Cover

Kapitel 1
Nach dem Aufstehen

Das kühle Wasser aus der Dusche prickelt auf meiner Haut und der frische orientalische Duft vom Duschgel lässt mich träumen, aber auf einmal durchzuckt mich ein Gedanke „Heute ist der Tag auf den ich so lange gewartet habe“, doch sofort reiht sich zu meiner Freude ein bitterer Beigeschmack ein, ...und der nennt sich „Abschied nehmen“. Meine Familie, meine Freunde ...waren sie doch immer ein Teil meines Lebens …,aber schon heute Abend, werden sie ganz ganz weit weg sein.
Mein Handy machte sich mit seinen Alarmton bemerkbar „In 7 Stunden ist es also soweit und dann sitze ich im Flieger Richtung Ägypten“ denke ich so bei mir und zog widerwillig den Duschvorhang beiseite, schlang ein Frottee um meinen nur 1,60 kleinen Körper und putzte meine Zähne. Zwei grün-grau-blaue Augen sehen mich im Spiegelbild an, deren Farbe nur schwer zu bestimmen ist und je nach Lichteinstrahlung immer anders wirkten. „Nein“ sagte ich zu mir, „Schminken kann ich mich später“, band meine langen goldblonden Haare, zu einen gelockten Pferdezopf zusammen und schlüpfte in meine Unterwäsche. „Verdammt, wo sind die denn?, ...und immer wenn´s schnell gehen muss “ fluchte ich laut während ich durch meine 2 Zimmerwohnung lief, deren Einrichtung mittlerweile nur noch aus ein paar Kartons und Koffern bestand, aber mein schwarzes Shirt und die Jogginghose blieben unauffindbar.


Kapitel 2
Die Rettung naht

Ein lautes „Bum Bum Bum“ an meiner Wohnungstür unterbrach mich bei meiner ergebnislosen Sucherei. Trotz funktionierender Klingel, ein lautes Klopfen an meiner Tür und ich weiß ganz genau wer es ist, so klopft nur „Eine“. „Ich hab doch keine Zeit“ denke ich und öffne die Tür. Meine Nachbarin, die eine Etage schräg über mir wohnt. „Huhu“ begrüßt sie mich mit ihrer heiteren Art. Es ist Christinchen, die gleichzeitig meine beste Freundin ist „Tolles Outfit Susannchen, aber für den Hausmeister wohl ´nen bisschen knapp“, sagt Tinchen und gibt mir schmunzelnd Shirt und Jogginghose, die ich heute morgen nach dem Aufstehen bei ihr wohl vergessen hatte. „Vielleicht übersieht er ja dann die Löcher in den Wänden und bringt mir meine Kartons in deinen Keller?“ antwortete ich ironisch und fragend zurück, immerhin blieben mir dafür nur noch 3 Stunden Zeit.
Tinchens rundlicher in weiß-rosa gekleideter Körper dreht sich kurz zur Treppe „Voila, hier ist dein persönlicher Frühstücksservice“ und drückt mir einen Teller mit ein paar belegte Brötchen und einen Kaffee in die Hände. Ich umarme sie -als Dankeschön- herzlich und ein erfrischender Sommerduft steigt in meine Nase. Tinchen ist Rentnerin und wird diesen Dezember schon 70, aber innerlich und äußerlich hat sie nach meiner Meinung dieses Alter noch lange nicht erreicht.
Das blonde abgestufte Haar, welches sie schulterlang trägt, ist heut fransig nach vorn frisiert und ihr Hals wird von einem weiß-rosa Tuch umschmeichelt. Das salopp aber auch edel wirkende Oberteil in rosa und eine weiße Sommerhose, Brille und Ohrringe sind natürlich auch in weiß. Ich sah in ihr Gesicht, den dezent rosa Lippenstift und die betonten grün-braunen Augen mit schwarzen Kajal und Wimperntusche und Tinchen klimperte mit ihrem Schlüsselbund „Hier, ist der Kellerschlüssel“ und auf einmal hörten wir ein „tiptap, tiptap“ eine Etage höher, es hielt an, dann wieder „tiptap, tiptap“, wir drehten unsere Köpfe nach oben und sahen wie da jemand durch das Treppengelände aus Holz lugte und vernahmen einen auf sich aufmerksam machenden Laut. Es war Mulli, die Katze von Tinchen, eigentlich heißt sie ja “Erna“, aber für mich war sie immer „Mulli“. Tinchen lässt oft ihre Wohnungstür offen, wenn sie im Haus ihre Fensterblumen gießt oder einen Plausch hält. Wir riefen sie, aber sie traute sich nicht weiter runter, obwohl sie doch auch noch mit ihren 17 Jahren oft und gern im Hausflur auf Endeckungs-Tour ging. Noch ein „Mauz“ ging durch den Hausflur und Mulli, mit ihrer weißen Stupsnase die ein weißes Dreieck umrandet, schaute uns an und drehte sich um. Das bedeutete wohl in ihrer Katzensprache ein „ich gehe jetzt mal wieder“ und bewegte mit einen „tiptap, tiptap“ ihren trägen grau-getigerten Körper wieder Richtung Wohnungstür. „Ja, dann sei mal fleißig, bis später Susannchen“ verabschiedete sich Tinchen und ging die Treppen langsam hinauf und blieb bei den Blumen stehen, um sie zu begutachten. „Ja bis später Tinchen“ ich schloss die Tür und musste aufeinmal daran denken, wie sie vor einigen Jahren Ihren schwerkranken geliebten Mann verloren hatte. Es war eine schwere Zeit und ich stand ihr so gut wie es ging zur Seite ...und ich bin froh, dass sie nach ihrer Trauerzeit wieder eine lebensfrohe Frau geworden ist, denn Tränen in den Augen passten nicht zu ihr.


