Plattdeutsch ist eine Sprechform, eine Mund-Art.
Entscheidend ist der Klang der Sprache. In Bayern klingt sie anders als in Köln, Ostfriesland oder Mecklenburg.
Selbst in Hamburg ist in den Stadtteilen Finkenwerder, St. Pauli, Eppendorf oder auf der Veddel — wo ich meine Kindheit erlebte — der Klang voneinander zu unterscheiden.
Wer in Mundart schreiben will, der muss versuchen, den Klang mit ganz normalen Buchstaben einzufangen. Hilfsmittel wie ein Wörterbuch oder eine Grammatik gibt es dafür kaum, obwohl in wenigstens einer ostfriesischen Schule Plattdeutsch ein ordentliches Lehrfach ist.
Wer eine Mundart nie gesprochen hat, der muss sie langsam und nach-denklich lesen, dann klingt sie zumeist heiter-freundlich, selbst wenn sie einmal kräftig bis derb sein kann.
Sie kann selbstkritisch sein, ohne erhobenen Zeigefinger und "Moralin". Sie kann humane Werte in sich haben und wohl auch ein Eu-Angelium.
Versuch es doch mal!
is en Galgen west - keen Schmuckstück.
Et stünn buten vör de Stadtmuur.
Wenn een sik nich ant Gesetz holen deit,
dann käm he dor hen.
De Oberste ut Rom meent:
Ik find an em nix gegen dat Gesetz;
de wull em freeloten.
Dor reepen se:
Dann melden we na Rom,
dat he König warn wullt.
Dun dachte de Oberste ut Rom:
Beter en Unschulligen an 't Kruiz
as Querelen mit 'n Kaiser.
Blos'n poor Fruunslüt weenten um en.
Een rieken Mann lehnt sin Graf vör em.
Seen besten Fründ ober seggt:
"Ik kenn düssen Minschen nich."
Dann ober weent he öber sik sülmst.
Het he nich toletzt to em seggt:
"Wenn de Hahn tweemal kreit,
hest me dreemal verroten."
De annern Fründen leepen utnanner
wie de Heuner, wenn de Voss kümt.
Is dat immer noch so?
Lukas 23,13ff
Nu weerns alleen und he wer dot.
Aber se wull'n bienanner blieben,
blots ut de Stadt rut, int Dürp na Emmaus.
Ünnerwegens käm noch en dortou.
Se vertellten em, wat los west is inne Stadt;
As wenn de dat nicht wüßt het.
Se güngen mitnanner in 't Huus.
Noher markten se:
De het dat Brot broken
just as he dat immer mokt het.
Und wenn we von em vertellt,
denn ist dat so als stünn he sülmst dorbi,
as wenn he goarnich dot is.
Weest du, wo Emmaus huit is?
Lukas 24,13ff
Alles ist Schiet
wennt alleen bliwt.
Mitnanner
gift dat Leben.
Ok bien schimpen opnanner
bist nicht alleen.
Beter as dat schimpen
ist dat Nichtschimpen.
Must verseuken
Bien Nichtschimpen mitnanner
kannst die sülmst finden
und bist ok dann nicht alleen,
ohne Schimpen und Nichtschimpen
is dat dann beten.
nach Hiob 40,3-5; 42,1-6
Doar legen se all tohoop - de Kranken.
De een jammert na buten, de annern inwendig.
De een harn Helpers, de annern wer'n alleen.
De een güng dat all beter, de annern wär'n all lang hier.
Wat heff ik falsch mokt, dat ik hier liggen mut?
Is dat gerecht: de een und de de annern?
Helpt allns nich – musst die mit affinden?
Wat kann me helpen, de Minschen, dat Woter,
de Pillen, de leewe Gott, en Wunder?
Een leg doar all 38 Joar lang, dat is'n ganzet Leben:
He frogt em: Willst du gesund warrn? - Na wat wohl?
Kummt dat op sien Wollen an? Het de dat noch?
Geiht dat goarnich um dad Butenrum?
Geiht dat um em sülms?
Mut wat anners warn in Buuk, in de Leber,
de Nieren, in Kop, an de Arms oder Hart?
Wo bün ik denn dortwischen?
Wenn he mit me spreekt, dann bin ik meent.
Mannigeen het sick verloren, is bloos butenrum.
mut sick finden loten. Alleen geit dat nich.
He sökt me,
nicht mien Theaterspeeln inne Gesellschaft.
Nicht mien op Kommando heuern,
nicht mien Bangigsien, me sülmst sökt he.
Ok in Bethesda
Johannes 5,1ff
Weest noch wie dat west is?
Wenn du dat vergeten deist,
dann wer dat bloots'n Donnerslag.
de veel Lärm mokt het.
Bannig veel mehr asn Donnerslag is:
Du bist neger ran west
an de anner Seet vunt Leben.
Von de anner Seet vunt Leben
weet keen een wat,
mit 5 Sinnen kumst dor nich röber
Sokrates het vör 2,3 dusend Johrn segt:
"Ik weet, dat ik nix weet."
Grat dormit het he mehr wüsst
as de meersten Beterwisser.
Wenn du krank west büst
weerst du neger ran
an de anner Seet vont Leben.
Nu kannst weten, dat alns wat gift
int Leben ob disse Seet,
dat gift bloots eenmol.
Vergeht nich de anner Seet!
"Dat hölt Leif und Seel tosamen".
Wenn ehn dat seggt, meent de:
So is dat richtig und goot.
Blos, wat mokt we alns for uns Leif,
und wat mokt wie for uns Seel?
Wenn ehn sick nich um sein Leif kümmert,
dann mookt siin Leif en groten Spaktakel
na buten.
Wenn ehn sick nicht um sien Seel kümmert,
dann blift de still na binnen bit ton End -
oder meld sick op anner Wies.
Dor brochten de mol ehn Gichtkranken,
de nich loopen künt, to em.
He seggt em:
"Diene Sünden sind die vergeben."
Dor meenten de Gelehrten,
wat dat mit de Gicht
von den Kranken to don het
und dat he nich lopen künnt.
Und woher He de Vollmacht
for de Vergebung her hätt.
He seggt, dat Leif und Seel
mitnanner to don hätt,
dormit wie leben könnt
und he Leif und Seel
von den Gichtkranken heil mokt.
Und de Lüd, de dorbi wärn,
schüttelten ehr Köpp dorum,
dat Leif und Seel tosamen hürt.
Lukas 5,17-66
wär man 'n lütten Kerl,
de annern all keeken öwer em weg.
Un he möt na baben keeken,
un 'n Stüerindriver för de Römer wer he.
Keen wull wat mit em to don hem,
se keeken em blos von de Seet an ...
Baben und ünn, grot un lütt,
Must kieken, wo du herkümst dortwischen.
Wenn 't wat to seen gift, weer dat ok so,
de annern stün'n em in Weg.
Wenn du lütt bist, musst du klever seen.
Zachäus klettert op en Boom, keekt öwer all weg.
He awer bliwt vör em op 'n Boom stohn.
"In dien Hus will ik kamen", seggt he.
In min Hus, dinkt Zachhäus, dat gift doch gornich.
He segt em: "Nu bist du heel und dien Hus ok",
ok wenn du man 'n lütten Kerl bist.
Lukas 19,1ff
Wenn 't duster is, bist alleen.
Must nich moken und seggn,
wat de annern seen und hörn wullt
kannst so seen we die to Moot ist.
Nikodemus käm to em in 'ne Nacht
as en ganz hoogen Amtsperson.
Als wat he seggt und mokt, dan stünn
annern Dag in de Bildzeitung.
Nikodemus wullt mit em spreken,
ganz diplomatisch we inn Hohen Rat.
Mol sehn, op ik em tofoten krieg,
ganz ünner uns, in 'n dustern.
He seggt em: "Du musst noch eens born warn."
Wat 'n Kinnerkrom, dinkt Nikodemus.
Dat is doch nich mien Niveau as Akademiker.
Awer mennigmol sünd Kinner kleuker as de Ooln.
Wenn du ganz nee anfangen künst in dien Leben,
allen Plünnkrom wegsmieten künst, de dor tosamen kamen is.
wenn die dat nich mehr dooldrücken kann
und du wadder uprecht gohn kannst wie ganz freuer.
Denk mol dröber noh, wenn 'd duster is und du alleen bist.
Villicht geit dat jo doch mit 'n ne born warn?
Johannes 3,1ff
Bist' bien Militär west?
Op 'n Kasernenhof?
„Loopen!“ seggt de - und all loopens.
„Henleggn!“ seggt de - und all leggn sik hen.
„Upstoon!“ seggt de - und all stont up.
De ganze Welt is een Kasernenhof.
Blos, jedereen will Kommandeur sien.
Wenn de annern nich heuern wullt oder könnt,
dann is de Kommandeur an end mit sien Kommando.
De denkt dann:
Wenn allns nich geit, verseuk et mit Religion.
De lett dann mol unverbindlich anfrogen:
"Kannst nich mool for me kommandieren?"
He seggt: "So watt gift be me nicht."
He helpt den, de nicht mehr upston kann.
Been kommandieren helpt he nicht.
Wo gläuben anfangt, is kommandieren to end.
Wenn een dat markt, dann is dat en Wunder.
Meenst dat nich ook?
Lukas 7,1-10
Rieke und arme Lüd gift överall
Rieke gift, de blos na boben kiekt und jammert.
De meent se heft nich naug und möt noch veel mehr hebben.
Arme gift, de na ünnen kiekt und afgeben künt.
De meent, dat se sülmst veel mehr heft as veele annern.
Kümt op an, wo du henkiekst – und wo du am End bist.
Riek und arm könnt jammern.
Arm und riek könnt afgeben.
He seggt: "Afgeben is beter as jammern.
Anners gift an End 'n groten Jammer
för de blos na boben Kieker,
de toletzt ganz ünnen be nix ankamen."
Lukas 16,19-31
For korte Teet gift Karneval.
Dann settn sick Masken up, trekt sick anners an
und molt sick de Snut an:
"O wie goot, dat keen een weet
we ick dorünner wirklich heet!"
Is dat blos for korte Teet?
He frogt seen Fründen:
"Wat meent de Lüd, wer ick bin?"
Welke Lüd meent, du bist een Profet
und kannst seggn wie dat wiedergeit,
wenn we ann End sind.
Anner Lüd meent, du bist een Moses
und kannst seggn, wat we don
oder nich don möt, went goot warn sült.
He seggt: "Und wat meenst du von mee?"
Du ännerst uns Leben von de anner seet ut
und lets uns vertruun, wo sonst keen Hopnung is.
He seggt: "Vertellt dat ober erst, wenn ick
fardig bin und don heff wat ick don mutt."
Nu könnt we dat vertelln!
Lukas 9,18–22
Wenn ehn den annern wat utleiht
und den annern vertruen möt,
dann seggt we: he is 'n Gläubiger.
Vör tweedusend Johr wäre en, de wullt
nich vertruen, de wullt Bewiesmittel.
De heet Thomas.
Hüt het jedereen em noch in seen Kop.
Wenn Jesus dot is, dann gift em nich.
Oder kannst bewiesen, dat he leben deit?
He wullt et em bewiesen, aber vorher seggt
Thomas: "Meen Herr und meen Gott!"
He seggt: "In Gläuben leben is beter as
mit Bewiesmittel bang sien und zittern."
Johannes 20,14–29
Wenn een sien Recht hebbn will, dann mut de non
Amtsgericht, non Ober- oder Bundesgericht gohn.
Dor gift dat veele Gerichtsbeuker und Paragraphen
und goode Richter und Anwälte und Fachlüd.
Und pro und contra und dat duurt und duurt
manchmol länger as du leben deist.
Wenn du Recht kregen hest und alns betoolt is,
kannst na Huus gohn.
He seggt: Beter as vör Gericht 'n Eid aflegen is
immertau de Wahrheit seggn und nicht schummeln.
He seggt: Wenn een den annern dothaut, een den annern
sein Ehe kaput mokt, een den annern schlecht mokt,
dann het he dat längst vorher schon in sein Kopp und Hart.
He seggt: Op de anner Seet vont Leben, wo we nix
to seggen heft, nix keeken und nix moken könt, dor is
een, de kennt uns beter as wie uns sülmst kennt.
Mit em könt wie spreeken, op em könt wie heuern.
Mit em könnt wie leven op 'n Weg to de Gerechtigkeit.
Matthäus 5,17–6,13
Jedereen is anners as al de annern
Meenst, dat een Menschen gift,
de so iswie du bist?
Grad so groot, so lütt, so klauk, so dösig;
buten in outsein und binnen in Kop und Hart?
So een wie du bist, gift blos eenmol,
alle annern sünd anners.
So möt we mitnanner torecht kamen.
Wo ik sitt, dor kann keen annern sitten,
wo een anner sitt, dor kann ik nich sitten.
Dorum mut in Gesetz regelt warn,
wat mit uns mitnanner to don het.
All Lüt möt rechts
(oder all Lüt möt links) ananner vorbi,
anners gift dotsicher
'n groten Kladderadatsch.
Dor seggen se: "He het mit seen Fründen
an 'n hilligen Sündag wat eten
un he het dann ok Kranke gesund mokt.
Dat is gegen uns Gesetz. Ant Kruiz mit em!"
He seggt: "Dat Sündag-Gesetz is för de Menschen,
dormit de mitnanner leben könnt.
De Menschen sind nicht för dat Gesetz,
dormit de Menschen eenanner ant Kruiz bringt."
Markus 2,23-3,6
Dree Lüt tohoop gift en Klönsnack.
Söben Lüt tohoop könnt 'n Verein gründen.
All Lüt, de beenanner leben wüllt,
könnt mitnanner 'n Staat gründen.
Dat mutt dann in 'n Gesetz regelt warn.
Wat ober is de Kark, – en Klönsnack, 'n Verein oder 'n Staat?
Toerst is de Kark wo von Jesus und Gott vertellt ward.
Dann is Kark wo een seggt: "Jo, dat glöw ick ook."
Toletzt könnt de dann dat mitnanner fört ganze Leben regeln.
Wo Gesetze und Regeln sünd, gift Striet.
Striet gift gegenanner wo een kommandieren will.
Striet gift mitnanner, wenn he dorbi is in er Kopp und Hart
und al mitnanner opn Weg sünd to dat Tosammenkamen
von disse Seet und de anner Seet von uns Leben.
Apostelgeschichte 2,37-47; 4,32ff
Büst mol in Urlaub west? Ganz wiet weg?
De Lüd sind alle nett,
bringt die dat Eten ann Disch,
mokt for de de Betten und rümt op inne Stuv!
Du bist jo ookn netten Minsch to de annern.
Mit 'n mol kann allns ganz anners seen.
Man seggt dann: "Et is Krieg."
De Lüd kriegt 'n Uniform an,
und een sall den annern dot scheeten.
Und sünd doch allns deselben Lüd.
Wenn Krieg is, gift davor 'n Orden.
Sonst gift dat "Lebenslänglich".
Bist du en annern Minsch in Uniform?
Et gift Uniformen,
de man nicht sehn kann – nur spührn,
Uniformen för unner de Haut.
He seggt:
"Wenn een die nich lieden kann,
giv em de Hand
und kiek em in de Ogen.
Wenn een grimmig op die is,
leg een Word för em in,
ook wenn de die blos slecht mokt.
Do for em allns wat du von em hopen deist."
So mitnanner umgohn
heft nich blos de annern vergeten,
We ook.
Lukas 6,31ff
"Wo sall ick dann noch blieben, wenn ick mol nich mehr bin?"
Dat mag wohl manch een so nich seggen, et het ober jedereen so oder'n beten anners in sien Achterkopp. Dat hürt ton Menschsien dortou.
Wenn ick nich mehr bin, geiht dann dat anner alns so wieder wie dat immer west is, blos ick bin dann nich mehr dorbie?
So wichtig bin ick jo ok nich.
Oder is allns, wat dann noch wieder geit, ok nich so wichtig, wenn allns mol an End is?
So wiet sünd wie ja nun mit uns Wachstum, dat wie dat End von allns wat is, ok sülmst moken künnt.
He seggt: "Nun fangt et an, dat Riek Gottes" und wie süllt beten - in jeden Gottesdienst - "Dein Reich komme!".
He seggt: "Dat kannst verglieken mit'n lüttsten Senfkornsaat, de dann to en groten Boom ward. De Kraft för dat Grötste is in'n Lüttsten“, – wie in'm Atom.
An'n End von de Bibel steit dann wie de grote Vörutkieker Johannes et seggt het (Offenbarung 21,1-7):
"Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde und der erste Himmel und die erste Erde verging. ... Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen. ... und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein und wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Leid und Geschrei noch Schmerz wird mehr sein. Denn das Erste ist vergangen. Und er sprach: Siehe, ich mache alles neu".
Meenst' dat klingt wie ut "Tausend-und-eine-Nacht"?
Mookt nix, is jo blos'n lütt Saatkorn – und ward'n grooten Boom.
Markus 1,15; 4,30-34
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Lektorat: Alfred Mignon
Tag der Veröffentlichung: 24.10.2015
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