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Die Bahn fuhr ein, als ich mein Ticket einlöste. Während ich schnell zum Bahnsteig huschte kamen mir schon die Pendler entgegen. Ich beschleunigte meinen Gang und flitzte die Treppenstufen runter. Plötzlich duftete es nach einem Rosenbad mit einem Hauch von Süße, dennoch hatte es etwas Herbes an sich. Sofort drehte ich mich um, doch ich sah nur noch eine große Gruppe von Schlipsträgern, die einen in einem miefigen Schweißgeruch eingehüllt waren. So schnell wie er gekommen war, war er auch schon wieder fort. Als ich mich in die Bahn setzte, immer noch betört von dem Duft, kramte ich aus meiner chaotischen Tasche einen meiner Zeichenblöcke und einen Stift herfuhr und fing an herum zu kritzeln. Ich liebte das Zeichnen, ich wollte unbedingt Mangaka werden, doch ich wusste, dass dies ein Brot loser Job ist. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich wie die Stadt an mir vorbei zog, wie sie schon in der Dämmerung leuchtete. Die vielen Strommaste flogen an mir vorbei und ich wusste, dass ich jetzt aussteigen musste. Meine Schuluniform wehte, als ich aus dem Zug stieg. Zum Glück wohnte ich nicht al zu weit vom Bahnhof entfernt, da ich Frühaufstehen nicht leiden kann. Meine Mutter hat morgens sowieso schon viel zu viel Arbeit mit mir und meinem kleinen Bruder Shoji. Während ich meine Schuhe auszog und in meine Pantoffeln schlüpfte, schoss ich meine Tasche in die nächste Ecke. “May bist du das?”, die helle Stimme meiner Mutter drang aus der Küche.
“Ja, ich geh nach oben und lerne noch und ich brauch heut nichts mehr zu essen”, murmelte ich müde und ging nach oben. Ich setzte mich an meine Hausaufgaben, doch ich konnte nur noch an das Rosenbad denken, es hatte was von Freiheit, Unerreichbarkeit von einer Traumwelt. Ich hatte keine Lust mehr auf mein stupides, monotones Leben. Ich hatte es satt auf ein Leben, als Bürofräulein hinzuarbeiten. Ich wollte etwas Aufregendes, Spannendes erleben. Schließlich schlief ich ohne meine Hausaufgaben zu machen ein
Ungewöhnlich Früh wachte ich an diesem Sommermorgen auf. Ich setzte mich noch einmal an meine Hausaufgaben, da ich wirklich keine Lust hatte Sachikos mal wieder abzuschreiben und schließlich doch nur eine schlechte Note zubekommen. Nachdem ich endlich fertig war, schaute ich erst auf meinen Hello Kitty Wecker. Entsetzt, dass wir erst vier Uhr hatten, kroch ich wieder in mein mittlerweile kaltes Bett, um mich noch eine Stund hinzulegen. Vergeblich drehte ich mich unzählige Male in meinem Bett, bis mir der Gedanke kam das Frühstück zu machen, doch dies verwarf ich schnell, da ich noch nicht mal wusste wo denn die Schüsseln versteckt waren. Als es nun endlich fünf war, kletterte ich aus meinem nun gemütlich warmen Bett. Wie jeden Morgen stülpte ich mir meine Uniform über und schlurfte ins Bad. Glücklicherweise, hatte Shoji noch nicht das Bad belegt, da er immer Jahre brauch um sich zu “stylen”. Mein Bruder denkt er sei der coolste Typ auf Erden, doch eigentlich ist er einfach nur ein Durchschnitts Bruder, der viel zu viel von sich hellt. Im Spiegel sah ich mich an. Meine langen schwarzen Haare reichten mir schon bald über meine Hüften. Ich mochte sie eigentlich nicht so sehr, doch meine Freundinnen beneiden mich. Sie sagen, dass sie so schön weich seien und ich könnte mit ihnen so viel machen könnte. Doch ich finde sie sehr strohig und egal was ich mit ihnen mache, sehen sie einfach nur langweilig aus. Die Treppenstufen quietschten, als ich versuchte leise runter zu gehen. Meine Mutter war schon auf und machte unser Frühstück. Sie hat sich verändert, seit mein Vater versetzt wurde. Er kommt nur zweimal im Monat nach Hause, doch manchmal kommt er nur jeden zweiten Monat. Sie ist in ein tiefes Trauerloch gefallen, aber sie versucht sich nichts anmerken zulassen.
