gesehen? Wie traurig“, bemerkte Missy.
„Ist ja nicht so, als würde ich meiner Großmutter nah stehen, ich kenn‘ sie kaum. Ich werde sie trotzdem besuchen gehen, schon wegen meiner Mutter. Was machst du da?“, fragte Ulani, als Missy begann sich auszuziehen.
„Ich hab eine Dusche auch nötig, ich will doch gut aussehen, wenn ich auf die heißen Hawaiianer treffe“, erkannte Missy und zog ihre Bluse aus.
„Man, davon hab‘ ich mal geträumt, aber meine Schwester war glaub‘ ich nicht in dem Traum dabei“, bemerkte Russ, als er nur in Jeans und Barfuß aus dem Badezimmer kam und die beiden Frauen in Unterwäsche antraf.
„Man Russ, kannst du nicht anklopfen?“, erkannte Missy und hielt sich ihre Bluse vor den Oberkörper.
„Und das verpassen? Um nichts in der Welt. Ich bin übrigens raus gekommen, nicht rein, da ist klopfen Unsinn. Nette Unterwäsche, Frau Doktor“, erwiderte Russ und Ulani zog die Decke um sich.
„Ich geh dann mal unter die Dusche, ich hoffe es ist noch heißes Wasser übrig“, wollte Missy der erotischen Stimmung im Raum entfliehen und eilte ins Badezimmer.
„Hast du immer so heiße Unterwäsche an, oder nur wenn du mich verführen willst?“, fragte Russ säuselnd und zog sie aufs Bett.
Ulani begann ihn zu küssen. Die Küsse wurden immer heißer.
„Ich glaub, das reicht als Antwort, denke ich“, schnaufte Russ und zog die Decke über sie.
„Entschuldigt, ich hab meine Anziehsachen vergessen, oh man, auf Hawaii brauchen wir echt getrennte Zimmer“, platzte Missy in die Situation und Russ ließ von seiner Freundin ab.
„Ja, ganz eindeutig. Entschuldige, wir werden uns zusammenreißen. Ich werde die Fluglinie anrufen“, bemerkte Ulani, zog ein T-Shirt und ihre Jeans an und setzte sich ans Telefon.
„Ich hab noch drei Plätze gekriegt, die Maschine geht in drei Stunden. Ich glaub‘ echt nicht, dass ich nach Hause fliege, ich hab immer gedacht, dass ich das mit meinen Eltern machen würde“, erwiderte Ulani nachdenklich, während sie auf einem Stuhl am Telefon saß.
„Sie werden sich wieder einkriegen, wenn du die Worte gefunden hast, ihnen zu erklären, was passiert ist. Bis dahin sind wir das, was am nächsten an eine Familie rankommt. Ich kann warten, wie lang du auch brauchst, das ging mir gerade, als ich unter der Dusche war, durch den Kopf“, erkannte Russ, kam zu ihr und legte seine Hände auf ihre Schultern.
„Wer hat dich geschickt, dass du gerade dann auftauchst, wenn ich jemanden an meiner Seite brauche?“, fragte Ulani etwas philosophisch.
„Genau die gleiche Person, die dich geschickt hat, mich vor einem Leben in Einsamkeit zu schützen“, konterte Russ.
„Oh man, mir kommt gleich das Frühstück hoch“, kam Missy Haare trockenreibend aus dem Badezimmer und setzte sich aufs Bett.
„Du hast wohl deinen ganzen Sinn für Romantik weggeduscht, wie es aussieht. Wir fliegen in drei Stunden. Ich werde noch mal zu Grace fahren, sie soll mir noch mehr über meine Tochter erzählen, ich bin rechtzeitig zurück, versprochen“, erkannte Ulani, schlüpfte mit ihren nackten Füßen in ihre Pumps und nahm ihre Jacke.
„Willst du wirklich so viel über deine Tochter erfahren?“, fragte Russ besorgt.
„Sie ist meine Tochter, Russ, jede Information ist wertvoll“, entschied Ulani und verließ das Hotelzimmer.

Vierzehntes Kapitel


An diesem Nachmittag saß Ulani Paia zwischen ihrem Freund und ihrer besten Freundin in einem Flugzeug und wartete, dass der Flieger sich in die Luft erhob, um sie in ihre Heimat zu bringen. Sie war nervös nach so langer Zeit wieder hawaiianischen Boden zu betreten und umso mehr nervös ihrer Tochter zu begegnen.
„Ich bin jetzt schon etwas nervös“, gestand Ulani und Russ nahm ihre Hand.
„Sie ist deine Tochter, das ist verständlich“, bemerkte Missy und nahm ihre andere Hand.
„Ich meine eher meine Rückkehr nach Hause. Nach Hause, wie sich das anhört, ich hab‘ in New Mexiko ein zu Hause. Aber irgendwie bin ich noch stark mit der Insel verbunden, ich fühl‘ das irgendwie“, erklärte Ulani.
„Es ist gut, seine Wurzeln zu kennen, auch wenn der Kerl ein Idiot ist, er zeigt deiner Tochter ihre Wurzeln“, erklärte Russ und Ulani ließ seine Hand los.
„Ihre Wurzeln sind ein Reagenzglas, das sind meine Wurzeln, der Kerl will nur noch sein Seelenheil beruhigen, bevor er das Zeitliche segnet. Wenn er etwas anderes behauptet, kriegt er von mir eine Kugel zwischen die Augen“, erkannte Ulani gereizt und setzte sich ruckartig zur Seite.
„Ja, tut mir leid. Aber das mit dem Erschießen könnte schwierig werden, deine Waffe ist gerade auf dem Weg zu deinem Büro, ich hab sie auf dem Postweg zurück geschickt“, erklärte Russ.
„Du hast meine Waffe einfach weggeschickt? Das geht so einfach?“, fragte Ulani, die wieder zuhören wollte.
„Denk‘ nicht mal daran, dass Ding bleibt wo es ist, außerdem hab ich ne Genehmigung“, entgegnete Russ und Ulani drehte den Kopf zu ihm.
„Ist vielleicht besser, wenn ich keine Waffe dabei hab, oder?“, fragte sie nachgebend und Russ strich mit dem Handrücken über ihre Wange.
„Das denke ich auch. Ich würde dich ungern abknallen wollen, wenn du jemanden mit der Waffe bedrohst“, scherzte Russ und küsste ihre Stirn.
„Wehe, dann rede ich nie wieder mit dir. Ich will noch etwas schlafen, weckst du mich kurz bevor wir landen?“, fragte sie müde und er nickte.
 
„Aloha, willkommen auf Hawaii“, begrüßte die hawaiianische Stewardess gelangweilt die ankommenden Gäste auf Honalo an diesem Nachmittag.
„Äh ja, wo ist meine Blumenkette?“, fragte Russ verwundert.
„Schätzchen, die 50er sind vorbei, komm‘ weiter, wir müssen unser Gepäck holen“, konterte Ulani amüsiert und zog ihren Freund weiter zur Gepäckausgabe.
„Dir scheint es besser zu gehen, hat dir das Schlafen geholfen?“, fragte Russ und nahm ihre Hand.
„Wir sind auf einer der schönsten Inseln der Welt und es ist ein wunderschöner Frühlingstag, da kann es mir doch nur gut gehen, oder?“, fragte Ulani und lächelte.
„Hast du irgendwas genommen?“, fragte Missy, misstrauisch, die ihren Handkoffer hinter sich her zog.
„Nein, das macht diese Insel, hier fühl‘ ich mich gleich viel freier. Ist es okay, wenn wir gleich erst mal zu meiner Großmutter fahren?“, fragte Ulani, die die Kraft aus der Insel zu sogen schien.
„Sicher, soll ich ein Taxi rufen oder fliegst du zu ihr?“, fragte Russ und Ulani drehte sich zu ihm.
„Hey, zieht mich nicht auf, mir geht es einfach gut, wenn ich hier bin, das könnte euch doch nur gefallen“, erwiderte Ulani zufrieden.
„Ja, ist schön, du bist viel schöner, wenn du lachst. Da sind unsere Koffer schon“, bemerkte Russ und zog ihre Koffer vom Kofferband.
Die kleine Gruppe trat aus dem Flughafen in Honalo und kam in die wunderschöne Landschaft der hawaiianischen Insel.
„Schon nicht schlecht hier, hier lässt es sich leben. Bleibt hier stehen, ich hol‘ uns nen Taxi“, bemerkte Russ und während die beiden Frauen mit den Koffern stehen blieben, ging er zum Taxistand.
 
