Danke
… Gott, für die vielen Ideen und Impulse zu diesem Buch. Du bist der Allerbeste, ohne dich wäre ich nichts, ich würde stottern, wenn ich spreche, ich würde verzweifeln, wenn ich schreibe und Depressionen bekommen, wenn ich denke. Danke, dass ich dein Kind sein darf und du mich darüber hinaus so sehr segnest.
… meine Familie, vor allem meine Frau Brenda, die mich z.B. nachts geduldig einige Male hektisch hat aufspringen lassen, wenn ich wieder einmal einen Gedanken über das Buch hatte und es unbedingt noch aufschreiben musste. Es tut mir leid, dass ich dich damit soft in der Nacht geweckt habe. Ohne dich wär ich nur halb so viel wert. Ich liebe dich und bin dankbar für unsere Familie.
…Dr. Judith Schreier. Danke, Judith, für deine Arbeit als Korrektor. Danke für die vielen Tipps, Hinweise und die Zeit, Geduld und Kraft, die du in dieses Buch mit einfließen lassen hast. Als Prediger bin ich es gewohnt, Reden, Predigten und Andachten, aber keine Bücher zu schreiben. Danke, dass du mir in diesem Punkt eine echte Hilfe gewesen bist.
…Dr. Rudolf Fichtner. Danke, Rudi, für deine gute und hilfreiche Kritik. Deine Ratschläge und Beobachtungen habe ich sehr dankbar angenommen und gerne umgesetzt. An dieser Stelle möchte ich dir gestehen, dass ich schon sehr lange vermute, dass deine Tätigkeit am Theologischen Seminar nur Tarnung für eine geheime Superheldenidentität ist. Hinter deiner Brille und unter deinem Holzfällerhemd und deiner Cordhose steckt ganz bestimmt ein Superheld, der nachts durchs Rhein-Main-Gebiet fliegt, Schurken fängt und Kinder auf der Luftgitarre sanft in den Schlaf spielt.
…Trine Karcher, für die Zeit die du dir für das Buch genommen hast. Danke für dein Feedback und die Gespräche. Dein fachliches Feedback aus der Sicht einer Therapeutin war mir sehr wichtig und kostbar.
Lieber Samuel,
ich möchte ich Dir danke sagen, dass Du den Mut hattest, dieses einmalige Buch vom Superhelden Abraham zu schreiben. Durch das Lesen wurde mein Glaube an Gott grösser. Als ich es las, hatte ich so viele Fragen und auch Zweifel an meinem Lebensweg mit Gott, doch du hast mir mit Deiner Schreibensart die Augen wieder neu dafür geöffnet, dass auch im Leben von Abraham Zweifel und Glauben sich die Hand gaben. Und das andere, was ich gelernt habe, ist, dass trotz der Fehler und des Versagens von Abraham Gott mit ihm, wegen ihm und trotz ihm zum Ziel kam. Diese Sicht ermutigt nicht nur mich, sondern bestimmt jeden Leser und jede Leserin.
Als ich dieses Buch in den Händen hielt und den Titel las, dachte ich für mich, das muss ich so schnell wie möglich lesen, weil die Geschichte von Abraham mich begeistert. Begeistert und fasziniert aus dem Grund, weil Abraham im Glauben sein Heimatort verließ, um in eine neue Stadt zu ziehen, die Gott ihm noch zeigen würde. Genau dies tat ich wie Abraham, als ich 22 Jahre alt war, um in einer großen Stadt eine Kirche für junge Menschen anzufangen.
Also, voller Spannung fing ich an dieses Buch zu lesen und dachte immer im Hinterkopf, der beginnt sicher mit dem Abraham und irgendwann schweift er so ab, dass es zwar noch immer interessant ist, aber mit der Lebensgeschichte von Abraham und Sarah eigentlich gar nichts zu tun hat. Je länger ich las, desto mehr war ich bewegt von dem Buch, weil es Seite für Seite und Kapitel für Kapitel an der Geschichte dran blieb. Dies war das erste Buch, das ich in meinem Leben gelesen hatte, die die Geschichte von Abraham und Sarah einfach und lebensnah erklärt.
Das Buch vom Superhelden Abraham könnte man auch mit diesem Zitat zusammenfassen:
Wer etwas haben möchte, dass er noch nie hatte, muss vielleicht etwas tun, dass er noch nie tat …
God bless you
Leo Bigger
(Leiter icf-Zürich)
Einleitung
In dem Buch der Bücher kann man eine Menge entdecken, doch wer hätte gedacht, dass man hier auch echte Superheldengeschichten finden kann und das sogar nicht zu knapp? Die Superhelden von Marvel, DC-Comics und Co. verblassen neben den Superhelden der Bibel. Gleich auf den ersten Seiten der Bibel lesen wir von ihnen:
Damals und auch noch später lebte auf der Erde das Geschlecht der Riesen. Sie waren aus der Verbindung der Gottessöhne mit den Menschentöchtern hervorgegangen und sind als die großen Helden der Vorzeit bekannt.( 1 Mo 6,4.)
