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Reue und Leiden



Beruhigend strich Salina über Dracos Kopf. Besorgt schaute sie dabei ihren Großvater an. "Lass uns bitte einen Moment allein." bat Salemeth und nickte Salina aufmunternd zu. Nur zögernd ließ sie die Beiden zurück und schloss die Tür.

"Draco, kannst du mich verstehen?"fragte Salemeth sanft den wimmernden Drachenwelpen. Noch immer schniefend nickte Draco und richtete das erste Mal seinen Blick auf seinen Mentor. "Du hast dich gerade das erste Mal in deine Drachenform verwandelt, Kleiner. Das bedeutet, du bist mit deiner Drachenseele verschmolzen."

~Ich weiß, ich kann es spüren, aber ich habe das nicht verdient, nicht nachdem, was ich getan habe.~

"Beruhige dich. Sag mir, was geschehen ist. Warum glaubst du es nicht verdient zu haben?" redete Salemeth sanft auf ihn ein. Er konnte die seelische Qual, die Draco durchlitt beinahe körperlich spüren.

Draco atmete tief durch und versuchte sich noch mehr zusammen zu rollen, dann begann er zu berichten: ~ Ich habe euch doch von Harry erzählt, dem Jungen mit den tiefgrünen Augen. ... Ich habe ihm sooo wehgetan, dabei wollte ich das doch gar nicht ... ~

Vor Dracos innerem Auge entstand erneut die Szene, die ihn so quälte. Er sah sich und Harry vor den Toren von Hogwarts stehen. Der Junge mit den grünen Augen sah schüchtern zu ihm auf. Seit einigen Wochen waren sie einander näher gekommen. Der Hass war allmählich aus ihren Herzen gewichen und hatte Freundschaft Platz gemacht. Nun standen sie hier unter dem klaren Nachthimmel, während drinnen der Abschlussball sich seinem Ende neigte. Beide hatten sie schon einiges getrunken. Daher war es nicht verwunderlich, dass eine süße Röte sich ihrer Wangen bemächtigt hatte.

Harry schluckte nervös und näherte sich langsam Draco, der verzaubert in die tiefgrünen Augen schaute. Dann stellte Harry sich auf seine Zehenspitzen und legte seine Lippen sanft auf Dracos. Ein Zittern lief durch seinen Körper, als er begann sanft mit Dracos Mund zu schmusen.

Draco stand wie verzaubert da und konnte kaum glauben, was gerade passierte. Harrys Lippen fühlten sich so gut an und die Zärtlichkeit raubte ihm schier den Atem. Ohne sein Zutun öffnete sich sein Mund und nahm an dem zarten Kuss teil. Jedoch nur für einen Moment, dann zuckte Draco zurück, löste sich von Harry und keuchte ihm mit glänzenden Augen entgegen.

Unzählige Gefühle stürmten auf ihn ein, während Harry seine Augen aufschlug und ihn sanft anlächelte. Draco konnte damit nicht umgehen und fühlte sich verloren. Automatisch verschloss sich sein Gesicht, die Augen wurden eiskalt.

"Was sollte das Potter?!" herrschte Draco Harry an, obwohl alles in ihm schrie es nicht zu tun.

Geschockt starrte Harry in Dracos Gesicht. "Aber ... aber , ich ... ich dachte ... " stotterte er fassungslos.

"Was dachtest du? Das ich was von dir will? Träum weiter! Ich würde nie etwas mit einem minderwertigen Gryffindor anfangen!" Dracos Stimme war schnarrend und stahlhart. Ein Blick in Harrys Augen ließ ihn genau erkennen, dass gerade dessen Herz zerbrochen war. Leblos und glanzlos wirkten die Seelenspiegel, gerade begannen die ersten Tränen zu fließen. Es zerriss Draco schier das Herz, dennoch wusste er sich nicht anders zu helfen. Er hielt seine Maskerade mühsam aufrecht.

"Es tut mir leid, wenn ich dich belästigt haben sollte. Ich hoffe du findest eines Tages die Liebe." Unter Tränen nahm Harry von ihm Abschied. Dann geschah es. Aus Harrys Fingerspitzen löste sich ein strahlendes Licht und hüllte Draco ein. Dann war er verschwunden.

Dracos Herz schmerzte bei dieser Erinnerung und noch immer liefen die Tränen aus seinen Drachenaugen. ~Es ist alles meine Schuld, dabei liebe ich ihn doch.~ wimmerte er leise.


Nach dieem Geständnis rollte Draco sich noch mehr in sich zusammen, gab sich seinem Schmerz hin. Egal was Salemeth versuchte, er drang nicht zu seinem Schützling durch. Niedergeschlagen gab er auf, legte sanft eine Decke über den zitternden Drachenkörper. Es dauerte über eine Stunde, bis Draco schließlich erschöpft einschlief, doch selbst im Schlaf liefen die Tränen weiter.

Erst jetzt traute Salemeth sich ihn für einen Moment allein zu lassen, um Stephanos und Raphasos zu benachrichtigen. Er brauchte dringend den Rat seiner Freunde, um Draco helfen zu können. Eine gefühlte Ewigkeit verging, bis die Beiden erschienen, und doch sah man ihnen an, dass sie sich regelrecht abgehetzt hatten.
Stephanos Harrr standen kreuz und quer vom Kopf ab und Raphasos hatte vor lauter Hektik seine Jacke falsch geknöpft.