„Nettes Häuschen, hier könnt‘ ich auch alt werden“, bemerkte Missy, als sie vor dem Haus von Ulanis Großmutter mit dem Taxi hielten.
„Ja, echt nicht schlecht. Wie ist deine Oma so, ist sie fit oder eher bettlägerig?“, fragte Russ, als sie vor dem Haus standen und das Taxi wegfuhr.
„Keine Ahnung, ich hab‘ sie länger nicht mehr gesehen“, bemerkte Ulani herumdrucksend.
„Wie lang hast du sie nicht mehr gesehen?“, fragte Russ und Ulani vergrub ihr Gesicht in ihrer Hand.
„Äh, so 20 Jahre!“
„Wie kannst du deine Oma 20 Jahre lang nicht besuchen?“, fragte Russ empört.
„Ich fühl mich schon schlecht genug, bitte lass‘ das!“, grummelte Ulani und lief zum Haus. Die anderen hinterher.
Die Tür öffnete sich.
„Aloha Tutu“, begrüßte Ulani ihre Großmutter auf Hawaiianisch.
Die rüstige alte Dame knallte ihr lautstark hawaiianische Phrasen an den Kopf und erteilte ihr eine schallende Ohrfeige. Ulani verteidigte sich lautstark zurück, natürlich auch auf Hawaiianisch. Ihre Begleiter standen unbeteiligt da und verstanden kein Wort.
Plötzlich ließ Oma Paia von ihrer Enkelin ab und ging Richtung Küche.
„Wenn ich den Kerl nicht abknallen kann, darf ich ihn wenigstens krankenhausreif schlagen?“, fragte Ulani, als sie sich zu den anderen gedreht hatte.
„Er war schon hier, oder?“, fragte Missy erkennend.
„Oh ja, gestern Abend, meine Oma tobt vor Wut“, bemerkte Ulani genervt.
„Du auch, wie mir scheint. Warum tut er das?“, fragte Russ kopfschüttelnd.
„Wenn ich seine fröhlich grinsende Visage zu Brei verarbeitet habe, frag‘ ich ihn“, schnaubte Ulani und setzte sich genervt auf ein Bambussofa, auf dem bunte Kissen lagen.
„Hat sie ne Ahnung, wo er steckt?“, fragte Missy und setzte sich neben ihre Freundin.
„Hab‘ ich noch nicht fragen können, mach‘ ich gleich. Lass‘ mich diesen Auftritt erst mal sacken lassen. Meine Großmutter ist ganz schön kräftig für ne fast 90-jährige“, rieb sich Ulani die Backe.
„Ja, ist ne coole Lady. Was macht sie in der Küche eigentlich?“, fragte Russ und sah zur Küche.
„Sie macht Tee, sie ist wütend, aber sie ist eine gute Gastgeberin“, erwiderte Ulani. Russ setzte sich neben ihre Freundin und Ulani griff seine Hand und legte sie in ihre.
„Tutu, ich hab jemanden mitgebracht“, rief Ulani in die Küche.
„Traust du dich nicht allein hier her zu kommen?“, fragte Oma Paia in ihrer Sprache, als sie mit einem Tablett, auf dem Tassen standen, aus der Küche kam.
„Nein, ich hab nur zwei besondere Menschen in meinem Leben hier hin mitgebracht, dass du sie kennen lernst. Es ist übrigens verblüffend, wie schnell du mich erkannt hast“, erkannte Ulani und drückte Russ‘ Hand fester.
„Du siehst genau so aus, wie deine Mutter in dem Alter“, erklärte Oma Paia.
„Wenn ich nicht wüsste, dass meine Mutter in meinem Alter schon 40 Pfund Übergewicht hatte und ihr die Haare ausfielen, weil sie mich noch stillte, wär das fast ein Kompliment“, bemerkte Ulani zu ihren Begleitern.
„Das ist ein Kompliment, diese Phase hat sie überstanden“, bemerkte Oma Paia etwas verärgert.
„Klar, wenn du meinst. Dann stell‘ sie mir mal vor, deine besonderen Freunde“, bat Oma Paia.
„Oma, das ist Missy, meine Sprechstundenhilfe und gute Freundin und ihr Bruder Russ, mein Freund“, stellte Ulani ihre Begleiter vor.
„Werdet ihr Heiraten?“, fragte Oma Paia forsch.
„Tatu, ich bin noch nicht lange mit ihm zusammen, das kann ich jetzt noch nicht … vielleicht Tatu, ich werde dich zumindest dazu einladen“, erkannte Ulani und beendete ihren Satz schnell, als sie sah, dass ihre Großmutter auf eine Antwort wartete.
„Das will ich auch hoffen. Wie kannst du mir eine Urenkeltochter verschweigen, schämst du dich denn gar nicht?“, fragte Oma Paia forsch.
„Es ist schwer zu erklären, du würdest mir nicht glauben, wenn ich dir sagen würde, dass ich vor zwei Tagen erst herausgefunden hab, dass ich ein Kind hab‘“, bemerkte Ulani herumdrucksend.
„Lüg‘ mich nicht an, es ist schlimm genug, dass du mir das verschwiegen hast, aber dass du mich anlügst ist die Krönung. Jede Mutter weiß, dass sie ein Kind geboren hat“, zischte Oma Paia.
„Ich hab dieses Kind nicht geboren, es war meine Eizelle die befruchtet wurde. Eine Leihmutter hat mein Kind ausgetragen, besser gesagt das Kind, es hat meine Erbanlagen sonst ist es gar nicht mein Kind. Das verstehst du vermutlich nicht“, erwiderte Ulani und vergrub ihr Gesicht wieder in ihren Händen.
„Ich bin nur die Witwe eines Fischers, aber ich weiß, über was du da sprichst, Kind. Ich hab‘ mit deiner Mutter vor über 25 Jahren schon über das Thema gesprochen. Damals wollte ihre Freundin Betsy, dass sie ein Kind für sie austrug, weil sie ihren Körperbau nicht verlieren wollte. Damals war das noch nicht erlaubt, eigentlich noch gar nicht richtig erforscht, Keala wollte das auch nicht machen, ich glaub‘, Betsy hat sie nur gefragt, weil sie wusste, dass Keala durch ihren größeren Körperumfang keine Karriere als Misses mehr anstreben würde. Dann ist sie ja dann doch schwanger geworden, ungewollt, deine Mutter war echt schadenfroh. Dass hat sie Betsy damals auch gesagt, Betsy ist völlig ausgeflippt, sie schwor damals, dass sie sich rächen würde. Wir haben das ziemlich lapidar behandelt, sie haben sich dann 5 Jahre später auch wieder zusammen gerissen. Du hast es also getan, Eizellen gespendet, meine ich“, erzählte Oma Paia und Ulani erzählte ihrer Großmutter die Geschichte, weil sie nichts mehr zu verlieren hatte.
„Und deine Eltern wissen nichts davon?“, fragte Oma Paia.
„Nein, es wäre auch toll, wenn das so bliebe. Aber sie hassen mich grad eh, also erzähl‘ es ihnen ruhig, ist jetzt auch egal. Glaubst du, dass das die Rache von Betsy ist? Damals, vor 10 Jahren hab‘ ich bei Betsy gewohnt, ich war die einzige damals, die was im Haus aß, ich dachte mir nichts dabei, das war ein Haus voller Missen. Aber jetzt? Ich hatte einen hohen Anteil von Fruchtbarkeitshormonen im Blut, als ich im Krankenhaus war, nach dieser Attacke. Die steckten alle unter einer Decke, diese Show am letzten Abend, dass er verschwinden sollte, diese Show war nur für mich, das war alles ihr Plan. Und ich hab ihnen vertraut. Warum musste ich in das geraten? Ich versteh das alles nicht“, bemerkte Ulani verärgert.
„Du hast Antworten gefunden, auf Fragen, das ist doch gut, oder?“, tätschelte Russ die Hand seiner Freundin.
„Die gehören aber zur Kategorie „Das wollt ich gar nicht wissen“. Ich schreib‘ Betsy jedes Jahr eine Weihnachtskarte, verdammt“, zischte Ulani und riss ihre Hand los.
„Sieh‘ es von der Seite, jetzt musst du das nicht mehr tun“, schmunzelte Missy und wurde mit einem bösen Blick ihrer Chefin bestraft.
„Tutu, hat der Mann der bei dir war, gesagt, wo er hinwill?“, fragte Ulani nach einer Minute des Schweigens.
„Der Mann hat einen Namen. Zeb sagte, er wollte mit diesem Mädchen zu eurem alten Apartment fahren, er will der Kleinen die Wurzeln ihrer Mutter zeigen. Ist schon irgendwie schräg. Habt ihr Hunger, wollt ihr was essen?“, fragte Oma Paia etwas freundlicher.
„Danke Gran, wir haben im Flugzeug gegessen. Wir müssen dann auch los, wir müssen den Kerl unbedingt finden. Aber wir werden wiederkommen, bevor wir wieder nach Hause fliegen, versprochen“, war Ulani in Aufbruchsstimmung.
„Ihr könnt doch nicht schon gehen, ihr seid doch gerade erst gekommen. Ulani, du siehst müde aus, wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen?“, fragte Oma Paia und Ulani rieb sich ihre Augen.
„Wenn du gerade erfahren hättest, dass du ein Kind hättest, von dem du nichts weißt, könntest du auch nicht schlafen“, murmelte sie müde.
„Okay, das reicht mir, du bleibst hier, deine Begleiter natürlich auch. Ich hab‘ genug Schlafgelegenheiten hier, ich nehm‘ auch manchmal Touristen auf, aber momentan ist keine Saison. Ich zeig‘ euch alles“, stand Oma Paia auf und sie liefen ihr hinterher.
„Hier, das ist ein Zimmer mit einem großen Bett, dein Freund und du könnten hier schlafen, ich hab‘ noch zwei andere Zimmer, eins ist gleich daneben, das andere den Gang runter. Welches willst du, Kleines?“, fragte Oma Paia.
„Das den Gang runter“, sagten Ulani und Russ fast gleichzeitig.
„Das Zimmer hat eine wunderschöne Sonne am Morgen“, erkannte Oma Paia.
„Klingt gut, lassen Sie uns gehen“, bemerkte Missy und ging mit der rüstige Dame den Gang entlang, während das Pärchen stehen blieb.
„Du solltest wirklich schlafen, ich nehm‘ mir ein Taxi und fahr zu eurem alten Apartment um nachzusehen, ob sie dort sind. Die Chance ist gering, dass sie da sind, deshalb kannst du gut schlafen“, erwiderte Russ fürsorglich und stieß die Tür zum Zimmer auf.
„Man, da kommen Erinnerungen hoch, hier haben meine Eltern immer geschlafen, als ich als Kind hier war. Es ist echt schön hier. Würdest du das wirklich für mich machen?“, fragte Ulani und setzte sich aufs Bett.
„Sicher, ich würde fast alles für dich machen. Es ist seltsam, es kommt mir vor, als würde ich dich schon seit Ewigkeiten kennen. Wie ist das bei dir?“, fragte Russ und setzte sich neben sie.
„Schätzchen, wir wollten doch erst darüber reden, wenn das vorbei ist“, erwiderte sie und zog ihre Jacke aus.
„Ja, natürlich, das wollte ich nur mal loswerden. Ich werde dann mal losfahren, erhol‘ dich“, bemerkte Russ etwas enttäuscht und drehte sich zur Tür.
„Hey, auch wenn wir nicht darüber reden, wir können auch andere Sachen machen“, hielt sie seinen Arm fest und zog ihn aufs Bett.
„Hier? Deine Granny ist nebenan“, bemerkte Russ schmunzelnd und sie setzte sich auf seinen Schoß.
„Meine Gran hat sechs Kinder gezeugt, sie weiß, was wir da machen“, erkannte Ulani und zog ihr T-Shirt aus.
„Du bist echt ne ganz Wilde“, erkannte er und lege sich nach hinten.
„Ulani, willst du nicht jetzt doch was essen?“, rief Oma Paia und Russ knöpfte sein Hemd wieder zu.
„Später Süße, später. Ich fahr‘ erst mal zum Apartment und dann fahr‘ ich noch mal am Flughafen vorbei und frage nach, wie lange sie Ludwig noch in der Quarantäne festhalten. Ich glaub‘, es ist einfacher, einen Wagen zu mieten“, erkannte Russ und Ulani zog ihr Shirt wieder an.
„Ja, vermutlich. Ich sollte jetzt wirklich schlafen, nur ein bisschen. Bring‘ Ludwig mit, wenn er raus darf. Du bist wirklich der Beste“, erwiderte Ulani, küsste ihn und er ging davon.
„Du hast meinen Bruder ganz schön am Wickel, ich bin stolz auf dich“, kam Missy zu ihr zurück.
„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, Leute nicht zu belauschen?“, fragte Ulani schmunzelnd.
„Ich würde es nicht wagen. Wie geht’s dir?“, fragte Missy und setzte sich neben sie aufs Bett.
„Die ganze Zeit war ich unfähig, etwas zu fühlen, jetzt fühl‘ ich nur noch Wut. Ich weiß nicht, wem ich noch Vertrauen kann“, entschied Ulani.
„Uns kannst du vertrauen. Die haben dich verarscht und das ist hart, aber jetzt kannst du dich rächen, die würden nie denken, dass du dich rächst“, erkannte Missy.
„Du bist zu viel mit verkorksten Menschen zusammen, du hast echt seltsame Ideen. Ich räche mich bei niemandem, wieso auch“, erkannte Ulani irritiert.
„Ulani, ich will dich nicht stören, aber mir ist grad‘ eingefallen, dass der Mann auch nach deinen Onkeln und Tanten gefragt hat. Ich hab‘ ihnen nichts gesagt, aber als ich aus der Küche zurückkam, lag mein Adressbuch offen“, bemerkte Oma Paia, die zu ihnen kam.
„Danke Tutu, kann ich noch ne Tasse Tee haben?“, fragte Ulani und ihre Oma ging wieder.
„Okay, jetzt reicht es, ich fahr‘ zum Strand, für meine Rache brauch ich ne Waffe“, wütete Ulani und sah ins geschockte Gesicht ihrer Freundin.