Kapitel 3
Meine Wohnung

Schnell schlüpfte ich nun endlich mit meine 56 kg in Shirt und Jogginghose. „Vor sieben Jahre freute ich mich auf diese Wohnung in Berlin - Prenzlauer Berg, sanierter Altbau, 55 qm, Hochparterre, Balkon mit Ausblick auf einen schön begrünten Innenhof und jetzt wartet was Neues in einem fremden fernen Land auf mich“ denke ich so bei mir, als ich in der Küche das erste Loch fertig hatte. Mein Blick schaute auf meine Einbauküche, das Bild über der Spüle, welches ich vor einigen Jahren auf Leinwand selber gemalt hatte, von der Kammer zur Balkontür und dann zum hellen Holztisch, mit den zur Küche passend 4 bezogenen Lederimitat Stühlen, der helle Teppichboden ...bleibt alles für meine Nachmieterin. „Das geht ja schneller als ich dachte“ sagte ich zu mir als ich das letzte Loch betrachtete, welches sich über der Spüle befand. „Bin ich jetzt verrückt?, Wo ist das Bild?, …hab es doch eben noch gesehen?“ „Nein hast du nicht“ hörte ich in meinen Kopf, „es waren deine Erinnerungen, die es gesehen haben“. Oh man stimmt ja, ich hatte es doch vor einer Woche abgenommen als ich mit Bine die Küchenschränke ausgeräumt hatte ...und hab es ihr mitgegeben. Nach Ägypten mitnehmen kann ich es ja nicht und wegschmeißen brachte ich nicht übers Herz, ... leider, am meisten Wert hat das Bild eh nur für den Künstler der es entworfen hat, oder? Nein, Einen gibt’s immer der sich über so was freut, besser gesagt Eine, „ ...meine Mutter“, richtig „Muttis“ freuen sich immer über selbstgemachte Sachen ihrer Kinder und finden die sooo schööön. Das ist bei einen kleinen Kind so und ändert sich auch nicht wenn man dann erwachsen ist, Kind bleibt Kind!


