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Short-Story 2 -Die Sonnenbrille-

Ich sehe mich um und stolpere, als ich los renne. Dann falle ich ihn. Ich fange an zu weinen, rappele mich wieder auf und fahre mir mit den schmutzigen Händen über mein Gesicht. Sofort kommt Ty angelaufen und nimmt mich tröstend in den Arm. Er streicht mir über die Haare und lächelt mir zu. Ich beruhige mich automatisch wieder und lächele ebenfalls. Eigentlich spielen wir gerade Verstecken, aber jetzt habe ich ihn gefunden. Also ist er dran! Ich tippe ihn an und lache. „Ty ist.“, sage ich und renne schnell davon. Er schmollt zwar leicht, weil er es nicht fair findet, aber das ist mir egal. Ich bin im Verstecken sowieso besser, als im Suchen, auch wenn Ty mich in beiden Fällen immer wieder übertrifft. Schnell verstecke ich mich in der Hecke unserer Nachbarn und grinse vor mich hin. Ich hocke mich hin und warte. Und warte...und warte.
Ty kommt einfach nicht. Ob er das mit Absicht macht? Langsam linse ich durch ein Loch in der Hecke, aber niemand ist zu sehen. Ich muss auf Toilette, was soll ich jetzt machen? Ich will gerade aufstehen und schnell nach Hause rennen, als es schon zu spät ist. Ich werde leicht rot um die Ohren, ehe ich erneut zu weinen anfangen und aus dem Gebüsch herauskomme. Ty springt vor mich und sieht mich erschrocken an, als er mich weinen sieht. Er realisiert die Situation schnell und greift nach meiner Hand. Dann bringt er mich zu meiner Mama.
„Aim hat sich schmutzig gemacht.“, meint Ty. Aim ist mein Spitzname, eigentlich heiße ich Achim. Aber Ty hat schon immer Aim zu mir gesagt und das wird er auch immer!
Meine Mama nimmt mich auf den Arm und beruhigt mich, während sie mich ins Bad trägt. Ich muss mir die Hose ausziehen und auf Klo gehen, dann bekomme ich neue Klamotten. „Du siehst wieder aus wie ein Schweinchen.“, meint meine Mama und ich lache. „Ty au!“, meine ich. „Auch.“, sagt meine Mama, aber ich wiederhole das Wort nicht. Ich bin viel zu sehr von Ty abgelenkt, der die ganz Zeit im Flur hin und her rennt, ehe er nach seiner neuen Sonnenbrille greift und sie sich aufsetzt. Er sieht damit so cool aus, ich bin richtig neidisch! „Will au!“, meine ich und deute auf seine Sonnenbrille. Ty war schon immer mein großes Vorbild. „Du brauchst jetzt noch keine Sonnenbrille, es ist Frühling und die Sonne lässt uns dieses Jahr eher im Stich.“ Meine Mama lacht, aber ich schmolle. „Will au! Ty hat auch, will au!“ Meine Mama lächelt mich an und ist stolz darauf, dass ich einmal „auch“ gesagt habe. Aber das hört sich in meinen Ohren total blöd an.
„Tyron? Darf Achim deine Brille auch mal aufsetzen?“, fragt meine Mama freundlich nach, aber Ty schüttelt wild mit dem Kopf. Ich fange an zu weinen. Wenn ich etwas nicht bekomme, dann weine ich. Auch wenn ich schon dreieinhalb Jahre alt bin! Ich bin schon richtig groß geworden! „I-Ich will..haben!“, sage ich und deute auf die Brille. Meine Mutter stemmt ihre Hände in die Hüften und sieht Ty auffordernd an, aber dieser rennt schnell weg.
Jetzt heule ich erst recht. Ob Ty jetzt sauer auf mich ist? Das soll er doch nicht. Meine Mama macht schnell meine Hose zu und ich renne Ty hinterher. Er ist ins Wohnzimmer gegangen und kramt in seiner Tasche. Er holt eine Tüte heraus und reicht sie mir. Ich schniefe und wische mir über die Augen, ehe ich sie entgegen nehme. Ich schaue rein, lasse sie prompt fallen und umarme Ty fest. „Danke!“, meine ich glücklich und nehme die Brille heraus. Ich setze sie auf, aber leider passt sie nicht so richtig und verrutscht. Ty fängt an zu lachen, ich sehe zu meiner Mama und zeige ihr stolz meine neue Brille.
„Bin jetzt auch so toll, wie Ty!“, meine ich und schiebe sie wieder richtig auf die Nase, wo sie allerdings nicht bleibt. Meine Mama lacht und hält die Brille fest. „Ich glaube, die kannst du noch ein Jahr liegen lassen, damit sie dir passt.“, stellt sie fest, aber ich zucke nur mit den Schultern. Das ist ein Geschenk von Ty und das werde ich stets gut aufbewahren! Schließlich ist Ty mein bester Freund und ich habe ihn fast genauso doll lieb wie Mama.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 24.03.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Einer guten Freundin und einer Leserin auf Mexx =^.^=

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