Wow, und es geht noch viel weiter. Im Buch der Richter lesen wir vom Hulk der Bibel, dem vor Kraft und Testosteron strotzenden Simson, einer weiblichen Superheldin, Debora, von der sich Wonder Woman noch einiges abschauen könnte. Zurzeit der Könige lesen wir von den legendären dreißig Superhelden König Davids und, und, und.
Doch leider ist das Alte Testament für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Thomas Gottschalk scherzte einmal: „Was interessiert mich das Alte Testament; mich interessiert eher das Testament vom Alten!“ Ich kann über diesen Scherz nicht wirklich lachen, weiß aber, viele trauen sich nicht richtig an dieses komische, verstaubte Buch und seine alten Geschichte heran. Eine dieser alten und zugleich für uns Christen so wichtigen Geschichten, ist die Geschichte Abrahams. Sie gehört zu den schönsten, herausforderndsten und ältesten Geschichten der Weltliteratur und ist viel mehr als bloß eine großartige Geschichte.
Viele übersehen, dass Abraham auch im Neuen Testament siebzigmal erwähnt wird und auch Jesus immer wieder auf diesen Mann zurückkommt. Wie wir noch feststellen werden, war dieser Abraham ein echter Superheld in den Augen Gottes, und vieles können wir heute noch von ihm lernen. Doch Vater Abraham hat (nicht nur) viele Kinder, wie es in einem alten Kinderlied heißt, sondern hatte auch viele andere Menschen zu seinen Lebzeiten in seinem unmittelbaren Umfeld, die es wert sind, unter die Lupe genommen zu werden. Neben der Hauptgestalt, unserem Hero Abraham, sollen auch diese hier zu Wort kommen. Wir wollen auch sie aus dem Schatten Abrahams treten und ihre eigene Version der Geschichte erzählen lassen. Sie werden mit ihren Herausforderungen, Prüfungen und Erlebnissen mit Gott zu Wort kommen und neu, vielleicht zum ersten Mal, zu uns sprechen.
Das vorliegende Buch soll die Botschaften der fast viertausend Jahre alten Geschichte Abrahams ins heutige Leben übertragen und in unser Herz fallen lassen.
Als Pastor bin ich es gewohnt, die Gemeindeglieder und Gottesdienstbesucher persönlich anzusprechen und zu Duzen – dieser Gewohnheit werde ich auch in diesem Buch nachgehen. So bleibt nur noch zu sagen: Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und dass Gott dein Herz durch dieses Buch berühren möge.
Bibelzitate sind – wenn nicht anders angegeben – der „Gute Nachricht Bibel“, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, 2004, entnommen.
Superheld Abraham
Der typische Superheld hat übernatürliche Kräfte, ist bereit, sein Leben für die gute Seite zu geben und ist seinen Widersachern und Gegnern moralisch und intellektuell überlegen. Für einen typischen Superhelden ist es aber auch typisch, dass dieser eine Schwäche gegenüber bestimmten Situationen oder Gegenständen besitzt. Nicht nur naive Kinder lieben Superhelden. Nein, zur Fangemeinde der Superhelden gehören auch sehr viele denkende erwachsene Menschen, wie ich zum Beispiel – zumindest halte ich mich für einen denkenden erwachsenen Menschen.
Jedes Jahr erfindet die Unterhaltungsindustrie neue Superhelden, doch zu den bekanntesten zählen die Klassiker: Spiderman, Batman, Hulk, Ironman oder der Superheld aller Superhelden schlechthin – Superman, der bereits im Jahr 1938 in einem Comic erschien. Doch all diese verblassen beim biblischen Superhelden Abraham. Abraham war ein Mann, der wie jeder andere Mensch zu allen Zeiten auch Herausforderungen hatte: Er war Ehemann, Vater, Onkel, Missionar, Geschäftsmann, Notleidender, Schlichter, Befehlshaber, Chef, Priester, Überflieger, Freund Gottes, Besserwisser … Er hatte mit seinem Charakter zu kämpfen, seiner Patchwork-Familie, Stress in der Familie (der Zickenterror seiner Ladys), hatte peinliche Verwandte mit einem Moral- und Alkoholproblem, mit Herausforderungen im Beruf und seiner Berufung. Er hatte viele Gefahren und Hindernisse in seinem Leben zu überwinden und dennoch gelang es ihm, für uns ein leuchtendes Vorbild des Glaubens zu werden und zu bleiben.