Kapitel 4
Schlechte Neuigkeiten

Ja, meine Mutti, vor einer Woche war ich bei ihr um mich von ihr nochmal in Ruhe zu verabschieden, bevor es dann heute zu meinen Schatz und in ein neues Leben geht. Sie öffnete die Tür, zur Begrüßung umarmte ich die kleine zierliche Person, die in meinen Armen wie ein Kinderkörper wirkte und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Nach meiner obligatorischen Frage „Wie geht’s?“ kam ein wie so oft „Schau dich nicht um, aber ich habe keine Meinung was im Haushalt zu machen, mir geht’s nicht so gut“. Meine Mutter bezeichnete mich immer als penibel und so tat ich es als Entschuldigung ab und sagte „ist schon ok“. Die Schränke haben schon lange kein Staublappen mehr gesehen und der Teppichboden keinen Staubsauger, auch wirkte er schon lange nicht mehr neu, Flecken und Dreck übersäten ihn. Aber ihren zwei Katzen, die ihm sicherlich den Rest gegeben haben, den störte es nicht, wichtig war für sie nur „ihr Futter“. In der Küche stand der Abwasch von den letzten Tagen, obwohl es einen Geschirrspüler gab und die Katzen spielten wahrscheinlich vorher mit „ihren Futter“, bevor sie es verzehrten, denn so sah der helle PVC Belag aus. Die Wohnung wirkt dunkel und ungemütlich, die Wände sind sehr vergilbt, obwohl mein Bruder die Wohnung vor noch gar nicht so langer Zeit gestrichen hatte. Ja, 2-3 Schachteln Zigaretten und Bier waren der ständige Begleiter meiner Mutter, ihre Sucht nach Klärchen (Sonne) nicht zu vergessen ...und ich akzeptierte es „zwar ungern“, aber ich wusste, dass ich meine Mutter, die diesen Mai 65 geworden war nicht ändern konnte. Es ist ja trotzdem meine Mutter ...und davon hat man nur die „Eine“. Ich wollte die Stunden mit ihr genießen, um schon mal in Ruhe von ihr Abschied zu nehmen, deshalb fing ich nicht an in der Wohnung rumzuwirbeln. Wir setzten uns auf den Balkon, der leider auch nicht sauberer war und genossen das schöne Sommerwetter. Als wir so saßen, merkte ich „ ...irgendwas ist?, ...irgendwas ist anders, ...aber was“? Ich sah meine Mutter an und sie sah irgendwie anders aus, dass ihr dunkles kurzes Haar, welches durch ihre Naturkrause kaum zu bändigen war, nicht zurecht gemacht ist, bin ich gewohnt. ...ihr Gesicht nicht geschminkt und durch die vielen Falten nicht ihren Alter mehr entsprach, bin ich gewohnt. ...ihre Kleidung nicht mehr modisch und etwas vergilbt ist, ...bin ich auch gewohnt... Ich wollte mich ablenken und begann zu fragen „Und klappt es, dass du mich zum Flughafen fährst?“ „Suse, ich konnte die letzten Nächte vor Schmerzen nicht schlafen, es tut mir hier so weh beim Atmen“ sagte sie und fasste mit ihrer Hand übers Schlüsselbein. Dann sah ich es, Schlüsselbein und Kehlkopf waren richtig angeschwollen, das passte überhaupt nicht zu ihren zierlichen und nur noch 1,45 kleinen Körper. Auch wirkte der restliche Körper noch dünner und ihr Gesicht eingefallen. „Warst du beim Arzt Mutti?“ fragte ich sofort. „Meine Hausärztin hat heute keine Sprechstunde mehr, morgen Vormittag wieder, ...aber da muss ich arbeiten, es sind doch so viele ausgefallen auf Arbe“ „nichts da, mit arbeiten“ unterbrach ich sie „du musst so schnell wie möglich zum Arzt! ...und wenn ich deine Chefin anrufen muss!“ Meine Mutter bekam ihre Mindestrente plus Witwenrente, konnte aber mit Geld nicht gut umgehen und verdiente sich so mit ihren 400 Euro-Job im Callcenter noch was dazu. Sie suchte die Nummer im Handy raus und gab es mir, ich stellte mich der Frau an der anderen Leitung vor und musste schlucken, dann prasselte es aus mir herraus „Hören Sie, meine Mutter muss morgen unbedingt zum Arzt! Es handelt sich hier nicht nur um eine Sommergrippe! Sondern eine ernst zu nehmende Sache! Die unbedingt untersucht und behandelt werden muss!“ Meine Gesprächspartnerin, die jetzt endlich mal zu Wort kam, hörte wohl die Angst in meiner Stimme „Sie haben mein vollstes Verständnis! Sagen Sie ihr bitte, dass sie sich morgen nach dem Arztbesuch bei mir meldet.“ „Ok, Wiederhören“ und ich legte auf. Nach ein paar Stunden verabschiedete ich mich von meiner Mutter „Ok Mutti, hast ja jetzt ´nen Laptop, dann können wir uns übers Internet treffen“ den sie seit 2 Monate hatte „und im nächsten Urlaub kommst du mich besuchen“! Wir drückten uns nochmal fest „... und wenn du vom Arzt kommst, dann ruf mich bitte an!“, „Ja mach ich“ erwiderte sie und ich ging, ...mit einem unwohlen Gefühl.


