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6 Dinge erhalten die Liebe aufrecht

Ich war 16 Jahre alt, als ich ihn das erste Mal traf. Er war kleiner als ich, hatte strubbliges braunes Haar, kurzgeschnitten und ungekämmt. Seine kalten grauen Augen sind mir sofort aufgefallen. Wie sie leblos und kühl an einem vorbeischauen, einen nicht registrieren, oder nicht registrieren wollen. Seine Körperhaltung war immer aufrecht, das habe ich ebenfalls gleich zu Anfang bemerkt. Vielleicht wollte er damit wieder raus holen, dass er kleiner war? Anfangs hat er mich keines Blickes gewürdigt. Er wusste nichts von mir. Er wusste nicht, dass ich ihn jeden Tag beobachtete. Wie er in seinem kleinen Blumenladen arbeitete, als Aushilfe in den Sommerferien. Oder wie er zur Uni ging und alle Dinge, die er für seine Prüfungen gelernt hatte, noch einmal durchging. Das alles habe ich ihm angesehen. Auch, dass er Katzen mag. Ich empfand sofort Sympathie für ihn, als ich sah, wie er einer kleinen Katze auf der Straße etwas zu Essen gab, sie dann in seinen Schal einwickelte und zum Tierschutz brachte.

Und dann, an einem kalten Winterabend, als ich mich von meinem Job auf den Weg nach Hause machte, stand er da. An der Bushaltestelle, am Frieren und Niesen. Seinen Schal hatte er sich beinahe bis über die Nase gezogen. Seine Hände waren tief in den Taschen vergraben. 'Jetzt oder nie!', dachte ich mir und ging auf ihn zu. Er blickte auf, als er mich bemerkte.

„Ich habe auf dich gewartet.“, sagte er zu mir. Fassungslos blickte ich ihn an. Er hatte auf mich gewartet? Wieso? Woher kannte er mich? Hatte er mich doch einmal bemerkt? Ich verstand es nicht. Ich war mir sicher gewesen, dass er mich nie gesehen hat.

„Ich habe mich in dich verliebt.“

Die Wahrheit

Ich schwebe auf Wolke sieben. Es ist nun knapp zwei Wochen her, als Keith mir seine Liebe gestand. Zwei Wochen schon. Ich war mehr als überrascht, aber glücklich. Ja, ich bin wirklich glücklich.

Lächelnd gehe ich mit ihm Hand in Hand durch die Stadt. Er sieht weniger glücklich aus. Ich habe gemerkt, dass er in den letzten zwei Wochen nur fünf mal gelächelt hat. Warum weiß ich nicht. Ich mache mir schon meine Gedanken, ob er mir vielleicht nur etwas vorspielt, aber würde er sich dann nicht mehr anstrengen?

„Jerome?“, fragt mich Keith und ich schrecke von meinen Gedanken auf. Ich lächele ihn fragend an. „Tut mir leid, ich habe nachgedacht. Was hast du gesagt?“ Keith betrachtet mich kurz eingehend, winkt dann ab und geht weiter. „Nichts.“

Ich muss schmunzeln. Habe ich ihn verletzt?

Wir führen eine merkwürdige Beziehung. Vielleicht ging alles zu schnell? Vielleicht hätten wir uns erst besser kennen lernen sollen? Die Kälte, die von ihm ausgeht, ist ungewohnt. Würde ich ihm eine Farbe geben, wäre er blau. Blau wie das Eis, wie das Meer. Kalt wie der Winter. Wäre er ein Tier, wäre Keith sicherlich ein Löwe. Oder so etwas in der Art. Immer Bedacht andere auf Abstand zu halten und anzugreifen, wenn nötig. Ich habe Keith bisher noch nicht sauer oder aufgebracht erlebt. Er erscheint mir manchmal, als hätte er kaum Gefühle. Es ist gruselig. Wenn er sich freut, dann verzieht er sein Gesicht selten zu einem minimalen Lächeln, als würde es ihm schwer fallen. Küssen tut er mich, er umarmt mich und kuschelt gerne. Er sagt mir ab und an, wie lieb er mich hat. Das wars. Ich weiß, ich sollte nicht mehr verlangen, aber ich bin mir unsicher.

„Jerome!“, wiederholt Keith meinen Namen. Ich habe ihm erneut nicht zugehört. Verständnislos sehe ich ihn an. Er seufzt kurz und deutet auf einen Laden. „Ich möchte etwas kaufen.“, murmelt er und ich nicke. Wir gehen auf den kleinen Geschenkladen zu und treten ein. Eine leise Glocke ertönt als wir die Tür öffnen und sofort kommt uns eine aufgeregte etwas ältere Dame entgegen. „Guten Tag, guten Tag!“, begrüßt sie uns. Sie möchte uns Sachen andrehen, die ich nicht mal im Traum kaufen würde. Keith jedoch weist sie ab und geht auf einen Ständer mit Anhängern zu. Er dreht ihn einmal und schaut sich alle genau an. Sie sind Silber, Echtsilber und erinnern mich an Kettenanhänger.

Als ich auf den Preis schaue, gefriert mir beinahe der Atem. Wer bezahlt für so ein kleines Stück bitte so viel Geld? Scheinbar mein Freund, denn Keith nimmt sich drei und legt sie auf den Tresen. Die Dame packt sie ein und lässt ihn bezahlen.