Fünfzehntes Kapitel


„Und du hast sie einfach so gehen lassen? Sie könnte verhaftet werden“, wütete Russ, als er zurückkam und seine Schwester ihm erzählte, was passiert war.
„Beruhig‘ dich, Junge, der Strand hat sich etwas verändert, seit sie hier weg ist. Hier kauft keiner mehr Waffen, sie wird nur ein bisschen am Strand rumlaufen und sich beruhigen. Wir sollten meine Kinder anrufen und sie warnen, dass wenn der Kerl auftaucht, wir genau wissen, wo er ist“, bemerkte Oma Paia und schenkte zum 10.-Mal Tee nach.
„Das ist eine gute Idee, ich werde das übernehmen, wenn Sie mir das Adressbuch geben. Es sprechen doch alle Englisch, oder?“, fragte Missy.
„Ja, das tun sie. Hier Kind, das ist wirklich lieb. Wo kommt eigentlich der Hund her?“, fragte Oma Paia, als sie Ludwig sah, der brav vor Missys Füßen lag.
„Das ist Ulanis Hund, sie fühlt sich sicherer mit ihm. Ich geh zum Strand mit ihm, vielleicht find‘ ich sie da“, erklärte Russ und nahm die Leine von Ludwig.
„Ja, aber frag‘ sie nicht zu viel, nimm sie einfach nur in den Arm, sie braucht nur eine Umarmung. Weißt du, wie du zum Strand kommst?“, fragte Oma Paia.
„Ist nicht so schwer zu finden von hier aus kann ich ja laufen und sie ist ja auch gelaufen, oder?“, fragte Russ.
„Richtig, aber die meisten Festländler die ich hier hab, finden es nicht. Ich werde jetzt doch was zum Essen machen, ich muss jetzt was kochen“, stand Oma Paia auf und ging wieder in die Küche.
„Es ist kaum zu glauben, dass sie schon fast 90 ist, sie ist so fit im Kopf. Komm‘ zurück, bevor es dunkel wird, so sicher ist der Strand dann doch nicht“, bemerkte Missy und setzte sich ans Telefon, während Russ den Hund ausführte.
„Russ lief eine ganze Weile am Strand entlang, bis er seine Freundin auf dem Rücken im Sand liegen sah. Sie hatte die Beine angewinkelt und starrte in den Himmel.
„Na Gangsterbraut, brauchst du nen Anwalt?“, stellte sich Russ hinter sie.
„Noch nicht. Du hast Ludwig mitgebracht, wie schön“, erkannte sie und zog ihren Hund zu sich.
„Er hat dich vermisst und du auch, wie es aussieht. Willst du allein sein?“, fragte Russ vorsichtig.
„Wenn es dir nichts ausmacht, das wär‘ ganz lieb. Ich will nur hier liegen bleiben und über alles nachdenken. Lass‘ Ludwig bei mir, sein Herzschlag beruhigt mich immer“, bat sie.
„Sicher, komm‘ aber bald zurück, deine Oma will was kochen, ich konnte sie nicht davon abhalten“, erwiderte Russ und ließ die Leine los.
„Ich hab‘ dich gern um mich, aber momentan brauch‘ ich Ruhe von allem“, erklärte sie.
„Sicher, tu‘ aber bitte nichts falsches, ja?“, kniete er sich vor sie und küsste ihre Stirn.
„Werde ich nicht, ich bin nur etwas ausgeflippt, mehr nicht. Warst du eigentlich beim Apartment?“, fragte Ulani.
„Tut mir leid, meine Süße, das Apartment gibt es nicht mehr, da ist nur noch ein Parkplatz“, erklärte Russ stockend.
„Na toll, noch so ein Lichtstrahl in meinem Leben. Aber es wird Zeit, die Zukunft zu sehen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen“, erwiderte Ulani zielsicher.
„Ich will ja nicht daran mäkeln, dass du hier frei denken konntest, aber sind wir nicht gerade wegen deiner Vergangenheit hier?“, fragte Russ verwundert.
„Eigentlich gehört das schon zu meiner Zukunft, denn wenn das erledigt ist, fängt endlich mein Leben an“, erkannte Ulani.
„Das hör‘ ich gern. Komm heim, bevor es dunkel wird, bitte“, erkannte Russ und ließ sie mit ihrem Hund am Strand.
„Hey, du warst lang unterwegs, wo ist sie?“, kam Missy zu ihrem Bruder, als er zurückkam.
„Ich hab sie da gelassen, sie will allein sein, ich hab den Hund bei ihr gelassen. Ich mach‘ mir echt Sorgen um sie“, entschied Russ und setzte sich aufs Sofa.
„Erst jetzt? Ich bin eigentlich schon besorgt um sie, seit ich sie kenne. Und das sind auch schon ein paar Jahre. Wenn es nicht schon so wäre, würde ich ihr dringend raten, zu einem Therapeuten zu gehen“, bemerkte Missy trocken.
„Wir sollten sie mit allem unterstützen, sie hat echt eine schwere Zeit grad‘“, erwiderte Russ.
„Russell, du hast dich echt verknallt, ich glaub es nicht“, frotzelte Missy.
„Ja, glaubst du das, ich kenn sie nur so kurz, und fühl mich so gut bei ihr. Vielleicht will ich sie im Moment vor allem beschützen, so wie ich es immer will“, erwiderte Russ.
„Red‘ nicht so nen Mist Russ, du bist 24, du bist einfach nur scharf auf sie, gib es zu“, erwiderte Missy rechthaberisch.
„Nein, um Anziehung geht es gar nicht, obwohl sie echt wunderschön ist. Wir haben so viel gemeinsam“, schwärmte er.
„Was habt ihr außer eurem Hang für verstärkte Sicherheit gemein? Ihr seid nicht mal gleich alt“, bemerkte sie.
„Aber ich mag sie halt sehr, versau‘ mir das nicht schon wieder“, bat Russ ernst.
„Du bist der einzige, der dir deine Beziehungen versaut, großer Bruder“, erwiderte Missy trotzig.
„Das will ich nicht versauen, auf keinen Fall“, erwiderte Russ.
„Das hör‘ ich gern, denn eine zerbrochene Beziehung ist das Letzte, was sie jetzt brauchen kann. Ich geh mal in die Küche und guck‘ mal, was das Abendessen macht“, erkannte Missy und ging Richtung Küche. Sie war noch keine zwei Schritte in die Küche getreten, da sah sie die alte Dame auf dem Boden liegen. Sie schien nicht mehr zu Atmen.
„Russ, ruf‘ einen Krankenwagen, Oma Paia ist zusammengebrochen, sie atmet nicht mehr“, rief Missy aus der Küche. Als der Krankenwagen kam, konnte der Notarzt nur noch den Tod der alten Dame feststellen. Sie musste schon länger so dagelegen haben.
 
„Ich hab‘ geschlafen, ich hatte letzte Nacht nicht so viel Schlaf bekommen. Das ist auch so eine Sache, die sie jetzt gerade gar nicht gebrauchen kann. Ich hab sie auf dem Handy angerufen, aber sie hat es aus. Haben sie sie in ihrem Bett aufgebahrt?“ fragte Missy tonlos, als sie im Wohnzimmer auf dem Sofa saß und auf Russ wartete, der mit dem Arzt gesprochen hatte.
„Ja, haben sie. Sie werden sie mitnehmen, sobald sich Ulani verabschieden konnte. Es wird auch schon dunkel, ich hab ihr gesagt, sie soll vor der Dunkelheit heimkommen“, bemerkte Russ, der das im Vergleich zu seiner Schwester gut verkraftete.
„Geh‘ sie suchen, ich bleib‘ hier“, bat Missy und sah zu dem Zimmer, in der die alte Damen zur letzten Ruhe gebettet worden war.
„Hältst du das aus mit einer Leiche in einem Haus zu sein, hast du das mit Onkel Frank verkraftet?“, fragte Russ besorgt.
„Nicht wirklich, aber du kannst ihr das besser erklären“, erwiderte Missy nervös.
„Wir warten einfach hier zusammen auf sie“, bemerkte Russ und nahm Missys Hand.
20 Minuten später kam Ulani nach Hause.
„Hey, was sitzt ihr hier so im Halbdunklen, was macht ihr für lange Gesichter, ist jemand gestorben?“, fragte Ulani, als sie nach Hause kam und die beiden nachdenklich auf dem Sofa saßen und aus dem Fenster starrten.
Russ stand auf und drückte Ulani fest an sich. Sie verstand.
„Sie hat wohl nur auf meine Rückkehr gewartet. Ich geh‘ zu ihr rein. Gebt ihr Ludwig was zu essen? Ich glaub‘ er hatte den ganzen Tag noch nichts“, bemerkte Ulani abwesend und ging zum Schlafzimmer ihrer Großmutter, um sich zu verabschieden.
„Nicht gut, gar nicht gut, sie ist viel zu stark geblieben“, bewertete Missy die Situation.
„Vielleicht hat sie es einfach so akzeptiert, die Frau war fast 90, ihre Zeit war vorbei. Geh‘ ins Bett Süße, du siehst fertig aus“, bat Russ und Missy ging ohne ein weiteres Wort in ihr Zimmer.
„Warum hat sie Tomatensoße auf ihrer Bluse?“, fragte Ulani schluchzend, als sie weinend zu ihrem Freund zurückkam.
„Sie hat gerade gekocht, als sie zusammen gebrochen ist. Komm‘ her“, erwiderte Russ mitfühlend und sie kuschelte sich im Sitzen in seine Arme.
Es war fast Mitternacht, als die Sanitäter Oma Paia abholten.
„Ich hab vergessen meine Eltern anzurufen“, murmelte Ulani, die fast in seinen Armen eingeschlafen war.
„Das machen wir morgen, sie sind sicher schon im Bett. Komm‘“, lud er sie auf seine Arme und trug sie ins Bett.

Sechzehntes Kapitel


Eine angenehm sanfte Sonne weckte Ulani Paia tags drauf. Sie lag auf dem Bett, ihre Klamotten hatten eine leichte Sandschicht und ihr Hund Ludwig lag brav an ihrer Seite.
Sie setzte sich auf. Russ schlief in einem Sessel neben ihr.
„Na, du Eifersuchtsbolzen, hast du meinen Freund aus dem Bett verdrängt? Du kleiner Schlingel. Du musst dich jetzt daran gewöhnen, dass ein Mann in meinem Bett schläft, ob es dir gefällt oder nicht. Jetzt verzieh‘ dich auf den Boden“, streichelte Ulani ihren Hund und der ging brav auf den Boden. Ulani stand auf und ging zum Sessel, um ihn zu wecken.
„Hey, du kannst ruhig mit mir in einem Bett schlafen“, weckte Ulani ihren Freund sanft.
„Sag‘ das deinem Hund, er hat mich nicht rein gelassen. Jetzt weiß ich auch, wo der Begriff Anstandswauwau herkommt“, schmunzelte er, als er aufwachte.
„Ja, er ist ziemlich eifersüchtig, tut mir leid. Aber du hättest mich wecken können“, erkannte Ulani.
„Ich wollte dich schlafen lassen, war ein heftiger Tag für dich gestern. Wie geht’s dir?“, fragte Russ und rieb seinen Nacken.
„Meine Tatu ist immer noch tot, meine Eltern hassen mich immer noch und da wär dieses nicht mindere Problem, dass ich unfreiwillig Mutter bin“, erkannte Ulani und rieb sich den Sand von den Klamotten.
„Ich meine außer der Tatsache, dass wir einiges auszubügeln haben“, verbesserte er seine Frage.
„Ganz gut, ich hab‘ geschlafen, das ist schon mal gut. Wie bin ich gestern eigentlich ins Bett gekommen, daran erinnere ich mich nicht mehr“, erwiderte sie und zog ihre Jacke aus.
„Ich hab dich ins Bett getragen, ich hab dich nicht ausgezogen, ich dachte, das wäre in der Phase unserer Beziehung nicht angebracht“, erklärte Russ und Ulani küsste ihn sanft.
„Danke, dass du da bist, ich läge schon längst heulend auf dem Boden, wenn du nicht wärst“, bedankte sich Ulani.
„Du bist einfach eine starke Frau, ich bin einfach nur da“, erklärte Russ und Ulani setzte sich auf seinen Schoß.
„Ich bin stark, weil du da bist, ganz allein deswegen. Ich muss meine Eltern anrufen“, erwiderte Ulani, küsste ihn kurz und ging zum Telefon am Bett.
 