Kapitel 5
Der nächste Tag

„Also am 09.08. um 12 Uhr“ sagte ich „Jut, is ok, 09.08. um 12 Uhr“erwiderte Herr Diedrich mein Hausmeister und verließ meine Wohnung. „So ...Internet, Handy und Strom muss ich noch kündigen und um 13 Uhr, in einer Stunde wird die Couch abgeholt.“ Mein Handy klingelte und meine Mutter war auf dem Display, ein Schauer überkam mich und ich ging wieder mit diesem unwohlen Gefühl ran. „Hallo Suse, ich muss heut noch ins Krankenhaus, hab eine Einweisung bekommen, die Ärztin diagnostizierte „Verdacht auf Lungenembolie“, „Lungenembolie?“ wiederholte ich, daran war mein Vater vor fünfzehn Jahren verstorben ...und das Gespräch war auf einmal abgebrochen. Aufgeregt, mit zittrigen Fingern versuchte ich nochmal und nochmal meine Mutter anzurufen, aber ich erreichte sie nicht mehr? “Was mach ich jetzt? Ich kann doch jetzt hier nicht weg, hab doch noch soviel zu tun. Ich ruf Bine an!“ Unter Tränen drückte ich auf die Nummer meiner Schwester Sabine. „Bitte, lass sie ran gehen“ denn ich wusste dass sie gerade arbeiten war. „Hallo Bine, Gott sei Dank“ ich erzählte ihr alles mit leiernder Stimme. „Suse“ beruhigte sie mich „ich versuch´s, auch weiterhin ...mach gleich Feierabend und fahr zu Mutti ...Mone und Sven informier ich auch“ sie wusste was ich alles noch zu erledigen hatte und unter welchen Zeitdruck ich stand „mach du mal erst mal mit deine Wohnung weiter und komm dann später vorbei.“ Wir beendeten das Telefonat, aber so richtig konnte ich mich nicht mehr auf meine Sachen konzentrieren, mir schwirrten die schlimmsten Sachen durch den Kopf. Ein paar Stunden später ging mein Handy, meine Mutter auf dem Display. „Suse, du hast mich nochmal angerufen? Ich war doch noch bei der Ärztin, weil ich warten sollte, sollte auf direktem Weg ins Krankenhaus gebracht werden, ...aber ich hab nicht gewartet, bin jetzt mit Auto nachhause gefahren. Kannst du dann deine Sporttasche mitbringen? Mone und Bine sind schon auf dem Weg zu mir.“ Nach dem Gespräch war ich verärgert über die Leichtsinnigkeit meiner Mutter, aber auch beruhigt, dass ihr nichts passiert war.
Wir drei Schwestern packten ihre Sachen und brachten sie am frühen Abend ins Krankenhaus. Ich schaute auf die gepackte Tasche, auf meine Mutter die immer noch nicht untersucht worden war und dann auf meine Uhr „Das dauert aber, schon über 2 Stunden.“ Meine Schwester waren gerade eine rauchen. Nach 6 Stunden war alles geschafft, meine Mutter hat endlich ihr Zimmer zugewiesen bekommen und die vorher lang erwartete Untersuchung der Ärzte hier hatte die Diagnose „Verdacht auf einen Herzinfarkt“. "Mein Gott, dachte ich bei mir, heut ist der 01.08. und in einer Woche geht mein Flieger nach Ägypten, was mach ich nur?" In dieser Woche hatte ich zweimal Zeit gefunden, sie zu besuchen und es schien ihr im Krankenhaus besser zu gehen. Aber eine endgültige Diagnose war erst nach den ganzen Untersuchungen zu erwarten. „Mann Susanne!“ ermahnte ich mich selbst, als ich gerade das letzte Loch in der Küche bearbeitete. „Deine Mutter war schon immer zäh und ein Stehaufmännchen“ sagte ich zu mir mit wässrigen Augen „konzentriere dich wieder und mach dir keine Sorgen!“
Zum Thema Konzentration „Wie spät war´s jetzt eigentlich?“ Mein Handy lag neben den mittlerweile kalten Kaffee und den Brötchen, die ich ganz vergessen hatte. In fünf Minuten ist es um 10 Uhr und Bine kommt gleich. Ich setzte mich und nahm einen großen Bissen vom Käse-Brötchen und einen Schluck kalten Kaffee ...und dann klingelte es schon.

Na? Lust auf "mehr" bekommen? ...arbeite dran, aber freu mich trotzdem schon mal auf euer Feedback.
LG, Salma

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /