1.Brief, Vergessen
Hey Juni, wie geht es dir so? Überflüssige Frage, ich weiß, aber ich glaube man schreibt das so, weil das höflich ist. Keine Ahnung, ich habe noch nie einen Brief geschrieben. Vielleicht fragst du dich, warum ich gerade jetzt damit anfange. Und ich kann es dir genau erklären, weil ich noch etwas zu sagen habe. Aber wenn du mich kennen würdest, dann wüsstest du, wenn ich einmal anfange zu reden, dann höre ich auch nicht mehr auf. Deshalb dachte ich, wenn ich einfach alles aufschreibe, dann bringt das ein bisschen Ordnung in mein geliebtes Chaos. Naja, du siehst, es funktioniert wohl nicht so, zumindest, wenn ich jetzt betrachte, was ich da gerade geschrieben habe, aber das ist auch egal. Vielleicht will ich auch einfach nur, dass etwas, was ich sage in Erinnerung bleibt. Wollen wir das nicht alle? In Erinnerung bleiben. Ich meine, das ist es doch wovor wir uns fürchten. Dass wir vergessen werden. Dass wir weg sind und das das Leben dann weitergeht. Ohne uns. Unser Name verblasst, die Bilder vergilben, die Erinnerung verschwindet. Das ist es auch, wovor ich mich fürchte. Aber als ich die Wörter gerade geschrieben habe, da habe ich noch einmal darüber nachgedacht. Eigentlich ist es doch gut so, wie es ist. Vergessen zu können ist eine der besten Eigenschaften des Menschen. Das hat mein Philosophielehrer uns mal erklärt. Stell dir vor, wir würden nichts vergessen. Stell dir vor du müsstest mit alldem, was jemals in deinem Leben passiert ist für immer leben. Das wäre ziemlich anstrengend, finde ich. Zum Beispiel
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Kevy
Bildmaterialien: Kevy
Tag der Veröffentlichung: 11.08.2015
ISBN: 978-3-7396-0921-8
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