„Sie werden heute Abend hier sein, mein Vater ist der Verwalter der Pension, er muss einige rechtliche Dinge klären. Sie sind immer noch sauer auf mich, für das hier werden sie das in den Hintergrund stellen“, bemerkte Ulani mit einer Träne im Auge, als sie aufgelegt hatte.
„Ulani, hey, tut mir leid, dass ich dich störe, du willst sicher jetzt allein sein, aber wir haben ein kleineres Problem. Wir haben Gäste“, kam Missy ins Schlafzimmer.
„Was heißt, wir haben Gäste?“, fragte Ulani und wischte ihre Träne weg.
„Das ist eine Pension, ein Ehepaar aus Kentucky hat ein paar Tage gebucht“, erklärte Missy.
„Haben wir ein sauberes Zimmer?“, fragte Russ.
„Ja, das neben mir. Ich bring sie erst mal auf ihre Zimmer, dann sehen wir weiter“, erkannte Missy und Ulani nickte.
„Klasse, jetzt haben wir auch noch Gäste, ich hab keinen Schimmer, wie man eine Pension führt, ich bin froh, dass mein Vater kommt und das regelt. Ich muss hier raus, spazieren gehen. Kommst du mit?“, fragte Ulani und streckte ihm ihre Hand hin.
„Sicher, wenn du mich dabei haben willst, gern. Können wir Missy damit allein lassen?“, fragte Russ und nahm Ludwigs Leine.
„Sie ist wunderbar als meine Sprechstundenhilfe, dann packt sie das auch. Ich muss einfach raus aus diesem Haus, ich spüre ihren Geist immer noch überall hier“, bat Ulani und durch einen Hinterausgang flüchteten sie wie zwei Teenager die sich wegstahlen.
 
„Das klingt sicher jetzt seltsam, aber ich würde heut gern‘ so tun, als wären wir im Urlaub hier, als würde das alles hier nicht existieren, nicht meine Tochter, nicht die Beerdigung meiner Großmutter, das gibt es einfach nicht“, bat Ulani, als sie mit dem Kopf auf seinem Bauch liegend am Strand in den Himmel sah.
„Du willst meine Schwester heut‘ den ganzen Tag mit zwei Touristen aus Kentucky allein lassen?“, fragte Russ schmunzelnd.
„Wir sind schon zwei Stunden weg und sie hat noch nicht angerufen, sie packt das schon“, erkannte Ulani sicher.
„Sie denkt vermutlich, dass wir irgendwas unanständiges machen“, bemerkte Ulani.
„Dann sollten wir sie nicht enttäuschen“, zog Russ, Ulani auf sich.
„Du gibst wohl nie auf, was?“, fragte Ulani und Russ begann sie frenetisch zu küssen.
Sie küssten sich eine ganze Weile, bis Ludwig Russ ungeduldig mit der Nase an stupste.
„Dein kleiner Spielverderber nervt schon wieder“, bemerkte Russ außer Atem.
„Tja, sieh‘ ihn einfach als meinen Ex-Mann an, ich hab ihn an der Backe, weil ich ihn schon gern habe, aber ich hab jetzt nen neuen Freund“, erkannte Ulani.
„Das törnt mich jetzt voll ab“, bemerkte Russ.
„Ich hab Ex-Freunde, Süßer, die meisten sogar in Santa Fe. Daran musst du dich gewöhnen“, bemerkte Ulani und kniete sich hin um aufzustehen.
„So meinte ich dass nicht, ich weiß, dass ich nicht mit der Jungfrau Maria zusammen bin“, erkannte Russ.
„Also bin ich dann eine Schlampe, oder was?“, fragte Ulani erbost.
„Schätzchen, ich hab das nie behauptet. Man, willst du jetzt streiten, oder was?“, fragte Russ und rappelte sich auf.
„Tut mir leid, ich bin einfach zu angespannt um heute abzuschalten. Lass‘ uns bitte wieder zurückgehen“, bat Ulani und nahm die Leine.
 
„Hey, da seid ihr ja, wo wart ihr?“, kam eine gestresste Missy auf die beiden zu, als sie zurück ins Haus kamen.
„Dein Bruder hält mich für eine Schlampe“, zeterte Ulani und stürmte zu ihrem Zimmer.
„Wie hast du sie genannt?“, ging Missy auf ihren Bruder los.
„Das hab ich nie so gesagt, sie dreht mir die Worte im Mund um“, verteidigte sich Russ standhaft.
„Wie war das mit, ich verkack‘ das nicht?“, fragte Missy und stellte sich vor ihren Bruder.
„Ich verkack‘ hier gar nichts, sie geht einfach auf mich los, ich hab echt nichts gemacht“, verstand Russ nicht.
„Okay, ich glaub‘ dir, ich weiß, was sie immer abzieht“, erwiderte Missy und griff zu ihrem Handy.
„Lee, hi ja, ist ein Notfall, ich weiß, dass du um die Uhrzeit in der Pediküre sitzt, aber du hast deinen Mund frei, oder? Ja, sie spielt wieder Dramaqueen, ich geb‘ sie dir“, redete Missy am Telefon und ging zu Ulani.
„Wer ist Lee?“, fragte Russ verwirrt.
„Schätzchen, Lee am Telefon“, rief Missy in den Raum und Ulani streckte kurz ihre Hand aus einem Spalt und nahm das Handy, bevor sie die Tür wieder zumachte.
„Wer ist Lee?“, wiederholte Russ seine Frage.
„Ihr schwuler bester Freund, jede Frau muss heutzutage einen haben, um sich über Männer auszulassen, liest du nie die Voque?“, fragte Missy.
„Ich les Waffen- und Anglermagazine, ich bin ein Mann, Schwester“, konterte er cool.
„Ach richtig, mein Fehler. Lass sie ne halbe Stunde mit ihm reden, sie muss jetzt über dich ablästern, dann beruhigt sie sich wieder. Komm‘, wir müssen noch zwei von Ulanis Onkeln anrufen“, zog Missy ihn zurück ins Wohnzimmer.
„Wer ist deiner?“, fragte Russ, als sie etwas später nach ihren Telefonaten auf der Terrasse saßen und auf Ulani warteten.
„Mein was?“
„Dein schwuler bester Freund?“, erklärte er näher.
„Quincy“, entgegnete Missy nebenbei.
„Anwärter Quincy aus meinem Büro?“, fragte Russ erstaunt.
„Ja, was dagegen?“, fragte Missy.
„Nein, jedem sein Ding. Ich arbeite nur schon fast nen Jahr mit ihm, er hat nichts erwähnt“, konterte er.
„Du bist sein Boss, er hätte es dir schon gesagt, wenn er es für richtig gehalten hätte. Bitte sag‘ ihm nicht, dass ich es dir verraten habe, bitte“, bat Missy.
„Klar, ich sag‘ nichts. Sie ist schon ganz schön lange da drin, ich sollte zu ihr gehen“, stand Russ auf und ging zur Tür.
„Russ?“
„Ja?“
„Quincy hat Recht, du hast nen netten Hintern“, schmunzelte sie und Russ ging verwirrt nach drinnen.
„Süße, komm‘ raus bitte, das ist lächerlich“, bat Russ und klopfte gegen die Tür.
„Was ist lächerlich?“, fragte Ulani, die ihm nur in einem Handtuch bekleidet die Tür öffnete.
„Hast du geduscht?“, fragte Russ verwundert.
„Nein, Handtuch wird der neue Modetrend“, bemerkte Ulani sarkastisch und rieb ihre nassen Haare ab.
„Richtig, dumme Frage. Ich dachte, du telefonierst noch“, erwiderte Russ und kam rein.
„Nein, schon länger nicht mehr, tut mir leid ich wusste nicht, dass du wartest. Mir geht’s jetzt besser, Missy weiß auch immer was ich gerade brauche. Man, das klang jetzt anzüglicher, als es sollte. Aber du verstehst, was ich meine. Tut mir leid, ich bin echt durch den Wind grad‘, du weißt ja warum. Ich wollte dich nicht so anfahren, ich weiß, dass du mich nicht für eine Schlampe hältst“, bemerkte Ulani besänftigend.
„Ist schon okay, ich versteh‘ das. Ich bin nicht sauer“, erkannte Russ.
„Verdammt, du darfst das nicht verstehen, das ist nicht richtig“, grummelte Ulani.
„Ich bin ziemlich belastbar und ich mag dich wirklich sehr, deshalb darf ich das“, bemerkte Russ und Ulani sah Russ nur an.
„Was? Hab ich was im Gesicht?“, fragte Russ verlegen.
„Ja, mich“, flirtete sie und warf ihn aufs Bett.