Lebst du schon oder wohnst du noch?
Die Geschichte von Abraham beginnt nicht irgendwo in der Bibel ganz isoliert, als ein ganz neues Buch oder ähnliches. Nein, die Geschichte von Abraham ist eigentlich auch nur ein Teil der Genesis, des ersten Buchs Mose. Und genauso wie es in diesem Buch verschiedene Kapitel gibt und diese Kapitel thematisch aufeinander aufbauen und einige Gedanken aus vorangegangenen Kapiteln aufnehmen, verknüpfen und vertiefen, so knüpft die Geschichte von Abraham eben auch an eine andere Geschichte der Bibel an. Sie antwortet auf Fragen, die in der vorangegangenen Erzählung offengeblieben sind.
Wenn wir den Zusammenhang der Bibel ins Auge fassen, dann stellen wir staunend fest, dass sich Abrahams Geschichte an die legendäre Überlieferung über die Tragödie vom Turmbau zu Babel anschließt. Jeder kennt die Geschichte über den Turm, den Gott einstürzen ließ, doch vielen ist nicht bewusst, dass mit dieser Geschichte im Grunde eine große Frage gestellt wird, die Abrahams Leben und Berufung beantworten sollte.
Um Abraham richtig verstehen zu können, müssen wir uns die Mühe machen, die Fragen herauszufinden, der Geschichte vom Turmbau zu Babel aufmerksam zuhören, zwischen den Zeilen lesen und aus den Trümern des zerstörten Turmes die entscheidenden Fragen ausgraben.
Was geschah damals in Babel? In aller Kürze: Die Menschen sammelten und organisierten sich und bündelten ihre gesamte wirtschaftliche, technische und körperliche Energie in einem gewaltigen Bauprojekt. Wenn wir so wollen, haben wir hier die früheste Form der Globalisierung. Bis hierhin ist die ganze Sache ja nicht besonders anrüchig, doch beim genaueren Hinsehen stellen wir fest, dass das Motiv derer, die sich hier in Babel versammelten, nicht stimmte, sie taten es nämlich aus Stolz und ungehorsam Gott gegenüber, sie taten es um den Himmel zu stürmen und sich selbst einen Namen zu machen! Doch Gott lässt sich die ganze Sache nicht gefallen und vereitelte die stolzen Pläne der Menschen, führt die Sprachen ein, die die Menschen dazu zwingen sollten, sich in kleinen Gruppen auf der Erde zu verteilen und schafft somit letztendlich die Grundlage für die verschiedenen Völkern und Nationen.
Die Fragen, die sich in dieser Geschichte dem aufmerksamen Leser stellen, sind diese: Was geschieht mit den unterschiedlichen Nationen? Wie will Gott den unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Mentalitäten begegnen? Wie will er die verschiedenen Menschen erreichen? Oder hat Gott die Nationen gar verstoßen oder vergessen? Und jetzt kommt Abraham und seine Berufung – die Antwort auf all jene eben gestellten Fragen:
Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. (1Mo12,1-3)
Wollten die Menschen sich wie zuvor erwähnt selber einen großen Namen schaffen, so sagt Gott jetzt: „Ich such mir jemanden aus und ich selbst werde seinen Namen groß machen!“ Gott erschafft die Nationen, die zunächst einmal ihre eigenen Wege gehen sollten, aber sie sind ihm nicht egal. Im Gegenteil, sie bleiben in seinem Fokus und in seinem Herzen.
Wie an vielen Stellen der Bibel, sehen wir auch hier, dass die Menschen durch ihren Ungehorsam ein Problem produzieren und Gott selbst einen Ausweg schafft und anbietet. Dieser Ausweg aus der selbstgewählten Gottesferne heißt Abraham, durch ihn sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet sein. Gott liebt alle Menschen, und das von alters her, und hier in und mit Abraham schafft er die Grundlage für eine alternative Lebensweise, ein Leben aus Glauben an den einen wahren Schöpfergott. Abraham macht sich also auf Gottes Wort hin auf den Weg, um seine Mission zu erfüllen. Er vertraut und glaubt Gott und wagt es in ein Land zu ziehen, das ihm bisher unbekannt war.