Wir verlassen den Laden wieder und machen uns auf den Weg nach Hause. „Was hast du gekauft?“, frage ich ihn. Ich konnte die Anhänger nicht erkennen. Keith sieht mich an und schüttelt den Kopf. Dann geht er schweigend weiter. Was sollte das schon wieder? 

Wir betreten meine Wohnung und ziehen uns Schuhe und Jacke aus. Keith geht sofort in mein Zimmer und hockt sich auf mein Bett. Es sieht so einladend aus, aber ich möchte es nicht überstürzen. Keith holt die Anhänger und eine Kette heraus und befestigt sie. Ich geselle mich zu ihm und reiche ihm ein Glas Wasser, was er dankend annimmt.

„Was machst du da?“, will ich wissen, ehe er meinen Arm greift und mir das Armband um macht. „Wofür-?“, will ich fragen, doch er sieht mir nur in die Augen und erwidert: „Alles Gute zum Geburtstag.“

Ich bin perplex und weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Ich habe selber ganz vergessen, dass ich heute Geburtstag habe. „Aber wann- Aber wie...woher?“ Ich habe ihm meinen Geburtstag doch ganz bewusst nicht verraten? Genau damit das nicht passiert. Er soll mir doch nichts schenken!

„Ich habe ein wenig nachgeforscht. Es war nicht schwer, dein Geburtsdatum herauszufinden.“, erklärt mir Keith, als wäre es das normalste der Welt.

Ich beginne zu lächeln und nehme ihn fest in den Arm. „Du bist so süß! Das liebe ich so an dir!“ Ich küsse ihn und bedanke mich aufgeregt. Ich bekomme mich kaum noch ein. Ich küsse ihn erneut und streiche mit meiner Zunge über seine Lippen. Er öffnet den Mund leicht und lässt sie eindringen. Langsam drücke ich ihn auf die Matratze. Sofort schiebt er mich von sich und setzt sich wieder auf. „Nicht.“, meint er und rückt von mir ab. Autsch. Ich nicke schnell und lächele wieder. „Sorry. Ich war nur gerade so glücklich.“, versuche ich die Situation zu retten und lache nervös auf. Schöne Scheiße. Hätte ich es mal nicht gemacht.

„Mir tut es leid.“, meint Keith, aber ich kann anhand seiner Stimme hören, dass er keinerlei Mitleid oder Schuldgefühl hat.

„Ich kann dir leider gerade nicht so ganz glauben.“, sage ich daher. „Wenn du immer mit einer so müden und leblosen Stimme mit mir redest und mir die kalte Schulter zeigst, weiß ich sowieso nie, was ich dir glauben kann und was nicht.“ Irgendwann muss es ja eh mal gesagt werden.

„Vielleicht kommt es ein wenig plötzlich und vielleicht ist es gerade ein falscher Moment, um es anzusprechen, aber ich zweifele deine Liebe zu mir an, Keith.“ Es fällt mir weitaus leichter diese Worte über die Lippen zu bringen, als ich gedacht habe. Es tut mir auch nicht leid und ich bereue es nicht. Ich fühle mich befreit, es endlich hinter mir zu haben und warte nun auf Keith Reaktion.

„Ich liebe dich aber.“, meint er lustlos. „Auf meine Art und Weise.“

„Was ist deine Art und Weise?! Du zeigst mir nicht, dass du mich liebst. Du lächelst mich so gut wie nie an, du lachst nicht, du freust dich nicht, du bist nicht wütend oder eifersüchtig. Nichts bist du!“, murre ich.

„Ich kann nicht.“, sagt Keith. Ich verstehe nicht was er meint. „Ich kann es nicht.“, wiederholt er. Ist er verzweifelt? Er sieht nicht so aus, aber von der Art wie er spricht, wie er die Wörter wählt, kann man es sich schon beinahe einbilden.

„Ich hatte Hebephrene Schizophrenie.“

Das Vertrauen

„Hebe-... was?“, frage ich nach. Davon habe ich noch nie etwas gehört. Was ist das? Außerdem spricht er in der Vergangenheitsform. Was hat es mit dem zu tun, worüber wir gerade reden, wenn es doch schon vergangen ist?

„Hebephrene Schizophrenie.“, wiederholt Keith. „Vielleicht kennst du es unter Hebephrenie? Es ist eine Schizophrenie, wie man schon hört und verändert einen Menschen im affektiven Bereich. Du musst es dir so vorstellen, dass die Sprache und Motorik, die Intelligenz, die Persönlichkeit und das Verhalten und auch das Sozialverhalten, wie auch die Affekte betroffen sind.

Bei Sprache musst du es dir so vorstellen: Du fragst mich etwas und ich beantworte ohne Zusammenhang auf die Frage. „Danebenreden“ wird es genannt. Es gibt aber auch unverständliches Gerede und einem wird oft vorgeworfen in einer selbsterfundenen Sprache zu reden. Zudem scheint es, als würde man jemanden absichtlich provozieren, was natürlich nicht der Fall ist. Aber man selber merkt es nicht.