Siebzehntes Kapitel


Beim Mittagessen saßen die drei mit den Touristen zusammen am Wohnzimmertisch. Der Mann sah Ulani und Russ verlegen an.
„Sind Sie in Ihren Flitterwochen hier?“, fragte der Kerl Ulani.
„Nein, ich bin die Enkelin der Besitzerin. Sie haben das Zimmer neben unserem, oder?“, fragte Russ peinlich berührt.
„Das muss Ihnen nicht peinlich sein, wir waren in unseren Flitterwochen auch hier, damals waren wir auch so leidenschaftlich“, erkannte die Frau.
„Das ist mir wirklich peinlich, mit Ihnen darüber zu reden“, murmelte Ulani.
„Wir sind Therapeuten, Kleines, das ist schon okay“, erkannte der Mann verständnisvoll.
„Oh man, ihr tretet wohl immer in Rudeln auf“, erkannte Russ erkennend.
„Sie auch?“, fragte die Frau, Ulani. Diese nickte.
„Kannten Sie Mrs. Paia gut?“, fragte Russ, um das Thema zu wechseln.
„Wieso kannten, ist Halia von uns gegangen?“, fragte die Frau erstaunt.
„Missy, hast du unseren netten Gästen nicht erzählt, dass meine Großmutter gestern von uns gegangen ist“, zischte Ulani durch ihre Zähne.
„Ich hielt das nicht für relevant“, erkannte Missy.
„Junge Dame, Halia war eine gute Freundin von uns, das ist wohl relevant für uns“, bemerkte der Mann verärgert.
„Verzeihen Sie Sir, wir wussten es nicht, wenn sie bis zur Beerdigung noch auf der Insel sind, würden wir Sie gern dabei haben“, bemerkte Ulani versöhnlich.
„Okay, Entschuldigung angenommen. Übrigens, herzliches Beileid“, erkannte die Frau und aß weiter.
„Danke, ich will ehrlich mit Ihnen sein, ich hab keine Ahnung, wie Sie hier verköstigt werden“, bemerkte Ulani.
„Halia hat uns eigentlich immer Mittags Brote gemacht und Abends gekocht“, erklärte der Mann.
„Okay, tut mir leid, ich weiß gar nicht, wie Sie heißen“, bemerkte Ulani.
„Wir sind Jack und Rose Kentwood“, erkannte Rose.
„Rose und Jack, wie in Titanic, süß“, erkannte Missy und Jack grinste.
„Wir sind schon vor dem Film Titanic Rose und Jack gewesen, junge Dame“, erkannte Jack und Missy lächelte auch.
„Ich mach‘ Ihnen Brote, bevor sie zu ihrer Tour aufbrechen, Sie wollen doch auf Tour, oder?“, fragte Ulani.
„Sicher, wir wollen Sie mit Ihrer Trauerarbeit auch allein lassen“, bemerkte Jack und Ulani dankte ihm stumm.
„Nettes Pärchen, sie haben zwar einen Knacks, aber welcher Therapeut hat das nicht“, erkannte Russ, als er mit Ulani die Küche aufräumte, nachdem sie die Kentwoods versorgt und verabschiedet hatten.
„Hey, wir haben nicht alle einen Knacks, okay wir haben alle einen Knacks, aber den muss man irgendwie haben um Probleme von anderen Menschen analysieren zu können“, bemerkte Ulani und räumte die Sachen in den Kühlschrank.
„Das glaub‘ ich gern. Das war sehr schön heut‘ Morgen“, erwiderte er und stupste sie leicht mit seiner Hüfte in ihre Hüfte.
„Ja, fand‘ ich auch, das schreit nach Wiederholung“, entgegnete Ulani und begann ihn zu küssen.
„Hey, es reicht, ich hab heut‘ Morgen schon genug von euch gehört“, erkannte Missy, die mit einem Tablett voller Gläser in die Küche kam.
„Wir sind eindeutig zu eng zusammen in letzter Zeit, wir sollten uns ein Hotelzimmer nehmen“, ließ Ulani von ihrem Freund ab.
„Nein, so hab‘ ich das nicht gemeint, macht was ihr wollt, nur leise und diskret. Diese Kentwoods sind echt schräg drauf, oder?“, fragte Missy und stellte das Tablett ab.
„Ich hab’s kapiert, wir Therapeuten sind alle irre. Was ist eigentlich aus meinen Onkeln geworden, habt ihr sie erreicht?“, fragte Ulani und legte die Gläser ins Spülwasser.
„Ja, haben wir, keine Sorge, wir haben ihnen nur das erzählt, was sie unbedingt wissen müssen“, erklärte Missy.
„Du bist wirklich sehr hilfreich, danke. Ich werde dich befördern, wenn wir zu Hause sind, als meine Assistentin verdienst du so viel, wie du verdienst“, versprach Ulani.
„Ich nehm‘ das zurück, mach‘ alles mit ihr, was du willst. Bruder, vielleicht krieg‘ ich dann noch einen Firmenwagen“, schmunzelte Missy, klopfte ihrem Bruder auf die Schulter und ging wieder.
„Die Kleine wird langsam frech, du musst ihr mal die Flügel stutzen, mein Süßer“, entschied Ulani.
„Das hab‘ ich gehört und ich höre sicher nicht auf meinen großen Bruder“, kam Missy mit zwei Flaschen in der Hand wieder zurück.
„Da ist was dran, das hat sie noch nie getan. Was ist?“, fragte Russ, als Ulani aus dem Fenster starrte.
„Meine Großmutter ist tot, ich hätte sie öfters besuchen sollen“, bemerkte sie ohne ihren starren Blick abzuwenden.
„Aber du warst hier, als es mit ihr zu Ende ging, das ist das Wichtigste. Willst du ne Weile allein sein, um das alles zu verarbeiten?“, fragte Russ und Ulani nickte mit ner Träne in einem Auge.
 
„Okay, wir sind im Wohnzimmer, wenn du uns brauchst“, erwiderte Russ und die beiden Geschwister verließen die Küche.
„Wir sehen sie die ganze Zeit als diese schwache Person, die beschützt werden muss, aber eigentlich ist sie viel stärker als wir, wir würden schon jetzt nicht mehr aus dem Bett kommen, weil wir so fertig wären“, bemerkte Missy, als sie wieder mal nur zu zweit im Wohnzimmer saßen.
„Nein, das ist nicht wahr, ihr seid wirklich die einzigen die mich davon abhalten, vollkommen durchzudrehen“, kam Ulani mit feuchten Augen aus der Küche.
„Komm‘ her Kleines, wir werden auch immer für dich da sein. Das waren echt verrückte Tage“, erkannte Russ und Ulani kuschelte sich zwischen die beiden aufs Sofa.
So saßen sie ne ganze Weile und sprachen kein Wort.
„Also, wer macht jetzt den Abwasch?“, fragte Russ und Ulani lachte schniefend.
„Ich mach‘ das, ruht ihr Mädels euch ruhig aus“, entschied Russ und ging in die Küche.
„Es ist wirklich seltsam, ich hab noch nie so viel für jemanden empfunden, den ich so wenig kenne, vielleicht, weil er dir so ähnlich ist, ich weiß auch nicht, ich will das nicht verkacken“, erklärte Ulani ihrer Freundin.
„Ihr müsst einfach langsam da ran gehen, dann verkackt ihr das auch nicht“, erkannte Missy und Ulani rieb ihre Augen.
„Du denkst, dass ich zu früh mit ihm geschlafen hab‘, oder?“, fragte Ulani erkennend.
„Oh Gott nein, die sexuelle Energie zwischen euch war echt anstrengend, das musste sein, jetzt ist es echt besser“, bemerkte Missy schmunzelnd.
„Das ist verrückt, mit dir darüber zu sprechen“, entgegnete Ulani.
„Was soll ich sagen? Er ist mein Bruder. Sprechen wir über was anderes. Morgen kommt ne weitere Familie hier her, das hab‘ ich im Terminkalender gesehen“, erkannte Missy.
„Oh, ganz toll, wir haben doch keine Ahnung wie wir ne Pension führen sollen“, erkannte Ulani.
„Ich hab die weiteren Reservierungen für diesen Monat gestrichen, aber diese Familie hatte ich nicht mehr erreicht“, erklärte Missy.
„Du bist echt unglaublich, du bist erst zwei Tage hier und übernimmst schon das Geschäft“, erwiderte Ulani erfreut.
„Unglaublich genug für ein Weihnachtsgeld?“
„Übertreib’s nicht!“
„Okay!“
„Schätzchen, tut mir leid euch zu stören, du hast doch heut‘ Morgen gesagt, du fühlst deine Großmutter hier überall, ich glaub‘, sie ist mit mir in der Küche“, kam Russ mit bleichem Gesicht und einem Teller in der Hand aus der Tür.
„Das war nicht physisch gemeint, hier spukt niemand. Warum glaubst du das?“, fragte Ulani etwas amüsiert.
„Da war dieser eiskalte Windhauch“, bemerkte er verlegen.
„Das ist ein altes Haus und der Wind vom Meer ist ziemlich stark“, entgegnete sie erklärend.
„Oh, okay“, bemerkte er und ging zurück.
„Ein super Liebhaber, aber nicht der hellste unter den Sternen“, erkannte Ulani amüsiert.
„Okay, ich geh‘ in mein Zimmer, das sind mehr Informationen als ich von meiner Chefin hören wollte. Gute Nacht“, bemerkte Missy und stand auf um in ihr Zimmer zu gehen.
„Gut, sie ist weg, dann kann ich aufhören so zu tun, als stände ich auf Hausarbeit“, kam Russ mit einem bestimmten Blick aus der Küche.
„Russell Evan Mansfield, du kleiner Nimmersatt, geh‘ zurück in die Küche und spül‘ weiter ab, lass‘ die arme Frau in Ruhe“, bemerkte Missy aus ihrem Zimmer.
„Diese Wände sind eindeutig viel zu dünn, erinnere mich dran, dass wir beim nächsten Stelldichein zum Strand gehen“, grummelte Russ und ging zurück in die Küche.
Plötzlich spürte auch Ulani einen Windhauch, der unheimlich war.
„Schatz, ich geh‘ schon mal in unser Zimmer“, bemerkte sie in Gedanken und ging auch aufs Zimmer.

