Schlechte Neuigkeiten
Ja, meine Mutti, vor einer Woche war ich bei ihr um mich von ihr nochmal in Ruhe zu verabschieden, bevor es dann heute zu meinen Schatz und in ein neues Leben geht.
Sie öffnete die Tür, zur Begrüßung umarmte ich die kleine zierliche Person, die in meinen Armen wie ein Kinderkörper wirkte und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Nach meiner obligatorischen Frage „Wie geht’s?“ kam ein wie so oft „Schau dich nicht um, aber ich habe keine Meinung was im Haushalt zu machen, mir geht’s nicht so gut“. Meine Mutter bezeichnete mich immer als penibel und so tat ich es als Entschuldigung ab und sagte „ist schon ok“.
Die Schränke haben schon lange kein Staublappen mehr gesehen und der Teppichboden keinen Staubsauger, auch wirkte er schon lange nicht mehr neu, Flecken und Dreck übersäten ihn. Aber ihren zwei Katzen, die ihm sicherlich den Rest gegeben haben, den störte es nicht, wichtig war für sie nur „ihr Futter“. In der Küche stand der Abwasch von den letzten Tagen, obwohl es einen Geschirrspüler gab und die Katzen spielten wahrscheinlich vorher mit „ihren Futter“, bevor sie es verzehrten, denn so sah der helle PVC Belag aus. Die Wohnung wirkt dunkel und ungemütlich, die Wände sind sehr vergilbt, obwohl mein Bruder die Wohnung vor noch gar nicht so langer Zeit gestrichen hatte.
Ja, 2-3 Schachteln Zigaretten und Bier waren der ständige Begleiter meiner Mutter, ihre Sucht nach Klärchen (Sonne) nicht zu vergessen ...und ich akzeptierte es „zwar ungern“, aber ich wusste, dass ich meine Mutter, die diesen Mai 65 geworden war nicht ändern konnte. Es ist ja trotzdem meine Mutter ...und davon hat man nur die „Eine“. Ich wollte die Stunden mit ihr genießen, um schon mal in Ruhe von ihr Abschied zu nehmen, deshalb fing ich nicht an in der Wohnung rumzuwirbeln. Wir setzten uns auf den Balkon, der leider auch nicht sauberer war und genossen das schöne Sommerwetter.
Als wir so saßen, merkte ich „ ...irgendwas ist?, ...irgendwas ist anders, ...aber was“? Ich sah meine Mutter an und sie sah irgendwie anders aus, dass ihr dunkles kurzes Haar, welches durch ihre Naturkrause kaum zu bändigen war, nicht zurecht gemacht ist, bin ich gewohnt. ...ihr Gesicht nicht geschminkt und durch die vielen Falten nicht ihren Alter mehr entsprach, bin ich gewohnt. ...ihre Kleidung nicht mehr modisch und etwas vergilbt ist, ...bin ich auch gewohnt...
Ich wollte mich ablenken und begann zu fragen „Und klappt es, dass du mich zum Flughafen fährst?“ „Suse, ich konnte die letzten Nächte vor Schmerzen nicht schlafen, es tut mir hier so weh beim Atmen“ sagte sie und fasste mit ihrer Hand übers Schlüsselbein. Dann sah ich es, Schlüsselbein und Kehlkopf waren richtig angeschwollen, das passte überhaupt nicht zu ihren zierlichen und nur noch 1,45 kleinen Körper. Auch wirkte der restliche Körper noch dünner und ihr Gesicht eingefallen. „Warst du beim Arzt Mutti?“ fragte ich sofort. „Meine Hausärztin hat heute keine Sprechstunde mehr, morgen Vormittag wieder, ...aber da muss ich arbeiten, es sind doch so viele ausgefallen auf Arbe“ „nichts da, mit arbeiten“ unterbrach ich sie „du musst so schnell wie möglich zum Arzt! ...und wenn ich deine Chefin anrufen muss!“
Meine Mutter bekam ihre Mindestrente plus Witwenrente, konnte aber mit Geld nicht gut umgehen und verdiente sich so mit ihren 400 Euro-Job im Callcenter noch was dazu. Sie suchte die Nummer im Handy raus und gab es mir, ich stellte mich der Frau an der anderen Leitung vor und musste schlucken, dann prasselte es aus mir herraus „Hören Sie, meine Mutter muss morgen unbedingt zum Arzt! Es handelt sich hier nicht nur um eine Sommergrippe! Sondern eine ernst zu nehmende Sache! Die unbedingt untersucht und behandelt werden muss!“ Meine Gesprächspartnerin, die jetzt endlich mal zu Wort kam, hörte wohl die Angst in meiner Stimme „Sie haben mein vollstes Verständnis! Sagen Sie ihr bitte, dass sie sich morgen nach dem Arztbesuch bei mir meldet.“ „Ok, Wiederhören“ und ich legte auf.
Nach ein paar Stunden verabschiedete ich mich von meiner Mutter „Ok Mutti, hast ja jetzt ´nen Laptop, dann können wir uns übers Internet treffen“ den sie seit 2 Monate hatte „und im nächsten Urlaub kommst du mich besuchen“! Wir drückten uns nochmal fest „... und wenn du vom Arzt kommst, dann ruf mich bitte an!“, „Ja mach ich“ erwiderte sie und ich ging, ...mit einem unwohlen Gefühl.
Auszug aus mein Buch "Der letzte Tag"
weiter geht es unter Kapitel 5
-Der nächste Tag-
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2011
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