Ein sehr, sehr altes rabbinisches Gleichnis, das bereits zurzeit Jesu gebräuchlich war, erzählt, warum Gott Abraham erwählte. In der Erzählung heißt es, dass ein König seinen Palast auf festen Felsen bauen wollte. Nach einigen vergeblichen Versuchen fand er einen großen Felsen, der sich als Fundament seines Palastes eignete und kündigte an, auf diesen Felsen seinen Palast zu bauen. Genauso, wie der König den Felsen für seinen Palast aussuchte, so lehrten die Rabbiner, habe auch Gott Abraham als Felsen für seinen Plan erwählt. In dem Gleichnis der Rabbiner sagte Gott: „Auf diesen Felsen kann ich die Fundamente der Welt legen.“ Spannend an diesem alten rabbinischen Gleichnis ist, dass das Wort „Felsen“ nicht in hebr. Sprache, sondern in griechischer Sprache „petra“ überliefert worden ist!
Zu allen Zeiten hat sich Sprache immer auch verändert, und es haben sich vor allem in Fachkreisen Fachtermini durchgesetzt. Wenn wir z. B. von einer E-Mail sprechen, dann ist damit ein digitaler Brief gemeint und jedem ist sofort klar, wir sprechen von einem Begriff aus der Welt der Computerwelt. Genauso gebrauchten die jüdischen Gelehrten damals den Begriff petra. Jeder, der diesen Fachbegriff hörte, wusste, er kommt aus der Welt der Bibelexperten.
In Matthäus 16,8 spielt Jesus auf dieses Gleichnis der Rabbiner an, als er Simon als den neuen Felsen der Gemeinde bezeichnet. Er gebraucht den Fachbegriff petra, um an unseren lieben Abraham und seine Berufung zu erinnern. Auch ein Simon sollte so ein petra wie Abraham sein, auch ein Simon (jetzt mit Beinamen Petrus) sollte ein Leben führen, auf das aufgebaut werden kann. Und, ja, auch wir sollen ein solches Leben führen, auf das Gott aufbauen kann!
Wir haben bereits gesehen, Abraham glaubte, vertraute und gehorchte Gott, indem er seine Heimat auf ein Wort Gottes hin verließ, doch es gibt noch eine weitere Besonderheit, die unseren Superhelden auszeichnete:
Abram nahm seine Frau Sarai mit, seinen Neffen Lot und alle ihre Habe, die sie erworben hatten, und die Knechte und Mägde, die sie in Haran gewonnen hatten. Sie wanderten nach Kanaan aus und kamen dort an. (1Mo12,5)
Vor diesem Abschnitt heißt es: „Ich will dich zum Segen für alle Geschlechter machen.“ Sind wir als Christen nicht auch dazu berufen, in unserer Umwelt ein Segen zu sein? Natürlich sind wir das. Nur fragt man sich manchmal ja schon, wann wir eigentlich damit anfangen, ein Segen zu sein. Berufung ist ja immer auch Aufgabe. Viele Menschen leben immer im Morgen und nicht im Heute, in Träumen und nicht in Realitäten, in Verheißungen und nicht in den konkreten Aufgaben und Schritten. Und das ist sehr gefährlich, weil wir damit in Gefahr sind, Dinge immer wieder weiter zu verschieben und dabei gar nicht zu merken, dass wir damit Situationen verpassen. Der Volksmund sagt es so: „Des Teufels liebstes Möbelstück ist die lange Bank!“
Stell Dir vor, du hättest eine dreijährige Ausbildung zum Masseur hinter dir. Du würdest ein Diplom zum Masseur bekommen, hättest sogar noch eine zertifizierte Zusatzausbildung für eine spezielle neue Wärmebehandlung mit sizilianischen Vulkansteinen, Kreideschlammpackungen, gegrillten Algen und wer weiß was sonst noch. Du bist jetzt ausgezeichneter und ausgewiesener Masseur – Erholung und Entspannung Pur ist dein zweiter Vorname und deine Berufung, jedenfalls steht das jetzt auf deiner Visitenkarte. Nur, das alles nützt dir gar nichts, wenn du nicht anfängst, fremde Nacken und Rücken zu kneten.
Du kommst nur in deine Verheißung, Berufung und ihr volles Potenzial, wenn du dich selbst auf den Weg dorthin machst und einfach anfängst! Du kannst das beste Talent und die beste Ausbildung der Welt haben und dennoch deine Zeit mit Tagträumen und Visionen von der Zukunft vergolden und das, was du eigentlich tun könntest, wozu du berufen bist, nicht tun. Abraham hatte da etwas begriffen, er hatte eine Berufung, eine Verheißung und damit auch einen konkreten Auftrag! „Was, ich soll ein Segen sein? Ich fange am besten gleich heute, hier und jetzt damit an!“ Lass uns den Abschnitt aus dem zwölften Kapitel noch einmal nach einer anderen Bibelübersetzung lesen.