Achtzehntes Kapitel


Tags drauf wurde Ulani das erste Mal nicht von dem Mundgeruch ihres Hundes geweckt, sondern von ihrem Freund, der seine nassen Haare auf ihre Wange drückte, als er sie küsste. Er roch nach Salzwasser.
„Hey, warst du Schwimmen?“, fragte Ulani schläfrig und sah in seine blauen Augen. Er kniete über in einer quietsch gelben Bermudashorts.
„Nette Shorts, gehört die zur Heimatschutzbehörde-Grundausstattung?“, fragte sie frotzelnd.
„Nein, hatte keine dabei, die hab‘ ich vom Strand. Ist die nicht …“, begann er, wurde aber von ihr unterbrochen.
„…auffällig?“, beendete sie seinen Satz.
„Heiß wollt‘ ich eigentlich sagen, aber auffällig ist sie auch. Kommst du mit zum Strand? Das Wasser ist wunderbar warm“, bemerkte er und begann sie zu küssen. Sie schien sich unwohl zu fühlen.
„Alles klar bei dir?“, fragte Russ verwundert.
„Ich hab zwar wieder ein normales Sexualleben, aber ich hab es immer noch nicht gern, wenn man auf mir kniet“, erkannte sie.
„Sicher, tut mir leid. Das hatte ich vergessen. Also, Schwimmen?“, fragte er und rieb seine Haare mit einem Handtuch ab.
„Sei mir nicht böse, aber die anderen Gäste müssten bald kommen und meine Eltern auch. Aber vielleicht gegen Abend, okay?“, bemerkte Ulani und zog sich an.
„Klar, ist viel zu tun. Ich sollte mich auch anziehen, ich glaub deine Eltern kriegen einen Rappel, wenn ich ihnen im Baywatch Outfit entgegentrete“, erwiderte Russ schmunzelnd.
„Was denkst du in welchem Outfit mein Vater geheiratet hat? Aber dein schickes Agentenoutfit macht wirklich mehr her“, bemerkte Ulani und knöpfte ihm das Hemd zu.
„Du stehst also auf die guten Jungs“, bemerkte Russ flirtend.
„Das hab ich nicht gesagt, die bösen, die gut im Bett sind, sind auch nicht zu verachten“, erkannte sie und band seine Krawatte.
„Ich kann im Bett auch heftiger sein“, bemerkte er unsicher.
„Süßer, ich will es einfach und schlicht im Bett haben, das war nur so dahin gesagt, ich hatte noch nie nen SM-Typen im Bett, da steh ich echt nicht drauf“, erwiderte Ulani erklärend.
„Ich muss dir gestehen, ich hab Handschellen in meiner Nachttisch-Schublade, aber die Dinger sind ein Erbstück, angehabt hab ich die noch nie“, entgegnete Russ.
„Dann ist ja gut, ich hab für eine Minute echt schiss gekriegt“, entgegnete Ulani.
„Warum ziehst du dich so hochgeschlossen an, gehen wir in die Kirche?“, fragte Russ, als Ulani eine schicke Jackett-Jacke über ihre Bluse zog.
„Du hast Recht, ich bin echt zu warm angezogen für das Klima. Ich hab‘ gar nicht darüber nachgedacht, ich bin schon wieder im Arbeitsmodus. Sobald ich Termine sehe, bin ich so, daran musst du dich erst mal gewöhnen. Aber ich hab‘ auch gute Angewohnheiten“, bemerkte sie, während sie ihr Jackett wieder auszog.
„Nicht die schlechteste Angewohnheit, die man haben kann, ich hab‘ da echt schlimmere“, bemerkte er und zupfte an ihrem Kragen herum.
„Will ich diese schlechten Angewohnheiten kennen lernen?“, fragte Ulani und zog ihre Perlenkette an.
„Oh Gott nein, sonst schläfst du nie mehr mit mir“, bemerkte er und zog sie an ihrer Perlenkette zu sich, um sie auf die Stirn zu küssen.
„Heißt das, außer deiner Fixierung auf deine Mutter, deinem Zähneknirschen und deinem übertriebenen Beschützerinstinkt gibt es noch was?“, fragte Ulani keck.
„Richtig, ich hatte vergessen, dass du Therapeutin bist. Aber woher weißt du, dass ich eng mit meiner Mutter verbunden bin?“, fragte Russ ertappt.
„Du bist ein typischer Muttersohn, du hast deine Mutter schon sechs Mal angerufen, seit wir hier sind“, analysierte Ulani.
„Mein Dad feiert nächste Woche seinen 50. Geburtstag und wir müssen noch ne Menge planen. Das geht leider nur telefonisch, weil ich ja bei dir bin“, murrte er.
„Wupps, mein Fehler, auch die besten Therapeuten können mal falsch liegen, oder? Es tut mir leid, ich analysiere dich, das tu ich mit den meisten Menschen, die ich treffe, ich sag‘ doch, Workaholic“, erkannte Ulani verlegen.
„Seid ihr jetzt mit eurer Freudschen Analyse fertig? Ich könnte Hilfe beim Zimmer gebrauchen, bevor die hier antanzen“, kam Missy rein.
„Sicher, ich helf‘ dir“, erkannte Russ und ging mit Missy mit. Ulani blieb wie angewurzelt stehen.
„Schätzchen, das ist dein Erbe, ich mach‘ hier eigentlich Urlaub“, erkannte Missy, als sie zurück zu ihr kam.
„Entschuldige, klar, ich hab grad‘ über was nachgedacht. Legen wir los“, erkannte sie und folgte Missy. Zwei Stunden später kamen die Paias bei der Pension an.
„Mr. Und Mrs. Paia es ist mir eine Ehre Sie hier zu begrüßen“, begrüßte Missy sie professionell.
„Nichts für Ungut Kleines, aber Sie waren noch ein Funke in den Augen Ihrer Eltern als ich schon zehn Jahre hier gearbeitet hatte. Wo ist sie?“, fragte Kimo, der cool in Boxershorts und weißem Hemd seine Koffer wie selbstverständlich hinter dem Tresen parkte.
„Das wusste sie nicht, Dad, woher auch. Ich bin hier, also los, kritisiert mich“, entgegnete Ulani, die aus ihrem Zimmer kam.
Keala ging auf ihre Tochter zu und umarmte sie einfach.
„Nicht heute, heute geht es um das alles hier“, erwiderte Keala nur und drehte sich um, um das Haus noch ein Mal im Ganzen zu betrachten.
„Man, vor 30 Jahren kam mir das irgendwie alles größer vor, das ist schon ein ziemlich kleiner Schuppen, ehrlich gesagt. Aber ihr habt ein volles Haus, wie ich sehe, ist kein Schlüssel mehr am Schlüsselbrett. Wir sind immer noch sauer auf dich, dass du uns das alles verschwiegen hast mit deiner Tochter und so, aber ich bin auch unendlich dankbar, dass du ihre Hand gehalten hast, als es passierte. Ich hatte immer die Angst, dass sie allein sterben würde, dass wir nicht rechtzeitig kommen würden. Was machst du überhaupt auf der Insel? Sag bloß nicht, du bist auch noch in den Flitterwochen“, erwiderte Kimo, als er Russ bemerkte, der hinter ihr aus dem Zimmer kam.
„Dad, denkst du nicht, dass ich dir sagen würde, wenn ich heirate? Okay, in der Situation ist das eine dämliche Frage, aber nein ich bin nicht verheiratet. Das ist nur mein Lover Russ“, erkannte Ulani und legte den Arm um ihn.
„Du hast nen neuen Freund und sagst uns das nicht? Das sollte uns jetzt auch nicht überraschen, oder?“, fragte Keala.
„Wir sind noch nicht lang zusammen“, versuchte Ulani zu erklären.
„Aber ihr schlaft trotzdem schon miteinander?“, schlussfolgerte Keala.
„Woher weiß sie das jetzt schon wieder?“, flüsterte Russ seiner Freundin nervös zu.
„Körpersprache, ich hab‘ die gleichen Kurse belegt wie meine Tochter um meine Kunden besser einschätzen zu können. Plant ihr schon ein Geschwisterchen für deine Tochter?“, fragte Keala etwas unwirsch.
„Ich dachte das besprechen wir nicht heute und nicht hier, du fängst schon wieder damit an“, meckerte Ulani.
„Entschuldige mal, vor ein paar Tagen stand ein Mann, den ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte mit meiner Enkeltochter vor der Tür, von der ich auch noch nie etwas gehört hatte, das belastet mich halt“, murrte Keala.
„Okay, du willst das hier und jetzt besprechen? Küche, sofort“, erkannte Ulani streng. Keala ging etwas erschreckt in die Küche und Ulani hinterher.
„Ne Ahnung, was die so lang da drin machen?“, fragte Kimo, Russ, als die beiden Jungs wartend auf dem Sofa saßen.
„Kaffeekränzchen vielleicht?“, bemerkte Russ etwas aufmunternd.
„Sie wissen schon, dass sie nicht witzig sind, oder?“, hielt das Kimo gar nicht für witzig.
„Ich muss nicht witzig sein, ich trage eine Waffe und eine Dienstmarke“, konterte Russ cool.
„Man, das hab ich jetzt echt nicht erwartet“, kam Keala kreidebleich mit ihrer Tochter aus der Küche.
„Sie hat dich eingelullt oder? Du glaubst ihr“, grummelte Kimo.
„Kim, ich muss dir jetzt was erzählen, was ich dir schon vor einer langen Zeit hätte erzählen sollen“, bemerkte Keala und führte ihren Mann auf die Terrasse.
„Sie glaubt mir, Gott sei Dank sie glaubt mir“, bemerkte Ulani froh und umarmte ihren Freund.
„Das ist gut, du brauchst sie jetzt. Dein Vater ist ne echte Frohnatur“, erkannte Russ und sah zu Kimo, der sich gerade mit bleichem Gesicht auf einen Stuhl setzte, als seine Frau ihm was erzählte.
„Er ist in Ordnung, er ist nur enttäuscht, ich kann’s ihm nicht verübeln. Es war so eine blöde Idee ihnen damals die Geschichte zu verschweigen, ich wäre viel besser damit umgegangen, wenn ich es jemand erzählt hätte. Missy war die Erste, der ich alles gesagt hab‘ und dir natürlich. Ich bin so froh, dass ich jetzt Unterstützung hab, allein würde ich das nicht schaffen“, erkannte Ulani beruhigt.
„Ja, das hättest du, Tochter, ich hätte diesem Idioten aufgelauert und ihn hinterrücks erschlagen“, bemerkte Kimo, als er zurückkam.
„Ist vielleicht doch nicht so schlecht, dass ich es dir nicht gesagt hab‘, sonst könnte ich dich jetzt im Knast besuchen“, schlussfolgerte Ulania.
„Ich mach‘ hier weiter. Ulani, zieh‘ du weiter um ihn zu finden, ich will dass du deine Ruhe findest“, bemerkte Keala und ging zum Tresen.
„Das hatte ich gehofft, ich bin schon viel zu lange an einem Ort“, erwiderte Ulani und nahm den Schlüssel des Mietwagens.
„Ich werde meine Sachen packen, gib mir 10 Minuten“, erkannte Russ.
„Gehen wir wieder?“, fragte Missy, die im Eck saß und Ludwig streichelte.
„Kannst du bitte hier bleiben und meinem Vater helfen, Ludwig wär hier vielleicht auch besser aufgehoben, kann sein, dass wir im Auto schlafen müssen“, erkannte Ulani.
„Brauchst du mich nicht mehr?“, fragte Missy enttäuscht.
„Ich brauch‘ dich wirklich hier, es könnte ja sein, dass er wieder hier her zurückkommt und dann musst du meinen Vater davon abhalten, ihn umzubringen“, entgegnete Ulani und sah zu Kimo, der am Tresen Ordnung machte.
„Meldet euch aber jeden Abend, okay“, bat? Missy und Ulani nickte.
„Mum, wenn er hierher zurückkehrt, halt‘ ihn fest, aber sei wachsam, er kann einen sehr gut umschmeicheln. Seine Charme hat mir das alles hier eingebrockt. Schrei‘ ihn nicht an, oder rege ihn zu sehr auf, wenn er wirklich todkrank ist, stirbt er sonst noch, bevor ich mit ihm fertig bin“, bemerkte Ulani und zog ihre Schuhe an.
„Ich glaub‘ nicht, dass er krank ist, er hat zumindest nicht den Eindruck auf mich gemacht“, erkannte Keala.
„Das überrascht mich jetzt gar nicht, das ist alles ein großes Lügengerüst, ich muss nur noch den Balken finden um das alles einstürzen zu lassen. Aber eins ist sicher, dieses Mädchen ist biologisch gesehen meine Tochter und ich muss sie sehen“, erwiderte Ulani und schulterte ihre Tasche.
„Das versteh‘ ich, sie ist wirklich ein süßes Mädchen. Was? Auch wenn ich sauer auf dich war hab‘ ich trotzdem meine Enkelin ins Herz geschlossen“, erwiderte Keala und lächelte.
„Das hör‘ ich wirklich gern, das bedeutet mir viel“, bedankte sie sich und Russ kam zurück.
„Wir können. Was ist mit dir, Missy?“, fragte Russ seine Schwester.
„Ich bleib‘ hier, Ludwig und ich, ihr solltet allein weitermachen von hier, holt mich ab, wenn ihr alles erledigt habt“, erkannte Missy.
„Bist du sicher?“, fragte Russ, der Missys Geschichte nicht so glaubte.
„Hey, ich wollte mir einen süßen Hawaiianer suchen, das sollt‘ ich mal in Angriff nehmen“, erkannte Missy.
„Okay, wenn du meinst. Pass‘ aber auf dich auf, kleine Schwester“, bemerkte Russ, umarmte seine Schwester, kraulte Ludwig und nahm Ulani die Tasche ab.
„Mach‘ ich doch immer, ihr auch. Geht ruhig, ihr müsst auch mal Zeit für euch haben“, bemerkte Missy und Ulani öffnete die Tür.
„Das ist wirklich nett von dir, danke“, erwiderte Russ und schloss die Tür hinter ihnen.

Neunzehntes Kapitel


„Du hast sie gebeten, hier zu bleiben, oder?“, fragte Russ, als sie aus der Stadt rausfuhren.
„Ja, ich will sie nicht dabei haben bei dem was ich machen werde“, erkannte Ulani.
„Was hast du vor?“, fragte Russ besorgt.
„Ich weiß es noch nicht, aber es wird nicht lustig“, entschied sie.
„Irgendeine Idee?“
„Ja, aber die wird nicht nett sein“, erkannte Ulani und griff zu ihrem Handy.
„Ja Sir, ich werde nichts tun, was ihn reizen könnte, ich melde mich wieder“, legte Ulani nach ihrem Gespräch wieder auf.
„Dein Ex-Freund hat deine Tochter entführt?“, fragte Russ skeptisch.
„Er lügt sich durch das Weltgeschehen, wird Zeit, dass ich das auch tue, um ihn zu finden. Wenn er deswegen im Knast landet, kann mir das nur Recht sein“, bemerkte Ulani kühl.
„Du hast echt langsam die Schnauze voll, was?“
„Oh ja, und wie. Jetzt müssen wir hoffentlich nur abwarten und es wartet sich am Besten in einem netten Hotelzimmer, nur wir zwei und eine wunderbare Flasche Wein“, flirtete sie.
„Du wolltest ihn gar nicht suchen, oder?“, fragte Russ plötzlich. „Nein, nicht wirklich. Also was sagst du?“, fragte Ulani.
„Stundenlange Autofahrten oder Sex mit meiner Freundin und dazu ein guter Schluck Bordeaux, sehr schwere Entscheidung“, schmunzelte er.
„Das wollte ich hören, also such uns ein schönes Hotelzimmer“, bat sie und er bog um die Ecke.
 