Das Verhalten ändert sich dahingegen, dass man eine Kontaktschwäche bildet und empfindsam wird. Zudem verlierst du deine Persönlichkeit, wodurch du nicht mehr entscheidungsfähig bist.

Die Intelligenz bleibt zwar noch erhalten und es können sich andere Fähigkeiten bilden, aber es bleiben Schäden zurück, wenn es nicht schnell genug behandelt wird.“

Ich höre ihm zu und versuche alles zu verstehen, aber es ist zu viel für mich. Er hat nicht eines von diesen Anzeichen. Wie soll ich seine Erklärung da nachvollziehen?

„Aber du hast doch keine Anzeichen davon, dass-“ Er unterbricht mich und schüttelt den Kopf.

„Hör mir doch zu! Dann gibt es noch die Affekte. Es führt dazu, dass man eine Stimmungslage bekommt ohne Gefühl. Du kannst kein Mitgefühl bewusst empfinden, keine Freude oder Wut. Ab und an kann es dazu kommen, dass man einfach anfängt zu lachen. Ohne Grund. Und dann ist man wieder kühl und abweisend. Einem fehlt die emotionale Wärme. Verstehst du?“ Er sieht mich abwartend an und ich nicke langsam.

„Ich hatte die Krankheit und war in Behandlung. Es wurde zwar gedämmt, aber die Nebenwirkung der Gefühllosigkeit ist bis heute noch erhalten. Außerdem kann es immer wieder zu Schüben kommen. Jerome, du hast dich in einen Psychopathen verliebt.“

Das will und kann ich nicht akzeptieren!

„Nein!“, meine ich. Keith will etwas sagen, doch ich komme ihm zuvor. „Du hast diese Symptome nicht und hattest sie sicher nie! Wenn du mich nicht liebst, dann kannst du es mir auch sagen! Du musst mich dafür nicht anlügen! Wieso machst du das?!“, frage ich ihn. „Das tut weh. Außerdem kann ich auch auf gefühllos tun und dann so etwas behaupten. Wikipedia kann ich genauso gut auswendig lernen! Wieso bist du dann überhaupt zu mir gekommen und hast gesagt, dass du mich liebst?!“ Ich balle meine Hände zu Fäusten und stehe auf. Jetzt muss ich eine rauchen. Es beruhigt meine Nerven. Ich bin zwar kein starker Raucher, aber wenn ich mich aufrege oder kurz vor dem Heulen stehe, dann hilft es. Ich gehe auf das Fenster zu und öffne es, ehe ich eine Packung Zigaretten aus meiner Hosentasche krame, mir eine Zigarette herausnehme und das Feuerzeug, was ich daneben reingelegt habe.

„Ich mag es nicht, wenn du rauchst.“, meint Keith ruhig, aber das ist mir egal. Ich ziehe an der Zigarette und puste den Rauch einfach mitten ins Zimmer. Keith hält sich seine Hand vor die Nase, um es nicht einzuatmen.Will er eigentlich gar nichts zu seiner Entschuldigung sagen?

Ich sehe ihn nur abwartend an, aber er sagt nichts. Ob er traurig ist? Nein, so sieht er nicht aus.

„Das hat mich verletzt.“, sagt er in dem Moment. Ja ne, ist klar. So sieht er auch aus. Ich lache auf. „Würde ich jetzt auch behaupten.“ So ist es besser. Wenn ich es jetzt gleich beende, ist es weniger schmerzhaft, als wenn ich noch ewig damit warte und mich weiterhin herum quäle.

Keith schüttelt leicht mit dem Kopf und nimmt seine Hand runter. „Ich habe noch einige Papiere vom Arzt. Soll ich sie dir zeigen?“, fragt er nach. „Außerdem nehme ich noch immer Tabletten und habe auch ein Rezept dabei, weil ich noch auf den Weg nach Hause bei der Apotheke vorbeischauen wollte.“

Ich werde ein wenig unsicher. Vielleicht habe ich ihn gerade zu Unrecht beschuldigt? „Dann zeig halt her!“, meine ich barsch. Jetzt nur nicht die Blöße geben lassen.

Keith kramt in seiner Tasche und holt ein Rezept heraus. Es ist auf Tabletten für Patienten mit Schizophrenie angesetzt. Entgeistert starre ich ihn an. Er wartet und nimmt mir das Blatt wieder ab. „Warum hast du es mir nicht schon vorher erzählt?“, will ich wissen. Es ist doch verständlich, dass ich ihm vorher nicht geglaubt habe, oder nicht?

„Du hast nicht gefragt und ich dachte, du würdest damit klar kommen.“ Da hat er sich aber gewaltig geirrt. Ich komme ganz und gar nicht damit klar. Aber das weiß er ja nun. Dennoch kann ich es nicht bestreiten ihn zu lieben. Aber um so mehr tut es weh, wenn er mir keine Gefühle zeigt.

„Du hast vorhin mein Lächeln angesprochen.“, beginnt Keith. „Lächeln fällt mir besonders schwer, da ich kein Gefühl dafür habe. Ich weiß nicht, wie es ist glücklich auszusehen. Ich war es natürlich vor meiner Krankheit, aber ich kann mich nicht an das Gefühl erinnern. Aber, wenn ich sage, dass ich glücklich bin, dann bin ich es auch.“

„Wie soll ich mir sicher sein, dass es wirklich stimmt?“, frage ich nach.