“Guten Morgen May! Es ist sehr ungewöhnlicht, dass du schon wach bist”, sie lächelte mich schief an, doch ihre Augen waren mal wieder rot angeschwollen.
“Ich konnte nicht besonderst gut schlafen, da die Prüfungen bald beginnen”,
mein Herz zog sich zusammen, als ich ihr in ihre glasigen Augen schaute.
“Ich hoffe doch, dass du diesmal nicht wieder unterm Durchschnitt liegst. Wieso willst du keinen Nachhilfelehrer? Was soll ich den deinen Vater erzählen? Er würde bestimmt denken, dass ich nicht fähig bin alleine etwas auf die Reihe zu bekommen. Du solltest dir mal deinen Bruder als Vorbild nehmen, er bringt nur gute Noten mit nach Hause. Er war schon immer mein Liebling gewesen! Und du bringst mir nur Schande mit nach Hause!”, ich verließ die Küche ohne ein Wort zu ihrem fast täglichen Anfall zu erwähnen. Ohne was zu essen verließ ich schon Früh das Haus und nahm eine Bahn früher als sonst, weil ich es Zuhause nicht mehr ausgehalten hätte. Zwar war dies keine gute Idee, da ich in den Berufsverkehr geriet und mich in den schon überfüllten Zug quetschen musste, doch trotzdem besser als in der Nähe meiner Mutter. Mein MP3-Player viel mir aus der Hand, während mir die Tränen über meine Wangen strömten, die ich schon viel zulange unterdrückt hatte. Ich hatte das Gefühl, dass die Tränen nicht aufhörten und mein MP3-Player von den ganzen Lackschuhen verschluckt wurde. Eigentlich war er mir ziemlich egal, doch mein Bruder nutzte ihn mit mir und da dachte ich schon wieder an meine Mutter, die mir wieder vortragen würde, dass ich noch nicht mal in der Lage bin auf etwas aufzupassen, was meinem ach all zu besseren Bruder gehört. Und da überkam es mich ein zweites Mal. Sie liefen rasch über mein blasses Gesicht, bis sie sich alle an meinen Kinn sammeln, um dann in einer großen Träne auf die Erde zufallen drohten. Meine Kehle schnürte sich zusammen und ich fing an zu seufzen. Schluchzend suchte ich vergeblich in meiner Tasche ein Taschentuch. Als wir an der Endstation ankamen, wurde ich mit nach Draußen gezogen. Unbeweglich blieb ich am Gleiß stehen, bis die nächste Bahn einfuhr. Ich schloss mich der großen Gruppe an und ging mit ihnen bis zum Ausgang, bis ich auf einmal den mir bekanten Duft von Rosen schnupperte. Sofort drehte ich mich um und verfolgte ihn, wobei ich mich voll und ganz auf meine Sinne verließ. Ich wurde schneller und das Aroma wurde immer stärker, bis ich schließlich an einem weitern Gleiß stand und neben mir der Verursacher. Schüchtern schielte ich zu ihm herüber. Das Erste, was ich von ihm sah waren seine azur blauen Wildlederschuhe, die ihm außerdem hervorragend standen. Eigentlich wusste ich gar nicht was ich überhaupt hier machte, doch er weckte in mir die Neugier. Nun gab ich mir einen Ruck und schaute ihn mir genau an. Er war groß gewachsen, außerdem empfand ich ihn für sehr schlank. Ich schätzte ihn für mindestens 21, doch ich war mir wirklich nicht sicher bei dieser Schätzung. Er hatte sehr ausgeprägte Wangenknochen und in seinem Gesicht glitzerten ein paar pechschwarze Mandelaugen. Er trug einen zwar schlichten schwarzen Mantel, der aber seine blasse Haut betonte. Seine größte Besonderheit waren seine Haare, die in der gleichen Farbe, wie seine Schuhe erstrahlten. Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm abwenden, bis seien Bahn einfuhr und er einstig. Als sie wieder los rollte, konnte ich ihn noch ihn einem der Wahrgongs erkennen. Plötzlich drehte er sich um und sah mir direkt mit seinen geheimnisvollen pechschwarzen Augen an. Es war als sei die Zeit sehen geblieben, mein Herz hämmerte gegen meine Brust und meine Kehle schnürte sich zusammen, doch dieses Mal fühlte es sich anders an, mal wieder dachte ich an sein Parfüme. Noch etwas benommen taumelte ich zur nächsten Bus Haltestelle. Noch immer mit knallroten Wangen sah ich verträumt aus der beschlagenen Scheibe des Busses. An der Hallte Stelle meiner Schule stieg ich aus, zwar war ich bereits eine Halbestunde zu spät, aber die schien mich nicht zukümmern.