 „Das ist meine eindeutig beste Suspendierung die ich je hatte“, keuchte Russ, als er glücklich neben ihr im Bett lag und aus dem Fenster aufs Meer sah.
„Das will ich auch hoffen, ich geb mir die größte Mühe dich zu unterhalten. Der Wein war übrigens scheußlich“, drehte sie die leere Flasche in ihrer Hand um.
„Wir haben ihn trotzdem getrunken und zusammen mit der Hitze hier macht das einen ganz heftigen Cocktail“, schmunzelte er benommen.
„Ich hab meine Männer gern betrunken“, bemerkte Ulani kichernd.
„Da muss ich dich enttäuschen, ich hab nicht oft einen sitzen“, bemerkte Russ.
„Dann müssen wir das dringend ändern, denn so gefällst du mir echt gut“, bemerkte Ulani und kletterte wieder auf ihn.
„Das sagst du nur so lange bis sich mein Stehvermögen von mir verabschiedet“, erkannte er.
„Mit mir passiert so etwas nicht“, erkannte Ulani und sie liebten sich erneut.
„Okay Auszeit, ich brauch fünf Minuten Pause“, bemerkte er erledigt und sie legte sich zur Seite.
„Also bis jetzt kann ich mich nicht beklagen. Das mit dem Hotelzimmer war eine echt gute Idee, ich hab‘ mich schon lang nicht mehr so gut gefühlt. Ich denk‘ grad‘ über gar nichts nach und das ist großartig“, bemerkte Ulani zufrieden.
„Immer gern zu Diensten“, erwiderte Russ und sie kuschelte sich an ihn.
So blieben sie zwei Tage im Bett, tranken und aßen, liebten sich und genossen das Leben. Als sie geradezu Abend aßen, klingelte ihr Handy.
„Miss Paia, wir haben ihn festgenommen, Ihrer Tochter geht es gut“, meldete sich die Polizei bei ihr.
„Oh mein Gott, ich danke Ihnen, ich hab nicht so schnell damit gerechnet. Wo muss ich hinkommen?“, freute sie sich und zog ihre Hose an.
„Ja, ich weiß wo das ist, danke“, bemerkte sie und legte auf.
„War das dein Handy?“, fragte Russ, der aus der Dusche kam.
„Ja, sie haben ihn verhaftet, mein Plan ist aufgegangen“, bemerkte sie glücklich.
„Man, das hat ich echt nicht erwartet, ich zieh‘ mich an, wir können gleich los“, entschied er.
„Ich hab‘ gehofft, dass du das sagst. Lass uns gehen“, bemerkte sie und sie eilten zum Auto.
„Man, irgendwie war dieser Plan nicht ausgereift, die Kleine wird mich nicht erkennen und mein ganzer Plan geht voll in die Hose“, bemerkte Ulani, als sie vor dem Polizeirevier parkten, in dem er festgehalten wurde.
„Aber du kannst mit ihm sprechen, ihn alles fragen was du willst, du willst sie ja nicht mit nach Hause nehmen, oder?“, fragte Russ.
„Nein, ich glaube nicht. Okay, ich bin bereit“, erwiderte sie und stieg aus.
„Hab ich dir schon gesagt, wie dankbar ich bin, dass du heute hier bei mir bist?“, fragte Ulani und nahm die Hand ihres Freundes.
„Ja, hast du, aber es ist immer schön zu hören“, bemerkte er und sie gingen ins Polizeirevier.
„Hi, ich wurde angerufen, Ulani Paia, sie haben meinen Ex festgenommen“, erkannte Ulani am Tresen des Polizeireviers.
„Ja, Miss Paia, folgen Sie mir“, wusste die Frau am Tresen schon, um was es ging.
Da saß er also in dieser Gefängniszelle, 10 Jahre älter mit einem Ziegenbart und kurzen Haaren.
„Ich hab von dir etwas zivilisierteres erwartet“, begrüßte Zeb seine Ex.
„Ich hab die Schnauze voll die nette in dieser Geschichte zu sein, das dumme Opfer, ich hab‘ mich verändert“, erwiderte Ulani schroff.
„Das seh‘ ich, gut siehst du aus. Wie ich sehe hast du einen persönlichen Bodyguard, er ist ganz schön groß“, bemerkte Zeb cool.
„Er ist mein Freund, er begleitet mich nur. Du hast ganz schön viel Aufwand gehabt, um mich hier her zu locken, das ist fast schon schmeichelnd“, entschied sie.
„Von was redest du? Ich wollte dich nicht herlocken, ich zeige unserer Tochter nur, wo sie herkommt, kann ja nicht wissen, dass du auch auf der Insel bist“, erwiderte Zeb.
„Hör‘ auf zu lügen, dein Bruder kam zu mir, hat mir irgendeine rührende Geschichte davon aufgetischt, dass du todkrank wärst und hat mir ein Bild von meiner Tochter gegeben, ich wollte dem eigentlich keine Beachtung schenken, aber dann fand ich deinen Bruder mit ner Kugel im Kopf in diesem Hotelzimmer. Und seitdem ist mein Leben eine einzige Katastrophe“, bemerkte Ulani grantig.
„Mein Bruder ist tot?“, fragte Zeb mit zittriger Stimme.
„Ja, tut mir leid, ich wusste nicht, dass du es nicht weißt“, erkannte Ulani sanfter.
„Nein, woher sollte ich? Ich hab‘ ihn eine ganze Weile nicht mehr gesehen, schon fast zwei Jahre nicht mehr. Wie kommt der Kerl darauf, dass ich todkrank bin? Mir geht es gut, zumindest ging es mir gut, bis ich von meiner Tochter getrennt wurde. Ich hab‘ sie nicht entführt verdammt, ich hab sie offiziell als meine Tochter anerkannt und sie hat das Recht, bei mir zu leben“, wurde Zeb wütend.
„Ja, natürlich, entschuldige, ich wollte sie nur mal sehen und das alles hier hinter mir lassen“, bemerkte Ulani.
„Sicher, ich kann es nicht glauben, dass er es dir gesagt hat. Es tut mir so leid, dass ich dich betäubt habe, damals, ach ja das mit den Hormonen war auch echt mies, aber wenn du unsere Tochter siehst, wird das alles vergessen sein“, bemerkte Zeb und Ulani sah ihn ungläubig an.
„Sieh sie an, bitte“, bat Zeb.
„Okay, könnten Sie meine Tochter herbringen, bitte?“, bat sie die Polizistin und setzte sich auf einen Stuhl neben der Zelle.
„Sie ist bei meiner Kollegin, ich bring‘ sie Ihnen“, erkannte die Polizistin und ging in einen Nebenraum.
„Wer ist ihre Leihmutter?“, fragte Ulani, als sie warteten.
„Katie, Betsys Tochter“, erkannte Zeb.
„Sie hat ihre Tochter damit reingezogen? Das ist wirklich unglaublich. Wo ist Katie jetzt?“, fragte Ulani.
„Sie ist schon kurz nach der Geburt von Kelie gestorben. Magersucht, armes Ding. Ich hab‘ sie allein großgezogen, war nicht immer einfach, aber ich liebe sie sehr. Nimm sie mir nicht weg“, bat Zeb.
„Das hab‘ ich nicht vor, tut mir leid, dass ich euch so gestört hab‘“, stand sie auf und wollte zur Tür gehen. Doch dann sah sie sie.
„Oh mein Gott, sie ist so wunderschön“, bemerkte Ulani mit Tränen in den Augen, als sie ihre Tochter sah.
„Daddy, wer ist das?“, fragte Kiele und ging zu Zebs Zelle.
„Das ist deine Mutter, Schatz. Sie wollte dich sehen“, erwiderte Zeb und Kiele ging auf Ulani zu.
„Kannst du wirklich Hulatanzen?“, fragte Kiele neugierig.
„Ja, das hab‘ ich gelernt, als ich so alt war wie du jetzt. Darf ich dich umarmen?“, fragte Ulani und Kiele nickte. Ulani umarmte sie herzlich.
„Behandelt dich dein Vater gut?“, fragte Ulani und sah in die Augen ihrer Tochter. Sie war ihr so vertraut.
„Er lässt mich abends nicht lang aufbleiben“, bemerkte Kiele und Ulani lächelte.
„Schlaf ist wichtig, das macht dein Dad schon richtig. Lassen Sie Ihn raus, ich zieh‘ die Anzeige zurück“, bemerkte Ulani und die Zellentür wurde aufgeschlossen.
„Danke, für das Vertrauen. Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Zeb und rieb sein Armgelenk was von den Handschellen schmerzte.
„Du gehst mit unserer Tochter wohin du willst. Versprich mir nur, dass du sie gut behandelst und mir regelmäßig ein Foto schickst. Und wenn Kiele Hulatanzen lernen will, kann sie immer zu mir kommen“, erkannte Ulani mit Tränen in den Augen.
„Danke, danke dass du mir vergibst“, erkannte Zeb und wollte sie umarmen. Doch Ulani hielt sie davon ab.
„Ich werde dich am Leben lassen Zeb, aber Freunde werden wir nicht mehr. Herzliches Beileid für deinen Bruder“, erkannte sie und ging einen Schritt zurück.
„Krieg ich deine Handynummer?“, fragte Kiele plötzlich.
„Sicher Kleines, hier ist meine Karte, da stehen alle meine Nummern drauf und auch meine Adresse. Falls du mich irgendwann besuchen kommen willst, ich hab immer noch meinen Hularock, denn könnt ich dir geben“, gab Ulani ihrer Tochter ihre Visitenkarte.
„Ist das dein Freund?“, sah Kiele, Russ an.
„Ja, das ist er. Er ist wirklich nett. Weißt du was, könntest du ein bisschen mit ihm spazieren gehen? Ich will mit deinem Dad kurz allein reden“, erkannte Ulani und Kiele ging mit Russ nach draußen.
Als Kiele aus Sichtweite war, schlug Ulani, Zeb ins Gesicht.
„Au, für was war das jetzt?“, fragte Zeb und hielt sich die Nase.
„Man, ich hab zehn Jahre warten müssen um dir das zu verpassen. Das hat echt gut getan. Okay, jetzt spuck‘ es aus, was hat das mit dem Brief und diesen gefälschten Fotos auf sich?“, bemerkte sie gereizt.
„Ich weiß nichts davon, das muss Cliff gewesen sein. Du hattest echt Aggressionen aufgestaut, das tut echt weh“, erkannte Zeb und setzte sich auf den Stuhl, wo vorher Ulani gesessen hatte.
„Oh ja, das hab ich, ich hab‘ jetzt zehn Jahre damit zu kämpfen gehabt, ich war verängstigt und sexuell gestört, ich hab immer noch zwei Therapeuten, die mir darüber weghelfen was ihr mit mir gemacht habt. Also sag‘ mir jetzt sofort, was ihr damals gemacht habt“, erkannte Ulani und setzte sich verkehrt herum auf einen Stuhl vor ihn.
„Ich hab nicht viel getan damals, ich sollte dir diese Hormone unterjubeln, im Kaffee. Dass ich dich betäube, war eigentlich gar nicht für mich vorgesehen, aber Cliff hatte dann an dem Abend so viel zu tun, dass er mich gezwungen hat, es zu tun. Ich hab` dich in diesem Zimmer abgelegt, mehr weiß ich nicht, wirklich nicht. Als Katie schon schwanger war, hat mich Cliff in seinen Plan eingeweiht. Es war auch nie vorgesehen, dass ich meine Tochter aufziehe, er wollte das tun, zusammen mit seinem Lebensgefährten einem Fruchtbarkeitsspezialisten, ich glaub‘ er war es, der Cliff auf diese hirnrissige Idee gebracht hat, den perfekten Menschen zu erschaffen, sie waren beide ziemlich durch geknallt, der Doc starb noch vor der Geburt von Kiele an AIDS, natürlich nicht ohne meinen Bruder vorher anzustecken. Als Katie dann starb, wurde Cliff echt seltsam, wollte den Plan seines Lovers wiederholen, einen Jungen zeugen, der dann zusammen mit Kiele die Menschenrasse perfekter machen sollte, ich bin eines nachts mit Baby Kiele abgehauen. Ich bin ständig umgezogen, weil ich nicht wollte, dass er sie findet. Vor zwei Jahren hat er mich dann gefunden, es war ziemlich riskant zurück nach Hause zu ziehen. Ich hab ihn angezeigt, hab behauptet, er hätte Kiele unsichtlich berührt. Er saß ne Weile im Knast, ich habe mir ein Leben mit Grace aufgebaut, du kennst sie ja, sie hat mich angerufen, dass du bei ihr warst, aber mich hat es einfach weiter gezogen. Doch jetzt kann ich mich irgendwo niederlassen, ich muss keine Angst mehr haben, dass er uns findet“, erzählte Zeb, was damals passiert war.
„Entschuldige, du bist genauso ein Opfer, wie ich es damals war, das war mir nicht klar. Hab‘ ich dir die Nase gebrochen?“, fragte Ulani und betastete seine Nase.
„Das hättest du wohl gern“, schmunzelte Zeb und Ulani lächelte versöhnlich.
„Weißt du wo Betsy jetzt lebt?“, fragte Ulani, als sie nach draußen zu Russ und Kiele gingen.
„Nicht genau, aber ich hab‘ gehört, dass sie immer noch in Shreveport lebt. Willst du sie auch noch suchen?“, fragte Zeb und sie blieb stehen.
„Ja, sie muss mir letzte Fragen beantworten“, entgegnete sie.
„Sicher, vermutlich kann sie das. Du hast übrigens eine tolle Heimat“, erkannte er und sah in die Landschaft.
„Ja, du auch. Behandle meine Tochter ja gut, sonst komm‘ ich zurück und brech dir deine Nase das nächste Mal wirklich. Du könntest ja hier bleiben, meine Mutter hat die Kleine glaub ich ziemlich ins Herz geschlossen, sie wär sicher froh, wenn sie nicht so weit weg wohnen würde“, erkannte Ulani.
„Schatz, deine Mutter wohnt in New Mexiko“, erkannte Russ.
„Nicht mehr lange, sie hat mir gesagt, dass sie jetzt hier bleiben wollen, das hatten sie eh vor, wenn sie in Rente gehen. Wir werden ihn nicht mehr belästigen, das habe ich ihm gerade versprochen, das gilt auch für dich, Agent Mansfield“, bemerkte Ulani und hakte sich bei ihm ein.
„Du hast dir einen FBI-Agenten geangelt?“, fragte Zeb frotzelnd.
„Fast, Heimatschutzbehörde, Was ist passiert, warum blutet er aus der Nase?“, fragte Russ.
„Sagen wir so, ich hab ihm alles gegeben, was ich ihm geben wollte. Jetzt bin ich fertig mit ihm. Fahren wir zu meinen Eltern, die fragen sich sicher schon, wo wir stecken. Kommt gut da an, wo auch immer ihr hinwollt“, bemerkte Ulani und Kiele kam noch einmal zu ihrer Mutter und umarmte sie.
„Du kannst mich jederzeit anrufen, ja Kleines?“, bemerkte Ulani und sah mit Russ, Zeb und Kiele zu, wie sie von dannen gingen.
„Ist es jetzt vorbei?“, fragte Russ und sie nahm seine Hand.
„So gut wie, warst du schon mal in Louisiana?“, fragte Ulani zufrieden und zog ihn zum Wagen.
„Louisiana, was willst du jetzt in Louisiana?“, fragte Russ verwirrt.
„Das erklär‘ ich dir im Flugzeug, fahren wir erst mal zu meinen Eltern“, erwiderte Ulani und stieg auf den Beifahrersitz.