Und Abram nahm sein Weib Sarai und Lot, seines Bruders Sohn, samt aller ihrer Habe, die sie erworben, und den Seelen, die sie in Haran gewonnen hatten; und sie zogen aus, um ins Land Kanaan zu gehen. (1Mo12,5)
Vergleiche die beiden Übersetzungen selbst. Fast alle Übersetzungen interpretieren diese Stelle so, als ob Abraham in Haran fleißig Sklaven gekauft hätte! Und ja, Abraham hatte Knechte und Mägde, die er irgendwo gekauft hatte. Das war für seine Zeit nichts Ungewöhnliches. Aber hier ist interessanter Weise die Rede von Seelen, die er gewonnen hatte! Im hebräischen Grundtext steht hier „die Seelen, welche er gemacht hatte“! Wie hatte Abraham in Haran Seelen gemacht? Man kann die Stelle auch mit „die Seelen, die er neu gebildet hatte“ übersetzen!
Auch hier können wir wieder auf eine interessante Interpretation der alten, jüdischen Rabbiner zurückgreifen. Nach ihrer Auslegung dieser Stelle passierte Folgendes: Abraham hatte Proselyten, also Menschen, die zum jüdischen Glauben konvertierten, unter den Männern gemacht und seine Frau Sara hatte das gleiche unter den Frauen gemacht. „Wer einen Heiden nahe zu Gott bringt und ihn bekehrt“, so lehrten die Rabbiner weiter, „ist wie einer, der ihn erschaffen hat.“
Als Jesus mit Nikodemus, einem jüdischen Gelehrten, sprach und ihm sagte, dass der Mensch neu geboren werden muss, um ins Reich Gottes zu kommen, da griff Jesus genau diesem rabbinischen Gedankengut der Seelenneuschaffung, also der Umkehr zu Gott, auf!
Abraham hatte dort in Haran, an dem Ort, wo er lebte, bereits angefangen, seine Berufung zu leben. Er hatte Menschen durch sein Leben und Gespräche mit ihnen zur Umkehr zu Gott gebracht und ihre Seelen auf diese Weise neu geschaffen! Und genau diese Leute nahm er mit auf seine Wanderschaft nach Kanaan! Nicht als seine stumpfe Dienerschaft, als Mitläufer oder Opportunisten, sondern sie folgten seinem geistlichen Weg aus Überzeugung, sie wurden zu seinen Mitstreitern, zu seinem ganz persönlichen A-Team! Abraham hatte es begriffen! Er lebte seinen Glauben, seine Beziehung zu Gott öffentlich und als Vorbild für seine Umwelt und nahm alle, die es wollten, bei sich auf und ließ sie Teil der Berufung werden. Wie gesagt, sicherlich hatte Abraham Sklaven gekauft, das sagt uns die Bibel sogar, aber er hatte auch Seelen neu geschaffen! Alle Menschen, die in seinem „Dunstkreis“ waren, wurden durch Abraham auf den Bund der Beschneidung – als sichtbares Zeichen, zu Gott zu gehören – hingewiesen und von ihm dazu eingeladen.
Da nahm Abraham seinen Sohn Ismaël und alle Knechte, die im Hause geboren, und alle, die gekauft waren, und alles, was männlich war in seinem Hause, und beschnitt ihre Vorhaut an eben diesem Tage, wie ihm Gott gesagt hatte. (1Mo17,23f)
Mit alles, was männlich war in seinem Hause dürften wohl kaum nur irgendwelche Schaf- oder Ziegenherden gemeint sein, sondern auch jene unterwegs neugeschaffenen Seelen, die Abraham eben nicht als Sklaven und Diener folgten. Abraham lebte seinen Glauben öffentlich, er wohnte mitten unter den Menschen, ja er wohnte mitten unter den Heiden. Er wohnte da einfach und hatte keine Berührungsängste.
Klar, er distanzierte sich von ihren verkehrten, dunklen, heidnischen Gedanken, Plänen und Werken, aber ihnen selbst öffnete er sein Herz. Wie Jesus hasste er die Sünde, liebte aber den Sünder selbst von Herzen und begegnete ihnen in Freundschaft. Auch aus diesem Grund nennt das Neue Testament Abraham einen Freund Gottes, weil er wie Jesus sein Herz vor den Verlorenen
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Samuel Diekmann www.Samuel-Diekmann.de
Lektorat: Daniel Aderhold
Tag der Veröffentlichung: 19.03.2012
ISBN: 978-3-86479-440-7
Alle Rechte vorbehalten