Als ich jedoch vor meinem Klassenzimmer stand wahr mir nicht ganz wohl zumute, aber ich klopfte jedoch zaghaft gegen die weiße Tür. Ich schluckte, bevor ich die Tür beiseite schob. Alle, wirklich Alle drehten sich um und starten mich an.
“… Entschuldigung für die Verspätung Herr Takaia”, ich verbeugte mich tief und wartete auf seine Antwort. “Yazawa sie können bis zum Unterrichts Schluss die Zeit vor dem Klassenraum verbringen, ich kümmere mich danach um sie.”
Ich nickte und schob die Tür hinter mir zu.


-2-

“May-chan, was ist denn heute losgewesen?” Kayu und Sachiko sahen mich ganz verwundert an. “Hattest du wieder Streit mit deiner Mutter?”, Kayu schaute mich mit ihren großen besorgniserregenden Augen an.
“Na ja, es geht ihr momentan nicht besonderst gut. Deshalb hatte ich mich heute ein wenig um sie gekümmert.”, ich wusste nicht wieso, aber ich wollte ihnen nicht die Wahrheit erzählen. Wahrscheinlich wollte ich ihn nur für mich ganz allein haben und ihn mit niemandem sonst teilen. “Schön, dass ihr euch wieder vertragt. Was wollte Herr Takaia eigentlich noch von dir?” “Ach, er hat mir nur noch mal erzählt, dass es nicht noch mal vorkommen soll und dass ICH mir das vor den Prüfungen ja recht nicht leisten könnte. Er wollte noch nicht mahl meine Entschuldigung hören.”, ich mochte meinen Mathelehrer nicht und er hielt auch nicht viel von mir. “Ach, diese verdammten Prüfungen! Meine Eltern wollen wirklich das ich mir Nachhilfe nehme.”, Sachiko seufzte und ich wusste wie sie sich dabei fühlte. “ Wie wär’s denn, wenn wir Yamaguchi um Hilfe bitten würden?”, Sachi und ich schauten Kayu mit einem hoffnungslosen Blick an, der beliebteste Junge aus unserem Jahrgang, der außerdem verdammt gute Noten hat, soll uns Nachhilfe geben? “Äh… Kayu du meinst doch nicht DEN Takumi Yamaguchi, oder etwa doch?”, wir sahen sie immer noch fassungslos an. “Doch, natürlich an wenn hattet ihr den sonst gedacht?” “Kennt ihr euch etwa?!”, wir dachten wirklich das sich Kayu einen Scherzt mit uns erlaubte, doch wir wurden eines besserem belehrt. “Klar kenne ich ihn! Schon seit der Krabbelgruppe ist meine Mutter sehr gut mit der Familie Yamaguchi befreundet. Natürlich waren wir beide damals auch unzertrennlichen Freunde!”, sie lächelte verträumt vor sich hin, als sie uns ihre Geschichte erzählte. Sachi und ich hätten uns nie träumen lassen, dass Kayu mit DEM Yamaguchi befreundet war. “Wir hatten euch aber bisher noch nie zusammen in der Schule gesehen und wenn ihr einander begegnet grüßt ihr euch noch nicht mal!”, anscheinend konnte Sachi Kayu noch nicht wirklich glauben.
“Na ja… also… ich weiß nicht so recht…”, Kayu lief von einer Sekunde auf die Andere rot an und schaute verlegen auf den Boden des Schuldachs. “Ah, SO ist das also”, schoss es mir und Sachi gleichzeitig in den Sinn. “Hat die kleine Kayu etwa in ihren Kindergartenkumpel verliebt?”, wir grinsten sie groß an, was sie dazu brachte das Rot in ein Purpurn zu verfärben. “Nein, also wirklich nicht!”, stammelte sie vor sich hin. “ Ach, komm schon! Wir sind doch beste Freunde! Ich dachte wir haben keine Geheimnisse voreinander. Ich hab euch doch auch erzählt, dass ich mich volle Kanne in Kohaku verknallt hab!”, Sachi war förmlich heiß darauf zu erfahren, was sich zwischen Yamaguchi und Kayu abgespielt hatte. Doch als sie sagte das wir uns alles erzählen, über kam mich die Übelkeit.
Normalerweise hatten wir auch keine Geheimnisse voreinander, doch wenn es um meine familiäre Situation geht habe ich mir schon so einige Lügen einfallen lassen. Zum Beispiel letzten Monat kam ich mit einem blauen Auge zur Schule, weil ich in Mathe nur zehn Punkte geschrieben hatte, doch ich habe Sachi und Kayu im Glauben gelassen, dass ich gegen einen Strommast gelaufen bin. Ich wollte nun mal nicht meine Gefühle preis geben, deshalb konnte ich es auch verstehen, dass Kayu uns ihre Geschichte nicht erzählen wollte.
“Hey, Sachi wenn Kayu uns nichts erzählen will, dann lass es gut sein.” “ Na gut…”
“ Danke das ihr es versteht!”, langsam stand sie auf und ließ ihren Blick noch einmal über das dach der Schule streifen. “ Ich glaub es hat grade geklingelt. Wir sollten uns ein bisschen sputen”, lächelnd gingen wir in Richtung Kunsträume.
Kunst war das einstigste Fach was mir lag. Ich glaubte das es nicht nur an meinen Fähigkeiten lag, dass ich zu den Besten in Kunst gehörte, sondern dass Frau Miho mich einfach mochte. Doch dies mal war ich nicht bei der Sache und konnte mich auf nichts konsentrieren, was Frau Miho sofort bemerkte und mehrere Mahle versuchte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurollen. Vergeblich.
In den in den letzten Stunden schaute ich nur noch aus dem Fenster und schaute den Sportlern beim Baseballtraining zu. Doch in Gedanken war ich bei ihm, dem Unbekannten. Ich überlegte mir sogar, ob ich ihm einen Namen geben sollte, doch das verwarf ich schnell, denn mein Englischlehrer rief mich auf und ich hatte überhaupt keinen Plan was er von mir wollte.
Ich war erleichtert, als der Gong der letzten Stunde mich aus meinen Gedanken warf.
Ich verabschiedete mich schnell von Sachi und Kayu, denn ich hatte es sehr eilig zum Bahnhof zu kommen. Ich wollte noch mal in die pechschwarzen Mandelaugen schauen, die mich an die Süße der Rosen erinnerte und mich wieder in ihren Bann zogen.
Er kam nicht.
Ich fühlte mich irgendwie komisch als ich an seinem Bahnsteig stand und wartete. Schließlich schüttelte ich nur leicht den Kopf und musste lächeln. Ich stand tatsächlich hier um auf einen mir vollkommen Fremden aufzulauern. Aus meinen Lächeln wurde ein Lachen und dann mir stiegen einige Tränen wieder hoch, bis ich sie mir abwischte und schließlich mit einem Seufzen langsam die die Treppen hinter mir ließ.
Dieses Mal schmiss ich meine Tasche nicht in die gleiche Ecke wie sonst sondern nahm sie mit nach Oben. Ich schlich mich so leise wie möglich die Treppe hoch, doch Shoji hörte mich sofort und kam aus seinem Zimmer gesprungen und schaute mich mit großen gespannten Augen an. “Herr Takaia telefoniert gerade mit Mum! Was hast du schon wieder ausgefressen? Los sag schon!” Ich beachte ihn nicht weiter und ging direkt in mein Zimmer. Er machte wieder mal seine Schmolllippen und ging nach Unten in die Küche. Schnell schloss ich die Tür hinter mir und presste mich gegen sie. Ich schlucke einmal kräftig, bevor ich mich wieder einwenig entspannen konnte. WISO? Wieso rief Herr Takaia bei mir zu hause an? Wollte er meiner Mutter erzählen, dass ich Heute zu spät zum Unterricht kam? Oder das ich in Mathe einfach so schlecht bin, dass mir nicht mehr zu helfen ist? Mein Herz hämmerte gegen mein Brustkorb, mir blieb die Spucke weg und ich fing an zu schwitzen. Was er ihr bloß erzählen wird? Und wir wird sie reagieren? Mir wurde schlecht, ich presste mir meine Hand gegen meinen Mund und setzte mich auf mein Bett. Plötzlich hörte ich eine grelle Stimme aus dem Wohnzimmer ertönen. “May! Kommst du bitte runter?”
Ohne zu antworten stand ich ruckartig auf und ging so schnell ich konnte nach unten. “Dein Klassenlehrer Herr Takaia hat ebbend angerufen erhat mir erzählt, dass du ein Stipendium für die Kunstschule in Tokio bekommen hast… Das war alles du kannst nun wieder hoch gehen.”, sie sah mich kalt an und drehte sich schließlich wieder um.
Das was alles was sie mir sagte.

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Tag der Veröffentlichung: 13.03.2011

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