Prolog
Angst. Verzweiflung, Schwäche und das ungute Gefühl, beobachtet zu werden.
Schon seit geraumer Zeit lag der kleine Junge nun bereits auf dem harten Untergrund. Er wusste nicht, wo oder wie er in diese Situation geraten war, doch es fühlte sich schlecht an. Sein Innerstes schrie vor Unwohlsein, wollte aus ihm herausbrechen, doch die Stimmbänder versagten dem Körper den Dienst.
Die ängstlichen Augen auf das steinerne Gewölbe über ihm gerichtet, unfähig sich zu bewegen, kämpfte der kleine Verstand mit der rasant aufkommenden Panik, die alles zu verschlingen suchte. Eiskalter Angstschweiß rann ebenso wie dicke Tränen der Verzweiflung in kleinen Rinnsalen an der jungen, zarten Haut herab, hinterließ silbrig glänzende Spuren darauf.
Der Geruch nach Schimmel, Feuchtigkeit und anderen Dingen, die der kleine Junge nicht in Worte zu fassen vermochte zerrte an seinen Nerven, sandte immer wieder Schauer durch den von Angst gezeichneten Körper. Die schreckliche Stille, die ihn umfing legte sich wie ein Leichentuch auf den Verstand, drohte mit jeder Minute die verstrich, ihn mehr zu ersticken.
Hätte jemand daneben gestanden, hätte er die pure Verzweiflung aus der zitternden Kinderstimme hören können. Doch sein Flehen und Weinen verrann in den Weiten der gedanklichen Welt wie ein Fluss, der in der Wüste versinkt. Niemand würde ihm zu Hilfe kommen.
Niemand.
Ein leises Klicken, Schritte und dann wieder diese dröhnende Stille. Das kleine Herz im Inneren des bebenden Körpers schlug so rasant es konnte, pumpte Blut in einem lauten Rauschen durch die Adern. Die schmale Brust hob und senkte sich schnell im Takt der rasselnden Atmung, während die kleinen Finger verzweifelt versuchten, irgendetwas zu greifen. Doch die Muskeln wollten – konnten – dem Geist nicht Folge leisten und bewegten sich kein Stück.
Wieder Schritte. Dieses mal lauter. Schwere Stiefel rieben die am Boden liegenden Steine aufeinander, sodass ein knirschendes Geräusch entstand. Sie kamen näher. Die mit Schrecken geweiteten Augen des Kindes registrierten eine Bewegung am Rande des Sichtfeldes, die unbändige Angst in seinem Inneren schwoll weiter an. In Panik und schierer Verzweiflung bäumte sich der Körper des Jungen auf und ein erstickter Schrei ertönte, als grobe Kraft seinen kleinen Brustkorb zurück auf den harten Untergrund drückte. Mit einem leisen Keuchen entwich die Luft aus den Lungen des zu Tode geängstigten Kindes. Schwere verbreitete sich aus riesigen Händen in den Körper des Kleinen hinein, das wie eine leblose Puppe erstarrte, die Augen immer noch starr vor Schreck, die Pupillen weit.
Die auf grausamste Art entstellte Fratze eines alten Mannes erschien in seinem Gesichtsfeld. Verschwommen, nur vage zu erkennen, doch konnte das Kind die schrecklichen Narben sehen, die wie dunkelrote Schlangen das Antlitz des Peinigers schwer entstellten. In den beinahe schon schwarzen Augen des Alten blitzte es böse auf, ein fast schon hasserfülltes Lachen erscholl und wurde von den Wänden der gewaltigen Halle vielfach zurückgeworfen. Er beugte sich groß und dunkel über das Gesicht des Jungen. Sein Atem roch schlecht, nach Krankheit und Verwesung. Dem gefangenen Kind wurde augenblicklich so übel, das es sich übergeben hätte, wenn die Muskeln seines Körpers nicht komplett taub gewesen wären.
Der Mann trat einen Schritt zur Seite und die feinen Sinne des Jungen vernahmen das Klirren von Metall, als würden chirurgische Geräte hin und her geschoben. Die Panik in seinem Inneren ließ ihn beinahe den Verstand verlieren, als diese schrecklichen Augen wieder in die Seinen blickten, ein ekelhafter Ausdruck der Erregung darin.
In dem Moment, als der Stich die zarte Kinderhaut verletzte, das schiefe Grinsen des Mannes breiter wurde und das markerschütternde Schreien begann, verzog sich der Körper des Jungen zu einer unnatürlichen Form.
Die Transformation begann.
Texte: Das Coverbild gehört miskis auf deviantart.com
Das Copyright des Textes liegt ausschließlich bei mir
Tag der Veröffentlichung: 14.03.2011
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