„Kannst du nicht. Du musst mir vertrauen.“

Die Leidenschaft

Seit dem Gespräch sind drei Wochen vergangen. Einem Menschen blind zu vertrauen ist schwerer, als man denkt. Ich weiß jetzt über seine Krankheit Bescheid, ich komme nur nicht gut damit klar. Aber ich versuche es wenigstens.

„Soll ich dich nachher von der Schule abholen?“, fragt Keith mich. Ich nicke. „Wäre cool.“, meine ich. Wir sitzen gerade am Frühstückstisch und trinken Kaffee und essen Brötchen. „Ist gut. Ich habe heute nur eine Vorlesung in der Uni, wird schnell gehen.“ Ich nicke. Langsam habe ich das Gefühl, dass seine gefühlskalte Haltung auf mich übergeht. „Ich habe bis dreizehn Uhr. Sie machen heute früher Schluss. Nachher soll ein Windsturm aufziehen.“ Es ist nun inzwischen tiefster Winter. In drei Wochen haben wir Ferien und Weihnachten. Das erste Weihnachten, was ich nicht mit meiner Familie verbringen werde, wohl bemerkt. Aber dafür habe ich ja nun Keith, den ich seit gut eineinhalb Jahren angehimmelt habe. Jetzt wo ich so darüber nachdenke, war ich wirklich ein Stalker.

„Dann ist es sowieso besser, wenn ich dich abhole. Kommst du mit zu mir?“ Ich nicke. Ich mag Keith' Wohnung sehr. Sie ist zwar nicht groß, aber kuschelig, warm und geräumig. Meine hingegen, die ich offiziell erst seit meinem Geburtstag habe, inoffiziell aber schon seit einem Jahr, ist eher weniger bewohnt. Ich bin nicht häufig hier. Ich bin lieber draußen oder mit Freunden weg. Natürlich läuft die Wohnung über meinen Onkel und wir haben angegeben, dass ich zusammen mit ihm hier wohne. Aber ich bin froh, dass ich meine Ruhe hier habe. Zudem finanziert er es mir auch, ohne zu meckern.

„Ich muss dann los.“, sage ich. Keith nickt und steht auf. „Ich fahre dich. Liegt ja auf dem Weg.“ Manchmal ist es wirklich deprimierend, dass er kleiner als ich ist, aber dennoch älter. Ich gehe meine Tasche holen und ziehe mir meine Schuhe, Jacke, Schal, Mütze und Handschuhe an. Viel zu viel meiner Meinung nach, aber man muss sich den Temperaturen ja anpassen. 

Als wir vor der Schule Halt machen bedanke ich mich. „Warte!“, sagt Keith und hält mich zurück, als ich aussteigen möchte. Er zieht mich zu sich und küsst mich. Ich bin ein wenig erstaunt, da selten etwas von ihm selber kommt, schließe aber dennoch meine Augen und erwidere den Kuss. Es fällt mir schwer, währenddessen nicht an seine Krankheit zu denken. „Bis nachher.“, haucht er mir entgegen und ich werde rot. Schnell steige ich aus und gehe in den Unterricht.

Ich zerbreche mir den ganzen Tag meinen Kopf darüber. Normalerweise handelt er nicht so. Zudem habe ich mir eingebildet, dass er erotischer aussah, als sonst. Aber das ist bei ihm ja kaum möglich. 

Ich bin froh, als es endlich zum Unterrichtsschluss klingelt und ich meine Tasche zusammenpacken kann. „Hey Rome!“, meint einer meiner Freunde. „Hast du Zeit? Lass mal heute Abend wieder einen trinken gehen. Es ist schließlich Freitag und du warst die letzten paar Male auch nicht da! Hast du dir eine Flamme angelacht?“

„So ähnlich.“, meine ich lediglich und gehe. Das wird ja wohl Antwort genug sein. Ich bin ein wenig aufgeregt, als ich Keith' Auto vor der Schule stehen sehe. Ein leichtes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus, als ich bemerke, dass Keith seine Augen geschlossen hat und der Musik lauscht. Ich glaube es ist ein klassisches Stück. Ich öffne die Autotür und steige ein. Er sieht mich an und begrüßt mich mit einem Kuss.

Das Stück, was im Hintergrund läuft hört sich nach Spanien oder Frankreich an. Es ist wirklich instrumental. „Wie war die Schule?“, fragt er mich, als er losfährt und ich mich anschnalle. „Wie immer. Langweilig. Ich habe eh die ganze Zeit an dich gedacht.“

„Du machst doch jetzt bald Abitur, solltest du da nicht lieber aufpassen und lernen?“, fragt mich Keith mit einer hochgezogenen Augenbraue. Das ist die einzige Gesichtsregung, die ich ab und an bei ihm entdecke.

„Passt schon.“, murmele ich. „Wann hast du eigentlich mit deinem Studium angefangen?“, möchte ich wissen. „Vor zwei Jahren.“, sagt Keith. Da war er gerade neunzehn. So schnell hat er einen Studienplatz bekommen? Ich bin neidisch. Dann musste er doch einen verdammt guten Abiturdurchschnitt haben, oder nicht?