Zwanzigstes Kapitel


„Du hast ihn also einfach so gehen lassen?“, fragte Kimo, als sie alle zusammen an diesem Abend zusammensaßen.
„Ja, er wird gut für sie sorgen, das hab ich gefühlt und er darf nicht mehr für die Fehler seines Bruders büßen. Ich denke, er wird hier auf der Insel bleiben, er hat versprochen, euch mit der Kleinen zu besuchen. Wir fliegen morgen wieder nach Hause, ich hab meine Praxis lang genug allein gelassen. Oh man, ich bin echt müde, ich hab in den letzten zwei Tagen fast nicht geschlafen“, erkannte Ulani und stand auf.
„Ja, du hattest viel nachzudenken, das versteh‘ ich, schlaf‘ dich aus“, bemerkte Keala.
„Äh ja, nachdenken, richtig. Kommst du auch, Schätzchen?“, fragte sie und Russ folgte ihr ins Zimmer.
„Ich bin wirklich saumüde, ich kann wirklich nichts mehr mit dir machen“, entschied Russ und knöpfte sein Hemd auf.
„Oh Gott, ich auch nicht, das waren echt zwei heftige Tage, aber ich hab’s so genossen. Wie geht das mit uns weiter, wenn wir wieder zu Hause sind?“, fragte Ulani und legte sich ins Bett.
„Ich hab einen 16 Stunden Tag“, bemerkte Russ trocken.
„Ich bin ein Workaholic“, erwiderte Ulani und Russ legte sich zu ihr.
„Wir kriegen das irgendwie hin, da bin ich sicher“, versprach Russ und sie schlief in seinem Arm ein.
 
Ein Jahr später saß Ulani zum letzten Mal bei Dr. Abrams.
„Also Ulani, Ihnen scheint es wieder sehr gut zu gehen, ich hab vor einem Jahr echt nicht gedacht, dass Sie mich jetzt nicht mehr brauchen“, erkannte Roger und Ulani strahlte ihn an.
„Geben Sie es zu, Sie werden mich vermissen“, schmunzelte sie.
„Das hätten Sie wohl gern. Sie haben auch dem anderen Therapeuten leb wohl gesagt?“, fragte Roger.
„Ja, schon vor ner Weile. Ich werde diese Woche mit meinem Freund zusammenziehen“, erkannte Ulani glücklich.
„Das ist toll, das ist ein großer Schritt für Sie oder? Wie läuft die Beziehung?“, fragte Roger.
„Gut, wir versuchen uns so oft zu sehen, wie es geht, wird vermutlich besser, wenn wir zusammen gezogen sind. Meine Tochter kommt nächste Woche zu meinem Geburtstag, ich freu‘ mich schon“, erklärte Ulani.
„Das klingt alles sehr gut. Sie haben also alles hinter sich gelassen?“, fragte Roger.
„Ja, ich hab mit allen Beteiligten abgeschlossen, ich hab Betsy getroffen, sie hat diesen komischen Brief und die Fotos gemacht und sie Cliff gegeben, dass er sie mir überreicht, sie wollte, dass ich mich mit Zeb aussöhne, können Sie das glauben? Sie hatte Erfolg, Zeb und ich telefonieren jetzt regelmäßig. Aber sagen Sie das nicht Russ, er kann ihn immer noch nicht ausstehen“, bemerkte Ulani.
„Das sollten Sie ihm sagen, wenn Sie zusammen wohnen, kommt das wohl oder übel ans Licht. Er wird es verstehen“, bemerkte Roger.
„Ja, vermutlich. Unsere Stunde ist rum, oder?“, fragte Ulani, die los wollte.
„Sicher, sie können mich wohl nicht schnell genug loswerden, was?“
„Eigentlich schon, nichts für ungut, aber ich bin froh, wenn ich das alles hinter mir habe und zurück zu meinem Freund kann, denn er will in unserer neuen Wohnung was kochen“, erwiderte Ulani und stand auf.
„Nur eins noch, machen Sie Ihre Handtasche auf“, bat Roger.
„Wie meinen?“
„Aufmachen!“
„Okay“, erkannte sie verwundert und öffnete ihre Handtasche.
„Keine Waffe, braves Kind“, erkannte Roger und Ulani schloss ihre Tasche wieder.
„Ich brauch‘ keine Waffe, ich hab jetzt einen Typen von der Heimatschutzbehörde als Freund“, erwiderte Ulani zufrieden.
„Dann entlasse ich Sie mit den besten Wünschen, ich freu‘ mich so für Sie“, bemerkte Roger und hielt ihr die Tür auf.
„Danke und noch was, den Kerl den sie mir damals als Vertretung geschickt haben ist eine ziemliche Niete“, erkannte Ulani und grinsend schloss Roger die Tür hinter ihr.
 
Eine Woche später feierte Ulani stolz ihren Geburtstag. Sie hatte alle um sich die sie liebte, ihre Eltern waren aus Holano angereist und auch Zeb und Kiele, die jetzt schon ein paar Monate in Holano wohnten.
„Da sind sie, übrigens ich telefoniere regelmäßig mit ihm, nicht böse sein, ja?“, erkannte Ulani und winkte Zeb, als sie sie am Flughafen abholten.
„Das ist okay, ihr habt eine gemeinsame Tochter“, bemerkte Russ.
„Wirklich?“, freute sich Ulani.
„Nein, du kannst froh sein, dass ich heut‘ als Zivilist unterwegs bin“, bemerkte er, lächelte aber gespielt Zeb zu.
„Ich hab meinen Frieden mit ihm gemacht, tu das bitte auch“, bat sie und zog ihn zu Zeb und Kiele.
„Hey, schön dass ihr da seid, wie war euer Flug?“, fragte Ulani freundlich und umarmte ihre Tochter.
„Sehr gut, danke. Willkommen im Club der Leute, die sich nicht schämen auf Ü30 Partys zu gehen“, bemerkte Zeb.
„Ja, sehr nett, danke. Hi meine Kleine“, kniete sich Ulani zu ihrer Tochter herunter.
„Ich hab dir eine Kette zum Geburtstag gemacht mit Muscheln, die ich am Strand gefunden habe“, bemerkte Kiele und hängte Ulani eine Kette um.
„Danke, so eine hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr, die ist wunderschön, danke“, bedankte sich Ulani und umarmte Kiele.
„Lasst uns fahren, ich muss noch ne leckere Schokoladentorte abholen“, bemerkte Ulani und sie gingen zum Auto.
Ulani konnte nicht glauben, wie sich ihr Leben in einem Jahr zum Besseren verändert hatte. Sie musste keine Angst mehr haben, denn sie hatte ihren Feind zum Freund gemacht und hatte einen Mann an ihrer Seite der sie bis ans Ende der Welt beschützen würde.

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Tag der Veröffentlichung: 28.07.2011

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