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Die letzte Dröhnung

Er zögerte als sie ihm den Joint unter die Nase hielten, nahm ihn aber dann doch, denn er wollte dazugehören. Er rauchte den Joint eine Weile, bevor ihn an den Nächsten weitergab. Dann vergaß er die Probleme in der Schule und Daheim, er fühlte sich frei. Seine Kollegen fingen wieder an über „H“ zu reden, er schwieg, wusste nicht was „H“ ist. Er hörte zu, wie sie sich Theorien über die Wirkung von „H“ ausdachten, das Einzigste was er wusste war, dass „H“ irgendeine Droge ist, eine ziemlich harte. Aber bei solchen Themen merkte er auch, dass er noch nicht richtig dazu gehörte, denn er wurde nie danach gefragt was er darüber dachte,er war ja auch erst seit ein paar Wochen in der Szene. Er überlegte immer was er tun konnte um Eindruck zu machen, aber ihm fiel einfach nichts ein, dass cool genug ist.
Als er abends im Bett lag, hörte er es wieder, seine Eltern stritten, ziemlich laut. Er wünschte sich, dass sie sich endlich scheiden lassen würden, dann hätte er ein Problem weniger. Er stand auf, zog sich an und kletterte aus dem Fenster in den Garten und lief in den Park, wo seine neuen Freunde immer zu finden waren, in der Schule hatte er keine Freunde. Als er am alten Spielplatz ankam, wo seine Clique immer war, redeten sie wieder von „H“, er fragte sich warum sie nur darüber sprachen und es nicht nahmen. Er trank ein paar Schlücke Schnaps, da kam ihm sein Einfall, den er so lange gesucht hatte: „H“ , war die Lösung. Er dachte, wenn er „H“ mitbringen würde, bekam er die fehlende Achtung.
Es dauerte nicht lange bis er einen Dealer gefunden hatte, er kaufte „H“. Aber bevor er es den Anderen zeigte, wollte er es selbst ausprobieren. Der Dealer hatte ihn gefragt: Zum Rauchen oder Spritzen?
Einige Tage später, brachte er das Zeug mit zu seiner Clique. Doch die reagierten nicht so wie er es erwartet hatte.
„Ich will aussteigen, meine Freundin haut sonst ab!“, sagte der eine, ein andere sagte: „Verdammt, wir haben nie gesagt, dass wir das Zeug nehmen wollen. Hau ab, mit so einem üblen Junkie wollen wir nichts zu tun haben!“ Die anderen stimmten zu. Er rannte weg, aus Frust haute er sich das ganze Zeug in die Venen. Total zugedröhnt ging er nach Hause, seine Eltern waren nicht da und seine kleine Schwester saß im Wohnzimmer und spielte mit ihren Armbändern. Als er den Raum betrat, schaute sie ihn kurz an, wendete sich dann ihren Armbändern zu, die überall verstreut rumlagen. Er ging an die Minibar holte sich etwas Hochprozentiges und verschwand in sein Zimmer. Er trank die Flasche in einem Zug fast leer und zündete sich einen Joint an. Nach einiger Zeit wurde ihm klar, dass er jetzt seine letzten Freunde verloren hatte. Er lag mitten im Raum und glotzte die Decke an, sein Kopf dröhnte, und ihm gingen immer wieder die Worte durch den Kopf: Junkie... Hau ab... Aussteigen... Er wollte auch aussteigen, aussteigen aus dem Leben.
Während er so dalag, verging die Zeit, erst spät abends stand er auf. Er ging nochmal an die Minibar und holte sich eine Flasche Wodka, seine Eltern schliefen schon. Er verließ das Haus und trank die Flasche aus. Er rauchte das Heroin, dass er noch vom Mittag hatte. Er lief zum Bahnhof, zur Unterführung, dort waren immer Dealer zu finden. Er kaufte sehr billiges Heroin, da er kaum noch Geld hatte. Ihm fiel zwar das merkwürdige Grinsen des Dealers auf, kümmerte sich aber nicht darum. Einige Meter vom Bahnhof entfernt haute er sich die stumpfe Nadel in die Vene, das Blut lief, und dann drückte er den Stoff in seinen Körper. Ihm wurde komisch, aber er dachte, es sei so da es nur billiges Heroin war.
Er taumelte in Richtung Schrottplatz, er wollte über den Zaun klettern, und zu den bissigen Hunden gehen. Er musste eine Stunde laufen. Aber nach 10 Minuten schon, musste er eine Pause machen. Er würgte und übergab sich, das war ihm egal er lief weiter. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass ihm jemand nachging, aber es war ihm egal.
Nach einer Weile verschwamm sein Blick , er blieb stehen. Sein Kopf fühlte sich an als ob er explodieren würde. Er taumelte und bekam kaum Luft. Die Stelle an der er sich, an der er sich die letzte Ladung reingehauen hatte, tat weh. Seine Arme begannen zu zittern und der restliche Körper begann auch zu zittern. Ihm wurde schwindlig, sein Blick wurde immer trüber und dann ganz schwarz, er fiel.
Plötzlich hörte er die Stimme seiner achtjährigen Schwester, die seinen Namen rief. Und dann spürte er die kleinen Hände von ihr an seiner Wange, er lächelte schwach. Seine Schwester schrie immer noch. Und er spürte die Tränen, die auf ihn tropften, er nahm alles kaum noch wahr, er schloss die Augen. Die Schreie seiner kleinen Schwester verhallten im Nirgendwo, bis sie ganz verstummten.
Er lag da mitten auf der Straße, seine verheulte neben sich. Dann kam der Krankenwagen, die Sanitäter brachten ihn und seine Schwester ins nächste Krankenhaus, sie alarmierten die Eltern. Nach Stunden des Bangens, kam der Chefarzt zu den Angehörigen, er schaute bedrückt zu Boden und sagte, „Es tut mir Leid, wir konnten nichts mehr tun. Er hatte zu reines Heroin gespritzt, dass hat ihn umgebracht. Mein Beileid.“
Seine Mutter begann zu weinen, seinem Vater kullerten auch Tränen über die Wangen, er nahm seine Frau und seine Tochter in den Arm.

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Tag der Veröffentlichung: 12.09.2010

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