„Und wie ist das mit deiner Krankheit gewesen? Wann hattest du die?“ Jedenfalls nicht, seit ich ihn beobachtet habe. „Als ich fünfzehn wurde.“, meinte er. „Da fing es ungefähr an. Und als ich achtzehn war, da hat die Therapie so gut angeschlagen gehabt, dass es beinahe verschwunden war. So gut es ging, jedenfalls.“

Ich habe bisher nicht nach dem Hintergrund gefragt. Ich will ihn bisher auch nicht wissen. 

Wir kommen bei ihm an und ich steige aus. Ich stelle meine Tasche im Flur ab und mache mich auf den Weg ins Wohnzimmer, um mich auf der Couch in eine Decke einzukuscheln. Mir ist kalt. Keith kommt zu mir, dreht dann aber wieder um und geht in die Küche. Nach fünf Minuten kommt er mit einer heißen Schokolade zurück. Dafür liebe ich ihn so!

Er setzt sich zu mir und reicht mir die Tasse. Ich nehme sie entgegen und lege auch Keith die Decke um. Wir kuscheln uns zusammen und schweigen. Es ist angenehm warm und beruhigend. „Schläfst du heute bei mir?“, fragt Keith nach einer Weile. Ich stocke. Ich habe bisher noch nie bei ihm geschlafen. Dann nicke ich. Keith verzieht sein Gesicht und ich weiß, dass er lächeln möchte. Ich erwidere es.

Langsam beugt Keith sich nach vorne und küsst mich. Ganz zärtlich und viel langsamer als sonst. Aber ich finde es angenehm. Ich schließe meine Augen, nachdem ich die Tasse auf den kleinen Beistelltisch gestellt habe. Er drückt mich runter auf die Couch und ich zucke leicht zusammen, als ich seine kalte Hand auf meinem Bauch spüre. Ich dachte ihm wäre warm? Mir wird es gerade auf jeden Fall sehr heiß. Ich keuche leise, als er über meine Brust streicht und leicht meine Brustwarzen umspielt. Was ist heute los mit ihm?

Er löst den Kuss und sieht mich an. Ich scheine schon beinahe etwas gequältes in seinem Blick zu sehen. „Was ist los? Warum guckst du so traurig?“, frage ich also, in der Hoffnung, dass ich es richtig deute. Keith schüttelt leicht den Kopf und küsst mich erneut. Er lässt seine Hand nach unten wandern und öffnet meine Hose. „Lass uns ins Schlafzimmer gehen.“, murmelt er leise und steht auf. Er geht vor, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

Verwirrt bleibe ich zurück. Warum hat er so bedrückt geguckt? Und seit wann geht er so ran? Dennoch folge ich seiner Aufforderung. Es ist ja nicht so, dass ich es nicht will. Ich folge ihm also und lasse mich auf dem Bett über ihm nieder. Nun bin ich an der Reihe die Initiative zu ergreifen. Aber ich mache es nicht.

„Was bedrückt dich?“, frage ich stattdessen und lege mich halb auf ihn. Er hat sich das Shirt ausgezogen und zieht die Decke über uns. „Du bist anders, seit du von meiner Krankheit weißt. Ich habe Angst, dass... dass du mich nicht mehr willst, weil ich meine Gefühle nicht zum Ausdruck bringen kann und..“ Das haut mich um. Sonst ist Keith immer der ruhige und erwachsene von uns beiden und ich rede viel und lache und beichte ihm meine Sorgen. Dass er auch welche hat, daran habe ich nicht mal im Traum gedacht.

„Keith, ich liebe dich! Egal ob du eine Krankheit hattest oder nicht. Ich war erst ziemlich unsicher und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber ich habe mich in den drei Wochen daran gewöhnt und langsam bemerke ich es, wenn dich etwas bedrückt oder du glücklich bist. Ich merke die Veränderung an dir. Ein kleines bisschen ist da immer etwas, was mir sagt, wie du gerade fühlst. Wirklich. Und du musst nicht deshalb mit mir schlafen, wenn du es nicht willst.“

Nun scheint Keith überfordert zu sein.

„Wie kommst du darauf, dass ich es nicht will, Jerome?“, fragt er nach. Ich druckse ein wenig herum. „Na ja, weil du mich anfangs weggeschoben hast und mich nicht so häufig küsst, geschweige denn berührst.“

Keith bemüht sich zu lächeln, scheitert aber kläglich. „Ich will liebend gerne mit dir Sex haben, Jerome. Wirklich. Ich dachte nur, es wäre zu früh. Auch für dich.“ Ich schüttele den Kopf.

„Dann lass uns heute einen Schritt weitergehen.“, haucht er mir zu und zieht mir mein Shirt aus. Ich werde leicht rot, gehe aber darauf ein und küsse mich seinen Hals entlang.

Das ist meine erste leidenschaftliche Nacht mit meinem festen Freund.

Die Treue

„Du hast was getan?!“, frage ich entsetzt nach. Keith sieht mich ernst an und nickt leicht. „Es war nicht beabsichtigt. Und außerdem wollte ich es nicht. Sie kam zu mir, nicht anders herum!“, versucht er sich zu verteidigen. „Dann hättest du sie wegschubsen sollen! Oder irgendetwas anderes! Nicht einfach zusehen und über dich ergehen lassen!“

Mir kommen die Tränen. Keith hat mich betrogen. Er hat zwar nicht mit der Frau geschlafen, aber er hat sie geküsst und sie hat ihm sogar einen Blowjob gegeben! Und das nennt er nicht betrügen?! Er wollte es nicht? Wenn er es nicht gewollt hätte, hätte er sie aufhalten können!

„Jerome, es tut mir leid! Ich liebe nur dich, wirklich!“, meint er beinahe kläglich. Ich schüttele den Kopf und gehe einen Schritt zurück. „Du bist ein Arschloch, Keith! Ein verdammt mieses Arschloch! Hast du noch nie etwas von Treue gehört?! Was sollte diese Scheiße? Weißt du eigentlich, wie weh mir du damit tust? Nein, weißt du nicht! Du bist ein gefühlskaltes Arschloch, was nur an sich denkt und die Welt um sich herum gar nicht wahr nimmt!“ Mir laufen die Tränen über die Wangen und ich wische sie schnell weg. Dann schüttele ich erneut den Kopf.

„Und ich sollte dir vertrauen!“ Ich gehe aus dem Zimmer raus, ohne mich umzudrehen oder etwas zu sagen und verschließe mich im Badezimmer.

Wieso habe ich mich ausgerechnet in Keith verliebt? Klar hat er irgendwann die Nase voll von mir. Er ist ein Student, ich bin noch Schüler. Er wird schneller Arbeiten gehen, muss womöglich wegziehen oder ähnliches. Er hat seine Freunde an der Uni und sieht gut aus, wodurch er von Mädchen nur so umschwärmt wird. Und von Männern womöglich auch noch. Warum sollte er sich dann auch mit mir abgeben?

Ich versuche den Gedanken zu vertreiben, dass eine Frau ihn angefasst hat. Wie es ihm jetzt wohl geht? Warum hat er das mit sich machen lassen?! Warum zur Hölle hat er nichts gesagt? Ich werde es wohl nie verstehen, egal wie oft er versucht, es zu erklären. 

Als ich nach einigen Stunden das Badezimmer wieder verlasse und nach Hause gehen will, finde ich Keith schweigend in seinem Wohnzimmer auf der Couch wieder. Aber irgendetwas erscheint anders, als sonst. Er fängt an, etwas vor sich hinzumurmeln, aber ich weiß nicht was. „Keith?“, frage ich nach, da ich mir doch ein wenig Sorgen mache. „Keith?“, meine ich erneut lauter, als er nicht reagiert. Er zuckt zusammen und sieht langsam auf. Es liegt etwas in seinem Blick, was ich nicht deuten kann. Ein Gefühl, was ich bei ihm noch nie gesehen habe.

Plötzlich fängt er laut an zu lachen. So laut, dass ich beginne mich zu erschrecken. Dann verstummt er wieder und murmelt undeutliche Worte vor sich hin. Ich bin erschrocken. Was ist mit ihm los? „Keith, was ist los mit dir? Wir können nochmal über alles reden, aber du musst doch verstehen, dass ich mehr als am Boden zerstört bin?“, meine ich, aus Angst, dass noch etwas schlimmes passiert. Keith scheint mich nicht zu verstehen oder zu hören, ich weiß es nicht. Jedenfalls reagiert er kein Stück auf mich.

Als er mich erneut ansieht, hebt er den Finger, zeigt auf mich und sagt etwas. Es hört sich nach einer erfunden Sprache an und- Ich stocke. Erfundene Sprache? Plötzliches Lachen und ein merkwürdiges Verhalten?

Sofort greife ich zum Telefon und rufe im Krankenhaus an.

„Ja? Hallo? Ich bin Jerome und befinde mich derzeit bei meinem Freund. Er hat Hebephrenie und sie scheint gerade wieder ausgebrochen zu sein!“, versuche ich schnell, aber dennoch ruhig zu erklären. Ich beschreibe ihnen kurz, wo er wohnt und wie er heißt und lege auf.

„Ich bin gleich wieder da Keith!“, meine ich und gehe vor die Haustür, damit der Krankenwagen mich sieht. In der Ferne sehe ich Blaulicht und kurz darauf hält er vor der Haustür. „Hallo, ich bin Jerome.“, meine ich schnell und begleite sie ins Wohnzimmer, wo Keith zusammengesunken auf dem Sofa sitzt und leicht vor und zurückwippt. Er kichert vor sich hin und mich überkommt eine Angst, die ich vorher noch nicht verspürt habe.

„Wir werden ihm eine Spritze geben und ihm etwas Blut abnehmen. Ansonsten würden wir eine Therapie empfehlen. Haben Sie schon einmal miterlebt, dass er so reagiert hat?“, fragen mich die Ärzte, aber ich schüttele den Kopf. „Sie sollten mit ihm zu einem Arzt geben. Ins Krankenhaus wird er nicht müssen, aber wir sehen ihn uns erst einmal an.“

Ich nicke und sehe dabei zu, wie sie Keith mehrere Spritzen geben, ihm Blut abnehmen, Tabletten dalassen, seinen Puls und seinen Herzschlag messen und versuchen normal mit ihm zu kontaktieren. Sie machen irgendetwas mit seinen Augen, was ich schon öfter im Fernsehen gesehen habe. Ich glaube sie wollen wissen, ob er auf Bewegungen reagiert und ob er sein Umfeld mitbekommt.