"Wie geht es ihm?" besorgt ließ sich Raphasos neben dem Häufchen Elend nieder. Vorsichtig zog er die Decke weg, legte seine Hände sacht auf den bebenden Drachenkörper. Die Augen geschlossen, streckte er seine Sinne nach der leidenen Drachenseele aus. Das Gesicht des Drachenlords spiegelte die Trauer wieder, die er durch die verbindung empfing. Eine einsame Träne rann sein Gesicht hinab. Dann erhob er sich wieder, deckte Draco zu und führte seine Freunde in den Nebenraum. Die Tür lehnte er nur leicht an, bevor er sich seufzend in einem der Sessel niederließ. Auch Stephanos und Salemeth namhmen in der gemütlichen Leseecke platz, sahen Raphasos ungeduldig an.

Der seufzte tief. "Seine Seele leidet, und wenn wir nichts unternehmen, dann wird er daran zerbrechen."

"Was schlägst Du vor?"

"Hier können wir ihm nicht helfen. Er weigert sich seine menschliche Form anzunehmen. Nur seine Drachenseele ist noch aktiv, der Rest hat sich in sein Innerstes zurückgezogen. Ich kann nicht wirklich zu ihm durchdringen." Geschlagen sah er seine Freunde an. " Es gibt keine andere Möglichkeit, wir müssen ihn nach Hogwarts bringen. Nur da kann er mit Hilfe einer vertrauten Person zu sich zurück finden."

Stephanos und Salemeth sahen den Ernst in Raphasos Augen. Traurig stimmten sie dem Vorschlag zu, in der Hoffnung ihren kleinen Drachen wiederzubekommen.


oooOOooo


Am nächsten Tag stand die Drachentriade vor den Toren von Hogwarts. Salemeth trug den trurigen Drachenkörper wie ein Baby schützend im Arm.
Schnurstrax machten sie sich auf den Weg zu Albus Dumbledore. Mit Hilfe ihrer Drachenmagie standen sie sehr schnell vor dem überraschten Direktor.

"Was kann ich für Sie tun?" wandte er sich seinen Gästen zu und bot ihnen einen Platz an. Nachdem die Drachenlords sich gesetzt hatten, begann Salemeth mit seiner erklärung. Er berichtete Albus alles, was sie von Draco erfahren hatten. Sorgenvoll schaute der Schulleiter auf seinen ehemaligen Studenten. "Wie kann ich helfen?"

"Gibt es hier jemanden, dem Draco bedingungslos vertraut?"

"Mmh ... sein ehemaliger Hauslehrer, Severus Snape ... oder Harry Potter?"

"Er ist noch hier?" elektrisiert schauten die drei ihn an.

Albus nickte. "Er arbeitet als Lehrerassistent bei Professor Lupin."

"Dann würde ich darum bitten, dass er sich um Kleiner Drache kümmert. Vielleicht gelingt es ihm, die Apathie zu durchdringen. Er darf nur nicht wissen, wen er vor sich hat. Seine Unvoreingenommenheit ist entscheidend." drängte Raphasos, nun wieder Hoffnung fassend.

"Ich werde ihn rufen, dann können Sie ihn selbst fragen." Albus wandte sich seinem Kamin zu, ließ ein loderndes Feuer erscheinen. Mit Hilfe von Flohpulver rief er Professor Lupin. "Entschuldigen Sie die Störung, Remus, aber könnten Sie Harry für eine Weile entbehren?"

"Kein Problem, die Stunde ist sowieso gleich zu Ende. Ich schicke ihn zu Ihnen." lächelte der Werwolf, bevor sich sein Kopf wieder zurück zog.
Einige Minuten später betrat ein ernster junger Mann das Büro. Melancholische grüne Augen musterten die Besuher, blieben an dem zarten Drachenkörper hängen. Dann wandte er sich an den Schulleiter. "Sie wollten mich sprechen, Albus?"

"Ja, mein Junge. Die Herren hier haben eine Bitte an Dich."

Der alte Drache erhob sich. "Wenn ich mich vorstellen dürfte, mein Name ist Salemeth und dies sind meine Freunde Raphasos und Stephanos."

Harry nickte ihnen zu. "Angenehm, ich bin Harry Potter. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?"

Salemeth war sehr angetan von dem höflichen jungen Mann, nur die Traurigkeit in den grünen Augen bedrückte ihn. und er hatte das untrügliche Gefühl den Grund dafür genau zu kennen. Er warf einen kurzen Blick zu seinen Freunden. Auch sie schienen denselben Gedanken zu verfolgen. "Sie haben sicherlich unseren Problemfall bereits bemerkt. Das ist Kleiner Drache. Vor lauter Trauer hat er sich in sein Innerstes zurückgezogen. Wir können nicht zu ihm durchdringen. Daher sind wir hier. Nur ein einfühlsamer Zauberer kann ihm vielleicht noch helfen. Würden Sie sich vielleicht um unseren Schützling kümmern?"

Einen Moment lang musterte Harry den kleinen Drachen. Dann streckte er seine Hände aus. "Darf ich?" Sanft nahm er Salemeth Draco ab. Automatisch schmiegte sich der Drachenkörper an die Wärmequelle. Ein Lächeln legte sich auf Harrys Gesicht, erhellte die traurigen Augen. Vorsichtig streichelte er das kleine Köpfchen, dann sah er wieder auf. Erneut legte sich der dunkle Schimmer über eine Seelenspiegel. Beinahe automatisch streichelte seine Hand weiter, den Babydrachen fest an sich gedrückt. "Ich würde es gerne versuchen." sagte er leise.

Erleichtert atmeten die Drachenlords auf. "Danke." Salemeth war sichtlich beruhigt. Die Anspannung verließ seinen Körper. "Das bedeutet uns sehr viel. Passen Sie gut auf Kleiner Drache auf."

-fortsetzung folgt-

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.06.2010

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