Aber sicher bin ich mir nicht. 

Als sie fertig sind bedanke ich mich bei ihnen und begleite sie bis zur Haustür. Zum Glück ist Keith für so etwas versichert. Ich verschleiße die Tür wieder und kehre zur Couch zurück. Er schläft. Die Ärzte meinten, dass wenn er wieder aufwacht, vorerst alles normal sein wird und wir zum Arzt sollten, wenn er bei Bewusstsein ist. Ich habe mir sagen lassen, welcher Arzt zu empfehlen ist. Nun muss ich warten. Ich setze mich neben ihn und ziehe seinen Kopf auf meinen Schoß, um ihm durch die Haare zu streichen. „Hast du dich deshalb nicht gewehrt? Weil du nicht konntest?“, frage ich leise und sehe bestürzt auf ihn herab. Er hat nicht getraut, es zu verraten. Warum nicht? Ich dachte immer, er würde mir vertrauen?

Was die Treue angeht bin ich mir nicht mehr so sicher.

Die Vernunft

Keith und ich sitzen im Wartezimmer beim Arzt und warten darauf, dass wir an die Reihe kommen. Keith hat nun neue Medikamente, ist aber seit dem Vorfall noch schweigsamer geworden. Es beängstigt mich.

Ich greife vorsichtig nach seiner Hand und er zuckt zusammen. Er sieht kurz auf unsere Hände, starrt dann wieder stur nach vorne auf die Wand. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Wir sind nun das dritte Mal beim Arzt für eine Reguläruntersuchung. Seine Schizophrenie ist wieder weit zurückgegangen und alles ist so, wie vor ein paar Monaten, wo ich das erste Mal mit ihm zusammen war. Dennoch wendet er sich immer weiter von mir ab.

„Keith?“, frage ich nach, er reagiert nicht. Wir werden aufgerufen und betreten gemeinsam das Arztzimmer. Freundlich werden wir begrüßt, ehe Keith sich auf die Liege und ich mich auf einen Stuhl setze. Es ist alles so wie immer. Die Werte sind ok, bei den Tests schneidet Keith hervorragend ab und was seine Gefühle angeht... Er kann sie noch immer nicht ausdrücken. Der Arzt meint, dass er es wohl auch nie wieder können wird.

Wir verlassen das Arztzimmer wieder und machen uns auf den Weg nach Hause.

„Ich muss noch etwas für die Uni machen. Geh nach Hause.“, meint Keith zu mir. Ich sehe ihn verdutzt an. Das hat ihn bisher nie gestört. Ich greife nach seiner Hand und halte sie fest, damit er stehen bleibt. „Wir müssen reden!“, meine ich. Bei dem Satz zuckt er leicht zusammen. Er weicht meinem Blick aus und ich sehe auf ihn herab.

„So geht das nicht weiter Keith! Sag mir, was dein Problem ist, sonst kann ich daran nichts ändern! Wieso willst du nicht mit mir Zeit verbringen? Warum willst du mich loswerden?!“ Ich verstehe es einfach nicht.

Keith zieht seine Hand weg und sieht mich ernst an. Wie immer. Aber diesmal ist es wirklich ernst und nicht, weil er keine Regung zeigen kann. „Ich möchte dich nicht verletzen.“, meint Keith. Was will er mir damit schon wieder sagen?! „Wenn ich wieder so einen Aussetzer habe wie vor ein paar Monaten, dann weiß ich nicht, was ich mache. Ich bekomme es nicht richtig mit. Als ich dich betrogen habe, da konnte ich mich wirklich nicht wehren. Ich weiß, dass du es mir noch nicht verziehen hast, aber ich kann nicht mehr tun, als mich erklären und entschuldigen.“

Deshalb hält er Abstand? Weil er mir nicht weh tun möchte? Ich schüttele leicht den Kopf. „Das ist Unsinn, Keith! Du bist doch erwachsener als ich, dass musst du also wissen! Ich liebe dich und ich weiß, dass du einen Ausfall hattest. So etwas kann mal passieren! Es ist ok. Wirklich. Ich verzeihe dir. Natürlich fällt es mir schwer, weil du mich betrogen hast. Aber was hättest du tun sollen? Du hättest es nicht gemacht, wenn du bei vollem Bewusstsein gewesen wärst. Richtig?“

Keith nickt sofort. „Ich würde so etwas sonst nicht tun! Wirklich nicht. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Aber dennoch...“

Ich starre ihn an. Er will also wirklich Abstand zu mir haben? Er will mich vorerst nicht mehr sehen und ich darf nicht zu ihm und nicht bei ihm schlafen? Er will mich nicht berühren, küssen oder mit mir schlafen? Es verletzt mich innerlich, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich muss ihn verstehen. Ich muss es nachvollziehen. Irgendwie.

„Verstehe schon. Die Uni ist wichtig und ich muss mich auch daran machen, für meine Prüfungen zu lernen. Ist nicht schlimm. Wir sehen uns dann ja morgen, richtig?“ Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Da hat er wiederum das Glück, so etwas nie machen zu müssen. Keith will scheinbar noch etwas sagen, aber ich wende mich ab und gehe meinen Weg. „Bis morgen dann!“, meine ich und hebe noch kurz die Hand.

Ich habe ihm nicht einmal einen Abschiedskuss gegeben. Mehr aus Trotz, als aus Verständnis. Wenn er mich nicht sehen will, will er halt nicht. Ist schon ok! Ich bin ja nicht von ihm abhängig und ich komme auch mal eine Nacht und einen Tag ohne ihn aus. Das weiß ich!

Nein, eigentlich hoffe ich es nur.

Ich rede es mir jedenfalls ein... 

Als ich zuhause ankomme, lasse ich alles achtlos in eine Ecke fallen und verkrieche mich sofort in mein Bett. Ich kuschele mein Gesicht ins Kissen und murre einmal laut auf. Dann atme ich tief durch. Sogar meine Bettwäsche riecht ein wenig nach ihm. Aber leider nur ein wenig. Ich greife nach meinem Handy und sehe auf das Display. Er hat mir eine Nachricht geschrieben.

'Bin gerade noch im Bus. Bist du gut zuhause angekommen? Ich liebe dich und vermisse dich jetzt schon.' Dahinter hat er einen Smiley gesetzt. Er setzt immer Smileys in seine SMS.

Einmal hat er mir erklärt, dass er sie so liebt, weil sie die Gefühle, die er hegt, besser ausdrücken können, als er selber. Ich muss leicht lächeln, als ich die Nachricht lese. Er macht sich wirklich dauerhaft Sorgen.

Ich antworte auf seine SMS und rolle mich auf den Rücken. Vielleicht sollte ich mich einfach wieder etwas beruhigen. Er wird schon wieder normal werden. Oder bin ich der jenige, der dabei ist sich zu ändern?

Der Zusammenhalt

Nach einigen Wochen haben wir uns wieder aufgerafft und verstehen uns besser als zuvor. Ich glaube die Pause zwischendurch war gar nicht mal so schlecht. Jetzt habe ich erst gemerkt, wie sehr ich ihn liebe und wie sehr ich ihn vermisse. Ich weiß, dass ich mich gewandelt habe und auch er hat sich etwas gebessert.

Täglich üben wir an seiner Mimik und Gestik und inzwischen kann Keith schon besser lächeln, auch wenn es ihm noch schwer fällt. Zudem gehen wir gemeinsam zu einer Therapie. Sie soll wohl dabei helfen, dass Keith wieder besser mit allem zurecht kommt.

Wir haben auch schon des öfteren miteinander geschlafen und geküsst und Keith ergreift nun auch selber mal die Initiative. Es erfreut mich total, da ich nun genau weiß, was er von mir hält.

„Rome!“, meint Keith und nimmt mich bei den Händen. „Lass uns tanzen!“, sagt er. Ich sehe ihn verdutzt an, kann aber nichts mehr sagen, als er schon anfängt mit mir durch den Raum zu tanzen. „Woher diese Freude?“, frage ich lachend nach. Im Hintergrund wird im Radio gerade ein Irisches Lied gespielt, es gefällt mir. Aber vielleicht auch nur, weil Keith dadurch so fröhlich wirkt.

Als das Lied zuende ist, bleiben wir erschöpft stehen und ich lass mich in den Sessel fallen. „Das nenne ich mal spontanes Handeln.“, meine ich lachend. Keith lächelt mich leicht an. Dann kommt er auf mich zu und gibt mir einen Kuss. „Lass uns mal eine Feier organisieren!“, schlägt er vor.

„Und wie kommst du jetzt darauf?“, hinterfrage ich. Manchmal überrascht dieser Junge mich wirklich.

„Na ja, wir müssen einfach mal alle unsere Freunde einladen und feiern! Das wird bestimmt cool! Außerdem haben wir das bisher doch noch gar nicht gemacht. Ich meine, ich habe nicht so viele Freunde, nur einige Studenten finden sich mit mir ab, aber du bist doch in deiner Schule recht beliebt! Lass uns eine Hausparty veranstalten am Wochenende. Am Samstag! Was hälst du davon? Ich räume am Sonntag auch auf, versprochen!“ Keith sieht mich mit glänzenden Augen an. Jedenfalls empfinde ich es so, dass sie glänzen. Vor Freunde.

Erst muss ich überlegen , dann nicke ich. „Aber wenn, dann räumen wir zusammen auf, planen und organisieren zusammen! Ok?“ Ich zwinkere ihm zu und er nickt.

„Wollen wir was essen?“, frage ich und wir begeben uns in die Küche.

Manchmal frage ich mich, wie lange es mit Keith und mir noch hält, dann schiebe ich den Gedanken jedoch beiseite. Ich bin glücklich mit ihm und werde es hoffentlich auch noch lange bleiben. Hauptsache ist doch, dass man sich einander trauen, lieben und ehrlich sein kann, dass man zusammenhält und auch Hürden gemeinsam überwindet.

Und mit diesem Gedanken sehe ich in Keith' hübsche Augen, ehe ich beginne die Suppe vorzubereiten.

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Tag der Veröffentlichung: 28.10.2013

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